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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 208. Köln, 30. Januar 1849.

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Dr. Müller gegenüber, der am Tage vor der Wahlschlacht aus Dankbarkeit für den Orden, den ihm der 18. Januar gebracht, eine famose Wahlpredigt hielt. Auch der fromme General Groeben mit dem Demosthenes Schimmel ist trotz prinzlicher Dienerschaft und Adjudantur unterlegen. Mit Bezug auf das herrliche Wahlprogramm Rittmeister Schimmel's, sagt die eigene Partei in Wuth: "unsere Sache ist verschimmelt." Herr Banquier Olfers hat Arbeitern gesagt: Sie möchten bei denen Arbeit holen, die sie gewählt hätten. Armer Olfers! Nicht einmal zum Wahlmann wollen sie dich! Herr Ferdinand Theising, Reaktionär vom reinsten Wasser und Aspirant auf die Oberbürgermeister-Stelle, aber rief wuthschnaubend: "Die Kerls verdienen wegen der Wahl die Knute!"

105 Münster, 26. Jan.

Königlich preußische Rintelen-Manteufel'sche octroyirte Gleichheit vor dem Gesetze.

Während Rintelen seinem lieben Freunde (??) Temme an demselben Tage antwortet, wo er dessen Schreiben zu Händen bekommt, macht Rintelen mit den übrigen December-Verhafteten kein Federlesen. Das Lumpenvolk ist ja im Zuchthause gut verwahrt. Folgendes Schreiben an die December-Verhafteten als Beweis:

"Auf Ihre Eingabe vom 27. v. M. um Entlassung aus der Untersuchungshaft wird Ihnen eröffnet, daß der Justiz-Minister zwar Veranlassung genommen hat, dasselbe dem Königlichen Ober-Landesgericht zu Münster zur Prüfung und Berichterstattung zuzufertigen. Da indessen nach dem erstatteten Berichte von dem Land- und Stadtgerichte zu Münster, als dem kompetenten Untersuchungsgerichte, die Fortdauer der Untersuchungshaft nach den Gesetzen (?!?) für gerechtfertigt und resp. nach Lage der Sache für nothwendig erachtet, und das Ober-Landesgericht zu Münster dieser Ansicht beigetreten ist, so kann der Justiz-Minister sich gesetzlich nicht veranlaßt finden, in einer Angelegenheit seinerseits einzuschreiten, die wesentlich zur richterlichen Beurtheilung gehört und dieser überlassen bleiben muß.

Was die in der Vorstellung vom 5. d. M. vorgetragenen Perhorrescenzgründe gegen das Ober-Landesgericht zu Münster betrifft, so wird die Bescheidung darüber erfolgen, sobald eine noch erforderte Auskunft eingegangen sein wird."

Berlin den 21. Januar 1849. Der Justiz-Minister.

In dessen Vertretung Müller.

Ein donnerndes Hoch der Königl. preußischen Verfassung inclus. Habeas-Corpus-Acte. Also 14 Personen ungesetzlich in's Zuchthaus einsperren, ist erlaubt. Diese aber zu entlassen, oder Ihnen nur dasselbe zu gewähren, wie Temme, ist gesetzlich verboten.

X Berlin, 27. Jan.

Aus guter Quelle wird uns versichert, die Regierung habe, nach Empfang der Nachrichten über den Ausfall der Urwahlen im ganzen Staate, beschlossen, die Kammern von vornherein in Brandenburg zusammentreten zu lassen. Man bringt hiermit den Umstand in Verbindung, daß die eisernen Säulen und Fensterrahmen, welche für den neuen Sitzungssaal der zweiten Kammer bei Borsig bestellt gewesen, dieser Tage wieder abbestellt worden sind. Die Stadtverordneten scheinen der Ansicht, der Belagerungszustand werde etwa kurz vor oder kurz nach Vollendung der Wahlen für die erste Kammer aufhören, weil der Termin des 12. Februar ungefähr mit dem zusammenfällt, an welchem laut dem Bürgerwehrgesetz die hiesige Bürgerwehr reorganisirt werden muß. Wir glauben, daß das Ministerium heut selbst noch nicht weiß, wann es den Belagerungszustand aufheben wird.

Die kleinen Bürger fangen hier an, sich nachträglich sehr zahlreich in die Listen der Urwähler für die erste Kammer eintragen zu lassen; der Ausgang der Wahlen vom 22. hat sie ermuthigt, und es steht somit zu hoffen, das wenigstens hier selbst die Kandidaten zur ersten Kammer nicht ganz so antidemokratisch sein werden, als man bisher zu fürchten Grund hatte.

X Ratibor, 24 Januar.

Unter den 32 Wahlmännern hiesiger Stadt sind nur 12 demokratische, 20 sogenannte konstitutionelle. Man hofft jedoch, Kirchmann als Abgeordneten durchzubringen. Das hiesige Militär mußte heute, den Grund und das Wohin weiß man nicht, abmaschiren. In Biala (Galizien) ist das Militär vom Volke entwaffnet worden; ganz Galizien, sagt man, wird aufstehen. Von Troppau und andern Städten aus, sind Eiltruppen nach den bedrohten Punkten bestellt worden.

Schabenau, Kreis Guhrau.

Am Freitag fand hier eine Sitzung des Guhrauer demokratischen Zweigvereins statt. Nachdem einige Redner gesprochen, trat ein fremder Herr auf, den Niemand kannte, sagte: er sei Republikaner und würde der Erste sein, der den König wegjagte, wenn er nichts taugt u. s. w. Die Landleute merkten aber gleich, daß dies ein verkappter Denunziant sein könnte, welcher blos Andere zu ähnlichen Aeußerungen verführen und nachher denunziren wollte. Sie nahmen ihn fest und fanden bei ihm eine Legitimationskarte als: Aktuarius N. N., Agent des konstitutionellen Centralvereins. Er wurde als Aufruhrprediger arretirt und nach Guhrau aufs landräthliche Amt transportirt, wo man ihn aber gleich frei ließ.

(Schl. Kreisbl.)
24 Wien, 25. Januar.

Die kriegsrechtlichen Verurtheilungen gehen ihren gewohnten Gang fort. Das offizielle Blatt, die "Wiener Zeitung," theilt deren heute wieder drei ihren Lesern mit. Das ist das gewöhnliche Tages-Kontingent; -- insoweit nämlich die Urtheile veröffentlicht werden.

Die Besorgniß vor weiterem Wasserunglück ist nun ganz geschwunden, obschon der Eisstoß im Donaukanal noch immer festsitzt. Eine Kundmachung des Gouverneurs Welden meldet die nächtliche Ermordung einer Schildwache am Hetzendorfer Schlosse. Den Thäter hat man bis jetzt noch nicht ermittelt. Hierbei werden die rechtlichen Bürger zur Rede gestellt, daß sie sich noch nicht verbanden, um derlei Schandthaten auf die Spur zu kommen, so daß immer nur die Waffengewalt selber entgegentreten müsse. Es scheint dieser Passus mit der verbreiteten Nachricht zusammenzuhängen, daß den Bürgern Bewaffnung und theilweises Versehen der Wachtposten angetragen worden sei, sie es jedoch abgelehnt hätten, sich hierbei der Zumuthung zu fügen, nach jedesmaligem Gebrauch die Waffen zurückzulegen.

* Dresden, 26. Jan.

Die Minister haben heute sämmtlich ihre Entlassung gegeben. v. der Pfordten erklärte dies heute in der 2. Kammer im Namen des ganzen Kabinets. Als Grund gab er an: die "Schwierigkeiten, welche sich einer erfolgreichen Wirksamkeit von ihrer Seite für das Wohl des Landes entgegenstellen." Sogleich nach dieser Erklärung verließen sämmtliche Minister den Saal; blos Regierungskommissär Todt blieb am Ministertische. Vizepräsident Tzschirner erklärte, daß die ministerielle Erklärung nicht sage, ob es den Ministern unmögliich erscheine, mit den gegenwärtigen Kammern zu regieren, oder ob das Kabinet gewissen Einflüssen von außen nicht zu widerstehen vermöge. Der wahre Grund sei wohl jedenfalls in den Hindernissen zu suchen, welche der Einführung der Grundrechte unerwartet erwachsen seien. Jedenfalls würden die Minister morgen nähere Auskunft zu geben haben. Er rathe, sich in der Abmachung der laufenden Geschäfte nicht stören zu lassen. Es wird also in Berathung der Tagesordnung fortgefahren. Die nämliche Erklärung von der Demission der Minister gab von der Pfordten auch in der ersten Kammer. Die Hofpartei hat gegen das Ministerium so lange intriguirt, bis sie endlich im Stande ist, es zum Rückzuge zu zwingen. Die radikale Zusammensetzung der beiden Kammern bietet ihr zugleich einen Vorwand, hinter em sie [unleserliches Material]re eigentlichen Pläne versteckt.

* Dresden, 25. Jan.

Dir 2. Kammer ernannte heut die Deputation zur Prüfung des Rechenschaftberichts über die Ermordung Robert Blum's.

068 Weimar, 25. Jan.

Die Wahlen für den bald zusammentretenden Landtag lassen sich jetzt in ihrem Resultat überblicken; die Majorität ist entschieden radikal ausgefallen.

082 Heidelberg, 23. Jan.

Zur Geschichte der nachmärzlichen Polizei muß ich Ihnen aus unserm Lande ein eklatantes Beispiel erzählen. In Konstanz, welches als Ausgangspunkt der Hecker-Revolution noch bis auf diese Zeit reichlich mit "Deutschen Brüdern" bedacht worden ist, ließen am 6. Dez. v. J. Würtembergische Soldaten im Wirthshause den Hecker hochleben. Einige freiheitsbegeisterte Philister setzten sich zu ihnen, man sang zusammen das Heckerlied, und Alles umarmte sich brüderlich. Aber solch frevelndes Beginnen rächt sich bald. Am folgenden Morgen tritt beim Appell der Offizier vor einen Soldaten hin, dem man die Heldenthaten des vorigen Abends am meisten ansehen mochte, und fragt ihn mit wuthschnaubender Standrechtsmiene: "Seid Ihr nicht gestern Abend von schlechten Kerls verführt worden, das Heckerlied zu singen?!" Aus der Tiefe seines Katzenjammers heraus erwiedert der arme Schwab: "Ja, wir sind verführt worden." ""Wer hat Euch verführt?"" donnert es zum zweitenmale; die Antwort lautet: "Es werden so Gesellen gewesen sein:" Nun war's gut. Im Nu wußte es die Polizei; der Ausspruch eines katzenjämmerlichen schwäbischen Soldaten ist ihr natürlich Autorität. Aber sie schließt noch mehr daraus. Gesellen, so folgert sie, können nur Gesellen qua solche sein, also nur der Arbeiterverein. O herrliche Logik eines Polizeikommissars! -- Diese Logik ward übrigens bald praktisch; denn bei der nächsten Sitzung des Konstanzer Arbeiter-Bildungsvereins stürzt die heilige Hermandad herein, und unter dem Vorwande, daß der Verein verborgene Waffen besitze, wird das ganze Lokal durchsucht. Man fand zwar in keiner Ritze die kleinste Spur von Säbeln oder Pistolen; aber auf dem Tische lagen doch gefährliche Dinge, z. B. Bücher, Schriften, und namentlich die Kasse des Vereins, in welcher man wahrscheinlich Pulver verborgen glaubte. Alle diese Dinge wurden mit Beschlag belegt, und der Vorstand zur Haft gebracht. Nachdem diese, sowie die übrigen Mitglieder des Vereins, eine Unzahl von stundenlangen Verhören bestanden hatten, kamen sie nach drei Wochen frei; die Schriften aber und das Geld sind bis auf den heutigen Tag noch nicht zurückgegeben. Sie sehen, die Badische Polizei ist kommunistisch gesinnt, wie Ihr Freund Drigalsky.

Wegen einer ähnlichen "Verführung des Militärs" besteht auch der Lieutenant Siegel auf der Festung Kißlau seit April d. J. Festungsarrest, und zwar im schwersten Grade. Er hatte nämlich gegen seine vom Hecker'schen Zuge zurückkehrende Kompagnie die gefährliche Aeußerung gethan: "Wäre es nicht besser gewesen, Eure Kugeln hätten, statt Eure Mitbürger, die Russen getroffen?! Als nun kürzlich in der Kammer Brentano eine Petition desselben um Strafmilderung bevorwortete, und bei einer unschuldigen Anspielung auf Windischgrätz sich stürmischer Beifall der Gallerieen erhob, ließ der Präsident die Gallerieen räumen, und gab dem Brentano durch den höflichen Zuruf: "Schweigen Sie," zu erkennen, wie sehr ihn seine Erwählung zum Bürgermeister von Mannheim ärgere. Diese Wahl hat überhaupt unter unseren Altliberalen furchtbar böses Blut gesetzt. Die Regierung hat ihre Bestätigung versagt: was leicht erklärlich. Denn da Baden sich freiwillig für die preußische Kaiserschaft ausgesprochen hat, so muß jetzt der verbrüderte deutsche Volksstamm (sonst Prinz v. Preußen) genannt, an Brentano gerächt werden.

