Neue Rheinische Zeitung. Nr. 208. Köln, 30. Januar 1849.Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 208. Köln, Dienstag den 30 Januar. 1849. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Wahlnotizen. Düsseldorf. (v. Faldern dankt ab). Jüchen. (Die Wahlen). Viersen. (Wahlbülletin). Latum. (Wahlen). Hückeshagen. (Wahlen). Olpe. (Wahlen). Uerdingen. (Rache der Heuler). Burgsteinfurt. (Wahlbülletin). Neuwied. (Minister v. Arnim). Bergheim. (Untersuchung gegen Körfgen). Elberfeld. (Diergardt). Dortmund. (Wahlmänner-Vorversammlungen. -- Programme). Münster. (Temme soll entlassen werden. -- Ein Brief Rintelens an Temme. -- Wahlen. -- Justizministerialbescheid an die Dezembergefangenen). Berlin. (Die Kamm[e]rn sollen nach Brandenburg). Erfurt. (Die Grundrechte. -- Die Wahlen). Ratibor. (Wahlbülletin. -- Abmarsch des Militärs. -- Entw[a]ffnung des östreichischen Militärs in Biala). Schabenau. (Verhaftung eines Agenten des konstitutonellen Centralvereins). Wien. (Verurtheilung. -- Eine Schildwache ermordet. -- Welden's Proklamation). Dresden. (Abdankung des Ministeriums. -- Die 2. Kammer.) Weimar. (Radikale Wahlen für den Landtag.) Heidelberg. Nachmärzliche Polizei.) Polen. Warschau. (Preise auf den Kopf Kossuths ausgesetzt. Furcht der Russen vor einem nahen Ausbruch. Italien. (Die römische und italische Constituante. Giobertis Note wegen des Pabstes.) Aus der Lombardei. (Kampf italienischer Rekruten in Bassano gegen die Oestreicher.) Franz. Republik. Paris. (Journalschau. -- Marrast. -- Lherminier. -- Lenormand. -- Der Constitutionnel über die Situation. -- Protest der Journale gegen die Schließung der Clubs. -- La Liberte. -- Bonaparte und Nikolaus. -- Die Clubs, die Associationen und die Journale. -- Nat.-Vers. Fauchers Antrag durchgefallen. -- Ledru-Rollin trägt auf Versetzung des Ministeriums in Anklagezustand an. Großbritannien. London. (O'Connor auf dem Finanzialreformmeeting zu Nottinghill.) Türkei. (Die Cholera. Zusammenziehung eines Truppenkorps bei Adrianopel.) Deutschland. Köln, 29. Jan. Ueber den Ausfall der Wahlen im Osten gehen uns folgende hervorzuhebende Mittheilungen zu: Pommern: In den Städten hat die Opposition unzweifelhaft gesiegt. Am entschiedensten hat sich Colberg erklärt, da es unter 38 Wahlmännern 34 Demokraten durchgesetzt und zwar mit immensen Majoritäten und meist bei der ersten Abstimmung. In Graudenz sind unter 35 Wahlmännern 21 entschiedene Demokraten. Schlesien: Ungeachtet der Belagerungszustände, die theils wirklich proklamirt, theils thatsächlich (wie im Liegnitzer, Löwenberger etc. etc. Kreise) vorhanden sind: haben die Landkreise überwiegend, eine Menge derselben fast ausschließlich im demokratischen Sinne gewählt. Preußen: Königsberg hat 76 Konstitutionelle (Reaktionärs) und 165 Demokraten gewählt, Insterburg unter 39 Wahlmännern 34 Demokraten; Pillau lauter Demokraten, mit Ausnahme eines Konstitutionellen oder Preußenvereinlers, Tilsit eine bedeutende demokratische Mehrheit. 15 Düsseldorf, 28. Jan. Schon sahen wir im Geiste wieder unsere freundlichen Straßen gesperrt von jenen messingbehelmten Engeln, schon hörten wir die barsche schnarrende Stimme der "Zaruckers": "Hier ist keine Passage nicht!" und manchem jugendlichen Lieutenant mochte das Herz unruhig in der wattegewölbten Brust schlagen bei dem Gedanken an die Heldenthaten, die ihm durch Verhängung des gesegneten Belagerungszustandes auszuführen möglich gemacht würden. Doch diesesmal hat uns ein gütiges Schicksal vor jenem Wrangel-Drigalski'schen Himmel bewahrt, der durch Kartätschen, Shrapnells Ruhe und Ordnung sichert. Die Konsequenz und die Würde unserer Wahlmänner fungirten als jenes Schicksals. Trotz der Drohung des Hrn. v. Faldern, die Versammlung der Wahlmänner wieder mit seiner Gegenwart zu beehren, trotz der von dem Edlen "getroffenen Maßregeln" versammelten sich gestern Nachmittag 5 Uhr die Wahlmänner wiederum sehr zahlreich in dem bekannten Lokale. Der Vorsitzende eröffnete die Sitzung mit Verlesung eines Schreibens des Hrn. stellvertretenden Oberprokurators v. Ammon als Antwort auf die gegen v. Faldern bei ihm erhobene Anklage. Der würdige Wächter des Gesetzes, stets bereit Gesetzesverletzungen Seitens der Staatsbürger unnachsichtlich zu verfolgen, erklärt, daß der v. Faldern ganz in seinem Rechte sei und motivirt dieses (hört! hört!) durch eine antediluvianische bergische Verordnung aus dem glorreichen Jahre 1807, wonach es der Polizei freisteht, Märkte, Seiltänzer, Zigeuner und öffentliche Häuser unter ihre hohe Obhut zu nehmen. In welche dieser Kategorieen mag der Herr Prokurator nun wohl die Versammlungen unserer Wahlmänner stellen. Gleich bei Empfang dieses liebenswürdigen Schreibens hatte sich eine Deputation von Wahlmännern auf die Königl. Regierung begeben und dem Dringen derselben, sowie der entschiedenen Mißbilligung der ganzen Angelegenheit sogar seitens unserer Heuler, haben wir es zu verdanken, daß endlich die Regierung in einer deshalb außerordentlich abgehaltenen Sitzung den Entschluß faßte, den v. Faldern an seinem Vorhaben, als etwas Ungesetzlichem, zu hindern. Die Wahlmänner durften endlich ungestört ihre Versammlung abhalten. Herr v. Faldern durch den angeführten Regierungsbeschluß aufs Tiefste verletzt, erklärt, daß er unmöglich in einer Stellung verbleiben könne, in der ihm trotz seinem guten (!) Rechte (!) doch der Beistand und der Schutz der Regierung versagt sei und -- dankt ab! Armer v. Faldern! So jung und glücklich schon auf dem ersten Staffel zum Tempel des Ruhmes angelangt, in der Ferne als Ziel des muthigen Strebens wohl gar Polizeiminister und jetzt? höchstens wieder Bürgermeister von Wald und Merscheid! Sic transit gloria mundi. Unser Abgeordneter von Frankfurt, Herr Wesendonk, der anfangs hier als Kandidat für die zweite Kammer auftrat, hat gestern in der Versammlung der Wahlmänner erklärt, daß er auf diese Candidatur verzichte. Herr Wesendonck hat diesen Schritt wohl nur deshalb gethan, um bei der hiesigen Wohl die Stimmen nicht zu zersplittern. 134 Jüchen, 25. Jan. Auch in unserm Orte sind die Wahlen ganz im ächten demokratischen Sinne ausgefallen, da die "Schwarzweißen" oder Konstitutionellen auch nicht einen einzigen Kandidaten durchgebracht haben. 103 Vierssen, 25. Januar. Unsere am 22. dieses gehaltenen Wahlen sind ganz nach Wunsch ausgefallen. -- Unsere Opposition (schwarz und weiß und Muckerthum) setzte keinen einzigen Kandidaten durch, im Gegentheil wurde sie in jedem Wahlbezirk, wo sie sich nur blicken ließen, mit Glanz geschlagen. Der Geh. Commerzienrath Diergardt unterlag im ersten Wahlbezirk in sämmtlichen 10 Wahlen, und kam beim 10. Kandidaten in eine 3te engere Wahl mit einem Juden, (Lehrer, ein junger Mann nur hinsichtlich seiner demokratischen Ansichten bekannt) und unterlag mit einer großen Majorität an 50 Stimmen. 119 Latum, 27. Jan. Das Resultat der Wahlen der Bürgermeisterei Lank im Kreise Crefeld ist folgendes: Von den 12 Wahlmännern der Gesammtbürgermeisterei Lank wurden 11 Demokraten und 1 Constitutioneller gewählt. Dieser Constitutionelle, obwohl er an der Wahl im Sommer vorigen Jahres durch einen saubern Hrn. Vetter mehrere Urwähler mit süßem Branntwein, Bier etc. hatte regaliren lassen, war dennoch damals mit Glanz durchgefallen. Jetzt, nachdem er den Urwählern, welche vorhatten einen echten Demokraten zu wählen, von einer belgischen Konstitution und andern unverständlichen Dingen viel vorgeplappert hatte, und auch nebenbei noch Gänse versprochen haben soll, kam er mühsam mit ein paar Stimmen Mehrheit durch. 30 Hückeswagen, 27. Jan. Auch in unsern Bergen ist das Resultat der Wahlen keineswegs ein ungünstiges zu nennen. Von den hier zu wählenden 12 Wahlmännern wurden trotz aller angewandten Intriguen 8 Kandidaten des hier bestehenden (an 500 Mann starken) Arbeitervereins erwählt. Ein gleiches Verhältniß hat sich in Wipperfürth und Lennep ergeben. Die Heuler haben überall unterlegen und wenn, was nicht zu bezweifeln ist, in den übrigen Provinzen dasselbe Resultat herauskommt, so werden auch wohl dem Allergottbegnadetsten die Augen aufgehen, über die wahre Stimmung des Landes, trotz aller Schreibereien der Manteuffelischen Harkorte und ähnlichem Gelichter. 