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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 85. Köln, 25. August 1848. Beilage.

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Pr. Hat L. Ihnen nicht geschrieben, Sie sollten sich fortmachen?

Z. Ja, ich sollte angeben, ich ging nach Ungarn oder Amerika, weil ich hier nichts zu leben hätte, und mir darauf in Kaiserswerth einen Paß geben lassen.

Pr. verliest den Brief L.'s, der dahin lautet, F. solle sich auf die Bürgermeisterei begeben, dort erklären, daß er vor April ins Ausland wolle, um Dienst zu suchen, und um nachher nicht Störungen ausgesetzt zu sein, vor der Abreise noch über sein Zeugniß in der Prozeßsache der Gräfin H. vernommen zu werden wünsche. Diese Erklärung solle er vom Bürgermeister bescheinigen lassen und in 2 bis 3 Tagen ihm schicken. Von einem Passe ist darin keine Rede.

Pr. Haben Sie auch von Lassalle Geld bekommen?

Z. Ich erhielt monatlich 15 Thlr., bald von der Gräfin, bald von Lassalle.

Angekl. Der Hr. Präsident hat Sie bereits darauf aufmerksam gemacht, daß Fowinkel bei seiner Vernehmung vor dem Instruktionsrichter mich beschuldigt hat, ihn Ende April 1847 zu einem falschen Zeugnisse gegen von Stockum gemeinschaftlich mit der Gräfin haben verleiten zu wollen, daß aber F. schon am Schlusse seiner schriftlichen Vernehmung meine Betheiligung an diesem angeblichen Versuche widerrufen habe. Seine desfallsige Angabe in der schriftlichen Vernehmung ist aber viel zu bestimmt, zu detaillirt, zu ausdrücklich, als daß sich erklären ließe, wie der Zeuge dazu gekommen sein sollte, sie irrthümlich zu machen. Erlauben Sie, daß ich die betreffende Stelle aus dem Protokolle verlese. Es heißt: "Ende April beredeten mich die Gräfin und Lassalle mich zu von Stockum in Düsseldorf unter dem Scheine, daß ich gesonnen sei, mich wieder zur Sache des Grafen zu schlagen, zu begeben und zu versuchen, ob der v. Stockum alsdann nicht etwa darauf eingehen würde, mich zu einem falschen Zeugniß gegen die Gräfin zu verleiten. Lassalle sagte mir noch unter vier Augen, ich möchte diesen Versuch als von mir ersonnen brieflich der Gräfin angeben, er selbst müsse sich deshalb sicher stellen; ich empfing zugleich von ihm 7 oder 10 Thaler und verfügte mich zunächst zur Frau Kurz etc." -- Nach dieser so bestimmten Auslassung muß es unerklärlich sein, entweder wie Fowinkel dazu kam sie zu machen, oder sie zu widerrufen. Doch in seinem Widerrufe selbst findet sich der Schlüssel. Es heißt am Ende der Vernehmung: "Ich muß meine frühere Aussage dahin berichtigen, daß ich, als ich von der Gräfin beredet wurde zu v. Stockum zu gehen, mit L., der damals hier verhaftet war, über jenes Vorhaben gar nicht gesprochen habe. Meine frühere Aussage beruhte in dieser Beziehung auf einem Irrthum." -- Also nur weil dem Zeugen einfällt, daß ich damals verhaftet war, daß ich also das schlagendste Alibi beweisen könne -- in war von März bis Mai in Haft -- widerruft er diese Beschuldigung gegen mich.

Pr. Es ist richtig, der Angekl. war vom 25. März 1847 bis gegen Ende Mai verhaftet.

Angekl. Nunmehr schob der Zeuge diese Anschuldigung gänzlich auf die Gräfin, indem er seine Aussage dahin modifizirte, sie habe ihn zwar nicht zu einem falschen Zeugniß gegen Stockum, wohl aber dazu verleiten wollen, dem v. Stockum eine Schlinge zu legen, damit dieser darauf einginge, ihn, Fowinkel, zu einem falschen Zeugniß zu verleiten. Ich werde nun durch einen Brief Fowinkels v. 9. April 1847 -- das Original befindet sich bei den Akten -- darthun, daß die Gräfin nicht im geringsten an ein derartiges Beginnen gedacht hat, daß vielmehr v. Stockum wirklich den Fowinkel zu einem falschen Zeugniß gegen mich bestechen wollte, und Fowinkel diesen Bestechungsversuch als vollkommen wahr und ganz von selbst der Gräfin brieflich berichtet hat. Hören Sie den Brief, meine Herren:

"Erlauchte Frau Gräfin! -- Die Kurzen war bei mir in Calkum mit der Nachricht, daß von Stockum bereit sei, mir diese fordernde Summe von 100 Thlr. zu geben, sobald ich dieses Zeugniß gegen Hrn. Lassalle ablegen werde und noch dazu meine Aussage vom Grafen zurücknehmen werde, ich müsse in folgender Art sprechen: Hr. Lassalle hat mir ein leeres Stück Papier hingelegt und mir gesagt, ich solle da meinen Namen aufschreiben, und das was ich früher wohl schon einmal zu Kurzen gesprochen habe vom Grafen, was Jener mir entlockt hat, er (Kurz) dem Lassalle ad privatum erzählt habe und Lassalle seine Aussage auf das von mir leer unterschriebene Papier gesetzt habe, als wie wenn ich selbst es hätte protokolliren lassen und sodann unterschrieben. Das sind die Kniffe der Kurzischen Brut und von Stockums Politik. Ferner sagte die Kurze, daß sie von 1841 pro Monat 6 Thlr. rückständigen Gehalt zu fordern habe, und sie bediente sich solche Ausdrücke gegen Ihre Höchstgeborne in der Art, daß ich es mir für Sünde rechne sie hier zu bezeichnen. -- Nachdem ich nun noch keine Antwort von Ihrer Höchstgeb. auf mein gestriges Schreiben erhalten habe, so hatte ich mich nicht augenblicklich entschlossen, mit dem Weib zu gehen, ich machte einen Vorwand und habe versprochen heute Abend zu kommen. Das Weib selbst will mich zu von Stockum führen, ich will mich nun die Sache noch reiflich überlegen, damit kein Bock geschossen wird. -- Erlauchte Fr. Gräfin können auf meine Treue und Zuversicht rechnen. -- Ergebenster Knecht W. Fowinkel."

Pr. (unwillig, nachdem er den Brief nochmals verlesen) Ja das ist wahr. Wie kommen Sie dazu, F., der Gräfin so etwas zur Last zu legen, da dieser Brief vielmehr beweist, daß Sie ihr unaufgefordert diesen Bestechungsversuch als wirklich vorgefallen berichteten?

Z. Nein, die Gräfin wollte mich dazu verleiten.

Pr. Das ist nicht wahr, davon steht im Briefe nichts, der Brief ergiebt das Gegentheil davon.

Angekl. Ich werde nun ferner durch eine andern Brief Fowinkels beweisen, daß die Gräfin, welche dieser Mensch beschuldigt, dem v. Stockum und der Kurz eine Schlinge haben legen zu wollen, ihm vielmehr ausdrücklich verboten hat, sich mit jenen Personen in irgend eine Berührung einzulassen, auch nur mit ihnen zu sprechen, und daß Fow., als er bei jener Gelegenheit zu Kurz und Stockum ging, die Gräfin ausdrücklich um Verzeihung bat, ihrem Verbote zuwidergehandelt zu haben. Hier ist ein andrer Brief von ihm der also lautet: (Verliest den Brief, worin es heißt: "der Joh. Kurz schrieb mir einen Brief, ich möchte zu ihm kommen, da er Wichtiges mit mir zu sprechen habe. Verzeihen mir Ihro Höchstgeb. nun, wenn ich gegen den ausdrücklichen Befehl Ew. Höchstgeb. mit allen diesen Menschen gar nicht zu sprechen, dennoch zu der Kurzen ging. Aber es geschah, weil ich etwas zu erfahren glaubte." (Bravo im Publikum.)

Pr. (der sich den Brief hat überreichen lassen, mit steigendem Unwillen:) Auch das ist wahr. Fowinkel, die Gräfin hatte Ihnen ausdrücklich verboten, Sie schreiben es selbst, sich mit jenen Personen in Berührung einzulassen. Und statt dessen haben Sie heute gesagt, die Kurz zu jenem Versuche im Auftrage der Gräfin aufgesucht zu haben.

Z. Hr. Präsident, diese Personen sind mir zu listig.

Präs. Sie sind ein ganz schlechtes Subjekt, gehen Sie.

Angekl. Ich bitte noch eins konstatiren zu dürfen. Am 20. November 1847 schreibt Fowinkel folgenden Brief an die Gräfin: (verliest den Brief, der etwa so anfängt: "Gnädigste Frau, ich habe nicht von heute bis morgen zu leben, meine Frau friert, meine Kinder hungern, meine Noth ist so groß, daß ich nicht weiß, wovon ich mir Feuer im Ofen anstecken und einen Bissen hernehmen soll" etc.) Sie sehen also, m. H., am 20. November 1847 noch ist Fowinkel in der bittersten Armuth. Als er aber in meiner Untersuchung vernommen wird, im März oder April 1848, also 5 Monate darauf, gibt er selbst an, er habe sich eben eine Restauration in Düsseldorf eingerichtet. Er ist also plötzlich ein kleiner Kapitalist geworden. Kann uns der Zeuge über diesen plötzlichen Umschwung in seinen Vermögensverhältnissen Aufschluß geben. (Donnerndes Bravo im Publikum).

Präs. Hat den Brief in Empfang genommen. Fowinkel will auf ihn zu und überreicht ihm Papiere, aus denen hervorgehen soll, daß er 200 Thlr. besitze oder schulde. (Nicht genau verstanden wegen des Lärms in der Versammlung).

Präs. Gehen Sie, Fowinkel, gehen Sie! (Zu den Geschwornen): Ich überlasse Ihnen, m. H., sich zu sagen, was Sie unter diesen Umständen von der Aussage dieses Menschen zu halten haben.

Angekl. Noch will ich Fowinkel fragen, ob ihm nicht die Frau Kurz mitgetheilt, daß ihr Mann einen schriftlichen Kontrakt über eine Rente von monatlich 40 Thlr. mit dem Grafen Hatzfeld geschlossen. Zeuge hat dies schon in der Instruktion gestanden.

Zeuge. Ja, direkt hat sie es mir nicht gesagt, aber indirekt auf meine Frage sagte sie: "Wir haben es, wir haben es."

Zeugin Susanne Majunke, 32 Jahre alt, früher Kammerjungfer der Gräfin Hatzfeld, von Anfang Juni 1846 bis zum Jan. 1848. Lassalle besuchte in Berlin täglich die Gräfin und blieb bis in die Nacht bei ihr; auch Mendelssohn und Oppenheim sah sie dort. Sie reiste mit der Gräfin an den Rhein; als sie in Köln im "Königl. Hofe" waren, kam Lassalle verkleidet, als Baron v. Landsberg, dorthin. In Aachen stiegen sie bei Kosteletzki ab und trafen daselbst Lassalle; auch Oppenheim und Mendelssohn waren dort, letzterer aber in einem andern Gasthofe. Lassalle war in den Angelegenheiten der Gräfin und namentlich bei den Vergleichsversuchen, welche in Aachen gemacht wurden, der Hauptleiter und Rathgeber der Gräfin, mit welcher er in vertraulichem Umgange stand; Oppenheim hatte keinen gleichen Einfluß; er war ein reicher Mann. Mendelssohn dagegen hatte niemals Geld und es war zu vermuthen, daß er von den Mitteln der Gräfin lebe.

Präs. Haben Sie von Anschlägen auf das Leben des Grafen gehört?

Z. Eines Tages rief mich Hoppe in die Stube Lassalle's und sagte: "Sehen Sie, hier ist die Vorbereitung zum Empfang des Grafen; er ist nicht gekommen, wer weiß, was sonst vorgefallen wäre. Gut, daß er nicht gekommen ist! Ich sah jetzt in Lassall's Zimmer zwei Teller mit Cigarren und drei geladne Pistolen auf einem kleinen Tische in der Ecke.

Pr. Woher wissen Sie, daß die Pistolen geladeen waren. -- Z. "Ich habe hineingesehen. -- Als Hoppe im vorigen Jahre von Deutz wegreisen wollte, zeigte er mir eine runde Holzschachtel, worin sich sechs Cigarren befanden, und bemerkte dabei, es seien dies vergiftete Cigarren, dieselben, welche in Aachen damals auf einem der beiden Teller gelegen. Später nahm ich wahr, daß der Boden der Schachtel gelb und röthlich gefärbt war.

Pr. Haben sie etwas über die Anschläge auf der Kassete gehört? -- Z. Nein, ich war gewöhnlich auf der Hausflur, um zu verhindern, daß Jemand unangemeldet zur Gräfin kam. An dem Tage, wo, wie ich erfuhr, der Kassettendiebstahl stattfand, kam Oppenheim zur Gräfin und sagte: "Die Kassette haben wir!" Die Gräfin erwiderte: Die Kassette kann ich mit vollem Rechte behalten, denn ich bin überzeugt, Alles, was darin ist, ist vom Grafen.

Angekl. In ihrer Vernehmung vor dem Instruktionsrichter hat die Zeugin ausgesagt, sie habe gleich nach den Worten Oppenheim's die Stube verlassen und den weiteren Verlauf des Gesprächs nicht gehört. Jetzt will sie wissen, was die Gräfin erwidert hat.