Polen.
* Warschau, 22. Jan.

Auf die Köpfe Kossuth's, Meszaros's und General Bem's hat die russische Regierung einen Preis ausgesetzt. Die Truppen in hiesiger Citadelle sind fast immer konsignirt; Paskewitsch traut den Polen keinen Augenblick und die ihm zugehenden Polizeiberichte versichern, daß von einem Tag zum andern eine Schilderhebung stattfinden könne.

Italien.
*

Die italienische Revolution geht, trotz der europäischen Contrerevolution, ungestört und unbeirrt ihren Gang. Guerrazzi in Florenz, das Haupt der ganzen revolutionären Bewegung auf der Halbinsel, hat einen neuen Triumpf erlebt. Wie er zuerst die Berufung der italienischen Nationalversammlung gefordert hatte, so hatte er (wie wir früher mittheilten) bei der römischen Regiedarauf angetragen, daß die einberufene römische Constituante zugleich zur Repräsentation des römischen Staates in der italienischen Constituante bevollmächtigt werden sollte. Damit war die italienische Nationalversammlung ihrer Verwirklichung ein gutes Stück näher gerückt. Zugleich war die Existenz zweier nebeneinander berathenden, getrennten konstituirenden Versammlungen, so wie alle Susceptibilitäten eines möglichen römischen Partikularismus beseitigt.

Das römische Ministerium hat in einer Proklamation vom 18. diesem Antrag entsprochen. Die römische Constituante ist bevollmächtigt, einen Theil der italischen zu bilden. Da aber 200 Deputirte eine verhältnißmäßig zu starke Vertretung der römischen Bevölkerung bilden würden, so wird nur ein Theil der römischen Abgeordneten Theil nehmen.

Der Kern der italischen Constituante tritt also in wenig Tagen zusammen, und Toskana und Piemont werden nicht zaudern, ihre Deputirten ebenfalls nach Rom zu senden.

Inzwischen dauern die Intriguen in Gaeta fort. General Zamboni, der für den 21., den Tag der Wahlen, eine reaktionäre Bewegung vorbereitete, ist auf dem Wege nach Gaeta verhaftet worden. Die bei ihm gefundenen Papiere haben eine Menge neuer Verhaftungen veranlaßt. -- Der radikale Advokat Mattioli ist zum Präsidenten der Stadt und Provinz Ankona gemacht worden.

Gioberti, Ministerpräsident in Turin hat auf die spanische Einladung zu Konferenzen aller ital. Staaten mit Oestreich und Spanien zur Rückführung des Pabstes nach Rom, und Wiedereinsetzung in seine geistliche Regierung eine Note erlassen, etwa folgenden Inhalts:

Die geistliche Gewalt des Pabstes sei von seiner weltlichen Macht so wenig zu trennen, daß man nicht über die erstere verhandeln könne, ohne sich in die zweite, d. h. in eine innere Angelegenheit des römischen Staats zu mischen, was zugegebener Maßen unzulässig sei. Darum aber könne die Einmischung zweier fremden Mächte, Spaniens und vollends Oestreichs, in eine ital. Angelegenheit nicht geduldet werden. Das Einzige, was zu thun sei, bestehe darin, den Pabst zu bewegen, nach Rom zurückzukehren, alle einmal gemachten Conzessionen zu bestätigen und sich mit den Römern gütlich zu verständigen.

Man sieht, der ehemalige Commis-Voyageur Karl Alberts hat sich gebessert, seitdem die Oestreicher wieder am Ticino stehen.

* Aus der Lombardei.

In Bassano kam es wegen der Aushebungen zum Militär zu einem blutigen Konflikt. Die italienischen Rekruten erklärten ganz entschieden, daß sie eine Uniform, die das Abzeichen der Unterdrücker ihres Landes sei, nicht anziehen würden. Es wurden sofort über 100 bewaffnete Oestreicher gegen die unbewaffneten Rekruten aufgeboten, um letztere zum Gehorsam zu zwingen. Daraus entsprang ein wüthender Kampf; die italienischen Rekruten wehrten sich wie Verzweifelte; ihre Messer dienten ihnen als Waffen; 2 Rekruten wurden getödtet, 5 verwundet; die Oestreicher hatten einen viel größern Verlust: 1 Offizier und 5 Gemeine an Todten, und etliche 20 Verwundete. Inzwischen erhielten die Oestreicher Verstärkung: 200 Mann Infanterie und 150 Mann Kavallerie, und nun wurden die Rekruten überwältigt. Die Stadt Bassano sollte wegen dieses Vorfalls 30,000 Lire Strafe zahlen und für jede Stunde Verzögerung 2000 Lire.

Französische Republik.
17 Paris, 26. Jan.

"L'Union medicale" bestätigt die von uns früher gelieferte Bilanz Frankreichs, indem sie sagt:

"450,000 Familien Reicher bewohnen unsere Städte und besitzen Landgüter; 660,000 Familien stehen unter der Botmäßigkeit der Staatsobergewalt, indem sie in deren Namen und Solde Aemter im Militär und Civil verwalten; davon sind manche auch Besitzende. Aber 900,000 Familien sind besitzlos, d. h. leben in den Städten von Tagelohn oder Industrie aller Art und 800,000 Familien sind in unsichrer Existenz, d. h. leben als kleine Rentner, kleine Pensionsverzehrer, oder sind ohne festen Erwerbszweig. Diese Bevölkerung von 2,810,000 Familien bewohnt eine Fläche von 52,768,610 Hektaren, dessen Fruchtbarkeit sich also klassifiziren läßt: beste Qualität (Norddepartement, die Limagne in der Auvergne, das Thal der Isere, die Ebene von Meaux, einige Partieen im Elsas), zweite Qualität (Normandie, Picardie, französisch Flandern und einzelne Partieen in andern Provinzen). Die erste ist etwa gleich 4 Departements, die zweite gleich 13, die dritte gleich 16, die vierte gleich 35, die fünfte ganz schlechte Qualität gleich 18 Departementen in Flächenraum durchschnittlich. Ein Fünftel des Bodens ist bewohnt von Leuten, die ohne Geld zu besitzen produciren, Nahrungsstoffe fabriciren ohne sie verkaufen zu können, und mit Mühe sich am Leben erhalten; sie sind im wilden Zustande mitten in der Civilisation des Jahrhunderts, und müssen stündlich und meist ohne Sieg, gegen das Wetter, Hungern und andere Feindseligkeiten der Naturelemente anringen."

Die Bauern verdummen und verdorren geistig auf diese Weise; Hrn. Thiers ist das freilich noch nicht genügend, er will mit seinem Freunde Falloux die Primärschulen in die Klauen des Ultramontanismus geben; der alte liederliche Voltärianer hat sich alliirt mit dem jungen Jesuitenschüler. Und Marrast, der Präsident der Nationalversammlung, der Perikles von Paris, der bedeutend dick wird und weißes Haar kriegt, auch dieser alte Voltärianer ist einer Allianz mit dem heil. Loyola selbst und mit Metternich und Nikolaus fähig, sobald es auf Bekämpfung der social-demokratischen Republik ankommt.

Die Handschuhmacher, die Juweliere u. s. w. sind jetzt fanatische Königthümler, und demonstriren wie folgt: "König hin König her, es ist uns im Grunde nicht zu thun um Krone und Thron, wohl aber um einen bei uns Bestellungen machenden Hof, wir möchten drei, vier, zehn Höfe von Königen und Kaisern im Lande haben um Arbeit für jeden zu liefern; zu dem zieht der Hof fremde reiche Leute beides Geschlechts nach Paris. Marrast und Cavaignac versuchen uns zu nützen, aber die paar Bestellungen für ihre paar Hotels und Soireen halfen uns nicht viel, auch kommen keine reichen Fremdlinge nach Paris, so interessant ist ihnen weder Hr. Marrast noch Cavaignac. Folglich wollen wir keine Republik, weder rothe noch Marrastsche blaue, sondern einen Hof, und da kein Hof ohne König sein zu können scheint, wollen wir baldigst einen König oder Kaiser, denn wir haben nicht Lust mit Weib und Kind zu verarmen."

"Wir haben meistens nichts gegen die Republik als solche einzuwenden," setzte einer dieser biedern Mittelbourgeois hinzu; "die wenigsten von uns haben Zeit und Lust mit der theoretischen Politik uns abzugeben. Wir sind praktisch erzogen, und bleiben praktisch bis an unsern Tod; wir gehen nie in Klubs, wir mögen kein Theoretisiren über Staatsformen hören, das scheint uns ganz nutzlos, und zudem haben wir ja unsere von uns salarirte Journalisten die mit Ideen und Theorieen umzugehen wissen." (Wörtlich.)

Der Spießbürger ist wesentlich ein Antiklubist und so ist nicht zu verwundern, wenn "seine bezahlten Schreiberknechte" in Journalen und Journälchen die Schließung aller Klubs verlangen: "Klubs zu -- heult der Corsaire -- oder Läden zu. In die Klubs strömen die Faulenzer, die Brüllaffen, die hirnverbrannten Weltbesserer voll Schulden und Sünden, die Giftmischer, die Mordbrenner. Schließt die Klubs und eure Magazine, Bazare, Läden, Fabriken werden sich freudig aufthun und füllen; das Volk wird Arbeit finden, der reiche Mann wird noch reicher werden und gern Arbeitsbestellungen machen. Die Klubs nicht schließen, heißt: schließt die Boutiken, verarmt mit Frau und Kindern. O liebes Arbeitsvolk! geh nicht in die Klubs; das Evennement (daran schreibt Alex. Dumas und Victor Hugo, der königl. romanhafte Hanswurst und der expoetische Pair de France) hat richtig die Klubs Mordspelunken betitelt. Volk! ergieb dich nicht dem Socialismus, du könntest dabei vielleicht durch Ermordung und Plünderung der Reichen, auch einen Tag Gold in der Tasche haben, allein das würde dir am Ende wenig nützen."

In den Provinzen geht es entsprechend zu; z. B. ward "La Voix du Peuple" auf der Straße verboten, die Ausschreier vom Maire mit Entziehung des Rechts bedroht; der Redakteur en chef machte hierauf einen Besuch und setzte durch sein bloßes Erscheinen diesen Philister so in Schrecken, daß er zu stammeln anfing und rückwärts, wie ein Krebs, in ein Kabinet schlich, welches er hinter sich schloß. Später fand eine zweite Audienz statt, wobei der Adjunkt dieses p. p. Maire schrie: "wir wollen, daß nichts in Marseille mehr erscheine, bevor wir es nicht gelesen, und um es kurz zu machen, eröffnen wir Ihnen, daß Ihr Blatt viel zu brandstifterisch ist; wir werden es auf alle Weise behindern." In derselben Stadt wird die sanftmüthige, aber durch ihr meist wissenschaftliches Räsonniren den reaktionären Heulern verhaßte, fourieristische "Democratie pacifique", wenn sie mit der pariser Post anlangt, zuerst von obigem Bürgermeister durchstudirt und ein Exemplar jedesmal ad acta gefügt; das Schlagwort ist dort "brandstifterisch."

So äußert sich die Furcht der Landaussauger.

"Die Democratie pacifique wird auch wohl endlich einsehen, daß Friedfertigkeit nichts ausrichtet gegen ein Gesindel, das im Privilegium gezeugt und geboren und aufgewachsen ist, mit eiskaltem Hohn die Unprivilegirten von sich stößt, und wie eine Bestie, die keine Menschensprache versteht, sondern nur die der Peitsche und des Knüppels, kreischt, sobald die rothe Republik Recht und Ehre aus Worten zu Thaten machen will. Nun so möge denn der Sozialismus diesem Otterngezüchte thun, wie es selber schon durch sein Gekreische zu prophezeien scheint." (Citoyen von Dijon.)

Die Democratie pacifique selbst sagt: "Am 24. dieses schleppte der Marschall Bugeaud, der Besieger des Kaisers von Marocko, ein s. g. monarchischer Republikaner, wieder eine Petition um Auflösung der Nationalversammlung in die Kammer. Die echten Republikaner hätten diesen Mummenschanz des allgemeinen Stimmrechts mit schweigender Verachtung aufnehmen sollen. Aber sie begingen die Thorheit, aufzubrausen, und schadeten der Republik mehr als die Petition. Wer unterzeichnet? Bauern. Wer bringt sie dazu? Legitimisten, Orleanisten, Feinde der Republik. Zweck dieser Petitionen ist Sturz der Republik, Wiederaufstellung des Thrones unter den Ungewittern eines Bürgerkriegs. Wer hat Wohlgefallen an Bürgerkrieg und Königthum? Nur die Klasse der Edel-

Dr. Müller gegenüber, der am Tage vor der Wahlschlacht aus Dankbarkeit für den Orden, den ihm der 18. Januar gebracht, eine famose Wahlpredigt hielt. Auch der fromme General Groeben mit dem Demosthenes Schimmel ist trotz prinzlicher Dienerschaft und Adjudantur unterlegen. Mit Bezug auf das herrliche Wahlprogramm Rittmeister Schimmel's, sagt die eigene Partei in Wuth: „unsere Sache ist verschimmelt.“ Herr Banquier Olfers hat Arbeitern gesagt: Sie möchten bei denen Arbeit holen, die sie gewählt hätten. Armer Olfers! Nicht einmal zum Wahlmann wollen sie dich! Herr Ferdinand Theising, Reaktionär vom reinsten Wasser und Aspirant auf die Oberbürgermeister-Stelle, aber rief wuthschnaubend: „Die Kerls verdienen wegen der Wahl die Knute!“

105 Münster, 26. Jan.

Königlich preußische Rintelen-Manteufel'sche octroyirte Gleichheit vor dem Gesetze.

