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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 177. Köln, 24. Dezember 1848.

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welcher echte Britte würde sich haben einfallen lassen, für O'Connell zu schwärmen? u. s. w."

Wie gefällt Ihnen das, Abd-el-Kader, Kossuth und O'Connell?

121 Wien, 18. Dez.

Die Bank ist durch das drohende Auftreten des Ministeriums, ihr alle Baarfonds umstandlos wegnehmen zu lassen, so eingeschüchtert worden, daß sie dem Staate neuerdings einen unverzinslichen Zwangskredit von 20 Millionen bewilligt hat. Das Ministerium läßt sich öffentlich dahin verlauten, das es im Lande Geld nehmen würde, wo und wie es ihm beliebe, bevor es an der Finanzfrage umkommen wolle. Was dem Kremsierer Reichstag bevorsteht, sagt der gestrige Lloyd: "Die Vertreter eines Theils der österreichischen Völker werden, nachdem sie der Regierung einen Kredit bewilligt haben, einen längern Rezeß nehmen. (!!) Während der Zeit aber wird nicht gefeiert werden. Das Ministerium wird keine Feiertage genießen." Das heißt, es werden dann die letzten Reste der Freiheit zusammengehauen werden. -- Auch die Berliner Vereinbarer bekommen von diesem Lloyd noch einen Hieb: "Die preußische Versammlung," heißt's, "starb an einer innern Ursache und an einer äußern, der Verachtung des Landes." -- Was man über das sich immer vermehrende Proletariat denkt, möge Ihnen folgende Stelle des Korrespondenten beweisen: "Wohin übrigens die fabel- und nebelhaften Ansichten des frühern Ministers der Arbeiten führen, haben wir erfahren; der Gedanke, das Ministerium der öffentlichen Arbeiten in ein Ministerium der öffentlichen Bauten umzuwandeln, ist ein entschieden glücklicher. Auch der Gemeinderath wird in dieser Beziehung seine Aufgabe anders fassen müssen; es besteht allerdings eine Art Verpflichtung (!), den Armen zu helfen und die Bedrängten zu unterstützen, durchaus aber keine Verpflichtung, Arbeit zu geben. Die Anerkennung der letztern hat in Wien das Proletariat ins Leben gerufen, es ist dringend nothwendig, dieses Uebel zu heben, und das frühere naturgemäße (!) Verhältniß wieder herzustellen." Darum ist das Arbeitsministerium auch abgeschafft worden, und darum verweigert Bruck, der Minister der Bauten, den 30,000 hungernden Proletariern, trotz der Vorstellung des Gemeinderathes, jede Beschäftigung von Seite des Staats.

Durch dasselbe Blatt läßt Frau Sophie uns sagen, daß wir an eine Aufhebung des Belagerungszustandes noch keineswegs denken sollen. "Die Aufhebung des allerdings bedauerlichen Ausnahmezustandes für Wien ist von der Entfernung aufregender äußerer Einflüsse unzertrennlich: ehe die ungarische Sache eine entschiedene Wendung genommen, ist an Auflassung der Vorsichtsmaßregeln wohl nicht zu denken." Auch wundert sich die Camarilla, "daß das Mißtrauen der Kapitalisten noch immer nicht gehoben sei."

Jellachich ist, wie gesagt, beseitigt worden. Er war der Abgott der Kroaten; man hat ihn deshalb zum Gouverneur von Dalmatien gemacht, und sendet nun den Minister Kulmer nach Kroatien, um das Land zu organisiren. Jellachich selbst ist unter Windischgrätz fast zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken; man verwendet ihn aber vorläufig noch wider die Magyaren.

So eben höre ich, daß ein Herr Raveaux, Bruder Ihres Raveaux, der hier ansäßig ist, gefänglich eingezogen wurde. Er soll den Spiritus zur Anzündung der Sophienbrücke geliefert haben. Dann ist er um so gewisser schon darum verloren, weil er ein Bruder des bekannten Abgeordneten ist.

102 Wien, 17. Dez.

So eben findet im Stephansdom ein Te Deum wegen der Thronbesteigung unseres Standrechtskaisers statt. Der Reichstag wird wohl die geforderten 80 Millionen bewilligen; es kommt jetzt nur darauf an, woher sie nehmen. Die Geldleute halten den Säckel zu, die Bauern zahlen ungern Steuern. Die drohenden Artikel wider die Bank haben dieselbe eingeschüchtert; man glaubt, der Staat wolle sich ihrer ganzen Silberbaarschaft ohne Weiteres bemächtigen, vielleicht geschieht's auch. Der Staat schuldet der Bank zu 2 1/2 pCt. 188 Millionen an Vorschüssen, wofür die Bank nun Rückzahlung verlangt und neue Vorschüsse natürlich verweigern muß. Darin besteht der Konflikt. Regierung und Standrechtspresse fahren fort, den Reichstag durch Mißtrauensvota u. s. w. nicht nur de facto zu vernichten und stummgehorsam zu machen, sondern ihn auch in der demokratischen Meinung des Volks zu diskreditiren. Man hat es in den Abtheilungen zur Berathung der Grundrechte dahin gebracht, daß dieselben die Gleichheit der Staatsbürger nur unter der Bedingung ausgesprochen haben, daß diese Staatsbürger Christen sind. Die "Presse," eins der schmählichsten Reaktionsorgane, schreit nun: "Das ist Reaktion!" Sie weiß, daß die Sache nur ein Manöver des Ministeriums ist, den Reichstag zu diskreditiren und sich hernach als freisinniger hervorzuthun. Es ist überhaupt eine List unserer Standrechtsblätter, sich immer auf die freiesten Länder zu berufen, um alle Freiheit hier todt zu schlagen. -- Die Soldaten werden wieder geprügelt, wie früher. Ein Wochentag wird ganz dazu benutzt, eine Abprügelung für die ganze Woche zu halten. Das Geschrei der Geprügelten ist oft furchtbar, und oft gibt es Todte. Noch neulich starb in einer kleinen Provinzialstadt ein Soldat in Folge erhaltener Prügel. Die Gräuel, welche in den Zucht- und Arbeitshäusern verübt werden, sind nicht zu beschreiben. Die Noth nimmt immer mehr überhand; der Gemeinderath berücksichtigt sie aber nicht, das Ministerium ebensowenig. Bettler sind Aufrührer, haben sie Hunger, so wird man sie zusammenschießen. Auf der Börse nichts; die Emigration aller, die fortkönnen, nimmt zu. Die abgebrannten und beraubten Menschen wollen Entschädigung; man achtet ihrer nicht; aber die geforderte Militärentschädigung wird bewilligt. Täglich werden die Menschen noch schaarenweise eingefangen, und hundertweise bringt man sog. Emissäre nach Brünn und Olmütz. Von russischen Kuriren gibt einer dem andern die Hand.

X Breslau, 18. Dez.

(Weiterer Bericht über den Bürgerwehrkongreß.) Bald am Anfange der Nachmittagssitzung wurde folgender Antrag gestellt: "Der Civilbehörde steht es zu, die Bürgerwehr zu requiriren, dem Kommando bleibt es jedoch vorbehalten, ob und wie dieser Requisition genügt werde."

Es folgten dann einige unbedeutende Anträge über Dienstkleidung und das Fortbestehen der fliegenden Korps. Die Versammlung dachte -- o Schrecken! Die fliegenden Korps, die jungen rüstigsten Männer könnten ja vielleicht gegen die Bourgeois auftreten. Sie dachte an die pariser republikanischen Garden und Zittern überfiel sie bei der Vorstellung, daß auch die Arbeiter am Ende bewaffnete fliegende Korps bilden könnten! "Arbeiterthum" die "schrecklichste Anarchie?"

Zur Redaktion der Beschlüsse dieses Kongresses wurden gewählt: Rewicz, Guhrauer, Pflünker, Engelmann und Linderes; nachträglich wurde Pfeiffer aus Berlin noch hinzu votirt.

Angenommen wurde noch folgender §.: "Zum Eintritt in die Bürgerwehr eines Ortes ist jeder Deutsche berechtigt, auch wenn er nicht ein Jahr dort gewohnt hat."

X Breslau, 20. Dez.

Gestern ist Dr. Borchard vom hiesigen Inquisitoriat nach Neisse zur Antretung seiner Strafe abgeschickt worden. Bei seiner Ankunft erklärte ihm aber der dortige Kommandant Werder, daß in Neisse keine Staatsgefangenen angenommen werden. So mußte Borchardt wieder nach Breslau zurück.

Der Polizeipräsident v. Kehler hat sich veranlaßt gefunden, "unter obwaltenden Umständen" (beliebte schwarz-weiß-polizeiliche Redewendung!) den Fackelzug zu Ehren der Deputirten von der Linken zu verbieten.

Strehlen, 17. Dez.

Am Donnerstage wurde der Postschreiber Thiem in Strehlen verhaftet und nach Breslau abgeführt. Als Vicepräsident des dasigen demokratischen Vereins hatte er sich schon längst die Feindschaft aller Reaktionärs in einem hohen Grade zugezogen, welche nun in seiner Verhaftung Genugthuung finden. Wie wir hören, haben sie bereits eine Proscriptionsliste entworfen, und hoffen, daß in nächster Zukunft noch mehrere Verhaftungen vor sich gehen werden.

(A. Od.-Z.)
Von der polnischen Gränze, 12. Dez.

Kaum sind die Klagen über die Cholera verschwunden, und schon erhebt sich drüben eine neue asiatische Krankheit, unter dem Namen Dzumy. Diese Seuche, welche, von Rußland kommend, jetzt sich auch schon in Warschau gezeigt, tritt in weißen Blattern auf dem Körper auf und rafft ihre Opfer mit weit größerer Schnelligkeit, als die Cholera weg.

(Pos. Ztg.)
Altona, 20. Dez.

Gestern Abend wurde Herr Bracklow, als er sich in die Versammlung des väterländischen Vereins begeben wollte, dessen Vorstand er ist, verhaftet. Das Volk machte den Versuch, ihn zu befreien, aber Linie und Bürgermilitär verhinderten es. Vor Mitternacht schon herrschte wieder Ruhe.

* Kassel, 19. Dez.

Endlich ist das Urtheil gegen die Ex-Garde-du-Korps verkündet worden. Man erinnert sich der von diesen Garde-du-Korps gegen waffenlose Bürger verübten Gräuelthaten. Die Reaktion hatte diese saubere Heldenthaten hervorgerufen; adlige Offiziere waren die Lenker. Wenn aber Soldaten Verbrechen begehen gegen Bürger, so muß es schon zum Aeußersten kommen, wenn mehr als eine Scheinstrafe ausgesprochen wird. Im vorliegenden Falle ging eine wirkliche Strafe nicht ganz zu vermeiden, sie wurde aber so gelind eingerichtet, als nur möglich, damit die Soldateska ja nicht den Muth verliere, sich auch fernerhin in solchen Heldenthaten gegen waffenlose Menschen zu erproben und über ruhig ihres Weges gehende Bürger in kannibalischer Wuth mit gezogenem Säbel herzufallen. Einer der Anstifter, Lieutn. v. Verschuer I., erhielt -- nun wie viel? -- 1 Monat Festung; Lieutn. v. Verschuer II. -- 14 Tage Arrest! Rittmeister v. Baumbach 3 Wochen Arrest, Wachtmeister Stiegel 7 und Gärtner 3 Wochen Arrest. Gegen die Gemeinen ist ebenfalls auf Arrest erkannt. Man sieht, wie billig es ist, als Soldat die Leute niederzuhauen, besonders wenn man Wachtmeister, Lieutenant etc. ist.

!!! Frankfurt, 21. Dezember.

Sitzung der National-Versammlung.

Vicepräsident Beseler präsidirt.

Auf der Tagesordnung sehen wir:

1. Berathung über das "Einführungsgesetz für die Grundrechte des deutschen Volkes"

2. Berathung des vom Finanzausschuß erstatteten Berichts, über das Büdget der Reichsversammlung und der provisorischen Centralgewalt für die Periode vom 1. September bis zum 31 Dezember 1848.

3. Fortsetzung der Berathung über den "Reichstag." (Art 6. § 20 ff.)

Roßmäßler befrägt den Reichsminister des Innern wegen einer Verletzung des Briefgeheimnisses, welche ihm widerfahren ist.

Der Minister ist nicht da. Diese Verletzung des Briefgeheimnisses gehört vermuthlich zu den Märzerrungenschaften und den eben vollendeten Grundrechten!

Würth aus Sigmaringen (der Hochverräther) frägt den Kriegsminister, wie lange die lästige und ganz überflüssige Einquartirung im Kreise Siegmaringen dauern wird?

Der Minister ist nicht anwesend.

Man geht zur Tagesordnung.

Die Berathung des Einführungsgesetzes führt zu einer eben so heftigen als charakteristischen Debatte.

Gombard aus München (eine Säule der Fürsten) stellt in Verbindung mit den Herren v. Radowitz, v. Linde, v. Vinke und einigen andern Reaktionären folgenden erbaulichen Antrag:

"In Folge des Beschlusses vom 7. April d. J., wonach die Nationalvertreter gewählt werden sollen für das zwischen den Regierungen und dem Volke zu Stande zu bringende Verfassungswerk, beschließt die National-Versammlung: die Grundrechte den Regierungen der Einzelstaaten zur alsbaldigen Erklärung über die Annahme vorzulegen, damit sie im Falle der Annahme als Bestandtheile der Verfassung gesondert verkündet werden können."

Die Erläuterung dieses Antrags, welche Hr. Gombard mit der erstaunlichsten Naivität und Freimüthigkeit zu Tage bringt, wird von der Versammlung mit dem herzzerreißendsten Konzert, mit einer wahrhaft grauenerregenden Katzenmusik begleitet.

Zell und Schoder ermüßigen sich, Hrn. Gompard kurz aber energisch und unter vielem Beifall zurechtzuweisen.

Hierauf stimmt man über den vorstehenden Antrag namentlich ab und verwirft denselben mit 334 Stimmen gegen 69. Dafür stimmten außer jenen Koriphäen der Reaktion ganz unbekannte Namen.

Hierauf geht man nach einigem neuen Lärm zur Abstimmung, und nimmt das Gesetz in folgender Gestalt an:

Einführungsgesetz für die Grundrechte des deutschen Volkes.