St. Prok. So etwas kann man auch im Herrausgehen noch hören.

Z. Ueber die Entwendung des Briefes an die Meyendorf hat mir P. Kurz erzählt, Lassalle habe ihn zur Post geschickt, um nach einem Briefe an die M. zu fragen; er, Kurz, sei aber klüger gewesen, als alle; er habe sich als Bedienter verkleidet für den Kammerdiener der M. ausgegeben und den Brief sich gleich geben lassen. Als die Gräfin den Brief empfing, war sie ganz außer sich und sagte: Das kommt ja Schlag auf Schlag!

Pr. Hat die Gräfin in Deutz, als sie dort wohnte, mit vielen Personen verkehrt? -- Z. Ja, ich meine darunter die Frau Gianella, Karl Gianella, den Barbier Schaafhausen und seine Frau und den Referendar Meyer.

Pr. Haben sie gesehen, daß diese Leute von der Gräfin Geld erhielten? -- Z. Ja, ich habe mitunter wechseln lassen und auch wohl selbst gegeben.

Pr. Haben Sie Hoppe gekannt und war er treu? -- Z. Ja, Hoppe war immer ein treuer Diener.

Pr. Hat man Bestechungsversuche bei Ihnen gemacht?

Z. Ja, um die Zeit als der bekannte Kalumnieprozeß gegen die Gräfin schwebte, ersuchte mich v. Stockum ihm einige Exemplare der bekannten Broschüre zu verschaffen und versprach mir 200 Thaler, wenn ich aus dem Dienste der Gräfin treten wollte. Ich habe aber nichts angenommen.

Pr. Konnten Sie denn etwas erwarten?

Z. Ich blieb der Gräfin treu, trotz schlechter Behandlung. Einmal hat mir v. Stockum zwei Friedrichsdor gegeben; ich habe aber sogleich der Gräfin Anzeige davon gemacht.

Pr. In welchem Verhältniß stand der alte Kurz zur Gräfin? War er treu?

Z. Ja, aber die Gräfin macht alle Leute schlecht.

Pr. Wer hat Ihnen gekündigt?

Z. Der Generalbevollmächtigste, Hr. Lassalle.

Pr. Auf welche Veranlassung?

Z. Er sagte, ich sei unhöflich gegen die Gräfin gewesen. Er war Abends spät gekommen und in das Schlafzimmer der Gräfin gegangen; ich wartete bis 1 Uhr, er kam nicht zurück. Am andern Morgen räumte ich im Zimmer der Gräfin den vor dem Bette stehenden Tisch ab, worauf die Reste des Nachtessens und eine leere Champagnerflasche standen. Bei dieser Arbeit war ich versteinert und verwirrt, und soll der Gräfin die Frühstückstasse zu hart aufgesetzt haben. Ich hatte früher selbst oft gekündigt und man wollte mich nicht gehen lassen. Auch jetzt nicht, als ich die Wohnung der Gräfin in der Mohrenstraße hier verlassen wollte, sperrte man mich in meine Stube, und ich wurde hierdurch genöthigt heimlich über eine Mauer zu entfliehen. Ich ließ meine Effekten zurück, welche die Gräfin mir noch vorenthält, und kehrte bei Rener in Deutz ein, da ich Niemand sonst hier kannte.

Staatsprok. Ist Hoppe ein ehrlicher Mann? Lassalle hat ihn ja in Berlin verfolgt.

Z. Ja, Lassalle sagte bei seiner Abreise nach Berlin: "ich werde den Kerl für die Zukunft unschädlich machen."

Ein Geschworner. Ob Lassalle über die Gräfin eine Gewalt ausgeübt habe?

Z. Ja, mitunter zankten sie sich sehr, und ich habe die Gräfin wohl zehnmal sagen hören: "Sie sind allein an meinem Unglück Schuld!"

Angeklagter. Ob nicht im December 1846 Hr. v. Stockum mit Arnold Gödsche die Z. in Deutz aufgesucht habe und ihr folgendes Anerbieten gemacht: er wolle einen dreijährigen Contract mit ihr machen, wodurch er ihr das Doppelte des Lohnes sichere, den sie bei der Gräfin genösse, und ihr außerdem 200 Thlr. baar geben, wenn sie bezeugen wolle, daß die Gräfin in einem unerlaubten Verhältniß zu mir stände; ob er nicht, obgleich sie ihm versichert, sie könne das nicht mit gutem Gewissen sagen, mehrmals mit diesem Anerbieten in sie gedrungen sei?

Z. Ja, das ist wahr, aber ich habe es ausgeschlagen.

Angekl. Ob nicht aber Herr von Stockum ihr dabei die zwei Louisdor in die Hand gedrückt und sie dieselben behalten habe.

Z. dreht sich gegen den Angeklagten und ergießt sich in eine Fluth heftiger Vorwürfe gegen ihn.

Angekl. (zum Präsidenten, der unterdeß, die Akten blätternd, der Scene keine Aufmerksamkeit geschenkt hat). Es ist mir unangenehm, daß die Zeugin mich direkt apostrophirt; ich bitte mich dagegen zu schützen.

St.-Prok. Nun ich glaube, daß die Zeugen wohl eher Schutz gegen sie bedürfen als umgekehrt.

Pr. (zur Zeugin). Ruhe, Sie haben den Angeklagten nicht anzureden, sprechen Sie zu mir.

Angekl. Ich habe noch keine Antwort auf die Frage über die zwei Louisd'or, ob die Zeugin sie angenommen.

Pr. wiederholt die Frage.

Z. Ja, er drückte mir zwei Louisd'or in die Hand, ich wollte sie nicht nehmen, aber er war zu schnell fort.

Angekl. Gut, weiter. Ob nicht, als die Gräfin im Oktober 1847 mit ihr nach Paris gereist, Stockum ihr auch dort ähnliche Anerbietungen habe machen lassen?

Z. Ja, er schickte einen Kommissionär, einen Landsmann zu mir.

Pr. Was, war denn der Stockum auch in Paris.

Z. Wenige Tage nach der Ankunft der Gräfin kam er auch nach Paris und wohnte in demselben Hotel. Das war der Gräfin unangenehm und sie bezog deshalb ein Privatlogis.

Angekl. Worin die Anerbieten bestanden, welche ihr dort Stockum machen ließ.

Z. Er ließ mir 2000 Thlr. bieten, wenn ich ein unerlaubtes Verhältniß zwischen der Gräfin und Lassalle bekunde; ich aber schlug es aus.

Angekl. Im Januar 1848 aber entsprang heimlich und bei Nacht die Z. aus dem Dienste der Gräfin?

Pr. Die Zeugin hat bereits darüber bekundet.

Angekl. Die Zeugin hat mich vorhin, wenn mir recht ist, eines verbotenen Verhältnisses zur Gräfin beschuldigt. Die Zeugin hat nun aber schon in der Zuchtpolizeigerichtssitzung vom 6. April 1847 als sie jenen ersten Bestechungsversuch Stockums auf sich bekundete, ausdrücklich hinzugefügt, daß kein unerlaubtes Verhältniß zwischen mir und der Gräfin bestehe, daß sie, obwohl sie es in ihrer Stellung wissen müsse, nie das geringste hierauf Bezügliche wahrgenommen habe.

Z. Nun, Küssen und bis 1 Uhr im Schlafzimmer weilen kann man doch so nennen. Es wird eine Zeit kommen, wo ich darüber noch mehr aussagen werde.

St.-Pr. Ich denke Hr. Lassalle, Sie werden besser thun, auf dies Verhältniß nicht näher einzugehen.

Angekl. Bitte, Hr. Staats-Prokurator, Sie sehen, daß ich eben im Begriff bin, sehr ernstlich darauf einzugehen.

Pr. (hat in den Akten nachgesehen.) Im Audienz-Protokoll v. 6. April 1847 findet sich nichts davon, daß die Zeugin gesagt habe, was Sie behaupten. Warum halten Sie die Verhandlungen auf, da Sie doch die Akten so genau kennen?

Angekl. Ich habe mich nicht im geringsten auf das Audienz-Protokoll für meine Behauptung bezogen. Der Gerichtsschreiber hat, wie sehr natürlich, jene Aeußerungen der Majunke, als nicht eigentlich zur Sache gehörig, nicht mitverzeichnet. Daß sie dies aber damals gesagt hat, würde ich durch eine Masse von Zeugen beweisen können, ja sie hat selbst in ihrer instruktionsrichterlichen Vernehmung in der jetzigen Prozedur diesen Umstand in Erwähnung gebracht und ihre heute widersprechende Aussage damit in Uebereinstimmung zu bringen gesucht. Ich bitte nur die Zeugin selbst deßhalb zu befragen.

Pr. zur Zeugin. Haben Sie in ihrer Gerichtssitzung unter dem Eide ausgesagt, was der Angeklagte behauptet, daß er in keinem unerlaubten Verhältniß zur Gräfin stände?

Z. Ja, Hr. Präsident, aber ich wußte es auch nicht anders. Erst später habe ich Dinge bemerkt.

Angekl. Ich bitte Sie, meine Herren, dies festzuhalten. Im Juni 1846 ist die Kammerjungfer zur Gräfin gekommen. Bis zum 6. April 1847, eilf volle Monate hindurch, merkt sie nichts, behauptet sogar mit Bestimmtheit das Gegentheil. Erst in der Zeit vom 6. April ab gehen ihr die Augen auf. -- Ich bitte nun, die Zeugin über folgendes zu fragen. Sie hat ausgesagt, Hoppe habe sie einst in Aachen in mein Zimmer gerufen, ihr Pistolen und Cigarren gezeigt u. s. w. Nach der Aussage der Zeugin muß das am nämlichen Tage stattgefunden haben, an welchem mir der Graf einen Besuch abstatten wollte, ohne mich zu treffen. Ist dem so?

Z. Ja, es war an demselben Tage, unmittelbar nachdem der Graf da gewesen. Wenn ich nicht sehr irre, habe ich ihn noch fortreiten sehen.

Angekl. Gut, ich werde später darthun, daß die Zeugin erst 8 Tage oder länger nach jenem Besuche des Grafen nach Aachen gekommen ist. Nun bitte ich die Zeugin zu fragen, ob sie, nachdem sie heimlich aus dem Hause der Gräfin entsprungen, in keiner Beziehung zum Grafen Hatzfeld gestanden hat?

Zeugin. Nein.

Angekl. In keiner?

Zeugin. Nun Sie hören doch in keiner!

Angekl. Ich habe meine Gründe zu fragen. Ich wiederhole, hat die Zeugin den Grafen nicht gesprochen, ihm nicht geschrieben, kurz hat sie in keiner Beziehung zu ihm gestanden?

Zeugin. Nein, in keiner.

Angekl. Nun denn, hier ist der amtliche Beweis. Als die Majunke der Gräfin entsprungen war, nahm diese bei der Polizei den Antrag, ihre Kammerjungfer polizeilich zu ihr zurückzuführen, da ihre Dienstzeit noch nicht abgelaufen war. Der Polizei-Direktor antwortete, es könne diesem Verlangen aus dem Grunde nicht deferirt werden, weil es dem Ehemanne freistehe, über die Dienstboten der Ehefrau zu verfügen. (Lautes Bravo im Publikum).

Pr. Haben sie sich denn zum Grafen begeben, als Sie den Dienst der Gräfin verließen oder der Polizei derartiges angezeigt.

Z. leugnet dies beharrlich.

Ein Geschw. Die Gräfin habe von der Polizei die die Rückführung der Majunke beantragt. Vielleicht habe sie selbst dabei angegeben, daß die Majunke zum Grafen gegangen, so daß sich der amtliche Bescheid des Polizei-Direktors nur auf ihre eigene Angabe stütze.

Z. Ja, so ist es.

Pr. findet dies ebenfalls wahrscheinlich und verordnet für den folgenden Tag die discretionäre Vernehmung des Polizeiraths Dolleschall und des Polizeikommissars Dobler.

Zeuge Karl Diezmann, Gastwirth im Königl. Hof in Köln, 33 J. alt. Die Gräfin ist am 21. Juli 1846 mit Oppenheim bei ihm eingekehrt; Mendelsohn wahrscheinlich auch da gewesen; im Fremdenbuche steht unter demselben Datum Dr. Benda aus Berlin. Ob L. die Gräfin besucht, weiß er nicht. Im Okt. v. J. ist die Gräfin wieder bei ihm abgestiegen; L hat sie mehrmals dort besucht; einmal hat er ihn selbst zur Thür hinausgehen sehn.

(Fortsetzung folgt.)

Der Gerant, Korff.
Druck von Wilhelm Clouth in Köln.

Pr. Hat L. Ihnen nicht geschrieben, Sie sollten sich fortmachen?

Z. Ja, ich sollte angeben, ich ging nach Ungarn oder Amerika, weil ich hier nichts zu leben hätte, und mir darauf in Kaiserswerth einen Paß geben lassen.

Pr. verliest den Brief L.'s, der dahin lautet, F. solle sich auf die Bürgermeisterei begeben, dort erklären, daß er vor April ins Ausland wolle, um Dienst zu suchen, und um nachher nicht Störungen ausgesetzt zu sein, vor der Abreise noch über sein Zeugniß in der Prozeßsache der Gräfin H. vernommen zu werden wünsche. Diese Erklärung solle er vom Bürgermeister bescheinigen lassen und in 2 bis 3 Tagen ihm schicken. Von einem Passe ist darin keine Rede.

