Neue Rheinische Zeitung. Nr. 120. Köln, 19. Oktober 1848.Ferner hebt er ganz besonders hervor, daß Herr und Madame Trouve-Chouvel, heute und an den nächstfolgenden Montagen große Soiree geben. Das Gerücht ging nämlich gestern, auch Herr Trouve-Chouvel, einer der Junihelden, habe die Seine-Präfektur niedergelegt. - Briefe aus Clarendon melden den Gesundheitszustand des Exkönigs Louis Philipp (Graf v. Neuilly) keineswegs als so leidend, wie ihn mehrere Blätter jüngst schilderten. Im Gegentheile lebt die ganze Ex-Königsfamilie gesund und munter. Die Exprinzessinnen besonders danken dem Himmel, daß sie nun nicht mehr eingeschlossen seien, sondern volle (bürgerliche) Freiheit genießen. Sie hüpfen und tanzen den ganzen Tag im Park umher. Louis Philipp selbst lies't vom Morgen bis Abend nichts als englische und französische, seltener deutsche Journale im Originale. Er spricht absolut Niemand und heuchelt seiner Umgebung, daß er fest an das Gedeihen und die Befestigung der Republik in Frankreich glaube. Woran es auch in Clarendo am dringensten fehlt, das ist - Geld. Der Moniteur der Entthronten, der "Spektateur von London" ist daher dem Absterben nahe, wenn er nicht schon begraben wurde. Seine fällige Nummer vom 14. ist heute in Paris nicht eingetroffen. - Paris genießt seit einigen Sonntagen an dem nordöstlichen Seineviertel eines echt Bremer Schauspiels. Es werden dort (am Quai Berry) nämlich die 15,000 Proletarierfamilien eingeschifft, die nach Algerien wandern. Gestern sind abermals 800 Mann abgefahren. Dr. Trelat, Mitglied der Auswanderungskommission der Nationalversammlung, hielt eine rührende Abschiedsrede, bei deren Schluß er dem Zugführer eine Fahne überreichte, die der gleichzeitig anwesende Pfarrer des Hospitals La Salpetriere feierlichst einsegnete. Der Moniteur füllt mit Beschreibung der ganzen Ceremonie nicht weniger als eine volle Spalte. Der Auswanderungslust des hiesigen Proletariats liegt übrigens die Aussicht auf Eigenthumserwerb durch Arbeit zum Grunde. - Nationalversammlung. Sitzung vom 16. Octbr. Anfang 12 1/2 Uhr. Präsident Marrast. Der Saal zum Erdrücken voll. Dufaure, der neue Minister des Innern, erhält das Wort für eine Mittheilung der Regierung. Ich habe die Ehre, beginnt er unter tiefstem Stillschweigen des ganzen Saales, der Versammlung einen Dekretsentwurf zu überreichen, der einen Zuschuß von 100,000 Fr. zu den geheimen Polizeigeldern verlangt. Gestatten Sie mir, Ihnen die Begründung dieses Entwurfs vorzulesen. (Hört! Hört!) Der Chef der Exekutivgewalt erklärte Ihnen in dem Augenblick, wo er Ihnen die Ministerialänderung anzeigte, daß Ihnen die politische Ansicht des neuen Kabinets auf dieser Bühne auseinandergesetzt werden solle. Um dieses Versprechen zu erfüllen, legen wir Ihnen diese Begründung des Creditverlangens vor. Wir erklären hiermit, daß wir zwei Regierungssysteme für Frankreich zugleich nicht begreifen. Frankreich hat vor acht Monaten die Republik proklamirt; es hat sich ohne Gewaltsamkeit dieser Regierungsform unterzogen, dieser erhabenen Staatseinrichtung, welche hochherzig und offen den Grundsatz der Volkssouverainetät, die Gleichheit der Rechte und Pflichten verwirklicht und die Grundsätze der Brüderlichkeit, welche schon vor 18 Jahrhunderte der Christianismus aufstellte, zu Thaten übergehen läßt. Es wäre verbrecherisch, die Grundsätze verkennen zu wollen, die sich an der Spitze der neuen Verfassung eingeschrieben befinden. Welche Pflicht ist leichter, als ein Land nach dem Grundsatze der Freiheit zu verwalten? Wer in unseren Tagen wollte an der Gleichheit zweifeln? (Gut! zur Linken.) Wir sind überzeugt, daß die gegenwärtige Schwäche der Regierung aus der allgemeinen Besorgniß und Beunruhigung herrührt. Man muß daher dem Volke begreiflich machen, daß eine Revolution keineswegs einen fortwährenden ruhestörenden Charakter bedingt; man muß ihm zeigen, daß sich die republikanische Regierungsform wohl mit der Achtung aller erworbenen Rechte, mit Eigenthum, Familie, Arbeit und Credit verträgt. (Beifall zur Rechten.) Ich trage auf schleunige Erledigung des überreichten Creditdekrets an. Sollten im Laufe der Diskussion nähere Aufschlüsse verlangt werden, so sind wir bereit, dieselben zu geben, Landrin: General Cavaignac besser als irgend Jemand wisse, daß er (der Redner) nicht der Ansicht sei, die Republik könne irgend einer Persönlichkeit oder Coterie als Ausbeute zufallen. Personen fürchte er daher in der Republik nicht. Er wisse im Gegentheile unbestreitbare Talente gewisser Mitbürger gehörig zu würdigen. Allein was nütze ein geschriebenes Programm ohne Thatsachen, ohne Handlungen? Er werde daher erst Handlungen abwarten. Hoffnungsvolle Aussicht könne er wohl für das Kabinet besitzen, aber kein Vertrauen. Die neuen Minister mögen ihre Unabhängigkeit, er und seine Freunde würden ebenfalls die ihrige behaupten. (Beifall zur Linken.) Cavaignac: Der Redner verweigert uns sein Vertrauensvotum unter Bezugnahme auf die neuen Minister. Dieselben mögen ihm antworten; wir stehen Alle für ihre Antwort. Sie sprachen im Namen der Regierung. Man hat viel von den Vertrauensvoten gesprochen, die man seit 6 Monaten von Einer Seite der Versammlung bewilligt habe. Man habe dies blindlings gethan. Daher mag es kommen, daß sich in der Versammlung bisher keine entschiedene Majorität bildete. Majoritäten seien aber nöthig; ohne sich auf die Majorität zu stützen, könne keine Regierung marschiren. Hierin liege der Grund zur Kabinetsänderung. In den ersten Tagen meiner Verwaltung mag ich vielleicht von dieser Regel abgewichen sein. Meine Entschuldigung lag aber in der Krisis, aus der wir jetzt treten. Um die Ordnung herzustellen, mußte man die Hand an manche Freiheit legen! Die Männer, die ich mir beigesellte, schienen mir die nöthige Kraft, den nöthigen Muth zur Niederhaltung jener Freiheiten zu besitzen. Jetzt aber, wo die Zeiten ruhiger, ist eine Rückkehr zur Majorität nöthig. Noch vor Kurzem wollte ich keine Ministeränderung vornehmen. Ich betrachte das Volk als meinen Souverän, als meinen Richter, aber ich bin nicht geneigt, es als meinen Meister zu betrachten. Nach zwei der letzten Boten hätte ich mich zurückziehen müssen; doch hielt ich das gefährlich. Ich wollte das Volk nicht schmeicheln, noch mich von der Versammlung trennen. Ich suchte Aussöhnung und bin überzeugt, daß sie das Volk will. (Ja Ja. Nein Nein.) Ich rechne es mir zur Ehre, den ersten Schritt zur Aussöhnung gethan zu haben. Diejenigen die sie bekämpfen, könnten vielleicht zu meinem Bedauern der Republik schlechtere Dienste erweisen, als sie zu leisten berufen sind. Diese Schlußdrohung ruft Sturm zur Linken hervor. Portalis auf der Bühne. General Cavaignac hat gesagt, daß er früher Männer brauchte, um die Hand an gewisse Freiheiten zu legen; ich hoffe, daß ihm die abgetretenen Minister antworten werden. Ich trete ihnen das Wort ab. - Nach einer Beleuchtung über die Natur der Ministeränderung und das Durrien'sche Votum besteigt Senard die Bühne. Er hält einen langen Vortrag, aus dem wir vorzüglich Einen Punkt hervorheben, daß nämlich Cavaignac im Schooße des Ministerrathes ganz andere Ansichten über die Wahl des Präsidenten der Republik vertheidigt habe als in der Nationalversammlung. Im Ministerrathe habe er für Erwählung durch die Nationalversammlung, und in öffentlicher Sitzung für Wahl durch's Volk gestimmt. Daher das Zerwürfniß. Diese Anklage ruft Cavaignac wiederholt auf die Bühne, um sich zu rechtfertigen. Ledru Rollin nimmt dann das Wort, um in einer feurigen und zornigen Rede die Politik des Vollziehungs-Chefs anzugreifen. Bedeau, Martin (Nivosse) und Tascherau nehmen Theil an der Debatte. Die Rede Senard's bildet den eigentlichen Brennpunkt der Debatte, und wurden heute allerhand Lügen, das ganze haltlose und unschlüssige Benehmen Cavaignac's aufgedeckt und der Schleier ziemlich klar von gewissen Kabinetsberathungen gehoben. Ledru Rollin konnte sich dagegen nur an das Programm klammern, das er natürlich nur als gewöhnliche Phrasen und Gemeinplätze erklärte. Tascherau, der nicht selten mit bissigen Aeußerungen herumwirft, wurde dafür zur Ordnung gerufen. Bedeau unterstützte das Programm und dürfte als keine wichtige Hülfe des Kabinets zu betrachten sein. Der General betrachtet sich offenbar schon als Minister des Auswärtigen. Dücoux, der Pariser Expräfekt, gab der Debatte wieder einige Würze. Er gab einige Aufschlüsse über seine Theilnahme an der Regierungsänderung. Diese Aufschlüsse wurden von der Majorität übel aufgenommen. Er sagte unter Anderem, daß er sich von der Regierung getrennt habe, weil er gesehen, daß sich die Regierung von der Republik getrennt habe. (Tumult! Von allen Seiten, namentlich rechts schreit man: Nein! Nein!) Ducoux vertheidigt sich gegen die Anschuldigung aufrührerischer Grundsätze. Er spricht heftig gegen den Kommunismus, oder vielmehr gegen jene ägyptische Finsterniß, die man im gewöhnlichen Familienleben Kommunismus nennt. Am geistreichsten war er, als er die jüngste Ministeränderung eine ministerielle Heirath nannte und ausrief: der Konseilpräsident liebe die erotischen Heirathen! Man habe um die Erzeugung gewürfelt, der Zufall sei die Gebärmutter dieses ministeriellen Kindes, dasselbe sei schwächlich und werde schwerlich alt werden. Dieser Humor gefiel wenig. Dufaure nahm nun das Wort, um seine eigentliche Ministerrede zu halten. Er erzählt, wie er ins Ministerium getreten und lobt seinen Vorgänger Senard. Er fürchtet keine persönlichen Angriffe, seine Hingebung für die Republik wird ihn schützen. Ihm zufolge ist die Republik die Herrschaft der Majorität. In dieser Thesis riß er die Rechte zu unbeschreiblichem Beifall hin. Schließlich verspricht er treu an dem Programm, das einige Vorredner mit Unrecht der Hohlheit angeklagt hätten, zu hängen und dasselbe auszuführen. Uebrigens sei das neue Ministerium ja nur für einige Wochen bestimmt, bis zur Ernennung des Präsidenten. Nach dieser Rede schreitet die Versammlung zur Abstimmung. Von 820 bis 830 Anwesenden stimmten nur 725. Davon stimmten 570 für und 155 gegen das Ministerium. Cavaignac's Herrschaft ist somit für einige Wochen noch befestigt. Die Versammlung geht um 6 Uhr auseinander. Paris, 16. Okt. Der von Bürger Ollivier der National-Versammlung vorgelegte Amnestieentwurf trägt die folgenden Unterschriften: Lammenais, Ledru-Rollin, David (d'Angers), F. Pyat, Pierre Bonaparte, Demosthenes Ollivier, A. Mie, Vignerte, P. Lefranc, Th. Bac, Robert (Yonne), Ronjat, Lagrange, Detours, G. Sarrut, Mathe, Am. Bruys, F. Signard, Agrikol Perdiguier, James Demontry, Chollat, Proudhon, Bertholon, Menand, Mule aine, Cales, Madet, Benoit, Martin Bernard, Astaix, Greppo, Devile, Pegot-Ogier, Dubarry, Morhery, Brives, Bravard-Toussaint, Terrier, Lassedat, Farget, Doutre, Paulin Durieu, F. Bonvet, Fargin-Fayolle, Joigneaux, Pietri, Yves, Jsid. Buvignier, F. Gambon, Borhan, Pelleter, Baune, Mathieu, (Drome), Laurent (de l'Ardeche), Renaud (Jsere), Delbetz, Eug. Raspail. - Die Reforme bemerkt heute in Betreff der neuen Minister: "Das gewissermaßen royalistische Ministerium, welches seit gestern unsere Geschicke lenkt, will den Beginn seiner Herrschaft durch neue Restriktivgesetze, namentlich gegen die Presse und