Die Grundrechte des deutschen Volkes werden im ganzen Umfange des deutschen Reichs unter nachfolgenden Bestimmungen hiermit eingeführt:

I.

Mit diesem Reichsgesetz treten in Kraft die Bestimmungen: der §§ 1, 2, 3 (jedoch in Bezug auf Aufenthalt Wohnsitz und Gewerbebetrieb unter Vorbehalt der in Aussicht gestellten Reichsgesetze), 4, 5, 6, 7 (vorbehaltlich der in III. und VIII. dieses Gesetzes enthaltenen Beschränkungen), 8 (unter Verweisung auf III. und VII. enthaltenen Bestimmungen), 11, 12, 13 (mit der Maßgabe, daß, wo Schwurgerichte noch nicht eingeführt sind, bis (!) zu deren Einführung über Preßvergehen, die bestehenden Gerichte entscheiden), 14, 15, 16, 17 (blos 2. und 3. Absatz), 18, 22, 24, 25, 28, 29, 30, 31, 32, 33 (2. Absatz), 34, 35 (mit Ausnahme des ersten Absatzes), 36 (2. Absatz), 37 (vorbehaltlich der über die Ablösung der Jagdgerechtigkeiten und über die Ausübung des Jagdrechts zu erlassenden Gesetze), 42 und 44 (erster Absatz).

Alle Bestimmungen einzelner Landesrechte, welche hieemit in Widerspruch stehen, treten außer Kraft.

II.

In Beziehung auf den im § 17 ausgesprochenen Grundsatz der Selbstständigkeit der Religionsgesellschaften sollen die organischen Einrichtungen und Gesetze, welche für die bestehenden Kirchen zur Durchführung dieses Prinzips erforderlich sind, in den Einzelstaaten möglichst bald getroffen und erlassen werden.

III.

Abänderungen oder Ergänzungen der Landesgesetzgebungen, so weit dieselben durch die folgenden Bestimmungen der Grundrechte geboten sind, sollen ungesäumt auf verfassungsmäßigem Wege getroffen werden und zwar:

1. statt der im § 9 und § 40 abgeschafften Strafen des Todes, des Prangers, der Brandmarkung, der körperlichen Züchtigung und der Vermögenseinziehung durch gesetzliche Feststellung einer anderweiten Bestrafung der betreffenden Verbrechen;
2. durch Ausfüllung der Lücken, welche in Folge der im § 7 ausgesprochenen Aufhebung der Standesunterschiede im Privatrechte eintreten;
3. durch Regelung der Wehrpflicht auf Grund der im § 7 enthaltenen Vorschrift;
4. durch Feststellung der beim Heer und Seewesen vorbehaltenen Modifikationen des § 8;
5. durch Erlassung der Gesetze, welche den dritten im § 10 erwähnten Fall der Haussuchung ordnen;
6. durch Erlassung der nach §§ 19, 20 und 21 erforderlichen Vorschriften über Eid, Ehe und Standesbücher;
7. durch Einrichtung des Schulwesens auf Grund der §§. 23, 26 u. 27;
8. durch Aenderungen im Gerichts- und Verwaltungswesen gemäß den Bestimmungen des §. 35 im ersten Absatz, der §§. 41, 43, 44 im zweiten und dritten Absatze, sowie der §§. 45-49 incl.

IV.

Ebenso ist ungesäumt die weitere Feststellung der in den §§. 33, 36 bis einschließlich 39 geordneten Eigenthumsverhältnisse in den einzelnen Staaten vorzunehmen.

V.

Die Erlassung und Ausführung der vorstehend gedachten neuen Gesetze sollen von Reichs wegen überwacht werden.

VI.

Bis zur Erlassung der in den §§. 3, 13, 32 u. 50 erwähnten Reichsgesetze sind die betreffenden Verhältnisse der Landesgesetzgebung unterworfen.

VII.

In den Fällen, in welchen nach dem Vorstehenden neue Gesetze erforderlich oder in Aussicht gestellt sind, bleiben bis zur Erlassung derselben für die betreffenden Verhältnisse die bisherigen Gesetze in Kraft. Rücksichtlich der Haussuchung bleibt denjenigen öffentlichen Beamten, welche zum Schutz der Abgabenerhebung und des Waldeigenthums zur Haussuchung befugt sind, vorläufig diese Befugniß.

Einige Minoritätserachten, die zu Art. I. gestellt waren, wurden zurückgezogen. Einige Amendements verworfen. Diskutirt wurde über die vorstehenden VII Artikel nicht. Dagegen erhob sich eine Diskussion über den vielfach amendirten Art. VIII., den Schlußartikel dieses Einführungsgesetzes, welcher also lautet:

VIII

Abänderungen der Grundverfassung einzelner deutscher Staaten, welche durch die Abschaffung der Standesvorrechte nothwendig werden, sollen innerhalb sechs Monaten durch die gegenwärtigen Organe der Landesgesetzgebung nach folgenden Bestimmungen herbeigeführt werden:

1. die durch die Verfassungsurkunden für den Fall der Verfassungsänderungen vorgeschriebenen Erschwerungen der Beschlußnahme finden keine Anwendung, vielmehr ist in den Formen der gewöhnlichen Gesetzgebung zu verfahren;
2. wenn in Staaten, wo zwei Kammern bestehen, dieser Weg keine Vereinigung herbeiführen sollte, so treten diese zusammen, um in einer Versammlung durch einfache Stimmenmehrheit die erforderlichen Beschlüsse zu fassen.

Sind in der bezeichneten Frist die betreffenden Gesetze nicht erlassen, so hat die Reichsgewalt nach Lage (!) der Sache (!) die Maßregeln zu treffen, welche die Ausführung sichern.

Gegen diesen Artikel spricht Schober und für folgenden von ihm und Tafel gestellten Antrag:

"Zum Zweck derjenigen Abänderungen der Grundverfassung einzelner deutscher Staaten, welche nach vorstehenden Bestimmungen der Grundrechte vorzunehmen sind, sollen Landesversammlungen nach den Wahlvorschriften des Vorparlaments gewählt und einberufen werden und ist sofort der Vollzug jener Abänderungen binnen der nächsten drei Monate anzuordnen."

Eventuell beantragt Schoder, statt der in Art. VIII angesetzten 6 Monate, nur 3 Monate setzen zu wollen. -- Der Schlußsatz des Art. VIII. sei in einer Sprache abgefaßt, welche er wirklich seit den Märztagen für unmöglich gehalten hätte. (Man lese diesen Schlußsatz. Er ist eine Camphausen'sche Stylübung!)

An seiner Stelle hat die Minorität des Ausschusses (Mittermaier, Wigard etc.) beantragt:

"Sind in der bezeichneten Frist die betreffenden Gesetze nicht erlassen, so hat die Reichsgewalt die Regierung des einzelnen Staates aufzufordern, ungesäumt auf Grundlage des Reichswahlgesetzes eine aus einer einzigen Kammer bestehende Landesversammlung zu berufen"

Mittermaier empfiehlt dies Minoritäts-Erachten.

Buß aus Freiburg (Ultramontan, eine äußerst komische Erscheinung, hohe weiße Halsbinde, weiße Weste, sehr durchdringende und scharfe Stimme von immerwährendem Kopfschütteln und Handbewegungen begleitet), befindet sich diesmal mit Schoder auf einem und demselben revolutionären Boden und -- einer Meinung (Heiterkeit und Bravo links, rechts Vergnüglichkeit). Seine Rede ist von Unsinn und Sinn ein lieblich Gemisch

Zum Schluß der Debatte empfiehlt der Berichterstatter Deiters die Fassung des Art. VIII. nach der Majorität des Verfassungs-Ausschusses. Bei der Abstimmung wurde das Amendement von Tafel und Schoder verworfen. (Das Wort Vorparlament kommt ja darin vor!).

Ebenso ein ähnlicher Antrag von Moritz Mohl.

Ebenso das Amendement von Schoder in Satz 1, Art. VIII., statt 6, 3 Monate zu setzen.

Ein Antrag von Drexler: im Satz 1, Art VIII. statt gegenwärtige Organe, einfach Organe zu setzen, wird mit 230 Stimmen gegen 198 verworfen.

Hierauf wird Art. VIII. und zwar der einleitende Satz und Punkt 1. und 2 angenommen.

Alsdann als Punkt 3 ein Antrag von Schoder:

3. Uebrigens bleibt es den Landesgesetzgebungen unbenommen, sich darüber, daß jene Abänderungen durch eine neu zu wählende Landesversammlung vorgenommen werden, zu vereinbaren, für welche Vereinbarung alsdann die Bestimmungen unter 1 und 2 maßgebend sind."

Endlich statt des im diplomatischen Styl abgefaßten Schlußsatzes von Art. VIII. das oben angeführte Minoritäts-Erachten von Wigard, Mittermaier etc. mit 215 Stimmen gegen 198 angenommen.

Somit sind Grundrechte und Einführungsgesetz zu Stande gebracht.

Wie ich eben höre, wird das Reichsministerium das vorstehende Einführungsgesetz und die Grundrechte bereits den 23. durch das Reichsgesetzblatt publiziren.

Um halb 3 Uhr vertagt man sich, und setzt auf die Tagesordnung von Morgen den Rest der heutigen.

Endlich beschließt man noch morgen und Sonnabend Sitzung zu halten, und sich dann bis zum 28. d. Mts. zu vertagen

** Frankfurt, 21. Dez.

Nachrichten aus Berlin sprachen kürzlich davon, daß der Dr. Stieber, durch sein Auftreten im schlesischen Gebirge als königl. preußischer Polizeispion unter dem Namen eines Maler Schmidt bekannt, eine Reise nach unserer Stadt antreten werde Ich kann Ihnen heute melden, daß der etc. Stieber sich wirklich in der hiesigen Gegend eingefunden hat, um, wie man sagt, unter dem Deckmantel demokratischer Gesinnungen den hiesigen September-Ereignissen auf den Grund zu kommen.

Karlsruhe, 19. Dez.

Heute wurde Dr. K. Steinmetz, der wegen einer von ihm bei der ersten Volksversammlung zu Achern gehaltenen Rede hier am 12. April verhaftet worden war, nach einer "Untersuchungshaft" von 252 Tagen gegen Kaution aus dem Gefängnisse entlassen.

(M. Abdz.)
Italien.
068 Neapel, 11. Dez.

Ein Ex-Pabst ist immer noch mehr werth, als ein Ex-König. Wenigstens kontrastirt die ländliche Zurückgezogenheit Louis Philipp's zu Claremont und Richmond, die nur zuweilen durch einen aristokratischen Kondolenzbesuch unterbrochen wird, seltsam genug mit dem Leben, das sich um die Person des flüchtigen Kirchenfürsten zu Gaeta entwickelt. Tägliche Besuche der neapolitanischen Königsfamilie; spanische, französische, russische, preußische, belgische und sardinische Gesandte (Cavaignac schickte sogar einen seiner Adjutanten als persönlichen Botschafter); eine abgewiesene Deputation der revolutionären römischen Regierung; zu guter letzt ein französischer und ein spanischer Kriegsdämpfer im Hafen, die Tag und Nacht um die Wette heitzen und ihren Dampf in die Luft puffen, jeder von ihnen begierig, den neunten Pius seinen heimathlichen Gestaden zu entführen -- Alles das beweist, daß auch eine gefallene Größe, wenn sie sonst irgendwie noch für die Contrerevolution zu benutzen ist, immer noch recherchirt sein kann. Man erzählt sich hier aus ziemlich sicherer Quelle, daß es Cavaignac's Eigennutz hauptsächlich gewesen ist, der den Pabst zur Abreise aus Rom bestimmt hat. Neapel wurde ihm, des Scheins wegen, zuerst als einstweiliges Asyl vorgeschlagen, dann aber sofort Avignon, dessen Geistlichkeit selbst eine solenne Einladung, begleitet von einer auch historisch werthvollen kirchlichen Reliquie (einer von Pius VI. herrührenden Pix) an ihn ergehen ließ. Der Pabst traute jedoch nicht, sondern erklärte, sich auf die Insel Minorka unter spanischen Schutz begeben zu wollen. Demgemäß wurde einem zu Marseille stationirten spanischen Dämpfer durch einen französischen Expressen Ordre zugeschickt, nach Gaeta zu eilen, dessen Hafen der Flüchtling dem von Civita-Vecchia, wo er auf Schwierigkeiten zu stoßen fürchtete, für die Einschiffung vorzog. Die Ordre kam jedoch "zufällig" zu spät nach Marseille, und als der Pabst, im Einverständniß mit der gesammten auswärtigen Diplomatie, zu Gaeta ankam, war kein spanischer Dämpfer mehr zu hören und zu sehen. Augenzeugen versichern, daß der Flüchtling, als er sich so getäuscht sah, in Thränen ausgebrochen, ja sogar in Ohnmacht gefallen ist.

Jetzt entschloß er sich die Hospitalität des Königs von Neapel anzurufen, der ihm alsbald, zum Zeichen seiner Willfährigkeit, einen Besuch abstattete. Wenige Stunden später kam ein französischer Dämpfer, 48 Stunden zu spät der erwartete spanische (Siehe den Verfolg in der Beilage.)

welcher echte Britte würde sich haben einfallen lassen, für O'Connell zu schwärmen? u. s. w.“

Wie gefällt Ihnen das, Abd-el-Kader, Kossuth und O'Connell?

