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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 123. Köln, 22. Oktober 1848.

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[Spaltenumbruch] Abtheilungen von Bürgerwehr und Schutzmännern. Die Zerstörung an der Maschine hörte auf; die Arbeiter unterhielten sich freundschaftlich mit der Bürgerwehr und den Schutzmännern; beide gaben den Arbeitern Recht, daß die Arbeit durch die Maschine nicht befördert, sondern vermindert werde. Die Bürgerwehr sowohl, als die Schutzmänner zogen sich zurück, die Arbeiter gingen an die Arbeit und Alles war ruhig. Nach Feierabend gingen mehrere Arbeiter an die Stelle, wo die Maschine lag; die Arbeiter natürlich glaubten in ihrem vollen Rechte zu sein, auf Grund des Beistandes der Bürgerwehr und der Schutzmänner, die Maschine gänzlich zu demoliren, theils durch Verbrennen, theils durch andere Zerstörungen. Warum blieb nun die Bürgerwehr und Schutzmannschaft nicht am Platze?- Darum, weil sie eine gänzliche Zerstörung der Maschine wünschte. Am Donnerstag ging Alles ziemlich ruhig ab; Näheres darüber ist hinreichend bekannt. Freitag und Sonnabend war wieder Bürgerwehr aufgestellt, um Arbeiter zu bewachen, welche doch hoffentlich dieselben Rechte als Jene haben; dennoch blieben alle Arbeiter ruhig. Sonntag- unbekannt. Montag. Schrecklicher, fürchterlicher Tag! Hätten wir einen solchen nie erlebt!

Zur Sache! Am Montag Morgen stellten sich wieder Bürgerwehr, theils vor, theils im Exercierhause am Köpnicker Felde, auf, unbeachtet von den Arbeitern. Am Sonnabend, den 14. d. M., hatten die Arbeiter des SchachtmeistersPlate ein vereintes Fest. Die Arbeiter, welche ebenfalls zum souveränen Volke gehören, bringen gewöhnlich nach einem solchen Feste, am nächsten Arbeitstage ihren andern Kameraden ein Lebehoch, als ein Zeichen, daß sie nach sechs schweren Tagen einige frohe Stunden verlebt haben. Ein solches Lebehoch wollten nun auch die Arbeiter aus dem Schacht des etc. Plate eben der aufgestellten Bürgerwehr am Exerzierhause bringen, um zu beweisen, daß die Arbeiter nicht gegen, sondern für die Bürger sind. Leidet aber entstand ein Mißverständniß; die "Vossische Zeitung" erzählt es ja. Also schon wieder ein trauriges Mißverständniß, wann werden dieselben aufhören? Wann werden endlich einmal Einverständnisse eintreten? - Durch benanntes Mißverständniß sah sich der Commandirende, Hr. Müller, veranlaßt, die Bürgerwehr schlachtmäßig aufzustellen. Dieses jedoch ist zu verzeihen. Der Arbeiter Stiefel erzählt, als sich die Bürgerwehr aufgestellt hatte, sei er an sie heran getreten, um derselben auseinander zu setzen, daß die Arbeiter nur friedlich gegen die Bürger gesonnen seien; allein ein Anführer des 82sten Bezirks, ein großer, starker Mann ohne Bart, habe ihm einen Säbelhieb über die Schulter gegeben. Der etc. Stiefel erwiederte hierauf: "Bedienen Sie sich nicht solcher Grobheiten," darauf zog dieser Anführer ein Pistol aus der rechten Hosentasche, setzte dasselbe dem etc. Stiefel auf die Brust; hätte auch abgedrückt, wenn der Hauptmann Jahn, Linienstraße Nr. 105, demselben nicht in die Arme gefallen wäre.- Der etc. Jahn gab an, den Anführer nicht zu kennen, aber er soll und muß ermittelt werden, um dessen Namen öffentlich bekannt machen zu können, und denselben der öffentlichen Verachtung preiszugeben.- Auf Grund obiger Behandlung zogen sich mehrere in der Nähe stehende Arbeiter, aber ohne Waffen, zusammen. Die Bürgerwehr, dieses sehend, stachen die nahe stehenden Arbeiter mit den Bajonetten; darauf erhob sich ein Geschrei unter den Arbeitern, wodurch der Andrang derselben stärker wurde. Jetzt fielen einzelne Schüsse auf die Arbeiter, dieselben ergriffen Steine und suchten sich zu vertheidigen; in diesem Augenblicke hieß es, die Bürgerwehr erhalte Verstärkung, Rimpler komme. - Jetzt erst begann der Kampf; Schuß auf Schuß fiel, die Bürgerwehr drang vor gegen die Arbeiter; mehrere Arbeiter fielen. In der ersten Bude, links vom Exerzierhause, saß ein alter Mann und trank seine Flasche Bier, auch dieser wurde von der Bürgerwehr erschossen. Die Bürgerwehr rückte weiter vor, die Arbeiter zogen sich zurück. - An der Adalbertsbrücke wurde ein Maurer, welcher ruhig in der Bude saß, um sein Mittagbrod zu essen, von der Bürgerwehr erschossen. - Die Arbeiter zogen sich nun nach und nach zurück, die Bürgerwehr wüthete fort. - Todte waren auf der Stelle vier, nach einer Stunde starb wieder Einer, schwer verwundet sind zehn, welche theils noch im neuen Krankenhause liegen. Eine Frau, welche ihrem Manne Essen bringen wollte, wurde ebenfalls erschossen; was späterhin noch geschehen, konnten wir bis dahin noch nicht genau erhalten, werden aber nicht verfehlen, es noch zur Zeit zu thun. Dieses ist der ganz genaue Hergang der Gräuel- und Mordscenen.

Berlin, 18. Oktober 1848.

Sämmtliche Kanalarbeiter.

12 Breslau, 18. Oktbr.

Heute, als am 18. Oktbr., ist zur Feier des befreiten Deutschlands unser Mitbürger, der Arzt Dr. Borchardt, wegen einiger Worte, die er vor längerer Zeit in einer Volksversammlung gesprochen, und die auf eine Steuerverweigerung hindeuteten, wenn der König sich ferner so, wie jetzt den Einflüssen der Potsdamer Camarilla hingeben sollte, verhaftet. Wieder ein Streich maßloser Willkür, indem diese Worte als Hochverrath bezeichnet worden und bei unserm alten geheimen inquistorischen Verfahren für den Angeklagten sehr verderblich ausfallen werden.

X Trier, 17. Okt.

C. Jmandt, der, wie Sie wissen, beder Worringer Volksversammlung und der Scene auf dem Altenmarkte in Köln betheiligt war, sollte am 15. d. M., am Königsgeburtstage, hier verhaftet werden. Die Polizei gibt zwar an, jene Betheiligung an den Versammlungen in Köln und Worringen seien der Grund der Verhaftung; allein es ist wahrscheinlicher, daß einige Reden, die er hier im demokratischen Klub hielt, diese Maßregel veranlaßten. In Begleitung seiner Mutter und seines Bruders wurde er auf der offenen Straße außerhalb der Stadt von einem Polizeikommissar und zwei Gensd'armen, die in einem Wagen hinter ihm her kamen, arretirt. Alle Versuche, ihn in den Wagen zu bringen, Versuche, die durch die Gensd'armensäbel und das Pistol des Kommissars unterstützt waren, scheiterten; Imandt zog es vor, zu Fuß zu gehen. Ganz in der Nähe der Stadt stellte sich in demselben Wagen, der ihm mit einem Gensd'arm verausgeeilt war, eine Masse der Herren von der Hermandat ein; auch die Soldaten der Wache wurden requirirt; alles umsonst; es war nicht möglich, Imandt in den Wagen zu heben, obgleich es eine Menge von Händen versuchten. Man begreift es nicht, auf welche Weise er den Häschern entkam; er lief in die Stadt, die Gensd'armen und Soldaten hinterher; es sammelte sich Volk - er verschwand und die Polizei wurde verlacht. Imandt ist nach Frankreich gereist; der Polizeikommissarius soll, wie man sagt, seine Stelle verlieren, weil seine Ungeschicklichkeit die ganze bewaffnete Macht mehr oder minder kompromittirt hat.

12 Barmen, 19. Okt.

Wenn man das neueste Treiben der Polizei beobachtet, ihre allseitige Hetzjagd auf Aufreizung zu hochverrätherischen Unternehmungen, so erkennt man mit Genugthuung, daß wir den Rechtsboden des Polizeistaats wiedererobert haben. Ein Exempel:

Am 8. d. fand, wie Ihre Zeitung schon mitgetheilt, zu Gerresheim eine Volksversammlung von circa 5000 Menschen unter freiem Himmel statt. Wir wohnten dieser Versammlung bei und können versichern, daß keiner der Redner die gesetzliche Grenze überschritten hat. Unter bewundernswürdiger Ordnung und mit einer wahren Andacht von Seiten des Volkes wurde die Versammlung zu Ende geführt.

An dem darauf folgenden Tage erschien der kön. preuß. Kammerherr und Landrath Freiherr Raitz von Frentz, Ritter etc. in höchsteigener Person, um Erkundigungen über das Geschehene und Gesagte einzuziehen und heute am 19. werden eine Anzahl Zuhörer durch den dazu beauftragten Friedensrichter protokollarisch vernommen.

Donaufürstenthümer.
* Jassy, 6. Octbr.

Der neue Kamaikam von Bucharest, Konstantin Kantakuzino, ist ein Kartenspieler von Profession. Der russische General Hasfort erklärt, daß Rußland den Freiheitshelden dreifarbige Stricke und Peitschen bringt. Fast täglich überschreiten russische Truppen den Pruth. Vor einigen Tagen kamen nach Laova sechs Husarenregimenter. Ueber Skulani rückten gestern zwei Bataillons Infanterie in Jassy ein, um schon heute ihren Marsch nach Waslau, Berlad etc. fortzusetzen. Die große Anhäufung russischer Truppen in den Donaufürstenthümern hängt offenbar mit den ungarisch-kroatischen Wirren zusammen. In Fokschan soll ein russischer Oberst öffentlich versichert haben, die Truppen, denen eine ungeheure Vermehrung bevorstehe, hätten die Bestimmung nach Wien zu marschiren, um den Geist der Revolution niederzuhalten.

Italien.
*

Radetzky glaubt die Gefahr zu beschwören, indem er Lügen publizirt. Am 12. Oktober ließ er in Mailand die Nachricht verbreiten, es seien drei Armeen im Marsche auf Wien, das die Chefs der revolutionären Bewegung verlassen hätten. Sobald die ungarischen Regimenter und die Lombarden die Wahrheit wissen werden, wird die Explosion nur um so schrecklicher sein. Am 13. machte man in Turin neue Manifestationen. Soldaten versammelten sich in großer Anzahl und schrieen: " Krieg, oder unsern Abschied!" Das Volk gesellte sich zu ihnen, mit dem Schrei: " Es lebe Italien!" Der Herzog von Savoyen kam in der Nacht vom 13. auf den 14. in Turin an und reiste fast sogleich weiter. Man sagt, er habe dem Könige erklärt, daß sein Armeekorps den Krieg verlange. - Aus Udine hört man, daß die Oesterreicher sich mit aller Gewalt Osoppo's, bei Venedig bemächtigen wollen. 5000 Mann mit vieler Artillerie rückten zur Verstärkung der dort schon stehenden Truppen heran. Der Angriff wurde gemacht, aber die Belagerten widerstehen. Generallieutenant Zanini ließ die schwarze Fahne aufstecken, um dem Feinde zu zeigen, daß er sich eher unter den Ruinen begraben, als weichen würde. Alles ist angeordnet, um die Pulverminen springen zu lassen, wenn der Feind triumphiren sollte; die Garnison ist zu sterben bereit.

Turin.

Nach der Independance wird der polnische General Czarnowski, im Falle der Wiedereröffnung der Feindseligkeiten, den Oberbefehl der sardinischen Truppen übernehmen. Ein vollständig organisirtes Korps von 30,000 Mann soll marschfertig sein.

Französische Republik.
* Paris.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Paris, 19. October.