098 Olpe, 26. Jan. In Olpe, Attendorn und Umgegend sind die Wahlen entschieden demokratisch ausgefallen. In Olpe brachten die Pius-Männer und die "schwarzweiße Partei" von sieben Kandidaten keinen durch. Im Siegenschen dagegen haben sämmtliche Wahlmänner keine politische sondern nur die Geldfarbe. X Uerdingen, 26. Januar. So weit bis jetzt die Resultate der Wahlen bekannt, hat im Allgemeinen die Opposition gesiegt. Daß das Häuflein wühlender und heulender Geld-Sackträger die erlittene Schlappe nicht ruhig ansehen kann, und rachebrütend umhergeht, versteht sich von selbst. Den getriebenen Klüngel bei den Wahlen legen sie sich selbst als Interesse am Volkswohl aus, während sie die ruhige und besonnene Haltung unserer Demokraten zu verdächtigen suchen. Der arme Tagelöhner, der Handwerksmann etc. etc. müssen nun entgelten und fühlen, daß der gesunde Volkswille sich nicht verfälschen ließ. Einer dieser saubern Sorte äußerte sich offen und frei am Wahltage: man muß es den Menschen am materiellen Wohl fühlen lassen, daß es noch welche giebt, die etwas thun und verdienen lassen können!! O du armer unerquicklicher Süßigkeitsfabrikant bedenke dein Wohl!! woran es hängt und hing?? Ein anderer, der hier ebenfalls zu denen gehört, die die erste Violine spielten (ein schnörgelnder Bassist) durfte, trotz seines Heiligkeitsgeruchs, einen armen Fuhrmann und Familienvater, einen unbescholtenen braven Mann, als er bei einer Abrechnung seine Dienste empfahl, mit den Worten abzuspeisen es wagen? Ihr seid ein Demokrate, laßt Euch von Euren Demokraten Arbeit und Verdienst geben!!! Sollte man nicht die Namen dieser rachsüchtigen Biedermänner der Oeffentlichkeit preißgeben? 120 Burgsteinfurt, 23. Januar. In unserm kleinen Städtchen hat leider die constitutionelle Parthei gesiegt, außer in einem unsrer drei Wahlbezirke. X Neuwied, Ende Januar. In dem hier seit Neujahr erscheinenden "Volksblatt für Stadt und Land," das aber seinem Namen wenig Ehre macht, ist mehrmals die Behauptung aufgestellt worden, es wäre in Neuwied der allgemeine Wunsch, den früheren Minister, Freiherrn v. Arnim zum Deputirten in die 1. Kammer zu wählen, und derselbe sei auch gar nicht abgeneigt, diesen Wunsch zu berücksichtigen. Vor Allem muß dies dahin berichtigt werden, daß Hr. v. A. lediglich zu dem Zwecke seiner Kandidatur seit einigen Monaten sich hier aufhält, und unendlich viele Mühe anwendet, sich einen Anhang zu schaffen. Wie wir aber auf das Bestimmteste versichern können, wird der Wunsch des Hrn. v. Arnim nur von einer sehr kleinen Partei getheilt, die in dem großen Irrthume befangen ist, sie repräsentire die Mehrheit der hiesigen Einwohner. Gerade in Bezug auf die materiellen Interessen unserer industriereichen Gegend wäre die Wahl des Hrn. v. Arnim eine höchst unglückliche und gefahrdrohende, da derselbe sich zu dem chimärischen Freihandelssystem hinneigt, wie er seiner Zeit durch den Separatvertrag mit Belgien sattsam bewiesen hat. X Bergheim, 28. Januar. Auf Requisition des Ober-Land- und Kammergerichts zu Berlin hatten sich heute der Herr Ober-Prokurator in Begleitung des Herrn Instruktionsrichters und Herrn Gerichtsschreibers hierher verfügt, um 4 Zeugen die Herren Dr. Schaffrath, Gastwirth Hons und Ehefrau Posthalter Oeppen in Untersuchungssachen gegen den Abgeordneten des Kreises Bergheim eidlich zu vernehmen. Es handelte sich darum ob der Abgeordnete Herr Friedensrichter Körfgen Pakete, enthaltend lithographirte Berichte über die letzten Sitzungen in Berlin so wie namentlich gedruckte Beschlüsse über die Steuerverweigerung, zur Verbreitung hierhin geschickt habe. Die Zeugen haben diese Fragen bejaht mit dem Bemerken jedoch, daß Herr Körfgen die Verbreitung derselben nicht ausdrücklich begehrt, vielmehr nur einzelne Exemplare seinen Freunden zugeschickt habe. Das Volk sieht sehr gut ein, daß solche Untersuchungen gegen seine Vertrauensmänner dahin führen sollen, diese von der Kandidatur für die jetzigen Wahlen abzubringen. * Elberfeld, 28. Jan. Wir erhalten von hier aus weitere Nachrichten über Hrn. Diergardt, Commerzienrath und Kandidat zur ersten Kammer, und fügen unsern ersten beiden Interpellationen folgende zwei neuen hinzu: 1) Indem Hr. Diergardt nicht selbst direkt die Herren Schleicher denunzirt hat, sollte er nicht einen ihm geschäftlich verpflichteten Freund, Hrn. Leopold Schmölder, mehr oder weniger veranlaßt haben, die fragliche Denunziation an den rechten Mann zu bringen? 2) Ist es wahr, daß Hr. Diergardt Ende vorigen Jahrs zweien seiner Commis kündigte, weil sie eine Adresse an die Berliner Nationalversammlung unterschrieben, und daß er ihnen erst dann provisorische Amnestie widerfahren ließ, als sein Sohn darum einkam bei Gelegenheit eines Familienfestes, das neue Bande zwischen Hrn. D. und einem Minister gottbegnadeten knüpfte? # Dortmund, 27. Januar. Als jüngst in hiesiger Stadt das Wahlresultat bekannt wurde, ärgerten sich die Reaktionärs blutroth. Jetzt werden sie vor Freude roth werden, nachdem sich die hiesige Demokratie in einer Versammlung der Wahlmänner von ihnen recht hübsch hat übertölpeln lassen. Wahrhaftig, wenn die Demokraten anderer Orte nicht mehr Einsicht und Festigkeit besäßen als hier, so hätten die Volksfeinde gewonnenes Spiel! Obgleich die demokratischen Wahlmänner zwei Drittel der Gesammtheit bilden, ließen sie sich doch von den Konstitutionellen- oder Preußenvereinern ein Programm aufhalsen, wie es der Reaktion nur erwünscht sein kann. War's schon ein Mißgriff, in der Vorversammlung einen ganz "Schwarzweißen" zum Präsidenten zu ernennen, so setzte sich die Demokratie mit Annahme besagten Programms die Krone auf. Zur Charakterisirung desselben genügt zu bemerken, daß es die octroyirte Verfassung und die Verordnung (soll heißen: Gesetz) vom 8 April 1848 anerkennt, also den offensten Widerspruch sich zu Schulden kommen läßt. Ferner heißt es darin: "Aus- und Durchbildung der gegebenen Verfassung im Wege der Revision durch die verfassungsgemäße Gesetzgebung." Dies ist das Kleinod der "Schwarzweißen." Dies haben sie erringen wollen und die Demokraten gaben es ihnen hin! Daß dann auch von "starkem Königthum" etc. darin die Rede ist, läßt sich nach Obigem wohl denken. Ganz andere Resultate haben die Vereinbarungssitzung der Wahlmänner des Kreises erzielt. Unter Andern trat hier ein Redner auf der in scharfen Worten, als Hauptpunkt für das Programm empfahl und motivirte; daß die erste Kammer, als eine nicht vom Volke ausgehende sondern eine dem Volke feindliche und berechtigte Kaste, von der zweiten Kammer völlig ignorirt werden müsse. Dieser Antrag wurde mit bedeutender Mehrheit angenommen. 105 Münster, 27. Jan. In diesem Augenblicke heißt es, daß Temme auf Verfügung Rintelen's noch heute aus dem Zuchthause entlassen werden soll. Man sagt: daß Temme's Kränklichkeit die die Blamage einhüllen soll, die dieser in Freilassung liegt. Der zweite Grund, daß Temme in seiner Eigenschaft als Abgeordneter der Nationalversammlung freigelassen werden müsse, scheint unrichtig. Die Freilassung Temme's wäre dann gewiß nur auf "gehorsame Bitte" der Frankfurter Versammlung geschehen. 105 Münster, 25. Januar. Was vor einigen Tagen gerüchtweise von Berlin hierher gemeldet wurde, und woran Niemand glauben wollte, hat sich heute als schmachvolle Wahrheit bestätigt. Rintelen hat die Sache Temme's wiederum nach Paderborn verwiesen. "Auf Ihr heute hier eingegangenes Gesuch vom 20. d. M. eröffne ich Ihnen, daß ich Ihr Schreiben vom 12. mittelst Rescript vom 16. an das Königl. Ober-Landesgericht Paderborn, als die kompetente Instanz, zur schleunigen Beschließung und Bescheidung abgegeben, und auch das erneute Gesuch dorthin habe abgehen lassen." Berlin den 23. Januar 1849. Rintelen. An den Königl. Oberlandesgerichts-Direktor Herrn Temme in Münster. Das Ober-Landesgericht Paderborn muß nun natürlich konsequent sich abermals inkompetent erklären, und dann reisen die Akten hoffentlich noch recht lange zwischen Paderborn und Berlin. Hierbei wird der herrliche Zweck erreicht, daß wenn von Frankfurt aus die Akten verlangt werden, um Temme als Abgeordneten für Neuß einzuberufen, Berlin, Münster und Paderborn berichten können: die Akten befänden sich nicht am Orte. Doch wälzt Euch in Eurem Kothe. Das Volk hat am 22sten zu Gericht gesessen. Der vor einigen Tagen entlassene evangelische December-Gefangene Lieutenant Stricker ist zum Wahlmann gewählt dem Bischof Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 208. Köln, Dienstag den 30 Januar. 1849. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Wahlnotizen. Düsseldorf. (v. Faldern dankt ab). Jüchen. (Die Wahlen). Viersen. (Wahlbülletin). Latum. (Wahlen). Hückeshagen. (Wahlen). Olpe. (Wahlen). Uerdingen. (Rache der Heuler). Burgsteinfurt. (Wahlbülletin). Neuwied. (Minister v. Arnim). Bergheim. (Untersuchung gegen Körfgen). Elberfeld. (Diergardt). Dortmund. (Wahlmänner-Vorversammlungen. — Programme). Münster. (Temme soll entlassen werden. — Ein Brief Rintelens an Temme. — Wahlen. — Justizministerialbescheid an die Dezembergefangenen). Berlin. (Die Kamm[e]rn sollen nach Brandenburg). Erfurt. (Die Grundrechte. — Die Wahlen). Ratibor. (Wahlbülletin. — Abmarsch des Militärs. — Entw[a]ffnung des östreichischen Militärs in Biala). Schabenau. (Verhaftung eines Agenten des konstitutonellen Centralvereins). Wien. (Verurtheilung. — Eine Schildwache ermordet. — Welden's Proklamation). Dresden. (Abdankung des Ministeriums. — Die 2. Kammer.) Weimar. (Radikale Wahlen für den Landtag.) Heidelberg. Nachmärzliche Polizei.) Polen. Warschau. (Preise auf den Kopf Kossuths ausgesetzt. Furcht der Russen vor einem nahen Ausbruch. Italien. (Die römische und italische Constituante. Giobertis Note wegen des Pabstes.) Aus der Lombardei. (Kampf italienischer Rekruten in Bassano gegen die Oestreicher.) Franz. Republik. Paris. (Journalschau. — Marrast. — Lherminier. — Lenormand. — Der Constitutionnel über die Situation. — Protest der Journale gegen die Schließung der Clubs. — La Libertè. — Bonaparte und Nikolaus. — Die Clubs, die Associationen und die Journale. — Nat.