121 Wien, 18. Dez.

Die Bank ist durch das drohende Auftreten des Ministeriums, ihr alle Baarfonds umstandlos wegnehmen zu lassen, so eingeschüchtert worden, daß sie dem Staate neuerdings einen unverzinslichen Zwangskredit von 20 Millionen bewilligt hat. Das Ministerium läßt sich öffentlich dahin verlauten, das es im Lande Geld nehmen würde, wo und wie es ihm beliebe, bevor es an der Finanzfrage umkommen wolle. Was dem Kremsierer Reichstag bevorsteht, sagt der gestrige Lloyd: „Die Vertreter eines Theils der österreichischen Völker werden, nachdem sie der Regierung einen Kredit bewilligt haben, einen längern Rezeß nehmen. (!!) Während der Zeit aber wird nicht gefeiert werden. Das Ministerium wird keine Feiertage genießen.“ Das heißt, es werden dann die letzten Reste der Freiheit zusammengehauen werden. — Auch die Berliner Vereinbarer bekommen von diesem Lloyd noch einen Hieb: „Die preußische Versammlung,“ heißt's, „starb an einer innern Ursache und an einer äußern, der Verachtung des Landes.“ — Was man über das sich immer vermehrende Proletariat denkt, möge Ihnen folgende Stelle des Korrespondenten beweisen: „Wohin übrigens die fabel- und nebelhaften Ansichten des frühern Ministers der Arbeiten führen, haben wir erfahren; der Gedanke, das Ministerium der öffentlichen Arbeiten in ein Ministerium der öffentlichen Bauten umzuwandeln, ist ein entschieden glücklicher. Auch der Gemeinderath wird in dieser Beziehung seine Aufgabe anders fassen müssen; es besteht allerdings eine Art Verpflichtung (!), den Armen zu helfen und die Bedrängten zu unterstützen, durchaus aber keine Verpflichtung, Arbeit zu geben. Die Anerkennung der letztern hat in Wien das Proletariat ins Leben gerufen, es ist dringend nothwendig, dieses Uebel zu heben, und das frühere naturgemäße (!) Verhältniß wieder herzustellen.“ Darum ist das Arbeitsministerium auch abgeschafft worden, und darum verweigert Bruck, der Minister der Bauten, den 30,000 hungernden Proletariern, trotz der Vorstellung des Gemeinderathes, jede Beschäftigung von Seite des Staats.

Durch dasselbe Blatt läßt Frau Sophie uns sagen, daß wir an eine Aufhebung des Belagerungszustandes noch keineswegs denken sollen. „Die Aufhebung des allerdings bedauerlichen Ausnahmezustandes für Wien ist von der Entfernung aufregender äußerer Einflüsse unzertrennlich: ehe die ungarische Sache eine entschiedene Wendung genommen, ist an Auflassung der Vorsichtsmaßregeln wohl nicht zu denken.“ Auch wundert sich die Camarilla, „daß das Mißtrauen der Kapitalisten noch immer nicht gehoben sei.“

Jellachich ist, wie gesagt, beseitigt worden. Er war der Abgott der Kroaten; man hat ihn deshalb zum Gouverneur von Dalmatien gemacht, und sendet nun den Minister Kulmer nach Kroatien, um das Land zu organisiren. Jellachich selbst ist unter Windischgrätz fast zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken; man verwendet ihn aber vorläufig noch wider die Magyaren.

So eben höre ich, daß ein Herr Raveaux, Bruder Ihres Raveaux, der hier ansäßig ist, gefänglich eingezogen wurde. Er soll den Spiritus zur Anzündung der Sophienbrücke geliefert haben. Dann ist er um so gewisser schon darum verloren, weil er ein Bruder des bekannten Abgeordneten ist.

102 Wien, 17. Dez.

So eben findet im Stephansdom ein Te Deum wegen der Thronbesteigung unseres Standrechtskaisers statt. Der Reichstag wird wohl die geforderten 80 Millionen bewilligen; es kommt jetzt nur darauf an, woher sie nehmen. Die Geldleute halten den Säckel zu, die Bauern zahlen ungern Steuern. Die drohenden Artikel wider die Bank haben dieselbe eingeschüchtert; man glaubt, der Staat wolle sich ihrer ganzen Silberbaarschaft ohne Weiteres bemächtigen, vielleicht geschieht's auch. Der Staat schuldet der Bank zu 2 1/2 pCt. 188 Millionen an Vorschüssen, wofür die Bank nun Rückzahlung verlangt und neue Vorschüsse natürlich verweigern muß. Darin besteht der Konflikt. Regierung und Standrechtspresse fahren fort, den Reichstag durch Mißtrauensvota u. s. w. nicht nur de facto zu vernichten und stummgehorsam zu machen, sondern ihn auch in der demokratischen Meinung des Volks zu diskreditiren. Man hat es in den Abtheilungen zur Berathung der Grundrechte dahin gebracht, daß dieselben die Gleichheit der Staatsbürger nur unter der Bedingung ausgesprochen haben, daß diese Staatsbürger Christen sind. Die „Presse,“ eins der schmählichsten Reaktionsorgane, schreit nun: „Das ist Reaktion!“ Sie weiß, daß die Sache nur ein Manöver des Ministeriums ist, den Reichstag zu diskreditiren und sich hernach als freisinniger hervorzuthun. Es ist überhaupt eine List unserer Standrechtsblätter, sich immer auf die freiesten Länder zu berufen, um alle Freiheit hier todt zu schlagen. — Die Soldaten werden wieder geprügelt, wie früher. Ein Wochentag wird ganz dazu benutzt, eine Abprügelung für die ganze Woche zu halten. Das Geschrei der Geprügelten ist oft furchtbar, und oft gibt es Todte. Noch neulich starb in einer kleinen Provinzialstadt ein Soldat in Folge erhaltener Prügel. Die Gräuel, welche in den Zucht- und Arbeitshäusern verübt werden, sind nicht zu beschreiben. Die Noth nimmt immer mehr überhand; der Gemeinderath berücksichtigt sie aber nicht, das Ministerium ebensowenig. Bettler sind Aufrührer, haben sie Hunger, so wird man sie zusammenschießen. Auf der Börse nichts; die Emigration aller, die fortkönnen, nimmt zu. Die abgebrannten und beraubten Menschen wollen Entschädigung; man achtet ihrer nicht; aber die geforderte Militärentschädigung wird bewilligt. Täglich werden die Menschen noch schaarenweise eingefangen, und hundertweise bringt man sog. Emissäre nach Brünn und Olmütz. Von russischen Kuriren gibt einer dem andern die Hand.

X Breslau, 18. Dez.

(Weiterer Bericht über den Bürgerwehrkongreß.) Bald am Anfange der Nachmittagssitzung wurde folgender Antrag gestellt: „Der Civilbehörde steht es zu, die Bürgerwehr zu requiriren, dem Kommando bleibt es jedoch vorbehalten, ob und wie dieser Requisition genügt werde.“

Es folgten dann einige unbedeutende Anträge über Dienstkleidung und das Fortbestehen der fliegenden Korps. Die Versammlung dachte — o Schrecken! Die fliegenden Korps, die jungen rüstigsten Männer könnten ja vielleicht gegen die Bourgeois auftreten. Sie dachte an die pariser republikanischen Garden und Zittern überfiel sie bei der Vorstellung, daß auch die Arbeiter am Ende bewaffnete fliegende Korps bilden könnten! „Arbeiterthum“ die „schrecklichste Anarchie?

Zur Redaktion der Beschlüsse dieses Kongresses wurden gewählt: Rewicz, Guhrauer, Pflünker, Engelmann und Linderes; nachträglich wurde Pfeiffer aus Berlin noch hinzu votirt.

Angenommen wurde noch folgender §.: „Zum Eintritt in die Bürgerwehr eines Ortes ist jeder Deutsche berechtigt, auch wenn er nicht ein Jahr dort gewohnt hat.“

X Breslau, 20. Dez.

Gestern ist Dr. Borchard vom hiesigen Inquisitoriat nach Neisse zur Antretung seiner Strafe abgeschickt worden. Bei seiner Ankunft erklärte ihm aber der dortige Kommandant Werder, daß in Neisse keine Staatsgefangenen angenommen werden. So mußte Borchardt wieder nach Breslau zurück.

Der Polizeipräsident v. Kehler hat sich veranlaßt gefunden, „unter obwaltenden Umständen“ (beliebte schwarz-weiß-polizeiliche Redewendung!) den Fackelzug zu Ehren der Deputirten von der Linken zu verbieten.

Strehlen, 17. Dez.

Am Donnerstage wurde der Postschreiber Thiem in Strehlen verhaftet und nach Breslau abgeführt. Als Vicepräsident des dasigen demokratischen Vereins hatte er sich schon längst die Feindschaft aller Reaktionärs in einem hohen Grade zugezogen, welche nun in seiner Verhaftung Genugthuung finden. Wie wir hören, haben sie bereits eine Proscriptionsliste entworfen, und hoffen, daß in nächster Zukunft noch mehrere Verhaftungen vor sich gehen werden.

(A. Od.-Z.)
Von der polnischen Gränze, 12. Dez.

Kaum sind die Klagen über die Cholera verschwunden, und schon erhebt sich drüben eine neue asiatische Krankheit, unter dem Namen Dzumy. Diese Seuche, welche, von Rußland kommend, jetzt sich auch schon in Warschau gezeigt, tritt in weißen Blattern auf dem Körper auf und rafft ihre Opfer mit weit größerer Schnelligkeit, als die Cholera weg.

(Pos. Ztg.)
Altona, 20. Dez.

Gestern Abend wurde Herr Bracklow, als er sich in die Versammlung des väterländischen Vereins begeben wollte, dessen Vorstand er ist, verhaftet. Das Volk machte den Versuch, ihn zu befreien, aber Linie und Bürgermilitär verhinderten es. Vor Mitternacht schon herrschte wieder Ruhe.

* Kassel, 19. Dez.

Endlich ist das Urtheil gegen die Ex-Garde-du-Korps verkündet worden. Man erinnert sich der von diesen Garde-du-Korps gegen waffenlose Bürger verübten Gräuelthaten. Die Reaktion hatte diese saubere Heldenthaten hervorgerufen; adlige Offiziere waren die Lenker. Wenn aber Soldaten Verbrechen begehen gegen Bürger, so muß es schon zum Aeußersten kommen, wenn mehr als eine Scheinstrafe ausgesprochen wird. Im vorliegenden Falle ging eine wirkliche Strafe nicht ganz zu vermeiden, sie wurde aber so gelind eingerichtet, als nur möglich, damit die Soldateska ja nicht den Muth verliere, sich auch fernerhin in solchen Heldenthaten gegen waffenlose Menschen zu erproben und über ruhig ihres Weges gehende Bürger in kannibalischer Wuth mit gezogenem Säbel herzufallen. Einer der Anstifter, Lieutn. v. Verschuer I., erhielt — nun wie viel? — 1 Monat Festung; Lieutn. v. Verschuer II. — 14 Tage Arrest! Rittmeister v. Baumbach 3 Wochen Arrest, Wachtmeister Stiegel 7 und Gärtner 3 Wochen Arrest. Gegen die Gemeinen ist ebenfalls auf Arrest erkannt. Man sieht, wie billig es ist, als Soldat die Leute niederzuhauen, besonders wenn man Wachtmeister, Lieutenant etc. ist.

!!! Frankfurt, 21. Dezember.

Sitzung der National-Versammlung.

Vicepräsident Beseler präsidirt.

Auf der Tagesordnung sehen wir:

1. Berathung über das „Einführungsgesetz für die Grundrechte des deutschen Volkes“

2. Berathung des vom Finanzausschuß erstatteten Berichts, über das Büdget der Reichsversammlung und der provisorischen Centralgewalt für die Periode vom 1. September bis zum 31 Dezember 1848.

3. Fortsetzung der Berathung über den „Reichstag.“ (Art 6. § 20 ff.)

Roßmäßler befrägt den Reichsminister des Innern wegen einer Verletzung des Briefgeheimnisses, welche ihm widerfahren ist.

Der Minister ist nicht da. Diese Verletzung des Briefgeheimnisses gehört vermuthlich zu den Märzerrungenschaften und den eben vollendeten Grundrechten!

Würth aus Sigmaringen (der Hochverräther) frägt den Kriegsminister, wie lange die lästige und ganz überflüssige Einquartirung im Kreise Siegmaringen dauern wird?

Der Minister ist nicht anwesend.

Man geht zur Tagesordnung.

Die Berathung des Einführungsgesetzes führt zu einer eben so heftigen als charakteristischen Debatte.

Gombard aus München (eine Säule der Fürsten) stellt in Verbindung mit den Herren v. Radowitz, v. Linde, v. Vinke und einigen andern Reaktionären folgenden erbaulichen Antrag:

„In Folge des Beschlusses vom 7. April d. J., wonach die Nationalvertreter gewählt werden sollen für das zwischen den Regierungen und dem Volke zu Stande zu bringende Verfassungswerk, beschließt die National-Versammlung: die Grundrechte den Regierungen der Einzelstaaten zur alsbaldigen Erklärung über die Annahme vorzulegen, damit sie im Falle der Annahme als Bestandtheile der Verfassung gesondert verkündet werden können.“

Die Erläuterung dieses Antrags, welche Hr. Gombard mit der erstaunlichsten Naivität und Freimüthigkeit zu Tage bringt, wird von der Versammlung mit dem herzzerreißendsten Konzert, mit einer wahrhaft grauenerregenden Katzenmusik begleitet.

Zell und Schoder ermüßigen sich, Hrn. Gompard kurz aber energisch und unter vielem Beifall zurechtzuweisen.

Hierauf stimmt man über den vorstehenden Antrag namentlich ab und verwirft denselben mit 334 Stimmen gegen 69. Dafür stimmten außer jenen Koriphäen der Reaktion ganz unbekannte Namen.

Hierauf geht man nach einigem neuen Lärm zur Abstimmung, und nimmt das Gesetz in folgender Gestalt an:

Einführungsgesetz für die Grundrechte des deutschen Volkes.

Die Grundrechte des deutschen Volkes werden im ganzen Umfange des deutschen Reichs unter nachfolgenden Bestimmungen hiermit eingeführt:

I.

Mit diesem Reichsgesetz treten in Kraft die Bestimmungen: der §§ 1, 2, 3 (jedoch in Bezug auf Aufenthalt Wohnsitz und Gewerbebetrieb unter Vorbehalt der in Aussicht gestellten Reichsgesetze), 4, 5, 6, 7 (vorbehaltlich der in III. und VIII. dieses Gesetzes enthaltenen Beschränkungen), 8 (unter Verweisung auf III. und VII. enthaltenen Bestimmungen), 11, 12, 13 (mit der Maßgabe, daß, wo Schwurgerichte noch nicht eingeführt sind, bis (!) zu deren Einführung über Preßvergehen, die bestehenden Gerichte entscheiden), 14, 15, 16, 17 (blos 2. und 3. Absatz), 18, 22, 24, 25, 28, 29, 30, 31, 32, 33 (2. Absatz), 34, 35 (mit Ausnahme des ersten Absatzes), 36 (2. Absatz), 37 (vorbehaltlich der über die Ablösung der Jagdgerechtigkeiten und über die Ausübung des Jagdrechts zu erlassenden Gesetze), 42 und 44 (erster Absatz).

