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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 173. Köln, 20. Dezember 1848.

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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 173. Köln, Mittwoch den 20. Dezember 1848.

Bestellungen auf die "Neue Rheinische Zeitung" für das nächste Quartal, Januar bis März 1849, wolle man baldigst machen und zwar in Köln bei der Expedition der Zeitung (unter Hutmacher Nr. 17), auswärts bei allen Postanstalten Deutschlands.

Für Frankreich übernehmen Abonnements Hr. G. A. Alexandre, Nr. 28 Brandgasse in Straßburg, und Nr. 23 rue Notre Dame de Nazareth in Paris, so wie das k. Oberpostamt in Aachen; für England die HH. J. J. Ewer u. Comp., 72, Newgate Street in London; für Belgien und Holland die resp. k. Briefpostämter und das Postbüreau in Lüttich.

Durch den Wegfall des Stempels wird der Abonnementspreis ermäßigt und beträgt von jetzt ab für Köln nur 1 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf., bei allen preußischen Postanstalten, (das Porto einbegriffen) nur 1 Thlr. 17 Sgr. vierteljährlich; für Abonnenten im übrigen Deutschland tritt ein verhältnißmäßiger Postaufschlag hinzu.

Die Redaktion bleibt unverändert.

Die bisherigen Monatsgänge der "Neuen Rheinischen Zeitung" sind ihr Programm. Durch ihre persönlichen Verbindungen mit den Chefs der demokratischen Partei in England, Frankreich, Italien, Belgien und Nordamerika ist die Redaktion in Stand gesetzt, ihren Lesern die politisch-soziale Bewegung des Auslandes richtiger und klarer abzuspiegeln, als irgend ein anderes Blatt. Die "N. Rh. Ztg." ist in dieser Beziehung nicht blos das Organ der deutschen, sondern der europäischen Demokratie.

Inserate: Die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.

Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen unseres Blattes eine sehr weite Verbreitung.

Die Gerantur der "Neuen Rheinischen Zeitung."

Uebersicht.

Deutschland. Düsseldorf. (Eine neue Wendung der Dinge.) Jülich. (v. Mylius. v. Berg.) Münster. (Der Monsterprozeß und die Gerichte.) Berlin. (D'Ester, Manteuffel und Rimpler. -- Kriminalprozeß wegen Arbeitseinstellung.) Breslau. (Fernerer Bericht über den Bürgerwehrkongreß.) Olmütz. (Bund der Cavaignac'schen Republik mit Oestreich.) Wien. (Das Programm des Ministeriums. -- Morning Chronicle und die Kölnische Zeitung, -- Der Krieg gegen Ungarn. -- Deutschland. -- Die "Presse" über die Serben. -- Venedig.) Gratz. (Die russische Flotte vor Triest.) München. (Truppen nach dem Gebirge) Nürnberg. (Die bevorstehende Kammer.) Darmstadt. (Ministerium Jaup. -- Eine Erbschaft des Reichsministeriums.) Altenburg. (Dölitzsch Bürgerwehrcommandant.) Hamburg. (Die const. Vers. vereinbart sich.) Glückstadt. (Wirthschaft in Schleswig-Holstein).

Italien. Turin. (Die römische Deputation an den Papst nicht angenommen. -- Pellegrini. -- Neue Demonstrationen zu Genua -- Die Kabinetskrise. -- Interpellation wegen des Brüssler Congresses.) Venedig. (Ein Waffenstillstand.) Rom. (Protest gegen Cavaignac. -- Truppen nach Civita-Vecchia).

Französische Republik. Vermischtes. -- Der Februarsieg und die Restauration).

Spanien. Madrid. (Oberst Posas. -- Das diplomatische Corps und die Douanen. -- Conscription für 1849. -- Der Friedensfürst. -- Die Bank).

Belgien. Brüssel. (Die "Independance").

Portugal. Lissabon. (Anerbieten an den Papst. -- General Gomez).

Großbritannien. London. (Ueber Auswanderung nach Australien. -- Chartistenproceß in Liverpool. -- Dublin. (Die Liquidation der Versöhnungshalle).

Rußland Berdyczew. (Verheerungen der Cholera).

Amerika. (Wahlcorruption).

Deutschland.
Z Düsseldorf, 18. Dezember.

Das Puppenspiel unseres sogenannten Belagerungszustandes löst sich in Wohlgefallen mit vieler Heiterkeit auf. Der Hr. Oberpräsident Eichmann geruhte uns von Civilwegen zu besuchen, und der Hr. v. d. Groeben dito von Seiten der Kriegsmacht. Man speiste ganz wohlgemuth im Hotel Disch, und hatte die Gnade die 6 suspendirten Regierungsräthe des hiesigen Kollegiums einzuladen. Summa Summarum: Herr Oberpräsident Spiegel, welcher mit Hrn. Kommunist Drigalski die Vorsicht gebraucht hatte, unsere gemüthliche Rheinstadt in Belagerung zu setzen, fand es für gut, zur Zeit des Zweckessens zu verschwinden; sein Barbier sagt, er seie krank. Kurzum er ist jetzt suspendirt, und die unlängst suspendirt gewesenen 6 Regierungsräthe werden morgen Dienstag ihre Funktionen wieder wahrnehmen. So wendet sich das Blatt! Als neuer Regierungspräsident wird Hr. Putkammer genannt. Hr. Drigalski, unser liebenswürdiger Kommunist und Bürger, der so klug war, der Stadt jährlich, d. h. so lange er hier blieb, 1000 Thlr. zum Besten der Armen zu machen, -- NB. mit der Bedingung, sämmtliche Militär-Armen hierselbst, -- ihre Zahl ist unnennbar -- als bürgerliche Armen aufzunehmen, wofür sich der Gemeinderath klüglich bedankte und demnächst das kommunistische Anerbieten zurückwies, -- soll auch versetzt, suspendirt oder sonst so was sein oder werden. Jedenfalls, er zieht in Gnaden heim. Unterdeß geht unser sogenannter Belagerungszustand seinen Verlauf. Gestern erst noch fand eine bedeutende Prügelei zwischen Bürgern und Militär statt, worin Letzteres den kürzern zog; das alles gehört zum Belagerungszustand. Man arbeitet in den hiesigen Kasernen Tag und Nacht an Landwehrröcken, und spricht von einer Truppenmacht von 15-30,000 Mann, welche am Niederrhein zusammenzogen werden soll.

73 Jülich, 15. Dez.

Die arme Reaktion hat doch in jüngster Zeit, wo sie so stolz und höhnisch ihr Haupt in den Nacken zu werfen begann, manchen Schabernack erleiden müssen. Manche noch so fein und vorsichtig eingefädelte Klüngelei wurde vereitelt, manche noch so schöne Hoffnung auf sichern Erfolg zerrann in dem Augenblicke, als man sich dem sichern Ziele schon nahe glaubte, wie ein Luftbild in der Sandwüste, und wurde wie man sagt, zu Wasser. Und so etwas hat denn auch unser Landsmann und wackerer Kämpe Hr. Freiherr v. Mylius erfahren müssen, der hochbegnadete Doppeldeputirte, als er der Welt das nie gesehene Schauspiel zu geben im Begriffe war, wie man nämlich mit einem Fuße im Brandenburger Dom und mit dem andern in der reformirten Kirche stehen könne, und doch noch obendrein ob dieser Komödie von seinen Wahlmännern für ein politisches Chamäleon gehalten, und mit einem derben Mißtrauensvotum auf die Reise geschickt werden könne.

Und der wackere Ritter zog gen Brandenburg, nicht hoffen dürfend, seinen Stellvertreter, Hrn. v. Berg, unschädlich zu machen, und die furchtbare rothe Republik zu bekämpfen, nein -- jetzt nur um mit den andern kühnen Recken dem armen hungernden und gaffenden Volke wo möglich noch bis zu Weihnachten mit einer fertigen Verfassung eine Bescheerung zu machen, die an einem ewig grünen Brandenburger Tannenbäumchen hängend, sich herrlich ausgenommen haben würde. Aber der Mensch denkt, und Brandenburg lenkt!

Den Hrn. v. Berg hatten die wackren Eupener Bürger gewählt und inzwischen machte man in Brandenburg den Dom zu, und die Pinschgauer zogen um den Dom herum!

Mittlerweile war aber Hr. v. Berg zurückgekehrt. Er hatte in Berlin bis zum letzten Augenblicke ausgeharrt und es verschmäht, nach Brandenburg zu gehen. Jülich's Bürger fühlten es, daß sie ihrem Abgeordneten dafür Anerkennung schuldeten, und diese Schuld haben sie ihm auf eine würdige Weise am Sonntage abgetragen. Eupen hatte seinen neuen Deputirten schon auf das festlichste empfangen, als er sich dahin begeben, um seinen Wählern zu erklären: daß er es seinem Gewissen nicht verantworten könne, nach Brandenburg zu gehen. -- Eingeladen, erschien Hr. v. Berg am Sonntage hier in einer äußerst zahlreichen Volksversammlung, gab seinen Wählern Rechenschaft über sein Wirken in Berlin, und riß die Versammlung durch seinen eben so klaren als unparteiischen Vortrag, zum Ausbruche des stürmischsten Beifalls hin. Am Abende brachte ihm die Bürgerschaft einen glänzenden Fackelzug. Obgleich eine gewisse Partei es nicht an Aufreizungen hatte fehlen lassen, so störte auch nicht der kleinste Mißlaut diese ernste und würdige Feier! So ehrt das Volk seine Vertreter!