-Vers. Fauchers Antrag durchgefallen. — Ledru-Rollin trägt auf Versetzung des Ministeriums in Anklagezustand an. Großbritannien. London. (O'Connor auf dem Finanzialreformmeeting zu Nottinghill.) Türkei. (Die Cholera. Zusammenziehung eines Truppenkorps bei Adrianopel.) Deutschland. Köln, 29. Jan. Ueber den Ausfall der Wahlen im Osten gehen uns folgende hervorzuhebende Mittheilungen zu: Pommern: In den Städten hat die Opposition unzweifelhaft gesiegt. Am entschiedensten hat sich Colberg erklärt, da es unter 38 Wahlmännern 34 Demokraten durchgesetzt und zwar mit immensen Majoritäten und meist bei der ersten Abstimmung. In Graudenz sind unter 35 Wahlmännern 21 entschiedene Demokraten. Schlesien: Ungeachtet der Belagerungszustände, die theils wirklich proklamirt, theils thatsächlich (wie im Liegnitzer, Löwenberger etc. etc. Kreise) vorhanden sind: haben die Landkreise überwiegend, eine Menge derselben fast ausschließlich im demokratischen Sinne gewählt. Preußen: Königsberg hat 76 Konstitutionelle (Reaktionärs) und 165 Demokraten gewählt, Insterburg unter 39 Wahlmännern 34 Demokraten; Pillau lauter Demokraten, mit Ausnahme eines Konstitutionellen oder Preußenvereinlers, Tilsit eine bedeutende demokratische Mehrheit. 15 Düsseldorf, 28. Jan. Schon sahen wir im Geiste wieder unsere freundlichen Straßen gesperrt von jenen messingbehelmten Engeln, schon hörten wir die barsche schnarrende Stimme der „Zaruckers“: „Hier ist keine Passage nicht!“ und manchem jugendlichen Lieutenant mochte das Herz unruhig in der wattegewölbten Brust schlagen bei dem Gedanken an die Heldenthaten, die ihm durch Verhängung des gesegneten Belagerungszustandes auszuführen möglich gemacht würden. Doch diesesmal hat uns ein gütiges Schicksal vor jenem Wrangel-Drigalski'schen Himmel bewahrt, der durch Kartätschen, Shrapnells Ruhe und Ordnung sichert. Die Konsequenz und die Würde unserer Wahlmänner fungirten als jenes Schicksals. Trotz der Drohung des Hrn. v. Faldern, die Versammlung der Wahlmänner wieder mit seiner Gegenwart zu beehren, trotz der von dem Edlen „getroffenen Maßregeln“ versammelten sich gestern Nachmittag 5 Uhr die Wahlmänner wiederum sehr zahlreich in dem bekannten Lokale. Der Vorsitzende eröffnete die Sitzung mit Verlesung eines Schreibens des Hrn. stellvertretenden Oberprokurators v. Ammon als Antwort auf die gegen v. Faldern bei ihm erhobene Anklage. Der würdige Wächter des Gesetzes, stets bereit Gesetzesverletzungen Seitens der Staatsbürger unnachsichtlich zu verfolgen, erklärt, daß der v. Faldern ganz in seinem Rechte sei und motivirt dieses (hört! hört!) durch eine antediluvianische bergische Verordnung aus dem glorreichen Jahre 1807, wonach es der Polizei freisteht, Märkte, Seiltänzer, Zigeuner und öffentliche Häuser unter ihre hohe Obhut zu nehmen. In welche dieser Kategorieen mag der Herr Prokurator nun wohl die Versammlungen unserer Wahlmänner stellen. Gleich bei Empfang dieses liebenswürdigen Schreibens hatte sich eine Deputation von Wahlmännern auf die Königl. Regierung begeben und dem Dringen derselben, sowie der entschiedenen Mißbilligung der ganzen Angelegenheit sogar seitens unserer Heuler, haben wir es zu verdanken, daß endlich die Regierung in einer deshalb außerordentlich abgehaltenen Sitzung den Entschluß faßte, den v. Faldern an seinem Vorhaben, als etwas Ungesetzlichem, zu hindern. Die Wahlmänner durften endlich ungestört ihre Versammlung abhalten. Herr v. Faldern durch den angeführten Regierungsbeschluß aufs Tiefste verletzt, erklärt, daß er unmöglich in einer Stellung verbleiben könne, in der ihm trotz seinem guten (!) Rechte (!) doch der Beistand und der Schutz der Regierung versagt sei und — dankt ab! Armer v. Faldern! So jung und glücklich schon auf dem ersten Staffel zum Tempel des Ruhmes angelangt, in der Ferne als Ziel des muthigen Strebens wohl gar Polizeiminister und jetzt? höchstens wieder Bürgermeister von Wald und Merscheid! Sic transit gloria mundi. Unser Abgeordneter von Frankfurt, Herr Wesendonk, der anfangs hier als Kandidat für die zweite Kammer auftrat, hat gestern in der Versammlung der Wahlmänner erklärt, daß er auf diese Candidatur verzichte. Herr Wesendonck hat diesen Schritt wohl nur deshalb gethan, um bei der hiesigen Wohl die Stimmen nicht zu zersplittern. 134 Jüchen, 25. Jan. Auch in unserm Orte sind die Wahlen ganz im ächten demokratischen Sinne ausgefallen, da die „Schwarzweißen“ oder Konstitutionellen auch nicht einen einzigen Kandidaten durchgebracht haben. 103 Vierssen, 25. Januar. Unsere am 22. dieses gehaltenen Wahlen sind ganz nach Wunsch ausgefallen. — Unsere Opposition (schwarz und weiß und Muckerthum) setzte keinen einzigen Kandidaten durch, im Gegentheil wurde sie in jedem Wahlbezirk, wo sie sich nur blicken ließen, mit Glanz geschlagen. Der Geh. Commerzienrath Diergardt unterlag im ersten Wahlbezirk in sämmtlichen 10 Wahlen, und kam beim 10. Kandidaten in eine 3te engere Wahl mit einem Juden, (Lehrer, ein junger Mann nur hinsichtlich seiner demokratischen Ansichten bekannt) und unterlag mit einer großen Majorität an 50 Stimmen. 119 Latum, 27. Jan. Das Resultat der Wahlen der Bürgermeisterei Lank im Kreise Crefeld ist folgendes: Von den 12 Wahlmännern der Gesammtbürgermeisterei Lank wurden 11 Demokraten und 1 Constitutioneller gewählt. Dieser Constitutionelle, obwohl er an der Wahl im Sommer vorigen Jahres durch einen saubern Hrn. Vetter mehrere Urwähler mit süßem Branntwein, Bier etc. hatte regaliren lassen, war dennoch damals mit Glanz durchgefallen. Jetzt, nachdem er den Urwählern, welche vorhatten einen echten Demokraten zu wählen, von einer belgischen Konstitution und andern unverständlichen Dingen viel vorgeplappert hatte, und auch nebenbei noch Gänse versprochen haben soll, kam er mühsam mit ein paar Stimmen Mehrheit durch. 30 Hückeswagen, 27. Jan. Auch in unsern Bergen ist das Resultat der Wahlen keineswegs ein ungünstiges zu nennen. Von den hier zu wählenden 12 Wahlmännern wurden trotz aller angewandten Intriguen 8 Kandidaten des hier bestehenden (an 500 Mann starken) Arbeitervereins erwählt. Ein gleiches Verhältniß hat sich in Wipperfürth und Lennep ergeben. Die Heuler haben überall unterlegen und wenn, was nicht zu bezweifeln ist, in den übrigen Provinzen dasselbe Resultat herauskommt, so werden auch wohl dem Allergottbegnadetsten die Augen aufgehen, über die wahre Stimmung des Landes, trotz aller Schreibereien der Manteuffelischen Harkorte und ähnlichem Gelichter. 098 Olpe, 26. Jan. In Olpe, Attendorn und Umgegend sind die Wahlen entschieden demokratisch ausgefallen. In Olpe brachten die Pius-Männer und die „schwarzweiße Partei“ von sieben Kandidaten keinen durch. Im Siegenschen dagegen haben sämmtliche Wahlmänner keine politische sondern nur die Geldfarbe. X Uerdingen, 26. Januar. So weit bis jetzt die Resultate der Wahlen bekannt, hat im Allgemeinen die Opposition gesiegt. Daß das Häuflein wühlender und heulender Geld-Sackträger die erlittene Schlappe nicht ruhig ansehen kann, und rachebrütend umhergeht, versteht sich von selbst. Den getriebenen Klüngel bei den Wahlen legen sie sich selbst als Interesse am Volkswohl aus, während sie die ruhige und besonnene Haltung unserer Demokraten zu verdächtigen suchen. Der arme Tagelöhner, der Handwerksmann etc. etc. müssen nun entgelten und fühlen, daß der gesunde Volkswille sich nicht verfälschen ließ. Einer dieser saubern Sorte äußerte sich offen und frei am Wahltage: man muß es den Menschen am materiellen Wohl fühlen lassen, daß es noch welche giebt, die etwas thun und verdienen lassen können!! O du armer unerquicklicher Süßigkeitsfabrikant bedenke dein Wohl!! woran es hängt und hing?? Ein anderer, der hier ebenfalls zu denen gehört, die die erste Violine spielten (ein schnörgelnder Bassist) durfte, trotz seines Heiligkeitsgeruchs, einen armen Fuhrmann und Familienvater, einen unbescholtenen braven Mann, als er bei einer Abrechnung seine Dienste empfahl, mit den Worten abzuspeisen es wagen? Ihr seid ein Demokrate, laßt Euch von Euren Demokraten Arbeit und Verdienst geben!!! Sollte man nicht die Namen dieser rachsüchtigen Biedermänner der Oeffentlichkeit preißgeben? 