die Klubs bezeichnen. Die Presse ist die Geißel schlechter Gouvernements. Die Klubs unterstützen die Presse. Es ist dies die Propaganda des Wortes; nicht weniger thätig, nicht weniger ergreifend als die Propaganda der Schrift. Man muß daher die Klubs schließen, oder sie unmöglich machen. Gegen die Klubs macht man so verbrecherische Motionen, wie sie die Gerechtigkeit des Belagerungszustandes nicht gewagt hat, und deren sich der Prokurator der Republik noch nicht bediente. Ein Volksrepräsentant, Bürger Joigneaux, signalisirte, wie wir sehen, einem der Bureaus der Versammlung, die Gegenwart der Polizei bei jenen perfiden Aufwiegelungen, über die man hinter her so glücklich ist, sich zu indigniren. Wir haben in der That, unabhängig von der rue Jerusalem, vier oder fünf Polizeien, deren Mysterien nicht so undurchdringlich sind, daß wir nicht Mittel fänden, bisweilen davon zu reden. Unter Anderm haben wir die Polizei Carliers, die im Ministerium des Innern ihren Sitz hat, und die namentlich den Klubs ihre Aufmerksamkeit schenkt. Man kennt das Verfahren des Hrn. Carlier; in einem frühern Prozesse gab er uns selbst darüber Aufschluß, indem er der Jury erzählte, wie er die geheimen Gesellschaften dadurch desorganisirte, daß er seine eigenen Agenten darin einführte, welche mit eben jenen schrecklichen Motionen beauftragt waren, mit denen man uns heute in Furcht setzt. Man verfolgt heute dasselbe System; man will die Klubs dadurch abschaffen, daß man sie kompromittirt. Spanien. * Madrid, 10. Okt. Die Provinzen Tarragsna, Lerido und Gerona sind unter Kriegsgericht gestellt. In Valencia zerstreute Kommandant O'Phelan eine Bande Insurgenten unter Anführung von Arnau, und nahm den letztern gefangen. - In Catalonien zeigen sich die Karlisten kühner als je. - Die Königin feiert heute ihren achtzehnten Geburtstag. Großbritannien. * London, 14. Okt. Lord George Bentincks Tod wird wahrscheinlich große Veränderungen in dem zukünftigen Stande der parlamentarischen Parteien nach sich ziehen. Ich glaube, daß es Ihnen interessant sein wird, etwas Näheres über die Aussichten in diesem Punkte zu erfahren. Wie einem Jeden bekannt ist, war Sir Robert Peel von dem Passiren der Reformbill an, das Haupt der aus der alten Torypartei hervorgegangenen Partei der Konservativen. Erst mit dem Schluß der Agitation der Anti-Corn-Law-Leage und dem Auftreten Sir Robert Peel's für den Freihandel, endete seine Stellung als Chef einer großen Partei. Nur ein kleines Häufchen von etwa 60 oder 80 alten Freunden deckte ihm noch den Rücken und diese nannte man die Peeliten. Als Gegner der Whigs und der Anhänger Peel's, kurz als Opponent der Partei des Freihandels, trat aber an die Spitze der landbesitzenden Konservativen, der sogenannten Protektionisten: Lord George Bentinck. Lord George hatte wohl nie daran gedacht, daß er einmal das Haupt einer großen politischen Partei werden würde. Zeit seines Lebens beschäftigte er sich mehr mit Rennpferden als mit den Debatten des Unterhauses. Aber der Augenblick war günstig; Peel war gefallen und die Protektionisten hatten nicht einen einzigen geeigneten Mann, den sie den Whigs und ihrem Lord John entgegenstellen konnten und das Mitglied des Jockeiklubs, Lord George Bentinck wagte es daher und trat als Leiter der Partei auf. Er war glücklich. Trotz seiner mangelhaften Kenntnisse in vielen staatsmännischen Dingen, sicherte er sich seine Stellung durch den unerschütterlichen Muth, durch die beispiellose Ausdauer und durch die unwandelbare Treue, mit der er die Sache der Protektionisten aufnahm und festhielt. Seine Ehrlichkeit, sein freies, furchtloses Auftreten und die Art und Weise, wie er jede Sache beim rechten Namen zu nennen wußte, unterstützten ihn noch hierin. Vor allen Dingen fesselte er seine Partei aber gerade durch seine Vorurtheile, durch die manchmal komische Hartnäckigkeit mit der er einen einmal gefaßten Plan verfolgte, durch sein instinktmäßiges Entdecken alles dessen, was gemein und niedrig war und durch den wilden Zorn, in den er ausbrechen konnte, wenn er seine Feinde auf Ränken und Schlichen ertappte, die er mit einer ehrlichen Thätigkeit unvereinbar hielt. Lord George war in der That das eigentliche Bild eines ehrlichen John Bull, mit all seinen Tugenden und Fehlern. Er glich durchaus den Leuten, den Landbesitzern, die er im Parlamente vertrat, die ganze Partei spiegelte sich in ihm wieder; es fand sich bald, daß Niemand zum Leiter der Cauntry-Party so geeignet war, als Lord George, und es konnte daher nicht fehlen, daß er unter den bestehenden Verhältnissen, trotz aller Angriffe seiner politischen Feinde, schneller zu Popularität und zu allgemeiner Achtung kam, als irgend ein Staatsmann vor ihm. Wir wollen nicht auf den Kampf zurückkommen, den Lord George in den Freihandelsdebatten gegen einen Russell, einen Peel, einen Cobden und gegen alle die Koryphäen der feindlichen Partei führte. Jeder weiß, daß er trotz aller Anstrengungen unterlag. Hätte er es blos mit den Whigs zu thun gehabt, so würde die Abstimmung wohl mitunter geschwankt haben; aber immer war noch Sir Robert Peel mit seinem Anhange da, der ungeachtet seines Uebereinstimmens mit Lord George in manchen andern Punkten, doch dem Freihandel das Wort reden mußte und bei allen großen Debatten, die sich eben um den Freihandel drehten, gegen Lord George den Ausschlag gab und so den Feldzug der Protektionisten vereitelte. Peel und Bentinck, beide nach englischen Begriffen konservativ, und nur in dem Punkte des Freihandels anderer Ansicht, riefen so die fortwährende Spaltung der Partei der Conservativen hervor und machten es den Whigs mit ihrem Lord John Russell möglich, trotz aller Fehler und Verstöße am Ruder zu bleiben. Man kann sich denken, wie sehr es die Anhänger Bentincks und Peels empören mußte, den kleinen linkischen Lord John, so unerschütterlich fest sitzen zu sehen und wirklich machten die Peeliten auch durch ihr Organ, durch das Morning Chronicle, verschiedene Male den Versuch, sich mit ihren Brüdern konservativ zu verbinden und so die verhaßten Whigs endlich zu stürzen. Aber Alles war umsonst. Lord George und sein Freund Disraeli haßten Sir Robert noch mehr als Lord John und alle Versöhnungsversuche des Chronicle wurden auch sofort wieder von der "Post" und dem "Herald", den beiden Organen der Protektionisten, zurückgewiesen. Da wird Lord George Bentinck plötzlich in der Blüthe seines Lebens vom Schlage gerührt, und die Partei der Protektionisten ist abermals in der peinlichen Verlegenheit, daß sie nicht weiß, wen sie als Leiter auf den Schild heben soll. Disraeli, der glänzendste Redner der Partei, der Freund und Rathgeber des geschiedenen Chefs, wäre der einzige, der seiner Fähigkeiten wegen an die Spitze treten könnte. Leider ist Disraeli aber nicht praktisch genug, er ist den Engländern zu orientalisch-phantastisch, mit einem Worte, er ist durch seine Persönlichkeit "unmöglich." Die protektionistische Fraktion der Konservativen, eben noch jeder Alliance abgeneigt, sieht sich daher in die unangenehme Nothwendigkeit versetzt, mehr als es ihr lieb ist, mit der Fraktion Peel zu fraternisiren. Die Post und der Herald bleiben zwar noch immer sehr vornehm; aber das Chronicle macht schon mehr Propaganda, und wenn man den Berichten trauen darf, die über ein Agrikultur-Meeting in Essex einlaufen, so fangen schon die Häupter der Protektionspartei im Innern des Landes an, sich geradezu dahin auszusprechen, daß sie zwar Sir Robert Peel nicht gern an der Spitze der ganzen, wiedervereinigten Partei der Konservativen sehen mögten, daß es ihnen aber recht wäre, wenn die Einigung überhaupt zu Stande käme, und wenn dann einige jüngere Mitglieder beider Fraktionen sich um die Ministerbänke bewürben. Dies ist nun von hoher Wichtigkeit, und es bedarf wohl nur der gewöhnlichsten Agitation, um bei der allgemeinen Unpopularität der Whigs, den alten Sir Robert, wenn auch nicht persönlich, doch durch seinen ungemeinen Einfluß auf die ganze Partei der Konservativen, faktisch bald wieder an die Spitze des Gouvernements zu bringen. Wie die Konservativen im glücklichsten Falle aber dann ihre Freihandels-Differenzen schlichten werden - wir müssen gestehen, es ist das noch etwas räthselhaft. * Dublin, 14. October. Die Freunde Smith O'Brien's sind sehr thätig und hatten heute wieder eine Versammlung, um eine Adresse an den Lord-Lieutenant zu besprechen, in der man zu Gunsten des Verurtheilten petitioniren will; die Adresse trägt bereits 15,000 Unterschriften. Jeder, der darum ersucht wird, unterzeichnet sie; obgleich man allgemein der Ansicht ist, daß kein Grund dazu vorhanden sei, da man das Leben O'Brien's ohnehin schonen wird. Der Gefangene selbst, ist wohlauf; ebenso der verurtheilte M. Manus. Aus Clonmel trifft so eben die Nachricht ein, daß über O'Donohoe ebenfalls das Schuldig ausgesprochen wurde. Der Centralausschuß der Demokraten Deutschland's an die demokratischen Vereine. Mitbürger! Wir berufen hiermit - unserm Auftrage gemäß - den allgemeinen Congreß der deutschen Demokraten. Die Abgeordneten sind eingeladen, am 26. Oktober sich in Berlin einzufinden. Alle Vereine, welche die Durchführung der Demokratie zum Ziele ihrer Thätigkeit machen, sind berechtigt und aufgefordert, den Congreß zu beschicken. Kleinere Vereine, welche nicht im Stande sind, eigene Abgeordnete zu schicken, werden gebeten, ihr Mandat Abgeordneten benachbarter Vereine zu übergeben. Die Abgeordneten legitimiren sich durch Vollmachten. Berlin, den 7. Oktober 1848. J. Fröbel. H. Kriege. E. Meyen. A. Hexamer. G. Siegmund. (Stellv.) Hohe National-Versammlung! Wir protestiren laut und offen gegen die politischen Grundsätze, welche der Deputirte unseres Kreises Olpe bei den Abstimmungen in der Berliner Versammlung kund gegeben hrt. Derselbe hat vorzüglich druch Verläugnung der Revolution, durch Nichtanerkennung des Prinzips der unbedingten Unterwerfung Preußens unter die Central-Gewalt und durch die Betheiligung an dem jede parlamentarische Formverletzenden Schweidnitzer Proteste bewiesen, daß er zur Vertretung der politischen Ansicht dieses Kreises nicht geeignet ist. Wir sind keine Anhänger jener Partei, welche mit Rücksicht auf eigene Abhängigkeit den Muth eines freien Volkes nicht bewiesen und die Mittel eines einigen Deutschland nicht gewollt. Wir verabscheuen das Tragen auf beiden Schultern, machen jene Partei für allen Zeitverlust, für alle Gefahren verantwortlich, in welche sie Deutschland durch ihre reaktionäre Halbheit stürzen wird und bringen diese unsere Mißbilligung zur Kenntniß einer Hohen Nationalversammlung, damit Stillschweigen nicht als Genehmigung angesehen werde. Kreis Olpe im September 1848. Die Urwähler. (Folgen gegen 7,700 Unterschriften.) Hierzu eine Beilage. Ferner hebt er ganz besonders hervor, daß Herr und Madame Trouvé-Chouvel, heute und an den nächstfolgenden Montagen große Soiree geben. Das Gerücht ging nämlich gestern, auch Herr Trouvé-Chouvel, einer der Junihelden, habe die Seine-Präfektur niedergelegt. ‒ Briefe aus Clarendon melden den Gesundheitszustand des Exkönigs Louis Philipp (Graf v. Neuilly) keineswegs als so leidend, wie ihn mehrere Blätter jüngst schilderten. Im Gegentheile lebt die ganze Ex-Königsfamilie