Der Moniteur veröffentlicht den gestrigen Beschluß der Nationalversammlung, der die im Artikel 4 des Dekrets der provisorischen Regierung vom 7. März 1848 auf 9 ausgedehnte Majorität bei Geschworenengerichten wieder auf 7 herabsetzt. Der Versicherung Cremieur's zufolge hätten die Staatsanwälte mehrerer Departements erklärt, daß die Gesellschaft bei der Zahl 9, wegen zu häufiger Freisprechung von Verbrechern Gefahr laufe. Somit wäre abermals eine Verordnung der Februarperiode abgeschafft.

- Das neue Ministerium fährt in seinem Beamtenwechsel fort. Der Moniteur setzt zunächst drei neue Oberbeamte an dem Telegraphischen Institut ein und verweis't den Vater Flocon in Ruhestand. Ein wegen der Rachel abgesetzter Theaterkommissarius unter Senard ist gleichfalls wieder zu Ehren erklärt, und außerdem befinden sich noch in den ministeriellen Mappen lange Listen von rothen Republikanern, welche aus den Aemtern gejagt werden sollen.

- Auf Befehl der Regierung wurde die gestrige Nummer des Journals " La Republique" auf der Post und in ihrem Verlage von der Polizei weggenommen, weil sie einen Artikel aus Brest über die unglückliche Lage der Juni-Insurgenten enthielt, in dem die hohe Regierung eine Aufhetzung zum Hasse gegen die Regierung der Republik erblickt.

- Die heutige Sitzung der Nationalversammlung verspricht wieder einigen Tumult. Zuerst wird Marrast in aller Eile für den " letzten" Monat wohl wieder zum Präsidenten gewählt werden, dann wird es aber einigen Belagerungssturm absetzen und endlich wird die Diskussion der legitimistischen Sonderbundsgelüste bei Gelegenheit der Artikel 74, 75 und 76 der Verfassung starken Lärmen absetzen.

- Die Verfassungsdebatte naht mit Riesenschritten ihrem Ende. Sie wird bis Mitte der künftigen Woche jedenfalls geendet und die Verfassung selbst am 27. oder 28. Octbr. zum letzten (dritten) Male verlesen.

- Das Ministerium beabsichtigt übermorgen der Nationalversammlung einen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher die Wahl des Präsidenten der Republik schon für den 25. Nov. vorschreibt.

- Die Journalpolemik fängt an, etwas mehr Salz zu bekommen. Der allmälige Sieg der Rue de Poitiers (Thierspartei) lös't ihr die Zunge. Die Politik des National steht jetzt völlig unter Null. Kein Mensch wird bald mehr nach ihm greifen. Sie transit gloria!

- Die gestrige Soiree bei Cavaignac war gedrückt voll. Die ganze Rue de Poitiers hatte sich dort Rendezvous gegeben; sie will ihm natürlich ihre Anerkennung für die jüngsten Zugeständnisse zollen. Die Linke betritt dagegen mit keinem Fuße die Schwelle des Palastes in der Rue de Varennes.

- Als Grund, warum die Linke vorgestern nicht in Masse an die Barriere Poissoniere zog, wird die Anwesenheit Proudhons angegeben. Die Herren Bourgevisrepublikaner der äußersten Linken können ihrem Kollegen die Schonungslosigkeit nicht verzeihen, mit der er sie in seiner letzten Broschüre über das Recht auf Arbeit behandelt.

- Ueber die Entstehung des Dufaure-Vivien-Freslon'schen Ministeriums ist man ziemlich im Klaren. Vivien selbst soll Marrast den Gedanken beigebracht haben, daß ihn nur eine solche Ministerialveränderung auf dem Präsidentenstuhle erhalten könne, für den die Rue de Poitiers den Thiers'schen Adjudanten Dufaure unwiderruflich dies Mal bestimmt hatte. Marrast's Plan war somit gefaßt und Cavaignac, der nie einen Gedanken hatte, mußte sich natürlich ohne Schwertstreich ergeben.

Dieses letzte Manöver hat Marrast in der öffentlichen Meinung (wir meinen das Kleinbürgerthum, bei dem der National noch viel galt) unrettbar verloren. Marrast's Träume, selbst wenn ihm die erste Vizepräsidentur zufiele, sind zerronnen! Er ist vernichtet.

- Die Diebe, welche die süddeutsch-schweizerische Briefpost bei Besancon überfielen, sind in Dijon arretirt worden. Man fand bei ihnen ein großes Paket Papiere und 8000 Franken in Silber.

- Selbst unter den Invaliden herrscht Gährung. Ein Tagesbefehl verbietet ihnen von jetzt an, keinerlei Speise mehr aus dem Invalidenhause passiren zu lassen. Es herrschte nämlich die Sitte, daß die alten Stelzfüße einen Theil ihres Mahls in die nächsten Kneipen trugen und dort gegen Wein und Schnapps verschacherten. Diesem Austausch will obiger Tagesbefehl ein Ziel setzen; doch wollen, wie es scheint, die alten Graubärte mit ihren Stöcken dagegen protestiren. Mehrere der Anstifter sind in Arrest geworfen worden.

- Der Sack feinstes Waizenmehl, im Gewicht von 159 Kilogramm, kostet in diesem Augenblick 48 Fr. Gewöhnliches Waizenmehl nur 46 bis 47 Fr. Und dennoch haben Tausende keinen Bissen Brod zu essen!

- Zur Charakteristik des Generals Cavaignac bringt Girardin's "Presse" folgende neue Randzeichnungen.

In der Sitzung der Nationalversamlung vom 16. Oktober gesteht Cavaignac ein, daß er im Schooße der Verfassungskommission der Ansicht war, die Präsidentschaft der Republik müsse durch allgemeine Wahl übertragen werden, während er auf der Tribüne, im Augenblicke der Abstimmung, für die Wahl des Präsidenten durch die Nationalversammlung sich entschied. Eine ungeheure Majorität von 602 Stimmen gegen 211 entscheidet sich gegen die letzte Meinung des Generals Cavaignac, die er durch sein eignes Votum unterstützte. Was thut unser Cavaignac? Er verabschiedet 3 seiner Minister, und er selbst bleibt.

Gerade so benahm er sich am 24. Juni. Wer war Kriegsminister am 22. Juni? Der General Cavaignac. Wer war also verantwortlich für alle zur Aufrechterhaltung der Ordnung nothwendige Maßregeln? Cavaignac. Keine Maßregel wird getroffen. Kein Befehl gegeben, von allen Seiten schreit man: Verrath! Auf wen mußte vor allem die Verantwortlichkeit fallen? Auf den General Cavaignac. Auf wen fällt sie? Auf die exekutive Kommission. Sie ist aufgelöst. Die ganze exekutive Gewalt wird in die Hände des Generals Cavaignac niedergelegt.

Man muß es anerkennen. Das heißt Glück haben.

National-Versammlung. Sitzung vom 19. Oktober. Corbon eröffnet sie um 12 1/2 Uhr. Nach Verlesung des Protokolls zieht er die Stimmzettelzähler für die sofort vorzunehmende Präsidenten-Monatswahl durchs Loos.

Das Scrutin wird eröffnet und ergiebt folgendes Resultat:

Zahl der Stimmenden 630. Absolute Mehrheit 316. Für Marrast 485. Für Senard 72. Für Lacrosse 25. Für Bac 16.

Marrast wird zum Präsidenten der Versammlung proklamirt. Er besteigt sogleich den Präsidentenstuhl und ersetzt Corbon.

Vivien, Staatsbautenminister, beantragt die Ueberweisung eines Kredits von 200,000 Fr. für Straßenbauten.

Francisque Bouvet erhält das Wort zu Interpellationen. Bürger-Vertreter! beginnt er, ich sehe den Minister des Auswärtigen auf seinem Platze und wünsche, die Versammlung möge mir gestatten, das Ministerium zur Rede zu stellen über die Angelegenheiten....

(Nein! Nein! Unterbrechung. Stimme: Zur Verfassung! Zur Verfassung!)

Fr. Bouvet: Ich möchte nur einige allgemeine Fragen stellen. (Lärm.)Ich möchte gern wissen, was die Regierung in Rücksicht auf die Ereignisse in Wien nunmehr.... (Hoho! Wie? Nein! Sprechen Sie!) Die französische Regierung ist entschlossen, den König Karl Albert zu unterstützen. (Oh, oh! Zur Tagesordnung! Zur Tagesordnung!) Ich möchte doch, daß man mir einen Tag für diese Interpellationen bewillige. (Nein, nein!)

Bastide, Minister des Auswärtigen: Ich habe die Ehre, der Versammlung zu versichern, daß in unserer auswärtigen Politik nichts geändert ist. Unsere Verbindungen sind dieselben und und wir folgen mit gleicher Aufmerksamkeit den Ereignissen. Ich füge nur ein Wort bei: Die Versammlung begreift alle Rücksichten, die man unserer äußeren Politik schuldet, sie begreift daher auch die Unmöglichkeit, daß wir, die Minister, auf die an uns gerichtete Frage Rede stehen und hiefür einen Tag anberaumen lassen. Noch ist es unmöglich, den Tag zu bestimmen, an dem wir werden frei sprechen können.

Baune (vom Berge) unterstützt den Antrag Bouvets. Es liegt ihm weniger daran, ob mit der jüngsten Ministerialänderung die Lage nach Außen geändert worden, als zu wissen, ob Venedig und die Lombardei befreit werden. (Zur Ordnung! Zur Tagesordnung von vielen Bänken rechts).

Bastide, Minister des Auswärtigen: Ich bin aufs Innigste davon überzeugt, daß es Niemand unter Ihnen gibt, der nicht fest davon überzeugt wäre, daß eine öffentliche Besprechung schwebender Völkerfragen die größten Gefahren berge. (Nein, nein! vom Berge) Ich trage auf Tagesordnung an.

Baune (lebhaft): Ich zeige der Versammlung an, daß ich am nächsten Montag das Ministerium wegen Italien und Oesterreich interpelliren werde.

Marrast: Ich bringe zuerst den Antrag auf Tagesordnung zur Abstimmung.

Die Versammlung entscheidet mit gewohntem Mehr, daß sie zur Tagesordnung, zu Artikel 74, 75 und 76 der Verfassung, wie sie gestern von den Legitimisten amendirt wurden, zurückkehre.

Goudchaux eilt auf die Bühne und verliest eine Heerde von Gesetzentwürfen und Steuergesetzen, für die er die Dringlichkeit beantragt. Er könne sonst sein Büdget von 1849 nicht anfertigen.

Dupin (der ältere) verweist ihn auf Montag; die Verfassung sei das Dringendste.

Die Versammlung nimmt die Verfassung vor und es drängen sich bereits ein halb Dutzend Redner auf die Bühne.

Der Versuch der Legitimisten und einiger halben Demokraten, wie z. B. Pascal Duprat's, die Administrativ-Centralisation aus dem Lande zu peitschen und dafür nach echt Luzerner oder Freiburger Sonderbundsgesetzen jede Dorfgemeinde souverain zu erklären, kostet der National-Versammlung mehrere Stunden.

Pascal Duprat, Jouin, Boulatignier, Delarochette, Bechard etc. sprechen theils für, theils gegen die Nothwendigkeit der Decentralisation der Republik.

[Spaltenumbruch] Abtheilungen von Bürgerwehr und Schutzmännern. Die Zerstörung an der Maschine hörte auf; die Arbeiter unterhielten sich freundschaftlich mit der Bürgerwehr und den Schutzmännern; beide gaben den Arbeitern Recht, daß die Arbeit durch die Maschine nicht befördert, sondern vermindert werde. Die Bürgerwehr sowohl, als die Schutzmänner zogen sich zurück, die Arbeiter gingen an die Arbeit und Alles war ruhig. Nach Feierabend gingen mehrere Arbeiter an die Stelle, wo die Maschine lag; die Arbeiter natürlich glaubten in ihrem vollen Rechte zu sein, auf Grund des Beistandes der Bürgerwehr und der Schutzmänner, die Maschine gänzlich zu demoliren, theils durch Verbrennen, theils durch andere Zerstörungen. Warum blieb nun die Bürgerwehr und Schutzmannschaft nicht am Platze?‒ Darum, weil sie eine gänzliche Zerstörung der Maschine wünschte. Am Donnerstag ging Alles ziemlich ruhig ab; Näheres darüber ist hinreichend bekannt. Freitag und Sonnabend war wieder Bürgerwehr aufgestellt, um Arbeiter zu bewachen, welche doch hoffentlich dieselben Rechte als Jene haben; dennoch blieben alle Arbeiter ruhig. Sonntag‒ unbekannt. Montag. Schrecklicher, fürchterlicher Tag! Hätten wir einen solchen nie erlebt!