Während Rintelen seinem lieben Freunde (??) Temme an demselben Tage antwortet, wo er dessen Schreiben zu Händen bekommt, macht Rintelen mit den übrigen December-Verhafteten kein Federlesen. Das Lumpenvolk ist ja im Zuchthause gut verwahrt. Folgendes Schreiben an die December-Verhafteten als Beweis:

„Auf Ihre Eingabe vom 27. v. M. um Entlassung aus der Untersuchungshaft wird Ihnen eröffnet, daß der Justiz-Minister zwar Veranlassung genommen hat, dasselbe dem Königlichen Ober-Landesgericht zu Münster zur Prüfung und Berichterstattung zuzufertigen. Da indessen nach dem erstatteten Berichte von dem Land- und Stadtgerichte zu Münster, als dem kompetenten Untersuchungsgerichte, die Fortdauer der Untersuchungshaft nach den Gesetzen (?!?) für gerechtfertigt und resp. nach Lage der Sache für nothwendig erachtet, und das Ober-Landesgericht zu Münster dieser Ansicht beigetreten ist, so kann der Justiz-Minister sich gesetzlich nicht veranlaßt finden, in einer Angelegenheit seinerseits einzuschreiten, die wesentlich zur richterlichen Beurtheilung gehört und dieser überlassen bleiben muß.

Was die in der Vorstellung vom 5. d. M. vorgetragenen Perhorrescenzgründe gegen das Ober-Landesgericht zu Münster betrifft, so wird die Bescheidung darüber erfolgen, sobald eine noch erforderte Auskunft eingegangen sein wird.“

Berlin den 21. Januar 1849. Der Justiz-Minister.

In dessen Vertretung Müller.

Ein donnerndes Hoch der Königl. preußischen Verfassung inclus. Habeas-Corpus-Acte. Also 14 Personen ungesetzlich in's Zuchthaus einsperren, ist erlaubt. Diese aber zu entlassen, oder Ihnen nur dasselbe zu gewähren, wie Temme, ist gesetzlich verboten.

X Berlin, 27. Jan.

Aus guter Quelle wird uns versichert, die Regierung habe, nach Empfang der Nachrichten über den Ausfall der Urwahlen im ganzen Staate, beschlossen, die Kammern von vornherein in Brandenburg zusammentreten zu lassen. Man bringt hiermit den Umstand in Verbindung, daß die eisernen Säulen und Fensterrahmen, welche für den neuen Sitzungssaal der zweiten Kammer bei Borsig bestellt gewesen, dieser Tage wieder abbestellt worden sind. Die Stadtverordneten scheinen der Ansicht, der Belagerungszustand werde etwa kurz vor oder kurz nach Vollendung der Wahlen für die erste Kammer aufhören, weil der Termin des 12. Februar ungefähr mit dem zusammenfällt, an welchem laut dem Bürgerwehrgesetz die hiesige Bürgerwehr reorganisirt werden muß. Wir glauben, daß das Ministerium heut selbst noch nicht weiß, wann es den Belagerungszustand aufheben wird.

Die kleinen Bürger fangen hier an, sich nachträglich sehr zahlreich in die Listen der Urwähler für die erste Kammer eintragen zu lassen; der Ausgang der Wahlen vom 22. hat sie ermuthigt, und es steht somit zu hoffen, das wenigstens hier selbst die Kandidaten zur ersten Kammer nicht ganz so antidemokratisch sein werden, als man bisher zu fürchten Grund hatte.

X Ratibor, 24 Januar.

Unter den 32 Wahlmännern hiesiger Stadt sind nur 12 demokratische, 20 sogenannte konstitutionelle. Man hofft jedoch, Kirchmann als Abgeordneten durchzubringen. Das hiesige Militär mußte heute, den Grund und das Wohin weiß man nicht, abmaschiren. In Biala (Galizien) ist das Militär vom Volke entwaffnet worden; ganz Galizien, sagt man, wird aufstehen. Von Troppau und andern Städten aus, sind Eiltruppen nach den bedrohten Punkten bestellt worden.

Schabenau, Kreis Guhrau.

Am Freitag fand hier eine Sitzung des Guhrauer demokratischen Zweigvereins statt. Nachdem einige Redner gesprochen, trat ein fremder Herr auf, den Niemand kannte, sagte: er sei Republikaner und würde der Erste sein, der den König wegjagte, wenn er nichts taugt u. s. w. Die Landleute merkten aber gleich, daß dies ein verkappter Denunziant sein könnte, welcher blos Andere zu ähnlichen Aeußerungen verführen und nachher denunziren wollte. Sie nahmen ihn fest und fanden bei ihm eine Legitimationskarte als: Aktuarius N. N., Agent des konstitutionellen Centralvereins. Er wurde als Aufruhrprediger arretirt und nach Guhrau aufs landräthliche Amt transportirt, wo man ihn aber gleich frei ließ.

(Schl. Kreisbl.)
24 Wien, 25. Januar.

Die kriegsrechtlichen Verurtheilungen gehen ihren gewohnten Gang fort. Das offizielle Blatt, die „Wiener Zeitung,“ theilt deren heute wieder drei ihren Lesern mit. Das ist das gewöhnliche Tages-Kontingent; — insoweit nämlich die Urtheile veröffentlicht werden.

Die Besorgniß vor weiterem Wasserunglück ist nun ganz geschwunden, obschon der Eisstoß im Donaukanal noch immer festsitzt. Eine Kundmachung des Gouverneurs Welden meldet die nächtliche Ermordung einer Schildwache am Hetzendorfer Schlosse. Den Thäter hat man bis jetzt noch nicht ermittelt. Hierbei werden die rechtlichen Bürger zur Rede gestellt, daß sie sich noch nicht verbanden, um derlei Schandthaten auf die Spur zu kommen, so daß immer nur die Waffengewalt selber entgegentreten müsse. Es scheint dieser Passus mit der verbreiteten Nachricht zusammenzuhängen, daß den Bürgern Bewaffnung und theilweises Versehen der Wachtposten angetragen worden sei, sie es jedoch abgelehnt hätten, sich hierbei der Zumuthung zu fügen, nach jedesmaligem Gebrauch die Waffen zurückzulegen.

* Dresden, 26. Jan.

Die Minister haben heute sämmtlich ihre Entlassung gegeben. v. der Pfordten erklärte dies heute in der 2. Kammer im Namen des ganzen Kabinets. Als Grund gab er an: die „Schwierigkeiten, welche sich einer erfolgreichen Wirksamkeit von ihrer Seite für das Wohl des Landes entgegenstellen.“ Sogleich nach dieser Erklärung verließen sämmtliche Minister den Saal; blos Regierungskommissär Todt blieb am Ministertische. Vizepräsident Tzschirner erklärte, daß die ministerielle Erklärung nicht sage, ob es den Ministern unmögliich erscheine, mit den gegenwärtigen Kammern zu regieren, oder ob das Kabinet gewissen Einflüssen von außen nicht zu widerstehen vermöge. Der wahre Grund sei wohl jedenfalls in den Hindernissen zu suchen, welche der Einführung der Grundrechte unerwartet erwachsen seien. Jedenfalls würden die Minister morgen nähere Auskunft zu geben haben. Er rathe, sich in der Abmachung der laufenden Geschäfte nicht stören zu lassen. Es wird also in Berathung der Tagesordnung fortgefahren. Die nämliche Erklärung von der Demission der Minister gab von der Pfordten auch in der ersten Kammer. Die Hofpartei hat gegen das Ministerium so lange intriguirt, bis sie endlich im Stande ist, es zum Rückzuge zu zwingen. Die radikale Zusammensetzung der beiden Kammern bietet ihr zugleich einen Vorwand, hinter em sie [unleserliches Material]re eigentlichen Pläne versteckt.

* Dresden, 25. Jan.

Dir 2. Kammer ernannte heut die Deputation zur Prüfung des Rechenschaftberichts über die Ermordung Robert Blum's.

068 Weimar, 25. Jan.

Die Wahlen für den bald zusammentretenden Landtag lassen sich jetzt in ihrem Resultat überblicken; die Majorität ist entschieden radikal ausgefallen.

082 Heidelberg, 23. Jan.

Zur Geschichte der nachmärzlichen Polizei muß ich Ihnen aus unserm Lande ein eklatantes Beispiel erzählen. In Konstanz, welches als Ausgangspunkt der Hecker-Revolution noch bis auf diese Zeit reichlich mit „Deutschen Brüdern“ bedacht worden ist, ließen am 6. Dez. v. J. Würtembergische Soldaten im Wirthshause den Hecker hochleben. Einige freiheitsbegeisterte Philister setzten sich zu ihnen, man sang zusammen das Heckerlied, und Alles umarmte sich brüderlich. Aber solch frevelndes Beginnen rächt sich bald. Am folgenden Morgen tritt beim Appell der Offizier vor einen Soldaten hin, dem man die Heldenthaten des vorigen Abends am meisten ansehen mochte, und fragt ihn mit wuthschnaubender Standrechtsmiene: „Seid Ihr nicht gestern Abend von schlechten Kerls verführt worden, das Heckerlied zu singen?!“ Aus der Tiefe seines Katzenjammers heraus erwiedert der arme Schwab: „Ja, wir sind verführt worden.“ „„Wer hat Euch verführt?““ donnert es zum zweitenmale; die Antwort lautet: „Es werden so Gesellen gewesen sein:“ Nun war's gut. Im Nu wußte es die Polizei; der Ausspruch eines katzenjämmerlichen schwäbischen Soldaten ist ihr natürlich Autorität. Aber sie schließt noch mehr daraus. Gesellen, so folgert sie, können nur Gesellen qua solche sein, also nur der Arbeiterverein. O herrliche Logik eines Polizeikommissars! — Diese Logik ward übrigens bald praktisch; denn bei der nächsten Sitzung des Konstanzer Arbeiter-Bildungsvereins stürzt die heilige Hermandad herein, und unter dem Vorwande, daß der Verein verborgene Waffen besitze, wird das ganze Lokal durchsucht. Man fand zwar in keiner Ritze die kleinste Spur von Säbeln oder Pistolen; aber auf dem Tische lagen doch gefährliche Dinge, z. B. Bücher, Schriften, und namentlich die Kasse des Vereins, in welcher man wahrscheinlich Pulver verborgen glaubte. Alle diese Dinge wurden mit Beschlag belegt, und der Vorstand zur Haft gebracht. Nachdem diese, sowie die übrigen Mitglieder des Vereins, eine Unzahl von stundenlangen Verhören bestanden hatten, kamen sie nach drei Wochen frei; die Schriften aber und das Geld sind bis auf den heutigen Tag noch nicht zurückgegeben. Sie sehen, die Badische Polizei ist kommunistisch gesinnt, wie Ihr Freund Drigalsky.

Wegen einer ähnlichen „Verführung des Militärs“ besteht auch der Lieutenant Siegel auf der Festung Kißlau seit April d. J. Festungsarrest, und zwar im schwersten Grade. Er hatte nämlich gegen seine vom Hecker'schen Zuge zurückkehrende Kompagnie die gefährliche Aeußerung gethan: „Wäre es nicht besser gewesen, Eure Kugeln hätten, statt Eure Mitbürger, die Russen getroffen?! Als nun kürzlich in der Kammer Brentano eine Petition desselben um Strafmilderung bevorwortete, und bei einer unschuldigen Anspielung auf Windischgrätz sich stürmischer Beifall der Gallerieen erhob, ließ der Präsident die Gallerieen räumen, und gab dem Brentano durch den höflichen Zuruf: „Schweigen Sie,“ zu erkennen, wie sehr ihn seine Erwählung zum Bürgermeister von Mannheim ärgere. Diese Wahl hat überhaupt unter unseren Altliberalen furchtbar böses Blut gesetzt. Die Regierung hat ihre Bestätigung versagt: was leicht erklärlich. Denn da Baden sich freiwillig für die preußische Kaiserschaft ausgesprochen hat, so muß jetzt der verbrüderte deutsche Volksstamm (sonst Prinz v. Preußen) genannt, an Brentano gerächt werden.

Polen.
* Warschau, 22. Jan.