gesund und munter. Die Exprinzessinnen besonders danken dem Himmel, daß sie nun nicht mehr eingeschlossen seien, sondern volle (bürgerliche) Freiheit genießen. Sie hüpfen und tanzen den ganzen Tag im Park umher. Louis Philipp selbst lies't vom Morgen bis Abend nichts als englische und französische, seltener deutsche Journale im Originale. Er spricht absolut Niemand und heuchelt seiner Umgebung, daß er fest an das Gedeihen und die Befestigung der Republik in Frankreich glaube. Woran es auch in Clarendo am dringensten fehlt, das ist ‒ Geld. Der Moniteur der Entthronten, der „Spektateur von London“ ist daher dem Absterben nahe, wenn er nicht schon begraben wurde. Seine fällige Nummer vom 14. ist heute in Paris nicht eingetroffen. ‒ Paris genießt seit einigen Sonntagen an dem nordöstlichen Seineviertel eines echt Bremer Schauspiels. Es werden dort (am Quai Berry) nämlich die 15,000 Proletarierfamilien eingeschifft, die nach Algerien wandern. Gestern sind abermals 800 Mann abgefahren. Dr. Trelat, Mitglied der Auswanderungskommission der Nationalversammlung, hielt eine rührende Abschiedsrede, bei deren Schluß er dem Zugführer eine Fahne überreichte, die der gleichzeitig anwesende Pfarrer des Hospitals La Salpetriere feierlichst einsegnete. Der Moniteur füllt mit Beschreibung der ganzen Ceremonie nicht weniger als eine volle Spalte. Der Auswanderungslust des hiesigen Proletariats liegt übrigens die Aussicht auf Eigenthumserwerb durch Arbeit zum Grunde. ‒ Nationalversammlung. Sitzung vom 16. Octbr. Anfang 12 1/2 Uhr. Präsident Marrast. Der Saal zum Erdrücken voll. Dufaure, der neue Minister des Innern, erhält das Wort für eine Mittheilung der Regierung. Ich habe die Ehre, beginnt er unter tiefstem Stillschweigen des ganzen Saales, der Versammlung einen Dekretsentwurf zu überreichen, der einen Zuschuß von 100,000 Fr. zu den geheimen Polizeigeldern verlangt. Gestatten Sie mir, Ihnen die Begründung dieses Entwurfs vorzulesen. (Hört! Hört!) Der Chef der Exekutivgewalt erklärte Ihnen in dem Augenblick, wo er Ihnen die Ministerialänderung anzeigte, daß Ihnen die politische Ansicht des neuen Kabinets auf dieser Bühne auseinandergesetzt werden solle. Um dieses Versprechen zu erfüllen, legen wir Ihnen diese Begründung des Creditverlangens vor. Wir erklären hiermit, daß wir zwei Regierungssysteme für Frankreich zugleich nicht begreifen. Frankreich hat vor acht Monaten die Republik proklamirt; es hat sich ohne Gewaltsamkeit dieser Regierungsform unterzogen, dieser erhabenen Staatseinrichtung, welche hochherzig und offen den Grundsatz der Volkssouverainetät, die Gleichheit der Rechte und Pflichten verwirklicht und die Grundsätze der Brüderlichkeit, welche schon vor 18 Jahrhunderte der Christianismus aufstellte, zu Thaten übergehen läßt. Es wäre verbrecherisch, die Grundsätze verkennen zu wollen, die sich an der Spitze der neuen Verfassung eingeschrieben befinden. Welche Pflicht ist leichter, als ein Land nach dem Grundsatze der Freiheit zu verwalten? Wer in unseren Tagen wollte an der Gleichheit zweifeln? (Gut! zur Linken.) Wir sind überzeugt, daß die gegenwärtige Schwäche der Regierung aus der allgemeinen Besorgniß und Beunruhigung herrührt. Man muß daher dem Volke begreiflich machen, daß eine Revolution keineswegs einen fortwährenden ruhestörenden Charakter bedingt; man muß ihm zeigen, daß sich die republikanische Regierungsform wohl mit der Achtung aller erworbenen Rechte, mit Eigenthum, Familie, Arbeit und Credit verträgt. (Beifall zur Rechten.) Ich trage auf schleunige Erledigung des überreichten Creditdekrets an. Sollten im Laufe der Diskussion nähere Aufschlüsse verlangt werden, so sind wir bereit, dieselben zu geben, Landrin: General Cavaignac besser als irgend Jemand wisse, daß er (der Redner) nicht der Ansicht sei, die Republik könne irgend einer Persönlichkeit oder Coterie als Ausbeute zufallen. Personen fürchte er daher in der Republik nicht. Er wisse im Gegentheile unbestreitbare Talente gewisser Mitbürger gehörig zu würdigen. Allein was nütze ein geschriebenes Programm ohne Thatsachen, ohne Handlungen? Er werde daher erst Handlungen abwarten. Hoffnungsvolle Aussicht könne er wohl für das Kabinet besitzen, aber kein Vertrauen. Die neuen Minister mögen ihre Unabhängigkeit, er und seine Freunde würden ebenfalls die ihrige behaupten. (Beifall zur Linken.) Cavaignac: Der Redner verweigert uns sein Vertrauensvotum unter Bezugnahme auf die neuen Minister. Dieselben mögen ihm antworten; wir stehen Alle für ihre Antwort. Sie sprachen im Namen der Regierung. Man hat viel von den Vertrauensvoten gesprochen, die man seit 6 Monaten von Einer Seite der Versammlung bewilligt habe. Man habe dies blindlings gethan. Daher mag es kommen, daß sich in der Versammlung bisher keine entschiedene Majorität bildete. Majoritäten seien aber nöthig; ohne sich auf die Majorität zu stützen, könne keine Regierung marschiren. Hierin liege der Grund zur Kabinetsänderung. In den ersten Tagen meiner Verwaltung mag ich vielleicht von dieser Regel abgewichen sein. Meine Entschuldigung lag aber in der Krisis, aus der wir jetzt treten. Um die Ordnung herzustellen, mußte man die Hand an manche Freiheit legen! Die Männer, die ich mir beigesellte, schienen mir die nöthige Kraft, den nöthigen Muth zur Niederhaltung jener Freiheiten zu besitzen. Jetzt aber, wo die Zeiten ruhiger, ist eine Rückkehr zur Majorität nöthig. Noch vor Kurzem wollte ich keine Ministeränderung vornehmen. Ich betrachte das Volk als meinen Souverän, als meinen Richter, aber ich bin nicht geneigt, es als meinen Meister zu betrachten. Nach zwei der letzten Boten hätte ich mich zurückziehen müssen; doch hielt ich das gefährlich. Ich wollte das Volk nicht schmeicheln, noch mich von der Versammlung trennen. Ich suchte Aussöhnung und bin überzeugt, daß sie das Volk will. (Ja Ja. Nein Nein.) Ich rechne es mir zur Ehre, den ersten Schritt zur Aussöhnung gethan zu haben. Diejenigen die sie bekämpfen, könnten vielleicht zu meinem Bedauern der Republik schlechtere Dienste erweisen, als sie zu leisten berufen sind. Diese Schlußdrohung ruft Sturm zur Linken hervor. Portalis auf der Bühne. General Cavaignac hat gesagt, daß er früher Männer brauchte, um die Hand an gewisse Freiheiten zu legen; ich hoffe, daß ihm die abgetretenen Minister antworten werden. Ich trete ihnen das Wort ab. ‒ Nach einer Beleuchtung über die Natur der Ministeränderung und das Durrien'sche Votum besteigt Senard die Bühne. Er hält einen langen Vortrag, aus dem wir vorzüglich Einen Punkt hervorheben, daß nämlich Cavaignac im Schooße des Ministerrathes ganz andere Ansichten über die Wahl des Präsidenten der Republik vertheidigt habe als in der Nationalversammlung. Im Ministerrathe habe er für Erwählung durch die Nationalversammlung, und in öffentlicher Sitzung für Wahl durch's Volk gestimmt. Daher das Zerwürfniß. Diese Anklage ruft Cavaignac wiederholt auf die Bühne, um sich zu rechtfertigen. Ledru Rollin nimmt dann das Wort, um in einer feurigen und zornigen Rede die Politik des Vollziehungs-Chefs anzugreifen. Bedeau, Martin (Nivosse) und Tascherau nehmen Theil an der Debatte. Die Rede Senard's bildet den eigentlichen Brennpunkt der Debatte, und wurden heute allerhand Lügen, das ganze haltlose und unschlüssige Benehmen Cavaignac's aufgedeckt und der Schleier ziemlich klar von gewissen Kabinetsberathungen gehoben. Ledru Rollin konnte sich dagegen nur an das Programm klammern, das er natürlich nur als gewöhnliche Phrasen und Gemeinplätze erklärte. Tascherau, der nicht selten mit bissigen Aeußerungen herumwirft, wurde dafür zur Ordnung gerufen. Bedeau unterstützte das Programm und dürfte als keine wichtige Hülfe des Kabinets zu betrachten sein. Der General betrachtet sich offenbar schon als Minister des Auswärtigen. Dücoux, der Pariser Expräfekt, gab der Debatte wieder einige Würze. Er gab einige Aufschlüsse über seine Theilnahme an der Regierungsänderung. Diese Aufschlüsse wurden von der Majorität übel aufgenommen. Er sagte unter Anderem, daß er sich von der Regierung getrennt habe, weil er gesehen, daß sich die Regierung von der Republik getrennt habe. (Tumult! Von allen Seiten, namentlich rechts schreit man: Nein! Nein!) Ducoux vertheidigt sich gegen die Anschuldigung aufrührerischer Grundsätze. Er spricht heftig gegen den Kommunismus, oder vielmehr gegen jene ägyptische Finsterniß, die man im gewöhnlichen Familienleben Kommunismus nennt. Am geistreichsten war er, als er die jüngste Ministeränderung eine ministerielle Heirath nannte und ausrief: der Konseilpräsident liebe die erotischen Heirathen! Man habe um die Erzeugung gewürfelt, der Zufall sei die Gebärmutter dieses ministeriellen Kindes, dasselbe sei schwächlich und werde schwerlich alt werden. Dieser Humor gefiel wenig. Dufaure nahm nun das Wort, um seine eigentliche Ministerrede zu halten. Er erzählt, wie er ins Ministerium getreten und lobt seinen Vorgänger Senard. Er fürchtet keine persönlichen Angriffe, seine Hingebung für die Republik wird ihn schützen. Ihm zufolge ist die Republik die Herrschaft der Majorität. In dieser Thesis riß er die Rechte zu unbeschreiblichem Beifall hin. Schließlich verspricht er treu an dem Programm, das einige Vorredner mit Unrecht der Hohlheit angeklagt hätten, zu hängen und dasselbe auszuführen. Uebrigens sei das neue Ministerium ja nur für einige Wochen bestimmt, bis zur Ernennung des Präsidenten. Nach dieser Rede schreitet die Versammlung zur Abstimmung. Von 820 bis 830 Anwesenden stimmten nur 725. Davon stimmten 570 für und 155 gegen das Ministerium. Cavaignac's Herrschaft ist somit für einige Wochen noch befestigt. Die Versammlung geht um 6 Uhr auseinander. Paris, 16. Okt. Der von Bürger Ollivier der National-Versammlung vorgelegte Amnestieentwurf trägt die folgenden Unterschriften: Lammenais, Ledru-Rollin, David (d'Angers), F. Pyat, Pierre Bonaparte, Demosthenes Ollivier, A. Mie, Vignerte, P. Lefranc, Th. Bac, Robert (Yonne), Ronjat, Lagrange, Detours, G. Sarrut, Mathe, Am. Bruys, F. Signard, Agrikol Perdiguier, James Demontry, Chollat, Proudhon, Bertholon, Menand, Mule aine, Cales, Madet, Benoit, Martin Bernard, Astaix, Greppo, Devile, Pegot-Ogier, Dubarry, Morhery, Brives, Bravard-Toussaint, Terrier, Lassedat, Farget, Doutre, Paulin Durieu, F. Bonvet, Fargin-Fayolle, Joigneaux, Pietri, Yves, Jsid. Buvignier, F. Gambon, Borhan, Pelleter, Baune, Mathieu, (Drome), Laurent (de l'Ardeche), Renaud (Jsere), Delbetz, Eug. Raspail. ‒ Die Reforme bemerkt heute in Betreff der neuen Minister: „Das gewissermaßen royalistische Ministerium, welches seit gestern unsere Geschicke lenkt, will den Beginn seiner Herrschaft durch neue Restriktivgesetze, namentlich gegen die Presse und die Klubs bezeichnen. Die Presse ist die Geißel schlechter Gouvernements. Die Klubs unterstützen die Presse. Es ist dies die Propaganda des Wortes; nicht weniger thätig, nicht weniger ergreifend als die Propaganda der Schrift. Man muß daher die Klubs schließen, oder sie unmöglich machen. Gegen die Klubs macht man so verbrecherische Motionen, wie sie die Gerechtigkeit des Belagerungszustandes nicht gewagt hat, und deren sich der Prokurator der Republik noch nicht bediente. Ein Volksrepräsentant, Bürger Joigneaux, signalisirte, wie