41 Münster, 18. Dez.

Da der glänzende Empfang des am 13. Abends aus Berlin angelangten Herrn Temme von Seiten unserer Bürgerschaft hauptsächlich eine Demonstration gegen die Bodelschwingh-Olfers'sche Partei so wie gegen das Untersuchungsgericht und den Kriminalsenat, deren reaktionäre Mitglieder unter dem Einflusse jener Partei stehen, bezweckte, so kann man sich die Wuth dieser Leute denken, die um so größer ist, als Herr Temme von nun an dem Kriminalsenate präsidiren und sich durch den von diesem gegen seine Mitgliedschaft beim "hochverrätherischen" Ministerium eingereichten Protest nicht abhalten lassen wird, seine Kräfte der Sache des Volkes zu widmen. In ihrer feigen Wuth schmiedeten sie für den servilen Merkur einen infamen Artikel, in welchem sie die "Bürgerschaft" als bei dem Empfange Temme's gar nicht betheiligt darstellten. Und doch weiß hier jedes Kind, daß mit wenigen Ausnahmen unsere ganze Bürgerschaft, die in Temme einen rettenden Engel wähnt, seiner Ankunft als einem freudigen Ereignisse in unserer Reaktionsnacht entgegen jauchzte. Was thut Herr Brüggemann? Er druckt jenen infamen Artikel, der gegen seinen eigenen Berichterstatter gerichtet ist und denselben als einen Lügner kompromittiren soll, wörtlich nach. Auf eine Blamage mehr oder weniger, kommt's freilich der braven "Kölnischen" nicht an. Unsere Reaktionswirthschaft nimmt übrigens ihren ungestörten Fortgang. Täglich werden Gefangene hereingeschleppt und man hat über 100 Zellen in dem neuen pensylvanischen Gefängnisse zu deren Empfange in Bereitschaft gesetzt. Man beabsichtigt, sämmtliche Mitglieder des im vorigen Monat hier abgehaltenen Provinzialkongresses zur Unterstützung der Nationalversammlung gefänglich einzuziehen. Die Anklage lautet auf Hochverrath. Und doch waren unter den Mitgliedern des Kongresses ganz zahme Konstitutionelle, ganz "gemäßigte" Leute, selbst solche, die nur die Frankfurter Versammlung als kompetent zur Schlichtung der zwischen der preußischen Krone und Nationalversammlung ausgebrochenen Konflikte erachteten. Viele haben kein Wort gesprochen. Da muß es doch auch dem Kurzsichtigsten einleuchten, daß man diese Männer und ihren Einfluß auf die bevorstehenden Wahlen unschädlich machen will.

Der Kriminalsenat, der die Einleitung der Untersuchung befohlen hat, in Gemäßheit des von mir bereits früher erwähnten Manteuffelschen Reskrips an die hiesige Regierung, steht, wie oben bemerkt, unter dem Einfluß und der Leitung der Bodelschwing-Olfersschen Partei, und das Untersuchungsgericht hinwiederum unter dem Einflusse und der Leitung des Kriminalsenats. Der mit der Untersuchung beauftragte Richter ist der Kriminalgerichtsdirektor Giese, ein Mann von ungeheuerer Ehrsucht, der sich durch die Härte, womit er die Untersuchung führt, einen guten Posten bei der bevorstehenden Reorganisation der Gerichte verdienen wird; früher stand er in liberalem Geruche, dieser hat sich aber in einen derartig reaktionären verwandelt, daß man ihm jetzt schon auf zehn Schritte aus dem Wege geht. Das die Untersuchung zunächst überwachende Land- und Stadtgericht, von dem das Untersuchungsgericht nur eine Abtheilung, ist nicht blos aus reaktionären, sondern auch mit einigen Ausnahmen aus geistesbeschränkten Menschen zusammengesetzt. Der Direktor desselben, Hr. Hülsmann, alter Krieger, der sich auch auf dem Krieger- -- und Kriecherfest hat hören lassen, ist der konfuseste Mensch, den es in der Welt geben kann. In Folge eines glänzenden Berichts, den ein junger Assessor für ihn ausgearbeitet haben soll, vor einigen Jahren von Dortmund oder Unna ins Geheime Obertribunal berufen, erkannte man bald seine Unbrauchbarkeit und schickte ihn als Direktor des Stadtgerichts hierher. Unter solchen Verhältnissen hat der Prozeß begonnen und unter solchen Leuten wird er zu Ende geführt werden.

68 Berlin, 17. Dez.

Die Nachricht der "Neuen Preußischen Zeitung", der Abgeordnete d'Ester sei per Zwangspaß aus Berlin gewiesen worden, können wir entschieden als unwahr bezeichnen. d'Ester ist freiwillig nach Köthen abgereist.

Als Nachtrag zur Geschichte des 11. November theilen wir folgendes, aus zuverlässiger Quelle uns zugehendes Faktum mit. Am Nachmittag des 11. November, an dessen Abend bekanntlich die Auflösung der Bürgerwehr dekretirt wurde, ließ Minister Manteuffel den Kommandanten derselben, Hrn. Rimpler zu sich kommen. Der Minister suchte ihn durch alle möglichen Gründe von der Nothwendigkeit der Auflösung zu überzeugen und namentlich seine Mitwirkung zu dieser Maaßregel zu erlangen, Rimpler lehnte dies ganz entschieden von sich ab und schilderte dem Minister weitläufig die Stimmung der Bürgerwehr und wie er lediglich als ein vom Volksvertrauen getragener Führer, nicht bei einer Handlung mitwirken könne, die so gänzlich dem Volkswillen zuwiderlaufe und eine so durchaus ungerechtfertigte und unrechtmäßige sei. Nach Beendigung des sehr langen Gespräches und als Rimpler schon im Begriff stand, den ministeriellen Salon zu verlassen, trat plötzlich aus einer Portiere ein Beamter hervor und hielt ihm ein Protokoll über den Inhalt der ganzen Unterhaltung mit dem Minister zur Unterzeichnung hin. Rimpler lächelte verächtlich über dieses kleinliche und erbärmliche Manöver und unterzeichnete das Protokoll mit der einfachen Bemerkung: "Als Offizier bin ich gewöhnt daran, für das von mir Gesagte in jeder Weise einzustehen."

In Bernburg hat die preußische Contrerevolution Nachahmung gefunden. Auch dort ist der Landtag aus einander gejagt und eine Verfassung octroyirt worden. Nikolaus wird sich freuen, daß Alles so trefflich von Statten geht.

Berlin, 17. Dezbr.

Im vergangenen Frühjahre hörte bekanntlich der größte Theil der Berliner Setzer und Drucker zu arbeiten auf, weil sie bei den Prinzipalen höhere Lohnforderungen gestellt hatten. Die Arbeitseinstellung währte wochenlang, bis die zwischen Gehülfen und Prinzipalen damals schwebenden Unterhandlungen zu einem für beide Theile befriedigenden Endresultate geführt hatten. Gegen diejenigen Gehülfen, vier an der Zahl, welche sich in dieser Beziehung gewissermaßen zu Parteiführern ihrer Kollegen aufgeworfen hatten, ist gegenwärtig die Anklage vom Staatsanwalte beim Kriminalgericht erhoben worden.

X Breslau, 16. Dez.

(Fortsetzung des Berichts über den Bürgerwehrkongreß.) Und es war Abend und Morgen der zweite Tag, und ein spießbürgerlicher Geist schwebte über den Debatten und es war ziemlich wüst und leer. So war der 1. Tag verstrichen. Die Verhandlungen beginnen damit: Für die Bewaffnung der Bürgerwehr muß der Staat sorgen. Walesrode erscheint jetzt, die Debatte verstummt, die Begrüßung beginnt, der Präsident selbst bewillkommt den Ankommenden. Die Verhandlungen werden wieder aufgenommen. Jeder erzählt Geschichtchen seiner Bürgerwehr. Brünnersdorf zeigt auf die Intention des Gesetzes hin, daß man eine Bourgeoisbewaffnung habe einführen wollen, die Unbemittelten und Armen sollten ausgeschlossen bleiben. Um dieser Absicht aber entgegenzutreten, sei grade nöthig, daß der Staat für alle die Kosten trage. Die Majorität entschied sich für diese Ansicht. Große Freude folgte dieser Schöpfung, und, wie es schien, auch Erschöpfung; denn so verworren sind niemals die Debatten gewesen. Das Präsidium zeigt sich überaus schwach. Die Anträge überstürzten sich; man wußte kaum woher und wohin. Ueber die Artillerie spricht Walesrode. Er bemerkt dabei, daß die Pferde zur Bewaffnung und zum Gebrauch des Geschützes nöthig sind. Einzelne Redner widerstreiten dieser Ansicht!

Der zweite Punkt der Vorlage lautete: "Der Unterschied zwischen Dienst- und Hülfswache muß wegfallen". So einfach dieser Satz ist, und so offen die Berechtigung Aller vor Augen liegt, entspann sich doch eine ziemlich lange Debatte. Für das Prinzip in der Vorlage sprach Breinersdorf. Von Einzelnen wurde der Gesichtspunkt möglichst verdreht; sie fabelten von Droschkenkutschern, Fabrikarbeitern etc. -- dachten wahrscheinlich aber nur an -- ihren Geldbeutel. Die guten lieben Bourgeois! Wie besorgt sie doch sind für die Arbeiter (?!) Nach der Rede des Referenten Linderer, für obigen Punkt, verwarf die Versammlung mit unbedeutender Majorität den Unterschied zwischen Dienst- und Hülfswehr.

Die Vorlage lautete weiter: "Die Befugniß der Gemeinde-Vertretung, die waffenfähigen Einwohner unter 24 Jahren auszuschließen, muß wegfallen". O Wunder! Die deutsche Redseeligkeit zeigt sich aufopfernd.

Ueber den wichtigen Punkt: "Die Vereidigung darf nur auf die Verfassung erfolgen" entspann sich eine kurze Debatte. Friedensburg erklärte sich gegen jeden Eid, das jeder professorische Eid ebenso unsinnig als schädlich sei.

Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 173. Köln, Mittwoch den 20. Dezember 1848.

Bestellungen auf die „Neue Rheinische Zeitung“ für das nächste Quartal, Januar bis März 1849, wolle man baldigst machen und zwar in Köln bei der Expedition der Zeitung (unter Hutmacher Nr. 17), auswärts bei allen Postanstalten Deutschlands.

Für Frankreich übernehmen Abonnements Hr. G. A. Alexandre, Nr. 28 Brandgasse in Straßburg, und Nr. 23 rue Notre Dame de Nazareth in Paris, so wie das k. Oberpostamt in Aachen; für England die HH. J. J. Ewer u. Comp., 72, Newgate Street in London; für Belgien und Holland die resp. k. Briefpostämter und das Postbüreau in Lüttich.