120 Burgsteinfurt, 23. Januar. In unserm kleinen Städtchen hat leider die constitutionelle Parthei gesiegt, außer in einem unsrer drei Wahlbezirke. X Neuwied, Ende Januar. In dem hier seit Neujahr erscheinenden „Volksblatt für Stadt und Land,“ das aber seinem Namen wenig Ehre macht, ist mehrmals die Behauptung aufgestellt worden, es wäre in Neuwied der allgemeine Wunsch, den früheren Minister, Freiherrn v. Arnim zum Deputirten in die 1. Kammer zu wählen, und derselbe sei auch gar nicht abgeneigt, diesen Wunsch zu berücksichtigen. Vor Allem muß dies dahin berichtigt werden, daß Hr. v. A. lediglich zu dem Zwecke seiner Kandidatur seit einigen Monaten sich hier aufhält, und unendlich viele Mühe anwendet, sich einen Anhang zu schaffen. Wie wir aber auf das Bestimmteste versichern können, wird der Wunsch des Hrn. v. Arnim nur von einer sehr kleinen Partei getheilt, die in dem großen Irrthume befangen ist, sie repräsentire die Mehrheit der hiesigen Einwohner. Gerade in Bezug auf die materiellen Interessen unserer industriereichen Gegend wäre die Wahl des Hrn. v. Arnim eine höchst unglückliche und gefahrdrohende, da derselbe sich zu dem chimärischen Freihandelssystem hinneigt, wie er seiner Zeit durch den Separatvertrag mit Belgien sattsam bewiesen hat. X Bergheim, 28. Januar. Auf Requisition des Ober-Land- und Kammergerichts zu Berlin hatten sich heute der Herr Ober-Prokurator in Begleitung des Herrn Instruktionsrichters und Herrn Gerichtsschreibers hierher verfügt, um 4 Zeugen die Herren Dr. Schaffrath, Gastwirth Hons und Ehefrau Posthalter Oeppen in Untersuchungssachen gegen den Abgeordneten des Kreises Bergheim eidlich zu vernehmen. Es handelte sich darum ob der Abgeordnete Herr Friedensrichter Körfgen Pakete, enthaltend lithographirte Berichte über die letzten Sitzungen in Berlin so wie namentlich gedruckte Beschlüsse über die Steuerverweigerung, zur Verbreitung hierhin geschickt habe. Die Zeugen haben diese Fragen bejaht mit dem Bemerken jedoch, daß Herr Körfgen die Verbreitung derselben nicht ausdrücklich begehrt, vielmehr nur einzelne Exemplare seinen Freunden zugeschickt habe. Das Volk sieht sehr gut ein, daß solche Untersuchungen gegen seine Vertrauensmänner dahin führen sollen, diese von der Kandidatur für die jetzigen Wahlen abzubringen. * Elberfeld, 28. Jan. Wir erhalten von hier aus weitere Nachrichten über Hrn. Diergardt, Commerzienrath und Kandidat zur ersten Kammer, und fügen unsern ersten beiden Interpellationen folgende zwei neuen hinzu: 1) Indem Hr. Diergardt nicht selbst direkt die Herren Schleicher denunzirt hat, sollte er nicht einen ihm geschäftlich verpflichteten Freund, Hrn. Leopold Schmölder, mehr oder weniger veranlaßt haben, die fragliche Denunziation an den rechten Mann zu bringen? 2) Ist es wahr, daß Hr. Diergardt Ende vorigen Jahrs zweien seiner Commis kündigte, weil sie eine Adresse an die Berliner Nationalversammlung unterschrieben, und daß er ihnen erst dann provisorische Amnestie widerfahren ließ, als sein Sohn darum einkam bei Gelegenheit eines Familienfestes, das neue Bande zwischen Hrn. D. und einem Minister gottbegnadeten knüpfte? # Dortmund, 27. Januar. Als jüngst in hiesiger Stadt das Wahlresultat bekannt wurde, ärgerten sich die Reaktionärs blutroth. Jetzt werden sie vor Freude roth werden, nachdem sich die hiesige Demokratie in einer Versammlung der Wahlmänner von ihnen recht hübsch hat übertölpeln lassen. Wahrhaftig, wenn die Demokraten anderer Orte nicht mehr Einsicht und Festigkeit besäßen als hier, so hätten die Volksfeinde gewonnenes Spiel! Obgleich die demokratischen Wahlmänner zwei Drittel der Gesammtheit bilden, ließen sie sich doch von den Konstitutionellen- oder Preußenvereinern ein Programm aufhalsen, wie es der Reaktion nur erwünscht sein kann. War's schon ein Mißgriff, in der Vorversammlung einen ganz „Schwarzweißen“ zum Präsidenten zu ernennen, so setzte sich die Demokratie mit Annahme besagten Programms die Krone auf. Zur Charakterisirung desselben genügt zu bemerken, daß es die octroyirte Verfassung und die Verordnung (soll heißen: Gesetz) vom 8 April 1848 anerkennt, also den offensten Widerspruch sich zu Schulden kommen läßt. Ferner heißt es darin: „Aus- und Durchbildung der gegebenen Verfassung im Wege der Revision durch die verfassungsgemäße Gesetzgebung.“ Dies ist das Kleinod der „Schwarzweißen.“ Dies haben sie erringen wollen und die Demokraten gaben es ihnen hin! Daß dann auch von „starkem Königthum“ etc. darin die Rede ist, läßt sich nach Obigem wohl denken. Ganz andere Resultate haben die Vereinbarungssitzung der Wahlmänner des Kreises erzielt. Unter Andern trat hier ein Redner auf der in scharfen Worten, als Hauptpunkt für das Programm empfahl und motivirte; daß die erste Kammer, als eine nicht vom Volke ausgehende sondern eine dem Volke feindliche und berechtigte Kaste, von der zweiten Kammer völlig ignorirt werden müsse. Dieser Antrag wurde mit bedeutender Mehrheit angenommen. 105 Münster, 27. Jan. In diesem Augenblicke heißt es, daß Temme auf Verfügung Rintelen's noch heute aus dem Zuchthause entlassen werden soll. Man sagt: daß Temme's Kränklichkeit die die Blamage einhüllen soll, die dieser in Freilassung liegt. Der zweite Grund, daß Temme in seiner Eigenschaft als Abgeordneter der Nationalversammlung freigelassen werden müsse, scheint unrichtig. Die Freilassung Temme's wäre dann gewiß nur auf „gehorsame Bitte“ der Frankfurter Versammlung geschehen. 105 Münster, 25. Januar. Was vor einigen Tagen gerüchtweise von Berlin hierher gemeldet wurde, und woran Niemand glauben wollte, hat sich heute als schmachvolle Wahrheit bestätigt. Rintelen hat die Sache Temme's wiederum nach Paderborn verwiesen. „Auf Ihr heute hier eingegangenes Gesuch vom 20. d. M. eröffne ich Ihnen, daß ich Ihr Schreiben vom 12. mittelst Rescript vom 16. an das Königl. Ober-Landesgericht Paderborn, als die kompetente Instanz, zur schleunigen Beschließung und Bescheidung abgegeben, und auch das erneute Gesuch dorthin habe abgehen lassen.“ Berlin den 23. Januar 1849. Rintelen. An den Königl. Oberlandesgerichts-Direktor Herrn Temme in Münster. Das Ober-Landesgericht Paderborn muß nun natürlich konsequent sich abermals inkompetent erklären, und dann reisen die Akten hoffentlich noch recht lange zwischen Paderborn und Berlin. Hierbei wird der herrliche Zweck erreicht, daß wenn von Frankfurt aus die Akten verlangt werden, um Temme als Abgeordneten für Neuß einzuberufen, Berlin, Münster und Paderborn berichten können: die Akten befänden sich nicht am Orte. Doch wälzt Euch in Eurem Kothe. Das Volk hat am 22sten zu Gericht gesessen. Der vor einigen Tagen entlassene evangelische December-Gefangene Lieutenant Stricker ist zum Wahlmann gewählt dem Bischof <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="1139"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No 208. Köln, Dienstag den 30 Januar. 1849.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div type="contents" n="1"> <head>Uebersicht.</head> <p><hi rendition="#g">Deutschland</hi>. Köln. (Wahlnotizen. Düsseldorf. (v. Faldern dankt ab). Jüchen. (Die Wahlen). Viersen. (Wahlbülletin). Latum. (Wahlen). Hückeshagen. (Wahlen). Olpe. (Wahlen). Uerdingen. (Rache der Heuler). Burgsteinfurt. (Wahlbülletin). Neuwied. (Minister v. Arnim). Bergheim. (Untersuchung gegen Körfgen). Elberfeld. (Diergardt). Dortmund. (Wahlmänner-Vorversammlungen. — Programme). Münster. (Temme soll entlassen werden. — Ein Brief Rintelens an Temme. — Wahlen. — Justizministerialbescheid an die Dezembergefangenen). Berlin. (Die Kamm[e]rn sollen nach Brandenburg). Erfurt. (Die Grundrechte. — Die Wahlen). Ratibor. (Wahlbülletin. — Abmarsch des Militärs. — Entw[a]ffnung des östreichischen Militärs in Biala). Schabenau. (Verhaftung eines Agenten des konstitutonellen Centralvereins). Wien. (Verurtheilung. — Eine Schildwache ermordet. — Welden's Proklamation). Dresden. (Abdankung des Ministeriums. — Die 2. Kammer.) Weimar. (Radikale Wahlen für den Landtag.) Heidelberg. Nachmärzliche Polizei.)</p> <p><hi rendition="#g">Polen</hi>. Warschau. (Preise auf den Kopf Kossuths ausgesetzt. Furcht der Russen vor einem nahen Ausbruch.</p> <p><hi rendition="#g">Italien</hi>. (Die römische und italische Constituante. Giobertis Note wegen des Pabstes.) Aus der Lombardei. (Kampf italienischer Rekruten in Bassano gegen die Oestreicher.)</p> <p><hi rendition="#g">Franz. Republik</hi>. Paris. (Journalschau. — Marrast. — Lherminier. — Lenormand. — Der Constitutionnel über die Situation. — Protest der Journale gegen die Schließung der Clubs. — La Libertè. — Bonaparte und Nikolaus. — Die Clubs, die Associationen und die Journale. — Nat.-Vers. <hi rendition="#g">Fauchers Antrag durchgefallen. — Ledru-Rollin trägt auf Versetzung des Ministeriums in Anklagezustand an</hi>.</p> <p><hi rendition="#g">Großbritannien</hi>. London. (O'Connor auf dem Finanzialreformmeeting zu Nottinghill.)</p> <p><hi rendition="#g">Türkei</hi>. (Die Cholera. Zusammenziehung eines Truppenkorps bei Adrianopel.)</p> </div> <div n="1"> <head>Deutschland.</head> <div xml:id="ar208_001" type="jArticle"> <head>Köln, 29. Jan.