wir sehen, einem der Bureaus der Versammlung, die Gegenwart der Polizei bei jenen perfiden Aufwiegelungen, über die man hinter her so glücklich ist, sich zu indigniren. Wir haben in der That, unabhängig von der rue Jerusalem, vier oder fünf Polizeien, deren Mysterien nicht so undurchdringlich sind, daß wir nicht Mittel fänden, bisweilen davon zu reden. Unter Anderm haben wir die Polizei Carliers, die im Ministerium des Innern ihren Sitz hat, und die namentlich den Klubs ihre Aufmerksamkeit schenkt. Man kennt das Verfahren des Hrn. Carlier; in einem frühern Prozesse gab er uns selbst darüber Aufschluß, indem er der Jury erzählte, wie er die geheimen Gesellschaften dadurch desorganisirte, daß er seine eigenen Agenten darin einführte, welche mit eben jenen schrecklichen Motionen beauftragt waren, mit denen man uns heute in Furcht setzt. Man verfolgt heute dasselbe System; man will die Klubs dadurch abschaffen, daß man sie kompromittirt. Spanien. * Madrid, 10. Okt. Die Provinzen Tarragsna, Lerido und Gerona sind unter Kriegsgericht gestellt. In Valencia zerstreute Kommandant O'Phelan eine Bande Insurgenten unter Anführung von Arnau, und nahm den letztern gefangen. ‒ In Catalonien zeigen sich die Karlisten kühner als je. ‒ Die Königin feiert heute ihren achtzehnten Geburtstag. Großbritannien. * London, 14. Okt. Lord George Bentincks Tod wird wahrscheinlich große Veränderungen in dem zukünftigen Stande der parlamentarischen Parteien nach sich ziehen. Ich glaube, daß es Ihnen interessant sein wird, etwas Näheres über die Aussichten in diesem Punkte zu erfahren. Wie einem Jeden bekannt ist, war Sir Robert Peel von dem Passiren der Reformbill an, das Haupt der aus der alten Torypartei hervorgegangenen Partei der Konservativen. Erst mit dem Schluß der Agitation der Anti-Corn-Law-Leage und dem Auftreten Sir Robert Peel's für den Freihandel, endete seine Stellung als Chef einer großen Partei. Nur ein kleines Häufchen von etwa 60 oder 80 alten Freunden deckte ihm noch den Rücken und diese nannte man die Peeliten. Als Gegner der Whigs und der Anhänger Peel's, kurz als Opponent der Partei des Freihandels, trat aber an die Spitze der landbesitzenden Konservativen, der sogenannten Protektionisten: Lord George Bentinck. Lord George hatte wohl nie daran gedacht, daß er einmal das Haupt einer großen politischen Partei werden würde. Zeit seines Lebens beschäftigte er sich mehr mit Rennpferden als mit den Debatten des Unterhauses. Aber der Augenblick war günstig; Peel war gefallen und die Protektionisten hatten nicht einen einzigen geeigneten Mann, den sie den Whigs und ihrem Lord John entgegenstellen konnten und das Mitglied des Jockeiklubs, Lord George Bentinck wagte es daher und trat als Leiter der Partei auf. Er war glücklich. Trotz seiner mangelhaften Kenntnisse in vielen staatsmännischen Dingen, sicherte er sich seine Stellung durch den unerschütterlichen Muth, durch die beispiellose Ausdauer und durch die unwandelbare Treue, mit der er die Sache der Protektionisten aufnahm und festhielt. Seine Ehrlichkeit, sein freies, furchtloses Auftreten und die Art und Weise, wie er jede Sache beim rechten Namen zu nennen wußte, unterstützten ihn noch hierin. Vor allen Dingen fesselte er seine Partei aber gerade durch seine Vorurtheile, durch die manchmal komische Hartnäckigkeit mit der er einen einmal gefaßten Plan verfolgte, durch sein instinktmäßiges Entdecken alles dessen, was gemein und niedrig war und durch den wilden Zorn, in den er ausbrechen konnte, wenn er seine Feinde auf Ränken und Schlichen ertappte, die er mit einer ehrlichen Thätigkeit unvereinbar hielt. Lord George war in der That das eigentliche Bild eines ehrlichen John Bull, mit all seinen Tugenden und Fehlern. Er glich durchaus den Leuten, den Landbesitzern, die er im Parlamente vertrat, die ganze Partei spiegelte sich in ihm wieder; es fand sich bald, daß Niemand zum Leiter der Cauntry-Party so geeignet war, als Lord George, und es konnte daher nicht fehlen, daß er unter den bestehenden Verhältnissen, trotz aller Angriffe seiner politischen Feinde, schneller zu Popularität und zu allgemeiner Achtung kam, als irgend ein Staatsmann vor ihm. Wir wollen nicht auf den Kampf zurückkommen, den Lord George in den Freihandelsdebatten gegen einen Russell, einen Peel, einen Cobden und gegen alle die Koryphäen der feindlichen Partei führte. Jeder weiß, daß er trotz aller Anstrengungen unterlag. Hätte er es blos mit den Whigs zu thun gehabt, so würde die Abstimmung wohl mitunter geschwankt haben; aber immer war noch Sir Robert Peel mit seinem Anhange da, der ungeachtet seines Uebereinstimmens mit Lord George in manchen andern Punkten, doch dem Freihandel das Wort reden mußte und bei allen großen Debatten, die sich eben um den Freihandel drehten, gegen Lord George den Ausschlag gab und so den Feldzug der Protektionisten vereitelte. Peel und Bentinck, beide nach englischen Begriffen konservativ, und nur in dem Punkte des Freihandels anderer Ansicht, riefen so die fortwährende Spaltung der Partei der Conservativen hervor und machten es den Whigs mit ihrem Lord John Russell möglich, trotz aller Fehler und Verstöße am Ruder zu bleiben. Man kann sich denken, wie sehr es die Anhänger Bentincks und Peels empören mußte, den kleinen linkischen Lord John, so unerschütterlich fest sitzen zu sehen und wirklich machten die Peeliten auch durch ihr Organ, durch das Morning Chronicle, verschiedene Male den Versuch, sich mit ihren Brüdern konservativ zu verbinden und so die verhaßten Whigs endlich zu stürzen. Aber Alles war umsonst. Lord George und sein Freund Disraeli haßten Sir Robert noch mehr als Lord John und alle Versöhnungsversuche des Chronicle wurden auch sofort wieder von der „Post“ und dem „Herald“, den beiden Organen der Protektionisten, zurückgewiesen. Da wird Lord George Bentinck plötzlich in der Blüthe seines Lebens vom Schlage gerührt, und die Partei der Protektionisten ist abermals in der peinlichen Verlegenheit, daß sie nicht weiß, wen sie als Leiter auf den Schild heben soll. Disraeli, der glänzendste Redner der Partei, der Freund und Rathgeber des geschiedenen Chefs, wäre der einzige, der seiner Fähigkeiten wegen an die Spitze treten könnte. Leider ist Disraeli aber nicht praktisch genug, er ist den Engländern zu orientalisch-phantastisch, mit einem Worte, er ist durch seine Persönlichkeit „unmöglich.“ Die protektionistische Fraktion der Konservativen, eben noch jeder Alliance abgeneigt, sieht sich daher in die unangenehme Nothwendigkeit versetzt, mehr als es ihr lieb ist, mit der Fraktion Peel zu fraternisiren. Die Post und der Herald bleiben zwar noch immer sehr vornehm; aber das Chronicle macht schon mehr Propaganda, und wenn man den Berichten trauen darf, die über ein Agrikultur-Meeting in Essex einlaufen, so fangen schon die Häupter der Protektionspartei im Innern des Landes an, sich geradezu dahin auszusprechen, daß sie zwar Sir Robert Peel nicht gern an der Spitze der ganzen, wiedervereinigten Partei der Konservativen sehen mögten, daß es ihnen aber recht wäre, wenn die Einigung überhaupt zu Stande käme, und wenn dann einige jüngere Mitglieder beider Fraktionen sich um die Ministerbänke bewürben. Dies ist nun von hoher Wichtigkeit, und es bedarf wohl nur der gewöhnlichsten Agitation, um bei der allgemeinen Unpopularität der Whigs, den alten Sir Robert, wenn auch nicht persönlich, doch durch seinen ungemeinen Einfluß auf die ganze Partei der Konservativen, faktisch bald wieder an die Spitze des Gouvernements zu bringen. Wie die Konservativen im glücklichsten Falle aber dann ihre Freihandels-Differenzen schlichten werden ‒ wir müssen gestehen, es ist das noch etwas räthselhaft. * Dublin, 14. October. Die Freunde Smith O'Brien's sind sehr thätig und hatten heute wieder eine Versammlung, um eine Adresse an den Lord-Lieutenant zu besprechen, in der man zu Gunsten des Verurtheilten petitioniren will; die Adresse trägt bereits 15,000 Unterschriften. Jeder, der darum ersucht wird, unterzeichnet sie; obgleich man allgemein der Ansicht ist, daß kein Grund dazu vorhanden sei, da man das Leben O'Brien's ohnehin schonen wird. Der Gefangene selbst, ist wohlauf; ebenso der verurtheilte M. Manus. Aus Clonmel trifft so eben die Nachricht ein, daß über O'Donohoe ebenfalls das Schuldig ausgesprochen wurde. Der Centralausschuß der Demokraten Deutschland's an die demokratischen Vereine. Mitbürger! Wir berufen hiermit ‒ unserm Auftrage gemäß ‒ den allgemeinen Congreß der deutschen Demokraten. Die Abgeordneten sind eingeladen, am 26. Oktober sich in Berlin einzufinden. Alle Vereine, welche die Durchführung der Demokratie zum Ziele ihrer Thätigkeit machen, sind berechtigt und aufgefordert, den Congreß zu beschicken. Kleinere Vereine, welche nicht im Stande sind, eigene Abgeordnete zu schicken, werden gebeten, ihr Mandat Abgeordneten benachbarter Vereine zu übergeben. Die Abgeordneten legitimiren sich durch Vollmachten. Berlin, den 7. Oktober 1848. J. Fröbel. H. Kriege. E. Meyen. A. Hexamer. G. Siegmund. (Stellv.) Hohe National-Versammlung! Wir protestiren laut und offen gegen die politischen Grundsätze, welche der Deputirte unseres Kreises Olpe bei den Abstimmungen in der Berliner Versammlung kund gegeben hrt. Derselbe hat vorzüglich druch Verläugnung der Revolution, durch Nichtanerkennung des Prinzips der unbedingten Unterwerfung Preußens unter die Central-Gewalt und durch die Betheiligung an dem jede parlamentarische Formverletzenden Schweidnitzer Proteste bewiesen, daß er zur Vertretung der politischen Ansicht dieses Kreises nicht geeignet ist. Wir sind keine Anhänger jener Partei, welche mit Rücksicht auf eigene Abhängigkeit den Muth eines freien Volkes nicht bewiesen und die Mittel eines einigen Deutschland nicht gewollt. Wir verabscheuen das Tragen auf beiden Schultern, machen jene Partei für allen Zeitverlust, für alle Gefahren verantwortlich, in welche sie Deutschland durch ihre reaktionäre Halbheit stürzen wird und bringen diese unsere Mißbilligung zur Kenntniß einer Hohen Nationalversammlung, damit Stillschweigen nicht als Genehmigung angesehen werde. Kreis Olpe im September 1848. Die Urwähler. (Folgen gegen 7,700 Unterschriften.) Hierzu eine Beilage. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar120_018" type="jArticle"> <pb facs="#f0004" n="0604"/> <p>Ferner hebt er ganz besonders hervor, daß Herr und Madame Trouvé-Chouvel, heute und an den nächstfolgenden Montagen große Soiree geben.</p> <p>Das Gerücht ging nämlich gestern, auch Herr Trouvé-Chouvel, einer der Junihelden, habe die Seine-Präfektur niedergelegt.</p> <p>‒ Briefe aus Clarendon melden den Gesundheitszustand des Exkönigs Louis Philipp (Graf v. Neuilly) keineswegs als so leidend, wie ihn mehrere Blätter jüngst schilderten. Im Gegentheile lebt die ganze Ex-Königsfamilie gesund und munter. Die Exprinzessinnen besonders danken dem Himmel, daß sie nun nicht mehr eingeschlossen seien, sondern volle (bürgerliche) Freiheit genießen. Sie hüpfen und tanzen den ganzen Tag im Park umher. Louis Philipp selbst lies't vom Morgen bis Abend nichts als englische und französische, seltener deutsche Journale im Originale. Er spricht absolut Niemand und heuchelt seiner Umgebung, daß er fest an das Gedeihen und die Befestigung der Republik in Frankreich glaube. Woran es auch in Clarendo am dringensten fehlt, das ist ‒ Geld. Der Moniteur der Entthronten, der „Spektateur von London“ ist daher dem Absterben nahe, wenn er nicht schon begraben wurde. Seine fällige Nummer vom 14. ist heute in Paris nicht eingetroffen.