Durch den Wegfall des Stempels wird der Abonnementspreis ermäßigt und beträgt von jetzt ab für Köln nur 1 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf., bei allen preußischen Postanstalten, (das Porto einbegriffen) nur 1 Thlr. 17 Sgr. vierteljährlich; für Abonnenten im übrigen Deutschland tritt ein verhältnißmäßiger Postaufschlag hinzu.

Die Redaktion bleibt unverändert.

Die bisherigen Monatsgänge der „Neuen Rheinischen Zeitung“ sind ihr Programm. Durch ihre persönlichen Verbindungen mit den Chefs der demokratischen Partei in England, Frankreich, Italien, Belgien und Nordamerika ist die Redaktion in Stand gesetzt, ihren Lesern die politisch-soziale Bewegung des Auslandes richtiger und klarer abzuspiegeln, als irgend ein anderes Blatt. Die „N. Rh. Ztg.“ ist in dieser Beziehung nicht blos das Organ der deutschen, sondern der europäischen Demokratie.

Inserate: Die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.

Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen unseres Blattes eine sehr weite Verbreitung.

Die Gerantur der „Neuen Rheinischen Zeitung.“

Uebersicht.

Deutschland. Düsseldorf. (Eine neue Wendung der Dinge.) Jülich. (v. Mylius. v. Berg.) Münster. (Der Monsterprozeß und die Gerichte.) Berlin. (D'Ester, Manteuffel und Rimpler. — Kriminalprozeß wegen Arbeitseinstellung.) Breslau. (Fernerer Bericht über den Bürgerwehrkongreß.) Olmütz. (Bund der Cavaignac'schen Republik mit Oestreich.) Wien. (Das Programm des Ministeriums. — Morning Chronicle und die Kölnische Zeitung, — Der Krieg gegen Ungarn. — Deutschland. — Die „Presse“ über die Serben. — Venedig.) Gratz. (Die russische Flotte vor Triest.) München. (Truppen nach dem Gebirge) Nürnberg. (Die bevorstehende Kammer.) Darmstadt. (Ministerium Jaup. — Eine Erbschaft des Reichsministeriums.) Altenburg. (Dölitzsch Bürgerwehrcommandant.) Hamburg. (Die const. Vers. vereinbart sich.) Glückstadt. (Wirthschaft in Schleswig-Holstein).

Italien. Turin. (Die römische Deputation an den Papst nicht angenommen. — Pellegrini. — Neue Demonstrationen zu Genua — Die Kabinetskrise. — Interpellation wegen des Brüssler Congresses.) Venedig. (Ein Waffenstillstand.) Rom. (Protest gegen Cavaignac. — Truppen nach Civita-Vecchia).

Französische Republik. Vermischtes. — Der Februarsieg und die Restauration).

Spanien. Madrid. (Oberst Posas. — Das diplomatische Corps und die Douanen. — Conscription für 1849. — Der Friedensfürst. — Die Bank).

Belgien. Brüssel. (Die „Independance“).

Portugal. Lissabon. (Anerbieten an den Papst. — General Gomez).

Großbritannien. London. (Ueber Auswanderung nach Australien. — Chartistenproceß in Liverpool. — Dublin. (Die Liquidation der Versöhnungshalle).

Rußland Berdyczew. (Verheerungen der Cholera).

Amerika. (Wahlcorruption).

Deutschland.
Z Düsseldorf, 18. Dezember.

Das Puppenspiel unseres sogenannten Belagerungszustandes löst sich in Wohlgefallen mit vieler Heiterkeit auf. Der Hr. Oberpräsident Eichmann geruhte uns von Civilwegen zu besuchen, und der Hr. v. d. Groeben dito von Seiten der Kriegsmacht. Man speiste ganz wohlgemuth im Hotel Disch, und hatte die Gnade die 6 suspendirten Regierungsräthe des hiesigen Kollegiums einzuladen. Summa Summarum: Herr Oberpräsident Spiegel, welcher mit Hrn. Kommunist Drigalski die Vorsicht gebraucht hatte, unsere gemüthliche Rheinstadt in Belagerung zu setzen, fand es für gut, zur Zeit des Zweckessens zu verschwinden; sein Barbier sagt, er seie krank. Kurzum er ist jetzt suspendirt, und die unlängst suspendirt gewesenen 6 Regierungsräthe werden morgen Dienstag ihre Funktionen wieder wahrnehmen. So wendet sich das Blatt! Als neuer Regierungspräsident wird Hr. Putkammer genannt. Hr. Drigalski, unser liebenswürdiger Kommunist und Bürger, der so klug war, der Stadt jährlich, d. h. so lange er hier blieb, 1000 Thlr. zum Besten der Armen zu machen, — NB. mit der Bedingung, sämmtliche Militär-Armen hierselbst, — ihre Zahl ist unnennbar — als bürgerliche Armen aufzunehmen, wofür sich der Gemeinderath klüglich bedankte und demnächst das kommunistische Anerbieten zurückwies, — soll auch versetzt, suspendirt oder sonst so was sein oder werden. Jedenfalls, er zieht in Gnaden heim. Unterdeß geht unser sogenannter Belagerungszustand seinen Verlauf. Gestern erst noch fand eine bedeutende Prügelei zwischen Bürgern und Militär statt, worin Letzteres den kürzern zog; das alles gehört zum Belagerungszustand. Man arbeitet in den hiesigen Kasernen Tag und Nacht an Landwehrröcken, und spricht von einer Truppenmacht von 15-30,000 Mann, welche am Niederrhein zusammenzogen werden soll.

73 Jülich, 15. Dez.

Die arme Reaktion hat doch in jüngster Zeit, wo sie so stolz und höhnisch ihr Haupt in den Nacken zu werfen begann, manchen Schabernack erleiden müssen. Manche noch so fein und vorsichtig eingefädelte Klüngelei wurde vereitelt, manche noch so schöne Hoffnung auf sichern Erfolg zerrann in dem Augenblicke, als man sich dem sichern Ziele schon nahe glaubte, wie ein Luftbild in der Sandwüste, und wurde wie man sagt, zu Wasser. Und so etwas hat denn auch unser Landsmann und wackerer Kämpe Hr. Freiherr v. Mylius erfahren müssen, der hochbegnadete Doppeldeputirte, als er der Welt das nie gesehene Schauspiel zu geben im Begriffe war, wie man nämlich mit einem Fuße im Brandenburger Dom und mit dem andern in der reformirten Kirche stehen könne, und doch noch obendrein ob dieser Komödie von seinen Wahlmännern für ein politisches Chamäleon gehalten, und mit einem derben Mißtrauensvotum auf die Reise geschickt werden könne.

Und der wackere Ritter zog gen Brandenburg, nicht hoffen dürfend, seinen Stellvertreter, Hrn. v. Berg, unschädlich zu machen, und die furchtbare rothe Republik zu bekämpfen, nein — jetzt nur um mit den andern kühnen Recken dem armen hungernden und gaffenden Volke wo möglich noch bis zu Weihnachten mit einer fertigen Verfassung eine Bescheerung zu machen, die an einem ewig grünen Brandenburger Tannenbäumchen hängend, sich herrlich ausgenommen haben würde. Aber der Mensch denkt, und Brandenburg lenkt!

Den Hrn. v. Berg hatten die wackren Eupener Bürger gewählt und inzwischen machte man in Brandenburg den Dom zu, und die Pinschgauer zogen um den Dom herum!

Mittlerweile war aber Hr. v. Berg zurückgekehrt. Er hatte in Berlin bis zum letzten Augenblicke ausgeharrt und es verschmäht, nach Brandenburg zu gehen. Jülich's Bürger fühlten es, daß sie ihrem Abgeordneten dafür Anerkennung schuldeten, und diese Schuld haben sie ihm auf eine würdige Weise am Sonntage abgetragen. Eupen hatte seinen neuen Deputirten schon auf das festlichste empfangen, als er sich dahin begeben, um seinen Wählern zu erklären: daß er es seinem Gewissen nicht verantworten könne, nach Brandenburg zu gehen. — Eingeladen, erschien Hr. v. Berg am Sonntage hier in einer äußerst zahlreichen Volksversammlung, gab seinen Wählern Rechenschaft über sein Wirken in Berlin, und riß die Versammlung durch seinen eben so klaren als unparteiischen Vortrag, zum Ausbruche des stürmischsten Beifalls hin. Am Abende brachte ihm die Bürgerschaft einen glänzenden Fackelzug. Obgleich eine gewisse Partei es nicht an Aufreizungen hatte fehlen lassen, so störte auch nicht der kleinste Mißlaut diese ernste und würdige Feier! So ehrt das Volk seine Vertreter!

41 Münster, 18. Dez.

Da der glänzende Empfang des am 13. Abends aus Berlin angelangten Herrn Temme von Seiten unserer Bürgerschaft hauptsächlich eine Demonstration gegen die Bodelschwingh-Olfers'sche Partei so wie gegen das Untersuchungsgericht und den Kriminalsenat, deren reaktionäre Mitglieder unter dem Einflusse jener Partei stehen, bezweckte, so kann man sich die Wuth dieser Leute denken, die um so größer ist, als Herr Temme von nun an dem Kriminalsenate präsidiren und sich durch den von diesem gegen seine Mitgliedschaft beim „hochverrätherischen“ Ministerium eingereichten Protest nicht abhalten lassen wird, seine Kräfte der Sache des Volkes zu widmen. In ihrer feigen Wuth schmiedeten sie für den servilen Merkur einen infamen Artikel, in welchem sie die „Bürgerschaft“ als bei dem Empfange Temme's gar nicht betheiligt darstellten. Und doch weiß hier jedes Kind, daß mit wenigen Ausnahmen unsere ganze Bürgerschaft, die in Temme einen rettenden Engel wähnt, seiner Ankunft als einem freudigen Ereignisse in unserer Reaktionsnacht entgegen jauchzte. Was thut Herr Brüggemann? Er druckt jenen infamen Artikel, der gegen seinen eigenen Berichterstatter gerichtet ist und denselben als einen Lügner kompromittiren soll, wörtlich nach. Auf eine Blamage mehr oder weniger, kommt's freilich der braven „Kölnischen“ nicht an. Unsere Reaktionswirthschaft nimmt übrigens ihren ungestörten Fortgang. Täglich werden Gefangene hereingeschleppt und man hat über 100 Zellen in dem neuen pensylvanischen Gefängnisse zu deren Empfange in Bereitschaft gesetzt. Man beabsichtigt, sämmtliche Mitglieder des im vorigen Monat hier abgehaltenen Provinzialkongresses zur Unterstützung der Nationalversammlung gefänglich einzuziehen. Die Anklage lautet auf Hochverrath. Und doch waren unter den Mitgliedern des Kongresses ganz zahme Konstitutionelle, ganz „gemäßigte“ Leute, selbst solche, die nur die Frankfurter Versammlung als kompetent zur Schlichtung der zwischen der preußischen Krone und Nationalversammlung ausgebrochenen Konflikte erachteten. Viele haben kein Wort gesprochen. Da muß es doch auch dem Kurzsichtigsten einleuchten, daß man diese Männer und ihren Einfluß auf die bevorstehenden Wahlen unschädlich machen will.