Alle Bestimmungen einzelner Landesrechte, welche hieemit in Widerspruch stehen, treten außer Kraft.

II.

In Beziehung auf den im § 17 ausgesprochenen Grundsatz der Selbstständigkeit der Religionsgesellschaften sollen die organischen Einrichtungen und Gesetze, welche für die bestehenden Kirchen zur Durchführung dieses Prinzips erforderlich sind, in den Einzelstaaten möglichst bald getroffen und erlassen werden.

III.

Abänderungen oder Ergänzungen der Landesgesetzgebungen, so weit dieselben durch die folgenden Bestimmungen der Grundrechte geboten sind, sollen ungesäumt auf verfassungsmäßigem Wege getroffen werden und zwar:

1. statt der im § 9 und § 40 abgeschafften Strafen des Todes, des Prangers, der Brandmarkung, der körperlichen Züchtigung und der Vermögenseinziehung durch gesetzliche Feststellung einer anderweiten Bestrafung der betreffenden Verbrechen;
2. durch Ausfüllung der Lücken, welche in Folge der im § 7 ausgesprochenen Aufhebung der Standesunterschiede im Privatrechte eintreten;
3. durch Regelung der Wehrpflicht auf Grund der im § 7 enthaltenen Vorschrift;
4. durch Feststellung der beim Heer und Seewesen vorbehaltenen Modifikationen des § 8;
5. durch Erlassung der Gesetze, welche den dritten im § 10 erwähnten Fall der Haussuchung ordnen;
6. durch Erlassung der nach §§ 19, 20 und 21 erforderlichen Vorschriften über Eid, Ehe und Standesbücher;
7. durch Einrichtung des Schulwesens auf Grund der §§. 23, 26 u. 27;
8. durch Aenderungen im Gerichts- und Verwaltungswesen gemäß den Bestimmungen des §. 35 im ersten Absatz, der §§. 41, 43, 44 im zweiten und dritten Absatze, sowie der §§. 45-49 incl.

IV.

Ebenso ist ungesäumt die weitere Feststellung der in den §§. 33, 36 bis einschließlich 39 geordneten Eigenthumsverhältnisse in den einzelnen Staaten vorzunehmen.

V.

Die Erlassung und Ausführung der vorstehend gedachten neuen Gesetze sollen von Reichs wegen überwacht werden.

VI.

Bis zur Erlassung der in den §§. 3, 13, 32 u. 50 erwähnten Reichsgesetze sind die betreffenden Verhältnisse der Landesgesetzgebung unterworfen.

VII.

In den Fällen, in welchen nach dem Vorstehenden neue Gesetze erforderlich oder in Aussicht gestellt sind, bleiben bis zur Erlassung derselben für die betreffenden Verhältnisse die bisherigen Gesetze in Kraft. Rücksichtlich der Haussuchung bleibt denjenigen öffentlichen Beamten, welche zum Schutz der Abgabenerhebung und des Waldeigenthums zur Haussuchung befugt sind, vorläufig diese Befugniß.

Einige Minoritätserachten, die zu Art. I. gestellt waren, wurden zurückgezogen. Einige Amendements verworfen. Diskutirt wurde über die vorstehenden VII Artikel nicht. Dagegen erhob sich eine Diskussion über den vielfach amendirten Art. VIII., den Schlußartikel dieses Einführungsgesetzes, welcher also lautet:

VIII

Abänderungen der Grundverfassung einzelner deutscher Staaten, welche durch die Abschaffung der Standesvorrechte nothwendig werden, sollen innerhalb sechs Monaten durch die gegenwärtigen Organe der Landesgesetzgebung nach folgenden Bestimmungen herbeigeführt werden:

1. die durch die Verfassungsurkunden für den Fall der Verfassungsänderungen vorgeschriebenen Erschwerungen der Beschlußnahme finden keine Anwendung, vielmehr ist in den Formen der gewöhnlichen Gesetzgebung zu verfahren;
2. wenn in Staaten, wo zwei Kammern bestehen, dieser Weg keine Vereinigung herbeiführen sollte, so treten diese zusammen, um in einer Versammlung durch einfache Stimmenmehrheit die erforderlichen Beschlüsse zu fassen.

Sind in der bezeichneten Frist die betreffenden Gesetze nicht erlassen, so hat die Reichsgewalt nach Lage (!) der Sache (!) die Maßregeln zu treffen, welche die Ausführung sichern.

Gegen diesen Artikel spricht Schober und für folgenden von ihm und Tafel gestellten Antrag:

„Zum Zweck derjenigen Abänderungen der Grundverfassung einzelner deutscher Staaten, welche nach vorstehenden Bestimmungen der Grundrechte vorzunehmen sind, sollen Landesversammlungen nach den Wahlvorschriften des Vorparlaments gewählt und einberufen werden und ist sofort der Vollzug jener Abänderungen binnen der nächsten drei Monate anzuordnen.“

Eventuell beantragt Schoder, statt der in Art. VIII angesetzten 6 Monate, nur 3 Monate setzen zu wollen. — Der Schlußsatz des Art. VIII. sei in einer Sprache abgefaßt, welche er wirklich seit den Märztagen für unmöglich gehalten hätte. (Man lese diesen Schlußsatz. Er ist eine Camphausen'sche Stylübung!)

An seiner Stelle hat die Minorität des Ausschusses (Mittermaier, Wigard etc.) beantragt:

„Sind in der bezeichneten Frist die betreffenden Gesetze nicht erlassen, so hat die Reichsgewalt die Regierung des einzelnen Staates aufzufordern, ungesäumt auf Grundlage des Reichswahlgesetzes eine aus einer einzigen Kammer bestehende Landesversammlung zu berufen“

Mittermaier empfiehlt dies Minoritäts-Erachten.

Buß aus Freiburg (Ultramontan, eine äußerst komische Erscheinung, hohe weiße Halsbinde, weiße Weste, sehr durchdringende und scharfe Stimme von immerwährendem Kopfschütteln und Handbewegungen begleitet), befindet sich diesmal mit Schoder auf einem und demselben revolutionären Boden und — einer Meinung (Heiterkeit und Bravo links, rechts Vergnüglichkeit). Seine Rede ist von Unsinn und Sinn ein lieblich Gemisch

Zum Schluß der Debatte empfiehlt der Berichterstatter Deiters die Fassung des Art. VIII. nach der Majorität des Verfassungs-Ausschusses. Bei der Abstimmung wurde das Amendement von Tafel und Schoder verworfen. (Das Wort Vorparlament kommt ja darin vor!).

Ebenso ein ähnlicher Antrag von Moritz Mohl.

Ebenso das Amendement von Schoder in Satz 1, Art. VIII., statt 6, 3 Monate zu setzen.

Ein Antrag von Drexler: im Satz 1, Art VIII. statt gegenwärtige Organe, einfach Organe zu setzen, wird mit 230 Stimmen gegen 198 verworfen.

Hierauf wird Art. VIII. und zwar der einleitende Satz und Punkt 1. und 2 angenommen.

Alsdann als Punkt 3 ein Antrag von Schoder:

3. Uebrigens bleibt es den Landesgesetzgebungen unbenommen, sich darüber, daß jene Abänderungen durch eine neu zu wählende Landesversammlung vorgenommen werden, zu vereinbaren, für welche Vereinbarung alsdann die Bestimmungen unter 1 und 2 maßgebend sind.“

Endlich statt des im diplomatischen Styl abgefaßten Schlußsatzes von Art. VIII. das oben angeführte Minoritäts-Erachten von Wigard, Mittermaier etc. mit 215 Stimmen gegen 198 angenommen.

Somit sind Grundrechte und Einführungsgesetz zu Stande gebracht.

Wie ich eben höre, wird das Reichsministerium das vorstehende Einführungsgesetz und die Grundrechte bereits den 23. durch das Reichsgesetzblatt publiziren.

Um halb 3 Uhr vertagt man sich, und setzt auf die Tagesordnung von Morgen den Rest der heutigen.

Endlich beschließt man noch morgen und Sonnabend Sitzung zu halten, und sich dann bis zum 28. d. Mts. zu vertagen

** Frankfurt, 21. Dez.

Nachrichten aus Berlin sprachen kürzlich davon, daß der Dr. Stieber, durch sein Auftreten im schlesischen Gebirge als königl. preußischer Polizeispion unter dem Namen eines Maler Schmidt bekannt, eine Reise nach unserer Stadt antreten werde Ich kann Ihnen heute melden, daß der etc. Stieber sich wirklich in der hiesigen Gegend eingefunden hat, um, wie man sagt, unter dem Deckmantel demokratischer Gesinnungen den hiesigen September-Ereignissen auf den Grund zu kommen.

Karlsruhe, 19. Dez.

Heute wurde Dr. K. Steinmetz, der wegen einer von ihm bei der ersten Volksversammlung zu Achern gehaltenen Rede hier am 12. April verhaftet worden war, nach einer „Untersuchungshaft“ von 252 Tagen gegen Kaution aus dem Gefängnisse entlassen.

(M. Abdz.)
Italien.
068 Neapel, 11. Dez.

Ein Ex-Pabst ist immer noch mehr werth, als ein Ex-König. Wenigstens kontrastirt die ländliche Zurückgezogenheit Louis Philipp's zu Claremont und Richmond, die nur zuweilen durch einen aristokratischen Kondolenzbesuch unterbrochen wird, seltsam genug mit dem Leben, das sich um die Person des flüchtigen Kirchenfürsten zu Gaëta entwickelt. Tägliche Besuche der neapolitanischen Königsfamilie; spanische, französische, russische, preußische, belgische und sardinische Gesandte (Cavaignac schickte sogar einen seiner Adjutanten als persönlichen Botschafter); eine abgewiesene Deputation der revolutionären römischen Regierung; zu guter letzt ein französischer und ein spanischer Kriegsdämpfer im Hafen, die Tag und Nacht um die Wette heitzen und ihren Dampf in die Luft puffen, jeder von ihnen begierig, den neunten Pius seinen heimathlichen Gestaden zu entführen — Alles das beweist, daß auch eine gefallene Größe, wenn sie sonst irgendwie noch für die Contrerevolution zu benutzen ist, immer noch recherchirt sein kann. Man erzählt sich hier aus ziemlich sicherer Quelle, daß es Cavaignac's Eigennutz hauptsächlich gewesen ist, der den Pabst zur Abreise aus Rom bestimmt hat. Neapel wurde ihm, des Scheins wegen, zuerst als einstweiliges Asyl vorgeschlagen, dann aber sofort Avignon, dessen Geistlichkeit selbst eine solenne Einladung, begleitet von einer auch historisch werthvollen kirchlichen Reliquie (einer von Pius VI. herrührenden Pix) an ihn ergehen ließ. Der Pabst traute jedoch nicht, sondern erklärte, sich auf die Insel Minorka unter spanischen Schutz begeben zu wollen. Demgemäß wurde einem zu Marseille stationirten spanischen Dämpfer durch einen französischen Expressen Ordre zugeschickt, nach Gaëta zu eilen, dessen Hafen der Flüchtling dem von Civita-Vecchia, wo er auf Schwierigkeiten zu stoßen fürchtete, für die Einschiffung vorzog. Die Ordre kam jedoch „zufällig“ zu spät nach Marseille, und als der Pabst, im Einverständniß mit der gesammten auswärtigen Diplomatie, zu Gaëta ankam, war kein spanischer Dämpfer mehr zu hören und zu sehen. Augenzeugen versichern, daß der Flüchtling, als er sich so getäuscht sah, in Thränen ausgebrochen, ja sogar in Ohnmacht gefallen ist.

Jetzt entschloß er sich die Hospitalität des Königs von Neapel anzurufen, der ihm alsbald, zum Zeichen seiner Willfährigkeit, einen Besuch abstattete. Wenige Stunden später kam ein französischer Dämpfer, 48 Stunden zu spät der erwartete spanische (Siehe den Verfolg in der Beilage.)