Zur Sache! Am Montag Morgen stellten sich wieder Bürgerwehr, theils vor, theils im Exercierhause am Köpnicker Felde, auf, unbeachtet von den Arbeitern. Am Sonnabend, den 14. d. M., hatten die Arbeiter des SchachtmeistersPlate ein vereintes Fest. Die Arbeiter, welche ebenfalls zum souveränen Volke gehören, bringen gewöhnlich nach einem solchen Feste, am nächsten Arbeitstage ihren andern Kameraden ein Lebehoch, als ein Zeichen, daß sie nach sechs schweren Tagen einige frohe Stunden verlebt haben. Ein solches Lebehoch wollten nun auch die Arbeiter aus dem Schacht des etc. Plate eben der aufgestellten Bürgerwehr am Exerzierhause bringen, um zu beweisen, daß die Arbeiter nicht gegen, sondern für die Bürger sind. Leidet aber entstand ein Mißverständniß; die „Vossische Zeitung“ erzählt es ja. Also schon wieder ein trauriges Mißverständniß, wann werden dieselben aufhören? Wann werden endlich einmal Einverständnisse eintreten? ‒ Durch benanntes Mißverständniß sah sich der Commandirende, Hr. Müller, veranlaßt, die Bürgerwehr schlachtmäßig aufzustellen. Dieses jedoch ist zu verzeihen. Der Arbeiter Stiefel erzählt, als sich die Bürgerwehr aufgestellt hatte, sei er an sie heran getreten, um derselben auseinander zu setzen, daß die Arbeiter nur friedlich gegen die Bürger gesonnen seien; allein ein Anführer des 82sten Bezirks, ein großer, starker Mann ohne Bart, habe ihm einen Säbelhieb über die Schulter gegeben. Der etc. Stiefel erwiederte hierauf: „Bedienen Sie sich nicht solcher Grobheiten,“ darauf zog dieser Anführer ein Pistol aus der rechten Hosentasche, setzte dasselbe dem etc. Stiefel auf die Brust; hätte auch abgedrückt, wenn der Hauptmann Jahn, Linienstraße Nr. 105, demselben nicht in die Arme gefallen wäre.‒ Der etc. Jahn gab an, den Anführer nicht zu kennen, aber er soll und muß ermittelt werden, um dessen Namen öffentlich bekannt machen zu können, und denselben der öffentlichen Verachtung preiszugeben.‒ Auf Grund obiger Behandlung zogen sich mehrere in der Nähe stehende Arbeiter, aber ohne Waffen, zusammen. Die Bürgerwehr, dieses sehend, stachen die nahe stehenden Arbeiter mit den Bajonetten; darauf erhob sich ein Geschrei unter den Arbeitern, wodurch der Andrang derselben stärker wurde. Jetzt fielen einzelne Schüsse auf die Arbeiter, dieselben ergriffen Steine und suchten sich zu vertheidigen; in diesem Augenblicke hieß es, die Bürgerwehr erhalte Verstärkung, Rimpler komme. ‒ Jetzt erst begann der Kampf; Schuß auf Schuß fiel, die Bürgerwehr drang vor gegen die Arbeiter; mehrere Arbeiter fielen. In der ersten Bude, links vom Exerzierhause, saß ein alter Mann und trank seine Flasche Bier, auch dieser wurde von der Bürgerwehr erschossen. Die Bürgerwehr rückte weiter vor, die Arbeiter zogen sich zurück. ‒ An der Adalbertsbrücke wurde ein Maurer, welcher ruhig in der Bude saß, um sein Mittagbrod zu essen, von der Bürgerwehr erschossen. ‒ Die Arbeiter zogen sich nun nach und nach zurück, die Bürgerwehr wüthete fort. ‒ Todte waren auf der Stelle vier, nach einer Stunde starb wieder Einer, schwer verwundet sind zehn, welche theils noch im neuen Krankenhause liegen. Eine Frau, welche ihrem Manne Essen bringen wollte, wurde ebenfalls erschossen; was späterhin noch geschehen, konnten wir bis dahin noch nicht genau erhalten, werden aber nicht verfehlen, es noch zur Zeit zu thun. Dieses ist der ganz genaue Hergang der Gräuel- und Mordscenen.

Berlin, 18. Oktober 1848.

Sämmtliche Kanalarbeiter.

12 Breslau, 18. Oktbr.

Heute, als am 18. Oktbr., ist zur Feier des befreiten Deutschlands unser Mitbürger, der Arzt Dr. Borchardt, wegen einiger Worte, die er vor längerer Zeit in einer Volksversammlung gesprochen, und die auf eine Steuerverweigerung hindeuteten, wenn der König sich ferner so, wie jetzt den Einflüssen der Potsdamer Camarilla hingeben sollte, verhaftet. Wieder ein Streich maßloser Willkür, indem diese Worte als Hochverrath bezeichnet worden und bei unserm alten geheimen inquistorischen Verfahren für den Angeklagten sehr verderblich ausfallen werden.

X Trier, 17. Okt.

C. Jmandt, der, wie Sie wissen, beder Worringer Volksversammlung und der Scene auf dem Altenmarkte in Köln betheiligt war, sollte am 15. d. M., am Königsgeburtstage, hier verhaftet werden. Die Polizei gibt zwar an, jene Betheiligung an den Versammlungen in Köln und Worringen seien der Grund der Verhaftung; allein es ist wahrscheinlicher, daß einige Reden, die er hier im demokratischen Klub hielt, diese Maßregel veranlaßten. In Begleitung seiner Mutter und seines Bruders wurde er auf der offenen Straße außerhalb der Stadt von einem Polizeikommissar und zwei Gensd'armen, die in einem Wagen hinter ihm her kamen, arretirt. Alle Versuche, ihn in den Wagen zu bringen, Versuche, die durch die Gensd'armensäbel und das Pistol des Kommissars unterstützt waren, scheiterten; Imandt zog es vor, zu Fuß zu gehen. Ganz in der Nähe der Stadt stellte sich in demselben Wagen, der ihm mit einem Gensd'arm verausgeeilt war, eine Masse der Herren von der Hermandat ein; auch die Soldaten der Wache wurden requirirt; alles umsonst; es war nicht möglich, Imandt in den Wagen zu heben, obgleich es eine Menge von Händen versuchten. Man begreift es nicht, auf welche Weise er den Häschern entkam; er lief in die Stadt, die Gensd'armen und Soldaten hinterher; es sammelte sich Volk ‒ er verschwand und die Polizei wurde verlacht. Imandt ist nach Frankreich gereist; der Polizeikommissarius soll, wie man sagt, seine Stelle verlieren, weil seine Ungeschicklichkeit die ganze bewaffnete Macht mehr oder minder kompromittirt hat.

12 Barmen, 19. Okt.

Wenn man das neueste Treiben der Polizei beobachtet, ihre allseitige Hetzjagd auf Aufreizung zu hochverrätherischen Unternehmungen, so erkennt man mit Genugthuung, daß wir den Rechtsboden des Polizeistaats wiedererobert haben. Ein Exempel:

Am 8. d. fand, wie Ihre Zeitung schon mitgetheilt, zu Gerresheim eine Volksversammlung von circa 5000 Menschen unter freiem Himmel statt. Wir wohnten dieser Versammlung bei und können versichern, daß keiner der Redner die gesetzliche Grenze überschritten hat. Unter bewundernswürdiger Ordnung und mit einer wahren Andacht von Seiten des Volkes wurde die Versammlung zu Ende geführt.

An dem darauf folgenden Tage erschien der kön. preuß. Kammerherr und Landrath Freiherr Raitz von Frentz, Ritter etc. in höchsteigener Person, um Erkundigungen über das Geschehene und Gesagte einzuziehen und heute am 19. werden eine Anzahl Zuhörer durch den dazu beauftragten Friedensrichter protokollarisch vernommen.

Donaufürstenthümer.
* Jassy, 6. Octbr.

Der neue Kamaikam von Bucharest, Konstantin Kantakuzino, ist ein Kartenspieler von Profession. Der russische General Hasfort erklärt, daß Rußland den Freiheitshelden dreifarbige Stricke und Peitschen bringt. Fast täglich überschreiten russische Truppen den Pruth. Vor einigen Tagen kamen nach Laova sechs Husarenregimenter. Ueber Skulani rückten gestern zwei Bataillons Infanterie in Jassy ein, um schon heute ihren Marsch nach Waslau, Berlad etc. fortzusetzen. Die große Anhäufung russischer Truppen in den Donaufürstenthümern hängt offenbar mit den ungarisch-kroatischen Wirren zusammen. In Fokschan soll ein russischer Oberst öffentlich versichert haben, die Truppen, denen eine ungeheure Vermehrung bevorstehe, hätten die Bestimmung nach Wien zu marschiren, um den Geist der Revolution niederzuhalten.

Italien.
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Radetzky glaubt die Gefahr zu beschwören, indem er Lügen publizirt. Am 12. Oktober ließ er in Mailand die Nachricht verbreiten, es seien drei Armeen im Marsche auf Wien, das die Chefs der revolutionären Bewegung verlassen hätten. Sobald die ungarischen Regimenter und die Lombarden die Wahrheit wissen werden, wird die Explosion nur um so schrecklicher sein. Am 13. machte man in Turin neue Manifestationen. Soldaten versammelten sich in großer Anzahl und schrieen: „ Krieg, oder unsern Abschied!“ Das Volk gesellte sich zu ihnen, mit dem Schrei: „ Es lebe Italien!“ Der Herzog von Savoyen kam in der Nacht vom 13. auf den 14. in Turin an und reiste fast sogleich weiter. Man sagt, er habe dem Könige erklärt, daß sein Armeekorps den Krieg verlange. ‒ Aus Udine hört man, daß die Oesterreicher sich mit aller Gewalt Osoppo's, bei Venedig bemächtigen wollen. 5000 Mann mit vieler Artillerie rückten zur Verstärkung der dort schon stehenden Truppen heran. Der Angriff wurde gemacht, aber die Belagerten widerstehen. Generallieutenant Zanini ließ die schwarze Fahne aufstecken, um dem Feinde zu zeigen, daß er sich eher unter den Ruinen begraben, als weichen würde. Alles ist angeordnet, um die Pulverminen springen zu lassen, wenn der Feind triumphiren sollte; die Garnison ist zu sterben bereit.

Turin.

Nach der Independance wird der polnische General Czarnowski, im Falle der Wiedereröffnung der Feindseligkeiten, den Oberbefehl der sardinischen Truppen übernehmen. Ein vollständig organisirtes Korps von 30,000 Mann soll marschfertig sein.

Französische Republik.
* Paris.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Paris, 19. October.

Der Moniteur veröffentlicht den gestrigen Beschluß der Nationalversammlung, der die im Artikel 4 des Dekrets der provisorischen Regierung vom 7. März 1848 auf 9 ausgedehnte Majorität bei Geschworenengerichten wieder auf 7 herabsetzt. Der Versicherung Cremieur's zufolge hätten die Staatsanwälte mehrerer Departements erklärt, daß die Gesellschaft bei der Zahl 9, wegen zu häufiger Freisprechung von Verbrechern Gefahr laufe. Somit wäre abermals eine Verordnung der Februarperiode abgeschafft.