Der Kriminalsenat, der die Einleitung der Untersuchung befohlen hat, in Gemäßheit des von mir bereits früher erwähnten Manteuffelschen Reskrips an die hiesige Regierung, steht, wie oben bemerkt, unter dem Einfluß und der Leitung der Bodelschwing-Olfersschen Partei, und das Untersuchungsgericht hinwiederum unter dem Einflusse und der Leitung des Kriminalsenats. Der mit der Untersuchung beauftragte Richter ist der Kriminalgerichtsdirektor Giese, ein Mann von ungeheuerer Ehrsucht, der sich durch die Härte, womit er die Untersuchung führt, einen guten Posten bei der bevorstehenden Reorganisation der Gerichte verdienen wird; früher stand er in liberalem Geruche, dieser hat sich aber in einen derartig reaktionären verwandelt, daß man ihm jetzt schon auf zehn Schritte aus dem Wege geht. Das die Untersuchung zunächst überwachende Land- und Stadtgericht, von dem das Untersuchungsgericht nur eine Abtheilung, ist nicht blos aus reaktionären, sondern auch mit einigen Ausnahmen aus geistesbeschränkten Menschen zusammengesetzt. Der Direktor desselben, Hr. Hülsmann, alter Krieger, der sich auch auf dem Krieger- — und Kriecherfest hat hören lassen, ist der konfuseste Mensch, den es in der Welt geben kann. In Folge eines glänzenden Berichts, den ein junger Assessor für ihn ausgearbeitet haben soll, vor einigen Jahren von Dortmund oder Unna ins Geheime Obertribunal berufen, erkannte man bald seine Unbrauchbarkeit und schickte ihn als Direktor des Stadtgerichts hierher. Unter solchen Verhältnissen hat der Prozeß begonnen und unter solchen Leuten wird er zu Ende geführt werden.

68 Berlin, 17. Dez.

Die Nachricht der „Neuen Preußischen Zeitung“, der Abgeordnete d'Ester sei per Zwangspaß aus Berlin gewiesen worden, können wir entschieden als unwahr bezeichnen. d'Ester ist freiwillig nach Köthen abgereist.

Als Nachtrag zur Geschichte des 11. November theilen wir folgendes, aus zuverlässiger Quelle uns zugehendes Faktum mit. Am Nachmittag des 11. November, an dessen Abend bekanntlich die Auflösung der Bürgerwehr dekretirt wurde, ließ Minister Manteuffel den Kommandanten derselben, Hrn. Rimpler zu sich kommen. Der Minister suchte ihn durch alle möglichen Gründe von der Nothwendigkeit der Auflösung zu überzeugen und namentlich seine Mitwirkung zu dieser Maaßregel zu erlangen, Rimpler lehnte dies ganz entschieden von sich ab und schilderte dem Minister weitläufig die Stimmung der Bürgerwehr und wie er lediglich als ein vom Volksvertrauen getragener Führer, nicht bei einer Handlung mitwirken könne, die so gänzlich dem Volkswillen zuwiderlaufe und eine so durchaus ungerechtfertigte und unrechtmäßige sei. Nach Beendigung des sehr langen Gespräches und als Rimpler schon im Begriff stand, den ministeriellen Salon zu verlassen, trat plötzlich aus einer Portière ein Beamter hervor und hielt ihm ein Protokoll über den Inhalt der ganzen Unterhaltung mit dem Minister zur Unterzeichnung hin. Rimpler lächelte verächtlich über dieses kleinliche und erbärmliche Manöver und unterzeichnete das Protokoll mit der einfachen Bemerkung: „Als Offizier bin ich gewöhnt daran, für das von mir Gesagte in jeder Weise einzustehen.“

In Bernburg hat die preußische Contrerevolution Nachahmung gefunden. Auch dort ist der Landtag aus einander gejagt und eine Verfassung octroyirt worden. Nikolaus wird sich freuen, daß Alles so trefflich von Statten geht.

Berlin, 17. Dezbr.

Im vergangenen Frühjahre hörte bekanntlich der größte Theil der Berliner Setzer und Drucker zu arbeiten auf, weil sie bei den Prinzipalen höhere Lohnforderungen gestellt hatten. Die Arbeitseinstellung währte wochenlang, bis die zwischen Gehülfen und Prinzipalen damals schwebenden Unterhandlungen zu einem für beide Theile befriedigenden Endresultate geführt hatten. Gegen diejenigen Gehülfen, vier an der Zahl, welche sich in dieser Beziehung gewissermaßen zu Parteiführern ihrer Kollegen aufgeworfen hatten, ist gegenwärtig die Anklage vom Staatsanwalte beim Kriminalgericht erhoben worden.

X Breslau, 16. Dez.

(Fortsetzung des Berichts über den Bürgerwehrkongreß.) Und es war Abend und Morgen der zweite Tag, und ein spießbürgerlicher Geist schwebte über den Debatten und es war ziemlich wüst und leer. So war der 1. Tag verstrichen. Die Verhandlungen beginnen damit: Für die Bewaffnung der Bürgerwehr muß der Staat sorgen. Walesrode erscheint jetzt, die Debatte verstummt, die Begrüßung beginnt, der Präsident selbst bewillkommt den Ankommenden. Die Verhandlungen werden wieder aufgenommen. Jeder erzählt Geschichtchen seiner Bürgerwehr. Brünnersdorf zeigt auf die Intention des Gesetzes hin, daß man eine Bourgeoisbewaffnung habe einführen wollen, die Unbemittelten und Armen sollten ausgeschlossen bleiben. Um dieser Absicht aber entgegenzutreten, sei grade nöthig, daß der Staat für alle die Kosten trage. Die Majorität entschied sich für diese Ansicht. Große Freude folgte dieser Schöpfung, und, wie es schien, auch Erschöpfung; denn so verworren sind niemals die Debatten gewesen. Das Präsidium zeigt sich überaus schwach. Die Anträge überstürzten sich; man wußte kaum woher und wohin. Ueber die Artillerie spricht Walesrode. Er bemerkt dabei, daß die Pferde zur Bewaffnung und zum Gebrauch des Geschützes nöthig sind. Einzelne Redner widerstreiten dieser Ansicht!

Der zweite Punkt der Vorlage lautete: „Der Unterschied zwischen Dienst- und Hülfswache muß wegfallen“. So einfach dieser Satz ist, und so offen die Berechtigung Aller vor Augen liegt, entspann sich doch eine ziemlich lange Debatte. Für das Prinzip in der Vorlage sprach Breinersdorf. Von Einzelnen wurde der Gesichtspunkt möglichst verdreht; sie fabelten von Droschkenkutschern, Fabrikarbeitern etc. — dachten wahrscheinlich aber nur an — ihren Geldbeutel. Die guten lieben Bourgeois! Wie besorgt sie doch sind für die Arbeiter (?!) Nach der Rede des Referenten Linderer, für obigen Punkt, verwarf die Versammlung mit unbedeutender Majorität den Unterschied zwischen Dienst- und Hülfswehr.

Die Vorlage lautete weiter: „Die Befugniß der Gemeinde-Vertretung, die waffenfähigen Einwohner unter 24 Jahren auszuschließen, muß wegfallen“. O Wunder! Die deutsche Redseeligkeit zeigt sich aufopfernd.

Ueber den wichtigen Punkt: „Die Vereidigung darf nur auf die Verfassung erfolgen“ entspann sich eine kurze Debatte. Friedensburg erklärte sich gegen jeden Eid, das jeder professorische Eid ebenso unsinnig als schädlich sei.