Pr. Haben Sie auch von Lassalle Geld bekommen?

Z. Ich erhielt monatlich 15 Thlr., bald von der Gräfin, bald von Lassalle.

Angekl. Der Hr. Präsident hat Sie bereits darauf aufmerksam gemacht, daß Fowinkel bei seiner Vernehmung vor dem Instruktionsrichter mich beschuldigt hat, ihn Ende April 1847 zu einem falschen Zeugnisse gegen von Stockum gemeinschaftlich mit der Gräfin haben verleiten zu wollen, daß aber F. schon am Schlusse seiner schriftlichen Vernehmung meine Betheiligung an diesem angeblichen Versuche widerrufen habe. Seine desfallsige Angabe in der schriftlichen Vernehmung ist aber viel zu bestimmt, zu detaillirt, zu ausdrücklich, als daß sich erklären ließe, wie der Zeuge dazu gekommen sein sollte, sie irrthümlich zu machen. Erlauben Sie, daß ich die betreffende Stelle aus dem Protokolle verlese. Es heißt: „Ende April beredeten mich die Gräfin und Lassalle mich zu von Stockum in Düsseldorf unter dem Scheine, daß ich gesonnen sei, mich wieder zur Sache des Grafen zu schlagen, zu begeben und zu versuchen, ob der v. Stockum alsdann nicht etwa darauf eingehen würde, mich zu einem falschen Zeugniß gegen die Gräfin zu verleiten. Lassalle sagte mir noch unter vier Augen, ich möchte diesen Versuch als von mir ersonnen brieflich der Gräfin angeben, er selbst müsse sich deshalb sicher stellen; ich empfing zugleich von ihm 7 oder 10 Thaler und verfügte mich zunächst zur Frau Kurz etc.“ — Nach dieser so bestimmten Auslassung muß es unerklärlich sein, entweder wie Fowinkel dazu kam sie zu machen, oder sie zu widerrufen. Doch in seinem Widerrufe selbst findet sich der Schlüssel. Es heißt am Ende der Vernehmung: „Ich muß meine frühere Aussage dahin berichtigen, daß ich, als ich von der Gräfin beredet wurde zu v. Stockum zu gehen, mit L., der damals hier verhaftet war, über jenes Vorhaben gar nicht gesprochen habe. Meine frühere Aussage beruhte in dieser Beziehung auf einem Irrthum.“ — Also nur weil dem Zeugen einfällt, daß ich damals verhaftet war, daß ich also das schlagendste Alibi beweisen könne — in war von März bis Mai in Haft — widerruft er diese Beschuldigung gegen mich.

Pr. Es ist richtig, der Angekl. war vom 25. März 1847 bis gegen Ende Mai verhaftet.

Angekl. Nunmehr schob der Zeuge diese Anschuldigung gänzlich auf die Gräfin, indem er seine Aussage dahin modifizirte, sie habe ihn zwar nicht zu einem falschen Zeugniß gegen Stockum, wohl aber dazu verleiten wollen, dem v. Stockum eine Schlinge zu legen, damit dieser darauf einginge, ihn, Fowinkel, zu einem falschen Zeugniß zu verleiten. Ich werde nun durch einen Brief Fowinkels v. 9. April 1847 — das Original befindet sich bei den Akten — darthun, daß die Gräfin nicht im geringsten an ein derartiges Beginnen gedacht hat, daß vielmehr v. Stockum wirklich den Fowinkel zu einem falschen Zeugniß gegen mich bestechen wollte, und Fowinkel diesen Bestechungsversuch als vollkommen wahr und ganz von selbst der Gräfin brieflich berichtet hat. Hören Sie den Brief, meine Herren:

„Erlauchte Frau Gräfin! — Die Kurzen war bei mir in Calkum mit der Nachricht, daß von Stockum bereit sei, mir diese fordernde Summe von 100 Thlr. zu geben, sobald ich dieses Zeugniß gegen Hrn. Lassalle ablegen werde und noch dazu meine Aussage vom Grafen zurücknehmen werde, ich müsse in folgender Art sprechen: Hr. Lassalle hat mir ein leeres Stück Papier hingelegt und mir gesagt, ich solle da meinen Namen aufschreiben, und das was ich früher wohl schon einmal zu Kurzen gesprochen habe vom Grafen, was Jener mir entlockt hat, er (Kurz) dem Lassalle ad privatum erzählt habe und Lassalle seine Aussage auf das von mir leer unterschriebene Papier gesetzt habe, als wie wenn ich selbst es hätte protokolliren lassen und sodann unterschrieben. Das sind die Kniffe der Kurzischen Brut und von Stockums Politik. Ferner sagte die Kurze, daß sie von 1841 pro Monat 6 Thlr. rückständigen Gehalt zu fordern habe, und sie bediente sich solche Ausdrücke gegen Ihre Höchstgeborne in der Art, daß ich es mir für Sünde rechne sie hier zu bezeichnen. — Nachdem ich nun noch keine Antwort von Ihrer Höchstgeb. auf mein gestriges Schreiben erhalten habe, so hatte ich mich nicht augenblicklich entschlossen, mit dem Weib zu gehen, ich machte einen Vorwand und habe versprochen heute Abend zu kommen. Das Weib selbst will mich zu von Stockum führen, ich will mich nun die Sache noch reiflich überlegen, damit kein Bock geschossen wird. — Erlauchte Fr. Gräfin können auf meine Treue und Zuversicht rechnen. — Ergebenster Knecht W. Fowinkel.“

Pr. (unwillig, nachdem er den Brief nochmals verlesen) Ja das ist wahr. Wie kommen Sie dazu, F., der Gräfin so etwas zur Last zu legen, da dieser Brief vielmehr beweist, daß Sie ihr unaufgefordert diesen Bestechungsversuch als wirklich vorgefallen berichteten?

Z. Nein, die Gräfin wollte mich dazu verleiten.

Pr. Das ist nicht wahr, davon steht im Briefe nichts, der Brief ergiebt das Gegentheil davon.

Angekl. Ich werde nun ferner durch eine andern Brief Fowinkels beweisen, daß die Gräfin, welche dieser Mensch beschuldigt, dem v. Stockum und der Kurz eine Schlinge haben legen zu wollen, ihm vielmehr ausdrücklich verboten hat, sich mit jenen Personen in irgend eine Berührung einzulassen, auch nur mit ihnen zu sprechen, und daß Fow., als er bei jener Gelegenheit zu Kurz und Stockum ging, die Gräfin ausdrücklich um Verzeihung bat, ihrem Verbote zuwidergehandelt zu haben. Hier ist ein andrer Brief von ihm der also lautet: (Verliest den Brief, worin es heißt: „der Joh. Kurz schrieb mir einen Brief, ich möchte zu ihm kommen, da er Wichtiges mit mir zu sprechen habe. Verzeihen mir Ihro Höchstgeb. nun, wenn ich gegen den ausdrücklichen Befehl Ew. Höchstgeb. mit allen diesen Menschen gar nicht zu sprechen, dennoch zu der Kurzen ging. Aber es geschah, weil ich etwas zu erfahren glaubte.“ (Bravo im Publikum.)

Pr. (der sich den Brief hat überreichen lassen, mit steigendem Unwillen:) Auch das ist wahr. Fowinkel, die Gräfin hatte Ihnen ausdrücklich verboten, Sie schreiben es selbst, sich mit jenen Personen in Berührung einzulassen. Und statt dessen haben Sie heute gesagt, die Kurz zu jenem Versuche im Auftrage der Gräfin aufgesucht zu haben.

Z. Hr. Präsident, diese Personen sind mir zu listig.

Präs. Sie sind ein ganz schlechtes Subjekt, gehen Sie.

Angekl. Ich bitte noch eins konstatiren zu dürfen. Am 20. November 1847 schreibt Fowinkel folgenden Brief an die Gräfin: (verliest den Brief, der etwa so anfängt: „Gnädigste Frau, ich habe nicht von heute bis morgen zu leben, meine Frau friert, meine Kinder hungern, meine Noth ist so groß, daß ich nicht weiß, wovon ich mir Feuer im Ofen anstecken und einen Bissen hernehmen soll“ etc.) Sie sehen also, m. H., am 20. November 1847 noch ist Fowinkel in der bittersten Armuth. Als er aber in meiner Untersuchung vernommen wird, im März oder April 1848, also 5 Monate darauf, gibt er selbst an, er habe sich eben eine Restauration in Düsseldorf eingerichtet. Er ist also plötzlich ein kleiner Kapitalist geworden. Kann uns der Zeuge über diesen plötzlichen Umschwung in seinen Vermögensverhältnissen Aufschluß geben. (Donnerndes Bravo im Publikum).

Präs. Hat den Brief in Empfang genommen. Fowinkel will auf ihn zu und überreicht ihm Papiere, aus denen hervorgehen soll, daß er 200 Thlr. besitze oder schulde. (Nicht genau verstanden wegen des Lärms in der Versammlung).

Präs. Gehen Sie, Fowinkel, gehen Sie! (Zu den Geschwornen): Ich überlasse Ihnen, m. H., sich zu sagen, was Sie unter diesen Umständen von der Aussage dieses Menschen zu halten haben.

Angekl. Noch will ich Fowinkel fragen, ob ihm nicht die Frau Kurz mitgetheilt, daß ihr Mann einen schriftlichen Kontrakt über eine Rente von monatlich 40 Thlr. mit dem Grafen Hatzfeld geschlossen. Zeuge hat dies schon in der Instruktion gestanden.

Zeuge. Ja, direkt hat sie es mir nicht gesagt, aber indirekt auf meine Frage sagte sie: „Wir haben es, wir haben es.“

Zeugin Susanne Majunke, 32 Jahre alt, früher Kammerjungfer der Gräfin Hatzfeld, von Anfang Juni 1846 bis zum Jan. 1848. Lassalle besuchte in Berlin täglich die Gräfin und blieb bis in die Nacht bei ihr; auch Mendelssohn und Oppenheim sah sie dort. Sie reiste mit der Gräfin an den Rhein; als sie in Köln im „Königl. Hofe“ waren, kam Lassalle verkleidet, als Baron v. Landsberg, dorthin. In Aachen stiegen sie bei Kosteletzki ab und trafen daselbst Lassalle; auch Oppenheim und Mendelssohn waren dort, letzterer aber in einem andern Gasthofe. Lassalle war in den Angelegenheiten der Gräfin und namentlich bei den Vergleichsversuchen, welche in Aachen gemacht wurden, der Hauptleiter und Rathgeber der Gräfin, mit welcher er in vertraulichem Umgange stand; Oppenheim hatte keinen gleichen Einfluß; er war ein reicher Mann. Mendelssohn dagegen hatte niemals Geld und es war zu vermuthen, daß er von den Mitteln der Gräfin lebe.

Präs. Haben Sie von Anschlägen auf das Leben des Grafen gehört?

Z. Eines Tages rief mich Hoppe in die Stube Lassalle's und sagte: „Sehen Sie, hier ist die Vorbereitung zum Empfang des Grafen; er ist nicht gekommen, wer weiß, was sonst vorgefallen wäre. Gut, daß er nicht gekommen ist! Ich sah jetzt in Lassall's Zimmer zwei Teller mit Cigarren und drei geladne Pistolen auf einem kleinen Tische in der Ecke.

Pr. Woher wissen Sie, daß die Pistolen geladeen waren. — Z. „Ich habe hineingesehen. — Als Hoppe im vorigen Jahre von Deutz wegreisen wollte, zeigte er mir eine runde Holzschachtel, worin sich sechs Cigarren befanden, und bemerkte dabei, es seien dies vergiftete Cigarren, dieselben, welche in Aachen damals auf einem der beiden Teller gelegen. Später nahm ich wahr, daß der Boden der Schachtel gelb und röthlich gefärbt war.

Pr. Haben sie etwas über die Anschläge auf der Kassete gehört? — Z. Nein, ich war gewöhnlich auf der Hausflur, um zu verhindern, daß Jemand unangemeldet zur Gräfin kam. An dem Tage, wo, wie ich erfuhr, der Kassettendiebstahl stattfand, kam Oppenheim zur Gräfin und sagte: „Die Kassette haben wir!“ Die Gräfin erwiderte: Die Kassette kann ich mit vollem Rechte behalten, denn ich bin überzeugt, Alles, was darin ist, ist vom Grafen.

Angekl. In ihrer Vernehmung vor dem Instruktionsrichter hat die Zeugin ausgesagt, sie habe gleich nach den Worten Oppenheim's die Stube verlassen und den weiteren Verlauf des Gesprächs nicht gehört. Jetzt will sie wissen, was die Gräfin erwidert hat.

St. Prok. So etwas kann man auch im Herrausgehen noch hören.

Z. Ueber die Entwendung des Briefes an die Meyendorf hat mir P. Kurz erzählt, Lassalle habe ihn zur Post geschickt, um nach einem Briefe an die M. zu fragen; er, Kurz, sei aber klüger gewesen, als alle; er habe sich als Bedienter verkleidet für den Kammerdiener der M. ausgegeben und den Brief sich gleich geben lassen. Als die Gräfin den Brief empfing, war sie ganz außer sich und sagte: Das kommt ja Schlag auf Schlag!

Pr. Hat die Gräfin in Deutz, als sie dort wohnte, mit vielen Personen verkehrt? — Z. Ja, ich meine darunter die Frau Gianella, Karl Gianella, den Barbier Schaafhausen und seine Frau und den Referendar Meyer.