</p> <p>‒ Paris genießt seit einigen Sonntagen an dem nordöstlichen Seineviertel eines echt Bremer Schauspiels. Es werden dort (am Quai Berry) nämlich die 15,000 Proletarierfamilien eingeschifft, die nach Algerien wandern. Gestern sind abermals 800 Mann abgefahren. Dr. Trelat, Mitglied der Auswanderungskommission der Nationalversammlung, hielt eine rührende Abschiedsrede, bei deren Schluß er dem Zugführer eine Fahne überreichte, die der gleichzeitig anwesende Pfarrer des Hospitals La Salpetriere feierlichst einsegnete. Der Moniteur füllt mit Beschreibung der ganzen Ceremonie nicht weniger als eine volle Spalte.</p> <p>Der Auswanderungslust des hiesigen Proletariats liegt übrigens die Aussicht auf Eigenthumserwerb durch Arbeit zum Grunde.</p> <p>‒ <hi rendition="#g">Nationalversammlung.</hi> Sitzung vom 16. Octbr. Anfang 12 1/2 Uhr. Präsident Marrast. Der Saal zum Erdrücken voll.</p> <p><hi rendition="#g">Dufaure,</hi> der neue Minister des Innern, erhält das Wort für eine Mittheilung der Regierung. Ich habe die Ehre, beginnt er unter tiefstem Stillschweigen des ganzen Saales, der Versammlung einen Dekretsentwurf zu überreichen, der einen Zuschuß von 100,000 Fr. zu den geheimen Polizeigeldern verlangt. Gestatten Sie mir, Ihnen die Begründung dieses Entwurfs vorzulesen. (Hört! Hört!) Der Chef der Exekutivgewalt erklärte Ihnen in dem Augenblick, wo er Ihnen die Ministerialänderung anzeigte, daß Ihnen die politische Ansicht des neuen Kabinets auf dieser Bühne auseinandergesetzt werden solle. Um dieses Versprechen zu erfüllen, legen wir Ihnen diese Begründung des Creditverlangens vor. Wir erklären hiermit, daß wir <hi rendition="#g">zwei</hi> Regierungssysteme für Frankreich zugleich nicht begreifen. Frankreich hat vor acht Monaten die Republik proklamirt; es hat sich ohne Gewaltsamkeit dieser Regierungsform unterzogen, dieser erhabenen Staatseinrichtung, welche hochherzig und offen den Grundsatz der Volkssouverainetät, die Gleichheit der Rechte und Pflichten verwirklicht und die Grundsätze der Brüderlichkeit, welche schon vor 18 Jahrhunderte der Christianismus aufstellte, zu Thaten übergehen läßt. Es wäre verbrecherisch, die Grundsätze verkennen zu wollen, die sich an der Spitze der neuen Verfassung eingeschrieben befinden. Welche Pflicht ist leichter, als ein Land nach dem Grundsatze der Freiheit zu verwalten? Wer in unseren Tagen wollte an der Gleichheit zweifeln? (Gut! zur Linken.) Wir sind überzeugt, daß die gegenwärtige Schwäche der Regierung aus der allgemeinen Besorgniß und Beunruhigung herrührt. Man muß daher dem Volke begreiflich machen, daß eine Revolution keineswegs einen fortwährenden ruhestörenden Charakter bedingt; man muß ihm zeigen, daß sich die republikanische Regierungsform wohl mit der Achtung aller erworbenen Rechte, mit Eigenthum, Familie, Arbeit und Credit verträgt. (Beifall zur Rechten.) Ich trage auf schleunige Erledigung des überreichten Creditdekrets an. Sollten im Laufe der Diskussion nähere Aufschlüsse verlangt werden, so sind wir bereit, dieselben zu geben,</p> <p><hi rendition="#g">Landrin:</hi> General Cavaignac besser als irgend Jemand wisse, daß er (der Redner) nicht der Ansicht sei, die Republik könne irgend einer Persönlichkeit oder Coterie als Ausbeute zufallen. Personen fürchte er daher in der Republik nicht. Er wisse im Gegentheile unbestreitbare Talente gewisser Mitbürger gehörig zu würdigen. Allein was nütze ein geschriebenes Programm ohne Thatsachen, ohne Handlungen? Er werde daher erst Handlungen abwarten. Hoffnungsvolle Aussicht könne er wohl für das Kabinet besitzen, aber kein Vertrauen. Die neuen Minister mögen ihre Unabhängigkeit, er und seine Freunde würden ebenfalls die ihrige behaupten. (Beifall zur Linken.)</p> <p><hi rendition="#g">Cavaignac:</hi> Der Redner verweigert uns sein Vertrauensvotum unter Bezugnahme auf die neuen Minister. Dieselben mögen ihm antworten; wir stehen Alle für ihre Antwort. Sie sprachen im Namen der Regierung. Man hat viel von den Vertrauensvoten gesprochen, die man seit 6 Monaten von Einer Seite der Versammlung bewilligt habe. Man habe dies blindlings gethan. Daher mag es kommen, daß sich in der Versammlung bisher keine entschiedene Majorität bildete. Majoritäten seien aber nöthig; ohne sich auf die Majorität zu stützen, könne keine Regierung marschiren. Hierin liege der Grund zur Kabinetsänderung. In den ersten Tagen meiner Verwaltung mag ich vielleicht von dieser Regel abgewichen sein. Meine Entschuldigung lag aber in der Krisis, aus der wir jetzt treten. Um die Ordnung herzustellen, mußte man die Hand an manche Freiheit legen! Die Männer, die ich mir beigesellte, schienen mir die nöthige Kraft, den nöthigen Muth zur Niederhaltung jener Freiheiten zu besitzen. Jetzt aber, wo die Zeiten ruhiger, ist eine Rückkehr zur Majorität nöthig. Noch vor Kurzem wollte ich keine Ministeränderung vornehmen. Ich betrachte das Volk als meinen Souverän, als meinen Richter, aber ich bin nicht geneigt, es als meinen Meister zu betrachten. Nach zwei der letzten Boten hätte ich mich zurückziehen müssen; doch hielt ich das gefährlich. Ich wollte das Volk nicht schmeicheln, noch mich von der Versammlung trennen. Ich suchte Aussöhnung und bin überzeugt, daß sie das Volk will. (Ja Ja. Nein Nein.) Ich rechne es mir zur Ehre, den ersten Schritt zur Aussöhnung gethan zu haben. Diejenigen die sie bekämpfen, könnten vielleicht zu meinem Bedauern der Republik schlechtere Dienste erweisen, als sie zu leisten berufen sind.</p> <p>Diese Schlußdrohung ruft Sturm zur Linken hervor.</p> <p><hi rendition="#g">Portalis</hi> auf der Bühne. General Cavaignac hat gesagt, daß er früher Männer brauchte, um die Hand an gewisse Freiheiten zu legen; ich hoffe, daß ihm die abgetretenen Minister antworten werden. Ich trete ihnen das Wort ab. ‒ Nach einer Beleuchtung über die Natur der Ministeränderung und das Durrien'sche Votum besteigt Senard die Bühne. Er hält einen langen Vortrag, aus dem wir vorzüglich Einen Punkt hervorheben, daß nämlich Cavaignac im Schooße des Ministerrathes ganz andere Ansichten über die Wahl des Präsidenten der Republik vertheidigt habe als in der Nationalversammlung. Im Ministerrathe habe er für Erwählung durch die Nationalversammlung, und in öffentlicher Sitzung für Wahl durch's Volk gestimmt. Daher das Zerwürfniß. Diese Anklage ruft Cavaignac wiederholt auf die Bühne, um sich zu rechtfertigen. Ledru Rollin nimmt dann das Wort, um in einer feurigen und zornigen Rede die Politik des Vollziehungs-Chefs anzugreifen. Bedeau, Martin (Nivosse) und Tascherau nehmen Theil an der Debatte.</p> <p>Die Rede Senard's bildet den eigentlichen Brennpunkt der Debatte, und wurden heute allerhand Lügen, das ganze haltlose und unschlüssige Benehmen Cavaignac's aufgedeckt und der Schleier ziemlich klar von gewissen Kabinetsberathungen gehoben. Ledru Rollin konnte sich dagegen nur an das Programm klammern, das er natürlich nur als gewöhnliche Phrasen und Gemeinplätze erklärte. Tascherau, der nicht selten mit bissigen Aeußerungen herumwirft, wurde dafür zur Ordnung gerufen.</p> <p><hi rendition="#g">Bedeau</hi> unterstützte das Programm und dürfte als keine wichtige Hülfe des Kabinets zu betrachten sein. Der General betrachtet sich offenbar schon als Minister des Auswärtigen.</p> <p><hi rendition="#g">Dücoux,</hi> der Pariser Expräfekt, gab der Debatte wieder einige Würze. Er gab einige Aufschlüsse über seine Theilnahme an der Regierungsänderung. Diese Aufschlüsse wurden von der Majorität übel aufgenommen. Er sagte unter Anderem, daß er sich von der Regierung getrennt habe, weil er gesehen, daß sich die Regierung von der Republik getrennt habe. (Tumult! Von allen Seiten, namentlich rechts schreit man: Nein! Nein!) Ducoux vertheidigt sich gegen die Anschuldigung aufrührerischer Grundsätze. Er spricht heftig gegen den Kommunismus, oder vielmehr gegen jene ägyptische Finsterniß, die man im gewöhnlichen Familienleben Kommunismus nennt. Am geistreichsten war er, als er die jüngste Ministeränderung eine ministerielle Heirath nannte und ausrief: der Konseilpräsident liebe die erotischen Heirathen! Man habe um die Erzeugung gewürfelt, der Zufall sei die Gebärmutter dieses ministeriellen Kindes, dasselbe sei schwächlich und werde schwerlich alt werden. Dieser Humor gefiel wenig.</p> <p><hi rendition="#g">Dufaure</hi> nahm nun das Wort, um seine eigentliche Ministerrede zu halten. Er erzählt, wie er ins Ministerium getreten und lobt seinen Vorgänger Senard. Er fürchtet keine persönlichen Angriffe, seine Hingebung für die Republik wird ihn schützen. Ihm zufolge ist die Republik die Herrschaft der Majorität. In dieser Thesis riß er die Rechte zu unbeschreiblichem Beifall hin. Schließlich verspricht er treu an dem Programm, das einige Vorredner mit Unrecht der Hohlheit angeklagt hätten, zu hängen und dasselbe auszuführen. Uebrigens sei das neue Ministerium ja nur für einige Wochen bestimmt, bis zur Ernennung des Präsidenten.</p> <p>Nach dieser Rede schreitet die Versammlung zur Abstimmung. Von 820 bis 830 Anwesenden stimmten nur 725. Davon stimmten 570 für und 155 gegen das Ministerium. Cavaignac's Herrschaft ist somit für einige Wochen noch befestigt. Die Versammlung geht um 6 Uhr auseinander.</p> </div> <div xml:id="ar120_021" type="jArticle"> <head>Paris, 16. Okt.</head> <p>Der von Bürger Ollivier der National-Versammlung vorgelegte Amnestieentwurf trägt die folgenden Unterschriften: Lammenais, Ledru-Rollin, David (d'Angers), F. Pyat, Pierre Bonaparte, Demosthenes Ollivier, A. Mie, Vignerte, P. Lefranc, Th. Bac, Robert (Yonne), Ronjat, Lagrange, Detours, G. Sarrut, Mathe, Am. Bruys, F. Signard, Agrikol Perdiguier, James Demontry, Chollat, Proudhon, Bertholon, Menand, Mule aine, Cales, Madet, Benoit, Martin Bernard, Astaix, Greppo, Devile, Pegot-Ogier, Dubarry, Morhery, Brives, Bravard-Toussaint, Terrier, Lassedat, Farget, Doutre, Paulin Durieu, F. Bonvet, Fargin-Fayolle, Joigneaux, Pietri, Yves, Jsid. Buvignier, F. Gambon, Borhan, Pelleter, Baune, Mathieu, (Drome), Laurent (de l'Ardeche), Renaud (Jsere), Delbetz, Eug. Raspail.</p> <p>‒ Die Reforme bemerkt heute in Betreff der neuen Minister: „Das gewissermaßen royalistische Ministerium, welches seit gestern unsere Geschicke lenkt, will den Beginn seiner Herrschaft durch neue Restriktivgesetze, namentlich gegen die Presse und die Klubs bezeichnen. Die Presse ist die Geißel schlechter Gouvernements. Die Klubs unterstützen die Presse. Es ist dies die Propaganda des Wortes; nicht weniger thätig, nicht weniger ergreifend als die Propaganda der Schrift. Man muß daher die Klubs schließen, oder sie unmöglich machen.