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      <div type="jExpedition">
        <p>Bestellungen auf die &#x201E;Neue Rheinische Zeitung&#x201C; für das nächste Quartal, Januar bis März 1849, wolle man baldigst machen und zwar in <hi rendition="#b">Köln</hi> bei der Expedition der Zeitung (unter Hutmacher Nr. 17), <hi rendition="#b">auswärts</hi> bei allen Postanstalten Deutschlands.</p>
        <p>Für Frankreich übernehmen Abonnements Hr. G. A. <hi rendition="#g">Alexandre</hi>, Nr. 28 Brandgasse in <hi rendition="#g">Straßburg</hi>, und Nr. 23 rue Notre Dame de Nazareth in <hi rendition="#g">Paris</hi>, so wie das k. Oberpostamt in <hi rendition="#g">Aachen</hi>; für England die HH. J. J. <hi rendition="#g">Ewer</hi> u. Comp., 72, Newgate Street in <hi rendition="#g">London</hi>; für Belgien und Holland die resp. k. Briefpostämter und das Postbüreau in <hi rendition="#g">Lüttich</hi>.</p>
        <p>Durch den Wegfall des Stempels wird der Abonnementspreis ermäßigt und beträgt von jetzt ab für <hi rendition="#g">Köln</hi> <hi rendition="#b">nur 1</hi> <hi rendition="#g">Thlr</hi>. <hi rendition="#b">7</hi> <hi rendition="#g">Sgr</hi>. <hi rendition="#b">6</hi> <hi rendition="#g">Pf</hi>., bei allen preußischen Postanstalten, (das Porto einbegriffen) <hi rendition="#b">nur 1</hi> <hi rendition="#g">Thlr</hi>. <hi rendition="#b">17</hi> Sgr. vierteljährlich; für Abonnenten im übrigen Deutschland tritt ein verhältnißmäßiger Postaufschlag hinzu.</p>
        <p>Die Redaktion bleibt unverändert.</p>
        <p> <hi rendition="#b">Die bisherigen Monatsgänge der &#x201E;Neuen Rheinischen Zeitung&#x201C; sind ihr Programm. Durch ihre persönlichen Verbindungen mit den Chefs der demokratischen Partei in England, Frankreich, Italien, Belgien und Nordamerika ist die Redaktion in Stand gesetzt, ihren Lesern die politisch-soziale Bewegung des Auslandes richtiger und klarer abzuspiegeln, als irgend ein anderes Blatt. Die &#x201E;N. Rh. Ztg.&#x201C; ist in dieser Beziehung nicht blos das Organ der deutschen, sondern der europäischen Demokratie.</hi> </p>
        <p><hi rendition="#g">Inserate</hi>: Die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.</p>
        <p>Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen unseres Blattes eine sehr weite Verbreitung.</p>
        <p> <hi rendition="#b">Die Gerantur der &#x201E;Neuen Rheinischen Zeitung.&#x201C;</hi> </p>
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        <head>Uebersicht.</head>
        <p><hi rendition="#g">Deutschland</hi>. Düsseldorf. (Eine neue Wendung der Dinge.) Jülich. (v. Mylius. v. Berg.) Münster. (Der Monsterprozeß und die Gerichte.) Berlin. (D'Ester, Manteuffel und Rimpler. &#x2014; Kriminalprozeß wegen Arbeitseinstellung.) Breslau. (Fernerer Bericht über den Bürgerwehrkongreß.) Olmütz. (Bund der Cavaignac'schen Republik mit Oestreich.) Wien. (Das Programm des Ministeriums. &#x2014; Morning Chronicle und die Kölnische Zeitung, &#x2014; Der Krieg gegen Ungarn. &#x2014; Deutschland. &#x2014; Die &#x201E;Presse&#x201C; über die Serben. &#x2014; Venedig.) Gratz. (Die russische Flotte vor Triest.) München. (Truppen nach dem Gebirge) Nürnberg. (Die bevorstehende Kammer.) Darmstadt. (Ministerium Jaup. &#x2014; Eine Erbschaft des Reichsministeriums.) Altenburg. (Dölitzsch Bürgerwehrcommandant.) Hamburg. (Die const. Vers. vereinbart sich.) Glückstadt. (Wirthschaft in Schleswig-Holstein).</p>
        <p><hi rendition="#g">Italien</hi>. Turin. (Die römische Deputation an den Papst nicht angenommen. &#x2014; Pellegrini. &#x2014; Neue Demonstrationen zu Genua &#x2014; Die Kabinetskrise. &#x2014; Interpellation wegen des Brüssler Congresses.) Venedig. (Ein Waffenstillstand.) Rom. (Protest gegen Cavaignac. &#x2014; Truppen nach Civita-Vecchia).</p>
        <p><hi rendition="#g">Französische Republik</hi>. Vermischtes. &#x2014; Der Februarsieg und die Restauration).</p>
        <p><hi rendition="#g">Spanien</hi>. Madrid. (Oberst Posas. &#x2014; Das diplomatische Corps und die Douanen. &#x2014; Conscription für 1849. &#x2014; Der Friedensfürst. &#x2014; Die Bank).</p>
        <p><hi rendition="#g">Belgien</hi>. Brüssel. (Die &#x201E;Independance&#x201C;).</p>
        <p><hi rendition="#g">Portugal</hi>. Lissabon. (Anerbieten an den Papst. &#x2014; General Gomez).</p>
        <p><hi rendition="#g">Großbritannien</hi>. London. (Ueber Auswanderung nach Australien. &#x2014; Chartistenproceß in Liverpool. &#x2014; Dublin. (Die Liquidation der Versöhnungshalle).</p>
        <p><hi rendition="#g">Rußland</hi> Berdyczew. (Verheerungen der Cholera).</p>
        <p><hi rendition="#g">Amerika</hi>. (Wahlcorruption).</p>
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        <head>Deutschland.</head>
        <div xml:id="ar173_001" type="jArticle">
          <head><bibl><author>Z</author></bibl> Düsseldorf, 18. Dezember.</head>
          <p>Das Puppenspiel unseres sogenannten Belagerungszustandes löst sich in Wohlgefallen mit vieler Heiterkeit auf. Der Hr. Oberpräsident Eichmann geruhte uns von Civilwegen zu besuchen, und der Hr. v. d. Groeben dito von Seiten der Kriegsmacht. Man speiste ganz wohlgemuth im Hotel Disch, und hatte die Gnade die 6 suspendirten Regierungsräthe des hiesigen Kollegiums einzuladen. Summa Summarum: Herr Oberpräsident Spiegel, welcher mit Hrn. Kommunist Drigalski die Vorsicht gebraucht hatte, unsere gemüthliche Rheinstadt in Belagerung zu setzen, fand es für gut, zur Zeit des Zweckessens zu verschwinden; sein Barbier sagt, er seie krank. Kurzum <hi rendition="#g">er</hi> ist jetzt <hi rendition="#g">suspendirt,</hi> und die <hi rendition="#g">unlängst suspendirt gewesenen 6 Regierungsräthe</hi> werden morgen Dienstag ihre Funktionen wieder wahrnehmen. So wendet sich das Blatt! Als neuer Regierungspräsident wird Hr. Putkammer genannt. Hr. Drigalski, unser liebenswürdiger Kommunist und Bürger, der so klug war, der Stadt jährlich, d. h. so lange er hier blieb, 1000 Thlr. zum Besten der Armen zu machen, &#x2014; NB. mit der Bedingung, sämmtliche Militär-Armen hierselbst, &#x2014; ihre Zahl ist unnennbar &#x2014; als bürgerliche Armen aufzunehmen, wofür sich der Gemeinderath klüglich bedankte und demnächst das kommunistische Anerbieten zurückwies, &#x2014; soll auch versetzt, suspendirt oder sonst so was sein oder werden. <hi rendition="#g">Jedenfalls, er zieht in Gnaden heim</hi>. Unterdeß geht unser sogenannter Belagerungszustand seinen Verlauf. Gestern erst noch fand eine bedeutende Prügelei zwischen Bürgern und Militär statt, worin Letzteres den kürzern zog; das alles gehört zum Belagerungszustand. Man arbeitet in den hiesigen Kasernen Tag und Nacht an Landwehrröcken, und spricht von einer Truppenmacht von 15-30,000 Mann, welche am Niederrhein zusammenzogen werden soll.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar173_002" type="jArticle">
          <head><bibl><author>73</author></bibl> Jülich, 15. Dez.</head>
          <p>Die arme Reaktion hat doch in jüngster Zeit, wo sie so stolz und höhnisch ihr Haupt in den Nacken zu werfen begann, manchen Schabernack erleiden müssen. Manche noch so fein und vorsichtig eingefädelte Klüngelei wurde vereitelt, manche noch so schöne Hoffnung auf sichern Erfolg zerrann in dem Augenblicke, als man sich dem sichern Ziele schon nahe glaubte, wie ein Luftbild in der Sandwüste, und wurde wie man sagt, zu Wasser. Und so etwas hat denn auch unser Landsmann und wackerer Kämpe Hr. Freiherr v. Mylius erfahren müssen, der hochbegnadete Doppeldeputirte, als er der Welt das nie gesehene Schauspiel zu geben im Begriffe war, wie man nämlich mit einem Fuße im Brandenburger Dom und mit dem andern in der reformirten Kirche stehen könne, und doch noch obendrein ob dieser Komödie von seinen Wahlmännern für ein politisches Chamäleon gehalten, und mit einem derben Mißtrauensvotum auf die Reise geschickt werden könne.</p>
          <p>Und der wackere Ritter zog gen Brandenburg, nicht hoffen dürfend, seinen Stellvertreter, Hrn. v. Berg, unschädlich zu machen, und die furchtbare rothe Republik zu bekämpfen, nein &#x2014; jetzt nur um mit den andern kühnen Recken dem armen hungernden und gaffenden Volke wo möglich noch bis zu Weihnachten mit einer fertigen Verfassung eine Bescheerung zu machen, die an einem ewig grünen Brandenburger Tannenbäumchen hängend, sich herrlich ausgenommen haben würde. Aber der Mensch denkt, und Brandenburg lenkt!</p>
          <p>Den Hrn. v. Berg hatten die wackren Eupener Bürger gewählt und inzwischen machte man in Brandenburg den Dom zu, und die Pinschgauer zogen um den Dom herum!</p>