‒ Das neue Ministerium fährt in seinem Beamtenwechsel fort. Der Moniteur setzt zunächst drei neue Oberbeamte an dem Telegraphischen Institut ein und verweis't den Vater Flocon in Ruhestand. Ein wegen der Rachel abgesetzter Theaterkommissarius unter Senard ist gleichfalls wieder zu Ehren erklärt, und außerdem befinden sich noch in den ministeriellen Mappen lange Listen von rothen Republikanern, welche aus den Aemtern gejagt werden sollen.

‒ Auf Befehl der Regierung wurde die gestrige Nummer des Journals „ La Republique“ auf der Post und in ihrem Verlage von der Polizei weggenommen, weil sie einen Artikel aus Brest über die unglückliche Lage der Juni-Insurgenten enthielt, in dem die hohe Regierung eine Aufhetzung zum Hasse gegen die Regierung der Republik erblickt.

‒ Die heutige Sitzung der Nationalversammlung verspricht wieder einigen Tumult. Zuerst wird Marrast in aller Eile für den „ letzten“ Monat wohl wieder zum Präsidenten gewählt werden, dann wird es aber einigen Belagerungssturm absetzen und endlich wird die Diskussion der legitimistischen Sonderbundsgelüste bei Gelegenheit der Artikel 74, 75 und 76 der Verfassung starken Lärmen absetzen.

‒ Die Verfassungsdebatte naht mit Riesenschritten ihrem Ende. Sie wird bis Mitte der künftigen Woche jedenfalls geendet und die Verfassung selbst am 27. oder 28. Octbr. zum letzten (dritten) Male verlesen.

‒ Das Ministerium beabsichtigt übermorgen der Nationalversammlung einen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher die Wahl des Präsidenten der Republik schon für den 25. Nov. vorschreibt.

‒ Die Journalpolemik fängt an, etwas mehr Salz zu bekommen. Der allmälige Sieg der Rue de Poitiers (Thierspartei) lös't ihr die Zunge. Die Politik des National steht jetzt völlig unter Null. Kein Mensch wird bald mehr nach ihm greifen. Sie transit gloria!

‒ Die gestrige Soirée bei Cavaignac war gedrückt voll. Die ganze Rue de Poitiers hatte sich dort Rendezvous gegeben; sie will ihm natürlich ihre Anerkennung für die jüngsten Zugeständnisse zollen. Die Linke betritt dagegen mit keinem Fuße die Schwelle des Palastes in der Rue de Varennes.

‒ Als Grund, warum die Linke vorgestern nicht in Masse an die Barriere Poissoniere zog, wird die Anwesenheit Proudhons angegeben. Die Herren Bourgevisrepublikaner der äußersten Linken können ihrem Kollegen die Schonungslosigkeit nicht verzeihen, mit der er sie in seiner letzten Broschüre über das Recht auf Arbeit behandelt.

‒ Ueber die Entstehung des Dufaure-Vivien-Freslon'schen Ministeriums ist man ziemlich im Klaren. Vivien selbst soll Marrast den Gedanken beigebracht haben, daß ihn nur eine solche Ministerialveränderung auf dem Präsidentenstuhle erhalten könne, für den die Rue de Poitiers den Thiers'schen Adjudanten Dufaure unwiderruflich dies Mal bestimmt hatte. Marrast's Plan war somit gefaßt und Cavaignac, der nie einen Gedanken hatte, mußte sich natürlich ohne Schwertstreich ergeben.

Dieses letzte Manöver hat Marrast in der öffentlichen Meinung (wir meinen das Kleinbürgerthum, bei dem der National noch viel galt) unrettbar verloren. Marrast's Träume, selbst wenn ihm die erste Vizepräsidentur zufiele, sind zerronnen! Er ist vernichtet.

‒ Die Diebe, welche die süddeutsch-schweizerische Briefpost bei Besancon überfielen, sind in Dijon arretirt worden. Man fand bei ihnen ein großes Paket Papiere und 8000 Franken in Silber.

‒ Selbst unter den Invaliden herrscht Gährung. Ein Tagesbefehl verbietet ihnen von jetzt an, keinerlei Speise mehr aus dem Invalidenhause passiren zu lassen. Es herrschte nämlich die Sitte, daß die alten Stelzfüße einen Theil ihres Mahls in die nächsten Kneipen trugen und dort gegen Wein und Schnapps verschacherten. Diesem Austausch will obiger Tagesbefehl ein Ziel setzen; doch wollen, wie es scheint, die alten Graubärte mit ihren Stöcken dagegen protestiren. Mehrere der Anstifter sind in Arrest geworfen worden.

‒ Der Sack feinstes Waizenmehl, im Gewicht von 159 Kilogramm, kostet in diesem Augenblick 48 Fr. Gewöhnliches Waizenmehl nur 46 bis 47 Fr. Und dennoch haben Tausende keinen Bissen Brod zu essen!

‒ Zur Charakteristik des Generals Cavaignac bringt Girardin's „Presse“ folgende neue Randzeichnungen.

In der Sitzung der Nationalversamlung vom 16. Oktober gesteht Cavaignac ein, daß er im Schooße der Verfassungskommission der Ansicht war, die Präsidentschaft der Republik müsse durch allgemeine Wahl übertragen werden, während er auf der Tribüne, im Augenblicke der Abstimmung, für die Wahl des Präsidenten durch die Nationalversammlung sich entschied. Eine ungeheure Majorität von 602 Stimmen gegen 211 entscheidet sich gegen die letzte Meinung des Generals Cavaignac, die er durch sein eignes Votum unterstützte. Was thut unser Cavaignac? Er verabschiedet 3 seiner Minister, und er selbst bleibt.

Gerade so benahm er sich am 24. Juni. Wer war Kriegsminister am 22. Juni? Der General Cavaignac. Wer war also verantwortlich für alle zur Aufrechterhaltung der Ordnung nothwendige Maßregeln? Cavaignac. Keine Maßregel wird getroffen. Kein Befehl gegeben, von allen Seiten schreit man: Verrath! Auf wen mußte vor allem die Verantwortlichkeit fallen? Auf den General Cavaignac. Auf wen fällt sie? Auf die exekutive Kommission. Sie ist aufgelöst. Die ganze exekutive Gewalt wird in die Hände des Generals Cavaignac niedergelegt.

Man muß es anerkennen. Das heißt Glück haben.

National-Versammlung. Sitzung vom 19. Oktober. Corbon eröffnet sie um 12 1/2 Uhr. Nach Verlesung des Protokolls zieht er die Stimmzettelzähler für die sofort vorzunehmende Präsidenten-Monatswahl durchs Loos.

Das Scrutin wird eröffnet und ergiebt folgendes Resultat:

Zahl der Stimmenden 630. Absolute Mehrheit 316. Für Marrast 485. Für Senard 72. Für Lacrosse 25. Für Bac 16.

Marrast wird zum Präsidenten der Versammlung proklamirt. Er besteigt sogleich den Präsidentenstuhl und ersetzt Corbon.

Vivien, Staatsbautenminister, beantragt die Ueberweisung eines Kredits von 200,000 Fr. für Straßenbauten.

Francisque Bouvet erhält das Wort zu Interpellationen. Bürger-Vertreter! beginnt er, ich sehe den Minister des Auswärtigen auf seinem Platze und wünsche, die Versammlung möge mir gestatten, das Ministerium zur Rede zu stellen über die Angelegenheiten....

(Nein! Nein! Unterbrechung. Stimme: Zur Verfassung! Zur Verfassung!)

Fr. Bouvet: Ich möchte nur einige allgemeine Fragen stellen. (Lärm.)Ich möchte gern wissen, was die Regierung in Rücksicht auf die Ereignisse in Wien nunmehr.... (Hoho! Wie? Nein! Sprechen Sie!) Die französische Regierung ist entschlossen, den König Karl Albert zu unterstützen. (Oh, oh! Zur Tagesordnung! Zur Tagesordnung!) Ich möchte doch, daß man mir einen Tag für diese Interpellationen bewillige. (Nein, nein!)

Bastide, Minister des Auswärtigen: Ich habe die Ehre, der Versammlung zu versichern, daß in unserer auswärtigen Politik nichts geändert ist. Unsere Verbindungen sind dieselben und und wir folgen mit gleicher Aufmerksamkeit den Ereignissen. Ich füge nur ein Wort bei: Die Versammlung begreift alle Rücksichten, die man unserer äußeren Politik schuldet, sie begreift daher auch die Unmöglichkeit, daß wir, die Minister, auf die an uns gerichtete Frage Rede stehen und hiefür einen Tag anberaumen lassen. Noch ist es unmöglich, den Tag zu bestimmen, an dem wir werden frei sprechen können.

Baune (vom Berge) unterstützt den Antrag Bouvets. Es liegt ihm weniger daran, ob mit der jüngsten Ministerialänderung die Lage nach Außen geändert worden, als zu wissen, ob Venedig und die Lombardei befreit werden. (Zur Ordnung! Zur Tagesordnung von vielen Bänken rechts).

Bastide, Minister des Auswärtigen: Ich bin aufs Innigste davon überzeugt, daß es Niemand unter Ihnen gibt, der nicht fest davon überzeugt wäre, daß eine öffentliche Besprechung schwebender Völkerfragen die größten Gefahren berge. (Nein, nein! vom Berge) Ich trage auf Tagesordnung an.

Baune (lebhaft): Ich zeige der Versammlung an, daß ich am nächsten Montag das Ministerium wegen Italien und Oesterreich interpelliren werde.

Marrast: Ich bringe zuerst den Antrag auf Tagesordnung zur Abstimmung.

Die Versammlung entscheidet mit gewohntem Mehr, daß sie zur Tagesordnung, zu Artikel 74, 75 und 76 der Verfassung, wie sie gestern von den Legitimisten amendirt wurden, zurückkehre.

Goudchaux eilt auf die Bühne und verliest eine Heerde von Gesetzentwürfen und Steuergesetzen, für die er die Dringlichkeit beantragt. Er könne sonst sein Büdget von 1849 nicht anfertigen.

Dupin (der ältere) verweist ihn auf Montag; die Verfassung sei das Dringendste.

Die Versammlung nimmt die Verfassung vor und es drängen sich bereits ein halb Dutzend Redner auf die Bühne.

Der Versuch der Legitimisten und einiger halben Demokraten, wie z. B. Pascal Duprat's, die Administrativ-Centralisation aus dem Lande zu peitschen und dafür nach echt Luzerner oder Freiburger Sonderbundsgesetzen jede Dorfgemeinde souverain zu erklären, kostet der National-Versammlung mehrere Stunden.

Pascal Duprat, Jouin, Boulatignier, Delarochette, Bechard etc. sprechen theils für, theils gegen die Nothwendigkeit der Decentralisation der Republik.