Auf die Köpfe Kossuth's, Meszaros's und General Bem's hat die russische Regierung einen Preis ausgesetzt. Die Truppen in hiesiger Citadelle sind fast immer konsignirt; Paskewitsch traut den Polen keinen Augenblick und die ihm zugehenden Polizeiberichte versichern, daß von einem Tag zum andern eine Schilderhebung stattfinden könne.

Italien.
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Die italienische Revolution geht, trotz der europäischen Contrerevolution, ungestört und unbeirrt ihren Gang. Guerrazzi in Florenz, das Haupt der ganzen revolutionären Bewegung auf der Halbinsel, hat einen neuen Triumpf erlebt. Wie er zuerst die Berufung der italienischen Nationalversammlung gefordert hatte, so hatte er (wie wir früher mittheilten) bei der römischen Regiedarauf angetragen, daß die einberufene römische Constituante zugleich zur Repräsentation des römischen Staates in der italienischen Constituante bevollmächtigt werden sollte. Damit war die italienische Nationalversammlung ihrer Verwirklichung ein gutes Stück näher gerückt. Zugleich war die Existenz zweier nebeneinander berathenden, getrennten konstituirenden Versammlungen, so wie alle Susceptibilitäten eines möglichen römischen Partikularismus beseitigt.

Das römische Ministerium hat in einer Proklamation vom 18. diesem Antrag entsprochen. Die römische Constituante ist bevollmächtigt, einen Theil der italischen zu bilden. Da aber 200 Deputirte eine verhältnißmäßig zu starke Vertretung der römischen Bevölkerung bilden würden, so wird nur ein Theil der römischen Abgeordneten Theil nehmen.

Der Kern der italischen Constituante tritt also in wenig Tagen zusammen, und Toskana und Piemont werden nicht zaudern, ihre Deputirten ebenfalls nach Rom zu senden.

Inzwischen dauern die Intriguen in Gaeta fort. General Zamboni, der für den 21., den Tag der Wahlen, eine reaktionäre Bewegung vorbereitete, ist auf dem Wege nach Gaeta verhaftet worden. Die bei ihm gefundenen Papiere haben eine Menge neuer Verhaftungen veranlaßt. — Der radikale Advokat Mattioli ist zum Präsidenten der Stadt und Provinz Ankona gemacht worden.

Gioberti, Ministerpräsident in Turin hat auf die spanische Einladung zu Konferenzen aller ital. Staaten mit Oestreich und Spanien zur Rückführung des Pabstes nach Rom, und Wiedereinsetzung in seine geistliche Regierung eine Note erlassen, etwa folgenden Inhalts:

Die geistliche Gewalt des Pabstes sei von seiner weltlichen Macht so wenig zu trennen, daß man nicht über die erstere verhandeln könne, ohne sich in die zweite, d. h. in eine innere Angelegenheit des römischen Staats zu mischen, was zugegebener Maßen unzulässig sei. Darum aber könne die Einmischung zweier fremden Mächte, Spaniens und vollends Oestreichs, in eine ital. Angelegenheit nicht geduldet werden. Das Einzige, was zu thun sei, bestehe darin, den Pabst zu bewegen, nach Rom zurückzukehren, alle einmal gemachten Conzessionen zu bestätigen und sich mit den Römern gütlich zu verständigen.

Man sieht, der ehemalige Commis-Voyageur Karl Alberts hat sich gebessert, seitdem die Oestreicher wieder am Ticino stehen.

* Aus der Lombardei.

In Bassano kam es wegen der Aushebungen zum Militär zu einem blutigen Konflikt. Die italienischen Rekruten erklärten ganz entschieden, daß sie eine Uniform, die das Abzeichen der Unterdrücker ihres Landes sei, nicht anziehen würden. Es wurden sofort über 100 bewaffnete Oestreicher gegen die unbewaffneten Rekruten aufgeboten, um letztere zum Gehorsam zu zwingen. Daraus entsprang ein wüthender Kampf; die italienischen Rekruten wehrten sich wie Verzweifelte; ihre Messer dienten ihnen als Waffen; 2 Rekruten wurden getödtet, 5 verwundet; die Oestreicher hatten einen viel größern Verlust: 1 Offizier und 5 Gemeine an Todten, und etliche 20 Verwundete. Inzwischen erhielten die Oestreicher Verstärkung: 200 Mann Infanterie und 150 Mann Kavallerie, und nun wurden die Rekruten überwältigt. Die Stadt Bassano sollte wegen dieses Vorfalls 30,000 Lire Strafe zahlen und für jede Stunde Verzögerung 2000 Lire.

Französische Republik.
17 Paris, 26. Jan.

„L'Union medicale“ bestätigt die von uns früher gelieferte Bilanz Frankreichs, indem sie sagt:

„450,000 Familien Reicher bewohnen unsere Städte und besitzen Landgüter; 660,000 Familien stehen unter der Botmäßigkeit der Staatsobergewalt, indem sie in deren Namen und Solde Aemter im Militär und Civil verwalten; davon sind manche auch Besitzende. Aber 900,000 Familien sind besitzlos, d. h. leben in den Städten von Tagelohn oder Industrie aller Art und 800,000 Familien sind in unsichrer Existenz, d. h. leben als kleine Rentner, kleine Pensionsverzehrer, oder sind ohne festen Erwerbszweig. Diese Bevölkerung von 2,810,000 Familien bewohnt eine Fläche von 52,768,610 Hektaren, dessen Fruchtbarkeit sich also klassifiziren läßt: beste Qualität (Norddepartement, die Limagne in der Auvergne, das Thal der Isere, die Ebene von Meaux, einige Partieen im Elsas), zweite Qualität (Normandie, Picardie, französisch Flandern und einzelne Partieen in andern Provinzen). Die erste ist etwa gleich 4 Departements, die zweite gleich 13, die dritte gleich 16, die vierte gleich 35, die fünfte ganz schlechte Qualität gleich 18 Departementen in Flächenraum durchschnittlich. Ein Fünftel des Bodens ist bewohnt von Leuten, die ohne Geld zu besitzen produciren, Nahrungsstoffe fabriciren ohne sie verkaufen zu können, und mit Mühe sich am Leben erhalten; sie sind im wilden Zustande mitten in der Civilisation des Jahrhunderts, und müssen stündlich und meist ohne Sieg, gegen das Wetter, Hungern und andere Feindseligkeiten der Naturelemente anringen.“

Die Bauern verdummen und verdorren geistig auf diese Weise; Hrn. Thiers ist das freilich noch nicht genügend, er will mit seinem Freunde Falloux die Primärschulen in die Klauen des Ultramontanismus geben; der alte liederliche Voltärianer hat sich alliirt mit dem jungen Jesuitenschüler. Und Marrast, der Präsident der Nationalversammlung, der Perikles von Paris, der bedeutend dick wird und weißes Haar kriegt, auch dieser alte Voltärianer ist einer Allianz mit dem heil. Loyola selbst und mit Metternich und Nikolaus fähig, sobald es auf Bekämpfung der social-demokratischen Republik ankommt.

Die Handschuhmacher, die Juweliere u. s. w. sind jetzt fanatische Königthümler, und demonstriren wie folgt: „König hin König her, es ist uns im Grunde nicht zu thun um Krone und Thron, wohl aber um einen bei uns Bestellungen machenden Hof, wir möchten drei, vier, zehn Höfe von Königen und Kaisern im Lande haben um Arbeit für jeden zu liefern; zu dem zieht der Hof fremde reiche Leute beides Geschlechts nach Paris. Marrast und Cavaignac versuchen uns zu nützen, aber die paar Bestellungen für ihre paar Hotels und Soireen halfen uns nicht viel, auch kommen keine reichen Fremdlinge nach Paris, so interessant ist ihnen weder Hr. Marrast noch Cavaignac. Folglich wollen wir keine Republik, weder rothe noch Marrastsche blaue, sondern einen Hof, und da kein Hof ohne König sein zu können scheint, wollen wir baldigst einen König oder Kaiser, denn wir haben nicht Lust mit Weib und Kind zu verarmen.“

„Wir haben meistens nichts gegen die Republik als solche einzuwenden,“ setzte einer dieser biedern Mittelbourgeois hinzu; „die wenigsten von uns haben Zeit und Lust mit der theoretischen Politik uns abzugeben. Wir sind praktisch erzogen, und bleiben praktisch bis an unsern Tod; wir gehen nie in Klubs, wir mögen kein Theoretisiren über Staatsformen hören, das scheint uns ganz nutzlos, und zudem haben wir ja unsere von uns salarirte Journalisten die mit Ideen und Theorieen umzugehen wissen.“ (Wörtlich.)

Der Spießbürger ist wesentlich ein Antiklubist und so ist nicht zu verwundern, wenn „seine bezahlten Schreiberknechte“ in Journalen und Journälchen die Schließung aller Klubs verlangen: „Klubs zu — heult der Corsaire — oder Läden zu. In die Klubs strömen die Faulenzer, die Brüllaffen, die hirnverbrannten Weltbesserer voll Schulden und Sünden, die Giftmischer, die Mordbrenner. Schließt die Klubs und eure Magazine, Bazare, Läden, Fabriken werden sich freudig aufthun und füllen; das Volk wird Arbeit finden, der reiche Mann wird noch reicher werden und gern Arbeitsbestellungen machen. Die Klubs nicht schließen, heißt: schließt die Boutiken, verarmt mit Frau und Kindern. O liebes Arbeitsvolk! geh nicht in die Klubs; das Evènnement (daran schreibt Alex. Dumas und Victor Hugo, der königl. romanhafte Hanswurst und der expoetische Pair de France) hat richtig die Klubs Mordspelunken betitelt. Volk! ergieb dich nicht dem Socialismus, du könntest dabei vielleicht durch Ermordung und Plünderung der Reichen, auch einen Tag Gold in der Tasche haben, allein das würde dir am Ende wenig nützen.“

In den Provinzen geht es entsprechend zu; z. B. ward „La Voix du Peuple“ auf der Straße verboten, die Ausschreier vom Maire mit Entziehung des Rechts bedroht; der Redakteur en chef machte hierauf einen Besuch und setzte durch sein bloßes Erscheinen diesen Philister so in Schrecken, daß er zu stammeln anfing und rückwärts, wie ein Krebs, in ein Kabinet schlich, welches er hinter sich schloß. Später fand eine zweite Audienz statt, wobei der Adjunkt dieses p. p. Maire schrie: „wir wollen, daß nichts in Marseille mehr erscheine, bevor wir es nicht gelesen, und um es kurz zu machen, eröffnen wir Ihnen, daß Ihr Blatt viel zu brandstifterisch ist; wir werden es auf alle Weise behindern.“ In derselben Stadt wird die sanftmüthige, aber durch ihr meist wissenschaftliches Räsonniren den reaktionären Heulern verhaßte, fourieristische „Democratie pacifique“, wenn sie mit der pariser Post anlangt, zuerst von obigem Bürgermeister durchstudirt und ein Exemplar jedesmal ad acta gefügt; das Schlagwort ist dort „brandstifterisch.“

So äußert sich die Furcht der Landaussauger.

„Die Democratie pacifique wird auch wohl endlich einsehen, daß Friedfertigkeit nichts ausrichtet gegen ein Gesindel, das im Privilegium gezeugt und geboren und aufgewachsen ist, mit eiskaltem Hohn die Unprivilegirten von sich stößt, und wie eine Bestie, die keine Menschensprache versteht, sondern nur die der Peitsche und des Knüppels, kreischt, sobald die rothe Republik Recht und Ehre aus Worten zu Thaten machen will. Nun so möge denn der Sozialismus diesem Otterngezüchte thun, wie es selber schon durch sein Gekreische zu prophezeien scheint.“ (Citoyen von Dijon.)