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welcher echte Britte würde sich haben einfallen lassen, für O'Connell zu schwärmen? u. s. w.&#x201C;</p>
          <p>Wie gefällt Ihnen das, Abd-el-Kader, Kossuth und O'Connell?</p>
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          <head><bibl><author>121</author></bibl> Wien, 18. Dez.</head>
          <p>Die Bank ist durch das drohende Auftreten des Ministeriums, ihr alle Baarfonds umstandlos wegnehmen zu lassen, so eingeschüchtert worden, daß sie dem Staate neuerdings einen unverzinslichen Zwangskredit von 20 Millionen bewilligt hat. Das Ministerium läßt sich öffentlich dahin verlauten, das es im Lande Geld <hi rendition="#g">nehmen</hi> würde, wo und wie es ihm beliebe, bevor es an der Finanzfrage umkommen wolle. Was dem Kremsierer Reichstag bevorsteht, sagt der gestrige Lloyd: &#x201E;Die Vertreter eines Theils der österreichischen Völker werden, nachdem sie der Regierung einen Kredit bewilligt haben, einen längern Rezeß nehmen. (!!) Während der Zeit aber wird nicht gefeiert werden. Das Ministerium wird keine Feiertage genießen.&#x201C; Das heißt, es werden dann die letzten Reste der Freiheit zusammengehauen werden. &#x2014; Auch die Berliner Vereinbarer bekommen von diesem Lloyd noch einen Hieb: &#x201E;Die preußische Versammlung,&#x201C; heißt's, &#x201E;starb an einer innern Ursache und an einer äußern, der <hi rendition="#g">Verachtung</hi> des Landes.&#x201C; &#x2014; Was man über das sich immer vermehrende Proletariat denkt, möge Ihnen folgende Stelle des Korrespondenten beweisen: &#x201E;Wohin übrigens die fabel- und nebelhaften Ansichten des frühern Ministers der Arbeiten führen, haben wir erfahren; der Gedanke, das Ministerium der öffentlichen <hi rendition="#g">Arbeiten</hi> in ein Ministerium der öffentlichen <hi rendition="#g">Bauten</hi> umzuwandeln, ist ein entschieden glücklicher. Auch der Gemeinderath wird in dieser Beziehung seine Aufgabe anders fassen müssen; es besteht allerdings eine Art Verpflichtung (!), den Armen zu helfen und die Bedrängten zu <hi rendition="#g">unterstützen,</hi> durchaus aber keine Verpflichtung, <hi rendition="#g">Arbeit zu geben</hi>. Die Anerkennung der letztern hat in Wien das Proletariat ins Leben gerufen, es ist dringend nothwendig, dieses Uebel zu heben, und das frühere <hi rendition="#g">naturgemäße</hi> (!) Verhältniß wieder herzustellen.&#x201C; Darum ist das Arbeitsministerium auch abgeschafft worden, und darum verweigert Bruck, der Minister der Bauten, den 30,000 hungernden Proletariern, trotz der Vorstellung des Gemeinderathes, jede Beschäftigung von Seite des Staats.</p>
          <p>Durch dasselbe Blatt läßt Frau Sophie uns sagen, daß wir an eine Aufhebung des Belagerungszustandes noch keineswegs denken sollen. &#x201E;Die Aufhebung des allerdings bedauerlichen Ausnahmezustandes für Wien ist von der Entfernung aufregender äußerer Einflüsse unzertrennlich: ehe die ungarische Sache eine entschiedene Wendung genommen, ist an Auflassung der Vorsichtsmaßregeln wohl nicht zu denken.&#x201C; Auch wundert sich die Camarilla, &#x201E;daß das Mißtrauen der Kapitalisten noch immer nicht gehoben sei.&#x201C;</p>
          <p>Jellachich ist, wie gesagt, beseitigt worden. Er war der Abgott der Kroaten; man hat ihn deshalb zum Gouverneur von Dalmatien gemacht, und sendet nun den Minister Kulmer nach Kroatien, um das Land zu organisiren. Jellachich selbst ist unter Windischgrätz fast zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken; man verwendet ihn aber vorläufig noch wider die Magyaren.</p>
          <p>So eben höre ich, daß ein Herr <hi rendition="#g">Raveaux,</hi> Bruder Ihres Raveaux, der hier ansäßig ist, gefänglich eingezogen wurde. Er soll den Spiritus zur Anzündung der Sophienbrücke geliefert haben. Dann ist er um so gewisser schon darum verloren, weil er ein Bruder des bekannten Abgeordneten ist.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar177_009" type="jArticle">
          <head><bibl><author>102</author></bibl> Wien, 17. Dez.</head>
          <p>So eben findet im Stephansdom ein Te Deum wegen der Thronbesteigung unseres Standrechtskaisers statt. Der Reichstag wird wohl die geforderten 80 Millionen bewilligen; es kommt jetzt nur darauf an, woher sie nehmen. Die Geldleute halten den Säckel zu, die Bauern zahlen ungern Steuern. Die drohenden Artikel wider die Bank haben dieselbe eingeschüchtert; man glaubt, der Staat wolle sich ihrer ganzen Silberbaarschaft ohne Weiteres bemächtigen, vielleicht geschieht's auch. Der Staat schuldet der Bank zu 2 1/2 pCt. 188 Millionen an Vorschüssen, wofür die Bank nun Rückzahlung verlangt und neue Vorschüsse natürlich verweigern muß. Darin besteht der Konflikt. Regierung und Standrechtspresse fahren fort, den Reichstag durch Mißtrauensvota u. s. w. nicht nur de facto zu vernichten und stummgehorsam zu machen, sondern ihn auch in der demokratischen Meinung des Volks zu diskreditiren. Man hat es in den Abtheilungen zur Berathung der Grundrechte dahin gebracht, daß dieselben die Gleichheit der Staatsbürger nur unter der Bedingung ausgesprochen haben, daß diese Staatsbürger Christen sind. Die &#x201E;<hi rendition="#g">Presse</hi>,&#x201C; eins der schmählichsten Reaktionsorgane, schreit nun: &#x201E;<hi rendition="#g">Das ist Reaktion!</hi>&#x201C; Sie weiß, daß die Sache nur ein Manöver des Ministeriums ist, den Reichstag zu diskreditiren und sich hernach als freisinniger hervorzuthun. Es ist überhaupt eine List unserer Standrechtsblätter, sich immer auf die freiesten Länder zu berufen, um alle Freiheit hier todt zu schlagen. &#x2014; Die Soldaten werden wieder geprügelt, wie früher. Ein Wochentag wird ganz dazu benutzt, eine Abprügelung für die ganze Woche zu halten. Das Geschrei der Geprügelten ist oft furchtbar, und oft gibt es Todte. Noch neulich starb in einer kleinen Provinzialstadt ein Soldat in Folge erhaltener Prügel. Die Gräuel, welche in den Zucht- und Arbeitshäusern verübt werden, sind nicht zu beschreiben. Die Noth nimmt immer mehr überhand; der Gemeinderath berücksichtigt sie aber nicht, das Ministerium ebensowenig. Bettler sind Aufrührer, haben sie Hunger, so wird man sie zusammenschießen. Auf der Börse nichts; die Emigration aller, die fortkönnen, nimmt zu. Die abgebrannten und beraubten Menschen wollen Entschädigung; man achtet ihrer nicht; aber die geforderte Militärentschädigung wird bewilligt. Täglich werden die Menschen noch schaarenweise eingefangen, und hundertweise bringt man sog. Emissäre nach Brünn und Olmütz. Von russischen Kuriren gibt einer dem andern die Hand.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar177_010" type="jArticle">
          <head><bibl><author>X</author></bibl> Breslau, 18. Dez.</head>
          <p>(Weiterer Bericht über den Bürgerwehrkongreß.) Bald am Anfange der Nachmittagssitzung wurde folgender Antrag gestellt: &#x201E;Der Civilbehörde steht es zu, die Bürgerwehr zu requiriren, dem Kommando bleibt es jedoch vorbehalten, ob und wie dieser Requisition genügt werde.&#x201C;</p>
          <p>Es folgten dann einige unbedeutende Anträge über Dienstkleidung und das Fortbestehen der fliegenden Korps. Die Versammlung dachte &#x2014; o Schrecken! Die fliegenden Korps, die jungen rüstigsten Männer könnten ja vielleicht gegen die Bourgeois auftreten. Sie dachte an die pariser republikanischen Garden und Zittern überfiel sie bei der Vorstellung, daß auch die Arbeiter am Ende bewaffnete fliegende Korps bilden könnten! &#x201E;<hi rendition="#g">Arbeiterthum</hi>&#x201C; die &#x201E;<hi rendition="#g">schrecklichste Anarchie?</hi>&#x201C;</p>
          <p>Zur Redaktion der Beschlüsse dieses Kongresses wurden gewählt: Rewicz, Guhrauer, Pflünker, Engelmann und Linderes; nachträglich wurde Pfeiffer aus Berlin noch hinzu votirt.</p>
          <p>Angenommen wurde noch folgender §.: &#x201E;Zum Eintritt in die Bürgerwehr eines Ortes ist jeder <hi rendition="#g">Deutsche</hi> berechtigt, auch wenn er nicht ein Jahr dort gewohnt hat.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar177_011" type="jArticle">
          <head><bibl><author>X</author></bibl> Breslau, 20. Dez.</head>
          <p>Gestern ist Dr. Borchard vom hiesigen Inquisitoriat nach Neisse zur Antretung seiner Strafe abgeschickt worden. Bei seiner Ankunft erklärte ihm aber der dortige Kommandant Werder, daß in Neisse keine Staatsgefangenen angenommen werden. So mußte Borchardt wieder nach Breslau zurück.</p>
          <p>Der Polizeipräsident v. Kehler hat sich veranlaßt gefunden, &#x201E;unter <hi rendition="#g">obwaltenden</hi> Umständen&#x201C; (beliebte schwarz-weiß-polizeiliche Redewendung!) den Fackelzug zu Ehren der Deputirten von der Linken zu verbieten.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar177_012" type="jArticle">
          <head>Strehlen, 17. Dez.</head>
          <p>Am Donnerstage wurde der Postschreiber Thiem in Strehlen verhaftet und nach Breslau abgeführt. Als Vicepräsident des dasigen demokratischen Vereins hatte er sich schon längst die Feindschaft aller Reaktionärs in einem hohen Grade zugezogen, welche nun in seiner Verhaftung Genugthuung finden. Wie wir hören, haben sie bereits eine Proscriptionsliste entworfen, und hoffen, daß in nächster Zukunft noch mehrere Verhaftungen vor sich gehen werden.</p>
          <bibl>(A. Od.-Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar177_013" type="jArticle">
          <head>Von der polnischen Gränze, 12. Dez.</head>
          <p>Kaum sind die Klagen über die Cholera verschwunden, und schon erhebt sich drüben eine neue asiatische Krankheit, unter dem Namen <hi rendition="#g">Dzumy.</hi> Diese Seuche, welche, von Rußland kommend, jetzt sich auch schon in Warschau gezeigt, tritt in weißen Blattern auf dem Körper auf und rafft ihre Opfer mit weit größerer Schnelligkeit, als die Cholera weg.</p>
          <bibl>(Pos. Ztg.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar177_014" type="jArticle">
          <head>Altona, 20. Dez.</head>
          <p>Gestern Abend wurde Herr Bracklow, als er sich in die Versammlung des väterländischen Vereins begeben wollte, dessen Vorstand er ist, verhaftet. Das Volk machte den Versuch, ihn zu befreien, aber Linie und Bürgermilitär verhinderten es. Vor Mitternacht schon herrschte wieder Ruhe.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar177_015" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Kassel, 19. Dez.</head>
          <p>Endlich ist das Urtheil gegen die Ex-Garde-du-Korps verkündet worden. Man erinnert sich der von diesen Garde-du-Korps gegen waffenlose Bürger verübten Gräuelthaten. Die Reaktion hatte diese saubere Heldenthaten hervorgerufen; adlige Offiziere waren die Lenker. Wenn aber Soldaten Verbrechen begehen gegen Bürger, so muß es schon zum Aeußersten kommen, wenn mehr als eine Scheinstrafe ausgesprochen wird. Im vorliegenden Falle ging eine wirkliche Strafe nicht ganz zu vermeiden, sie wurde aber so gelind eingerichtet, als nur möglich, damit die Soldateska ja nicht den Muth verliere, sich auch fernerhin in solchen Heldenthaten gegen waffenlose Menschen zu erproben und über ruhig ihres Weges gehende Bürger in kannibalischer Wuth mit gezogenem Säbel herzufallen. Einer der Anstifter, Lieutn. v. Verschuer I., erhielt &#x2014; nun wie viel? &#x2014; 1 Monat Festung; Lieutn. v. Verschuer II. &#x2014; 14 Tage Arrest! Rittmeister v. Baumbach 3 Wochen Arrest, Wachtmeister Stiegel 7 und Gärtner 3 Wochen Arrest. Gegen die Gemeinen ist ebenfalls auf Arrest erkannt. Man sieht, wie billig es ist, als Soldat die Leute niederzuhauen, besonders wenn man Wachtmeister, Lieutenant etc. ist.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar177_016" type="jArticle">
          <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 21. Dezember.</head>
          <p>Sitzung der National-Versammlung.</p>
          <p>Vicepräsident Beseler präsidirt.</p>
          <p>Auf der Tagesordnung sehen wir:</p>
          <p rendition="#et">1. Berathung über das &#x201E;Einführungsgesetz für die Grundrechte des deutschen Volkes&#x201C;</p>
          <p rendition="#et">2. Berathung des vom Finanzausschuß erstatteten Berichts, über das Büdget der Reichsversammlung und der provisorischen Centralgewalt für die Periode vom 1. September bis zum 31 Dezember 1848.</p>
          <p> <hi rendition="#et">3. Fortsetzung der Berathung über den &#x201E;Reichstag.&#x201C; (Art 6. § 20 ff.)</hi> </p>
          <p><hi rendition="#g">Roßmäßler</hi> befrägt den Reichsminister des Innern wegen einer Verletzung des Briefgeheimnisses, welche ihm widerfahren ist.</p>
          <p>Der Minister ist nicht da. Diese Verletzung des Briefgeheimnisses gehört vermuthlich zu den Märzerrungenschaften und den eben vollendeten Grundrechten!</p>