</p> <p>Gegen die Klubs macht man so verbrecherische Motionen, wie sie die Gerechtigkeit des Belagerungszustandes nicht gewagt hat, und deren sich der Prokurator der Republik noch nicht bediente. Ein Volksrepräsentant, Bürger Joigneaux, signalisirte, wie wir sehen, einem der Bureaus der Versammlung, die Gegenwart der Polizei bei jenen perfiden Aufwiegelungen, über die man hinter her so glücklich ist, sich zu indigniren. Wir haben in der That, unabhängig von der rue Jerusalem, vier oder fünf Polizeien, deren Mysterien nicht so undurchdringlich sind, daß wir nicht Mittel fänden, bisweilen davon zu reden. Unter Anderm haben wir die Polizei Carliers, die im Ministerium des Innern ihren Sitz hat, und die namentlich den Klubs ihre Aufmerksamkeit schenkt. Man kennt das Verfahren des Hrn. Carlier; in einem frühern Prozesse gab er uns selbst darüber Aufschluß, indem er der Jury erzählte, wie er die geheimen Gesellschaften dadurch desorganisirte, daß er seine eigenen Agenten darin einführte, welche mit eben jenen schrecklichen Motionen beauftragt waren, mit denen man uns heute in Furcht setzt.</p> <p>Man verfolgt heute dasselbe System; man will die Klubs dadurch abschaffen, daß man sie kompromittirt.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Spanien.</head> <div xml:id="ar120_022" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Madrid, 10. Okt.</head> <p>Die Provinzen Tarragsna, Lerido und Gerona sind unter Kriegsgericht gestellt. In Valencia zerstreute Kommandant O'Phelan eine Bande Insurgenten unter Anführung von Arnau, und nahm den letztern gefangen.</p> <p>‒ In Catalonien zeigen sich die Karlisten kühner als je.</p> <p>‒ Die Königin feiert heute ihren achtzehnten Geburtstag.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar120_023" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 14. Okt.</head> <p>Lord George Bentincks Tod wird wahrscheinlich große Veränderungen in dem zukünftigen Stande der parlamentarischen Parteien nach sich ziehen. Ich glaube, daß es Ihnen interessant sein wird, etwas Näheres über die Aussichten in diesem Punkte zu erfahren.</p> <p>Wie einem Jeden bekannt ist, war Sir Robert Peel von dem Passiren der Reformbill an, das Haupt der aus der alten Torypartei hervorgegangenen Partei der Konservativen. Erst mit dem Schluß der Agitation der Anti-Corn-Law-Leage und dem Auftreten Sir Robert Peel's für den Freihandel, endete seine Stellung als Chef einer großen Partei. Nur ein kleines Häufchen von etwa 60 oder 80 alten Freunden deckte ihm noch den Rücken und diese nannte man die Peeliten.</p> <p>Als Gegner der Whigs und der Anhänger Peel's, kurz als Opponent der Partei des Freihandels, trat aber an die Spitze der landbesitzenden Konservativen, der sogenannten Protektionisten: Lord George Bentinck.</p> <p>Lord George hatte wohl nie daran gedacht, daß er einmal das Haupt einer großen politischen Partei werden würde. Zeit seines Lebens beschäftigte er sich mehr mit Rennpferden als mit den Debatten des Unterhauses. Aber der Augenblick war günstig; Peel war gefallen und die Protektionisten hatten nicht einen einzigen geeigneten Mann, den sie den Whigs und ihrem Lord John entgegenstellen konnten und das Mitglied des Jockeiklubs, Lord George Bentinck wagte es daher und trat als Leiter der Partei auf.</p> <p>Er war glücklich. Trotz seiner mangelhaften Kenntnisse in vielen staatsmännischen Dingen, sicherte er sich seine Stellung durch den unerschütterlichen Muth, durch die beispiellose Ausdauer und durch die unwandelbare Treue, mit der er die Sache der Protektionisten aufnahm und festhielt. Seine Ehrlichkeit, sein freies, furchtloses Auftreten und die Art und Weise, wie er jede Sache beim rechten Namen zu nennen wußte, unterstützten ihn noch hierin. Vor allen Dingen fesselte er seine Partei aber gerade durch seine Vorurtheile, durch die manchmal komische Hartnäckigkeit mit der er einen einmal gefaßten Plan verfolgte, durch sein instinktmäßiges Entdecken alles dessen, was gemein und niedrig war und durch den wilden Zorn, in den er ausbrechen konnte, wenn er seine Feinde auf Ränken und Schlichen ertappte, die er mit einer ehrlichen Thätigkeit unvereinbar hielt.</p> <p>Lord George war in der That das eigentliche Bild eines ehrlichen John Bull, mit all seinen Tugenden und Fehlern. Er glich durchaus den Leuten, den Landbesitzern, die er im Parlamente vertrat, die ganze Partei spiegelte sich in ihm wieder; es fand sich bald, daß Niemand zum Leiter der Cauntry-Party so geeignet war, als Lord George, und es konnte daher nicht fehlen, daß er unter den bestehenden Verhältnissen, trotz aller Angriffe seiner politischen Feinde, schneller zu Popularität und zu allgemeiner Achtung kam, als irgend ein Staatsmann vor ihm.</p> <p>Wir wollen nicht auf den Kampf zurückkommen, den Lord George in den Freihandelsdebatten gegen einen Russell, einen Peel, einen Cobden und gegen alle die Koryphäen der feindlichen Partei führte. Jeder weiß, daß er trotz aller Anstrengungen unterlag. Hätte er es blos mit den Whigs zu thun gehabt, so würde die Abstimmung wohl mitunter geschwankt haben; aber immer war noch Sir Robert Peel mit seinem Anhange da, der ungeachtet seines Uebereinstimmens mit Lord George in manchen andern Punkten, doch dem Freihandel das Wort reden mußte und bei allen großen Debatten, die sich eben um den Freihandel drehten, gegen Lord George den Ausschlag gab und so den Feldzug der Protektionisten vereitelte.</p> <p>Peel und Bentinck, beide nach englischen Begriffen konservativ, und nur in dem Punkte des Freihandels anderer Ansicht, riefen so die fortwährende Spaltung der Partei der Conservativen hervor und machten es den Whigs mit ihrem Lord John Russell möglich, trotz aller Fehler und Verstöße am Ruder zu bleiben.</p> <p>Man kann sich denken, wie sehr es die Anhänger Bentincks und Peels empören mußte, den kleinen linkischen Lord John, so unerschütterlich fest sitzen zu sehen und wirklich machten die Peeliten auch durch ihr Organ, durch das Morning Chronicle, verschiedene Male den Versuch, sich mit ihren Brüdern konservativ zu verbinden und so die verhaßten Whigs endlich zu stürzen.</p> <p>Aber Alles war umsonst. Lord George und sein Freund Disraeli haßten Sir Robert noch mehr als Lord John und alle Versöhnungsversuche des Chronicle wurden auch sofort wieder von der „Post“ und dem „Herald“, den beiden Organen der Protektionisten, zurückgewiesen. Da wird Lord George Bentinck plötzlich in der Blüthe seines Lebens vom Schlage gerührt, und die Partei der Protektionisten ist abermals in der peinlichen Verlegenheit, daß sie nicht weiß, wen sie als Leiter auf den Schild heben soll.</p> <p>Disraeli, der glänzendste Redner der Partei, der Freund und Rathgeber des geschiedenen Chefs, wäre der einzige, der seiner Fähigkeiten wegen an die Spitze treten könnte. Leider ist Disraeli aber nicht praktisch genug, er ist den Engländern zu orientalisch-phantastisch, mit einem Worte, er ist durch seine Persönlichkeit „unmöglich.“ Die protektionistische Fraktion der Konservativen, eben noch jeder Alliance abgeneigt, sieht sich daher in die unangenehme Nothwendigkeit versetzt, mehr als es ihr lieb ist, mit der Fraktion Peel zu fraternisiren. Die Post und der Herald bleiben zwar noch immer sehr vornehm; aber das Chronicle macht schon mehr Propaganda, und wenn man den Berichten trauen darf, die über ein Agrikultur-Meeting in Essex einlaufen, so fangen schon die Häupter der Protektionspartei im Innern des Landes an, sich geradezu dahin auszusprechen, daß sie zwar Sir Robert Peel nicht gern an der Spitze der ganzen, wiedervereinigten Partei der Konservativen sehen mögten, daß es ihnen aber recht wäre, wenn die Einigung überhaupt zu Stande käme, und wenn dann einige jüngere Mitglieder beider Fraktionen sich um die Ministerbänke bewürben.</p> <p>Dies ist nun von hoher Wichtigkeit, und es bedarf wohl nur der gewöhnlichsten Agitation, um bei der allgemeinen Unpopularität der Whigs, den alten Sir Robert, wenn auch nicht persönlich, doch durch seinen ungemeinen Einfluß auf die ganze Partei der Konservativen, faktisch bald wieder an die Spitze des Gouvernements zu bringen.</p> <p>Wie die Konservativen im glücklichsten Falle aber dann ihre Freihandels-Differenzen schlichten werden ‒ wir müssen gestehen, es ist das noch etwas räthselhaft.</p> </div> <div xml:id="ar120_024" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Dublin, 14. October.</head> <p>Die Freunde Smith O'Brien's sind sehr thätig und hatten heute wieder eine Versammlung, um eine Adresse an den Lord-Lieutenant zu besprechen, in der man zu Gunsten des Verurtheilten petitioniren will; die Adresse trägt bereits 15,000 Unterschriften.</p> <p>Jeder, der darum ersucht wird, unterzeichnet sie; obgleich man allgemein der Ansicht ist, daß kein Grund dazu vorhanden sei, da man das Leben O'Brien's ohnehin schonen wird. Der Gefangene selbst, ist wohlauf; ebenso der verurtheilte M. Manus. Aus Clonmel trifft so eben die Nachricht ein, daß über O'Donohoe ebenfalls das Schuldig ausgesprochen wurde.</p> </div> </div> <div type="jReadersLetters" n="1"> <div xml:id="ar120_025" type="jArticle"> <head>Der Centralausschuß der Demokraten Deutschland's an die demokratischen Vereine.</head> <p> <hi rendition="#g">Mitbürger!</hi> </p> <p>Wir berufen hiermit ‒ unserm Auftrage gemäß ‒ den allgemeinen Congreß der deutschen Demokraten. Die Abgeordneten sind eingeladen, am 26. Oktober sich in Berlin einzufinden. Alle Vereine, welche die Durchführung der Demokratie zum Ziele ihrer Thätigkeit machen, sind berechtigt und aufgefordert, den Congreß zu beschicken. Kleinere Vereine, welche nicht im Stande sind, eigene Abgeordnete zu schicken, werden gebeten, ihr Mandat Abgeordneten benachbarter Vereine zu übergeben. Die Abgeordneten legitimiren sich durch Vollmachten.</p> <p>Berlin, den 7. Oktober 1848.</p> <p>J. Fröbel. H. Kriege. E. Meyen. A. Hexamer. G. Siegmund. (Stellv.)</p> </div> <div xml:id="ar120_026" type="jArticle"> <p>Hohe National-Versammlung!</p> <p>Wir protestiren laut und offen gegen die politischen Grundsätze, welche der Deputirte unseres Kreises Olpe bei den Abstimmungen in der Berliner Versammlung kund gegeben hrt.</p> <p>Derselbe hat vorzüglich <hi rendition="#g">druch Verläugnung der Revolution,</hi> durch <hi rendition="#g">Nichtanerkennung des Prinzips der unbedingten Unterwerfung Preußens unter die Central-Gewalt</hi> und durch die <hi rendition="#g">Betheiligung an dem jede parlamentarische Formverletzenden Schweidnitzer Proteste</hi> bewiesen, daß er zur Vertretung der politischen Ansicht dieses Kreises nicht geeignet ist. Wir sind keine Anhänger jener Partei, welche mit Rücksicht auf eigene Abhängigkeit den Muth eines freien Volkes nicht bewiesen und die Mittel eines einigen Deutschland nicht gewollt. Wir verabscheuen das Tragen auf beiden Schultern, machen jene Partei für allen Zeitverlust, für alle Gefahren verantwortlich, in welche sie Deutschland durch ihre reaktionäre Halbheit stürzen wird und bringen diese unsere Mißbilligung zur Kenntniß einer Hohen Nationalversammlung, damit Stillschweigen nicht als Genehmigung angesehen werde.</p> <p>Kreis Olpe im September 1848.</p> <p>Die Urwähler.</p> <p>(Folgen gegen 7,700 Unterschriften.)</p> <p> <ref type="link">Hierzu eine Beilage.</ref> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0604/0004]
Ferner hebt er ganz besonders hervor, daß Herr und Madame Trouvé-Chouvel, heute und an den nächstfolgenden Montagen große Soiree geben.