</head> <p>Ueber den Ausfall der Wahlen im Osten gehen uns folgende hervorzuhebende Mittheilungen zu:</p> <p><hi rendition="#g">Pommern:</hi> In den Städten hat die Opposition unzweifelhaft gesiegt. Am entschiedensten hat sich <hi rendition="#g">Colberg</hi> erklärt, da es unter 38 Wahlmännern 34 Demokraten durchgesetzt und zwar mit immensen Majoritäten und meist bei der ersten Abstimmung. In <hi rendition="#g">Graudenz</hi> sind unter 35 Wahlmännern 21 entschiedene Demokraten.</p> <p><hi rendition="#g">Schlesien:</hi> Ungeachtet der Belagerungszustände, die theils wirklich proklamirt, theils thatsächlich (wie im Liegnitzer, Löwenberger etc. etc. Kreise) vorhanden sind: haben die Landkreise überwiegend, eine Menge derselben fast ausschließlich im demokratischen Sinne gewählt.</p> <p><hi rendition="#g">Preußen: Königsberg</hi> hat 76 Konstitutionelle (Reaktionärs) und 165 Demokraten gewählt, <hi rendition="#g">Insterburg</hi> unter 39 Wahlmännern 34 Demokraten; <hi rendition="#g">Pillau</hi> lauter Demokraten, mit Ausnahme eines Konstitutionellen oder Preußenvereinlers, <hi rendition="#g">Tilsit</hi> eine bedeutende demokratische Mehrheit.</p> </div> <div xml:id="ar208_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl> Düsseldorf, 28. Jan.</head> <p>Schon sahen wir im Geiste wieder unsere freundlichen Straßen gesperrt von jenen messingbehelmten Engeln, schon hörten wir die barsche schnarrende Stimme der „Zaruckers“: „Hier ist keine Passage nicht!“ und manchem jugendlichen Lieutenant mochte das Herz unruhig in der wattegewölbten Brust schlagen bei dem Gedanken an die Heldenthaten, die ihm durch Verhängung des gesegneten Belagerungszustandes auszuführen möglich gemacht würden. Doch diesesmal hat uns ein gütiges Schicksal vor jenem Wrangel-Drigalski'schen Himmel bewahrt, der durch Kartätschen, Shrapnells Ruhe und Ordnung sichert. Die Konsequenz und die Würde unserer Wahlmänner fungirten als jenes Schicksals.</p> <p>Trotz der Drohung des Hrn. v. Faldern, die Versammlung der Wahlmänner wieder mit seiner Gegenwart zu beehren, trotz der von dem Edlen „getroffenen Maßregeln“ versammelten sich gestern Nachmittag 5 Uhr die Wahlmänner wiederum sehr zahlreich in dem bekannten Lokale. Der Vorsitzende eröffnete die Sitzung mit Verlesung eines Schreibens des Hrn. stellvertretenden Oberprokurators v. Ammon als Antwort auf die gegen v. Faldern bei ihm erhobene Anklage. Der würdige Wächter des Gesetzes, stets bereit Gesetzesverletzungen Seitens der Staatsbürger unnachsichtlich zu verfolgen, erklärt, daß der v. Faldern ganz in seinem Rechte sei und motivirt dieses (hört! hört!) durch eine antediluvianische bergische Verordnung aus dem glorreichen Jahre 1807, wonach es der Polizei freisteht, Märkte, Seiltänzer, Zigeuner und öffentliche Häuser unter ihre hohe Obhut zu nehmen. In welche dieser Kategorieen mag der Herr Prokurator nun wohl die Versammlungen unserer Wahlmänner stellen.</p> <p>Gleich bei Empfang dieses liebenswürdigen Schreibens hatte sich eine Deputation von Wahlmännern auf die Königl. Regierung begeben und dem Dringen derselben, sowie der entschiedenen Mißbilligung der ganzen Angelegenheit sogar seitens unserer Heuler, haben wir es zu verdanken, daß endlich die Regierung in einer deshalb außerordentlich abgehaltenen Sitzung den Entschluß faßte, den v. Faldern an seinem Vorhaben, als etwas Ungesetzlichem, zu hindern. Die Wahlmänner durften endlich ungestört ihre Versammlung abhalten.</p> <p>Herr v. Faldern durch den angeführten Regierungsbeschluß aufs Tiefste verletzt, erklärt, daß er unmöglich in einer Stellung verbleiben könne, in der ihm trotz seinem guten (!) Rechte (!) doch der Beistand und der Schutz der Regierung versagt sei und — <hi rendition="#g">dankt ab!</hi> Armer v. Faldern! So jung und glücklich schon auf dem ersten Staffel zum Tempel des Ruhmes angelangt, in der Ferne als Ziel des muthigen Strebens wohl gar Polizeiminister und jetzt? höchstens wieder Bürgermeister von Wald und Merscheid!</p> <p>Sic transit gloria mundi.</p> <p>Unser Abgeordneter von Frankfurt, Herr Wesendonk, der anfangs hier als Kandidat für die zweite Kammer auftrat, hat gestern in der Versammlung der Wahlmänner erklärt, daß er auf diese Candidatur verzichte. Herr Wesendonck hat diesen Schritt wohl nur deshalb gethan, um bei der hiesigen Wohl die Stimmen nicht zu zersplittern.</p> </div> <div xml:id="ar208_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>134</author></bibl> Jüchen, 25. Jan.</head> <p>Auch in unserm Orte sind die Wahlen ganz im ächten demokratischen Sinne ausgefallen, da die „Schwarzweißen“ oder Konstitutionellen auch <hi rendition="#g">nicht einen einzigen</hi> Kandidaten durchgebracht haben.</p> </div> <div xml:id="ar208_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Vierssen, 25. Januar.</head> <p>Unsere am 22. dieses gehaltenen Wahlen sind ganz nach Wunsch ausgefallen. — Unsere Opposition (schwarz und weiß und Muckerthum) setzte keinen einzigen Kandidaten durch, im Gegentheil wurde sie in jedem Wahlbezirk, wo sie sich nur blicken ließen, mit Glanz geschlagen.</p> <p>Der Geh. Commerzienrath Diergardt unterlag im ersten Wahlbezirk in sämmtlichen 10 Wahlen, und kam beim 10. Kandidaten in eine 3te engere Wahl mit einem Juden, (Lehrer, ein junger Mann nur hinsichtlich seiner demokratischen Ansichten bekannt) und unterlag mit einer großen Majorität an 50 Stimmen.</p> </div> <div xml:id="ar208_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>119</author></bibl> Latum, 27. Jan.</head> <p>Das Resultat der Wahlen der Bürgermeisterei Lank im Kreise Crefeld ist folgendes: Von den 12 Wahlmännern der Gesammtbürgermeisterei Lank wurden 11 Demokraten und 1 Constitutioneller gewählt. Dieser Constitutionelle, obwohl er an der Wahl im Sommer vorigen Jahres durch einen saubern Hrn. Vetter mehrere Urwähler mit süßem Branntwein, Bier etc. hatte regaliren lassen, war dennoch damals mit Glanz durchgefallen. Jetzt, nachdem er den Urwählern, welche vorhatten einen echten Demokraten zu wählen, von einer belgischen Konstitution und andern unverständlichen Dingen viel vorgeplappert hatte, und auch nebenbei noch Gänse versprochen haben soll, kam er mühsam mit ein paar Stimmen Mehrheit durch.</p> </div> <div xml:id="ar208_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>30</author></bibl> Hückeswagen, 27. Jan.</head> <p>Auch in unsern Bergen ist das Resultat der Wahlen keineswegs ein ungünstiges zu nennen. Von den hier zu wählenden 12 Wahlmännern wurden trotz aller angewandten Intriguen 8 Kandidaten des hier bestehenden (an 500 Mann starken) Arbeitervereins erwählt. Ein gleiches Verhältniß hat sich in <hi rendition="#g">Wipperfürth</hi> und <hi rendition="#g">Lennep</hi> ergeben. Die Heuler haben überall unterlegen und wenn, was nicht zu bezweifeln ist, in den übrigen Provinzen dasselbe Resultat herauskommt, so werden auch wohl dem <hi rendition="#g">Allergottbegnadetsten</hi> die Augen aufgehen, über die wahre Stimmung des Landes, trotz aller Schreibereien der Manteuffelischen Harkorte und ähnlichem Gelichter.</p> </div> <div xml:id="ar208_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>098</author></bibl> Olpe, 26. Jan.</head> <p>In Olpe, Attendorn und Umgegend sind die Wahlen entschieden demokratisch ausgefallen. In Olpe brachten die Pius-Männer und die „schwarzweiße Partei“ von sieben Kandidaten <hi rendition="#g">keinen</hi> durch.</p> <p>Im Siegenschen dagegen haben sämmtliche Wahlmänner keine politische sondern nur die Geldfarbe.</p> </div> <div xml:id="ar208_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl> Uerdingen, 26. Januar.</head> <p>So weit bis jetzt die Resultate der Wahlen bekannt, hat im Allgemeinen die Opposition gesiegt. Daß das Häuflein wühlender und heulender Geld-Sackträger die erlittene Schlappe nicht ruhig ansehen kann, und rachebrütend umhergeht, versteht sich von selbst. Den getriebenen Klüngel bei den Wahlen legen sie sich selbst als Interesse am Volkswohl aus, während sie die ruhige und besonnene Haltung unserer Demokraten zu verdächtigen suchen. Der arme Tagelöhner, der Handwerksmann etc. etc. müssen nun entgelten und fühlen, daß der gesunde Volkswille sich nicht verfälschen ließ.</p> <p>Einer dieser saubern Sorte äußerte sich offen und frei am Wahltage: man muß es den Menschen am materiellen Wohl fühlen lassen, daß es noch welche giebt, die etwas thun und verdienen lassen können!! O du armer unerquicklicher Süßigkeitsfabrikant bedenke <hi rendition="#g">dein</hi> Wohl!! woran es hängt und hing??</p> <p>Ein anderer, der hier ebenfalls zu denen gehört, die die erste Violine spielten (ein schnörgelnder Bassist) durfte, trotz seines Heiligkeitsgeruchs, einen armen Fuhrmann und Familienvater, einen unbescholtenen braven Mann, als er bei einer Abrechnung seine Dienste empfahl, mit den Worten abzuspeisen es wagen? Ihr seid ein Demokrate, laßt Euch von Euren Demokraten Arbeit und Verdienst geben!!!</p> <p>Sollte man nicht die Namen dieser rachsüchtigen Biedermänner der Oeffentlichkeit preißgeben?