          <p><hi rendition="#g">Würth</hi> aus Sigmaringen (der Hochverräther) frägt den Kriegsminister, wie lange die lästige und ganz überflüssige Einquartirung im Kreise Siegmaringen dauern wird?</p>
          <p>Der Minister ist nicht anwesend.</p>
          <p>Man geht zur Tagesordnung.</p>
          <p>Die Berathung des Einführungsgesetzes führt zu einer eben so heftigen als charakteristischen Debatte.</p>
          <p><hi rendition="#g">Gombard</hi> aus München (eine Säule der Fürsten) stellt in Verbindung mit den Herren v. Radowitz, v. Linde, v. Vinke und einigen andern Reaktionären folgenden erbaulichen Antrag:</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;In Folge des Beschlusses vom 7. April d. J., wonach die Nationalvertreter gewählt werden sollen für das zwischen den Regierungen und dem Volke zu Stande zu bringende Verfassungswerk, beschließt die National-Versammlung: die Grundrechte den Regierungen der Einzelstaaten zur alsbaldigen Erklärung über die <hi rendition="#g">Annahme</hi> vorzulegen, damit sie <hi rendition="#g">im Falle der Annahme</hi> als Bestandtheile der Verfassung gesondert verkündet werden können.&#x201C;</p>
          <p>Die Erläuterung dieses Antrags, welche Hr. Gombard mit der erstaunlichsten Naivität und Freimüthigkeit zu Tage bringt, wird von der Versammlung mit dem herzzerreißendsten Konzert, mit einer wahrhaft grauenerregenden Katzenmusik begleitet.</p>
          <p><hi rendition="#g">Zell</hi> und <hi rendition="#g">Schoder</hi> ermüßigen sich, Hrn. Gompard kurz aber energisch und unter vielem Beifall zurechtzuweisen.</p>
          <p>Hierauf stimmt man über den vorstehenden Antrag namentlich ab und verwirft denselben mit 334 Stimmen gegen 69. Dafür stimmten außer jenen Koriphäen der Reaktion ganz unbekannte Namen.</p>
          <p>Hierauf geht man nach einigem neuen Lärm zur Abstimmung, und nimmt das Gesetz in folgender Gestalt an:</p>
          <p><hi rendition="#g">Einführungsgesetz für die Grundrechte des deutschen Volkes</hi>.</p>
          <p>Die Grundrechte des deutschen Volkes werden im ganzen Umfange des deutschen Reichs unter nachfolgenden Bestimmungen hiermit eingeführt:</p>
          <p>I.</p>
          <p>Mit diesem Reichsgesetz treten in Kraft die Bestimmungen: der §§ 1, 2, 3 (jedoch in Bezug auf Aufenthalt Wohnsitz und Gewerbebetrieb unter Vorbehalt der in Aussicht gestellten Reichsgesetze), 4, 5, 6, 7 (vorbehaltlich der in III. und VIII. dieses Gesetzes enthaltenen Beschränkungen), 8 (unter Verweisung auf III. und VII. enthaltenen Bestimmungen), 11, 12, 13 (mit der Maßgabe, daß, wo Schwurgerichte noch nicht eingeführt sind, bis (!) zu deren Einführung über Preßvergehen, die bestehenden Gerichte entscheiden), 14, 15, 16, 17 (blos 2. und 3. Absatz), 18, 22, 24, 25, 28, 29, 30, 31, 32, 33 (2. Absatz), 34, 35 (mit Ausnahme des ersten Absatzes), 36 (2. Absatz), 37 (vorbehaltlich der über die Ablösung der Jagdgerechtigkeiten und über die Ausübung des Jagdrechts zu erlassenden Gesetze), 42 und 44 (erster Absatz).</p>
          <p>Alle Bestimmungen einzelner Landesrechte, welche hieemit in Widerspruch stehen, treten außer Kraft.</p>
          <p>II.</p>
          <p>In Beziehung auf den im § 17 ausgesprochenen Grundsatz der Selbstständigkeit der Religionsgesellschaften sollen die organischen Einrichtungen und Gesetze, welche für die bestehenden Kirchen zur Durchführung dieses Prinzips erforderlich sind, in den Einzelstaaten möglichst bald getroffen und erlassen werden.</p>
          <p>III.</p>
          <p>Abänderungen oder Ergänzungen der Landesgesetzgebungen, so weit dieselben durch die folgenden Bestimmungen der Grundrechte geboten sind, sollen ungesäumt auf verfassungsmäßigem Wege getroffen werden und zwar:</p>
          <p rendition="#et">1. statt der im § 9 und § 40 abgeschafften Strafen des Todes, des Prangers, der Brandmarkung, der körperlichen Züchtigung und der Vermögenseinziehung durch gesetzliche Feststellung einer anderweiten Bestrafung der betreffenden Verbrechen;<lb/>
2. durch Ausfüllung der Lücken, welche in Folge der im § 7 ausgesprochenen Aufhebung der Standesunterschiede im Privatrechte eintreten;<lb/>
3. durch Regelung der Wehrpflicht auf Grund der im § 7 enthaltenen Vorschrift;<lb/>
4. durch Feststellung der beim Heer und Seewesen vorbehaltenen Modifikationen des § 8;<lb/>
5. durch Erlassung der Gesetze, welche den dritten im § 10 erwähnten Fall der Haussuchung ordnen;<lb/>
6. durch Erlassung der nach §§ 19, 20 und 21 erforderlichen Vorschriften über Eid, Ehe und Standesbücher;<lb/>
7. durch Einrichtung des Schulwesens auf Grund der §§. 23, 26 u. 27;<lb/>
8. durch Aenderungen im Gerichts- und Verwaltungswesen gemäß den Bestimmungen des §. 35 im ersten Absatz, der §§. 41, 43, 44 im zweiten und dritten Absatze, sowie der §§. 45-49 incl.</p>
          <p>IV.</p>
          <p>Ebenso ist ungesäumt die weitere Feststellung der in den §§. 33, 36 bis einschließlich 39 geordneten Eigenthumsverhältnisse in den einzelnen Staaten vorzunehmen.</p>
          <p>V.</p>
          <p>Die Erlassung und Ausführung der vorstehend gedachten neuen Gesetze sollen von Reichs wegen überwacht werden.</p>
          <p>VI.</p>
          <p>Bis zur Erlassung der in den §§. 3, 13, 32 u. 50 erwähnten Reichsgesetze sind die betreffenden Verhältnisse der Landesgesetzgebung unterworfen.</p>
          <p>VII.</p>
          <p>In den Fällen, in welchen nach dem Vorstehenden neue Gesetze erforderlich oder in Aussicht gestellt sind, bleiben bis zur Erlassung derselben für die betreffenden Verhältnisse die bisherigen Gesetze in Kraft. Rücksichtlich der Haussuchung bleibt denjenigen öffentlichen Beamten, welche zum Schutz der Abgabenerhebung und des Waldeigenthums zur Haussuchung befugt sind, vorläufig diese Befugniß.</p>
          <p>Einige Minoritätserachten, die zu Art. I. gestellt waren, wurden zurückgezogen. Einige Amendements verworfen. Diskutirt wurde über die vorstehenden VII Artikel nicht. Dagegen erhob sich eine Diskussion über den vielfach amendirten Art. VIII., den Schlußartikel dieses Einführungsgesetzes, welcher also lautet:</p>
          <p>VIII</p>
          <p>Abänderungen der Grundverfassung einzelner deutscher Staaten, welche durch die Abschaffung der Standesvorrechte nothwendig werden, sollen innerhalb sechs Monaten durch die gegenwärtigen Organe der Landesgesetzgebung nach folgenden Bestimmungen herbeigeführt werden:</p>
          <p rendition="#et">1. die durch die Verfassungsurkunden für den Fall der Verfassungsänderungen vorgeschriebenen Erschwerungen der Beschlußnahme finden keine Anwendung, vielmehr ist in den Formen der gewöhnlichen Gesetzgebung zu verfahren;<lb/>
2. wenn in Staaten, wo zwei Kammern bestehen, dieser Weg keine Vereinigung herbeiführen sollte, so treten diese zusammen, um in <hi rendition="#g">einer</hi> Versammlung durch einfache Stimmenmehrheit die erforderlichen Beschlüsse zu fassen.</p>
          <p>Sind in der bezeichneten Frist die betreffenden Gesetze nicht erlassen, so hat die Reichsgewalt nach Lage (!) der Sache (!) die Maßregeln zu treffen, welche die Ausführung sichern.</p>
          <p>Gegen diesen Artikel spricht <hi rendition="#g">Schober</hi> und <hi rendition="#g">für</hi> folgenden von ihm und <hi rendition="#g">Tafel</hi> gestellten Antrag:</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Zum Zweck derjenigen Abänderungen der Grundverfassung einzelner deutscher Staaten, welche nach vorstehenden Bestimmungen der Grundrechte vorzunehmen sind, sollen Landesversammlungen nach den Wahlvorschriften des Vorparlaments gewählt und einberufen werden und ist sofort der Vollzug jener Abänderungen binnen der nächsten drei Monate anzuordnen.&#x201C;</p>
          <p>Eventuell beantragt Schoder, statt der in Art. VIII angesetzten 6 Monate, nur 3 Monate setzen zu wollen. &#x2014; Der Schlußsatz des Art. VIII. sei in einer Sprache abgefaßt, welche er wirklich seit den Märztagen für unmöglich gehalten hätte. (Man lese diesen Schlußsatz. Er ist eine Camphausen'sche Stylübung!)</p>
          <p>An seiner Stelle hat die Minorität des Ausschusses (Mittermaier, Wigard etc.) beantragt:</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Sind in der bezeichneten Frist die betreffenden Gesetze nicht erlassen, so hat die Reichsgewalt die Regierung des einzelnen Staates aufzufordern, ungesäumt auf Grundlage des Reichswahlgesetzes eine aus einer einzigen Kammer bestehende Landesversammlung zu berufen&#x201C;</p>
          <p><hi rendition="#g">Mittermaier</hi> empfiehlt dies Minoritäts-Erachten.</p>
          <p><hi rendition="#g">Buß</hi> aus Freiburg (Ultramontan, eine äußerst komische Erscheinung, hohe weiße Halsbinde, weiße Weste, sehr durchdringende und scharfe Stimme von immerwährendem Kopfschütteln und Handbewegungen begleitet), befindet sich diesmal mit Schoder auf einem und demselben revolutionären Boden und &#x2014; einer Meinung (Heiterkeit und Bravo links, rechts Vergnüglichkeit). Seine Rede ist von Unsinn und Sinn ein lieblich Gemisch</p>
          <p>Zum Schluß der Debatte empfiehlt der Berichterstatter <hi rendition="#g">Deiters</hi> die Fassung des Art. VIII. nach der Majorität des Verfassungs-Ausschusses. Bei der Abstimmung wurde das Amendement von Tafel und Schoder verworfen. (Das Wort Vorparlament kommt ja darin vor!).</p>
          <p>Ebenso ein ähnlicher Antrag von Moritz Mohl.</p>
          <p>Ebenso das Amendement von Schoder in Satz 1, Art. VIII., statt 6, 3 Monate zu setzen.</p>
          <p>Ein Antrag von Drexler: im Satz 1, Art VIII. statt gegenwärtige Organe, einfach Organe zu setzen, wird mit 230 Stimmen gegen 198 verworfen.</p>
          <p>Hierauf wird Art. VIII. und zwar der einleitende Satz und Punkt 1. und 2 angenommen.</p>
          <p>Alsdann als Punkt 3 ein Antrag von Schoder:</p>
          <p rendition="#et">3. Uebrigens bleibt es den Landesgesetzgebungen unbenommen, sich darüber, daß jene Abänderungen durch eine neu zu wählende Landesversammlung vorgenommen werden, zu vereinbaren, für welche Vereinbarung alsdann die Bestimmungen unter 1 und 2 maßgebend sind.&#x201C;</p>
          <p>Endlich statt des im diplomatischen Styl abgefaßten Schlußsatzes von Art. VIII. das oben angeführte Minoritäts-Erachten von Wigard, Mittermaier etc. mit 215 Stimmen gegen 198 angenommen.</p>
          <p>Somit sind Grundrechte und Einführungsgesetz zu Stande gebracht.</p>
          <p>Wie ich eben höre, wird das Reichsministerium das vorstehende Einführungsgesetz und die Grundrechte bereits den 23. durch das Reichsgesetzblatt publiziren.</p>
          <p>Um halb 3 Uhr vertagt man sich, und setzt auf die Tagesordnung von Morgen den Rest der heutigen.</p>
          <p>Endlich beschließt man noch morgen und Sonnabend Sitzung zu halten, und sich dann bis zum 28. d. Mts. zu vertagen</p>
        </div>
        <div xml:id="ar177_017" type="jArticle">
          <head><bibl><author>**</author></bibl> Frankfurt, 21. Dez.</head>
          <p>Nachrichten aus Berlin sprachen kürzlich davon, daß der Dr. Stieber, durch sein Auftreten im schlesischen Gebirge als königl. preußischer Polizeispion unter dem Namen eines Maler Schmidt bekannt, eine Reise nach unserer Stadt antreten werde Ich kann Ihnen heute melden, daß der etc. Stieber sich wirklich in der hiesigen Gegend eingefunden hat, um, wie man sagt, unter dem Deckmantel demokratischer Gesinnungen den hiesigen September-Ereignissen auf den Grund zu kommen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar177_018" type="jArticle">
          <head>Karlsruhe, 19. Dez.</head>
          <p>Heute wurde Dr. K. Steinmetz, der wegen einer von ihm bei der ersten Volksversammlung zu Achern gehaltenen Rede hier am 12. April verhaftet worden war, nach einer &#x201E;Untersuchungshaft&#x201C; von 252 Tagen gegen Kaution aus dem Gefängnisse entlassen.</p>
          <bibl>(M. Abdz.)</bibl>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Italien.</head>
        <div xml:id="ar177_019" type="jArticle">
          <head><bibl><author>068</author></bibl> Neapel, 11. Dez.</head>