Pr. Haben sie gesehen, daß diese Leute von der Gräfin Geld erhielten? — Z. Ja, ich habe mitunter wechseln lassen und auch wohl selbst gegeben.

Pr. Haben Sie Hoppe gekannt und war er treu? — Z. Ja, Hoppe war immer ein treuer Diener.

Pr. Hat man Bestechungsversuche bei Ihnen gemacht?

Z. Ja, um die Zeit als der bekannte Kalumnieprozeß gegen die Gräfin schwebte, ersuchte mich v. Stockum ihm einige Exemplare der bekannten Broschüre zu verschaffen und versprach mir 200 Thaler, wenn ich aus dem Dienste der Gräfin treten wollte. Ich habe aber nichts angenommen.

Pr. Konnten Sie denn etwas erwarten?

Z. Ich blieb der Gräfin treu, trotz schlechter Behandlung. Einmal hat mir v. Stockum zwei Friedrichsdor gegeben; ich habe aber sogleich der Gräfin Anzeige davon gemacht.

Pr. In welchem Verhältniß stand der alte Kurz zur Gräfin? War er treu?

Z. Ja, aber die Gräfin macht alle Leute schlecht.

Pr. Wer hat Ihnen gekündigt?

Z. Der Generalbevollmächtigste, Hr. Lassalle.

Pr. Auf welche Veranlassung?

Z. Er sagte, ich sei unhöflich gegen die Gräfin gewesen. Er war Abends spät gekommen und in das Schlafzimmer der Gräfin gegangen; ich wartete bis 1 Uhr, er kam nicht zurück. Am andern Morgen räumte ich im Zimmer der Gräfin den vor dem Bette stehenden Tisch ab, worauf die Reste des Nachtessens und eine leere Champagnerflasche standen. Bei dieser Arbeit war ich versteinert und verwirrt, und soll der Gräfin die Frühstückstasse zu hart aufgesetzt haben. Ich hatte früher selbst oft gekündigt und man wollte mich nicht gehen lassen. Auch jetzt nicht, als ich die Wohnung der Gräfin in der Mohrenstraße hier verlassen wollte, sperrte man mich in meine Stube, und ich wurde hierdurch genöthigt heimlich über eine Mauer zu entfliehen. Ich ließ meine Effekten zurück, welche die Gräfin mir noch vorenthält, und kehrte bei Rener in Deutz ein, da ich Niemand sonst hier kannte.

Staatsprok. Ist Hoppe ein ehrlicher Mann? Lassalle hat ihn ja in Berlin verfolgt.

Z. Ja, Lassalle sagte bei seiner Abreise nach Berlin: „ich werde den Kerl für die Zukunft unschädlich machen.“

Ein Geschworner. Ob Lassalle über die Gräfin eine Gewalt ausgeübt habe?

Z. Ja, mitunter zankten sie sich sehr, und ich habe die Gräfin wohl zehnmal sagen hören: „Sie sind allein an meinem Unglück Schuld!“

Angeklagter. Ob nicht im December 1846 Hr. v. Stockum mit Arnold Gödsche die Z. in Deutz aufgesucht habe und ihr folgendes Anerbieten gemacht: er wolle einen dreijährigen Contract mit ihr machen, wodurch er ihr das Doppelte des Lohnes sichere, den sie bei der Gräfin genösse, und ihr außerdem 200 Thlr. baar geben, wenn sie bezeugen wolle, daß die Gräfin in einem unerlaubten Verhältniß zu mir stände; ob er nicht, obgleich sie ihm versichert, sie könne das nicht mit gutem Gewissen sagen, mehrmals mit diesem Anerbieten in sie gedrungen sei?

Z. Ja, das ist wahr, aber ich habe es ausgeschlagen.

Angekl. Ob nicht aber Herr von Stockum ihr dabei die zwei Louisdor in die Hand gedrückt und sie dieselben behalten habe.

Z. dreht sich gegen den Angeklagten und ergießt sich in eine Fluth heftiger Vorwürfe gegen ihn.

Angekl. (zum Präsidenten, der unterdeß, die Akten blätternd, der Scene keine Aufmerksamkeit geschenkt hat). Es ist mir unangenehm, daß die Zeugin mich direkt apostrophirt; ich bitte mich dagegen zu schützen.

St.-Prok. Nun ich glaube, daß die Zeugen wohl eher Schutz gegen sie bedürfen als umgekehrt.

Pr. (zur Zeugin). Ruhe, Sie haben den Angeklagten nicht anzureden, sprechen Sie zu mir.

Angekl. Ich habe noch keine Antwort auf die Frage über die zwei Louisd'or, ob die Zeugin sie angenommen.

Pr. wiederholt die Frage.

Z. Ja, er drückte mir zwei Louisd'or in die Hand, ich wollte sie nicht nehmen, aber er war zu schnell fort.

Angekl. Gut, weiter. Ob nicht, als die Gräfin im Oktober 1847 mit ihr nach Paris gereist, Stockum ihr auch dort ähnliche Anerbietungen habe machen lassen?

Z. Ja, er schickte einen Kommissionär, einen Landsmann zu mir.

Pr. Was, war denn der Stockum auch in Paris.

Z. Wenige Tage nach der Ankunft der Gräfin kam er auch nach Paris und wohnte in demselben Hotel. Das war der Gräfin unangenehm und sie bezog deshalb ein Privatlogis.

Angekl. Worin die Anerbieten bestanden, welche ihr dort Stockum machen ließ.

Z. Er ließ mir 2000 Thlr. bieten, wenn ich ein unerlaubtes Verhältniß zwischen der Gräfin und Lassalle bekunde; ich aber schlug es aus.

Angekl. Im Januar 1848 aber entsprang heimlich und bei Nacht die Z. aus dem Dienste der Gräfin?

Pr. Die Zeugin hat bereits darüber bekundet.

Angekl. Die Zeugin hat mich vorhin, wenn mir recht ist, eines verbotenen Verhältnisses zur Gräfin beschuldigt. Die Zeugin hat nun aber schon in der Zuchtpolizeigerichtssitzung vom 6. April 1847 als sie jenen ersten Bestechungsversuch Stockums auf sich bekundete, ausdrücklich hinzugefügt, daß kein unerlaubtes Verhältniß zwischen mir und der Gräfin bestehe, daß sie, obwohl sie es in ihrer Stellung wissen müsse, nie das geringste hierauf Bezügliche wahrgenommen habe.

Z. Nun, Küssen und bis 1 Uhr im Schlafzimmer weilen kann man doch so nennen. Es wird eine Zeit kommen, wo ich darüber noch mehr aussagen werde.

St.-Pr. Ich denke Hr. Lassalle, Sie werden besser thun, auf dies Verhältniß nicht näher einzugehen.

Angekl. Bitte, Hr. Staats-Prokurator, Sie sehen, daß ich eben im Begriff bin, sehr ernstlich darauf einzugehen.

Pr. (hat in den Akten nachgesehen.) Im Audienz-Protokoll v. 6. April 1847 findet sich nichts davon, daß die Zeugin gesagt habe, was Sie behaupten. Warum halten Sie die Verhandlungen auf, da Sie doch die Akten so genau kennen?

Angekl. Ich habe mich nicht im geringsten auf das Audienz-Protokoll für meine Behauptung bezogen. Der Gerichtsschreiber hat, wie sehr natürlich, jene Aeußerungen der Majunke, als nicht eigentlich zur Sache gehörig, nicht mitverzeichnet. Daß sie dies aber damals gesagt hat, würde ich durch eine Masse von Zeugen beweisen können, ja sie hat selbst in ihrer instruktionsrichterlichen Vernehmung in der jetzigen Prozedur diesen Umstand in Erwähnung gebracht und ihre heute widersprechende Aussage damit in Uebereinstimmung zu bringen gesucht. Ich bitte nur die Zeugin selbst deßhalb zu befragen.

Pr. zur Zeugin. Haben Sie in ihrer Gerichtssitzung unter dem Eide ausgesagt, was der Angeklagte behauptet, daß er in keinem unerlaubten Verhältniß zur Gräfin stände?

Z. Ja, Hr. Präsident, aber ich wußte es auch nicht anders. Erst später habe ich Dinge bemerkt.

Angekl. Ich bitte Sie, meine Herren, dies festzuhalten. Im Juni 1846 ist die Kammerjungfer zur Gräfin gekommen. Bis zum 6. April 1847, eilf volle Monate hindurch, merkt sie nichts, behauptet sogar mit Bestimmtheit das Gegentheil. Erst in der Zeit vom 6. April ab gehen ihr die Augen auf. — Ich bitte nun, die Zeugin über folgendes zu fragen. Sie hat ausgesagt, Hoppe habe sie einst in Aachen in mein Zimmer gerufen, ihr Pistolen und Cigarren gezeigt u. s. w. Nach der Aussage der Zeugin muß das am nämlichen Tage stattgefunden haben, an welchem mir der Graf einen Besuch abstatten wollte, ohne mich zu treffen. Ist dem so?

Z. Ja, es war an demselben Tage, unmittelbar nachdem der Graf da gewesen. Wenn ich nicht sehr irre, habe ich ihn noch fortreiten sehen.

Angekl. Gut, ich werde später darthun, daß die Zeugin erst 8 Tage oder länger nach jenem Besuche des Grafen nach Aachen gekommen ist. Nun bitte ich die Zeugin zu fragen, ob sie, nachdem sie heimlich aus dem Hause der Gräfin entsprungen, in keiner Beziehung zum Grafen Hatzfeld gestanden hat?

Zeugin. Nein.

Angekl. In keiner?

Zeugin. Nun Sie hören doch in keiner!

Angekl. Ich habe meine Gründe zu fragen. Ich wiederhole, hat die Zeugin den Grafen nicht gesprochen, ihm nicht geschrieben, kurz hat sie in keiner Beziehung zu ihm gestanden?

Zeugin. Nein, in keiner.

Angekl. Nun denn, hier ist der amtliche Beweis. Als die Majunke der Gräfin entsprungen war, nahm diese bei der Polizei den Antrag, ihre Kammerjungfer polizeilich zu ihr zurückzuführen, da ihre Dienstzeit noch nicht abgelaufen war. Der Polizei-Direktor antwortete, es könne diesem Verlangen aus dem Grunde nicht deferirt werden, weil es dem Ehemanne freistehe, über die Dienstboten der Ehefrau zu verfügen. (Lautes Bravo im Publikum).

Pr. Haben sie sich denn zum Grafen begeben, als Sie den Dienst der Gräfin verließen oder der Polizei derartiges angezeigt.

Z. leugnet dies beharrlich.

Ein Geschw. Die Gräfin habe von der Polizei die die Rückführung der Majunke beantragt. Vielleicht habe sie selbst dabei angegeben, daß die Majunke zum Grafen gegangen, so daß sich der amtliche Bescheid des Polizei-Direktors nur auf ihre eigene Angabe stütze.

Z. Ja, so ist es.

Pr. findet dies ebenfalls wahrscheinlich und verordnet für den folgenden Tag die discretionäre Vernehmung des Polizeiraths Dolleschall und des Polizeikommissars Dobler.

Zeuge Karl Diezmann, Gastwirth im Königl. Hof in Köln, 33 J. alt. Die Gräfin ist am 21. Juli 1846 mit Oppenheim bei ihm eingekehrt; Mendelsohn wahrscheinlich auch da gewesen; im Fremdenbuche steht unter demselben Datum Dr. Benda aus Berlin. Ob L. die Gräfin besucht, weiß er nicht. Im Okt. v. J. ist die Gräfin wieder bei ihm abgestiegen; L hat sie mehrmals dort besucht; einmal hat er ihn selbst zur Thür hinausgehen sehn.

(Fortsetzung folgt.)

Der Gerant, Korff.
Druck von Wilhelm Clouth in Köln.

