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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 39. Köln, 9. Juli 1848.

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[Deutschland]
103 Berlin, 6. Juli.

Das Ministerium fällt nicht wegen Verschiedenheit in seinen Ansichten, sondern wegen Mangel an Ansichten. Es hatte sich alle Parteien verfeindet. Die aristokratische Partei, die bekanntlich jetzt in Potsdam eine große Rolle spielt, ist wüthend auf Hansemann, von dem sie behauptet, er encanaillire die Monarchie; diese Partei setzte alle Kräfte daran, Hansemann zu stürzen und es scheint, daß sie ihn wirklich in Verbindung mit der Linken aus dem Sattel gehoben hat. Diesmal wird der Ritter ohne Furcht und Tadel unterliegen müssen. - Mit der rechten Seite der Kammer hatte es das Ministerium durch die Anerkennung der Revolution verdorben; das Centrum versagte seine Unterstützung von Anfang an, weil keines seiner Mitglieder in's Ministerium gekommen war; und die Linke, gegen diese erklärte das Ministerium selbst, kämpfen zu wollen. - Ein solches Ministerium mußte schnell auseinanderfallen, wären auch nicht noch die wichtigsten Fragen in den letzten Tagen hinzugekommen, Fragen, deren Lösung seine platten Kräfte überstieg.

Ein Gegenstand des allgemeinen Tagesgesprächs bilden seit einigen Tagen die Vorfälle zwischen den Professoren Lachmann und Franz. Letzterer hatte es übernommen, den Lektions-Katalog der hiesigen Universität für das nächste Semester mit der gebräuchlichen gelehrten Einleitung in lateinischer Sprache auszuarbeiten, in deren Eingang er mit Rücksicht auf die politische Gestaltung des Tages, die früheren Zustände stark geißelte. Es heißt darin unter Anderm: "So günstig auch die Verhältnisse den Theilnahmlosen oder Fernstehenden erscheinen mochten, bei der Beschaffenheit des deutschen Bundes und der deutschen Königreiche hielten uns Furcht, Drohungen, Gewalt gleichsam belagert, um unsere Stimme verstummen zu lassen; und wie das Alterthum sah, was das Aeußerste im Genuß der Freiheit ist, so wir, was in der Gewohnheit der Unterwürfigkeit. Um so glücklicher dünkt uns unser Loos, daß wir in dieser Zeit athmen und leben, in welcher das Licht der Freiheit über Preußen und ganz Deutschland zum ersten Male aufgegangen ist; wo wir Euch (den Commilitonen) zugleich Glück wünschen können, daß Ihr in dem gefahrvollsten Augenblick des Staates ein so schönes Zeugniß von Gesinnung, Mäßigung und Ordnung an den Tag gelegt und Euch anheischig gemacht habt, nicht nur den Genuß, sondern auch den Ruhm der errungenen Freiheit mit dem Volk zu theilen. Die Zeit ist gekommen, wo die Völker Deutschlands siegten, nachdem sie des Druckes müde geworden waren." - Der Professor Franz überreichte die Arbeit dem Professor Lachmann, als dem zeitigen Dekan, mit dem Gesuch, sie dem Senat vorzulegen und die nach den Gesetzen erforderliche Genehmigung desselben zum Druck einzuholen. Statt dessen aber erhielt er alsbald das Manuscript mit dem folgenden sackgroben Begleitschreiben des Professor Lachmann zurückgesandt: "Ich hatte geglaubt, mein vorläufiges Ablehnen einer stark politischen Vorrede zum Lections-Catalog würde Sie wenigstens zu einiger Mäßigung bewogen haben. Die hiebei zurückerfolgende Einleitung aber kann ich weder selbst verantworten, noch ist es meiner würdig, der Prüfung des Senats eine Schrift vorzulegen, die mein natürliches und menschliches Gefühl empört. Es geht mich wenig an, wie Sie Ihrem Wohlthäter, dem König, danken, aber der Senat kann weder wie der Bediente des Herrn Held sprechen, noch will er den Studenten sich zum Bedienten empfehlen, den sie nicht brauchen, und den sie auch nicht wollen, weil sie leicht genug merken, wer sie um einen Bissen anwedelt. Um ein Proemium bin ich nicht verlegen; ich habe auch nichts dagegen, wenn Sie mich nun nach beliebter Art als einen Reaktionär verschreien wollen. Versuchen Sie immerhin, einen freien (!) und geachteten (?) Charakter zu beschimpfen: ich werde meine Würde zu behaupten wissen. Dem Senat brauchen Sie nicht zu zürnen, weil er an meinem Entschluß, Ihre Vorrede zurückzuschicken, keinen Antheil hat." - Die Grobheit des Prof. Lachmann's war schon längst sprichwörtlich geworden, diesmal hat er aber sich selbst übertroffen. Wie unwürdig ist es aber gar von ihm, den Prof. Franz an die Wohlthaten des Königs zu erinnern, Wohlthaten, die soviel uns bekannt sind, in Reisegeldern nach Italien bestanden haben, also nicht sowohl der Person, als vielmehr der Wissenschaft gegolten haben, reich von Herrn Franz aufgewogen sind und überhaupt in keiner Weise durch die oben gedachte Arbeit desselben, berührt werden.