          <p>Mittlerweile war aber Hr. v. Berg zurückgekehrt. Er hatte in Berlin bis zum letzten Augenblicke ausgeharrt und es verschmäht, nach Brandenburg zu gehen. Jülich's Bürger fühlten es, daß sie ihrem Abgeordneten dafür Anerkennung schuldeten, und diese Schuld haben sie ihm auf eine würdige Weise am Sonntage abgetragen. Eupen hatte seinen neuen Deputirten schon auf das festlichste empfangen, als er sich dahin begeben, um seinen Wählern zu erklären: daß er es seinem Gewissen nicht verantworten könne, nach Brandenburg zu gehen. &#x2014; Eingeladen, erschien Hr. v. Berg am Sonntage hier in einer äußerst zahlreichen Volksversammlung, gab seinen Wählern Rechenschaft über sein Wirken in Berlin, und riß die Versammlung durch seinen eben so klaren als unparteiischen Vortrag, zum Ausbruche des stürmischsten Beifalls hin. Am Abende brachte ihm die Bürgerschaft einen glänzenden Fackelzug. Obgleich eine gewisse Partei es nicht an Aufreizungen hatte fehlen lassen, so störte auch nicht der kleinste Mißlaut diese ernste und würdige Feier! So ehrt das Volk <hi rendition="#g">seine</hi> Vertreter!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar173_003" type="jArticle">
          <head><bibl><author>41</author></bibl> Münster, 18. Dez.</head>
          <p>Da der glänzende Empfang des am 13. Abends aus Berlin angelangten Herrn <hi rendition="#g">Temme</hi> von Seiten unserer Bürgerschaft hauptsächlich eine Demonstration gegen die Bodelschwingh-Olfers'sche Partei so wie gegen das Untersuchungsgericht und den Kriminalsenat, deren reaktionäre Mitglieder unter dem Einflusse jener Partei stehen, bezweckte, so kann man sich die Wuth dieser Leute denken, die um so größer ist, als Herr Temme von nun an dem Kriminalsenate präsidiren und sich durch den von diesem gegen seine Mitgliedschaft beim &#x201E;hochverrätherischen&#x201C; Ministerium eingereichten Protest nicht abhalten lassen wird, seine Kräfte der Sache des Volkes zu widmen. In ihrer feigen Wuth schmiedeten sie für den servilen Merkur einen infamen Artikel, in welchem sie die &#x201E;Bürgerschaft&#x201C; als bei dem Empfange Temme's gar nicht betheiligt darstellten. Und doch weiß hier jedes Kind, daß mit wenigen Ausnahmen unsere <hi rendition="#g">ganze</hi> Bürgerschaft, die in Temme einen rettenden Engel wähnt, seiner Ankunft als einem freudigen Ereignisse in unserer Reaktionsnacht entgegen jauchzte. Was thut Herr Brüggemann? Er druckt jenen infamen Artikel, der gegen seinen eigenen Berichterstatter gerichtet ist und denselben als einen Lügner kompromittiren soll, wörtlich nach. Auf eine Blamage mehr oder weniger, kommt's freilich der braven &#x201E;Kölnischen&#x201C; nicht an. Unsere Reaktionswirthschaft nimmt übrigens ihren ungestörten Fortgang. Täglich werden Gefangene hereingeschleppt und man hat über 100 Zellen in dem neuen pensylvanischen Gefängnisse zu deren Empfange in Bereitschaft gesetzt. Man beabsichtigt, <hi rendition="#g">sämmtliche</hi> Mitglieder des im vorigen Monat hier abgehaltenen Provinzialkongresses zur Unterstützung der Nationalversammlung gefänglich einzuziehen. Die Anklage lautet auf <hi rendition="#g">Hochverrath</hi>. Und doch waren unter den Mitgliedern des Kongresses ganz zahme Konstitutionelle, ganz &#x201E;gemäßigte&#x201C; Leute, selbst solche, die nur die Frankfurter Versammlung als kompetent zur Schlichtung der zwischen der preußischen Krone und Nationalversammlung ausgebrochenen Konflikte erachteten. Viele haben kein Wort gesprochen. Da muß es doch auch dem Kurzsichtigsten einleuchten, daß man diese Männer und ihren Einfluß auf die bevorstehenden Wahlen unschädlich machen will.</p>
          <p>Der Kriminalsenat, der die Einleitung der Untersuchung befohlen hat, in Gemäßheit des von mir bereits früher erwähnten Manteuffelschen Reskrips an die hiesige Regierung, steht, wie oben bemerkt, unter dem Einfluß und der Leitung der Bodelschwing-Olfersschen Partei, und das Untersuchungsgericht hinwiederum unter dem Einflusse und der Leitung des Kriminalsenats. Der mit der Untersuchung beauftragte Richter ist der Kriminalgerichtsdirektor Giese, ein Mann von ungeheuerer Ehrsucht, der sich durch die Härte, womit er die Untersuchung führt, einen guten Posten bei der bevorstehenden Reorganisation der Gerichte verdienen wird; früher stand er in liberalem Geruche, dieser hat sich aber in einen derartig reaktionären verwandelt, daß man ihm jetzt schon auf zehn Schritte aus dem Wege geht. Das die Untersuchung zunächst überwachende Land- und Stadtgericht, von dem das Untersuchungsgericht nur eine Abtheilung, ist nicht blos aus reaktionären, sondern auch mit einigen Ausnahmen aus geistesbeschränkten Menschen zusammengesetzt. Der Direktor desselben, Hr. Hülsmann, alter Krieger, der sich auch auf dem Krieger- &#x2014; und Kriecherfest hat hören lassen, ist der konfuseste Mensch, den es in der Welt geben kann. In Folge eines glänzenden Berichts, den ein junger Assessor für ihn ausgearbeitet haben soll, vor einigen Jahren von Dortmund oder Unna ins Geheime Obertribunal berufen, erkannte man bald seine Unbrauchbarkeit und schickte ihn als Direktor des Stadtgerichts hierher. Unter solchen Verhältnissen hat der Prozeß begonnen und unter solchen Leuten wird er zu Ende geführt werden.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>68</author></bibl> Berlin, 17. Dez.</head>
          <p>Die Nachricht der &#x201E;Neuen Preußischen Zeitung&#x201C;, der Abgeordnete d'Ester sei per Zwangspaß aus Berlin gewiesen worden, können wir entschieden als unwahr bezeichnen. d'Ester ist freiwillig nach Köthen abgereist.</p>
          <p>Als Nachtrag zur Geschichte des 11. November theilen wir folgendes, aus zuverlässiger Quelle uns zugehendes Faktum mit. Am Nachmittag des 11. November, an dessen Abend bekanntlich die Auflösung der Bürgerwehr dekretirt wurde, ließ Minister Manteuffel den Kommandanten derselben, Hrn. <hi rendition="#g">Rimpler</hi> zu sich kommen. Der Minister suchte ihn durch alle möglichen Gründe von der Nothwendigkeit der Auflösung zu überzeugen und namentlich seine Mitwirkung zu dieser Maaßregel zu erlangen, <hi rendition="#g">Rimpler</hi> lehnte dies ganz entschieden von sich ab und schilderte dem Minister weitläufig die Stimmung der Bürgerwehr und wie er lediglich als ein vom Volksvertrauen getragener Führer, nicht bei einer Handlung mitwirken könne, die so gänzlich dem Volkswillen zuwiderlaufe und eine so durchaus ungerechtfertigte und unrechtmäßige sei. Nach Beendigung des sehr langen Gespräches und als Rimpler schon im Begriff stand, den ministeriellen Salon zu verlassen, trat plötzlich aus einer Portière ein Beamter hervor und hielt ihm ein Protokoll über den Inhalt der ganzen Unterhaltung mit dem Minister zur Unterzeichnung hin. Rimpler lächelte verächtlich über dieses kleinliche und erbärmliche Manöver und unterzeichnete das Protokoll mit der einfachen Bemerkung: &#x201E;Als Offizier bin ich gewöhnt daran, für das von mir Gesagte in jeder Weise einzustehen.&#x201C;</p>
          <p>In <hi rendition="#g">Bernburg</hi> hat die preußische Contrerevolution Nachahmung gefunden. Auch dort ist der Landtag aus einander gejagt und eine Verfassung <hi rendition="#g">octroyirt</hi> worden. Nikolaus wird sich freuen, daß Alles so trefflich von Statten geht.</p>
        </div>
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          <head>Berlin, 17. Dezbr.</head>
          <p>Im vergangenen Frühjahre hörte bekanntlich der größte Theil der Berliner <hi rendition="#g">Setzer</hi> und <hi rendition="#g">Drucker</hi> zu arbeiten auf, weil sie bei den Prinzipalen höhere Lohnforderungen gestellt hatten. Die Arbeitseinstellung währte wochenlang, bis die zwischen Gehülfen und Prinzipalen damals schwebenden Unterhandlungen zu einem für beide Theile befriedigenden Endresultate geführt hatten. Gegen diejenigen Gehülfen, vier an der Zahl, welche sich in dieser Beziehung gewissermaßen zu Parteiführern ihrer Kollegen aufgeworfen hatten, ist gegenwärtig die Anklage vom Staatsanwalte beim Kriminalgericht erhoben worden.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar173_006" type="jArticle">
          <head><bibl><author>X</author></bibl> Breslau, 16. Dez.</head>
          <p>(Fortsetzung des Berichts über den Bürgerwehrkongreß.) Und es war Abend und Morgen der zweite Tag, und ein spießbürgerlicher Geist schwebte über den Debatten und es war ziemlich wüst und leer. So war der 1. Tag verstrichen. Die Verhandlungen beginnen damit: Für die Bewaffnung der Bürgerwehr muß der Staat sorgen. Walesrode erscheint jetzt, die Debatte verstummt, die Begrüßung beginnt, der Präsident selbst bewillkommt den Ankommenden. Die Verhandlungen werden wieder aufgenommen. Jeder erzählt Geschichtchen seiner Bürgerwehr. Brünnersdorf zeigt auf die Intention des Gesetzes hin, daß man eine Bourgeoisbewaffnung habe einführen wollen, die Unbemittelten und Armen sollten ausgeschlossen bleiben. Um dieser Absicht aber entgegenzutreten, sei grade nöthig, daß der Staat für alle die Kosten trage. Die Majorität entschied sich für diese Ansicht. Große Freude folgte dieser Schöpfung, und, wie es schien, auch Erschöpfung; denn so verworren sind niemals die Debatten gewesen. Das Präsidium zeigt sich überaus schwach. Die Anträge überstürzten sich; man wußte kaum woher und wohin. Ueber die Artillerie spricht Walesrode. Er bemerkt dabei, daß die Pferde zur Bewaffnung und zum Gebrauch des Geschützes nöthig sind. Einzelne Redner widerstreiten dieser Ansicht!</p>