Die Democratie pacifique selbst sagt: „Am 24. dieses schleppte der Marschall Bugeaud, der Besieger des Kaisers von Marocko, ein s. g. monarchischer Republikaner, wieder eine Petition um Auflösung der Nationalversammlung in die Kammer. Die echten Republikaner hätten diesen Mummenschanz des allgemeinen Stimmrechts mit schweigender Verachtung aufnehmen sollen. Aber sie begingen die Thorheit, aufzubrausen, und schadeten der Republik mehr als die Petition. Wer unterzeichnet? Bauern. Wer bringt sie dazu? Legitimisten, Orleanisten, Feinde der Republik. Zweck dieser Petitionen ist Sturz der Republik, Wiederaufstellung des Thrones unter den Ungewittern eines Bürgerkriegs. Wer hat Wohlgefallen an Bürgerkrieg und Königthum? Nur die Klasse der Edel-

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Dr. Müller gegenüber, der am Tage vor der Wahlschlacht aus Dankbarkeit für den Orden, den ihm der 18. Januar gebracht, eine famose Wahlpredigt hielt. Auch der fromme General Groeben mit dem Demosthenes Schimmel ist trotz prinzlicher Dienerschaft und Adjudantur unterlegen. Mit Bezug auf das herrliche Wahlprogramm Rittmeister Schimmel's, sagt die eigene Partei in Wuth: &#x201E;unsere Sache ist <hi rendition="#g">verschimmelt</hi>.&#x201C; Herr Banquier <hi rendition="#g">Olfers</hi> hat Arbeitern gesagt: Sie möchten bei denen Arbeit holen, die sie gewählt hätten. Armer Olfers! Nicht einmal zum Wahlmann wollen sie dich! Herr Ferdinand Theising, Reaktionär vom reinsten Wasser und Aspirant auf die Oberbürgermeister-Stelle, aber rief wuthschnaubend: &#x201E;Die Kerls verdienen wegen der Wahl die Knute!&#x201C;</p>
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          <head><bibl><author>105</author></bibl> Münster, 26. Jan.</head>
          <p>Königlich preußische Rintelen-Manteufel'sche octroyirte Gleichheit vor dem Gesetze.</p>
          <p>Während Rintelen seinem lieben Freunde (??) Temme an demselben Tage antwortet, wo er dessen Schreiben zu Händen bekommt, macht Rintelen mit den übrigen December-Verhafteten kein Federlesen. Das Lumpenvolk ist ja im Zuchthause gut verwahrt. Folgendes Schreiben an die December-Verhafteten als Beweis:</p>
          <p>&#x201E;Auf Ihre Eingabe vom 27. v. M. um Entlassung aus der Untersuchungshaft wird Ihnen eröffnet, daß der Justiz-Minister zwar Veranlassung genommen hat, dasselbe dem Königlichen Ober-Landesgericht zu Münster zur Prüfung und Berichterstattung zuzufertigen. Da indessen nach dem erstatteten Berichte von dem Land- und Stadtgerichte zu Münster, als dem kompetenten Untersuchungsgerichte, die Fortdauer der Untersuchungshaft nach den Gesetzen (?!?) für gerechtfertigt und resp. nach Lage der Sache für nothwendig erachtet, und das Ober-Landesgericht zu Münster dieser Ansicht beigetreten ist, so kann der Justiz-Minister <hi rendition="#g">sich gesetzlich</hi> nicht veranlaßt finden, in einer Angelegenheit seinerseits einzuschreiten, die wesentlich zur richterlichen Beurtheilung gehört und dieser überlassen bleiben muß.</p>
          <p>Was die in der Vorstellung vom 5. d. M. vorgetragenen Perhorrescenzgründe gegen das Ober-Landesgericht zu Münster betrifft, so wird die Bescheidung darüber erfolgen, sobald eine noch erforderte Auskunft eingegangen sein wird.&#x201C;</p>
          <p>Berlin den 21. Januar 1849. Der Justiz-Minister.</p>
          <p>In dessen Vertretung <hi rendition="#g">Müller</hi>.</p>
          <p>Ein donnerndes Hoch der Königl. preußischen Verfassung inclus. Habeas-Corpus-Acte. Also 14 Personen ungesetzlich in's Zuchthaus einsperren, ist erlaubt. Diese aber zu entlassen, oder Ihnen nur dasselbe zu gewähren, wie Temme, ist <hi rendition="#g">gesetzlich</hi> verboten.</p>
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          <head><bibl><author>X</author></bibl> Berlin, 27. Jan.</head>
          <p>Aus guter Quelle wird uns versichert, die Regierung habe, nach Empfang der Nachrichten über den Ausfall der Urwahlen im ganzen Staate, beschlossen, die Kammern von vornherein in Brandenburg zusammentreten zu lassen. Man bringt hiermit den Umstand in Verbindung, daß die eisernen Säulen und Fensterrahmen, welche für den neuen Sitzungssaal der zweiten Kammer bei Borsig bestellt gewesen, dieser Tage wieder abbestellt worden sind. Die Stadtverordneten scheinen der Ansicht, der Belagerungszustand werde etwa kurz vor oder kurz nach Vollendung der Wahlen für die erste Kammer aufhören, weil der Termin des 12. Februar ungefähr mit dem zusammenfällt, an welchem laut dem Bürgerwehrgesetz die hiesige Bürgerwehr reorganisirt werden muß. Wir glauben, daß das Ministerium heut selbst noch nicht weiß, wann es den Belagerungszustand aufheben wird.</p>
          <p>Die kleinen Bürger fangen hier an, sich nachträglich sehr zahlreich in die Listen der Urwähler für die erste Kammer eintragen zu lassen; der Ausgang der Wahlen vom 22. hat sie ermuthigt, und es steht somit zu hoffen, das wenigstens hier selbst die Kandidaten zur ersten Kammer nicht ganz so antidemokratisch sein werden, als man bisher zu fürchten Grund hatte.</p>
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          <head><bibl><author>X</author></bibl> Ratibor, 24 Januar.</head>
          <p>Unter den 32 Wahlmännern hiesiger Stadt sind nur 12 demokratische, 20 sogenannte konstitutionelle. Man hofft jedoch, <hi rendition="#g">Kirchmann</hi> als Abgeordneten durchzubringen. Das hiesige Militär mußte heute, den Grund und das Wohin weiß man nicht, abmaschiren. In Biala (Galizien) ist das Militär vom Volke entwaffnet worden; ganz Galizien, sagt man, wird aufstehen. Von Troppau und andern Städten aus, sind Eiltruppen nach den bedrohten Punkten bestellt worden.</p>
        </div>
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          <head>Schabenau, Kreis Guhrau.</head>
          <p>Am Freitag fand hier eine Sitzung des Guhrauer demokratischen Zweigvereins statt. Nachdem einige Redner gesprochen, trat ein fremder Herr auf, den Niemand kannte, sagte: er sei Republikaner und würde der Erste sein, der den König wegjagte, wenn er nichts taugt u. s. w. Die Landleute merkten aber gleich, daß dies ein verkappter Denunziant sein könnte, welcher blos Andere zu ähnlichen Aeußerungen verführen und nachher denunziren wollte. Sie nahmen ihn fest und fanden bei ihm eine Legitimationskarte als: Aktuarius N. N., Agent des konstitutionellen Centralvereins. Er wurde als Aufruhrprediger arretirt und nach Guhrau aufs landräthliche Amt transportirt, wo man ihn aber gleich <hi rendition="#g">frei</hi> ließ.</p>
          <bibl>(Schl. Kreisbl.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar208_020" type="jArticle">
          <head><bibl><author>24</author></bibl> Wien, 25. Januar.</head>
          <p>Die kriegsrechtlichen Verurtheilungen gehen ihren gewohnten Gang fort. Das offizielle Blatt, die &#x201E;Wiener Zeitung,&#x201C; theilt deren heute wieder drei ihren Lesern mit. Das ist das gewöhnliche Tages-Kontingent; &#x2014; insoweit nämlich die Urtheile veröffentlicht werden.</p>
          <p>Die Besorgniß vor weiterem Wasserunglück ist nun ganz geschwunden, obschon der Eisstoß im Donaukanal noch immer festsitzt. Eine Kundmachung des Gouverneurs Welden meldet die nächtliche Ermordung einer Schildwache am Hetzendorfer Schlosse. Den Thäter hat man bis jetzt noch nicht ermittelt. Hierbei werden die rechtlichen Bürger zur Rede gestellt, daß sie sich noch nicht verbanden, um derlei Schandthaten auf die Spur zu kommen, so daß immer nur die Waffengewalt selber entgegentreten müsse. Es scheint dieser Passus mit der verbreiteten Nachricht zusammenzuhängen, daß den Bürgern Bewaffnung und theilweises Versehen der Wachtposten angetragen worden sei, sie es jedoch abgelehnt hätten, sich hierbei der Zumuthung zu fügen, nach jedesmaligem Gebrauch die Waffen zurückzulegen.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Dresden, 26. Jan.</head>
          <p>Die Minister haben heute sämmtlich ihre <hi rendition="#g">Entlassung</hi> gegeben. v. der Pfordten erklärte dies heute in der 2. Kammer im Namen des ganzen Kabinets. Als Grund gab er an: die &#x201E;Schwierigkeiten, welche sich einer erfolgreichen Wirksamkeit von ihrer Seite für das Wohl des Landes entgegenstellen.&#x201C; Sogleich nach dieser Erklärung verließen sämmtliche Minister den Saal; blos Regierungskommissär Todt blieb am Ministertische. Vizepräsident Tzschirner erklärte, daß die ministerielle Erklärung nicht sage, ob es den Ministern unmögliich erscheine, mit den gegenwärtigen Kammern zu regieren, oder ob das Kabinet gewissen Einflüssen von außen nicht zu widerstehen vermöge. Der wahre Grund sei wohl jedenfalls in den Hindernissen zu suchen, welche der Einführung der Grundrechte unerwartet erwachsen seien. Jedenfalls würden die Minister morgen nähere Auskunft zu geben haben. Er rathe, sich in der Abmachung der laufenden Geschäfte nicht stören zu lassen. Es wird also in Berathung der Tagesordnung fortgefahren. Die nämliche Erklärung von der Demission der Minister gab von der Pfordten auch in der ersten Kammer. Die Hofpartei hat gegen das Ministerium so lange intriguirt, bis sie endlich im Stande ist, es zum Rückzuge zu zwingen. Die radikale Zusammensetzung der beiden Kammern bietet ihr zugleich einen Vorwand, hinter em sie <gap reason="illegible"/>re eigentlichen Pläne versteckt.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Dresden, 25. Jan.</head>
          <p>Dir 2. Kammer ernannte heut die Deputation zur Prüfung des Rechenschaftberichts über die Ermordung Robert Blum's.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar208_023" type="jArticle">
          <head><bibl><author>068</author></bibl> Weimar, 25. Jan.</head>
          <p>Die Wahlen für den bald zusammentretenden Landtag lassen sich jetzt in ihrem Resultat überblicken; die Majorität ist entschieden <hi rendition="#g">radikal</hi> ausgefallen.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>082</author></bibl> Heidelberg, 23. Jan.</head>
          <p>Zur Geschichte der <hi rendition="#g">nachmärzlichen</hi> Polizei muß ich Ihnen aus unserm Lande ein eklatantes Beispiel erzählen. In <hi rendition="#g">Konstanz,</hi> welches als Ausgangspunkt der Hecker-Revolution noch bis auf diese Zeit reichlich mit &#x201E;Deutschen Brüdern&#x201C; bedacht worden ist, ließen am 6. Dez. v. J. Würtembergische Soldaten im Wirthshause den Hecker hochleben. Einige freiheitsbegeisterte Philister setzten sich zu ihnen, man sang zusammen das Heckerlied, und Alles umarmte sich brüderlich. Aber solch frevelndes Beginnen rächt sich bald. Am folgenden Morgen tritt beim Appell der Offizier vor einen Soldaten hin, dem man die Heldenthaten des vorigen Abends am meisten ansehen mochte, und fragt ihn mit wuthschnaubender Standrechtsmiene: &#x201E;Seid Ihr nicht gestern Abend von schlechten Kerls verführt worden, das Heckerlied zu singen?!&#x201C; Aus der Tiefe seines Katzenjammers heraus erwiedert der arme Schwab: &#x201E;Ja, wir sind verführt worden.&#x201C; &#x201E;&#x201E;Wer hat Euch verführt?&#x201C;&#x201C; donnert es zum zweitenmale; die Antwort lautet: &#x201E;Es werden so Gesellen gewesen sein:&#x201C; Nun war's gut. Im Nu wußte es die Polizei; der Ausspruch eines katzenjämmerlichen schwäbischen Soldaten ist ihr natürlich Autorität. Aber sie schließt noch mehr daraus. Gesellen, so folgert sie, können nur Gesellen qua solche sein, also nur der Arbeiterverein. O herrliche Logik eines Polizeikommissars! &#x2014; Diese Logik ward übrigens bald praktisch; denn bei der nächsten Sitzung des Konstanzer Arbeiter-Bildungsvereins stürzt die heilige Hermandad herein, und unter dem Vorwande, daß der Verein verborgene Waffen besitze, wird das ganze Lokal durchsucht. Man fand zwar in keiner Ritze die kleinste Spur von Säbeln oder Pistolen; aber auf dem Tische lagen doch gefährliche Dinge, z. B. Bücher, Schriften, und namentlich die Kasse des Vereins, in welcher man wahrscheinlich Pulver verborgen glaubte. Alle diese Dinge wurden mit Beschlag belegt, und der Vorstand zur Haft gebracht. Nachdem diese, sowie die übrigen Mitglieder des Vereins, eine Unzahl von stundenlangen Verhören bestanden hatten, kamen sie nach drei Wochen frei; die Schriften aber und das Geld sind bis auf den heutigen Tag noch nicht zurückgegeben. Sie sehen, die Badische Polizei ist kommunistisch gesinnt, wie Ihr Freund Drigalsky.</p>