An der heutigen Börse war die Nachricht von einem Friedensabschluß mit Dänemark, oder wie Einige sagten, von einem dreimonatlichen Waffenstillstand, verbreitet. Die in Dänemark zurückgehaltenen deutschen Schiffe sollen sofort freigegeben, aber Schleswig einstweilen ganz von den deutschen Truppen geräumt werden. In Folge dieser Nachricht stiegen alle Course sehr bedeutend, so daß man die Ministerkrisis nicht der geringsten Beachtung werth fand. Die Börse ist so klug einzusehen, daß wir jedenfalls ein besseres Ministerium als das jetzige, bekommen werden, und Hansemann hat auch bei den Börsenmännern alles Vertrauen verloren.

Die dritte Abtheilung hat in der Kommission zur Untersuchung der Vorfälle im Großherzogthum Posen, den Abgeordneten Dr. D'Ester gewählt. Es ist dies das erste Mal, daß in dieser Abtheilung, worin die Majorität aus Mitgliedern der Rechten besteht, ein Mitglied der Linken in eine Kommission gewählt wurde. Bei der Wahl der Fachkommission, wo das politische Interesse doch ganz außer Spiel bleibt, wurden nur Mitglieder der Rechten gewählt, obgleich sich mehrere Andere, die das Fach viel besser verstanden, um die Wahl bewarben. Das wurde endlich zu arg, und Dr. D'Ester machte der ganzen Abtheilung über dies unwürdige Benehmen die härtesten Vorwürfe. Die mußten durchgedrungen sein; denn man wählte ihn, obgleich von der äußersten Linken, in die Polen-Kommission. Oder geschah diese Wahl vielleicht aus Furcht der ehrenwerthen Rechten, daß bei einer möglichen Reise nach Posen, die in der Kommission beschlossen werden möchte, ihre unverletzlichen Personen, in dieser Provinz, nicht sicher seien? - Jedenfalls ist es ein Gewinn für die gute Sache, daß D'Ester in diese Kommission gewählt wurde.

Berlin, 6. Juli.

Die Z.-H. berichtet, nach der Lemberger poln. Ztg.: Aus einer uns mitgetheilten Depesche der Consular-Agentur in Jassy übergeben wir folgende Mittheilung über die Vorfälle in den Donau-Fürstenthümern der Oeffentlichkeit: Jassy, den 26. Juni 5 Uhr Nachm. In der Wallachei hatte Fürst Bibesko, dem Willen des Volkes nachgebend, die Konstitution angenommen und zu gleicher Zeit ein aus 8 Mitgliedern bestehendes Comite errichtet, wovon der neue Minister Golesko die Kreisbehörden durch ein besonderes Rundschreiben benachrichtigte. Unterdeß kehrte der russische General Duhamel, der von Bukarest nach reußisch-Leowa am Pruth gereist war, nach Jassy zurück und theilte dem türkischen Kommissar Tal-at-Effendi mit, daß ein aus 25,000 Mann Infanterie und Kavallerie bestehendes russisches Heer von Pruth auf moldauisches Gebiet gezogen und heute Abend in Jassy zu erwarten sei. Ein Theil werde als Besatzung zum Schutz der Regierung des Fürsten Stourdza in der Moldau bleiben, der größere Theil sich nach der Wallachei begeben. Noch vorher auf die erste Kunde der in der Wallachei geschehenen Ereignisse hat der Kommissar der Pforte einen Kourier nach Konstantinopel gesandt und den türkischen Heeren den Befehl ertheilt, in die Fürstenthümer einzurücken.

Berlin, 6. Juli.