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          <p>Pr. Hat L. Ihnen nicht geschrieben, Sie sollten sich fortmachen?</p>
          <p>Z. Ja, ich sollte angeben, ich ging nach Ungarn oder Amerika, weil ich hier                         nichts zu leben hätte, und mir darauf in Kaiserswerth einen Paß geben                         lassen.</p>
          <p>Pr. verliest den Brief L.'s, der dahin lautet, F. solle sich auf die                         Bürgermeisterei begeben, dort erklären, daß er vor April ins Ausland wolle,                         um Dienst zu suchen, und um nachher nicht Störungen ausgesetzt zu sein, vor                         der Abreise noch über sein Zeugniß in der Prozeßsache der Gräfin H.                         vernommen zu werden wünsche. Diese Erklärung solle er vom Bürgermeister                         bescheinigen lassen und in 2 bis 3 Tagen ihm schicken. Von einem Passe ist                         darin keine Rede.</p>
          <p>Pr. Haben Sie auch von Lassalle Geld bekommen?</p>
          <p>Z. Ich erhielt monatlich 15 Thlr., bald von der Gräfin, bald von                         Lassalle.</p>
          <p>Angekl. Der Hr. Präsident hat Sie bereits darauf aufmerksam gemacht, daß                         Fowinkel bei seiner Vernehmung vor dem Instruktionsrichter mich beschuldigt                         hat, ihn Ende April 1847 zu einem falschen Zeugnisse gegen von Stockum                         gemeinschaftlich mit der Gräfin haben verleiten zu wollen, daß aber F. schon                         am Schlusse seiner schriftlichen Vernehmung meine Betheiligung an diesem                         angeblichen Versuche widerrufen habe. Seine desfallsige Angabe in der                         schriftlichen Vernehmung ist aber viel zu bestimmt, zu detaillirt, zu                         ausdrücklich, als daß sich erklären ließe, wie der Zeuge dazu gekommen sein                         sollte, sie irrthümlich zu machen. Erlauben Sie, daß ich die betreffende                         Stelle aus dem Protokolle verlese. Es heißt: &#x201E;Ende April beredeten mich die                         Gräfin und Lassalle mich zu von Stockum in Düsseldorf unter dem Scheine, daß                         ich gesonnen sei, mich wieder zur Sache des Grafen zu schlagen, zu begeben                         und zu versuchen, ob der v. Stockum alsdann nicht etwa darauf eingehen                         würde, mich zu einem falschen Zeugniß gegen die Gräfin zu verleiten.                         Lassalle sagte mir noch unter vier Augen, ich möchte diesen Versuch als von                         mir ersonnen brieflich der Gräfin angeben, er selbst müsse sich deshalb                         sicher stellen; ich empfing zugleich von ihm 7 oder 10 Thaler und verfügte                         mich zunächst zur Frau Kurz etc.&#x201C; &#x2014; Nach dieser so bestimmten Auslassung muß                         es unerklärlich sein, entweder wie Fowinkel dazu kam sie zu machen, oder sie                         zu widerrufen. Doch in seinem Widerrufe selbst findet sich der Schlüssel. Es                         heißt am Ende der Vernehmung: &#x201E;Ich muß meine frühere Aussage dahin                         berichtigen, daß ich, als ich von der Gräfin beredet wurde zu v. Stockum zu                         gehen, mit L., der damals hier verhaftet war, über jenes Vorhaben gar nicht                         gesprochen habe. Meine frühere Aussage beruhte in dieser Beziehung auf einem                         Irrthum.&#x201C; &#x2014; Also nur weil dem Zeugen einfällt, daß ich damals verhaftet war,                         daß ich also das schlagendste Alibi beweisen könne &#x2014; in war von März bis Mai                         in Haft &#x2014; widerruft er diese Beschuldigung gegen mich.</p>
          <p>Pr. Es ist richtig, der Angekl. war vom 25. März 1847 bis gegen Ende Mai                         verhaftet.</p>
          <p>Angekl. Nunmehr schob der Zeuge diese Anschuldigung gänzlich auf die Gräfin,                         indem er seine Aussage dahin modifizirte, sie habe ihn zwar nicht zu einem                         falschen Zeugniß gegen Stockum, wohl aber dazu verleiten wollen, dem v.                         Stockum eine Schlinge zu legen, damit dieser darauf einginge, ihn, Fowinkel,                         zu einem falschen Zeugniß zu verleiten. Ich werde nun durch einen Brief                         Fowinkels v. 9. April 1847 &#x2014; das Original befindet sich bei den Akten &#x2014;                         darthun, daß die Gräfin nicht im geringsten an ein derartiges Beginnen                         gedacht hat, daß vielmehr v. Stockum wirklich den Fowinkel zu einem falschen                         Zeugniß gegen mich bestechen wollte, und Fowinkel diesen Bestechungsversuch                         als vollkommen wahr und ganz von selbst der Gräfin brieflich berichtet hat.                         Hören Sie den Brief, meine Herren:</p>
          <p>&#x201E;Erlauchte Frau Gräfin! &#x2014; Die Kurzen war bei mir in Calkum mit der Nachricht,                         daß von Stockum bereit sei, mir diese fordernde Summe von 100 Thlr. zu                         geben, sobald ich dieses Zeugniß gegen Hrn. Lassalle ablegen werde und noch                         dazu meine Aussage vom Grafen zurücknehmen werde, ich müsse in folgender Art                         sprechen: Hr. Lassalle hat mir ein leeres Stück Papier hingelegt und mir                         gesagt, ich solle da meinen Namen aufschreiben, und das was ich früher wohl                         schon einmal zu Kurzen gesprochen habe vom Grafen, was Jener mir entlockt                         hat, er (Kurz) dem Lassalle ad privatum erzählt habe und Lassalle seine                         Aussage auf das von mir leer unterschriebene Papier gesetzt habe, als wie                         wenn ich selbst es hätte protokolliren lassen und sodann unterschrieben. Das                         sind die Kniffe der Kurzischen Brut und von Stockums Politik. Ferner sagte                         die Kurze, daß sie von 1841 pro Monat 6 Thlr. rückständigen Gehalt zu                         fordern habe, und sie bediente sich solche Ausdrücke gegen Ihre                         Höchstgeborne in der Art, daß ich es mir für Sünde rechne sie hier zu                         bezeichnen. &#x2014; Nachdem ich nun noch keine Antwort von Ihrer Höchstgeb. auf                         mein gestriges Schreiben erhalten habe, so hatte ich mich nicht                         augenblicklich entschlossen, mit dem Weib zu gehen, ich machte einen Vorwand                         und habe versprochen heute Abend zu kommen. Das Weib selbst will mich zu von                         Stockum führen, ich will mich nun die Sache noch reiflich überlegen, damit                         kein Bock geschossen wird. &#x2014; Erlauchte Fr. Gräfin können auf meine Treue und                         Zuversicht rechnen. &#x2014; Ergebenster Knecht W. Fowinkel.&#x201C;</p>
          <p>Pr. (unwillig, nachdem er den Brief nochmals verlesen) Ja das ist wahr. Wie                         kommen Sie dazu, F., der Gräfin so etwas zur Last zu legen, da dieser Brief                         vielmehr beweist, daß Sie ihr unaufgefordert diesen Bestechungsversuch als                         wirklich vorgefallen berichteten?</p>
          <p>Z. Nein, die Gräfin wollte mich dazu verleiten.</p>
          <p>Pr. Das ist nicht wahr, davon steht im Briefe nichts, der Brief ergiebt das                         Gegentheil davon.</p>
          <p>Angekl. Ich werde nun ferner durch eine andern Brief Fowinkels beweisen, daß                         die Gräfin, welche dieser Mensch beschuldigt, dem v. Stockum und der Kurz                         eine Schlinge haben legen zu wollen, ihm vielmehr ausdrücklich verboten hat,                         sich mit jenen Personen in irgend eine Berührung einzulassen, auch nur mit                         ihnen zu sprechen, und daß Fow., als er bei jener Gelegenheit zu Kurz und                         Stockum ging, die Gräfin ausdrücklich um Verzeihung bat, ihrem Verbote                         zuwidergehandelt zu haben. Hier ist ein andrer Brief von ihm der also                         lautet: (Verliest den Brief, worin es heißt: &#x201E;der Joh. Kurz schrieb mir                         einen Brief, ich möchte zu ihm kommen, da er Wichtiges mit mir zu sprechen                         habe. Verzeihen mir Ihro Höchstgeb. nun, wenn ich gegen den ausdrücklichen                         Befehl Ew. Höchstgeb. mit allen diesen Menschen gar nicht zu sprechen,                         dennoch zu der Kurzen ging. Aber es geschah, weil ich etwas zu erfahren                         glaubte.&#x201C; (Bravo im Publikum.)</p>
          <p>Pr. (der sich den Brief hat überreichen lassen, mit steigendem Unwillen:)                         Auch das ist wahr. Fowinkel, die Gräfin hatte Ihnen ausdrücklich verboten,                         Sie schreiben es selbst, sich mit jenen Personen in Berührung einzulassen.                         Und statt dessen haben Sie heute gesagt, die Kurz zu jenem Versuche im                         Auftrage der Gräfin aufgesucht zu haben.</p>
          <p>Z. Hr. Präsident, diese Personen sind mir zu listig.</p>
          <p>Präs. Sie sind ein ganz schlechtes Subjekt, gehen Sie.</p>
          <p>Angekl. Ich bitte noch eins konstatiren zu dürfen. Am 20. November 1847                         schreibt Fowinkel folgenden Brief an die Gräfin: (verliest den Brief, der                         etwa so anfängt: &#x201E;Gnädigste Frau, ich habe nicht von heute bis morgen zu                         leben, meine Frau friert, meine Kinder hungern, meine Noth ist so groß, daß                         ich nicht weiß, wovon ich mir Feuer im Ofen anstecken und einen Bissen                         hernehmen soll&#x201C; etc.) Sie sehen also, m. H., am 20. November 1847 noch ist                         Fowinkel in der bittersten Armuth. Als er aber in meiner Untersuchung                         vernommen wird, im März oder April 1848, also 5 Monate darauf, gibt er                         selbst an, er habe sich eben eine Restauration in Düsseldorf eingerichtet.                         Er ist also plötzlich ein kleiner Kapitalist geworden. Kann uns der Zeuge                         über diesen plötzlichen Umschwung in seinen Vermögensverhältnissen Aufschluß                         geben. (Donnerndes Bravo im Publikum).</p>
          <p>Präs. Hat den Brief in Empfang genommen. Fowinkel will auf ihn zu und                         überreicht ihm Papiere, aus denen hervorgehen soll, daß er 200 Thlr. besitze                         oder schulde. (Nicht genau verstanden wegen des Lärms in der                         Versammlung).</p>
          <p>Präs. Gehen Sie, Fowinkel, gehen Sie! (Zu den Geschwornen): Ich überlasse                         Ihnen, m. H., sich zu sagen, was Sie unter diesen Umständen von der Aussage                         dieses Menschen zu halten haben.</p>
          <p>Angekl. Noch will ich Fowinkel fragen, ob ihm nicht die Frau Kurz                         mitgetheilt, daß ihr Mann einen schriftlichen Kontrakt über eine Rente von                         monatlich 40 Thlr. mit dem Grafen Hatzfeld geschlossen. Zeuge hat dies schon                         in der Instruktion gestanden.</p>
          <p>Zeuge. Ja, direkt hat sie es mir nicht gesagt, aber indirekt auf meine Frage                         sagte sie: &#x201E;Wir haben es, wir haben es.&#x201C;</p>
          <p>Zeugin Susanne Majunke, 32 Jahre alt, früher Kammerjungfer der Gräfin                         Hatzfeld, von Anfang Juni 1846 bis zum Jan. 1848. Lassalle besuchte in                         Berlin täglich die Gräfin und blieb bis in die Nacht bei ihr; auch                         Mendelssohn und Oppenheim sah sie dort. Sie reiste mit der Gräfin an den                         Rhein; als sie in Köln im &#x201E;Königl. Hofe&#x201C; waren, kam Lassalle verkleidet, als                         Baron v. Landsberg, dorthin. In Aachen stiegen sie bei Kosteletzki ab und                         trafen daselbst Lassalle; auch Oppenheim und Mendelssohn waren dort,                         letzterer aber in einem andern Gasthofe. Lassalle war in den Angelegenheiten                         der Gräfin und namentlich bei den Vergleichsversuchen, welche in Aachen                         gemacht wurden, der Hauptleiter und Rathgeber der Gräfin, mit welcher er in                         vertraulichem Umgange stand; Oppenheim hatte keinen gleichen Einfluß; er war                         ein reicher Mann. Mendelssohn dagegen hatte niemals Geld und es war zu                         vermuthen, daß er von den Mitteln der Gräfin lebe.</p>