          <p>Wegen einer ähnlichen &#x201E;Verführung des Militärs&#x201C; besteht auch der Lieutenant <hi rendition="#g">Siegel</hi> auf der Festung Kißlau seit April d. J. Festungsarrest, und zwar im schwersten Grade. Er hatte nämlich gegen seine vom Hecker'schen Zuge zurückkehrende Kompagnie die gefährliche Aeußerung gethan: &#x201E;Wäre es nicht besser gewesen, Eure Kugeln hätten, statt Eure Mitbürger, die Russen getroffen?! Als nun kürzlich in der Kammer Brentano eine Petition desselben um Strafmilderung bevorwortete, und bei einer unschuldigen Anspielung auf Windischgrätz sich stürmischer Beifall der Gallerieen erhob, ließ der Präsident die Gallerieen räumen, und gab dem Brentano durch den höflichen Zuruf: &#x201E;Schweigen Sie,&#x201C; zu erkennen, wie sehr ihn seine Erwählung zum Bürgermeister von Mannheim ärgere. Diese Wahl hat überhaupt unter unseren Altliberalen furchtbar böses Blut gesetzt. Die Regierung hat ihre Bestätigung versagt: was leicht erklärlich. Denn da Baden sich freiwillig für die preußische Kaiserschaft ausgesprochen hat, so muß jetzt der verbrüderte deutsche Volksstamm (sonst Prinz v. Preußen) genannt, an Brentano gerächt werden.</p>
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        <head>Polen.</head>
        <div xml:id="ar208_025" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Warschau, 22. Jan.</head>
          <p>Auf die Köpfe Kossuth's, Meszaros's und General Bem's hat die russische Regierung einen Preis ausgesetzt. Die Truppen in hiesiger Citadelle sind fast immer konsignirt; Paskewitsch traut den Polen keinen Augenblick und die ihm zugehenden Polizeiberichte versichern, daß von einem Tag zum andern eine Schilderhebung stattfinden könne.</p>
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        <head>Italien.</head>
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            <bibl>
              <author>*</author>
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          <p>Die italienische Revolution geht, trotz der europäischen Contrerevolution, ungestört und unbeirrt ihren Gang. Guerrazzi in Florenz, das Haupt der ganzen revolutionären Bewegung auf der Halbinsel, hat einen neuen Triumpf erlebt. Wie er zuerst die Berufung der italienischen Nationalversammlung gefordert hatte, so hatte er (wie wir früher mittheilten) bei der römischen Regiedarauf angetragen, daß die einberufene römische Constituante zugleich zur Repräsentation des römischen Staates in der italienischen Constituante bevollmächtigt werden sollte. Damit war die italienische Nationalversammlung ihrer Verwirklichung ein gutes Stück näher gerückt. Zugleich war die Existenz zweier nebeneinander berathenden, getrennten konstituirenden Versammlungen, so wie alle Susceptibilitäten eines möglichen römischen Partikularismus beseitigt.</p>
          <p>Das römische Ministerium hat in einer Proklamation vom 18. diesem Antrag entsprochen. Die römische Constituante ist bevollmächtigt, einen Theil der italischen zu bilden. Da aber 200 Deputirte eine verhältnißmäßig zu starke Vertretung der römischen Bevölkerung bilden würden, so wird nur ein Theil der römischen Abgeordneten Theil nehmen.</p>
          <p>Der Kern der italischen Constituante tritt also in wenig Tagen zusammen, und Toskana und Piemont werden nicht zaudern, ihre Deputirten ebenfalls nach Rom zu senden.</p>
          <p>Inzwischen dauern die Intriguen in Gaeta fort. General Zamboni, der für den 21., den Tag der Wahlen, eine reaktionäre Bewegung vorbereitete, ist auf dem Wege nach Gaeta verhaftet worden. Die bei ihm gefundenen Papiere haben eine Menge neuer Verhaftungen veranlaßt. &#x2014; Der radikale Advokat Mattioli ist zum Präsidenten der Stadt und Provinz Ankona gemacht worden.</p>
          <p><hi rendition="#g">Gioberti,</hi> Ministerpräsident in Turin hat auf die spanische Einladung zu Konferenzen aller ital. Staaten mit Oestreich und Spanien zur Rückführung des Pabstes nach Rom, und Wiedereinsetzung in seine geistliche Regierung eine Note erlassen, etwa folgenden Inhalts:</p>
          <p>Die geistliche Gewalt des Pabstes sei von seiner weltlichen Macht so wenig zu trennen, daß man nicht über die erstere verhandeln könne, ohne sich in die zweite, d. h. in eine innere Angelegenheit des römischen Staats zu mischen, was zugegebener Maßen unzulässig sei. Darum aber könne die Einmischung zweier fremden Mächte, Spaniens und vollends Oestreichs, in eine ital. Angelegenheit nicht geduldet werden. Das Einzige, was zu thun sei, bestehe darin, den Pabst zu bewegen, nach Rom zurückzukehren, alle einmal gemachten Conzessionen zu bestätigen und sich mit den Römern gütlich zu verständigen.</p>
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          <p>&#x201E;L'Union medicale&#x201C; bestätigt die von uns früher gelieferte Bilanz Frankreichs, indem sie sagt:</p>
          <p>&#x201E;450,000 Familien Reicher bewohnen unsere Städte und besitzen Landgüter; 660,000 Familien stehen unter der Botmäßigkeit der Staatsobergewalt, indem sie in deren Namen und Solde Aemter im Militär und Civil verwalten; davon sind manche auch Besitzende. Aber 900,000 Familien sind <hi rendition="#g">besitzlos,</hi> d. h. leben in den Städten von Tagelohn oder Industrie aller Art und 800,000 Familien sind in <hi rendition="#g">unsichrer</hi> Existenz, d. h. leben als kleine Rentner, kleine Pensionsverzehrer, oder sind ohne festen Erwerbszweig. Diese Bevölkerung von 2,810,000 Familien bewohnt eine Fläche von 52,768,610 Hektaren, dessen Fruchtbarkeit sich also klassifiziren läßt: beste Qualität (Norddepartement, die Limagne in der Auvergne, das Thal der Isere, die Ebene von Meaux, einige Partieen im Elsas), zweite Qualität (Normandie, Picardie, französisch Flandern und einzelne Partieen in andern Provinzen). Die erste ist etwa gleich 4 Departements, die zweite gleich 13, die dritte gleich 16, die vierte gleich 35, die fünfte ganz schlechte Qualität gleich 18 Departementen in Flächenraum durchschnittlich. Ein Fünftel des Bodens ist bewohnt von Leuten, die ohne Geld zu besitzen produciren, Nahrungsstoffe fabriciren ohne sie verkaufen zu können, und mit Mühe sich am Leben erhalten; sie sind im wilden Zustande mitten in der Civilisation des Jahrhunderts, und müssen stündlich und meist ohne Sieg, gegen das Wetter, Hungern und andere Feindseligkeiten der Naturelemente anringen.&#x201C;</p>
          <p>Die Bauern verdummen und verdorren geistig auf diese Weise; Hrn. Thiers ist das freilich noch nicht genügend, er will mit seinem Freunde Falloux die Primärschulen in die Klauen des Ultramontanismus geben; der alte liederliche Voltärianer hat sich alliirt mit dem jungen Jesuitenschüler. Und Marrast, der Präsident der Nationalversammlung, der Perikles von Paris, der bedeutend dick wird und weißes Haar kriegt, auch dieser alte Voltärianer ist einer Allianz mit dem heil. Loyola selbst und mit Metternich und Nikolaus fähig, sobald es auf Bekämpfung der social-demokratischen Republik ankommt.</p>
          <p>Die Handschuhmacher, die Juweliere u. s. w. sind jetzt fanatische Königthümler, und demonstriren wie folgt: &#x201E;König hin König her, es ist uns im Grunde nicht zu thun um Krone und Thron, wohl aber um einen bei uns Bestellungen machenden Hof, wir möchten drei, vier, zehn Höfe von Königen und Kaisern im Lande haben um Arbeit für jeden zu liefern; zu dem zieht der Hof fremde reiche Leute beides Geschlechts nach Paris. Marrast und Cavaignac versuchen uns zu nützen, aber die paar Bestellungen für ihre paar Hotels und Soireen halfen uns nicht viel, auch kommen keine reichen Fremdlinge nach Paris, so interessant ist ihnen weder Hr. Marrast noch Cavaignac. Folglich wollen wir keine Republik, weder rothe noch Marrastsche blaue, sondern einen Hof, und da kein Hof ohne König sein zu können scheint, wollen wir baldigst einen König oder Kaiser, <hi rendition="#g">denn wir haben nicht Lust mit Weib und Kind zu verarmen</hi>.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Wir haben meistens nichts gegen die Republik als solche einzuwenden,&#x201C; setzte einer dieser biedern Mittelbourgeois hinzu; &#x201E;die wenigsten von uns haben Zeit und Lust mit der theoretischen Politik uns abzugeben. Wir sind praktisch erzogen, und bleiben praktisch bis an unsern Tod; wir gehen nie in Klubs, wir mögen kein Theoretisiren über Staatsformen hören, das scheint uns ganz nutzlos, <hi rendition="#g">und zudem haben wir ja unsere von uns salarirte Journalisten die mit Ideen und Theorieen umzugehen wissen</hi>.&#x201C; (Wörtlich.)</p>
          <p>Der Spießbürger ist wesentlich ein Antiklubist und so ist nicht zu verwundern, wenn &#x201E;seine bezahlten Schreiberknechte&#x201C; in Journalen und Journälchen die Schließung aller Klubs verlangen: &#x201E;Klubs zu &#x2014; heult der Corsaire &#x2014; oder Läden zu. In die Klubs strömen die Faulenzer, die Brüllaffen, die hirnverbrannten Weltbesserer voll Schulden und Sünden, die Giftmischer, die Mordbrenner. Schließt die Klubs und eure Magazine, Bazare, Läden, Fabriken werden sich freudig aufthun und füllen; das Volk wird Arbeit finden, der reiche Mann wird noch reicher werden und gern Arbeitsbestellungen machen. Die Klubs nicht schließen, heißt: schließt die Boutiken, verarmt mit Frau und Kindern. O liebes Arbeitsvolk! geh nicht in die Klubs; das Evènnement (daran schreibt Alex. Dumas und Victor Hugo, der königl. romanhafte Hanswurst und der expoetische Pair de France) hat richtig die Klubs Mordspelunken betitelt. Volk! ergieb dich nicht dem Socialismus, du könntest dabei vielleicht durch Ermordung und Plünderung der Reichen, auch einen Tag Gold in der Tasche haben, allein das würde dir am Ende wenig nützen.&#x201C;</p>
          <p>In den Provinzen geht es entsprechend zu; z. B. ward &#x201E;La Voix du Peuple&#x201C; auf der Straße verboten, die Ausschreier vom Maire mit Entziehung des Rechts bedroht; der Redakteur en chef machte hierauf einen Besuch und setzte durch sein bloßes Erscheinen diesen Philister so in Schrecken, daß er zu stammeln anfing und rückwärts, wie ein Krebs, in ein Kabinet schlich, welches er hinter sich schloß. Später fand eine zweite Audienz statt, wobei der Adjunkt dieses p. p. Maire schrie: &#x201E;wir wollen, daß nichts in Marseille mehr erscheine, bevor wir es nicht gelesen, und um es kurz zu machen, eröffnen wir Ihnen, daß Ihr Blatt viel zu brandstifterisch ist; wir werden es auf alle Weise behindern.&#x201C; In derselben Stadt wird die sanftmüthige, aber durch ihr meist wissenschaftliches Räsonniren den reaktionären Heulern verhaßte, fourieristische &#x201E;Democratie pacifique&#x201C;, wenn sie mit der pariser Post anlangt, zuerst von obigem Bürgermeister durchstudirt und ein Exemplar jedesmal ad acta gefügt; das Schlagwort ist dort &#x201E;brandstifterisch.&#x201C;</p>
          <p>So äußert sich die Furcht der Landaussauger.</p>