          <p>Der zweite Punkt der Vorlage lautete: &#x201E;Der Unterschied zwischen Dienst- und Hülfswache muß wegfallen&#x201C;. So einfach dieser Satz ist, und so offen die <hi rendition="#g">Berechtigung</hi> Aller vor Augen liegt, entspann sich doch eine ziemlich lange Debatte. Für das Prinzip in der Vorlage sprach Breinersdorf. Von Einzelnen wurde der Gesichtspunkt möglichst verdreht; sie fabelten von Droschkenkutschern, Fabrikarbeitern etc. &#x2014; dachten wahrscheinlich aber nur an &#x2014; ihren <hi rendition="#g">Geldbeutel</hi>. Die guten lieben Bourgeois! Wie besorgt sie doch sind für die Arbeiter (?!) Nach der Rede des Referenten Linderer, für obigen Punkt, verwarf die Versammlung mit unbedeutender Majorität den Unterschied zwischen Dienst- und Hülfswehr.</p>
          <p>Die Vorlage lautete weiter: &#x201E;Die Befugniß der Gemeinde-Vertretung, die waffenfähigen Einwohner unter 24 Jahren auszuschließen, muß wegfallen&#x201C;. O Wunder! Die deutsche Redseeligkeit zeigt sich aufopfernd.</p>
          <p>Ueber den wichtigen Punkt: &#x201E;Die Vereidigung darf nur auf die Verfassung erfolgen&#x201C; entspann sich eine kurze Debatte. Friedensburg erklärte sich gegen jeden Eid, das jeder professorische Eid ebenso unsinnig als schädlich sei.</p>
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[0933/0001] Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 173. Köln, Mittwoch den 20. Dezember 1848. Bestellungen auf die „Neue Rheinische Zeitung“ für das nächste Quartal, Januar bis März 1849, wolle man baldigst machen und zwar in Köln bei der Expedition der Zeitung (unter Hutmacher Nr. 17), auswärts bei allen Postanstalten Deutschlands. Für Frankreich übernehmen Abonnements Hr. G. A. Alexandre, Nr. 28 Brandgasse in Straßburg, und Nr. 23 rue Notre Dame de Nazareth in Paris, so wie das k. Oberpostamt in Aachen; für England die HH. J. J. Ewer u. Comp., 72, Newgate Street in London; für Belgien und Holland die resp. k. Briefpostämter und das Postbüreau in Lüttich. Durch den Wegfall des Stempels wird der Abonnementspreis ermäßigt und beträgt von jetzt ab für Köln nur 1 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf., bei allen preußischen Postanstalten, (das Porto einbegriffen) nur 1 Thlr. 17 Sgr. vierteljährlich; für Abonnenten im übrigen Deutschland tritt ein verhältnißmäßiger Postaufschlag hinzu. Die Redaktion bleibt unverändert. Die bisherigen Monatsgänge der „Neuen Rheinischen Zeitung“ sind ihr Programm. Durch ihre persönlichen Verbindungen mit den Chefs der demokratischen Partei in England, Frankreich, Italien, Belgien und Nordamerika ist die Redaktion in Stand gesetzt, ihren Lesern die politisch-soziale Bewegung des Auslandes richtiger und klarer abzuspiegeln, als irgend ein anderes Blatt. Die „N. Rh. Ztg.“ ist in dieser Beziehung nicht blos das Organ der deutschen, sondern der europäischen Demokratie. Inserate: Die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen unseres Blattes eine sehr weite Verbreitung. Die Gerantur der „Neuen Rheinischen Zeitung.“ Uebersicht. Deutschland. Düsseldorf. (Eine neue Wendung der Dinge.) Jülich. (v. Mylius. v. Berg.) Münster. (Der Monsterprozeß und die Gerichte.) Berlin. (D'Ester, Manteuffel und Rimpler. — Kriminalprozeß wegen Arbeitseinstellung.) Breslau. (Fernerer Bericht über den Bürgerwehrkongreß.) Olmütz. (Bund der Cavaignac'schen Republik mit Oestreich.) Wien. (Das Programm des Ministeriums. — Morning Chronicle und die Kölnische Zeitung, — Der Krieg gegen Ungarn. — Deutschland. — Die „Presse“ über die Serben. — Venedig.) Gratz. (Die russische Flotte vor Triest.) München. (Truppen nach dem Gebirge) Nürnberg. (Die bevorstehende Kammer.) Darmstadt. (Ministerium Jaup. — Eine Erbschaft des Reichsministeriums.) Altenburg. (Dölitzsch Bürgerwehrcommandant.) Hamburg. (Die const. Vers. vereinbart sich.) Glückstadt. (Wirthschaft in Schleswig-Holstein). Italien. Turin. (Die römische Deputation an den Papst nicht angenommen. — Pellegrini. — Neue Demonstrationen zu Genua — Die Kabinetskrise. — Interpellation wegen des Brüssler Congresses.) Venedig. (Ein Waffenstillstand.) Rom. (Protest gegen Cavaignac. — Truppen nach Civita-Vecchia). Französische Republik. Vermischtes. — Der Februarsieg und die Restauration). Spanien. Madrid. (Oberst Posas. — Das diplomatische Corps und die Douanen. — Conscription für 1849. — Der Friedensfürst. — Die Bank). Belgien. Brüssel. (Die „Independance“). Portugal. Lissabon. (Anerbieten an den Papst. — General Gomez). Großbritannien. London. (Ueber Auswanderung nach Australien. — Chartistenproceß in Liverpool. — Dublin. (Die Liquidation der Versöhnungshalle). Rußland Berdyczew. (Verheerungen der Cholera). Amerika. (Wahlcorruption). Deutschland. Z Düsseldorf, 18. Dezember. Das Puppenspiel unseres sogenannten Belagerungszustandes löst sich in Wohlgefallen mit vieler Heiterkeit auf. Der Hr. Oberpräsident Eichmann geruhte uns von Civilwegen zu besuchen, und der Hr. v. d. Groeben dito von Seiten der Kriegsmacht. Man speiste ganz wohlgemuth im Hotel Disch, und hatte die Gnade die 6 suspendirten Regierungsräthe des hiesigen Kollegiums einzuladen. Summa Summarum: Herr Oberpräsident Spiegel, welcher mit Hrn. Kommunist Drigalski die Vorsicht gebraucht hatte, unsere gemüthliche Rheinstadt in Belagerung zu setzen, fand es für gut, zur Zeit des Zweckessens zu verschwinden; sein Barbier sagt, er seie krank. Kurzum er ist jetzt suspendirt, und die unlängst suspendirt gewesenen 6 Regierungsräthe werden morgen Dienstag ihre Funktionen wieder wahrnehmen. So wendet sich das Blatt! Als neuer Regierungspräsident wird Hr. Putkammer genannt. Hr. Drigalski, unser liebenswürdiger Kommunist und Bürger, der so klug war, der Stadt jährlich, d. h. so lange er hier blieb, 1000 Thlr. zum Besten der Armen zu machen, — NB. mit der Bedingung, sämmtliche Militär-Armen hierselbst, — ihre Zahl ist unnennbar — als bürgerliche Armen aufzunehmen, wofür sich der Gemeinderath klüglich bedankte und demnächst das kommunistische Anerbieten zurückwies, — soll auch versetzt, suspendirt oder sonst so was sein oder werden. Jedenfalls, er zieht in Gnaden heim. Unterdeß geht unser sogenannter Belagerungszustand seinen Verlauf. Gestern erst noch fand eine bedeutende Prügelei zwischen Bürgern und Militär statt, worin Letzteres den kürzern zog; das alles gehört zum Belagerungszustand. Man arbeitet in den hiesigen Kasernen Tag und Nacht an Landwehrröcken, und spricht von einer Truppenmacht von 15-30,000 Mann, welche am Niederrhein zusammenzogen werden soll. 73 Jülich, 15. Dez. Die arme Reaktion hat doch in jüngster Zeit, wo sie so stolz und höhnisch ihr Haupt in den Nacken zu werfen begann, manchen Schabernack erleiden müssen. Manche noch so fein und vorsichtig eingefädelte Klüngelei wurde vereitelt, manche noch so schöne Hoffnung auf sichern Erfolg zerrann in dem Augenblicke, als man sich dem sichern Ziele schon nahe glaubte, wie ein Luftbild in der Sandwüste, und wurde wie man sagt, zu Wasser. Und so etwas hat denn auch unser Landsmann und wackerer Kämpe Hr. Freiherr v. Mylius erfahren müssen, der hochbegnadete Doppeldeputirte, als er der Welt das nie gesehene Schauspiel zu geben im Begriffe war, wie man nämlich mit einem Fuße im Brandenburger Dom und mit dem andern in der reformirten Kirche stehen könne, und doch noch obendrein ob dieser Komödie von seinen Wahlmännern für ein politisches Chamäleon gehalten, und mit einem derben Mißtrauensvotum auf die Reise geschickt werden könne. Und der wackere Ritter zog gen Brandenburg, nicht hoffen dürfend, seinen Stellvertreter, Hrn. v. Berg, unschädlich zu machen, und die furchtbare rothe Republik zu bekämpfen, nein — jetzt nur um mit den andern kühnen Recken dem armen hungernden und gaffenden Volke wo möglich noch bis zu Weihnachten mit einer fertigen Verfassung eine Bescheerung zu machen, die an einem ewig grünen Brandenburger Tannenbäumchen hängend, sich herrlich ausgenommen haben würde. Aber der Mensch denkt, und Brandenburg lenkt! Den Hrn. v. Berg hatten die wackren Eupener Bürger gewählt und inzwischen machte man in Brandenburg den Dom zu, und die Pinschgauer zogen um den Dom herum! Mittlerweile war aber Hr. v. Berg zurückgekehrt. Er hatte in Berlin bis zum letzten Augenblicke ausgeharrt und es verschmäht, nach Brandenburg zu gehen. Jülich's Bürger fühlten es, daß sie ihrem Abgeordneten dafür Anerkennung schuldeten, und diese Schuld haben sie ihm auf eine würdige Weise am Sonntage abgetragen. Eupen hatte seinen neuen Deputirten schon auf das festlichste empfangen, als er sich dahin begeben, um seinen Wählern zu erklären: daß er es seinem Gewissen nicht verantworten könne, nach Brandenburg zu gehen. — Eingeladen, erschien Hr. v. Berg am Sonntage hier in einer äußerst zahlreichen Volksversammlung, gab seinen Wählern Rechenschaft über sein Wirken in Berlin, und riß die Versammlung durch seinen eben so klaren als unparteiischen Vortrag, zum Ausbruche des stürmischsten Beifalls hin. Am Abende brachte ihm die Bürgerschaft einen glänzenden Fackelzug. Obgleich eine gewisse Partei es nicht an Aufreizungen hatte fehlen lassen, so störte auch nicht der kleinste Mißlaut diese ernste und würdige Feier! So ehrt das Volk seine Vertreter! 