          <p>Ein Ex-Pabst ist immer noch mehr werth, als ein Ex-König. Wenigstens kontrastirt die ländliche Zurückgezogenheit Louis Philipp's zu Claremont und Richmond, die nur zuweilen durch einen aristokratischen Kondolenzbesuch unterbrochen wird, seltsam genug mit dem Leben, das sich um die Person des flüchtigen Kirchenfürsten zu Gaëta entwickelt. Tägliche Besuche der neapolitanischen Königsfamilie; spanische, französische, russische, preußische, belgische und sardinische Gesandte (Cavaignac schickte sogar einen seiner Adjutanten als persönlichen Botschafter); eine abgewiesene Deputation der revolutionären römischen Regierung; zu guter letzt ein französischer und ein spanischer Kriegsdämpfer im Hafen, die Tag und Nacht um die Wette heitzen und ihren Dampf in die Luft puffen, jeder von ihnen begierig, den neunten Pius seinen heimathlichen Gestaden zu entführen &#x2014; Alles das beweist, daß auch eine gefallene Größe, wenn sie sonst irgendwie noch für die Contrerevolution zu benutzen ist, immer noch recherchirt sein kann. Man erzählt sich hier aus ziemlich sicherer Quelle, daß es Cavaignac's Eigennutz hauptsächlich gewesen ist, der den Pabst zur Abreise aus Rom bestimmt hat. Neapel wurde ihm, des Scheins wegen, zuerst als einstweiliges Asyl vorgeschlagen, dann aber sofort Avignon, dessen Geistlichkeit selbst eine solenne Einladung, begleitet von einer auch historisch werthvollen kirchlichen Reliquie (einer von Pius VI. herrührenden Pix) an ihn ergehen ließ. Der Pabst traute jedoch nicht, sondern erklärte, sich auf die Insel Minorka unter spanischen Schutz begeben zu wollen. Demgemäß wurde einem zu Marseille stationirten spanischen Dämpfer durch einen französischen Expressen Ordre zugeschickt, nach Gaëta zu eilen, dessen Hafen der Flüchtling dem von Civita-Vecchia, wo er auf Schwierigkeiten zu stoßen fürchtete, für die Einschiffung vorzog. Die Ordre kam jedoch &#x201E;zufällig&#x201C; zu spät nach Marseille, und als der Pabst, im Einverständniß mit der gesammten auswärtigen Diplomatie, zu Gaëta ankam, war kein spanischer Dämpfer mehr zu hören und zu sehen. Augenzeugen versichern, daß der Flüchtling, als er sich so getäuscht sah, in Thränen ausgebrochen, ja sogar in Ohnmacht gefallen ist.</p>
          <p>Jetzt entschloß er sich die Hospitalität des Königs von Neapel anzurufen, der ihm alsbald, zum Zeichen seiner Willfährigkeit, einen Besuch abstattete. Wenige Stunden später kam ein französischer Dämpfer, 48 Stunden <hi rendition="#g">zu spät</hi> der erwartete spanische <ref type="link"><hi rendition="#b">(Siehe den Verfolg in der Beilage.)</hi></ref>                </p>
        </div>
      </div>
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</TEI>
[0955/0003] welcher echte Britte würde sich haben einfallen lassen, für O'Connell zu schwärmen? u. s. w.“ Wie gefällt Ihnen das, Abd-el-Kader, Kossuth und O'Connell? 121 Wien, 18. Dez. Die Bank ist durch das drohende Auftreten des Ministeriums, ihr alle Baarfonds umstandlos wegnehmen zu lassen, so eingeschüchtert worden, daß sie dem Staate neuerdings einen unverzinslichen Zwangskredit von 20 Millionen bewilligt hat. Das Ministerium läßt sich öffentlich dahin verlauten, das es im Lande Geld nehmen würde, wo und wie es ihm beliebe, bevor es an der Finanzfrage umkommen wolle. Was dem Kremsierer Reichstag bevorsteht, sagt der gestrige Lloyd: „Die Vertreter eines Theils der österreichischen Völker werden, nachdem sie der Regierung einen Kredit bewilligt haben, einen längern Rezeß nehmen. (!!) Während der Zeit aber wird nicht gefeiert werden. Das Ministerium wird keine Feiertage genießen.“ Das heißt, es werden dann die letzten Reste der Freiheit zusammengehauen werden. — Auch die Berliner Vereinbarer bekommen von diesem Lloyd noch einen Hieb: „Die preußische Versammlung,“ heißt's, „starb an einer innern Ursache und an einer äußern, der Verachtung des Landes.“ — Was man über das sich immer vermehrende Proletariat denkt, möge Ihnen folgende Stelle des Korrespondenten beweisen: „Wohin übrigens die fabel- und nebelhaften Ansichten des frühern Ministers der Arbeiten führen, haben wir erfahren; der Gedanke, das Ministerium der öffentlichen Arbeiten in ein Ministerium der öffentlichen Bauten umzuwandeln, ist ein entschieden glücklicher. Auch der Gemeinderath wird in dieser Beziehung seine Aufgabe anders fassen müssen; es besteht allerdings eine Art Verpflichtung (!), den Armen zu helfen und die Bedrängten zu unterstützen, durchaus aber keine Verpflichtung, Arbeit zu geben. Die Anerkennung der letztern hat in Wien das Proletariat ins Leben gerufen, es ist dringend nothwendig, dieses Uebel zu heben, und das frühere naturgemäße (!) Verhältniß wieder herzustellen.“ Darum ist das Arbeitsministerium auch abgeschafft worden, und darum verweigert Bruck, der Minister der Bauten, den 30,000 hungernden Proletariern, trotz der Vorstellung des Gemeinderathes, jede Beschäftigung von Seite des Staats. Durch dasselbe Blatt läßt Frau Sophie uns sagen, daß wir an eine Aufhebung des Belagerungszustandes noch keineswegs denken sollen. „Die Aufhebung des allerdings bedauerlichen Ausnahmezustandes für Wien ist von der Entfernung aufregender äußerer Einflüsse unzertrennlich: ehe die ungarische Sache eine entschiedene Wendung genommen, ist an Auflassung der Vorsichtsmaßregeln wohl nicht zu denken.“ Auch wundert sich die Camarilla, „daß das Mißtrauen der Kapitalisten noch immer nicht gehoben sei.“ Jellachich ist, wie gesagt, beseitigt worden. Er war der Abgott der Kroaten; man hat ihn deshalb zum Gouverneur von Dalmatien gemacht, und sendet nun den Minister Kulmer nach Kroatien, um das Land zu organisiren. Jellachich selbst ist unter Windischgrätz fast zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken; man verwendet ihn aber vorläufig noch wider die Magyaren. So eben höre ich, daß ein Herr Raveaux, Bruder Ihres Raveaux, der hier ansäßig ist, gefänglich eingezogen wurde. Er soll den Spiritus zur Anzündung der Sophienbrücke geliefert haben. Dann ist er um so gewisser schon darum verloren, weil er ein Bruder des bekannten Abgeordneten ist. 102 Wien, 17. Dez. So eben findet im Stephansdom ein Te Deum wegen der Thronbesteigung unseres Standrechtskaisers statt. Der Reichstag wird wohl die geforderten 80 Millionen bewilligen; es kommt jetzt nur darauf an, woher sie nehmen. Die Geldleute halten den Säckel zu, die Bauern zahlen ungern Steuern. Die drohenden Artikel wider die Bank haben dieselbe eingeschüchtert; man glaubt, der Staat wolle sich ihrer ganzen Silberbaarschaft ohne Weiteres bemächtigen, vielleicht geschieht's auch. Der Staat schuldet der Bank zu 2 1/2 pCt. 188 Millionen an Vorschüssen, wofür die Bank nun Rückzahlung verlangt und neue Vorschüsse natürlich verweigern muß. Darin besteht der Konflikt. Regierung und Standrechtspresse fahren fort, den Reichstag durch Mißtrauensvota u. s. w. nicht nur de facto zu vernichten und stummgehorsam zu machen, sondern ihn auch in der demokratischen Meinung des Volks zu diskreditiren. Man hat es in den Abtheilungen zur Berathung der Grundrechte dahin gebracht, daß dieselben die Gleichheit der Staatsbürger nur unter der Bedingung ausgesprochen haben, daß diese Staatsbürger Christen sind. Die „Presse,“ eins der schmählichsten Reaktionsorgane, schreit nun: „Das ist Reaktion!“ Sie weiß, daß die Sache nur ein Manöver des Ministeriums ist, den Reichstag zu diskreditiren und sich hernach als freisinniger hervorzuthun. Es ist überhaupt eine List unserer Standrechtsblätter, sich immer auf die freiesten Länder zu berufen, um alle Freiheit hier todt zu schlagen. — Die Soldaten werden wieder geprügelt, wie früher. Ein Wochentag wird ganz dazu benutzt, eine Abprügelung für die ganze Woche zu halten. Das Geschrei der Geprügelten ist oft furchtbar, und oft gibt es Todte. Noch neulich starb in einer kleinen Provinzialstadt ein Soldat in Folge erhaltener Prügel. Die Gräuel, welche in den Zucht- und Arbeitshäusern verübt werden, sind nicht zu beschreiben. Die Noth nimmt immer mehr überhand; der Gemeinderath berücksichtigt sie aber nicht, das Ministerium ebensowenig. Bettler sind Aufrührer, haben sie Hunger, so wird man sie zusammenschießen. Auf der Börse nichts; die Emigration aller, die fortkönnen, nimmt zu. Die abgebrannten und beraubten Menschen wollen Entschädigung; man achtet ihrer nicht; aber die geforderte Militärentschädigung wird bewilligt. Täglich werden die Menschen noch schaarenweise eingefangen, und hundertweise bringt man sog. Emissäre nach Brünn und Olmütz. Von russischen Kuriren gibt einer dem andern die Hand. X Breslau, 18. Dez. (Weiterer Bericht über den Bürgerwehrkongreß.) Bald am Anfange der Nachmittagssitzung wurde folgender Antrag gestellt: „Der Civilbehörde steht es zu, die Bürgerwehr zu requiriren, dem Kommando bleibt es jedoch vorbehalten, ob und wie dieser Requisition genügt werde.“ Es folgten dann einige unbedeutende Anträge über Dienstkleidung und das Fortbestehen der fliegenden Korps. Die Versammlung dachte — o Schrecken! Die fliegenden Korps, die jungen rüstigsten Männer könnten ja vielleicht gegen die Bourgeois auftreten. Sie dachte an die pariser republikanischen Garden und Zittern überfiel sie bei der Vorstellung, daß auch die Arbeiter am Ende bewaffnete fliegende Korps bilden könnten! „Arbeiterthum“ die „schrecklichste Anarchie?“ Zur Redaktion der Beschlüsse dieses Kongresses wurden gewählt: Rewicz, Guhrauer, Pflünker, Engelmann und Linderes; nachträglich wurde Pfeiffer aus Berlin noch hinzu votirt. Angenommen wurde noch folgender §.: „Zum Eintritt in die Bürgerwehr eines Ortes ist jeder Deutsche berechtigt, auch wenn er nicht ein Jahr dort gewohnt hat.“ X Breslau, 20. Dez. Gestern ist Dr. Borchard vom hiesigen Inquisitoriat nach Neisse zur Antretung seiner Strafe abgeschickt worden. Bei seiner Ankunft erklärte ihm aber der dortige Kommandant Werder, daß in Neisse keine Staatsgefangenen angenommen werden. So mußte Borchardt wieder nach Breslau zurück. Der Polizeipräsident v. Kehler hat sich veranlaßt gefunden, „unter obwaltenden Umständen“ (beliebte schwarz-weiß-polizeiliche Redewendung!) den Fackelzug zu Ehren der Deputirten von der Linken zu verbieten. Strehlen, 17. Dez. Am Donnerstage wurde der Postschreiber Thiem in Strehlen verhaftet und nach Breslau abgeführt. Als Vicepräsident des dasigen demokratischen Vereins hatte er sich schon längst die Feindschaft aller Reaktionärs in einem hohen Grade zugezogen, welche nun in seiner Verhaftung Genugthuung finden. Wie wir hören, haben sie bereits eine Proscriptionsliste entworfen, und hoffen, daß in nächster Zukunft noch mehrere Verhaftungen vor sich gehen werden. (A. Od.-Z.) Von der polnischen Gränze, 12. Dez. Kaum sind die Klagen über die Cholera verschwunden, und schon erhebt sich drüben eine neue asiatische Krankheit, unter dem Namen Dzumy. Diese Seuche, welche, von Rußland kommend, jetzt sich auch schon in Warschau gezeigt, tritt in weißen Blattern auf dem Körper auf und rafft ihre Opfer mit weit größerer Schnelligkeit, als die Cholera weg. (Pos. Ztg.) Altona, 20. Dez. Gestern Abend wurde Herr Bracklow, als er sich in die Versammlung des väterländischen Vereins begeben wollte, dessen Vorstand er ist, verhaftet. Das Volk machte den Versuch, ihn zu befreien, aber Linie und Bürgermilitär verhinderten es. Vor Mitternacht schon herrschte wieder Ruhe. * Kassel, 19. Dez. Endlich ist das Urtheil gegen die Ex-Garde-du-Korps verkündet worden. Man erinnert sich der von diesen Garde-du-Korps gegen waffenlose Bürger verübten Gräuelthaten. Die Reaktion hatte diese saubere Heldenthaten hervorgerufen; adlige Offiziere waren die Lenker. Wenn aber Soldaten Verbrechen begehen gegen Bürger, so muß es schon zum Aeußersten kommen, wenn mehr als eine Scheinstrafe ausgesprochen wird. Im vorliegenden Falle ging eine wirkliche Strafe nicht ganz zu vermeiden, sie wurde aber so gelind eingerichtet, als nur möglich, damit die Soldateska ja nicht den Muth verliere, sich auch fernerhin in solchen Heldenthaten gegen waffenlose Menschen zu erproben und über ruhig ihres Weges gehende Bürger in kannibalischer Wuth mit gezogenem Säbel herzufallen. Einer der Anstifter, Lieutn. v. Verschuer I., erhielt — nun wie viel? — 1 Monat Festung; Lieutn. v. Verschuer II. — 14 Tage Arrest! Rittmeister v. Baumbach 3 Wochen Arrest, Wachtmeister Stiegel 7 und Gärtner 3 Wochen Arrest. Gegen die Gemeinen ist ebenfalls auf Arrest erkannt. Man sieht, wie billig es ist, als Soldat die Leute niederzuhauen, besonders wenn man Wachtmeister, Lieutenant etc. ist. !!! Frankfurt, 21. Dezember. Sitzung der National-Versammlung. Vicepräsident Beseler präsidirt. Auf der Tagesordnung sehen wir: 1. Berathung über das „Einführungsgesetz für die Grundrechte des deutschen Volkes“ 2. Berathung des vom Finanzausschuß erstatteten Berichts, über das Büdget der Reichsversammlung und der provisorischen Centralgewalt für die Periode vom 1. September bis zum 31 Dezember 1848. 3. Fortsetzung der Berathung über den „Reichstag.