          <p>&#x201E;Die Democratie pacifique wird auch wohl endlich einsehen, daß Friedfertigkeit nichts ausrichtet gegen ein Gesindel, das im Privilegium gezeugt und geboren und aufgewachsen ist, mit eiskaltem Hohn die Unprivilegirten von sich stößt, und wie eine Bestie, die keine Menschensprache versteht, sondern nur die der Peitsche und des Knüppels, kreischt, sobald die rothe Republik Recht und Ehre aus Worten zu Thaten machen will. Nun so möge denn der Sozialismus diesem Otterngezüchte thun, wie es selber schon durch sein Gekreische zu prophezeien scheint.&#x201C; (Citoyen von Dijon.)</p>
          <p>Die Democratie pacifique selbst sagt: &#x201E;Am 24. dieses schleppte der Marschall Bugeaud, der Besieger des Kaisers von Marocko, ein s. g. monarchischer Republikaner, wieder eine Petition um Auflösung der Nationalversammlung in die Kammer. Die echten Republikaner hätten diesen Mummenschanz des allgemeinen Stimmrechts mit schweigender Verachtung aufnehmen sollen. Aber sie begingen die Thorheit, aufzubrausen, und schadeten der Republik mehr als die Petition. Wer unterzeichnet? Bauern. Wer bringt sie dazu? Legitimisten, Orleanisten, Feinde der Republik. Zweck dieser Petitionen ist Sturz der Republik, Wiederaufstellung des Thrones unter den Ungewittern eines Bürgerkriegs. Wer hat Wohlgefallen an Bürgerkrieg und Königthum? Nur die Klasse der Edel-
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[1140/0002] Dr. Müller gegenüber, der am Tage vor der Wahlschlacht aus Dankbarkeit für den Orden, den ihm der 18. Januar gebracht, eine famose Wahlpredigt hielt. Auch der fromme General Groeben mit dem Demosthenes Schimmel ist trotz prinzlicher Dienerschaft und Adjudantur unterlegen. Mit Bezug auf das herrliche Wahlprogramm Rittmeister Schimmel's, sagt die eigene Partei in Wuth: „unsere Sache ist verschimmelt.“ Herr Banquier Olfers hat Arbeitern gesagt: Sie möchten bei denen Arbeit holen, die sie gewählt hätten. Armer Olfers! Nicht einmal zum Wahlmann wollen sie dich! Herr Ferdinand Theising, Reaktionär vom reinsten Wasser und Aspirant auf die Oberbürgermeister-Stelle, aber rief wuthschnaubend: „Die Kerls verdienen wegen der Wahl die Knute!“ 105 Münster, 26. Jan. Königlich preußische Rintelen-Manteufel'sche octroyirte Gleichheit vor dem Gesetze. Während Rintelen seinem lieben Freunde (??) Temme an demselben Tage antwortet, wo er dessen Schreiben zu Händen bekommt, macht Rintelen mit den übrigen December-Verhafteten kein Federlesen. Das Lumpenvolk ist ja im Zuchthause gut verwahrt. Folgendes Schreiben an die December-Verhafteten als Beweis: „Auf Ihre Eingabe vom 27. v. M. um Entlassung aus der Untersuchungshaft wird Ihnen eröffnet, daß der Justiz-Minister zwar Veranlassung genommen hat, dasselbe dem Königlichen Ober-Landesgericht zu Münster zur Prüfung und Berichterstattung zuzufertigen. Da indessen nach dem erstatteten Berichte von dem Land- und Stadtgerichte zu Münster, als dem kompetenten Untersuchungsgerichte, die Fortdauer der Untersuchungshaft nach den Gesetzen (?!?) für gerechtfertigt und resp. nach Lage der Sache für nothwendig erachtet, und das Ober-Landesgericht zu Münster dieser Ansicht beigetreten ist, so kann der Justiz-Minister sich gesetzlich nicht veranlaßt finden, in einer Angelegenheit seinerseits einzuschreiten, die wesentlich zur richterlichen Beurtheilung gehört und dieser überlassen bleiben muß. Was die in der Vorstellung vom 5. d. M. vorgetragenen Perhorrescenzgründe gegen das Ober-Landesgericht zu Münster betrifft, so wird die Bescheidung darüber erfolgen, sobald eine noch erforderte Auskunft eingegangen sein wird.“ Berlin den 21. Januar 1849. Der Justiz-Minister. In dessen Vertretung Müller. Ein donnerndes Hoch der Königl. preußischen Verfassung inclus. Habeas-Corpus-Acte. Also 14 Personen ungesetzlich in's Zuchthaus einsperren, ist erlaubt. Diese aber zu entlassen, oder Ihnen nur dasselbe zu gewähren, wie Temme, ist gesetzlich verboten. X Berlin, 27. Jan. Aus guter Quelle wird uns versichert, die Regierung habe, nach Empfang der Nachrichten über den Ausfall der Urwahlen im ganzen Staate, beschlossen, die Kammern von vornherein in Brandenburg zusammentreten zu lassen. Man bringt hiermit den Umstand in Verbindung, daß die eisernen Säulen und Fensterrahmen, welche für den neuen Sitzungssaal der zweiten Kammer bei Borsig bestellt gewesen, dieser Tage wieder abbestellt worden sind. Die Stadtverordneten scheinen der Ansicht, der Belagerungszustand werde etwa kurz vor oder kurz nach Vollendung der Wahlen für die erste Kammer aufhören, weil der Termin des 12. Februar ungefähr mit dem zusammenfällt, an welchem laut dem Bürgerwehrgesetz die hiesige Bürgerwehr reorganisirt werden muß. Wir glauben, daß das Ministerium heut selbst noch nicht weiß, wann es den Belagerungszustand aufheben wird. Die kleinen Bürger fangen hier an, sich nachträglich sehr zahlreich in die Listen der Urwähler für die erste Kammer eintragen zu lassen; der Ausgang der Wahlen vom 22. hat sie ermuthigt, und es steht somit zu hoffen, das wenigstens hier selbst die Kandidaten zur ersten Kammer nicht ganz so antidemokratisch sein werden, als man bisher zu fürchten Grund hatte. X Ratibor, 24 Januar. Unter den 32 Wahlmännern hiesiger Stadt sind nur 12 demokratische, 20 sogenannte konstitutionelle. Man hofft jedoch, Kirchmann als Abgeordneten durchzubringen. Das hiesige Militär mußte heute, den Grund und das Wohin weiß man nicht, abmaschiren. In Biala (Galizien) ist das Militär vom Volke entwaffnet worden; ganz Galizien, sagt man, wird aufstehen. Von Troppau und andern Städten aus, sind Eiltruppen nach den bedrohten Punkten bestellt worden. Schabenau, Kreis Guhrau. Am Freitag fand hier eine Sitzung des Guhrauer demokratischen Zweigvereins statt. Nachdem einige Redner gesprochen, trat ein fremder Herr auf, den Niemand kannte, sagte: er sei Republikaner und würde der Erste sein, der den König wegjagte, wenn er nichts taugt u. s. w. Die Landleute merkten aber gleich, daß dies ein verkappter Denunziant sein könnte, welcher blos Andere zu ähnlichen Aeußerungen verführen und nachher denunziren wollte. Sie nahmen ihn fest und fanden bei ihm eine Legitimationskarte als: Aktuarius N. N., Agent des konstitutionellen Centralvereins. Er wurde als Aufruhrprediger arretirt und nach Guhrau aufs landräthliche Amt transportirt, wo man ihn aber gleich frei ließ. (Schl. Kreisbl.) 24 Wien, 25. Januar. Die kriegsrechtlichen Verurtheilungen gehen ihren gewohnten Gang fort. Das offizielle Blatt, die „Wiener Zeitung,“ theilt deren heute wieder drei ihren Lesern mit. Das ist das gewöhnliche Tages-Kontingent; — insoweit nämlich die Urtheile veröffentlicht werden. Die Besorgniß vor weiterem Wasserunglück ist nun ganz geschwunden, obschon der Eisstoß im Donaukanal noch immer festsitzt. Eine Kundmachung des Gouverneurs Welden meldet die nächtliche Ermordung einer Schildwache am Hetzendorfer Schlosse. Den Thäter hat man bis jetzt noch nicht ermittelt. Hierbei werden die rechtlichen Bürger zur Rede gestellt, daß sie sich noch nicht verbanden, um derlei Schandthaten auf die Spur zu kommen, so daß immer nur die Waffengewalt selber entgegentreten müsse. Es scheint dieser Passus mit der verbreiteten Nachricht zusammenzuhängen, daß den Bürgern Bewaffnung und theilweises Versehen der Wachtposten angetragen worden sei, sie es jedoch abgelehnt hätten, sich hierbei der Zumuthung zu fügen, nach jedesmaligem Gebrauch die Waffen zurückzulegen. * Dresden, 26. Jan. Die Minister haben heute sämmtlich ihre Entlassung gegeben. v. der Pfordten erklärte dies heute in der 2. Kammer im Namen des ganzen Kabinets. Als Grund gab er an: die „Schwierigkeiten, welche sich einer erfolgreichen Wirksamkeit von ihrer Seite für das Wohl des Landes entgegenstellen.“ Sogleich nach dieser Erklärung verließen sämmtliche Minister den Saal; blos Regierungskommissär Todt blieb am Ministertische. Vizepräsident Tzschirner erklärte, daß die ministerielle Erklärung nicht sage, ob es den Ministern unmögliich erscheine, mit den gegenwärtigen Kammern zu regieren, oder ob das Kabinet gewissen Einflüssen von außen nicht zu widerstehen vermöge. Der wahre Grund sei wohl jedenfalls in den Hindernissen zu suchen, welche der Einführung der Grundrechte unerwartet erwachsen seien. Jedenfalls würden die Minister morgen nähere Auskunft zu geben haben. Er rathe, sich in der Abmachung der laufenden Geschäfte nicht stören zu lassen. Es wird also in Berathung der Tagesordnung fortgefahren. Die nämliche Erklärung von der Demission der Minister gab von der Pfordten auch in der ersten Kammer. Die Hofpartei hat gegen das Ministerium so lange intriguirt, bis sie endlich im Stande ist, es zum Rückzuge zu zwingen. Die radikale Zusammensetzung der beiden Kammern bietet ihr zugleich einen Vorwand, hinter em sie _ re eigentlichen Pläne versteckt. * Dresden, 25. Jan. Dir 2. Kammer ernannte heut die Deputation zur Prüfung des Rechenschaftberichts über die Ermordung Robert Blum's. 068 Weimar, 25. Jan. Die Wahlen für den bald zusammentretenden Landtag lassen sich jetzt in ihrem Resultat überblicken; die Majorität ist entschieden radikal ausgefallen. 082 Heidelberg, 23. Jan. Zur Geschichte der nachmärzlichen Polizei muß ich Ihnen aus unserm Lande ein eklatantes Beispiel erzählen. In Konstanz, welches als Ausgangspunkt der Hecker-Revolution noch bis auf diese Zeit reichlich mit „Deutschen Brüdern“ bedacht worden ist, ließen am 6. Dez. v. J. Würtembergische Soldaten im Wirthshause den Hecker hochleben. Einige freiheitsbegeisterte Philister setzten sich zu ihnen, man sang zusammen das Heckerlied, und Alles umarmte sich brüderlich. Aber solch frevelndes Beginnen rächt sich bald. Am folgenden Morgen tritt beim Appell der Offizier vor einen Soldaten hin, dem man die Heldenthaten des vorigen Abends am meisten ansehen mochte, und fragt ihn mit wuthschnaubender Standrechtsmiene: „Seid Ihr nicht gestern Abend von schlechten Kerls verführt worden, das Heckerlied zu singen?!“ Aus der Tiefe seines Katzenjammers heraus erwiedert der arme Schwab: „Ja, wir sind verführt worden.“ „„Wer hat Euch verführt?““ donnert es zum zweitenmale; die Antwort lautet: „Es werden so Gesellen gewesen sein:“ Nun war's gut. Im Nu wußte es die Polizei; der Ausspruch eines katzenjämmerlichen schwäbischen Soldaten ist ihr natürlich Autorität. Aber sie schließt noch mehr daraus. Gesellen, so folgert sie, können nur Gesellen qua solche sein, also nur der Arbeiterverein. O herrliche Logik eines Polizeikommissars! — Diese Logik ward übrigens bald praktisch; denn bei der nächsten Sitzung des Konstanzer Arbeiter-Bildungsvereins stürzt die heilige Hermandad herein, und unter dem Vorwande, daß der Verein verborgene Waffen besitze, wird das ganze Lokal durchsucht. Man fand zwar in keiner Ritze die kleinste Spur von Säbeln oder Pistolen; aber auf dem Tische lagen doch gefährliche Dinge, z. B. Bücher, Schriften, und namentlich die Kasse des Vereins, in welcher man wahrscheinlich Pulver verborgen glaubte. Alle diese Dinge wurden mit Beschlag belegt, und der Vorstand zur Haft gebracht. Nachdem diese, sowie die übrigen Mitglieder des Vereins, eine Unzahl von stundenlangen Verhören bestanden hatten, kamen sie nach drei Wochen frei; die Schriften aber und das Geld sind bis auf den heutigen Tag noch nicht zurückgegeben. Sie sehen, die Badische Polizei ist kommunistisch gesinnt, wie Ihr Freund Drigalsky. Wegen einer ähnlichen „Verführung des Militärs“ besteht auch der Lieutenant Siegel auf der Festung Kißlau seit April d. J. Festungsarrest, und zwar im schwersten Grade. Er hatte nämlich gegen seine vom Hecker'schen Zuge zurückkehrende Kompagnie die gefährliche Aeußerung gethan: „Wäre es nicht besser gewesen, Eure Kugeln hätten, statt Eure Mitbürger, die Russen getroffen?! Als nun kürzlich in der Kammer Brentano eine Petition desselben um Strafmilderung bevorwortete, und bei einer unschuldigen Anspielung auf Windischgrätz sich stürmischer Beifall der Gallerieen erhob, ließ der Präsident die Gallerieen räumen, und gab dem