</p> </div> <div xml:id="ar208_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>120</author></bibl> Burgsteinfurt, 23. Januar.</head> <p>In unserm kleinen Städtchen hat leider die constitutionelle Parthei gesiegt, außer in einem unsrer drei Wahlbezirke.</p> </div> <div xml:id="ar208_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl> Neuwied, Ende Januar.</head> <p>In dem hier seit Neujahr erscheinenden „Volksblatt für Stadt und Land,“ das aber seinem Namen wenig Ehre macht, ist mehrmals die Behauptung aufgestellt worden, es wäre in Neuwied der allgemeine Wunsch, den früheren Minister, Freiherrn v. Arnim zum Deputirten in die 1. Kammer zu wählen, und derselbe sei auch gar nicht abgeneigt, diesen Wunsch zu berücksichtigen.</p> <p>Vor Allem muß dies dahin berichtigt werden, daß Hr. v. A. lediglich zu dem Zwecke seiner Kandidatur seit einigen Monaten sich hier aufhält, und unendlich viele Mühe anwendet, sich einen Anhang zu schaffen. Wie wir aber auf das Bestimmteste versichern können, wird der Wunsch des Hrn. v. Arnim nur von einer sehr kleinen Partei getheilt, die in dem großen Irrthume befangen ist, sie repräsentire die Mehrheit der hiesigen Einwohner.</p> <p>Gerade in Bezug auf die materiellen Interessen unserer industriereichen Gegend wäre die Wahl des Hrn. v. Arnim eine höchst unglückliche und gefahrdrohende, da derselbe sich zu dem chimärischen Freihandelssystem hinneigt, wie er seiner Zeit durch den Separatvertrag mit Belgien sattsam bewiesen hat.</p> </div> <div xml:id="ar208_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl> Bergheim, 28. Januar.</head> <p>Auf Requisition des Ober-Land- und Kammergerichts zu Berlin hatten sich heute der Herr Ober-Prokurator in Begleitung des Herrn Instruktionsrichters und Herrn Gerichtsschreibers hierher verfügt, um 4 Zeugen die Herren Dr. Schaffrath, Gastwirth Hons und Ehefrau Posthalter Oeppen in Untersuchungssachen gegen den Abgeordneten des Kreises Bergheim eidlich zu vernehmen. Es handelte sich darum ob der Abgeordnete Herr Friedensrichter Körfgen Pakete, enthaltend lithographirte Berichte über die letzten Sitzungen in Berlin so wie namentlich gedruckte Beschlüsse über die Steuerverweigerung, zur Verbreitung hierhin geschickt habe. Die Zeugen haben diese Fragen bejaht mit dem Bemerken jedoch, daß Herr Körfgen die Verbreitung derselben nicht ausdrücklich begehrt, vielmehr nur einzelne Exemplare seinen Freunden zugeschickt habe.</p> <p>Das Volk sieht sehr gut ein, daß solche Untersuchungen gegen seine Vertrauensmänner dahin führen sollen, diese von <hi rendition="#g">der</hi> Kandidatur für die jetzigen Wahlen abzubringen.</p> </div> <div xml:id="ar208_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Elberfeld, 28. Jan.</head> <p>Wir erhalten von hier aus weitere Nachrichten über Hrn. Diergardt, Commerzienrath und Kandidat zur ersten Kammer, und fügen unsern ersten beiden Interpellationen folgende zwei neuen hinzu:</p> <p>1) Indem Hr. Diergardt nicht selbst direkt die Herren Schleicher denunzirt hat, sollte er nicht einen ihm geschäftlich verpflichteten Freund, Hrn. Leopold Schmölder, mehr oder weniger veranlaßt haben, die fragliche Denunziation an den rechten Mann zu bringen?</p> <p>2) Ist es wahr, daß Hr. Diergardt Ende vorigen Jahrs zweien seiner Commis kündigte, weil sie eine Adresse an die Berliner Nationalversammlung unterschrieben, und daß er ihnen erst dann provisorische Amnestie widerfahren ließ, als sein Sohn darum einkam bei Gelegenheit eines Familienfestes, das neue Bande zwischen Hrn. D. und einem Minister gottbegnadeten knüpfte?</p> </div> <div xml:id="ar208_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>#</author></bibl> Dortmund, 27. Januar.</head> <p>Als jüngst in hiesiger Stadt das Wahlresultat bekannt wurde, ärgerten sich die Reaktionärs blutroth. Jetzt werden sie vor Freude roth werden, nachdem sich die hiesige Demokratie in einer Versammlung der Wahlmänner von ihnen recht hübsch hat übertölpeln lassen. Wahrhaftig, wenn die Demokraten anderer Orte nicht mehr Einsicht und Festigkeit besäßen als hier, so hätten die Volksfeinde gewonnenes Spiel!</p> <p>Obgleich die demokratischen Wahlmänner zwei Drittel der Gesammtheit bilden, ließen sie sich doch von den Konstitutionellen- oder Preußenvereinern ein Programm aufhalsen, wie es der Reaktion nur erwünscht sein kann. War's schon ein Mißgriff, in der Vorversammlung einen ganz „Schwarzweißen“ zum Präsidenten zu ernennen, so setzte sich die Demokratie mit Annahme besagten Programms die Krone auf.</p> <p>Zur Charakterisirung desselben genügt zu bemerken, daß es die octroyirte Verfassung und die Verordnung (soll heißen: Gesetz) vom 8 April 1848 anerkennt, also den offensten Widerspruch sich zu Schulden kommen läßt.</p> <p>Ferner heißt es darin: „Aus- und Durchbildung der gegebenen Verfassung im Wege der Revision durch die verfassungsgemäße Gesetzgebung.“</p> <p>Dies ist das Kleinod der „Schwarzweißen.“ Dies haben sie erringen wollen und die Demokraten gaben es ihnen hin!</p> <p>Daß dann auch von „starkem Königthum“ etc. darin die Rede ist, läßt sich nach Obigem wohl denken.</p> <p>Ganz andere Resultate haben die Vereinbarungssitzung der Wahlmänner des Kreises erzielt. Unter Andern trat hier ein Redner auf der in scharfen Worten, als Hauptpunkt für das Programm empfahl und motivirte; daß die erste Kammer, als eine nicht vom Volke ausgehende sondern eine dem Volke feindliche und berechtigte Kaste, von der zweiten Kammer völlig ignorirt werden müsse. Dieser Antrag wurde mit bedeutender Mehrheit angenommen.</p> </div> <div xml:id="ar208_014" type="jArticle"> <head><bibl><author>105</author></bibl> Münster, 27. Jan.</head> <p>In diesem Augenblicke heißt es, daß <hi rendition="#g">Temme</hi> auf Verfügung Rintelen's noch heute aus dem Zuchthause entlassen werden soll. Man sagt: daß Temme's Kränklichkeit die die Blamage einhüllen soll, die dieser in Freilassung liegt. Der zweite Grund, daß Temme in seiner Eigenschaft als Abgeordneter der Nationalversammlung freigelassen werden müsse, scheint unrichtig. Die Freilassung Temme's wäre dann gewiß nur auf „gehorsame Bitte“ der Frankfurter Versammlung geschehen.</p> </div> <div xml:id="ar208_015" type="jArticle"> <head><bibl><author>105</author></bibl> Münster, 25. Januar.</head> <p>Was vor einigen Tagen gerüchtweise von Berlin hierher gemeldet wurde, und woran Niemand glauben wollte, hat sich heute als schmachvolle Wahrheit bestätigt. <hi rendition="#g">Rintelen</hi> hat die Sache Temme's wiederum nach Paderborn verwiesen.</p> <p rendition="#et">„Auf Ihr heute hier eingegangenes Gesuch vom 20. d. M. eröffne ich Ihnen, daß ich Ihr Schreiben vom 12. mittelst Rescript vom 16. an das Königl. Ober-Landesgericht Paderborn, als die <hi rendition="#g">kompetente Instanz,</hi> zur <hi rendition="#g">schleunigen</hi> Beschließung und Bescheidung abgegeben, und auch das erneute Gesuch dorthin habe abgehen lassen.“</p> <p>Berlin den 23. Januar 1849.</p> <p><hi rendition="#g">Rintelen</hi>.</p> <p>An den Königl. Oberlandesgerichts-Direktor Herrn <hi rendition="#g">Temme</hi> in Münster.</p> <p>Das Ober-Landesgericht Paderborn muß nun natürlich konsequent sich abermals inkompetent erklären, und dann reisen die Akten hoffentlich noch recht lange zwischen Paderborn und Berlin. Hierbei wird der herrliche Zweck erreicht, daß wenn von Frankfurt aus die Akten verlangt werden, um Temme als Abgeordneten für Neuß einzuberufen, Berlin, Münster und Paderborn berichten können: die Akten befänden sich nicht am Orte. Doch wälzt Euch in Eurem Kothe. Das Volk hat am 22sten zu Gericht gesessen. Der vor einigen Tagen entlassene <hi rendition="#g">evangelische</hi> December-Gefangene Lieutenant <hi rendition="#g">Stricker</hi> ist zum Wahlmann gewählt dem Bischof </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1139/0001]
Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 208. Köln, Dienstag den 30 Januar. 1849. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Wahlnotizen. Düsseldorf. (v. Faldern dankt ab). Jüchen. (Die Wahlen). Viersen. (Wahlbülletin). Latum. (Wahlen). Hückeshagen. (Wahlen). Olpe. (Wahlen). Uerdingen. (Rache der Heuler). Burgsteinfurt. (Wahlbülletin). Neuwied. (Minister v. Arnim). Bergheim. (Untersuchung gegen Körfgen). Elberfeld. (Diergardt). Dortmund. (Wahlmänner-Vorversammlungen. — Programme). Münster. (Temme soll entlassen werden. — Ein Brief Rintelens an Temme. — Wahlen. — Justizministerialbescheid an die Dezembergefangenen). Berlin. (Die Kamm[e]rn sollen nach Brandenburg). Erfurt. (Die Grundrechte. — Die Wahlen). Ratibor. (Wahlbülletin. — Abmarsch des Militärs. — Entw[a]ffnung des östreichischen Militärs in Biala). Schabenau. (Verhaftung eines Agenten des konstitutonellen Centralvereins). Wien. (Verurtheilung. — Eine Schildwache ermordet. — Welden's Proklamation). Dresden. (Abdankung des Ministeriums. — Die 2. Kammer.) Weimar. (Radikale Wahlen für den Landtag.) Heidelberg. Nachmärzliche Polizei.)