Es wird herumerzählt, das Ministerium zweifle jetzt, doß es noch in der Kammer auf eine Majorität rechnen könne; das Gerücht fügt hinzu: es sei schon die Rede davon gewesen, Elemente aus der äußersten Linken, wie d'Ester oder Reichenbach, dem Kabinette beizugesellen. - Gestern sind die Minister übrigens in Sanssouci gewesen. Wir müssen erwarten, was der morgende Tag bringen wird.

So eben erfahren wir noch, daß sich bestätige, was schon gestern erzählt wurde, nämlich der Austritt des Herrn Märcker aus dem Ministerium in Folge einer Meinungsverschiedenheit über die Wahl der Geschworenen für die neuen Geschworenengerichte; Hr. Hansemann wollte diese Wahl an einen Census binden, was gegen Hrn. Märckers entschiedene Ansicht ist. Sonach wäre das Ministerium schon wieder so gut wie gesprengt; auch heißt es bereits, daß Hr. v. Auerswald seine Entlassung gefordert habe.

In den Abtheilungen scheint jetzt die Linke moralisch zu überwiegen, wenigstens für den Augenblick; das unparlamentarische Benehnehmen der Rechten in der letzten Sitzung der Nationalversammlung hat ohne Zweifel das Seinige gethan, sie nachgehends niederzudrücken.

- Die Verfassungskommission hat sich mit dem Verhältnisse der Kirche zum Staate beschäftigt, deren Trennung sie als nothwendig anerkennt; die Kirchengüter machen Schwierigkeit. - Die Finanzkommission der Versammlung besteht aus folgenden Mitgliedern: Arnz, v. Auerswald, Berends v. Cieszkowski, Contzen, Euler, Feierabend, v. Kirchmann, Kirstein, Kühnemann, Lensing, v. Loe, Reichenbach, Reygers, Riedel, Ritz. Vorsitzender: Lensing; Stellvertreter: Ritz; Schriftführer: Berends und Riedel.

- Außer der Petition um nur Eine Kammer, die schon gestern, gleich nach dem Ausgeben der Listen, zahlreiche Unterschriften gewonnen hat und zu einer Monster-Adresse werden zu wollen scheint, circulirt eine andere, um Erlaß einer vorläufigen Habeas-Corpus-Akte, die ebenfalls mit vielen Unterschriften bedeckt wird.

- Von den zum Bau der Ostbahn abgesandten Arbeitern sind 25 zurückgekommen, welche haarsträubende Schilderungen von der ihnen widerfahrenen Behandlung machen. Von Seiten der Behörden - an Herrn Milde haben sich deswegen schon Deputationen gewandt - werden die Aussagen der Zurückgekehrten in Zweifel gezogen, ein Maueranschlag that gestern dasselbe; wir erwarten, ehe wir urtheilen, das Ergebniß der näheren Untersuchung dieser sehr wichtigen Angelegenheit.

- In Betreff der Gensd'armen gehen verschiedene Gerüchte; nach dem einen sollen sie neben den Konstablern beibehalten werden, nach dem andern abgeschafft oder wenigstens die hier in Berlin bisher in Dienst befindlichen entfernt werden. Die Kosten des Konstabler-Instituts sollen, wie es heißt, nicht aus städtischen, sondern aus Staatsmitteln gedeckt werden.

(B. Z.-H.)

- Wir erhalten die Mittheilung, daß das Ministerium des Königl. Hauses unter dem Fürsten von Wittgenstein demnächst aufgelöst werden wird. Die einzelnen Departements desselben sollen den übrigen Ministerien zugewiesen werden.

(Voss. Z.)