Brentano durch den höflichen Zuruf: „Schweigen Sie,“ zu erkennen, wie sehr ihn seine Erwählung zum Bürgermeister von Mannheim ärgere. Diese Wahl hat überhaupt unter unseren Altliberalen furchtbar böses Blut gesetzt. Die Regierung hat ihre Bestätigung versagt: was leicht erklärlich. Denn da Baden sich freiwillig für die preußische Kaiserschaft ausgesprochen hat, so muß jetzt der verbrüderte deutsche Volksstamm (sonst Prinz v. Preußen) genannt, an Brentano gerächt werden. Polen. * Warschau, 22. Jan. Auf die Köpfe Kossuth's, Meszaros's und General Bem's hat die russische Regierung einen Preis ausgesetzt. Die Truppen in hiesiger Citadelle sind fast immer konsignirt; Paskewitsch traut den Polen keinen Augenblick und die ihm zugehenden Polizeiberichte versichern, daß von einem Tag zum andern eine Schilderhebung stattfinden könne. Italien. * Die italienische Revolution geht, trotz der europäischen Contrerevolution, ungestört und unbeirrt ihren Gang. Guerrazzi in Florenz, das Haupt der ganzen revolutionären Bewegung auf der Halbinsel, hat einen neuen Triumpf erlebt. Wie er zuerst die Berufung der italienischen Nationalversammlung gefordert hatte, so hatte er (wie wir früher mittheilten) bei der römischen Regiedarauf angetragen, daß die einberufene römische Constituante zugleich zur Repräsentation des römischen Staates in der italienischen Constituante bevollmächtigt werden sollte. Damit war die italienische Nationalversammlung ihrer Verwirklichung ein gutes Stück näher gerückt. Zugleich war die Existenz zweier nebeneinander berathenden, getrennten konstituirenden Versammlungen, so wie alle Susceptibilitäten eines möglichen römischen Partikularismus beseitigt. Das römische Ministerium hat in einer Proklamation vom 18. diesem Antrag entsprochen. Die römische Constituante ist bevollmächtigt, einen Theil der italischen zu bilden. Da aber 200 Deputirte eine verhältnißmäßig zu starke Vertretung der römischen Bevölkerung bilden würden, so wird nur ein Theil der römischen Abgeordneten Theil nehmen. Der Kern der italischen Constituante tritt also in wenig Tagen zusammen, und Toskana und Piemont werden nicht zaudern, ihre Deputirten ebenfalls nach Rom zu senden. Inzwischen dauern die Intriguen in Gaeta fort. General Zamboni, der für den 21., den Tag der Wahlen, eine reaktionäre Bewegung vorbereitete, ist auf dem Wege nach Gaeta verhaftet worden. Die bei ihm gefundenen Papiere haben eine Menge neuer Verhaftungen veranlaßt. — Der radikale Advokat Mattioli ist zum Präsidenten der Stadt und Provinz Ankona gemacht worden. Gioberti, Ministerpräsident in Turin hat auf die spanische Einladung zu Konferenzen aller ital. Staaten mit Oestreich und Spanien zur Rückführung des Pabstes nach Rom, und Wiedereinsetzung in seine geistliche Regierung eine Note erlassen, etwa folgenden Inhalts: Die geistliche Gewalt des Pabstes sei von seiner weltlichen Macht so wenig zu trennen, daß man nicht über die erstere verhandeln könne, ohne sich in die zweite, d. h. in eine innere Angelegenheit des römischen Staats zu mischen, was zugegebener Maßen unzulässig sei. Darum aber könne die Einmischung zweier fremden Mächte, Spaniens und vollends Oestreichs, in eine ital. Angelegenheit nicht geduldet werden. Das Einzige, was zu thun sei, bestehe darin, den Pabst zu bewegen, nach Rom zurückzukehren, alle einmal gemachten Conzessionen zu bestätigen und sich mit den Römern gütlich zu verständigen. Man sieht, der ehemalige Commis-Voyageur Karl Alberts hat sich gebessert, seitdem die Oestreicher wieder am Ticino stehen. * Aus der Lombardei. In Bassano kam es wegen der Aushebungen zum Militär zu einem blutigen Konflikt. Die italienischen Rekruten erklärten ganz entschieden, daß sie eine Uniform, die das Abzeichen der Unterdrücker ihres Landes sei, nicht anziehen würden. Es wurden sofort über 100 bewaffnete Oestreicher gegen die unbewaffneten Rekruten aufgeboten, um letztere zum Gehorsam zu zwingen. Daraus entsprang ein wüthender Kampf; die italienischen Rekruten wehrten sich wie Verzweifelte; ihre Messer dienten ihnen als Waffen; 2 Rekruten wurden getödtet, 5 verwundet; die Oestreicher hatten einen viel größern Verlust: 1 Offizier und 5 Gemeine an Todten, und etliche 20 Verwundete. Inzwischen erhielten die Oestreicher Verstärkung: 200 Mann Infanterie und 150 Mann Kavallerie, und nun wurden die Rekruten überwältigt. Die Stadt Bassano sollte wegen dieses Vorfalls 30,000 Lire Strafe zahlen und für jede Stunde Verzögerung 2000 Lire. Französische Republik. 17 Paris, 26. Jan. „L'Union medicale“ bestätigt die von uns früher gelieferte Bilanz Frankreichs, indem sie sagt: „450,000 Familien Reicher bewohnen unsere Städte und besitzen Landgüter; 660,000 Familien stehen unter der Botmäßigkeit der Staatsobergewalt, indem sie in deren Namen und Solde Aemter im Militär und Civil verwalten; davon sind manche auch Besitzende. Aber 900,000 Familien sind besitzlos, d. h. leben in den Städten von Tagelohn oder Industrie aller Art und 800,000 Familien sind in unsichrer Existenz, d. h. leben als kleine Rentner, kleine Pensionsverzehrer, oder sind ohne festen Erwerbszweig. Diese Bevölkerung von 2,810,000 Familien bewohnt eine Fläche von 52,768,610 Hektaren, dessen Fruchtbarkeit sich also klassifiziren läßt: beste Qualität (Norddepartement, die Limagne in der Auvergne, das Thal der Isere, die Ebene von Meaux, einige Partieen im Elsas), zweite Qualität (Normandie, Picardie, französisch Flandern und einzelne Partieen in andern Provinzen). Die erste ist etwa gleich 4 Departements, die zweite gleich 13, die dritte gleich 16, die vierte gleich 35, die fünfte ganz schlechte Qualität gleich 18 Departementen in Flächenraum durchschnittlich. Ein Fünftel des Bodens ist bewohnt von Leuten, die ohne Geld zu besitzen produciren, Nahrungsstoffe fabriciren ohne sie verkaufen zu können, und mit Mühe sich am Leben erhalten; sie sind im wilden Zustande mitten in der Civilisation des Jahrhunderts, und müssen stündlich und meist ohne Sieg, gegen das Wetter, Hungern und andere Feindseligkeiten der Naturelemente anringen.“ Die Bauern verdummen und verdorren geistig auf diese Weise; Hrn. Thiers ist das freilich noch nicht genügend, er will mit seinem Freunde Falloux die Primärschulen in die Klauen des Ultramontanismus geben; der alte liederliche Voltärianer hat sich alliirt mit dem jungen Jesuitenschüler. Und Marrast, der Präsident der Nationalversammlung, der Perikles von Paris, der bedeutend dick wird und weißes Haar kriegt, auch dieser alte Voltärianer ist einer Allianz mit dem heil. Loyola selbst und mit Metternich und Nikolaus fähig, sobald es auf Bekämpfung der social-demokratischen Republik ankommt. Die Handschuhmacher, die Juweliere u. s. w. sind jetzt fanatische Königthümler, und demonstriren wie folgt: „König hin König her, es ist uns im Grunde nicht zu thun um Krone und Thron, wohl aber um einen bei uns Bestellungen machenden Hof, wir möchten drei, vier, zehn Höfe von Königen und Kaisern im Lande haben um Arbeit für jeden zu liefern; zu dem zieht der Hof fremde reiche Leute beides Geschlechts nach Paris. Marrast und Cavaignac versuchen uns zu nützen, aber die paar Bestellungen für ihre paar Hotels und Soireen halfen uns nicht viel, auch kommen keine reichen Fremdlinge nach Paris, so interessant ist ihnen weder Hr. Marrast noch Cavaignac. Folglich wollen wir keine Republik, weder rothe noch Marrastsche blaue, sondern einen Hof, und da kein Hof ohne König sein zu können scheint, wollen wir baldigst einen König oder Kaiser, denn wir haben nicht Lust mit Weib und Kind zu verarmen.“ „Wir haben meistens nichts gegen die Republik als solche einzuwenden,“ setzte einer dieser biedern Mittelbourgeois hinzu; „die wenigsten von uns haben Zeit und Lust mit der theoretischen Politik uns abzugeben. Wir sind praktisch erzogen, und bleiben praktisch bis an unsern Tod; wir gehen nie in Klubs, wir mögen kein Theoretisiren über Staatsformen hören, das scheint uns ganz nutzlos, und zudem haben wir ja unsere von uns salarirte Journalisten die mit Ideen und Theorieen umzugehen wissen.“ (Wörtlich.) Der Spießbürger ist wesentlich ein Antiklubist und so ist nicht zu verwundern, wenn „seine bezahlten Schreiberknechte“ in Journalen und Journälchen die Schließung aller Klubs verlangen: „Klubs zu — heult der Corsaire — oder Läden zu. In die Klubs strömen die Faulenzer, die Brüllaffen, die hirnverbrannten Weltbesserer voll Schulden und Sünden, die Giftmischer, die Mordbrenner. Schließt die Klubs und eure Magazine, Bazare, Läden, Fabriken werden sich freudig aufthun und füllen; das Volk wird Arbeit finden, der reiche Mann wird noch reicher werden und gern Arbeitsbestellungen machen. Die Klubs nicht schließen, heißt: schließt die Boutiken, verarmt mit Frau und Kindern. O liebes Arbeitsvolk! geh nicht in die Klubs; das Evènnement (daran schreibt Alex. Dumas und Victor Hugo, der königl. romanhafte Hanswurst und der expoetische Pair de France) hat richtig die Klubs Mordspelunken betitelt. Volk! ergieb dich nicht dem Socialismus, du könntest dabei vielleicht durch Ermordung und Plünderung der Reichen, auch einen Tag Gold in der Tasche haben, allein das würde dir am Ende wenig nützen.“ In den Provinzen geht es entsprechend zu; z. B. ward „La Voix du Peuple“ auf der Straße verboten, die Ausschreier vom Maire mit Entziehung des Rechts bedroht; der Redakteur en chef machte hierauf einen Besuch und setzte durch sein bloßes Erscheinen diesen Philister so in Schrecken, daß er zu stammeln anfing und rückwärts, wie ein Krebs, in ein Kabinet schlich, welches er hinter sich schloß. Später fand eine zweite Audienz statt, wobei der Adjunkt dieses p. p. Maire schrie: „wir wollen, daß nichts in Marseille mehr erscheine, bevor wir es nicht gelesen, und um es kurz zu machen, eröffnen wir Ihnen, daß Ihr Blatt viel zu brandstifterisch ist; wir werden es auf alle Weise behindern.“ In derselben Stadt wird die sanftmüthige, aber durch ihr meist wissenschaftliches Räsonniren den reaktionären Heulern verhaßte, fourieristische „Democratie pacifique“, wenn sie mit der pariser Post anlangt, zuerst von obigem Bürgermeister durchstudirt und ein Exemplar jedesmal ad acta gefügt; das Schlagwort ist dort „brandstifterisch.“ So äußert sich die Furcht der Landaussauger. „Die Democratie pacifique wird auch wohl endlich einsehen, daß Friedfertigkeit nichts ausrichtet gegen ein Gesindel, das im Privilegium gezeugt und geboren und aufgewachsen ist, mit eiskaltem Hohn die Unprivilegirten von sich stößt, und wie eine Bestie, die keine Menschensprache versteht, sondern nur die der Peitsche und des Knüppels, kreischt, sobald die rothe Republik Recht und Ehre aus Worten zu Thaten machen will. Nun so möge denn der Sozialismus diesem Otterngezüchte thun, wie es selber schon durch sein Gekreische zu prophezeien scheint.“ (Citoyen von Dijon.) Die Democratie pacifique selbst sagt: „Am 24. dieses schleppte der Marschall Bugeaud, der Besieger des Kaisers von Marocko, ein s. g. monarchischer Republikaner, wieder eine Petition um Auflösung der Nationalversammlung in die Kammer. Die echten Republikaner hätten diesen Mummenschanz des allgemeinen Stimmrechts mit schweigender Verachtung aufnehmen sollen. Aber sie begingen die Thorheit, aufzubrausen, und schadeten der Republik mehr als die Petition. Wer unterzeichnet? Bauern. Wer bringt sie dazu? Legitimisten, Orleanisten, Feinde der Republik. Zweck dieser Petitionen ist Sturz der Republik, Wiederaufstellung des Thrones unter den Ungewittern eines Bürgerkriegs. Wer hat Wohlgefallen an Bürgerkrieg und Königthum? Nur die Klasse der Edel-

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 208. Köln, 30. Januar 1849, S. 1140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz208_1849/2>, abgerufen am 19.03.2024.