          <p>Präs. Haben Sie von Anschlägen auf das Leben des Grafen gehört?</p>
          <p>Z. Eines Tages rief mich Hoppe in die Stube Lassalle's und sagte: &#x201E;Sehen Sie,                         hier ist die Vorbereitung zum Empfang des Grafen; er ist nicht gekommen, wer                         weiß, was sonst vorgefallen wäre. Gut, daß er nicht gekommen ist! Ich sah                         jetzt in Lassall's Zimmer zwei Teller mit Cigarren und drei geladne Pistolen                         auf einem kleinen Tische in der Ecke.</p>
          <p>Pr. Woher wissen Sie, daß die Pistolen geladeen waren. &#x2014; Z. &#x201E;Ich habe                         hineingesehen. &#x2014; Als Hoppe im vorigen Jahre von Deutz wegreisen wollte,                         zeigte er mir eine runde Holzschachtel, worin sich sechs Cigarren befanden,                         und bemerkte dabei, es seien dies vergiftete Cigarren, dieselben, welche in                         Aachen damals auf einem der beiden Teller gelegen. Später nahm ich wahr, daß                         der Boden der Schachtel gelb und röthlich gefärbt war.</p>
          <p>Pr. Haben sie etwas über die Anschläge auf der Kassete gehört? &#x2014; Z. Nein, ich                         war gewöhnlich auf der Hausflur, um zu verhindern, daß Jemand unangemeldet                         zur Gräfin kam. An dem Tage, wo, wie ich erfuhr, der Kassettendiebstahl                         stattfand, kam Oppenheim zur Gräfin und sagte: &#x201E;Die Kassette haben wir!&#x201C; Die                         Gräfin erwiderte: Die Kassette kann ich mit vollem Rechte behalten, denn ich                         bin überzeugt, Alles, was darin ist, ist vom Grafen.</p>
          <p>Angekl. In ihrer Vernehmung vor dem Instruktionsrichter hat die Zeugin                         ausgesagt, sie habe gleich nach den Worten Oppenheim's die Stube verlassen                         und den weiteren Verlauf des Gesprächs nicht gehört. Jetzt will sie wissen,                         was die Gräfin erwidert hat.</p>
          <p>St. Prok. So etwas kann man auch im Herrausgehen noch hören.</p>
          <p>Z. Ueber die Entwendung des Briefes an die Meyendorf hat mir P. Kurz erzählt,                         Lassalle habe ihn zur Post geschickt, um nach einem Briefe an die M. zu                         fragen; er, Kurz, sei aber klüger gewesen, als alle; er habe sich als                         Bedienter verkleidet für den Kammerdiener der M. ausgegeben und den Brief                         sich gleich geben lassen. Als die Gräfin den Brief empfing, war sie ganz                         außer sich und sagte: Das kommt ja Schlag auf Schlag!</p>
          <p>Pr. Hat die Gräfin in Deutz, als sie dort wohnte, mit vielen Personen                         verkehrt? &#x2014; Z. Ja, ich meine darunter die Frau Gianella, Karl Gianella, den                         Barbier Schaafhausen und seine Frau und den Referendar Meyer.</p>
          <p>Pr. Haben sie gesehen, daß diese Leute von der Gräfin Geld erhielten? &#x2014; Z.                         Ja, ich habe mitunter wechseln lassen und auch wohl selbst gegeben.</p>
          <p>Pr. Haben Sie Hoppe gekannt und war er treu? &#x2014; Z. Ja, Hoppe war immer ein                         treuer Diener.</p>
          <p>Pr. Hat man Bestechungsversuche bei Ihnen gemacht?</p>
          <p>Z. Ja, um die Zeit als der bekannte Kalumnieprozeß gegen die Gräfin schwebte,                         ersuchte mich v. Stockum ihm einige Exemplare der bekannten Broschüre zu                         verschaffen und versprach mir 200 Thaler, wenn ich aus dem Dienste der                         Gräfin treten wollte. Ich habe aber nichts angenommen.</p>
          <p>Pr. Konnten Sie denn etwas erwarten?</p>
          <p>Z. Ich blieb der Gräfin treu, trotz schlechter Behandlung. Einmal hat mir v.                         Stockum zwei Friedrichsdor gegeben; ich habe aber sogleich der Gräfin                         Anzeige davon gemacht.</p>
          <p>Pr. In welchem Verhältniß stand der alte Kurz zur Gräfin? War er treu?</p>
          <p>Z. Ja, aber die Gräfin macht alle Leute schlecht.</p>
          <p>Pr. Wer hat Ihnen gekündigt?</p>
          <p>Z. Der Generalbevollmächtigste, Hr. Lassalle.</p>
          <p>Pr. Auf welche Veranlassung?</p>
          <p>Z. Er sagte, ich sei unhöflich gegen die Gräfin gewesen. Er war Abends spät                         gekommen und in das Schlafzimmer der Gräfin gegangen; ich wartete bis 1 Uhr,                         er kam nicht zurück. Am andern Morgen räumte ich im Zimmer der Gräfin den                         vor dem Bette stehenden Tisch ab, worauf die Reste des Nachtessens und eine                         leere Champagnerflasche standen. Bei dieser Arbeit war ich versteinert und                         verwirrt, und soll der Gräfin die Frühstückstasse zu hart aufgesetzt haben.                         Ich hatte früher selbst oft gekündigt und man wollte mich nicht gehen                         lassen. Auch jetzt nicht, als ich die Wohnung der Gräfin in der Mohrenstraße                         hier verlassen wollte, sperrte man mich in meine Stube, und ich wurde                         hierdurch genöthigt heimlich über eine Mauer zu entfliehen. Ich ließ meine                         Effekten zurück, welche die Gräfin mir noch vorenthält, und kehrte bei Rener                         in Deutz ein, da ich Niemand sonst hier kannte.</p>
          <p>Staatsprok. Ist Hoppe ein ehrlicher Mann? Lassalle hat ihn ja in Berlin                         verfolgt.</p>
          <p>Z. Ja, Lassalle sagte bei seiner Abreise nach Berlin: &#x201E;ich werde den Kerl für                         die Zukunft unschädlich machen.&#x201C;</p>
          <p>Ein Geschworner. Ob Lassalle über die Gräfin eine Gewalt ausgeübt habe?</p>
          <p>Z. Ja, mitunter zankten sie sich sehr, und ich habe die Gräfin wohl zehnmal                         sagen hören: &#x201E;Sie sind allein an meinem Unglück Schuld!&#x201C;</p>
          <p>Angeklagter. Ob nicht im December 1846 Hr. v. Stockum mit Arnold Gödsche die                         Z. in Deutz aufgesucht habe und ihr folgendes Anerbieten gemacht: er wolle                         einen dreijährigen Contract mit ihr machen, wodurch er ihr das Doppelte des                         Lohnes sichere, den sie bei der Gräfin genösse, und ihr außerdem 200 Thlr.                         baar geben, wenn sie bezeugen wolle, daß die Gräfin in einem unerlaubten                         Verhältniß zu mir stände; ob er nicht, obgleich sie ihm versichert, sie                         könne das nicht mit gutem Gewissen sagen, mehrmals mit diesem Anerbieten in                         sie gedrungen sei?</p>
          <p>Z. Ja, das ist wahr, aber ich habe es ausgeschlagen.</p>
          <p>Angekl. Ob nicht aber Herr von Stockum ihr dabei die zwei Louisdor in die                         Hand gedrückt und sie dieselben behalten habe.</p>
          <p>Z. dreht sich gegen den Angeklagten und ergießt sich in eine Fluth heftiger                         Vorwürfe gegen ihn.</p>
          <p>Angekl. (zum Präsidenten, der unterdeß, die Akten blätternd, der Scene keine                         Aufmerksamkeit geschenkt hat). Es ist mir unangenehm, daß die Zeugin mich                         direkt apostrophirt; ich bitte mich dagegen zu schützen.</p>
          <p>St.-Prok. Nun ich glaube, daß die Zeugen wohl eher Schutz gegen sie bedürfen                         als umgekehrt.</p>
          <p>Pr. (zur Zeugin). Ruhe, Sie haben den Angeklagten nicht anzureden, sprechen                         Sie zu mir.</p>
          <p>Angekl. Ich habe noch keine Antwort auf die Frage über die zwei Louisd'or, ob                         die Zeugin sie angenommen.</p>
          <p>Pr. wiederholt die Frage.</p>
          <p>Z. Ja, er drückte mir zwei Louisd'or in die Hand, ich wollte sie nicht                         nehmen, aber er war zu schnell fort.</p>
          <p>Angekl. Gut, weiter. Ob nicht, als die Gräfin im Oktober 1847 mit ihr nach                         Paris gereist, Stockum ihr auch dort ähnliche Anerbietungen habe machen                         lassen?</p>
          <p>Z. Ja, er schickte einen Kommissionär, einen Landsmann zu mir.</p>
          <p>Pr. Was, war denn der Stockum auch in Paris.</p>
          <p>Z. Wenige Tage nach der Ankunft der Gräfin kam er auch nach Paris und wohnte                         in demselben Hotel. Das war der Gräfin unangenehm und sie bezog deshalb ein                         Privatlogis.</p>
          <p>Angekl. Worin die Anerbieten bestanden, welche ihr dort Stockum machen                         ließ.</p>
          <p>Z. Er ließ mir 2000 Thlr. bieten, wenn ich ein unerlaubtes Verhältniß                         zwischen der Gräfin und Lassalle bekunde; ich aber schlug es aus.</p>
          <p>Angekl. Im Januar 1848 aber entsprang heimlich und bei Nacht die Z. aus dem                         Dienste der Gräfin?</p>
          <p>Pr. Die Zeugin hat bereits darüber bekundet.</p>
          <p>Angekl. Die Zeugin hat mich vorhin, wenn mir recht ist, eines verbotenen                         Verhältnisses zur Gräfin beschuldigt. Die Zeugin hat nun aber schon in der                         Zuchtpolizeigerichtssitzung vom 6. April 1847 als sie jenen ersten                         Bestechungsversuch Stockums auf sich bekundete, ausdrücklich hinzugefügt,                         daß kein unerlaubtes Verhältniß zwischen mir und der Gräfin bestehe, daß                         sie, obwohl sie es in ihrer Stellung wissen müsse, nie das geringste hierauf                         Bezügliche wahrgenommen habe.</p>
          <p>Z. Nun, Küssen und bis 1 Uhr im Schlafzimmer weilen kann man doch so nennen.                         Es wird eine Zeit kommen, wo ich darüber noch mehr aussagen werde.</p>
          <p>St.-Pr. Ich denke Hr. Lassalle, Sie werden besser thun, auf dies Verhältniß                         nicht näher einzugehen.</p>
          <p>Angekl. Bitte, Hr. Staats-Prokurator, Sie sehen, daß ich eben im Begriff bin,                         sehr ernstlich darauf einzugehen.</p>
          <p>Pr. (hat in den Akten nachgesehen.) Im Audienz-Protokoll v. 6. April 1847                         findet sich nichts davon, daß die Zeugin gesagt habe, was Sie behaupten.                         Warum halten Sie die Verhandlungen auf, da Sie doch die Akten so genau                         kennen?</p>
          <p>Angekl. Ich habe mich nicht im geringsten auf das Audienz-Protokoll für meine                         Behauptung bezogen. Der Gerichtsschreiber hat, wie sehr natürlich, jene                         Aeußerungen der Majunke, als nicht eigentlich zur Sache gehörig, nicht                         mitverzeichnet. Daß sie dies aber damals gesagt hat, würde ich durch eine                         Masse von Zeugen beweisen können, ja sie hat selbst in ihrer                         instruktionsrichterlichen Vernehmung in der jetzigen Prozedur diesen Umstand                         in Erwähnung gebracht und ihre heute widersprechende Aussage damit in                         Uebereinstimmung zu bringen gesucht. Ich bitte nur die Zeugin selbst deßhalb                         zu befragen.</p>
          <p>Pr. zur Zeugin. Haben Sie in ihrer Gerichtssitzung unter dem Eide ausgesagt,                         was der Angeklagte behauptet, daß er in keinem unerlaubten Verhältniß zur                         Gräfin stände?</p>
          <p>Z. Ja, Hr. Präsident, aber ich wußte es auch nicht anders. Erst später habe                         ich Dinge bemerkt.</p>