Das Gerücht ging nämlich gestern, auch Herr Trouvé-Chouvel, einer der Junihelden, habe die Seine-Präfektur niedergelegt.
‒ Briefe aus Clarendon melden den Gesundheitszustand des Exkönigs Louis Philipp (Graf v. Neuilly) keineswegs als so leidend, wie ihn mehrere Blätter jüngst schilderten. Im Gegentheile lebt die ganze Ex-Königsfamilie gesund und munter. Die Exprinzessinnen besonders danken dem Himmel, daß sie nun nicht mehr eingeschlossen seien, sondern volle (bürgerliche) Freiheit genießen. Sie hüpfen und tanzen den ganzen Tag im Park umher. Louis Philipp selbst lies't vom Morgen bis Abend nichts als englische und französische, seltener deutsche Journale im Originale. Er spricht absolut Niemand und heuchelt seiner Umgebung, daß er fest an das Gedeihen und die Befestigung der Republik in Frankreich glaube. Woran es auch in Clarendo am dringensten fehlt, das ist ‒ Geld. Der Moniteur der Entthronten, der „Spektateur von London“ ist daher dem Absterben nahe, wenn er nicht schon begraben wurde. Seine fällige Nummer vom 14. ist heute in Paris nicht eingetroffen.
‒ Paris genießt seit einigen Sonntagen an dem nordöstlichen Seineviertel eines echt Bremer Schauspiels. Es werden dort (am Quai Berry) nämlich die 15,000 Proletarierfamilien eingeschifft, die nach Algerien wandern. Gestern sind abermals 800 Mann abgefahren. Dr. Trelat, Mitglied der Auswanderungskommission der Nationalversammlung, hielt eine rührende Abschiedsrede, bei deren Schluß er dem Zugführer eine Fahne überreichte, die der gleichzeitig anwesende Pfarrer des Hospitals La Salpetriere feierlichst einsegnete. Der Moniteur füllt mit Beschreibung der ganzen Ceremonie nicht weniger als eine volle Spalte.
Der Auswanderungslust des hiesigen Proletariats liegt übrigens die Aussicht auf Eigenthumserwerb durch Arbeit zum Grunde.
‒ Nationalversammlung. Sitzung vom 16. Octbr. Anfang 12 1/2 Uhr. Präsident Marrast. Der Saal zum Erdrücken voll.
Dufaure, der neue Minister des Innern, erhält das Wort für eine Mittheilung der Regierung. Ich habe die Ehre, beginnt er unter tiefstem Stillschweigen des ganzen Saales, der Versammlung einen Dekretsentwurf zu überreichen, der einen Zuschuß von 100,000 Fr. zu den geheimen Polizeigeldern verlangt. Gestatten Sie mir, Ihnen die Begründung dieses Entwurfs vorzulesen. (Hört! Hört!) Der Chef der Exekutivgewalt erklärte Ihnen in dem Augenblick, wo er Ihnen die Ministerialänderung anzeigte, daß Ihnen die politische Ansicht des neuen Kabinets auf dieser Bühne auseinandergesetzt werden solle. Um dieses Versprechen zu erfüllen, legen wir Ihnen diese Begründung des Creditverlangens vor. Wir erklären hiermit, daß wir zwei Regierungssysteme für Frankreich zugleich nicht begreifen. Frankreich hat vor acht Monaten die Republik proklamirt; es hat sich ohne Gewaltsamkeit dieser Regierungsform unterzogen, dieser erhabenen Staatseinrichtung, welche hochherzig und offen den Grundsatz der Volkssouverainetät, die Gleichheit der Rechte und Pflichten verwirklicht und die Grundsätze der Brüderlichkeit, welche schon vor 18 Jahrhunderte der Christianismus aufstellte, zu Thaten übergehen läßt. Es wäre verbrecherisch, die Grundsätze verkennen zu wollen, die sich an der Spitze der neuen Verfassung eingeschrieben befinden. Welche Pflicht ist leichter, als ein Land nach dem Grundsatze der Freiheit zu verwalten? Wer in unseren Tagen wollte an der Gleichheit zweifeln? (Gut! zur Linken.) Wir sind überzeugt, daß die gegenwärtige Schwäche der Regierung aus der allgemeinen Besorgniß und Beunruhigung herrührt. Man muß daher dem Volke begreiflich machen, daß eine Revolution keineswegs einen fortwährenden ruhestörenden Charakter bedingt; man muß ihm zeigen, daß sich die republikanische Regierungsform wohl mit der Achtung aller erworbenen Rechte, mit Eigenthum, Familie, Arbeit und Credit verträgt. (Beifall zur Rechten.) Ich trage auf schleunige Erledigung des überreichten Creditdekrets an. Sollten im Laufe der Diskussion nähere Aufschlüsse verlangt werden, so sind wir bereit, dieselben zu geben,
Landrin: General Cavaignac besser als irgend Jemand wisse, daß er (der Redner) nicht der Ansicht sei, die Republik könne irgend einer Persönlichkeit oder Coterie als Ausbeute zufallen. Personen fürchte er daher in der Republik nicht. Er wisse im Gegentheile unbestreitbare Talente gewisser Mitbürger gehörig zu würdigen. Allein was nütze ein geschriebenes Programm ohne Thatsachen, ohne Handlungen? Er werde daher erst Handlungen abwarten. Hoffnungsvolle Aussicht könne er wohl für das Kabinet besitzen, aber kein Vertrauen. Die neuen Minister mögen ihre Unabhängigkeit, er und seine Freunde würden ebenfalls die ihrige behaupten. (Beifall zur Linken.)
Cavaignac: Der Redner verweigert uns sein Vertrauensvotum unter Bezugnahme auf die neuen Minister. Dieselben mögen ihm antworten; wir stehen Alle für ihre Antwort. Sie sprachen im Namen der Regierung. Man hat viel von den Vertrauensvoten gesprochen, die man seit 6 Monaten von Einer Seite der Versammlung bewilligt habe. Man habe dies blindlings gethan. Daher mag es kommen, daß sich in der Versammlung bisher keine entschiedene Majorität bildete. Majoritäten seien aber nöthig; ohne sich auf die Majorität zu stützen, könne keine Regierung marschiren. Hierin liege der Grund zur Kabinetsänderung. In den ersten Tagen meiner Verwaltung mag ich vielleicht von dieser Regel abgewichen sein. Meine Entschuldigung lag aber in der Krisis, aus der wir jetzt treten. Um die Ordnung herzustellen, mußte man die Hand an manche Freiheit legen! Die Männer, die ich mir beigesellte, schienen mir die nöthige Kraft, den nöthigen Muth zur Niederhaltung jener Freiheiten zu besitzen. Jetzt aber, wo die Zeiten ruhiger, ist eine Rückkehr zur Majorität nöthig. Noch vor Kurzem wollte ich keine Ministeränderung vornehmen. Ich betrachte das Volk als meinen Souverän, als meinen Richter, aber ich bin nicht geneigt, es als meinen Meister zu betrachten. Nach zwei der letzten Boten hätte ich mich zurückziehen müssen; doch hielt ich das gefährlich. Ich wollte das Volk nicht schmeicheln, noch mich von der Versammlung trennen. Ich suchte Aussöhnung und bin überzeugt, daß sie das Volk will. (Ja Ja. Nein Nein.) Ich rechne es mir zur Ehre, den ersten Schritt zur Aussöhnung gethan zu haben. Diejenigen die sie bekämpfen, könnten vielleicht zu meinem Bedauern der Republik schlechtere Dienste erweisen, als sie zu leisten berufen sind.
Diese Schlußdrohung ruft Sturm zur Linken hervor.
Portalis auf der Bühne. General Cavaignac hat gesagt, daß er früher Männer brauchte, um die Hand an gewisse Freiheiten zu legen; ich hoffe, daß ihm die abgetretenen Minister antworten werden. Ich trete ihnen das Wort ab. ‒ Nach einer Beleuchtung über die Natur der Ministeränderung und das Durrien'sche Votum besteigt Senard die Bühne. Er hält einen langen Vortrag, aus dem wir vorzüglich Einen Punkt hervorheben, daß nämlich Cavaignac im Schooße des Ministerrathes ganz andere Ansichten über die Wahl des Präsidenten der Republik vertheidigt habe als in der Nationalversammlung. Im Ministerrathe habe er für Erwählung durch die Nationalversammlung, und in öffentlicher Sitzung für Wahl durch's Volk gestimmt. Daher das Zerwürfniß. Diese Anklage ruft Cavaignac wiederholt auf die Bühne, um sich zu rechtfertigen. Ledru Rollin nimmt dann das Wort, um in einer feurigen und zornigen Rede die Politik des Vollziehungs-Chefs anzugreifen. Bedeau, Martin (Nivosse) und Tascherau nehmen Theil an der Debatte.
Die Rede Senard's bildet den eigentlichen Brennpunkt der Debatte, und wurden heute allerhand Lügen, das ganze haltlose und unschlüssige Benehmen Cavaignac's aufgedeckt und der Schleier ziemlich klar von gewissen Kabinetsberathungen gehoben. Ledru Rollin konnte sich dagegen nur an das Programm klammern, das er natürlich nur als gewöhnliche Phrasen und Gemeinplätze erklärte. Tascherau, der nicht selten mit bissigen Aeußerungen herumwirft, wurde dafür zur Ordnung gerufen.
Bedeau unterstützte das Programm und dürfte als keine wichtige Hülfe des Kabinets zu betrachten sein. Der General betrachtet sich offenbar schon als Minister des Auswärtigen.
Dücoux, der Pariser Expräfekt, gab der Debatte wieder einige Würze. Er gab einige Aufschlüsse über seine Theilnahme an der Regierungsänderung. Diese Aufschlüsse wurden von der Majorität übel aufgenommen. Er sagte unter Anderem, daß er sich von der Regierung getrennt habe, weil er gesehen, daß sich die Regierung von der Republik getrennt habe. (Tumult! Von allen Seiten, namentlich rechts schreit man: Nein! Nein!) Ducoux vertheidigt sich gegen die Anschuldigung aufrührerischer Grundsätze. Er spricht heftig gegen den Kommunismus, oder vielmehr gegen jene ägyptische Finsterniß, die man im gewöhnlichen Familienleben Kommunismus nennt. Am geistreichsten war er, als er die jüngste Ministeränderung eine ministerielle Heirath nannte und ausrief: der Konseilpräsident liebe die erotischen Heirathen! Man habe um die Erzeugung gewürfelt, der Zufall sei die Gebärmutter dieses ministeriellen Kindes, dasselbe sei schwächlich und werde schwerlich alt werden. Dieser Humor gefiel wenig.
Dufaure nahm nun das Wort, um seine eigentliche Ministerrede zu halten. Er erzählt, wie er ins Ministerium getreten und lobt seinen Vorgänger Senard. Er fürchtet keine persönlichen Angriffe, seine Hingebung für die Republik wird ihn schützen. Ihm zufolge ist die Republik die Herrschaft der Majorität. In dieser Thesis riß er die Rechte zu unbeschreiblichem Beifall hin. Schließlich verspricht er treu an dem Programm, das einige Vorredner mit Unrecht der Hohlheit angeklagt hätten, zu hängen und dasselbe auszuführen. Uebrigens sei das neue Ministerium ja nur für einige Wochen bestimmt, bis zur Ernennung des Präsidenten.
Nach dieser Rede schreitet die Versammlung zur Abstimmung. Von 820 bis 830 Anwesenden stimmten nur 725. Davon stimmten 570 für und 155 gegen das Ministerium. Cavaignac's Herrschaft ist somit für einige Wochen noch befestigt. Die Versammlung geht um 6 Uhr auseinander.
Paris, 16. Okt. Der von Bürger Ollivier der National-Versammlung vorgelegte Amnestieentwurf trägt die folgenden Unterschriften: Lammenais, Ledru-Rollin, David (d'Angers), F. Pyat, Pierre Bonaparte, Demosthenes Ollivier, A. Mie, Vignerte, P. Lefranc, Th. Bac, Robert (Yonne), Ronjat, Lagrange, Detours, G. Sarrut, Mathe, Am. Bruys, F. Signard, Agrikol Perdiguier, James Demontry, Chollat, Proudhon, Bertholon, Menand, Mule aine, Cales, Madet, Benoit, Martin Bernard, Astaix, Greppo, Devile, Pegot-Ogier, Dubarry, Morhery, Brives, Bravard-Toussaint, Terrier, Lassedat, Farget, Doutre, Paulin Durieu, F. Bonvet, Fargin-Fayolle, Joigneaux, Pietri, Yves, Jsid. Buvignier, F. Gambon, Borhan, Pelleter, Baune, Mathieu, (Drome), Laurent (de l'Ardeche), Renaud (Jsere), Delbetz, Eug. Raspail.