“ (Art 6. § 20 ff.) Roßmäßler befrägt den Reichsminister des Innern wegen einer Verletzung des Briefgeheimnisses, welche ihm widerfahren ist. Der Minister ist nicht da. Diese Verletzung des Briefgeheimnisses gehört vermuthlich zu den Märzerrungenschaften und den eben vollendeten Grundrechten! Würth aus Sigmaringen (der Hochverräther) frägt den Kriegsminister, wie lange die lästige und ganz überflüssige Einquartirung im Kreise Siegmaringen dauern wird? Der Minister ist nicht anwesend. Man geht zur Tagesordnung. Die Berathung des Einführungsgesetzes führt zu einer eben so heftigen als charakteristischen Debatte. Gombard aus München (eine Säule der Fürsten) stellt in Verbindung mit den Herren v. Radowitz, v. Linde, v. Vinke und einigen andern Reaktionären folgenden erbaulichen Antrag: „In Folge des Beschlusses vom 7. April d. J., wonach die Nationalvertreter gewählt werden sollen für das zwischen den Regierungen und dem Volke zu Stande zu bringende Verfassungswerk, beschließt die National-Versammlung: die Grundrechte den Regierungen der Einzelstaaten zur alsbaldigen Erklärung über die Annahme vorzulegen, damit sie im Falle der Annahme als Bestandtheile der Verfassung gesondert verkündet werden können.“ Die Erläuterung dieses Antrags, welche Hr. Gombard mit der erstaunlichsten Naivität und Freimüthigkeit zu Tage bringt, wird von der Versammlung mit dem herzzerreißendsten Konzert, mit einer wahrhaft grauenerregenden Katzenmusik begleitet. Zell und Schoder ermüßigen sich, Hrn. Gompard kurz aber energisch und unter vielem Beifall zurechtzuweisen. Hierauf stimmt man über den vorstehenden Antrag namentlich ab und verwirft denselben mit 334 Stimmen gegen 69. Dafür stimmten außer jenen Koriphäen der Reaktion ganz unbekannte Namen. Hierauf geht man nach einigem neuen Lärm zur Abstimmung, und nimmt das Gesetz in folgender Gestalt an: Einführungsgesetz für die Grundrechte des deutschen Volkes. Die Grundrechte des deutschen Volkes werden im ganzen Umfange des deutschen Reichs unter nachfolgenden Bestimmungen hiermit eingeführt: I. Mit diesem Reichsgesetz treten in Kraft die Bestimmungen: der §§ 1, 2, 3 (jedoch in Bezug auf Aufenthalt Wohnsitz und Gewerbebetrieb unter Vorbehalt der in Aussicht gestellten Reichsgesetze), 4, 5, 6, 7 (vorbehaltlich der in III. und VIII. dieses Gesetzes enthaltenen Beschränkungen), 8 (unter Verweisung auf III. und VII. enthaltenen Bestimmungen), 11, 12, 13 (mit der Maßgabe, daß, wo Schwurgerichte noch nicht eingeführt sind, bis (!) zu deren Einführung über Preßvergehen, die bestehenden Gerichte entscheiden), 14, 15, 16, 17 (blos 2. und 3. Absatz), 18, 22, 24, 25, 28, 29, 30, 31, 32, 33 (2. Absatz), 34, 35 (mit Ausnahme des ersten Absatzes), 36 (2. Absatz), 37 (vorbehaltlich der über die Ablösung der Jagdgerechtigkeiten und über die Ausübung des Jagdrechts zu erlassenden Gesetze), 42 und 44 (erster Absatz). Alle Bestimmungen einzelner Landesrechte, welche hieemit in Widerspruch stehen, treten außer Kraft. II. In Beziehung auf den im § 17 ausgesprochenen Grundsatz der Selbstständigkeit der Religionsgesellschaften sollen die organischen Einrichtungen und Gesetze, welche für die bestehenden Kirchen zur Durchführung dieses Prinzips erforderlich sind, in den Einzelstaaten möglichst bald getroffen und erlassen werden. III. Abänderungen oder Ergänzungen der Landesgesetzgebungen, so weit dieselben durch die folgenden Bestimmungen der Grundrechte geboten sind, sollen ungesäumt auf verfassungsmäßigem Wege getroffen werden und zwar: 1. statt der im § 9 und § 40 abgeschafften Strafen des Todes, des Prangers, der Brandmarkung, der körperlichen Züchtigung und der Vermögenseinziehung durch gesetzliche Feststellung einer anderweiten Bestrafung der betreffenden Verbrechen; 2. durch Ausfüllung der Lücken, welche in Folge der im § 7 ausgesprochenen Aufhebung der Standesunterschiede im Privatrechte eintreten; 3. durch Regelung der Wehrpflicht auf Grund der im § 7 enthaltenen Vorschrift; 4. durch Feststellung der beim Heer und Seewesen vorbehaltenen Modifikationen des § 8; 5. durch Erlassung der Gesetze, welche den dritten im § 10 erwähnten Fall der Haussuchung ordnen; 6. durch Erlassung der nach §§ 19, 20 und 21 erforderlichen Vorschriften über Eid, Ehe und Standesbücher; 7. durch Einrichtung des Schulwesens auf Grund der §§. 23, 26 u. 27; 8. durch Aenderungen im Gerichts- und Verwaltungswesen gemäß den Bestimmungen des §. 35 im ersten Absatz, der §§. 41, 43, 44 im zweiten und dritten Absatze, sowie der §§. 45-49 incl. IV. Ebenso ist ungesäumt die weitere Feststellung der in den §§. 33, 36 bis einschließlich 39 geordneten Eigenthumsverhältnisse in den einzelnen Staaten vorzunehmen. V. Die Erlassung und Ausführung der vorstehend gedachten neuen Gesetze sollen von Reichs wegen überwacht werden. VI. Bis zur Erlassung der in den §§. 3, 13, 32 u. 50 erwähnten Reichsgesetze sind die betreffenden Verhältnisse der Landesgesetzgebung unterworfen. VII. In den Fällen, in welchen nach dem Vorstehenden neue Gesetze erforderlich oder in Aussicht gestellt sind, bleiben bis zur Erlassung derselben für die betreffenden Verhältnisse die bisherigen Gesetze in Kraft. Rücksichtlich der Haussuchung bleibt denjenigen öffentlichen Beamten, welche zum Schutz der Abgabenerhebung und des Waldeigenthums zur Haussuchung befugt sind, vorläufig diese Befugniß. Einige Minoritätserachten, die zu Art. I. gestellt waren, wurden zurückgezogen. Einige Amendements verworfen. Diskutirt wurde über die vorstehenden VII Artikel nicht. Dagegen erhob sich eine Diskussion über den vielfach amendirten Art. VIII., den Schlußartikel dieses Einführungsgesetzes, welcher also lautet: VIII Abänderungen der Grundverfassung einzelner deutscher Staaten, welche durch die Abschaffung der Standesvorrechte nothwendig werden, sollen innerhalb sechs Monaten durch die gegenwärtigen Organe der Landesgesetzgebung nach folgenden Bestimmungen herbeigeführt werden: 1. die durch die Verfassungsurkunden für den Fall der Verfassungsänderungen vorgeschriebenen Erschwerungen der Beschlußnahme finden keine Anwendung, vielmehr ist in den Formen der gewöhnlichen Gesetzgebung zu verfahren; 2. wenn in Staaten, wo zwei Kammern bestehen, dieser Weg keine Vereinigung herbeiführen sollte, so treten diese zusammen, um in einer Versammlung durch einfache Stimmenmehrheit die erforderlichen Beschlüsse zu fassen. Sind in der bezeichneten Frist die betreffenden Gesetze nicht erlassen, so hat die Reichsgewalt nach Lage (!) der Sache (!) die Maßregeln zu treffen, welche die Ausführung sichern. Gegen diesen Artikel spricht Schober und für folgenden von ihm und Tafel gestellten Antrag: „Zum Zweck derjenigen Abänderungen der Grundverfassung einzelner deutscher Staaten, welche nach vorstehenden Bestimmungen der Grundrechte vorzunehmen sind, sollen Landesversammlungen nach den Wahlvorschriften des Vorparlaments gewählt und einberufen werden und ist sofort der Vollzug jener Abänderungen binnen der nächsten drei Monate anzuordnen.“ Eventuell beantragt Schoder, statt der in Art. VIII angesetzten 6 Monate, nur 3 Monate setzen zu wollen. — Der Schlußsatz des Art. VIII. sei in einer Sprache abgefaßt, welche er wirklich seit den Märztagen für unmöglich gehalten hätte. (Man lese diesen Schlußsatz. Er ist eine Camphausen'sche Stylübung!) An seiner Stelle hat die Minorität des Ausschusses (Mittermaier, Wigard etc.) beantragt: „Sind in der bezeichneten Frist die betreffenden Gesetze nicht erlassen, so hat die Reichsgewalt die Regierung des einzelnen Staates aufzufordern, ungesäumt auf Grundlage des Reichswahlgesetzes eine aus einer einzigen Kammer bestehende Landesversammlung zu berufen“ Mittermaier empfiehlt dies Minoritäts-Erachten. Buß aus Freiburg (Ultramontan, eine äußerst komische Erscheinung, hohe weiße Halsbinde, weiße Weste, sehr durchdringende und scharfe Stimme von immerwährendem Kopfschütteln und Handbewegungen begleitet), befindet sich diesmal mit Schoder auf einem und demselben revolutionären Boden und — einer Meinung (Heiterkeit und Bravo links, rechts Vergnüglichkeit). Seine Rede ist von Unsinn und Sinn ein lieblich Gemisch Zum Schluß der Debatte empfiehlt der Berichterstatter Deiters die Fassung des Art. VIII. nach der Majorität des Verfassungs-Ausschusses. Bei der Abstimmung wurde das Amendement von Tafel und Schoder verworfen. (Das Wort Vorparlament kommt ja darin vor!). Ebenso ein ähnlicher Antrag von Moritz Mohl. Ebenso das Amendement von Schoder in Satz 1, Art. VIII., statt 6, 3 Monate zu setzen. Ein Antrag von Drexler: im Satz 1, Art VIII. statt gegenwärtige Organe, einfach Organe zu setzen, wird mit 230 Stimmen gegen 198 verworfen. Hierauf wird Art. VIII. und zwar der einleitende Satz und Punkt 1. und 2 angenommen. Alsdann als Punkt 3 ein Antrag von Schoder: 3. Uebrigens bleibt es den Landesgesetzgebungen unbenommen, sich darüber, daß jene Abänderungen durch eine neu zu wählende Landesversammlung vorgenommen werden, zu vereinbaren, für welche Vereinbarung alsdann die Bestimmungen unter 1 und 2 maßgebend sind.“ Endlich statt des im diplomatischen Styl abgefaßten Schlußsatzes von Art. VIII. das oben angeführte Minoritäts-Erachten von Wigard, Mittermaier etc. mit 215 Stimmen gegen 198 angenommen. Somit sind Grundrechte und Einführungsgesetz zu Stande gebracht. Wie ich eben höre, wird das Reichsministerium das vorstehende Einführungsgesetz und die Grundrechte bereits den 23. durch das Reichsgesetzblatt publiziren. Um halb 3 Uhr vertagt man sich, und setzt auf die Tagesordnung von Morgen den Rest der heutigen. Endlich beschließt man noch morgen und Sonnabend Sitzung zu halten, und sich dann bis zum 28. d. Mts. zu vertagen ** Frankfurt, 21. Dez. Nachrichten aus Berlin sprachen kürzlich davon, daß der Dr. Stieber, durch sein Auftreten im schlesischen Gebirge als königl. preußischer Polizeispion unter dem Namen eines Maler Schmidt bekannt, eine Reise nach unserer Stadt antreten werde Ich kann Ihnen heute melden, daß der etc. Stieber sich wirklich in der hiesigen Gegend eingefunden hat, um, wie man sagt, unter dem Deckmantel demokratischer Gesinnungen den hiesigen September-Ereignissen auf den Grund zu kommen. Karlsruhe, 19. Dez. Heute wurde Dr. K. Steinmetz, der wegen einer von ihm bei der ersten Volksversammlung zu Achern gehaltenen Rede hier am 12. April verhaftet worden war, nach einer „Untersuchungshaft“ von 252 Tagen gegen Kaution aus dem Gefängnisse entlassen. (M. Abdz.) Italien. 068 Neapel, 11. Dez. Ein Ex-Pabst ist immer noch mehr werth, als ein Ex-König. Wenigstens kontrastirt die ländliche Zurückgezogenheit Louis Philipp's zu Claremont und Richmond, die nur zuweilen durch einen aristokratischen Kondolenzbesuch unterbrochen wird, seltsam genug mit dem Leben, das sich um die Person des flüchtigen Kirchenfürsten zu Gaëta entwickelt. Tägliche Besuche der neapolitanischen Königsfamilie; spanische, französische, russische, preußische, belgische und sardinische Gesandte (Cavaignac schickte sogar einen seiner Adjutanten als persönlichen Botschafter); eine abgewiesene Deputation der revolutionären römischen Regierung; zu guter letzt ein französischer und ein spanischer Kriegsdämpfer im Hafen, die Tag und Nacht um die Wette heitzen und ihren Dampf in die Luft puffen, jeder von ihnen begierig, den neunten Pius seinen heimathlichen Gestaden zu entführen — Alles das beweist, daß auch eine gefallene Größe, wenn sie sonst irgendwie noch für die Contrerevolution zu benutzen ist, immer noch recherchirt sein kann. Man erzählt sich hier aus ziemlich sicherer Quelle, daß es Cavaignac's Eigennutz hauptsächlich gewesen ist, der den Pabst zur Abreise aus Rom bestimmt hat. Neapel wurde ihm, des Scheins wegen, zuerst als einstweiliges Asyl vorgeschlagen, dann aber sofort Avignon, dessen Geistlichkeit selbst eine solenne Einladung, begleitet von einer auch historisch werthvollen kirchlichen Reliquie (einer von Pius VI. herrührenden Pix) an ihn ergehen ließ. Der Pabst traute jedoch nicht, sondern erklärte, sich auf die Insel Minorka unter spanischen Schutz begeben zu wollen. Demgemäß wurde einem zu Marseille stationirten spanischen Dämpfer durch einen französischen Expressen Ordre zugeschickt, nach Gaëta zu eilen, dessen Hafen der Flüchtling dem von Civita-Vecchia, wo er auf Schwierigkeiten zu stoßen fürchtete, für die Einschiffung vorzog. Die Ordre kam jedoch „zufällig“ zu spät nach Marseille, und als der Pabst, im Einverständniß mit der gesammten auswärtigen Diplomatie, zu Gaëta ankam, war kein spanischer Dämpfer mehr zu hören und zu sehen. Augenzeugen versichern, daß der Flüchtling, als er sich so getäuscht sah, in Thränen ausgebrochen, ja sogar in Ohnmacht gefallen ist. Jetzt entschloß er sich die Hospitalität des Königs von Neapel anzurufen, der ihm alsbald, zum Zeichen seiner Willfährigkeit, einen Besuch abstattete. Wenige Stunden später kam ein französischer Dämpfer, 48 Stunden zu spät der erwartete spanische (Siehe den Verfolg in der Beilage.)

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 177. Köln, 24. Dezember 1848, S. 0955. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz177_1848/3>, abgerufen am 24.04.2024.