Polen. Warschau. (Preise auf den Kopf Kossuths ausgesetzt. Furcht der Russen vor einem nahen Ausbruch.
Italien. (Die römische und italische Constituante. Giobertis Note wegen des Pabstes.) Aus der Lombardei. (Kampf italienischer Rekruten in Bassano gegen die Oestreicher.)
Franz. Republik. Paris. (Journalschau. — Marrast. — Lherminier. — Lenormand. — Der Constitutionnel über die Situation. — Protest der Journale gegen die Schließung der Clubs. — La Libertè. — Bonaparte und Nikolaus. — Die Clubs, die Associationen und die Journale. — Nat.-Vers. Fauchers Antrag durchgefallen. — Ledru-Rollin trägt auf Versetzung des Ministeriums in Anklagezustand an.
Großbritannien. London. (O'Connor auf dem Finanzialreformmeeting zu Nottinghill.)
Türkei. (Die Cholera. Zusammenziehung eines Truppenkorps bei Adrianopel.)
Deutschland. Köln, 29. Jan. Ueber den Ausfall der Wahlen im Osten gehen uns folgende hervorzuhebende Mittheilungen zu:
Pommern: In den Städten hat die Opposition unzweifelhaft gesiegt. Am entschiedensten hat sich Colberg erklärt, da es unter 38 Wahlmännern 34 Demokraten durchgesetzt und zwar mit immensen Majoritäten und meist bei der ersten Abstimmung. In Graudenz sind unter 35 Wahlmännern 21 entschiedene Demokraten.
Schlesien: Ungeachtet der Belagerungszustände, die theils wirklich proklamirt, theils thatsächlich (wie im Liegnitzer, Löwenberger etc. etc. Kreise) vorhanden sind: haben die Landkreise überwiegend, eine Menge derselben fast ausschließlich im demokratischen Sinne gewählt.
Preußen: Königsberg hat 76 Konstitutionelle (Reaktionärs) und 165 Demokraten gewählt, Insterburg unter 39 Wahlmännern 34 Demokraten; Pillau lauter Demokraten, mit Ausnahme eines Konstitutionellen oder Preußenvereinlers, Tilsit eine bedeutende demokratische Mehrheit.
15 Düsseldorf, 28. Jan. Schon sahen wir im Geiste wieder unsere freundlichen Straßen gesperrt von jenen messingbehelmten Engeln, schon hörten wir die barsche schnarrende Stimme der „Zaruckers“: „Hier ist keine Passage nicht!“ und manchem jugendlichen Lieutenant mochte das Herz unruhig in der wattegewölbten Brust schlagen bei dem Gedanken an die Heldenthaten, die ihm durch Verhängung des gesegneten Belagerungszustandes auszuführen möglich gemacht würden. Doch diesesmal hat uns ein gütiges Schicksal vor jenem Wrangel-Drigalski'schen Himmel bewahrt, der durch Kartätschen, Shrapnells Ruhe und Ordnung sichert. Die Konsequenz und die Würde unserer Wahlmänner fungirten als jenes Schicksals.
Trotz der Drohung des Hrn. v. Faldern, die Versammlung der Wahlmänner wieder mit seiner Gegenwart zu beehren, trotz der von dem Edlen „getroffenen Maßregeln“ versammelten sich gestern Nachmittag 5 Uhr die Wahlmänner wiederum sehr zahlreich in dem bekannten Lokale. Der Vorsitzende eröffnete die Sitzung mit Verlesung eines Schreibens des Hrn. stellvertretenden Oberprokurators v. Ammon als Antwort auf die gegen v. Faldern bei ihm erhobene Anklage. Der würdige Wächter des Gesetzes, stets bereit Gesetzesverletzungen Seitens der Staatsbürger unnachsichtlich zu verfolgen, erklärt, daß der v. Faldern ganz in seinem Rechte sei und motivirt dieses (hört! hört!) durch eine antediluvianische bergische Verordnung aus dem glorreichen Jahre 1807, wonach es der Polizei freisteht, Märkte, Seiltänzer, Zigeuner und öffentliche Häuser unter ihre hohe Obhut zu nehmen. In welche dieser Kategorieen mag der Herr Prokurator nun wohl die Versammlungen unserer Wahlmänner stellen.
Gleich bei Empfang dieses liebenswürdigen Schreibens hatte sich eine Deputation von Wahlmännern auf die Königl. Regierung begeben und dem Dringen derselben, sowie der entschiedenen Mißbilligung der ganzen Angelegenheit sogar seitens unserer Heuler, haben wir es zu verdanken, daß endlich die Regierung in einer deshalb außerordentlich abgehaltenen Sitzung den Entschluß faßte, den v. Faldern an seinem Vorhaben, als etwas Ungesetzlichem, zu hindern. Die Wahlmänner durften endlich ungestört ihre Versammlung abhalten.
Herr v. Faldern durch den angeführten Regierungsbeschluß aufs Tiefste verletzt, erklärt, daß er unmöglich in einer Stellung verbleiben könne, in der ihm trotz seinem guten (!) Rechte (!) doch der Beistand und der Schutz der Regierung versagt sei und — dankt ab! Armer v. Faldern! So jung und glücklich schon auf dem ersten Staffel zum Tempel des Ruhmes angelangt, in der Ferne als Ziel des muthigen Strebens wohl gar Polizeiminister und jetzt? höchstens wieder Bürgermeister von Wald und Merscheid!
Sic transit gloria mundi.
Unser Abgeordneter von Frankfurt, Herr Wesendonk, der anfangs hier als Kandidat für die zweite Kammer auftrat, hat gestern in der Versammlung der Wahlmänner erklärt, daß er auf diese Candidatur verzichte. Herr Wesendonck hat diesen Schritt wohl nur deshalb gethan, um bei der hiesigen Wohl die Stimmen nicht zu zersplittern.
134 Jüchen, 25. Jan. Auch in unserm Orte sind die Wahlen ganz im ächten demokratischen Sinne ausgefallen, da die „Schwarzweißen“ oder Konstitutionellen auch nicht einen einzigen Kandidaten durchgebracht haben.
103 Vierssen, 25. Januar. Unsere am 22. dieses gehaltenen Wahlen sind ganz nach Wunsch ausgefallen. — Unsere Opposition (schwarz und weiß und Muckerthum) setzte keinen einzigen Kandidaten durch, im Gegentheil wurde sie in jedem Wahlbezirk, wo sie sich nur blicken ließen, mit Glanz geschlagen.
Der Geh. Commerzienrath Diergardt unterlag im ersten Wahlbezirk in sämmtlichen 10 Wahlen, und kam beim 10. Kandidaten in eine 3te engere Wahl mit einem Juden, (Lehrer, ein junger Mann nur hinsichtlich seiner demokratischen Ansichten bekannt) und unterlag mit einer großen Majorität an 50 Stimmen.
119 Latum, 27. Jan. Das Resultat der Wahlen der Bürgermeisterei Lank im Kreise Crefeld ist folgendes: Von den 12 Wahlmännern der Gesammtbürgermeisterei Lank wurden 11 Demokraten und 1 Constitutioneller gewählt. Dieser Constitutionelle, obwohl er an der Wahl im Sommer vorigen Jahres durch einen saubern Hrn. Vetter mehrere Urwähler mit süßem Branntwein, Bier etc. hatte regaliren lassen, war dennoch damals mit Glanz durchgefallen. Jetzt, nachdem er den Urwählern, welche vorhatten einen echten Demokraten zu wählen, von einer belgischen Konstitution und andern unverständlichen Dingen viel vorgeplappert hatte, und auch nebenbei noch Gänse versprochen haben soll, kam er mühsam mit ein paar Stimmen Mehrheit durch.
30 Hückeswagen, 27. Jan. Auch in unsern Bergen ist das Resultat der Wahlen keineswegs ein ungünstiges zu nennen. Von den hier zu wählenden 12 Wahlmännern wurden trotz aller angewandten Intriguen 8 Kandidaten des hier bestehenden (an 500 Mann starken) Arbeitervereins erwählt. Ein gleiches Verhältniß hat sich in Wipperfürth und Lennep ergeben. Die Heuler haben überall unterlegen und wenn, was nicht zu bezweifeln ist, in den übrigen Provinzen dasselbe Resultat herauskommt, so werden auch wohl dem Allergottbegnadetsten die Augen aufgehen, über die wahre Stimmung des Landes, trotz aller Schreibereien der Manteuffelischen Harkorte und ähnlichem Gelichter.