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          <p><pb facs="#f0003" n="0619"/><cb n="1"/>
Abtheilungen von Bürgerwehr und Schutzmännern. Die Zerstörung an der Maschine hörte auf; die Arbeiter unterhielten sich freundschaftlich mit der Bürgerwehr und den Schutzmännern; beide gaben den Arbeitern Recht, daß die Arbeit durch die Maschine nicht befördert, sondern vermindert werde. Die Bürgerwehr sowohl, als die Schutzmänner zogen sich zurück, die Arbeiter gingen an die Arbeit und Alles war ruhig. Nach Feierabend gingen mehrere Arbeiter an die Stelle, wo die Maschine lag; die Arbeiter natürlich glaubten in ihrem vollen Rechte zu sein, auf Grund des Beistandes der Bürgerwehr und der Schutzmänner, die Maschine gänzlich zu demoliren, theils durch Verbrennen, theils durch andere Zerstörungen. Warum blieb nun die Bürgerwehr und Schutzmannschaft nicht am Platze?&#x2012; Darum, weil sie eine gänzliche Zerstörung der Maschine wünschte. Am Donnerstag ging Alles ziemlich ruhig ab; Näheres darüber ist hinreichend bekannt. Freitag und Sonnabend war wieder Bürgerwehr aufgestellt, um Arbeiter zu bewachen, welche doch hoffentlich dieselben Rechte als Jene haben; dennoch blieben alle Arbeiter ruhig. Sonntag&#x2012; unbekannt. Montag. Schrecklicher, fürchterlicher Tag! Hätten wir einen solchen nie erlebt!</p>
          <p>Zur Sache! Am Montag Morgen stellten sich wieder Bürgerwehr, theils vor, theils im Exercierhause am Köpnicker Felde, auf, unbeachtet von den Arbeitern. Am Sonnabend, den 14. d. M., hatten die Arbeiter des Schachtmeisters<hi rendition="#g">Plate</hi> ein vereintes Fest. Die Arbeiter, welche ebenfalls zum souveränen Volke gehören, bringen gewöhnlich nach einem solchen Feste, am nächsten Arbeitstage ihren andern Kameraden ein Lebehoch, als ein Zeichen, daß sie nach sechs schweren Tagen einige frohe Stunden verlebt haben. Ein solches Lebehoch wollten nun auch die Arbeiter aus dem Schacht des etc. Plate eben der aufgestellten Bürgerwehr am Exerzierhause bringen, um zu beweisen, daß die Arbeiter nicht gegen, sondern für die Bürger sind. Leidet aber entstand ein Mißverständniß; die &#x201E;Vossische Zeitung&#x201C; erzählt es ja. Also schon wieder ein trauriges Mißverständniß, wann werden dieselben aufhören? Wann werden endlich einmal Einverständnisse eintreten? &#x2012; Durch benanntes Mißverständniß sah sich der Commandirende, Hr. Müller, veranlaßt, die Bürgerwehr schlachtmäßig aufzustellen. Dieses jedoch ist zu verzeihen. Der Arbeiter Stiefel erzählt, als sich die Bürgerwehr aufgestellt hatte, sei er an sie heran getreten, um derselben auseinander zu setzen, daß die Arbeiter nur friedlich gegen die Bürger gesonnen seien; allein ein Anführer des 82sten Bezirks, ein großer, starker Mann ohne Bart, habe ihm einen Säbelhieb über die Schulter gegeben. Der etc. Stiefel erwiederte hierauf: &#x201E;Bedienen Sie sich nicht solcher Grobheiten,&#x201C; darauf zog dieser Anführer ein Pistol aus der rechten Hosentasche, setzte dasselbe dem etc. Stiefel auf die Brust; hätte auch abgedrückt, wenn der Hauptmann Jahn, Linienstraße Nr. 105, demselben nicht in die Arme gefallen wäre.&#x2012; Der etc. Jahn gab an, den Anführer nicht zu kennen, aber er soll und muß ermittelt werden, um dessen Namen öffentlich bekannt machen zu können, und denselben der öffentlichen Verachtung preiszugeben.&#x2012; Auf Grund obiger Behandlung zogen sich mehrere in der Nähe stehende Arbeiter, aber ohne Waffen, zusammen. Die Bürgerwehr, dieses sehend, stachen die nahe stehenden Arbeiter mit den Bajonetten; darauf erhob sich ein Geschrei unter den Arbeitern, wodurch der Andrang derselben stärker wurde. Jetzt fielen einzelne Schüsse auf die Arbeiter, dieselben ergriffen Steine und suchten sich zu vertheidigen; in diesem Augenblicke hieß es, die Bürgerwehr erhalte Verstärkung, <hi rendition="#g">Rimpler</hi> komme. &#x2012; Jetzt erst begann der Kampf; Schuß auf Schuß fiel, die Bürgerwehr drang vor gegen die Arbeiter; mehrere Arbeiter fielen. In der ersten Bude, links vom Exerzierhause, saß ein alter Mann und trank seine Flasche Bier, auch dieser wurde von der Bürgerwehr erschossen. Die Bürgerwehr rückte weiter vor, die Arbeiter zogen sich zurück. &#x2012; An der Adalbertsbrücke wurde ein Maurer, welcher ruhig in der Bude saß, um sein Mittagbrod zu essen, von der Bürgerwehr erschossen. &#x2012; Die Arbeiter zogen sich nun nach und nach zurück, die Bürgerwehr wüthete fort. &#x2012; Todte waren auf der Stelle vier, nach einer Stunde starb wieder Einer, schwer verwundet sind zehn, welche theils noch im neuen Krankenhause liegen. Eine Frau, welche ihrem Manne Essen bringen wollte, wurde ebenfalls erschossen; was späterhin noch geschehen, konnten wir bis dahin noch nicht genau erhalten, werden aber nicht verfehlen, es noch zur Zeit zu thun. Dieses ist der ganz genaue Hergang der Gräuel- und Mordscenen.</p>
          <p>Berlin, 18. Oktober 1848.</p>
          <p> <hi rendition="#g">Sämmtliche Kanalarbeiter.</hi> </p>
        </div>
        <div xml:id="ar123-1_009" type="jArticle">
          <head><bibl><author>12</author></bibl> Breslau, 18. Oktbr.</head>
          <p>Heute, als am 18. Oktbr., ist zur Feier des befreiten Deutschlands unser Mitbürger, der Arzt Dr. Borchardt, wegen einiger Worte, die er vor längerer Zeit in einer Volksversammlung gesprochen, und die auf eine Steuerverweigerung hindeuteten, wenn der König sich ferner so, wie jetzt den Einflüssen der Potsdamer Camarilla hingeben sollte, verhaftet. Wieder ein Streich maßloser Willkür, indem diese Worte als Hochverrath bezeichnet worden und bei unserm alten geheimen inquistorischen Verfahren für den Angeklagten sehr verderblich ausfallen werden.</p>
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        <div xml:id="ar123-1_010" type="jArticle">
          <head><bibl><author>X</author></bibl> Trier, 17. Okt.</head>
          <p>C. Jmandt, der, wie Sie wissen, beder Worringer Volksversammlung und der Scene auf dem Altenmarkte in Köln betheiligt war, sollte am 15. d. M., am Königsgeburtstage, hier verhaftet werden. Die Polizei gibt zwar an, jene Betheiligung an den Versammlungen in Köln und Worringen seien der Grund der Verhaftung; allein es ist wahrscheinlicher, daß einige Reden, die er hier im demokratischen Klub hielt, diese Maßregel veranlaßten. In Begleitung seiner Mutter und seines Bruders wurde er auf der offenen Straße außerhalb der Stadt von einem Polizeikommissar und zwei Gensd'armen, die in einem Wagen hinter ihm her kamen, arretirt. Alle Versuche, ihn in den Wagen zu bringen, Versuche, die durch die Gensd'armensäbel und das Pistol des Kommissars unterstützt waren, scheiterten; Imandt zog es vor, zu Fuß zu gehen. Ganz in der Nähe der Stadt stellte sich in demselben Wagen, der ihm mit einem Gensd'arm verausgeeilt war, eine Masse der Herren von der Hermandat ein; auch die Soldaten der Wache wurden requirirt; alles umsonst; es war nicht möglich, Imandt in den Wagen zu heben, obgleich es eine Menge von Händen versuchten. Man begreift es nicht, auf welche Weise er den Häschern entkam; er lief in die Stadt, die Gensd'armen und Soldaten hinterher; es sammelte sich Volk &#x2012; er verschwand und die Polizei wurde verlacht. Imandt ist nach Frankreich gereist; der Polizeikommissarius soll, wie man sagt, seine Stelle verlieren, weil seine Ungeschicklichkeit die ganze bewaffnete Macht mehr oder minder kompromittirt hat.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar123-1_011" type="jArticle">
          <head><bibl><author>12</author></bibl> Barmen, 19. Okt.</head>
          <p>Wenn man das neueste Treiben der Polizei beobachtet, ihre allseitige Hetzjagd auf Aufreizung zu hochverrätherischen Unternehmungen, so erkennt man mit Genugthuung, daß wir den Rechtsboden des Polizeistaats wiedererobert haben. Ein Exempel:</p>
          <p>Am 8. d. fand, wie Ihre Zeitung schon mitgetheilt, zu <hi rendition="#g">Gerresheim</hi> eine Volksversammlung von circa 5000 Menschen unter freiem Himmel statt. Wir wohnten dieser Versammlung bei und können versichern, daß keiner der Redner die gesetzliche Grenze überschritten hat. Unter bewundernswürdiger Ordnung und mit einer wahren Andacht von Seiten des Volkes wurde die Versammlung zu Ende geführt.</p>
          <p>An dem darauf folgenden Tage erschien der kön. preuß. Kammerherr und Landrath Freiherr Raitz von Frentz, Ritter etc. in höchsteigener Person, um Erkundigungen über das Geschehene und Gesagte einzuziehen und heute am 19. werden eine Anzahl Zuhörer durch den dazu beauftragten Friedensrichter protokollarisch vernommen.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Donaufürstenthümer.</head>
        <div xml:id="ar123-1_012" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Jassy, 6. Octbr.</head>
          <p>Der neue Kamaikam von Bucharest, <hi rendition="#g">Konstantin Kantakuzino,</hi> ist ein Kartenspieler von Profession. Der russische General <hi rendition="#g">Hasfort</hi> erklärt, daß <hi rendition="#g">Rußland den Freiheitshelden dreifarbige Stricke und Peitschen bringt. Fast täglich überschreiten russische Truppen den Pruth.</hi> Vor einigen Tagen kamen nach Laova sechs Husarenregimenter. Ueber Skulani rückten gestern zwei Bataillons Infanterie in Jassy ein, um schon heute ihren Marsch nach Waslau, Berlad etc. fortzusetzen. Die große Anhäufung russischer Truppen in den Donaufürstenthümern hängt offenbar mit den ungarisch-kroatischen Wirren zusammen. In <hi rendition="#g">Fokschan</hi> soll ein russischer Oberst <hi rendition="#g">öffentlich versichert</hi> haben, die Truppen, denen eine ungeheure Vermehrung bevorstehe, hätten die <hi rendition="#g">Bestimmung nach Wien zu marschiren, um den Geist der Revolution niederzuhalten.</hi> </p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Italien.</head>
        <div xml:id="ar123-1_013" type="jArticle">
          <bibl>
            <author>*</author>
          </bibl>
          <p>Radetzky glaubt die Gefahr zu beschwören, indem er Lügen publizirt. Am 12. Oktober ließ er in Mailand die Nachricht verbreiten, es seien drei Armeen im Marsche auf Wien, das die Chefs der revolutionären Bewegung verlassen hätten. Sobald die ungarischen Regimenter und die Lombarden die Wahrheit wissen werden, wird die Explosion nur um so schrecklicher sein. Am 13. machte man in Turin neue Manifestationen. Soldaten versammelten sich in großer Anzahl und schrieen: &#x201E; Krieg, oder unsern Abschied!&#x201C; Das Volk gesellte sich zu ihnen, mit dem Schrei: &#x201E; Es lebe Italien!&#x201C; Der Herzog von Savoyen kam in der Nacht vom 13. auf den 14. in Turin an und reiste fast sogleich weiter. Man sagt, er habe dem Könige erklärt, daß sein Armeekorps den Krieg verlange. &#x2012; Aus Udine hört man, daß die Oesterreicher sich mit aller Gewalt Osoppo's, bei Venedig bemächtigen wollen. 5000 Mann mit vieler Artillerie rückten zur Verstärkung der dort schon stehenden Truppen heran. Der Angriff wurde gemacht, aber die Belagerten widerstehen. Generallieutenant Zanini ließ die schwarze Fahne aufstecken, um dem Feinde zu zeigen, daß er sich eher unter den Ruinen begraben, als weichen würde. Alles ist angeordnet, um die Pulverminen springen zu lassen, wenn der Feind triumphiren sollte; die Garnison ist zu sterben bereit.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar123-1_014" type="jArticle">