‒ Die Reforme bemerkt heute in Betreff der neuen Minister: „Das gewissermaßen royalistische Ministerium, welches seit gestern unsere Geschicke lenkt, will den Beginn seiner Herrschaft durch neue Restriktivgesetze, namentlich gegen die Presse und die Klubs bezeichnen. Die Presse ist die Geißel schlechter Gouvernements. Die Klubs unterstützen die Presse. Es ist dies die Propaganda des Wortes; nicht weniger thätig, nicht weniger ergreifend als die Propaganda der Schrift. Man muß daher die Klubs schließen, oder sie unmöglich machen.
Gegen die Klubs macht man so verbrecherische Motionen, wie sie die Gerechtigkeit des Belagerungszustandes nicht gewagt hat, und deren sich der Prokurator der Republik noch nicht bediente. Ein Volksrepräsentant, Bürger Joigneaux, signalisirte, wie wir sehen, einem der Bureaus der Versammlung, die Gegenwart der Polizei bei jenen perfiden Aufwiegelungen, über die man hinter her so glücklich ist, sich zu indigniren. Wir haben in der That, unabhängig von der rue Jerusalem, vier oder fünf Polizeien, deren Mysterien nicht so undurchdringlich sind, daß wir nicht Mittel fänden, bisweilen davon zu reden. Unter Anderm haben wir die Polizei Carliers, die im Ministerium des Innern ihren Sitz hat, und die namentlich den Klubs ihre Aufmerksamkeit schenkt. Man kennt das Verfahren des Hrn. Carlier; in einem frühern Prozesse gab er uns selbst darüber Aufschluß, indem er der Jury erzählte, wie er die geheimen Gesellschaften dadurch desorganisirte, daß er seine eigenen Agenten darin einführte, welche mit eben jenen schrecklichen Motionen beauftragt waren, mit denen man uns heute in Furcht setzt.
Man verfolgt heute dasselbe System; man will die Klubs dadurch abschaffen, daß man sie kompromittirt.
Spanien. * Madrid, 10. Okt. Die Provinzen Tarragsna, Lerido und Gerona sind unter Kriegsgericht gestellt. In Valencia zerstreute Kommandant O'Phelan eine Bande Insurgenten unter Anführung von Arnau, und nahm den letztern gefangen.
‒ In Catalonien zeigen sich die Karlisten kühner als je.
‒ Die Königin feiert heute ihren achtzehnten Geburtstag.
Großbritannien. * London, 14. Okt. Lord George Bentincks Tod wird wahrscheinlich große Veränderungen in dem zukünftigen Stande der parlamentarischen Parteien nach sich ziehen. Ich glaube, daß es Ihnen interessant sein wird, etwas Näheres über die Aussichten in diesem Punkte zu erfahren.
Wie einem Jeden bekannt ist, war Sir Robert Peel von dem Passiren der Reformbill an, das Haupt der aus der alten Torypartei hervorgegangenen Partei der Konservativen. Erst mit dem Schluß der Agitation der Anti-Corn-Law-Leage und dem Auftreten Sir Robert Peel's für den Freihandel, endete seine Stellung als Chef einer großen Partei. Nur ein kleines Häufchen von etwa 60 oder 80 alten Freunden deckte ihm noch den Rücken und diese nannte man die Peeliten.
Als Gegner der Whigs und der Anhänger Peel's, kurz als Opponent der Partei des Freihandels, trat aber an die Spitze der landbesitzenden Konservativen, der sogenannten Protektionisten: Lord George Bentinck.
Lord George hatte wohl nie daran gedacht, daß er einmal das Haupt einer großen politischen Partei werden würde. Zeit seines Lebens beschäftigte er sich mehr mit Rennpferden als mit den Debatten des Unterhauses. Aber der Augenblick war günstig; Peel war gefallen und die Protektionisten hatten nicht einen einzigen geeigneten Mann, den sie den Whigs und ihrem Lord John entgegenstellen konnten und das Mitglied des Jockeiklubs, Lord George Bentinck wagte es daher und trat als Leiter der Partei auf.
Er war glücklich. Trotz seiner mangelhaften Kenntnisse in vielen staatsmännischen Dingen, sicherte er sich seine Stellung durch den unerschütterlichen Muth, durch die beispiellose Ausdauer und durch die unwandelbare Treue, mit der er die Sache der Protektionisten aufnahm und festhielt. Seine Ehrlichkeit, sein freies, furchtloses Auftreten und die Art und Weise, wie er jede Sache beim rechten Namen zu nennen wußte, unterstützten ihn noch hierin. Vor allen Dingen fesselte er seine Partei aber gerade durch seine Vorurtheile, durch die manchmal komische Hartnäckigkeit mit der er einen einmal gefaßten Plan verfolgte, durch sein instinktmäßiges Entdecken alles dessen, was gemein und niedrig war und durch den wilden Zorn, in den er ausbrechen konnte, wenn er seine Feinde auf Ränken und Schlichen ertappte, die er mit einer ehrlichen Thätigkeit unvereinbar hielt.
Lord George war in der That das eigentliche Bild eines ehrlichen John Bull, mit all seinen Tugenden und Fehlern. Er glich durchaus den Leuten, den Landbesitzern, die er im Parlamente vertrat, die ganze Partei spiegelte sich in ihm wieder; es fand sich bald, daß Niemand zum Leiter der Cauntry-Party so geeignet war, als Lord George, und es konnte daher nicht fehlen, daß er unter den bestehenden Verhältnissen, trotz aller Angriffe seiner politischen Feinde, schneller zu Popularität und zu allgemeiner Achtung kam, als irgend ein Staatsmann vor ihm.
Wir wollen nicht auf den Kampf zurückkommen, den Lord George in den Freihandelsdebatten gegen einen Russell, einen Peel, einen Cobden und gegen alle die Koryphäen der feindlichen Partei führte. Jeder weiß, daß er trotz aller Anstrengungen unterlag. Hätte er es blos mit den Whigs zu thun gehabt, so würde die Abstimmung wohl mitunter geschwankt haben; aber immer war noch Sir Robert Peel mit seinem Anhange da, der ungeachtet seines Uebereinstimmens mit Lord George in manchen andern Punkten, doch dem Freihandel das Wort reden mußte und bei allen großen Debatten, die sich eben um den Freihandel drehten, gegen Lord George den Ausschlag gab und so den Feldzug der Protektionisten vereitelte.
Peel und Bentinck, beide nach englischen Begriffen konservativ, und nur in dem Punkte des Freihandels anderer Ansicht, riefen so die fortwährende Spaltung der Partei der Conservativen hervor und machten es den Whigs mit ihrem Lord John Russell möglich, trotz aller Fehler und Verstöße am Ruder zu bleiben.
Man kann sich denken, wie sehr es die Anhänger Bentincks und Peels empören mußte, den kleinen linkischen Lord John, so unerschütterlich fest sitzen zu sehen und wirklich machten die Peeliten auch durch ihr Organ, durch das Morning Chronicle, verschiedene Male den Versuch, sich mit ihren Brüdern konservativ zu verbinden und so die verhaßten Whigs endlich zu stürzen.
Aber Alles war umsonst. Lord George und sein Freund Disraeli haßten Sir Robert noch mehr als Lord John und alle Versöhnungsversuche des Chronicle wurden auch sofort wieder von der „Post“ und dem „Herald“, den beiden Organen der Protektionisten, zurückgewiesen. Da wird Lord George Bentinck plötzlich in der Blüthe seines Lebens vom Schlage gerührt, und die Partei der Protektionisten ist abermals in der peinlichen Verlegenheit, daß sie nicht weiß, wen sie als Leiter auf den Schild heben soll.
Disraeli, der glänzendste Redner der Partei, der Freund und Rathgeber des geschiedenen Chefs, wäre der einzige, der seiner Fähigkeiten wegen an die Spitze treten könnte. Leider ist Disraeli aber nicht praktisch genug, er ist den Engländern zu orientalisch-phantastisch, mit einem Worte, er ist durch seine Persönlichkeit „unmöglich.“ Die protektionistische Fraktion der Konservativen, eben noch jeder Alliance abgeneigt, sieht sich daher in die unangenehme Nothwendigkeit versetzt, mehr als es ihr lieb ist, mit der Fraktion Peel zu fraternisiren. Die Post und der Herald bleiben zwar noch immer sehr vornehm; aber das Chronicle macht schon mehr Propaganda, und wenn man den Berichten trauen darf, die über ein Agrikultur-Meeting in Essex einlaufen, so fangen schon die Häupter der Protektionspartei im Innern des Landes an, sich geradezu dahin auszusprechen, daß sie zwar Sir Robert Peel nicht gern an der Spitze der ganzen, wiedervereinigten Partei der Konservativen sehen mögten, daß es ihnen aber recht wäre, wenn die Einigung überhaupt zu Stande käme, und wenn dann einige jüngere Mitglieder beider Fraktionen sich um die Ministerbänke bewürben.
Dies ist nun von hoher Wichtigkeit, und es bedarf wohl nur der gewöhnlichsten Agitation, um bei der allgemeinen Unpopularität der Whigs, den alten Sir Robert, wenn auch nicht persönlich, doch durch seinen ungemeinen Einfluß auf die ganze Partei der Konservativen, faktisch bald wieder an die Spitze des Gouvernements zu bringen.
Wie die Konservativen im glücklichsten Falle aber dann ihre Freihandels-Differenzen schlichten werden ‒ wir müssen gestehen, es ist das noch etwas räthselhaft.
* Dublin, 14. October. Die Freunde Smith O'Brien's sind sehr thätig und hatten heute wieder eine Versammlung, um eine Adresse an den Lord-Lieutenant zu besprechen, in der man zu Gunsten des Verurtheilten petitioniren will; die Adresse trägt bereits 15,000 Unterschriften.
Jeder, der darum ersucht wird, unterzeichnet sie; obgleich man allgemein der Ansicht ist, daß kein Grund dazu vorhanden sei, da man das Leben O'Brien's ohnehin schonen wird. Der Gefangene selbst, ist wohlauf; ebenso der verurtheilte M. Manus. Aus Clonmel trifft so eben die Nachricht ein, daß über O'Donohoe ebenfalls das Schuldig ausgesprochen wurde.
Der Centralausschuß der Demokraten Deutschland's an die demokratischen Vereine. Mitbürger!
Wir berufen hiermit ‒ unserm Auftrage gemäß ‒ den allgemeinen Congreß der deutschen Demokraten. Die Abgeordneten sind eingeladen, am 26. Oktober sich in Berlin einzufinden. Alle Vereine, welche die Durchführung der Demokratie zum Ziele ihrer Thätigkeit machen, sind berechtigt und aufgefordert, den Congreß zu beschicken. Kleinere Vereine, welche nicht im Stande sind, eigene Abgeordnete zu schicken, werden gebeten, ihr Mandat Abgeordneten benachbarter Vereine zu übergeben. Die Abgeordneten legitimiren sich durch Vollmachten.
Berlin, den 7. Oktober 1848.
J. Fröbel. H. Kriege. E. Meyen. A. Hexamer. G. Siegmund. (Stellv.)
Hohe National-Versammlung!
Wir protestiren laut und offen gegen die politischen Grundsätze, welche der Deputirte unseres Kreises Olpe bei den Abstimmungen in der Berliner Versammlung kund gegeben hrt.
Derselbe hat vorzüglich druch Verläugnung der Revolution, durch Nichtanerkennung des Prinzips der unbedingten Unterwerfung Preußens unter die Central-Gewalt und durch die Betheiligung an dem jede parlamentarische Formverletzenden Schweidnitzer Proteste bewiesen, daß er zur Vertretung der politischen Ansicht dieses Kreises nicht geeignet ist. Wir sind keine Anhänger jener Partei, welche mit Rücksicht auf eigene Abhängigkeit den Muth eines freien Volkes nicht bewiesen und die Mittel eines einigen Deutschland nicht gewollt. Wir verabscheuen das Tragen auf beiden Schultern, machen jene Partei für allen Zeitverlust, für alle Gefahren verantwortlich, in welche sie Deutschland durch ihre reaktionäre Halbheit stürzen wird und bringen diese unsere Mißbilligung zur Kenntniß einer Hohen Nationalversammlung, damit Stillschweigen nicht als Genehmigung angesehen werde.
Kreis Olpe im September 1848.
Die Urwähler.
(Folgen gegen 7,700 Unterschriften.)
Hierzu eine Beilage.
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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