098 Olpe, 26. Jan. In Olpe, Attendorn und Umgegend sind die Wahlen entschieden demokratisch ausgefallen. In Olpe brachten die Pius-Männer und die „schwarzweiße Partei“ von sieben Kandidaten keinen durch.
Im Siegenschen dagegen haben sämmtliche Wahlmänner keine politische sondern nur die Geldfarbe.
X Uerdingen, 26. Januar. So weit bis jetzt die Resultate der Wahlen bekannt, hat im Allgemeinen die Opposition gesiegt. Daß das Häuflein wühlender und heulender Geld-Sackträger die erlittene Schlappe nicht ruhig ansehen kann, und rachebrütend umhergeht, versteht sich von selbst. Den getriebenen Klüngel bei den Wahlen legen sie sich selbst als Interesse am Volkswohl aus, während sie die ruhige und besonnene Haltung unserer Demokraten zu verdächtigen suchen. Der arme Tagelöhner, der Handwerksmann etc. etc. müssen nun entgelten und fühlen, daß der gesunde Volkswille sich nicht verfälschen ließ.
Einer dieser saubern Sorte äußerte sich offen und frei am Wahltage: man muß es den Menschen am materiellen Wohl fühlen lassen, daß es noch welche giebt, die etwas thun und verdienen lassen können!! O du armer unerquicklicher Süßigkeitsfabrikant bedenke dein Wohl!! woran es hängt und hing??
Ein anderer, der hier ebenfalls zu denen gehört, die die erste Violine spielten (ein schnörgelnder Bassist) durfte, trotz seines Heiligkeitsgeruchs, einen armen Fuhrmann und Familienvater, einen unbescholtenen braven Mann, als er bei einer Abrechnung seine Dienste empfahl, mit den Worten abzuspeisen es wagen? Ihr seid ein Demokrate, laßt Euch von Euren Demokraten Arbeit und Verdienst geben!!!
Sollte man nicht die Namen dieser rachsüchtigen Biedermänner der Oeffentlichkeit preißgeben?
120 Burgsteinfurt, 23. Januar. In unserm kleinen Städtchen hat leider die constitutionelle Parthei gesiegt, außer in einem unsrer drei Wahlbezirke.
X Neuwied, Ende Januar. In dem hier seit Neujahr erscheinenden „Volksblatt für Stadt und Land,“ das aber seinem Namen wenig Ehre macht, ist mehrmals die Behauptung aufgestellt worden, es wäre in Neuwied der allgemeine Wunsch, den früheren Minister, Freiherrn v. Arnim zum Deputirten in die 1. Kammer zu wählen, und derselbe sei auch gar nicht abgeneigt, diesen Wunsch zu berücksichtigen.
Vor Allem muß dies dahin berichtigt werden, daß Hr. v. A. lediglich zu dem Zwecke seiner Kandidatur seit einigen Monaten sich hier aufhält, und unendlich viele Mühe anwendet, sich einen Anhang zu schaffen. Wie wir aber auf das Bestimmteste versichern können, wird der Wunsch des Hrn. v. Arnim nur von einer sehr kleinen Partei getheilt, die in dem großen Irrthume befangen ist, sie repräsentire die Mehrheit der hiesigen Einwohner.
Gerade in Bezug auf die materiellen Interessen unserer industriereichen Gegend wäre die Wahl des Hrn. v. Arnim eine höchst unglückliche und gefahrdrohende, da derselbe sich zu dem chimärischen Freihandelssystem hinneigt, wie er seiner Zeit durch den Separatvertrag mit Belgien sattsam bewiesen hat.
X Bergheim, 28. Januar. Auf Requisition des Ober-Land- und Kammergerichts zu Berlin hatten sich heute der Herr Ober-Prokurator in Begleitung des Herrn Instruktionsrichters und Herrn Gerichtsschreibers hierher verfügt, um 4 Zeugen die Herren Dr. Schaffrath, Gastwirth Hons und Ehefrau Posthalter Oeppen in Untersuchungssachen gegen den Abgeordneten des Kreises Bergheim eidlich zu vernehmen. Es handelte sich darum ob der Abgeordnete Herr Friedensrichter Körfgen Pakete, enthaltend lithographirte Berichte über die letzten Sitzungen in Berlin so wie namentlich gedruckte Beschlüsse über die Steuerverweigerung, zur Verbreitung hierhin geschickt habe. Die Zeugen haben diese Fragen bejaht mit dem Bemerken jedoch, daß Herr Körfgen die Verbreitung derselben nicht ausdrücklich begehrt, vielmehr nur einzelne Exemplare seinen Freunden zugeschickt habe.
Das Volk sieht sehr gut ein, daß solche Untersuchungen gegen seine Vertrauensmänner dahin führen sollen, diese von der Kandidatur für die jetzigen Wahlen abzubringen.
* Elberfeld, 28. Jan. Wir erhalten von hier aus weitere Nachrichten über Hrn. Diergardt, Commerzienrath und Kandidat zur ersten Kammer, und fügen unsern ersten beiden Interpellationen folgende zwei neuen hinzu:
1) Indem Hr. Diergardt nicht selbst direkt die Herren Schleicher denunzirt hat, sollte er nicht einen ihm geschäftlich verpflichteten Freund, Hrn. Leopold Schmölder, mehr oder weniger veranlaßt haben, die fragliche Denunziation an den rechten Mann zu bringen?
2) Ist es wahr, daß Hr. Diergardt Ende vorigen Jahrs zweien seiner Commis kündigte, weil sie eine Adresse an die Berliner Nationalversammlung unterschrieben, und daß er ihnen erst dann provisorische Amnestie widerfahren ließ, als sein Sohn darum einkam bei Gelegenheit eines Familienfestes, das neue Bande zwischen Hrn. D. und einem Minister gottbegnadeten knüpfte?
# Dortmund, 27. Januar. Als jüngst in hiesiger Stadt das Wahlresultat bekannt wurde, ärgerten sich die Reaktionärs blutroth. Jetzt werden sie vor Freude roth werden, nachdem sich die hiesige Demokratie in einer Versammlung der Wahlmänner von ihnen recht hübsch hat übertölpeln lassen. Wahrhaftig, wenn die Demokraten anderer Orte nicht mehr Einsicht und Festigkeit besäßen als hier, so hätten die Volksfeinde gewonnenes Spiel!
Obgleich die demokratischen Wahlmänner zwei Drittel der Gesammtheit bilden, ließen sie sich doch von den Konstitutionellen- oder Preußenvereinern ein Programm aufhalsen, wie es der Reaktion nur erwünscht sein kann. War's schon ein Mißgriff, in der Vorversammlung einen ganz „Schwarzweißen“ zum Präsidenten zu ernennen, so setzte sich die Demokratie mit Annahme besagten Programms die Krone auf.
Zur Charakterisirung desselben genügt zu bemerken, daß es die octroyirte Verfassung und die Verordnung (soll heißen: Gesetz) vom 8 April 1848 anerkennt, also den offensten Widerspruch sich zu Schulden kommen läßt.
Ferner heißt es darin: „Aus- und Durchbildung der gegebenen Verfassung im Wege der Revision durch die verfassungsgemäße Gesetzgebung.“
Dies ist das Kleinod der „Schwarzweißen.“ Dies haben sie erringen wollen und die Demokraten gaben es ihnen hin!
Daß dann auch von „starkem Königthum“ etc. darin die Rede ist, läßt sich nach Obigem wohl denken.
Ganz andere Resultate haben die Vereinbarungssitzung der Wahlmänner des Kreises erzielt. Unter Andern trat hier ein Redner auf der in scharfen Worten, als Hauptpunkt für das Programm empfahl und motivirte; daß die erste Kammer, als eine nicht vom Volke ausgehende sondern eine dem Volke feindliche und berechtigte Kaste, von der zweiten Kammer völlig ignorirt werden müsse. Dieser Antrag wurde mit bedeutender Mehrheit angenommen.
105 Münster, 27. Jan. In diesem Augenblicke heißt es, daß Temme auf Verfügung Rintelen's noch heute aus dem Zuchthause entlassen werden soll. Man sagt: daß Temme's Kränklichkeit die die Blamage einhüllen soll, die dieser in Freilassung liegt. Der zweite Grund, daß Temme in seiner Eigenschaft als Abgeordneter der Nationalversammlung freigelassen werden müsse, scheint unrichtig. Die Freilassung Temme's wäre dann gewiß nur auf „gehorsame Bitte“ der Frankfurter Versammlung geschehen.
105 Münster, 25. Januar. Was vor einigen Tagen gerüchtweise von Berlin hierher gemeldet wurde, und woran Niemand glauben wollte, hat sich heute als schmachvolle Wahrheit bestätigt. Rintelen hat die Sache Temme's wiederum nach Paderborn verwiesen.
„Auf Ihr heute hier eingegangenes Gesuch vom 20. d. M. eröffne ich Ihnen, daß ich Ihr Schreiben vom 12. mittelst Rescript vom 16. an das Königl. Ober-Landesgericht Paderborn, als die kompetente Instanz, zur schleunigen Beschließung und Bescheidung abgegeben, und auch das erneute Gesuch dorthin habe abgehen lassen.“
Berlin den 23. Januar 1849.
Rintelen.
An den Königl. Oberlandesgerichts-Direktor Herrn Temme in Münster.
Das Ober-Landesgericht Paderborn muß nun natürlich konsequent sich abermals inkompetent erklären, und dann reisen die Akten hoffentlich noch recht lange zwischen Paderborn und Berlin. Hierbei wird der herrliche Zweck erreicht, daß wenn von Frankfurt aus die Akten verlangt werden, um Temme als Abgeordneten für Neuß einzuberufen, Berlin, Münster und Paderborn berichten können: die Akten befänden sich nicht am Orte. Doch wälzt Euch in Eurem Kothe. Das Volk hat am 22sten zu Gericht gesessen. Der vor einigen Tagen entlassene evangelische December-Gefangene Lieutenant Stricker ist zum Wahlmann gewählt dem Bischof
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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