          <head>Turin.</head>
          <p>Nach der Independance wird der polnische General <hi rendition="#g">Czarnowski,</hi> im Falle der Wiedereröffnung der Feindseligkeiten, den Oberbefehl der sardinischen Truppen übernehmen. Ein vollständig organisirtes Korps von 30,000 Mann soll marschfertig sein.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Französische Republik.</head>
        <div xml:id="ar123-1_015_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Karl Marx: Die &#x201E;Réforme&#x201C; über die Juniinsurrektion, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/8.         </bibl>                </note>
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Paris.</head>
          <gap reason="copyright"/>
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        <div xml:id="ar123-1_016" type="jArticle">
          <head>Paris, 19. October.</head>
          <p>Der Moniteur veröffentlicht den gestrigen Beschluß der Nationalversammlung, der die im Artikel 4 des Dekrets der provisorischen Regierung vom 7. März 1848 auf 9 ausgedehnte Majorität bei Geschworenengerichten wieder auf 7 herabsetzt. Der Versicherung Cremieur's zufolge hätten die Staatsanwälte mehrerer Departements erklärt, daß die Gesellschaft bei der Zahl 9, wegen zu häufiger Freisprechung von Verbrechern Gefahr laufe. Somit wäre abermals eine Verordnung der Februarperiode abgeschafft.</p>
          <p>&#x2012; Das neue Ministerium fährt in seinem Beamtenwechsel fort. Der Moniteur setzt zunächst drei neue Oberbeamte an dem Telegraphischen Institut ein und verweis't den Vater Flocon in Ruhestand. Ein wegen der Rachel abgesetzter Theaterkommissarius unter Senard ist gleichfalls wieder zu Ehren erklärt, und außerdem befinden sich noch in den ministeriellen Mappen lange Listen von rothen Republikanern, welche aus den Aemtern gejagt werden sollen.</p>
          <p>&#x2012; Auf Befehl der Regierung wurde die gestrige Nummer des Journals &#x201E; La Republique&#x201C; auf der Post und in ihrem Verlage von der Polizei weggenommen, weil sie einen Artikel aus Brest über die unglückliche Lage der Juni-Insurgenten enthielt, in dem die hohe Regierung eine Aufhetzung zum Hasse gegen die Regierung der Republik erblickt.</p>
          <p>&#x2012; Die heutige Sitzung der Nationalversammlung verspricht wieder einigen Tumult. Zuerst wird Marrast in aller Eile für den &#x201E; letzten&#x201C; Monat wohl wieder zum Präsidenten gewählt werden, dann wird es aber einigen Belagerungssturm absetzen und endlich wird die Diskussion der legitimistischen Sonderbundsgelüste bei Gelegenheit der Artikel 74, 75 und 76 der Verfassung starken Lärmen absetzen.</p>
          <p>&#x2012; Die Verfassungsdebatte naht mit Riesenschritten ihrem Ende. Sie wird bis Mitte der künftigen Woche jedenfalls geendet und die Verfassung selbst am 27. oder 28. Octbr. zum letzten (dritten) Male verlesen.</p>
          <p>&#x2012; Das Ministerium beabsichtigt übermorgen der Nationalversammlung einen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher die Wahl des Präsidenten der Republik schon für den 25. Nov. vorschreibt.</p>
          <p>&#x2012; Die Journalpolemik fängt an, etwas mehr Salz zu bekommen. Der allmälige Sieg der Rue de Poitiers (Thierspartei) lös't ihr die Zunge. Die Politik des National steht jetzt völlig unter Null. Kein Mensch wird bald mehr nach ihm greifen. Sie transit gloria!</p>
          <p>&#x2012; Die gestrige Soirée bei Cavaignac war gedrückt voll. Die ganze Rue de Poitiers hatte sich dort Rendezvous gegeben; sie will ihm natürlich ihre Anerkennung für die jüngsten Zugeständnisse zollen. Die Linke betritt dagegen mit keinem Fuße die Schwelle des Palastes in der Rue de Varennes.</p>
          <p>&#x2012; Als Grund, warum die Linke vorgestern nicht in Masse an die Barriere Poissoniere zog, wird die Anwesenheit Proudhons angegeben. Die Herren Bourgevisrepublikaner der äußersten Linken können ihrem Kollegen die Schonungslosigkeit nicht verzeihen, mit der er sie in seiner letzten Broschüre über das Recht auf Arbeit behandelt.</p>
          <p>&#x2012; Ueber die Entstehung des Dufaure-Vivien-Freslon'schen Ministeriums ist man ziemlich im Klaren. Vivien selbst soll Marrast den Gedanken beigebracht haben, daß ihn nur eine solche Ministerialveränderung auf dem Präsidentenstuhle erhalten könne, für den die Rue de Poitiers den Thiers'schen Adjudanten Dufaure unwiderruflich dies Mal bestimmt hatte. Marrast's Plan war somit gefaßt und Cavaignac, der nie einen Gedanken hatte, mußte sich natürlich ohne Schwertstreich ergeben.</p>
          <p>Dieses letzte Manöver hat Marrast in der öffentlichen Meinung (wir meinen das Kleinbürgerthum, bei dem der National noch viel galt) unrettbar verloren. Marrast's Träume, selbst wenn ihm die erste Vizepräsidentur zufiele, sind zerronnen! Er ist vernichtet.</p>
          <p>&#x2012; Die Diebe, welche die süddeutsch-schweizerische Briefpost bei Besancon überfielen, sind in Dijon arretirt worden. Man fand bei ihnen ein großes Paket Papiere und 8000 Franken in Silber.</p>
          <p>&#x2012; Selbst unter den Invaliden herrscht Gährung. Ein Tagesbefehl verbietet ihnen von jetzt an, keinerlei Speise mehr aus dem Invalidenhause passiren zu lassen. Es herrschte nämlich die Sitte, daß die alten Stelzfüße einen Theil ihres Mahls in die nächsten Kneipen trugen und dort gegen Wein und Schnapps verschacherten. Diesem Austausch will obiger Tagesbefehl ein Ziel setzen; doch wollen, wie es scheint, die alten Graubärte mit ihren Stöcken dagegen protestiren. Mehrere der Anstifter sind in Arrest geworfen worden.</p>
          <p>&#x2012; Der Sack feinstes Waizenmehl, im Gewicht von 159 Kilogramm, kostet in diesem Augenblick 48 Fr. Gewöhnliches Waizenmehl nur 46 bis 47 Fr. Und dennoch haben Tausende keinen Bissen Brod zu essen!</p>
          <p>&#x2012; Zur Charakteristik des Generals Cavaignac bringt Girardin's &#x201E;<hi rendition="#g">Presse</hi>&#x201C; folgende neue Randzeichnungen.</p>
          <p>In der Sitzung der Nationalversamlung vom 16. Oktober gesteht Cavaignac ein, daß er im Schooße der Verfassungskommission der Ansicht war, die Präsidentschaft der Republik müsse durch allgemeine Wahl übertragen werden, während er auf der Tribüne, im Augenblicke der Abstimmung, für die Wahl des Präsidenten durch die Nationalversammlung sich entschied. Eine ungeheure Majorität von 602 Stimmen gegen 211 entscheidet sich gegen die letzte Meinung des Generals Cavaignac, die er durch sein eignes Votum unterstützte. Was thut unser Cavaignac? Er verabschiedet 3 seiner Minister, und er selbst bleibt.</p>
          <p>Gerade so benahm er sich am 24. Juni. Wer war Kriegsminister am 22. Juni? Der General Cavaignac. Wer war also verantwortlich für alle zur Aufrechterhaltung der Ordnung nothwendige Maßregeln? Cavaignac. Keine Maßregel wird getroffen. Kein Befehl gegeben, von allen Seiten schreit man: <hi rendition="#g">Verrath!</hi> Auf wen mußte vor allem die Verantwortlichkeit fallen? Auf den General Cavaignac. Auf wen fällt sie? Auf die <hi rendition="#g">exekutive Kommission. </hi> Sie ist aufgelöst. Die ganze exekutive Gewalt wird in die Hände des Generals Cavaignac niedergelegt.</p>
          <p>Man muß es anerkennen. Das heißt Glück haben.</p>
          <p><hi rendition="#g">National-Versammlung.</hi> Sitzung vom 19. Oktober. Corbon eröffnet sie um 12 1/2 Uhr. Nach Verlesung des Protokolls zieht er die Stimmzettelzähler für die sofort vorzunehmende Präsidenten-Monatswahl durchs Loos.</p>
          <p>Das Scrutin wird eröffnet und ergiebt folgendes Resultat:</p>
          <p>Zahl der Stimmenden 630. Absolute Mehrheit 316. Für Marrast 485. Für Senard 72. Für Lacrosse 25. Für Bac 16.</p>
          <p>Marrast wird zum Präsidenten der Versammlung proklamirt. Er besteigt sogleich den Präsidentenstuhl und ersetzt Corbon.</p>
          <p><hi rendition="#g">Vivien, </hi> Staatsbautenminister, beantragt die Ueberweisung eines Kredits von 200,000 Fr. für Straßenbauten.</p>
          <p><hi rendition="#g">Francisque Bouvet </hi> erhält das Wort zu Interpellationen. Bürger-Vertreter! beginnt er, ich sehe den Minister des Auswärtigen auf seinem Platze und wünsche, die Versammlung möge mir gestatten, das Ministerium zur Rede zu stellen über die Angelegenheiten....</p>
          <p>(Nein! Nein! Unterbrechung. Stimme: Zur Verfassung! Zur Verfassung!)</p>
          <p><hi rendition="#g">Fr. Bouvet:</hi> Ich möchte nur einige allgemeine Fragen stellen. (Lärm.)Ich möchte gern wissen, was die Regierung in Rücksicht auf die Ereignisse in Wien nunmehr.... (Hoho! Wie? Nein! Sprechen Sie!) Die französische Regierung ist entschlossen, den König Karl Albert zu unterstützen. (Oh, oh! Zur Tagesordnung! Zur Tagesordnung!) Ich möchte doch, daß man mir einen Tag für diese Interpellationen bewillige. (Nein, nein!)</p>
          <p><hi rendition="#g">Bastide,</hi> Minister des Auswärtigen: Ich habe die Ehre, der Versammlung zu versichern, daß in unserer auswärtigen Politik nichts geändert ist. Unsere Verbindungen sind dieselben und und wir folgen mit gleicher Aufmerksamkeit den Ereignissen. Ich füge nur ein Wort bei: Die Versammlung begreift alle Rücksichten, die man unserer äußeren Politik schuldet, sie begreift daher auch die Unmöglichkeit, daß wir, die Minister, auf die an uns gerichtete Frage Rede stehen und hiefür einen Tag anberaumen lassen. Noch ist es unmöglich, den Tag zu bestimmen, an dem wir werden frei sprechen können.</p>
          <p><hi rendition="#g">Baune</hi> (vom Berge) unterstützt den Antrag Bouvets. Es liegt ihm weniger daran, ob mit der jüngsten Ministerialänderung die Lage nach Außen geändert worden, als zu wissen, ob Venedig und die Lombardei befreit werden. (Zur Ordnung! Zur Tagesordnung von vielen Bänken rechts).</p>
          <p><hi rendition="#g">Bastide, </hi> Minister des Auswärtigen: Ich bin aufs Innigste davon überzeugt, daß es Niemand unter Ihnen gibt, der nicht fest davon überzeugt wäre, daß eine öffentliche Besprechung schwebender Völkerfragen die größten Gefahren berge. (Nein, nein! vom Berge) Ich trage auf Tagesordnung an.</p>