          <p>Angekl. Ich bitte Sie, meine Herren, dies festzuhalten. Im Juni 1846 ist die                         Kammerjungfer zur Gräfin gekommen. Bis zum 6. April 1847, eilf volle Monate                         hindurch, merkt sie nichts, behauptet sogar mit Bestimmtheit das Gegentheil.                         Erst in der Zeit vom 6. April ab gehen ihr die Augen auf. &#x2014; Ich bitte nun,                         die Zeugin über folgendes zu fragen. Sie hat ausgesagt, Hoppe habe sie einst                         in Aachen in mein Zimmer gerufen, ihr Pistolen und Cigarren gezeigt u. s. w.                         Nach der Aussage der Zeugin muß das am nämlichen Tage stattgefunden haben,                         an welchem mir der Graf einen Besuch abstatten wollte, ohne mich zu treffen.                         Ist dem so?</p>
          <p>Z. Ja, es war an demselben Tage, unmittelbar nachdem der Graf da gewesen.                         Wenn ich nicht sehr irre, habe ich ihn noch fortreiten sehen.</p>
          <p>Angekl. Gut, ich werde später darthun, daß die Zeugin erst 8 Tage oder länger                         nach jenem Besuche des Grafen nach Aachen gekommen ist. Nun bitte ich die                         Zeugin zu fragen, ob sie, nachdem sie heimlich aus dem Hause der Gräfin                         entsprungen, in keiner Beziehung zum Grafen Hatzfeld gestanden hat?</p>
          <p>Zeugin. Nein.</p>
          <p>Angekl. In keiner?</p>
          <p>Zeugin. Nun Sie hören doch in keiner!</p>
          <p>Angekl. Ich habe meine Gründe zu fragen. Ich wiederhole, hat die Zeugin den                         Grafen nicht gesprochen, ihm nicht geschrieben, kurz hat sie in keiner                         Beziehung zu ihm gestanden?</p>
          <p>Zeugin. Nein, in keiner.</p>
          <p>Angekl. Nun denn, hier ist der amtliche Beweis. Als die Majunke der Gräfin                         entsprungen war, nahm diese bei der Polizei den Antrag, ihre Kammerjungfer                         polizeilich zu ihr zurückzuführen, da ihre Dienstzeit noch nicht abgelaufen                         war. Der Polizei-Direktor antwortete, es könne diesem Verlangen aus dem                         Grunde nicht deferirt werden, weil es dem Ehemanne freistehe, über die                         Dienstboten der Ehefrau zu verfügen. (Lautes Bravo im Publikum).</p>
          <p>Pr. Haben sie sich denn zum Grafen begeben, als Sie den Dienst der Gräfin                         verließen oder der Polizei derartiges angezeigt.</p>
          <p>Z. leugnet dies beharrlich.</p>
          <p>Ein Geschw. Die Gräfin habe von der Polizei die die Rückführung der Majunke                         beantragt. Vielleicht habe sie selbst dabei angegeben, daß die Majunke zum                         Grafen gegangen, so daß sich der amtliche Bescheid des Polizei-Direktors nur                         auf ihre eigene Angabe stütze.</p>
          <p>Z. Ja, so ist es.</p>
          <p>Pr. findet dies ebenfalls wahrscheinlich und verordnet für den folgenden Tag                         die discretionäre Vernehmung des Polizeiraths Dolleschall und des                         Polizeikommissars Dobler.</p>
          <p>Zeuge Karl Diezmann, Gastwirth im Königl. Hof in Köln, 33 J. alt. Die Gräfin                         ist am 21. Juli 1846 mit Oppenheim bei ihm eingekehrt; Mendelsohn                         wahrscheinlich auch da gewesen; im Fremdenbuche steht unter demselben Datum                         Dr. Benda aus Berlin. Ob L. die Gräfin besucht, weiß er nicht. Im Okt. v. J.                         ist die Gräfin wieder bei ihm abgestiegen; L hat sie mehrmals dort besucht;                         einmal hat er ihn selbst zur Thür hinausgehen sehn.</p>
          <p>
            <ref type="link">(Fortsetzung folgt.)</ref>
          </p>
        </div>
      </div>
      <div type="imprint">
        <p>Der Gerant, <hi rendition="#g">Korff</hi>.<lb/>
Druck von Wilhelm Clouth in                     Köln.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0438/0002] Pr. Hat L. Ihnen nicht geschrieben, Sie sollten sich fortmachen? Z. Ja, ich sollte angeben, ich ging nach Ungarn oder Amerika, weil ich hier nichts zu leben hätte, und mir darauf in Kaiserswerth einen Paß geben lassen. Pr. verliest den Brief L.'s, der dahin lautet, F. solle sich auf die Bürgermeisterei begeben, dort erklären, daß er vor April ins Ausland wolle, um Dienst zu suchen, und um nachher nicht Störungen ausgesetzt zu sein, vor der Abreise noch über sein Zeugniß in der Prozeßsache der Gräfin H. vernommen zu werden wünsche. Diese Erklärung solle er vom Bürgermeister bescheinigen lassen und in 2 bis 3 Tagen ihm schicken. Von einem Passe ist darin keine Rede. Pr. Haben Sie auch von Lassalle Geld bekommen? Z. Ich erhielt monatlich 15 Thlr., bald von der Gräfin, bald von Lassalle. Angekl. Der Hr. Präsident hat Sie bereits darauf aufmerksam gemacht, daß Fowinkel bei seiner Vernehmung vor dem Instruktionsrichter mich beschuldigt hat, ihn Ende April 1847 zu einem falschen Zeugnisse gegen von Stockum gemeinschaftlich mit der Gräfin haben verleiten zu wollen, daß aber F. schon am Schlusse seiner schriftlichen Vernehmung meine Betheiligung an diesem angeblichen Versuche widerrufen habe. Seine desfallsige Angabe in der schriftlichen Vernehmung ist aber viel zu bestimmt, zu detaillirt, zu ausdrücklich, als daß sich erklären ließe, wie der Zeuge dazu gekommen sein sollte, sie irrthümlich zu machen. Erlauben Sie, daß ich die betreffende Stelle aus dem Protokolle verlese. Es heißt: „Ende April beredeten mich die Gräfin und Lassalle mich zu von Stockum in Düsseldorf unter dem Scheine, daß ich gesonnen sei, mich wieder zur Sache des Grafen zu schlagen, zu begeben und zu versuchen, ob der v. Stockum alsdann nicht etwa darauf eingehen würde, mich zu einem falschen Zeugniß gegen die Gräfin zu verleiten. Lassalle sagte mir noch unter vier Augen, ich möchte diesen Versuch als von mir ersonnen brieflich der Gräfin angeben, er selbst müsse sich deshalb sicher stellen; ich empfing zugleich von ihm 7 oder 10 Thaler und verfügte mich zunächst zur Frau Kurz etc.“ — Nach dieser so bestimmten Auslassung muß es unerklärlich sein, entweder wie Fowinkel dazu kam sie zu machen, oder sie zu widerrufen. Doch in seinem Widerrufe selbst findet sich der Schlüssel. Es heißt am Ende der Vernehmung: „Ich muß meine frühere Aussage dahin berichtigen, daß ich, als ich von der Gräfin beredet wurde zu v. Stockum zu gehen, mit L., der damals hier verhaftet war, über jenes Vorhaben gar nicht gesprochen habe. Meine frühere Aussage beruhte in dieser Beziehung auf einem Irrthum.“ — Also nur weil dem Zeugen einfällt, daß ich damals verhaftet war, daß ich also das schlagendste Alibi beweisen könne — in war von März bis Mai in Haft — widerruft er diese Beschuldigung gegen mich. Pr. Es ist richtig, der Angekl. war vom 25. März 1847 bis gegen Ende Mai verhaftet. Angekl. Nunmehr schob der Zeuge diese Anschuldigung gänzlich auf die Gräfin, indem er seine Aussage dahin modifizirte, sie habe ihn zwar nicht zu einem falschen Zeugniß gegen Stockum, wohl aber dazu verleiten wollen, dem v. Stockum eine Schlinge zu legen, damit dieser darauf einginge, ihn, Fowinkel, zu einem falschen Zeugniß zu verleiten. Ich werde nun durch einen Brief Fowinkels v. 9. April 1847 — das Original befindet sich bei den Akten — darthun, daß die Gräfin nicht im geringsten an ein derartiges Beginnen gedacht hat, daß vielmehr v. Stockum wirklich den Fowinkel zu einem falschen Zeugniß gegen mich bestechen wollte, und Fowinkel diesen Bestechungsversuch als vollkommen wahr und ganz von selbst der Gräfin brieflich berichtet hat. Hören Sie den Brief, meine Herren: „Erlauchte Frau Gräfin! — Die Kurzen war bei mir in Calkum mit der Nachricht, daß von Stockum bereit sei, mir diese fordernde Summe von 100 Thlr. zu geben, sobald ich dieses Zeugniß gegen Hrn. Lassalle ablegen werde und noch dazu meine Aussage vom Grafen zurücknehmen werde, ich müsse in folgender Art sprechen: Hr. Lassalle hat mir ein leeres Stück Papier hingelegt und mir gesagt, ich solle da meinen Namen aufschreiben, und das was ich früher wohl schon einmal zu Kurzen gesprochen habe vom Grafen, was Jener mir entlockt hat, er (Kurz) dem Lassalle ad privatum erzählt habe und Lassalle seine Aussage auf das von mir leer unterschriebene Papier gesetzt habe, als wie wenn ich selbst es hätte protokolliren lassen und sodann unterschrieben. Das sind die Kniffe der Kurzischen Brut und von Stockums Politik. Ferner sagte die Kurze, daß sie von 1841 pro Monat 6 Thlr. rückständigen Gehalt zu fordern habe, und sie bediente sich solche Ausdrücke gegen Ihre Höchstgeborne in der Art, daß ich es mir für Sünde rechne sie hier zu bezeichnen. — Nachdem ich nun noch keine Antwort von Ihrer Höchstgeb. auf mein gestriges Schreiben erhalten habe, so hatte ich mich nicht augenblicklich entschlossen, mit dem Weib zu gehen, ich machte einen Vorwand und habe versprochen heute Abend zu kommen. Das Weib selbst will mich zu von Stockum führen, ich will mich nun die Sache noch reiflich überlegen, damit kein Bock geschossen wird. — Erlauchte Fr. Gräfin können auf meine Treue und Zuversicht rechnen. — Ergebenster Knecht W. Fowinkel.“ Pr. (unwillig, nachdem er den Brief nochmals verlesen) Ja das ist wahr. Wie kommen Sie dazu, F., der Gräfin so etwas zur Last zu legen, da dieser Brief vielmehr beweist, daß Sie ihr unaufgefordert diesen Bestechungsversuch als wirklich vorgefallen berichteten? Z. Nein, die Gräfin wollte mich dazu verleiten. Pr. Das ist nicht wahr, davon steht im Briefe nichts, der Brief ergiebt das Gegentheil davon. Angekl. Ich werde nun ferner durch eine andern Brief Fowinkels beweisen, daß die Gräfin, welche dieser Mensch beschuldigt, dem v. Stockum und der Kurz eine Schlinge haben legen zu wollen, ihm vielmehr ausdrücklich verboten hat, sich mit jenen Personen in irgend eine Berührung einzulassen, auch nur mit ihnen zu sprechen, und daß Fow., als er bei jener Gelegenheit zu Kurz und Stockum ging, die Gräfin ausdrücklich um Verzeihung bat, ihrem Verbote zuwidergehandelt zu haben. Hier ist ein andrer Brief von ihm der also lautet: (Verliest den Brief, worin es heißt: „der Joh. Kurz schrieb mir einen Brief, ich möchte zu ihm kommen, da er Wichtiges mit mir zu sprechen habe. Verzeihen mir Ihro Höchstgeb. nun, wenn ich gegen den ausdrücklichen Befehl Ew. Höchstgeb. mit allen diesen Menschen gar nicht zu sprechen, dennoch zu der Kurzen ging. Aber es geschah, weil ich etwas zu erfahren glaubte.“ (Bravo im Publikum.) Pr. (der sich den Brief hat überreichen lassen, mit steigendem Unwillen:) Auch das ist wahr. Fowinkel, die Gräfin hatte Ihnen ausdrücklich verboten, Sie schreiben es selbst, sich mit jenen Personen in Berührung einzulassen. Und statt dessen haben Sie heute gesagt, die Kurz zu jenem Versuche im Auftrage der Gräfin aufgesucht zu haben. Z. Hr. Präsident, diese Personen sind mir zu listig. Präs. Sie sind ein ganz schlechtes Subjekt, gehen Sie. Angekl. Ich bitte noch eins konstatiren zu dürfen. Am 20. November 1847 schreibt Fowinkel folgenden Brief an die Gräfin: (verliest den Brief, der etwa so anfängt: „Gnädigste Frau, ich habe nicht von heute bis morgen zu leben, meine Frau friert, meine Kinder hungern, meine Noth ist so groß, daß ich nicht weiß, wovon ich mir Feuer im Ofen anstecken und einen Bissen hernehmen soll“ etc.) Sie sehen also, m. H., am 20. November 1847 noch ist Fowinkel in der bittersten Armuth. Als er aber in meiner Untersuchung vernommen wird, im März oder April 1848, also 5 Monate darauf, gibt er selbst an, er habe sich eben eine Restauration in Düsseldorf eingerichtet. Er ist also plötzlich ein kleiner Kapitalist geworden. Kann uns der Zeuge über diesen plötzlichen Umschwung in seinen Vermögensverhältnissen Aufschluß geben. (Donnerndes Bravo im Publikum). Präs. Hat den Brief in Empfang genommen. Fowinkel will auf ihn zu und überreicht ihm Papiere, aus denen hervorgehen soll, daß er 200 Thlr. besitze oder schulde. (Nicht genau verstanden wegen des Lärms in der Versammlung). Präs. Gehen Sie, Fowinkel, gehen Sie! (Zu den Geschwornen): Ich überlasse Ihnen, m. H., sich zu sagen, was Sie unter diesen Umständen von der Aussage dieses Menschen zu halten haben. Angekl. Noch will ich Fowinkel fragen, ob ihm nicht die Frau Kurz mitgetheilt, daß ihr Mann einen schriftlichen Kontrakt über eine Rente von monatlich 40 Thlr. mit dem Grafen Hatzfeld geschlossen. Zeuge hat dies schon in der Instruktion gestanden. Zeuge. Ja, direkt hat sie es mir nicht gesagt, aber indirekt auf meine Frage sagte sie: „Wir haben es, wir haben es.