41 Münster, 18. Dez. Da der glänzende Empfang des am 13. Abends aus Berlin angelangten Herrn Temme von Seiten unserer Bürgerschaft hauptsächlich eine Demonstration gegen die Bodelschwingh-Olfers'sche Partei so wie gegen das Untersuchungsgericht und den Kriminalsenat, deren reaktionäre Mitglieder unter dem Einflusse jener Partei stehen, bezweckte, so kann man sich die Wuth dieser Leute denken, die um so größer ist, als Herr Temme von nun an dem Kriminalsenate präsidiren und sich durch den von diesem gegen seine Mitgliedschaft beim „hochverrätherischen“ Ministerium eingereichten Protest nicht abhalten lassen wird, seine Kräfte der Sache des Volkes zu widmen. In ihrer feigen Wuth schmiedeten sie für den servilen Merkur einen infamen Artikel, in welchem sie die „Bürgerschaft“ als bei dem Empfange Temme's gar nicht betheiligt darstellten. Und doch weiß hier jedes Kind, daß mit wenigen Ausnahmen unsere ganze Bürgerschaft, die in Temme einen rettenden Engel wähnt, seiner Ankunft als einem freudigen Ereignisse in unserer Reaktionsnacht entgegen jauchzte. Was thut Herr Brüggemann? Er druckt jenen infamen Artikel, der gegen seinen eigenen Berichterstatter gerichtet ist und denselben als einen Lügner kompromittiren soll, wörtlich nach. Auf eine Blamage mehr oder weniger, kommt's freilich der braven „Kölnischen“ nicht an. Unsere Reaktionswirthschaft nimmt übrigens ihren ungestörten Fortgang. Täglich werden Gefangene hereingeschleppt und man hat über 100 Zellen in dem neuen pensylvanischen Gefängnisse zu deren Empfange in Bereitschaft gesetzt. Man beabsichtigt, sämmtliche Mitglieder des im vorigen Monat hier abgehaltenen Provinzialkongresses zur Unterstützung der Nationalversammlung gefänglich einzuziehen. Die Anklage lautet auf Hochverrath. Und doch waren unter den Mitgliedern des Kongresses ganz zahme Konstitutionelle, ganz „gemäßigte“ Leute, selbst solche, die nur die Frankfurter Versammlung als kompetent zur Schlichtung der zwischen der preußischen Krone und Nationalversammlung ausgebrochenen Konflikte erachteten. Viele haben kein Wort gesprochen. Da muß es doch auch dem Kurzsichtigsten einleuchten, daß man diese Männer und ihren Einfluß auf die bevorstehenden Wahlen unschädlich machen will. Der Kriminalsenat, der die Einleitung der Untersuchung befohlen hat, in Gemäßheit des von mir bereits früher erwähnten Manteuffelschen Reskrips an die hiesige Regierung, steht, wie oben bemerkt, unter dem Einfluß und der Leitung der Bodelschwing-Olfersschen Partei, und das Untersuchungsgericht hinwiederum unter dem Einflusse und der Leitung des Kriminalsenats. Der mit der Untersuchung beauftragte Richter ist der Kriminalgerichtsdirektor Giese, ein Mann von ungeheuerer Ehrsucht, der sich durch die Härte, womit er die Untersuchung führt, einen guten Posten bei der bevorstehenden Reorganisation der Gerichte verdienen wird; früher stand er in liberalem Geruche, dieser hat sich aber in einen derartig reaktionären verwandelt, daß man ihm jetzt schon auf zehn Schritte aus dem Wege geht. Das die Untersuchung zunächst überwachende Land- und Stadtgericht, von dem das Untersuchungsgericht nur eine Abtheilung, ist nicht blos aus reaktionären, sondern auch mit einigen Ausnahmen aus geistesbeschränkten Menschen zusammengesetzt. Der Direktor desselben, Hr. Hülsmann, alter Krieger, der sich auch auf dem Krieger- — und Kriecherfest hat hören lassen, ist der konfuseste Mensch, den es in der Welt geben kann. In Folge eines glänzenden Berichts, den ein junger Assessor für ihn ausgearbeitet haben soll, vor einigen Jahren von Dortmund oder Unna ins Geheime Obertribunal berufen, erkannte man bald seine Unbrauchbarkeit und schickte ihn als Direktor des Stadtgerichts hierher. Unter solchen Verhältnissen hat der Prozeß begonnen und unter solchen Leuten wird er zu Ende geführt werden. 68 Berlin, 17. Dez. Die Nachricht der „Neuen Preußischen Zeitung“, der Abgeordnete d'Ester sei per Zwangspaß aus Berlin gewiesen worden, können wir entschieden als unwahr bezeichnen. d'Ester ist freiwillig nach Köthen abgereist. Als Nachtrag zur Geschichte des 11. November theilen wir folgendes, aus zuverlässiger Quelle uns zugehendes Faktum mit. Am Nachmittag des 11. November, an dessen Abend bekanntlich die Auflösung der Bürgerwehr dekretirt wurde, ließ Minister Manteuffel den Kommandanten derselben, Hrn. Rimpler zu sich kommen. Der Minister suchte ihn durch alle möglichen Gründe von der Nothwendigkeit der Auflösung zu überzeugen und namentlich seine Mitwirkung zu dieser Maaßregel zu erlangen, Rimpler lehnte dies ganz entschieden von sich ab und schilderte dem Minister weitläufig die Stimmung der Bürgerwehr und wie er lediglich als ein vom Volksvertrauen getragener Führer, nicht bei einer Handlung mitwirken könne, die so gänzlich dem Volkswillen zuwiderlaufe und eine so durchaus ungerechtfertigte und unrechtmäßige sei. Nach Beendigung des sehr langen Gespräches und als Rimpler schon im Begriff stand, den ministeriellen Salon zu verlassen, trat plötzlich aus einer Portière ein Beamter hervor und hielt ihm ein Protokoll über den Inhalt der ganzen Unterhaltung mit dem Minister zur Unterzeichnung hin. Rimpler lächelte verächtlich über dieses kleinliche und erbärmliche Manöver und unterzeichnete das Protokoll mit der einfachen Bemerkung: „Als Offizier bin ich gewöhnt daran, für das von mir Gesagte in jeder Weise einzustehen.“ In Bernburg hat die preußische Contrerevolution Nachahmung gefunden. Auch dort ist der Landtag aus einander gejagt und eine Verfassung octroyirt worden. Nikolaus wird sich freuen, daß Alles so trefflich von Statten geht. Berlin, 17. Dezbr. Im vergangenen Frühjahre hörte bekanntlich der größte Theil der Berliner Setzer und Drucker zu arbeiten auf, weil sie bei den Prinzipalen höhere Lohnforderungen gestellt hatten. Die Arbeitseinstellung währte wochenlang, bis die zwischen Gehülfen und Prinzipalen damals schwebenden Unterhandlungen zu einem für beide Theile befriedigenden Endresultate geführt hatten. Gegen diejenigen Gehülfen, vier an der Zahl, welche sich in dieser Beziehung gewissermaßen zu Parteiführern ihrer Kollegen aufgeworfen hatten, ist gegenwärtig die Anklage vom Staatsanwalte beim Kriminalgericht erhoben worden. X Breslau, 16. Dez. (Fortsetzung des Berichts über den Bürgerwehrkongreß.) Und es war Abend und Morgen der zweite Tag, und ein spießbürgerlicher Geist schwebte über den Debatten und es war ziemlich wüst und leer. So war der 1. Tag verstrichen. Die Verhandlungen beginnen damit: Für die Bewaffnung der Bürgerwehr muß der Staat sorgen. Walesrode erscheint jetzt, die Debatte verstummt, die Begrüßung beginnt, der Präsident selbst bewillkommt den Ankommenden. Die Verhandlungen werden wieder aufgenommen. Jeder erzählt Geschichtchen seiner Bürgerwehr. Brünnersdorf zeigt auf die Intention des Gesetzes hin, daß man eine Bourgeoisbewaffnung habe einführen wollen, die Unbemittelten und Armen sollten ausgeschlossen bleiben. Um dieser Absicht aber entgegenzutreten, sei grade nöthig, daß der Staat für alle die Kosten trage. Die Majorität entschied sich für diese Ansicht. Große Freude folgte dieser Schöpfung, und, wie es schien, auch Erschöpfung; denn so verworren sind niemals die Debatten gewesen. Das Präsidium zeigt sich überaus schwach. Die Anträge überstürzten sich; man wußte kaum woher und wohin. Ueber die Artillerie spricht Walesrode. Er bemerkt dabei, daß die Pferde zur Bewaffnung und zum Gebrauch des Geschützes nöthig sind. Einzelne Redner widerstreiten dieser Ansicht! Der zweite Punkt der Vorlage lautete: „Der Unterschied zwischen Dienst- und Hülfswache muß wegfallen“. So einfach dieser Satz ist, und so offen die Berechtigung Aller vor Augen liegt, entspann sich doch eine ziemlich lange Debatte. Für das Prinzip in der Vorlage sprach Breinersdorf. Von Einzelnen wurde der Gesichtspunkt möglichst verdreht; sie fabelten von Droschkenkutschern, Fabrikarbeitern etc. — dachten wahrscheinlich aber nur an — ihren Geldbeutel. Die guten lieben Bourgeois! Wie besorgt sie doch sind für die Arbeiter (?!) Nach der Rede des Referenten Linderer, für obigen Punkt, verwarf die Versammlung mit unbedeutender Majorität den Unterschied zwischen Dienst- und Hülfswehr. Die Vorlage lautete weiter: „Die Befugniß der Gemeinde-Vertretung, die waffenfähigen Einwohner unter 24 Jahren auszuschließen, muß wegfallen“. O Wunder! Die deutsche Redseeligkeit zeigt sich aufopfernd. Ueber den wichtigen Punkt: „Die Vereidigung darf nur auf die Verfassung erfolgen“ entspann sich eine kurze Debatte. Friedensburg erklärte sich gegen jeden Eid, das jeder professorische Eid ebenso unsinnig als schädlich sei.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 173. Köln, 20. Dezember 1848, S. 0933. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz173_1848/1>, abgerufen am 21.11.2024.