          <p><hi rendition="#g">Baune</hi> (lebhaft): Ich zeige der Versammlung an, daß ich am nächsten Montag das Ministerium wegen Italien und Oesterreich interpelliren werde.</p>
          <p><hi rendition="#g">Marrast:</hi> Ich bringe zuerst den Antrag auf Tagesordnung zur Abstimmung.</p>
          <p>Die Versammlung entscheidet mit gewohntem Mehr, daß sie zur Tagesordnung, zu Artikel 74, 75 und 76 der Verfassung, wie sie gestern von den Legitimisten amendirt wurden, zurückkehre.</p>
          <p><hi rendition="#g">Goudchaux</hi> eilt auf die Bühne und verliest eine Heerde von Gesetzentwürfen und Steuergesetzen, für die er die Dringlichkeit beantragt. Er könne sonst sein Büdget von 1849 nicht anfertigen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Dupin</hi> (der ältere) verweist ihn auf Montag; die Verfassung sei das Dringendste.</p>
          <p>Die Versammlung nimmt die Verfassung vor und es drängen sich bereits ein halb Dutzend Redner auf die Bühne.</p>
          <p>Der Versuch der Legitimisten und einiger halben Demokraten, wie z. B. Pascal Duprat's, die Administrativ-Centralisation aus dem Lande zu peitschen und dafür nach echt Luzerner oder Freiburger Sonderbundsgesetzen jede Dorfgemeinde souverain zu erklären, kostet der National-Versammlung mehrere Stunden.</p>
          <p>Pascal Duprat, Jouin, Boulatignier, Delarochette, Bechard etc. sprechen theils für, theils gegen die Nothwendigkeit der Decentralisation der Republik.</p>
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[0619/0003] Abtheilungen von Bürgerwehr und Schutzmännern. Die Zerstörung an der Maschine hörte auf; die Arbeiter unterhielten sich freundschaftlich mit der Bürgerwehr und den Schutzmännern; beide gaben den Arbeitern Recht, daß die Arbeit durch die Maschine nicht befördert, sondern vermindert werde. Die Bürgerwehr sowohl, als die Schutzmänner zogen sich zurück, die Arbeiter gingen an die Arbeit und Alles war ruhig. Nach Feierabend gingen mehrere Arbeiter an die Stelle, wo die Maschine lag; die Arbeiter natürlich glaubten in ihrem vollen Rechte zu sein, auf Grund des Beistandes der Bürgerwehr und der Schutzmänner, die Maschine gänzlich zu demoliren, theils durch Verbrennen, theils durch andere Zerstörungen. Warum blieb nun die Bürgerwehr und Schutzmannschaft nicht am Platze?‒ Darum, weil sie eine gänzliche Zerstörung der Maschine wünschte. Am Donnerstag ging Alles ziemlich ruhig ab; Näheres darüber ist hinreichend bekannt. Freitag und Sonnabend war wieder Bürgerwehr aufgestellt, um Arbeiter zu bewachen, welche doch hoffentlich dieselben Rechte als Jene haben; dennoch blieben alle Arbeiter ruhig. Sonntag‒ unbekannt. Montag. Schrecklicher, fürchterlicher Tag! Hätten wir einen solchen nie erlebt! Zur Sache! Am Montag Morgen stellten sich wieder Bürgerwehr, theils vor, theils im Exercierhause am Köpnicker Felde, auf, unbeachtet von den Arbeitern. Am Sonnabend, den 14. d. M., hatten die Arbeiter des SchachtmeistersPlate ein vereintes Fest. Die Arbeiter, welche ebenfalls zum souveränen Volke gehören, bringen gewöhnlich nach einem solchen Feste, am nächsten Arbeitstage ihren andern Kameraden ein Lebehoch, als ein Zeichen, daß sie nach sechs schweren Tagen einige frohe Stunden verlebt haben. Ein solches Lebehoch wollten nun auch die Arbeiter aus dem Schacht des etc. Plate eben der aufgestellten Bürgerwehr am Exerzierhause bringen, um zu beweisen, daß die Arbeiter nicht gegen, sondern für die Bürger sind. Leidet aber entstand ein Mißverständniß; die „Vossische Zeitung“ erzählt es ja. Also schon wieder ein trauriges Mißverständniß, wann werden dieselben aufhören? Wann werden endlich einmal Einverständnisse eintreten? ‒ Durch benanntes Mißverständniß sah sich der Commandirende, Hr. Müller, veranlaßt, die Bürgerwehr schlachtmäßig aufzustellen. Dieses jedoch ist zu verzeihen. Der Arbeiter Stiefel erzählt, als sich die Bürgerwehr aufgestellt hatte, sei er an sie heran getreten, um derselben auseinander zu setzen, daß die Arbeiter nur friedlich gegen die Bürger gesonnen seien; allein ein Anführer des 82sten Bezirks, ein großer, starker Mann ohne Bart, habe ihm einen Säbelhieb über die Schulter gegeben. Der etc. Stiefel erwiederte hierauf: „Bedienen Sie sich nicht solcher Grobheiten,“ darauf zog dieser Anführer ein Pistol aus der rechten Hosentasche, setzte dasselbe dem etc. Stiefel auf die Brust; hätte auch abgedrückt, wenn der Hauptmann Jahn, Linienstraße Nr. 105, demselben nicht in die Arme gefallen wäre.‒ Der etc. Jahn gab an, den Anführer nicht zu kennen, aber er soll und muß ermittelt werden, um dessen Namen öffentlich bekannt machen zu können, und denselben der öffentlichen Verachtung preiszugeben.‒ Auf Grund obiger Behandlung zogen sich mehrere in der Nähe stehende Arbeiter, aber ohne Waffen, zusammen. Die Bürgerwehr, dieses sehend, stachen die nahe stehenden Arbeiter mit den Bajonetten; darauf erhob sich ein Geschrei unter den Arbeitern, wodurch der Andrang derselben stärker wurde. Jetzt fielen einzelne Schüsse auf die Arbeiter, dieselben ergriffen Steine und suchten sich zu vertheidigen; in diesem Augenblicke hieß es, die Bürgerwehr erhalte Verstärkung, Rimpler komme. ‒ Jetzt erst begann der Kampf; Schuß auf Schuß fiel, die Bürgerwehr drang vor gegen die Arbeiter; mehrere Arbeiter fielen. In der ersten Bude, links vom Exerzierhause, saß ein alter Mann und trank seine Flasche Bier, auch dieser wurde von der Bürgerwehr erschossen. Die Bürgerwehr rückte weiter vor, die Arbeiter zogen sich zurück. ‒ An der Adalbertsbrücke wurde ein Maurer, welcher ruhig in der Bude saß, um sein Mittagbrod zu essen, von der Bürgerwehr erschossen. ‒ Die Arbeiter zogen sich nun nach und nach zurück, die Bürgerwehr wüthete fort. ‒ Todte waren auf der Stelle vier, nach einer Stunde starb wieder Einer, schwer verwundet sind zehn, welche theils noch im neuen Krankenhause liegen. Eine Frau, welche ihrem Manne Essen bringen wollte, wurde ebenfalls erschossen; was späterhin noch geschehen, konnten wir bis dahin noch nicht genau erhalten, werden aber nicht verfehlen, es noch zur Zeit zu thun. Dieses ist der ganz genaue Hergang der Gräuel- und Mordscenen. Berlin, 18. Oktober 1848. Sämmtliche Kanalarbeiter. 12 Breslau, 18. Oktbr. Heute, als am 18. Oktbr., ist zur Feier des befreiten Deutschlands unser Mitbürger, der Arzt Dr. Borchardt, wegen einiger Worte, die er vor längerer Zeit in einer Volksversammlung gesprochen, und die auf eine Steuerverweigerung hindeuteten, wenn der König sich ferner so, wie jetzt den Einflüssen der Potsdamer Camarilla hingeben sollte, verhaftet. Wieder ein Streich maßloser Willkür, indem diese Worte als Hochverrath bezeichnet worden und bei unserm alten geheimen inquistorischen Verfahren für den Angeklagten sehr verderblich ausfallen werden. X Trier, 17. Okt. C. Jmandt, der, wie Sie wissen, beder Worringer Volksversammlung und der Scene auf dem Altenmarkte in Köln betheiligt war, sollte am 15. d. M., am Königsgeburtstage, hier verhaftet werden. Die Polizei gibt zwar an, jene Betheiligung an den Versammlungen in Köln und Worringen seien der Grund der Verhaftung; allein es ist wahrscheinlicher, daß einige Reden, die er hier im demokratischen Klub hielt, diese Maßregel veranlaßten. In Begleitung seiner Mutter und seines Bruders wurde er auf der offenen Straße außerhalb der Stadt von einem Polizeikommissar und zwei Gensd'armen, die in einem Wagen hinter ihm her kamen, arretirt. Alle Versuche, ihn in den Wagen zu bringen, Versuche, die durch die Gensd'armensäbel und das Pistol des Kommissars unterstützt waren, scheiterten; Imandt zog es vor, zu Fuß zu gehen. Ganz in der Nähe der Stadt stellte sich in demselben Wagen, der ihm mit einem Gensd'arm verausgeeilt war, eine Masse der Herren von der Hermandat ein; auch die Soldaten der Wache wurden requirirt; alles umsonst; es war nicht möglich, Imandt in den Wagen zu heben, obgleich es eine Menge von Händen versuchten. Man begreift es nicht, auf welche Weise er den Häschern entkam; er lief in die Stadt, die Gensd'armen und Soldaten hinterher; es sammelte sich Volk ‒ er verschwand und die Polizei wurde verlacht. Imandt ist nach Frankreich gereist; der Polizeikommissarius soll, wie man sagt, seine Stelle verlieren, weil seine Ungeschicklichkeit die ganze bewaffnete Macht mehr oder minder kompromittirt hat. 12 Barmen, 19. Okt. Wenn man das neueste Treiben der Polizei beobachtet, ihre allseitige Hetzjagd auf Aufreizung zu hochverrätherischen Unternehmungen, so erkennt man mit Genugthuung, daß wir den Rechtsboden des Polizeistaats wiedererobert haben. Ein Exempel: Am 8. d. fand, wie Ihre Zeitung schon mitgetheilt, zu Gerresheim eine Volksversammlung von circa 5000 Menschen unter freiem Himmel statt. Wir wohnten dieser Versammlung bei und können versichern, daß keiner der Redner die gesetzliche Grenze überschritten hat. Unter bewundernswürdiger Ordnung und mit einer wahren Andacht von Seiten des Volkes wurde die Versammlung zu Ende geführt. An dem darauf folgenden Tage erschien der kön. preuß. Kammerherr und Landrath Freiherr Raitz von Frentz, Ritter etc. in höchsteigener Person, um Erkundigungen über das Geschehene und Gesagte einzuziehen und heute am 19. werden eine Anzahl Zuhörer durch den dazu beauftragten Friedensrichter protokollarisch vernommen. Donaufürstenthümer. * Jassy, 6. Octbr. Der neue Kamaikam von Bucharest, Konstantin Kantakuzino, ist ein Kartenspieler von Profession. Der russische General Hasfort erklärt, daß Rußland den Freiheitshelden dreifarbige Stricke und Peitschen bringt. Fast täglich überschreiten russische Truppen den Pruth. Vor einigen Tagen kamen nach Laova sechs Husarenregimenter. Ueber Skulani rückten gestern zwei Bataillons Infanterie in Jassy ein, um schon heute ihren Marsch nach Waslau, Berlad etc. fortzusetzen. Die große Anhäufung russischer Truppen in den Donaufürstenthümern hängt offenbar mit den ungarisch-kroatischen Wirren zusammen. In Fokschan soll ein russischer Oberst öffentlich versichert haben, die Truppen, denen eine ungeheure Vermehrung bevorstehe, hätten die Bestimmung nach Wien zu marschiren, um den Geist der Revolution niederzuhalten. Italien. * Radetzky glaubt die Gefahr zu beschwören, indem er Lügen publizirt. Am 12. Oktober ließ er in Mailand die Nachricht verbreiten, es seien drei Armeen im Marsche auf Wien, das die Chefs der revolutionären Bewegung verlassen hätten. Sobald die ungarischen Regimenter und die Lombarden die Wahrheit wissen werden, wird die Explosion nur um so schrecklicher sein. Am 13. machte man in Turin neue Manifestationen. Soldaten versammelten sich in großer Anzahl und schrieen: „ Krieg, oder unsern Abschied!“ Das Volk gesellte sich zu ihnen, mit dem Schrei: „ Es lebe Italien!