“ Zeugin Susanne Majunke, 32 Jahre alt, früher Kammerjungfer der Gräfin Hatzfeld, von Anfang Juni 1846 bis zum Jan. 1848. Lassalle besuchte in Berlin täglich die Gräfin und blieb bis in die Nacht bei ihr; auch Mendelssohn und Oppenheim sah sie dort. Sie reiste mit der Gräfin an den Rhein; als sie in Köln im „Königl. Hofe“ waren, kam Lassalle verkleidet, als Baron v. Landsberg, dorthin. In Aachen stiegen sie bei Kosteletzki ab und trafen daselbst Lassalle; auch Oppenheim und Mendelssohn waren dort, letzterer aber in einem andern Gasthofe. Lassalle war in den Angelegenheiten der Gräfin und namentlich bei den Vergleichsversuchen, welche in Aachen gemacht wurden, der Hauptleiter und Rathgeber der Gräfin, mit welcher er in vertraulichem Umgange stand; Oppenheim hatte keinen gleichen Einfluß; er war ein reicher Mann. Mendelssohn dagegen hatte niemals Geld und es war zu vermuthen, daß er von den Mitteln der Gräfin lebe. Präs. Haben Sie von Anschlägen auf das Leben des Grafen gehört? Z. Eines Tages rief mich Hoppe in die Stube Lassalle's und sagte: „Sehen Sie, hier ist die Vorbereitung zum Empfang des Grafen; er ist nicht gekommen, wer weiß, was sonst vorgefallen wäre. Gut, daß er nicht gekommen ist! Ich sah jetzt in Lassall's Zimmer zwei Teller mit Cigarren und drei geladne Pistolen auf einem kleinen Tische in der Ecke. Pr. Woher wissen Sie, daß die Pistolen geladeen waren. — Z. „Ich habe hineingesehen. — Als Hoppe im vorigen Jahre von Deutz wegreisen wollte, zeigte er mir eine runde Holzschachtel, worin sich sechs Cigarren befanden, und bemerkte dabei, es seien dies vergiftete Cigarren, dieselben, welche in Aachen damals auf einem der beiden Teller gelegen. Später nahm ich wahr, daß der Boden der Schachtel gelb und röthlich gefärbt war. Pr. Haben sie etwas über die Anschläge auf der Kassete gehört? — Z. Nein, ich war gewöhnlich auf der Hausflur, um zu verhindern, daß Jemand unangemeldet zur Gräfin kam. An dem Tage, wo, wie ich erfuhr, der Kassettendiebstahl stattfand, kam Oppenheim zur Gräfin und sagte: „Die Kassette haben wir!“ Die Gräfin erwiderte: Die Kassette kann ich mit vollem Rechte behalten, denn ich bin überzeugt, Alles, was darin ist, ist vom Grafen. Angekl. In ihrer Vernehmung vor dem Instruktionsrichter hat die Zeugin ausgesagt, sie habe gleich nach den Worten Oppenheim's die Stube verlassen und den weiteren Verlauf des Gesprächs nicht gehört. Jetzt will sie wissen, was die Gräfin erwidert hat. St. Prok. So etwas kann man auch im Herrausgehen noch hören. Z. Ueber die Entwendung des Briefes an die Meyendorf hat mir P. Kurz erzählt, Lassalle habe ihn zur Post geschickt, um nach einem Briefe an die M. zu fragen; er, Kurz, sei aber klüger gewesen, als alle; er habe sich als Bedienter verkleidet für den Kammerdiener der M. ausgegeben und den Brief sich gleich geben lassen. Als die Gräfin den Brief empfing, war sie ganz außer sich und sagte: Das kommt ja Schlag auf Schlag! Pr. Hat die Gräfin in Deutz, als sie dort wohnte, mit vielen Personen verkehrt? — Z. Ja, ich meine darunter die Frau Gianella, Karl Gianella, den Barbier Schaafhausen und seine Frau und den Referendar Meyer. Pr. Haben sie gesehen, daß diese Leute von der Gräfin Geld erhielten? — Z. Ja, ich habe mitunter wechseln lassen und auch wohl selbst gegeben. Pr. Haben Sie Hoppe gekannt und war er treu? — Z. Ja, Hoppe war immer ein treuer Diener. Pr. Hat man Bestechungsversuche bei Ihnen gemacht? Z. Ja, um die Zeit als der bekannte Kalumnieprozeß gegen die Gräfin schwebte, ersuchte mich v. Stockum ihm einige Exemplare der bekannten Broschüre zu verschaffen und versprach mir 200 Thaler, wenn ich aus dem Dienste der Gräfin treten wollte. Ich habe aber nichts angenommen. Pr. Konnten Sie denn etwas erwarten? Z. Ich blieb der Gräfin treu, trotz schlechter Behandlung. Einmal hat mir v. Stockum zwei Friedrichsdor gegeben; ich habe aber sogleich der Gräfin Anzeige davon gemacht. Pr. In welchem Verhältniß stand der alte Kurz zur Gräfin? War er treu? Z. Ja, aber die Gräfin macht alle Leute schlecht. Pr. Wer hat Ihnen gekündigt? Z. Der Generalbevollmächtigste, Hr. Lassalle. Pr. Auf welche Veranlassung? Z. Er sagte, ich sei unhöflich gegen die Gräfin gewesen. Er war Abends spät gekommen und in das Schlafzimmer der Gräfin gegangen; ich wartete bis 1 Uhr, er kam nicht zurück. Am andern Morgen räumte ich im Zimmer der Gräfin den vor dem Bette stehenden Tisch ab, worauf die Reste des Nachtessens und eine leere Champagnerflasche standen. Bei dieser Arbeit war ich versteinert und verwirrt, und soll der Gräfin die Frühstückstasse zu hart aufgesetzt haben. Ich hatte früher selbst oft gekündigt und man wollte mich nicht gehen lassen. Auch jetzt nicht, als ich die Wohnung der Gräfin in der Mohrenstraße hier verlassen wollte, sperrte man mich in meine Stube, und ich wurde hierdurch genöthigt heimlich über eine Mauer zu entfliehen. Ich ließ meine Effekten zurück, welche die Gräfin mir noch vorenthält, und kehrte bei Rener in Deutz ein, da ich Niemand sonst hier kannte. Staatsprok. Ist Hoppe ein ehrlicher Mann? Lassalle hat ihn ja in Berlin verfolgt. Z. Ja, Lassalle sagte bei seiner Abreise nach Berlin: „ich werde den Kerl für die Zukunft unschädlich machen.“ Ein Geschworner. Ob Lassalle über die Gräfin eine Gewalt ausgeübt habe? Z. Ja, mitunter zankten sie sich sehr, und ich habe die Gräfin wohl zehnmal sagen hören: „Sie sind allein an meinem Unglück Schuld!“ Angeklagter. Ob nicht im December 1846 Hr. v. Stockum mit Arnold Gödsche die Z. in Deutz aufgesucht habe und ihr folgendes Anerbieten gemacht: er wolle einen dreijährigen Contract mit ihr machen, wodurch er ihr das Doppelte des Lohnes sichere, den sie bei der Gräfin genösse, und ihr außerdem 200 Thlr. baar geben, wenn sie bezeugen wolle, daß die Gräfin in einem unerlaubten Verhältniß zu mir stände; ob er nicht, obgleich sie ihm versichert, sie könne das nicht mit gutem Gewissen sagen, mehrmals mit diesem Anerbieten in sie gedrungen sei? Z. Ja, das ist wahr, aber ich habe es ausgeschlagen. Angekl. Ob nicht aber Herr von Stockum ihr dabei die zwei Louisdor in die Hand gedrückt und sie dieselben behalten habe. Z. dreht sich gegen den Angeklagten und ergießt sich in eine Fluth heftiger Vorwürfe gegen ihn. Angekl. (zum Präsidenten, der unterdeß, die Akten blätternd, der Scene keine Aufmerksamkeit geschenkt hat). Es ist mir unangenehm, daß die Zeugin mich direkt apostrophirt; ich bitte mich dagegen zu schützen. St.-Prok. Nun ich glaube, daß die Zeugen wohl eher Schutz gegen sie bedürfen als umgekehrt. Pr. (zur Zeugin). Ruhe, Sie haben den Angeklagten nicht anzureden, sprechen Sie zu mir. Angekl. Ich habe noch keine Antwort auf die Frage über die zwei Louisd'or, ob die Zeugin sie angenommen. Pr. wiederholt die Frage. Z. Ja, er drückte mir zwei Louisd'or in die Hand, ich wollte sie nicht nehmen, aber er war zu schnell fort. Angekl. Gut, weiter. Ob nicht, als die Gräfin im Oktober 1847 mit ihr nach Paris gereist, Stockum ihr auch dort ähnliche Anerbietungen habe machen lassen? Z. Ja, er schickte einen Kommissionär, einen Landsmann zu mir. Pr. Was, war denn der Stockum auch in Paris. Z. Wenige Tage nach der Ankunft der Gräfin kam er auch nach Paris und wohnte in demselben Hotel. Das war der Gräfin unangenehm und sie bezog deshalb ein Privatlogis. Angekl. Worin die Anerbieten bestanden, welche ihr dort Stockum machen ließ. Z. Er ließ mir 2000 Thlr. bieten, wenn ich ein unerlaubtes Verhältniß zwischen der Gräfin und Lassalle bekunde; ich aber schlug es aus. Angekl. Im Januar 1848 aber entsprang heimlich und bei Nacht die Z. aus dem Dienste der Gräfin? Pr. Die Zeugin hat bereits darüber bekundet. Angekl. Die Zeugin hat mich vorhin, wenn mir recht ist, eines verbotenen Verhältnisses zur Gräfin beschuldigt. Die Zeugin hat nun aber schon in der Zuchtpolizeigerichtssitzung vom 6. April 1847 als sie jenen ersten Bestechungsversuch Stockums auf sich bekundete, ausdrücklich hinzugefügt, daß kein unerlaubtes Verhältniß zwischen mir und der Gräfin bestehe, daß sie, obwohl sie es in ihrer Stellung wissen müsse, nie das geringste hierauf Bezügliche wahrgenommen habe. Z. Nun, Küssen und bis 1 Uhr im Schlafzimmer weilen kann man doch so nennen. Es wird eine Zeit kommen, wo ich darüber noch mehr aussagen werde. St.-Pr. Ich denke Hr. Lassalle, Sie werden besser thun, auf dies Verhältniß nicht näher einzugehen. Angekl. Bitte, Hr. Staats-Prokurator, Sie sehen, daß ich eben im Begriff bin, sehr ernstlich darauf einzugehen. Pr. (hat in den Akten nachgesehen.) Im Audienz-Protokoll v. 6. April 1847 findet sich nichts davon, daß die Zeugin gesagt habe, was Sie behaupten. Warum halten Sie die Verhandlungen auf, da Sie doch die Akten so genau kennen? Angekl. Ich habe mich nicht im geringsten auf das Audienz-Protokoll für meine Behauptung bezogen. Der Gerichtsschreiber hat, wie sehr natürlich, jene Aeußerungen der Majunke, als nicht eigentlich zur Sache gehörig, nicht mitverzeichnet. Daß sie dies aber damals gesagt hat, würde ich durch eine Masse von Zeugen beweisen können, ja sie hat selbst in ihrer instruktionsrichterlichen Vernehmung in der jetzigen Prozedur diesen Umstand in Erwähnung gebracht und ihre heute widersprechende Aussage damit in Uebereinstimmung zu bringen gesucht. Ich bitte nur die Zeugin selbst deßhalb zu befragen. Pr. zur Zeugin. Haben Sie in ihrer Gerichtssitzung unter dem Eide ausgesagt, was der Angeklagte behauptet, daß er in keinem unerlaubten Verhältniß zur Gräfin stände? Z. Ja, Hr. Präsident, aber ich wußte es auch nicht anders. Erst später habe ich Dinge bemerkt. Angekl. Ich bitte Sie, meine Herren, dies festzuhalten. Im Juni 1846 ist die Kammerjungfer zur Gräfin gekommen. Bis zum 6. April 1847, eilf volle Monate hindurch, merkt sie nichts, behauptet sogar mit Bestimmtheit das Gegentheil. Erst in der Zeit vom 6. April ab gehen ihr die Augen auf. — Ich bitte nun, die Zeugin über folgendes zu fragen. Sie hat ausgesagt, Hoppe habe sie einst in Aachen in mein Zimmer gerufen, ihr Pistolen und Cigarren gezeigt u. s. w. Nach der Aussage der Zeugin muß das am nämlichen Tage stattgefunden haben, an welchem mir der Graf einen Besuch abstatten wollte, ohne mich zu treffen. Ist dem so? Z. Ja, es war an demselben Tage, unmittelbar nachdem der Graf da gewesen. Wenn ich nicht sehr irre, habe ich ihn noch fortreiten sehen. Angekl. Gut, ich werde später darthun, daß die Zeugin erst 8 Tage oder länger nach jenem Besuche des Grafen nach Aachen gekommen ist. Nun bitte ich die Zeugin zu fragen, ob sie, nachdem sie heimlich aus dem Hause der Gräfin entsprungen, in keiner Beziehung zum Grafen Hatzfeld gestanden hat? Zeugin. Nein. Angekl. In keiner? Zeugin. Nun Sie hören doch in keiner! Angekl. Ich habe meine Gründe zu fragen. Ich wiederhole, hat die Zeugin den Grafen nicht gesprochen, ihm nicht geschrieben, kurz hat sie in keiner Beziehung zu ihm gestanden? Zeugin. Nein, in keiner. Angekl. Nun denn, hier ist der amtliche Beweis. Als die Majunke der Gräfin entsprungen war, nahm diese bei der Polizei den Antrag, ihre Kammerjungfer polizeilich zu ihr zurückzuführen, da ihre Dienstzeit noch nicht abgelaufen war. Der Polizei-Direktor antwortete, es könne diesem Verlangen aus dem Grunde nicht deferirt werden, weil es dem Ehemanne freistehe, über die Dienstboten der Ehefrau zu verfügen. (Lautes Bravo im Publikum). Pr. Haben sie sich denn zum Grafen begeben, als Sie den Dienst der Gräfin verließen oder der Polizei derartiges angezeigt. Z. leugnet dies beharrlich. Ein Geschw. Die Gräfin habe von der Polizei die die Rückführung der Majunke beantragt. Vielleicht habe sie selbst dabei angegeben, daß die Majunke zum Grafen gegangen, so daß sich der amtliche Bescheid des Polizei-Direktors nur auf ihre eigene Angabe stütze. Z. Ja, so ist es. Pr. findet dies ebenfalls wahrscheinlich und verordnet für den folgenden Tag die discretionäre Vernehmung des Polizeiraths Dolleschall und des Polizeikommissars Dobler. Zeuge Karl Diezmann, Gastwirth im Königl. Hof in Köln, 33 J. alt. Die Gräfin ist am 21. Juli 1846 mit Oppenheim bei ihm eingekehrt; Mendelsohn wahrscheinlich auch da gewesen; im Fremdenbuche steht unter demselben Datum Dr. Benda aus Berlin. Ob L. die Gräfin besucht, weiß er nicht. Im Okt. v. J. ist die Gräfin wieder bei ihm abgestiegen; L hat sie mehrmals dort besucht; einmal hat er ihn selbst zur Thür hinausgehen sehn. (Fortsetzung folgt.) Der Gerant, Korff. Druck von Wilhelm Clouth in Köln.

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Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 85. Köln, 25. August 1848. Beilage, S. 0438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz085b_1848/2>, abgerufen am 03.12.2024.