“ Der Herzog von Savoyen kam in der Nacht vom 13. auf den 14. in Turin an und reiste fast sogleich weiter. Man sagt, er habe dem Könige erklärt, daß sein Armeekorps den Krieg verlange. ‒ Aus Udine hört man, daß die Oesterreicher sich mit aller Gewalt Osoppo's, bei Venedig bemächtigen wollen. 5000 Mann mit vieler Artillerie rückten zur Verstärkung der dort schon stehenden Truppen heran. Der Angriff wurde gemacht, aber die Belagerten widerstehen. Generallieutenant Zanini ließ die schwarze Fahne aufstecken, um dem Feinde zu zeigen, daß er sich eher unter den Ruinen begraben, als weichen würde. Alles ist angeordnet, um die Pulverminen springen zu lassen, wenn der Feind triumphiren sollte; die Garnison ist zu sterben bereit. Turin. Nach der Independance wird der polnische General Czarnowski, im Falle der Wiedereröffnung der Feindseligkeiten, den Oberbefehl der sardinischen Truppen übernehmen. Ein vollständig organisirtes Korps von 30,000 Mann soll marschfertig sein. Französische Republik. * Paris. _ Paris, 19. October. Der Moniteur veröffentlicht den gestrigen Beschluß der Nationalversammlung, der die im Artikel 4 des Dekrets der provisorischen Regierung vom 7. März 1848 auf 9 ausgedehnte Majorität bei Geschworenengerichten wieder auf 7 herabsetzt. Der Versicherung Cremieur's zufolge hätten die Staatsanwälte mehrerer Departements erklärt, daß die Gesellschaft bei der Zahl 9, wegen zu häufiger Freisprechung von Verbrechern Gefahr laufe. Somit wäre abermals eine Verordnung der Februarperiode abgeschafft. ‒ Das neue Ministerium fährt in seinem Beamtenwechsel fort. Der Moniteur setzt zunächst drei neue Oberbeamte an dem Telegraphischen Institut ein und verweis't den Vater Flocon in Ruhestand. Ein wegen der Rachel abgesetzter Theaterkommissarius unter Senard ist gleichfalls wieder zu Ehren erklärt, und außerdem befinden sich noch in den ministeriellen Mappen lange Listen von rothen Republikanern, welche aus den Aemtern gejagt werden sollen. ‒ Auf Befehl der Regierung wurde die gestrige Nummer des Journals „ La Republique“ auf der Post und in ihrem Verlage von der Polizei weggenommen, weil sie einen Artikel aus Brest über die unglückliche Lage der Juni-Insurgenten enthielt, in dem die hohe Regierung eine Aufhetzung zum Hasse gegen die Regierung der Republik erblickt. ‒ Die heutige Sitzung der Nationalversammlung verspricht wieder einigen Tumult. Zuerst wird Marrast in aller Eile für den „ letzten“ Monat wohl wieder zum Präsidenten gewählt werden, dann wird es aber einigen Belagerungssturm absetzen und endlich wird die Diskussion der legitimistischen Sonderbundsgelüste bei Gelegenheit der Artikel 74, 75 und 76 der Verfassung starken Lärmen absetzen. ‒ Die Verfassungsdebatte naht mit Riesenschritten ihrem Ende. Sie wird bis Mitte der künftigen Woche jedenfalls geendet und die Verfassung selbst am 27. oder 28. Octbr. zum letzten (dritten) Male verlesen. ‒ Das Ministerium beabsichtigt übermorgen der Nationalversammlung einen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher die Wahl des Präsidenten der Republik schon für den 25. Nov. vorschreibt. ‒ Die Journalpolemik fängt an, etwas mehr Salz zu bekommen. Der allmälige Sieg der Rue de Poitiers (Thierspartei) lös't ihr die Zunge. Die Politik des National steht jetzt völlig unter Null. Kein Mensch wird bald mehr nach ihm greifen. Sie transit gloria! ‒ Die gestrige Soirée bei Cavaignac war gedrückt voll. Die ganze Rue de Poitiers hatte sich dort Rendezvous gegeben; sie will ihm natürlich ihre Anerkennung für die jüngsten Zugeständnisse zollen. Die Linke betritt dagegen mit keinem Fuße die Schwelle des Palastes in der Rue de Varennes. ‒ Als Grund, warum die Linke vorgestern nicht in Masse an die Barriere Poissoniere zog, wird die Anwesenheit Proudhons angegeben. Die Herren Bourgevisrepublikaner der äußersten Linken können ihrem Kollegen die Schonungslosigkeit nicht verzeihen, mit der er sie in seiner letzten Broschüre über das Recht auf Arbeit behandelt. ‒ Ueber die Entstehung des Dufaure-Vivien-Freslon'schen Ministeriums ist man ziemlich im Klaren. Vivien selbst soll Marrast den Gedanken beigebracht haben, daß ihn nur eine solche Ministerialveränderung auf dem Präsidentenstuhle erhalten könne, für den die Rue de Poitiers den Thiers'schen Adjudanten Dufaure unwiderruflich dies Mal bestimmt hatte. Marrast's Plan war somit gefaßt und Cavaignac, der nie einen Gedanken hatte, mußte sich natürlich ohne Schwertstreich ergeben. Dieses letzte Manöver hat Marrast in der öffentlichen Meinung (wir meinen das Kleinbürgerthum, bei dem der National noch viel galt) unrettbar verloren. Marrast's Träume, selbst wenn ihm die erste Vizepräsidentur zufiele, sind zerronnen! Er ist vernichtet. ‒ Die Diebe, welche die süddeutsch-schweizerische Briefpost bei Besancon überfielen, sind in Dijon arretirt worden. Man fand bei ihnen ein großes Paket Papiere und 8000 Franken in Silber. ‒ Selbst unter den Invaliden herrscht Gährung. Ein Tagesbefehl verbietet ihnen von jetzt an, keinerlei Speise mehr aus dem Invalidenhause passiren zu lassen. Es herrschte nämlich die Sitte, daß die alten Stelzfüße einen Theil ihres Mahls in die nächsten Kneipen trugen und dort gegen Wein und Schnapps verschacherten. Diesem Austausch will obiger Tagesbefehl ein Ziel setzen; doch wollen, wie es scheint, die alten Graubärte mit ihren Stöcken dagegen protestiren. Mehrere der Anstifter sind in Arrest geworfen worden. ‒ Der Sack feinstes Waizenmehl, im Gewicht von 159 Kilogramm, kostet in diesem Augenblick 48 Fr. Gewöhnliches Waizenmehl nur 46 bis 47 Fr. Und dennoch haben Tausende keinen Bissen Brod zu essen! ‒ Zur Charakteristik des Generals Cavaignac bringt Girardin's „Presse“ folgende neue Randzeichnungen. In der Sitzung der Nationalversamlung vom 16. Oktober gesteht Cavaignac ein, daß er im Schooße der Verfassungskommission der Ansicht war, die Präsidentschaft der Republik müsse durch allgemeine Wahl übertragen werden, während er auf der Tribüne, im Augenblicke der Abstimmung, für die Wahl des Präsidenten durch die Nationalversammlung sich entschied. Eine ungeheure Majorität von 602 Stimmen gegen 211 entscheidet sich gegen die letzte Meinung des Generals Cavaignac, die er durch sein eignes Votum unterstützte. Was thut unser Cavaignac? Er verabschiedet 3 seiner Minister, und er selbst bleibt. Gerade so benahm er sich am 24. Juni. Wer war Kriegsminister am 22. Juni? Der General Cavaignac. Wer war also verantwortlich für alle zur Aufrechterhaltung der Ordnung nothwendige Maßregeln? Cavaignac. Keine Maßregel wird getroffen. Kein Befehl gegeben, von allen Seiten schreit man: Verrath! Auf wen mußte vor allem die Verantwortlichkeit fallen? Auf den General Cavaignac. Auf wen fällt sie? Auf die exekutive Kommission. Sie ist aufgelöst. Die ganze exekutive Gewalt wird in die Hände des Generals Cavaignac niedergelegt. Man muß es anerkennen. Das heißt Glück haben. National-Versammlung. Sitzung vom 19. Oktober. Corbon eröffnet sie um 12 1/2 Uhr. Nach Verlesung des Protokolls zieht er die Stimmzettelzähler für die sofort vorzunehmende Präsidenten-Monatswahl durchs Loos. Das Scrutin wird eröffnet und ergiebt folgendes Resultat: Zahl der Stimmenden 630. Absolute Mehrheit 316. Für Marrast 485. Für Senard 72. Für Lacrosse 25. Für Bac 16. Marrast wird zum Präsidenten der Versammlung proklamirt. Er besteigt sogleich den Präsidentenstuhl und ersetzt Corbon. Vivien, Staatsbautenminister, beantragt die Ueberweisung eines Kredits von 200,000 Fr. für Straßenbauten. Francisque Bouvet erhält das Wort zu Interpellationen. Bürger-Vertreter! beginnt er, ich sehe den Minister des Auswärtigen auf seinem Platze und wünsche, die Versammlung möge mir gestatten, das Ministerium zur Rede zu stellen über die Angelegenheiten.... (Nein! Nein! Unterbrechung. Stimme: Zur Verfassung! Zur Verfassung!) Fr. Bouvet: Ich möchte nur einige allgemeine Fragen stellen. (Lärm.)Ich möchte gern wissen, was die Regierung in Rücksicht auf die Ereignisse in Wien nunmehr.... (Hoho! Wie? Nein! Sprechen Sie!) Die französische Regierung ist entschlossen, den König Karl Albert zu unterstützen. (Oh, oh! Zur Tagesordnung! Zur Tagesordnung!) Ich möchte doch, daß man mir einen Tag für diese Interpellationen bewillige. (Nein, nein!) Bastide, Minister des Auswärtigen: Ich habe die Ehre, der Versammlung zu versichern, daß in unserer auswärtigen Politik nichts geändert ist. Unsere Verbindungen sind dieselben und und wir folgen mit gleicher Aufmerksamkeit den Ereignissen. Ich füge nur ein Wort bei: Die Versammlung begreift alle Rücksichten, die man unserer äußeren Politik schuldet, sie begreift daher auch die Unmöglichkeit, daß wir, die Minister, auf die an uns gerichtete Frage Rede stehen und hiefür einen Tag anberaumen lassen. Noch ist es unmöglich, den Tag zu bestimmen, an dem wir werden frei sprechen können. Baune (vom Berge) unterstützt den Antrag Bouvets. Es liegt ihm weniger daran, ob mit der jüngsten Ministerialänderung die Lage nach Außen geändert worden, als zu wissen, ob Venedig und die Lombardei befreit werden. (Zur Ordnung! Zur Tagesordnung von vielen Bänken rechts). Bastide, Minister des Auswärtigen: Ich bin aufs Innigste davon überzeugt, daß es Niemand unter Ihnen gibt, der nicht fest davon überzeugt wäre, daß eine öffentliche Besprechung schwebender Völkerfragen die größten Gefahren berge. (Nein, nein! vom Berge) Ich trage auf Tagesordnung an. Baune (lebhaft): Ich zeige der Versammlung an, daß ich am nächsten Montag das Ministerium wegen Italien und Oesterreich interpelliren werde. Marrast: Ich bringe zuerst den Antrag auf Tagesordnung zur Abstimmung. Die Versammlung entscheidet mit gewohntem Mehr, daß sie zur Tagesordnung, zu Artikel 74, 75 und 76 der Verfassung, wie sie gestern von den Legitimisten amendirt wurden, zurückkehre. Goudchaux eilt auf die Bühne und verliest eine Heerde von Gesetzentwürfen und Steuergesetzen, für die er die Dringlichkeit beantragt. Er könne sonst sein Büdget von 1849 nicht anfertigen. Dupin (der ältere) verweist ihn auf Montag; die Verfassung sei das Dringendste. Die Versammlung nimmt die Verfassung vor und es drängen sich bereits ein halb Dutzend Redner auf die Bühne. Der Versuch der Legitimisten und einiger halben Demokraten, wie z. B. Pascal Duprat's, die Administrativ-Centralisation aus dem Lande zu peitschen und dafür nach echt Luzerner oder Freiburger Sonderbundsgesetzen jede Dorfgemeinde souverain zu erklären, kostet der National-Versammlung mehrere Stunden. Pascal Duprat, Jouin, Boulatignier, Delarochette, Bechard etc. sprechen theils für, theils gegen die Nothwendigkeit der Decentralisation der Republik.

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Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 123. Köln, 22. Oktober 1848, S. 0619. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz123i_1848/3>, abgerufen am 19.04.2024.