- Der konstitutionelle Klub hat wegen der Verhaftung des Hrn. Mäder eine Adresse an den Justizminister erlassen, der wir Folgendes entnehmen. Die Adresse selbst ist in der B. Z. H. abgedruckt. Der hiesige Gesanglehrer Mädler, wurde Dienstag den 21. Juni 31/2 Uhr auf der Straße von einem Gensdarm aufgefordert, in einer dringenden Angelegenheit als Zeuge auf dem Kriminalgericht zu erscheinen. Dort angelangt wurde er sofort verhaftet, nachdem sein Sohn am Tage vorher dasselbe Schicksal gehabt hatte. Er fragte vergeblich nach der Ursache seiner Verhaftung. Hr. Staatsanwalt Neumann erwiderte, daß er keinen Grund wisse; man nahm Hrn. Mäder Brieftasche und Augenglas ab, brachte ihn wie einen Kapitalverbrecher in das Gefängnißzimmer 51, verweigerte ihm Lektüre und reichte ihm nach dem Verlauf von 10 Stunden Wasser, Brod und eine Suppe. Mittwoch um 10 Uhr wurde er durch die Verwendung des Hrn. Direktor Rohr vor den Untersuchungsrichter Hrn. Assessor Wollner geführt, der ihm eröffnete, daß er durch schriftliche Denunciation angeklagt sei, am 14. d. M. im Zeughause Waffen ausgetheilt zu haben. Der Angeklagte beschwor seine Unschuld, beschwor, daß er sich während der Erstürmung des Zeughauses anderwärts aufgehalten habe, daß er das Alibi durch eine Reihe glaubwürdiger Zeugen beweisen könne, daß er noch nie in Untersuchung gewesen sei - alles vergeblich. Er fragte nach dem Namen des Denuncianten, - der Assessor Wollner nannte ihn nicht, sondern erwiderte die lebhaften Betheuerungen eines schwergekränkten unbescholtenen Mannes mit schneidendem Hohn, und erlaubte sich in der Folge gegen ihn eine Reihe so kleinlicher und empörender Chikanen, daß wir sie in dieser Eingabe zu erwähnen Anstand nehmen und auf die Beilage I verweisen. Bis zum Freitag den 23. 41/2 Uhr Nachmittags dauerte der Aufenthalt des Angeklagten in einem schlechten Kerker, ohne Lektüre, bei einer Kost, daß er sich bald krank fühlte, ohne daß man ihn mit dem Denuncianten konfrontirte, oder ihn auch nur nannte und ohne daß man seine Entlastungszeugen citirte. Ja dieser Aufenthalt sollte, nach der Absicht des Untersuchungsrichters, wie aus seinen Aeußerungen in der Beilage 3 hervorgeht, Wochen und Monate dauern, indem man den etc. Mäder ohne Weiteres in einen langwierigen Hochverrathsprozeß zu verwickeln gedachte. Da gelang es den Bemühungen seiner Gattin bei dem Hrn. Staatsanwalt Temme, daß das Verhör von sieben Zeugen des Denuncianten beschleunigt wurde, und da sie sämmtlich nichts aussagen konnten, was die Verhaftung rechtfertigte, so wurde der etc. Mäder nebst seinem Sohne vorläufig wieder freigelassen. Gegen seine Gattin erklärte der Staatsanwalt Hr. Neumann, der am Donnerstag von der Ursache der Verhaftung nichts wissen wollte, schriftlich, daß er die Denunciation an den Untersuchungsrichter Assessor Wollner abgegeben habe; über die Art seiner Verhaftung wies er sie an die Vorgesetzten der Polizei. Hr. Polizei-Präsident v. Minutoli hat sich mit der tiefsten Entrüstung über diesen Vorgang ausgesprochen und dem Angeklagten jede Genugthuung von seiner Seite zugesichert.

* Frankfurt, 8. Juli.

Ueber Verlauf und Ausgang der letzten Turnertagsatzung zu Hanau spricht sich Adv. Blöde aus Dresden als Augen- und Ohrenzeuge der dortigen Verhandlungen, in der heutigen Nr. des Fr. Journals, wie folgt aus: "Die bei der Turnertagsatzung eingetretene Trennung zwischen einer Majorität und Minorität war keineswegs eine politisch-prinzipielle, keineswegs eine Trennung zwischen Republikanern und Monarchisten, wie jener Artikel der Aschaffenburger Zeitung sagt: vielmehr haben auch alle Redner der angeblich monarchischen Majorität, mit Ausnahme eines Einzigen, sich im Prinzip entschieden für die republikanische Staatsform (demokratische Republik) erklärt. Die Frage, welche beide Parteien trennte, war lediglich die: ob es, in Berücksichtigung des Zweckes der Tagsatzung, die Gründung eines allgemeinen deutschen Turnerbundes zu bewirken, zweckmäßig sei, ein politisches Glaubensbekenntniß überhaupt, und namentlich ein bestimmtes, an die Spitze der Satzungen des Turnerbundes zu stellen. Lediglich hierin spalteten sich die Ansichten; einzig und allein gegen die Aussprache des demokratisch-republikanischen Prinzips in den Satzungen erklärte sich die Majorität der turnerischen Abgeordneten, und nur deshalb, weil dies die Majorität für eine Lebensfrage ihrer Bestrebungen ansah, schied sie aus. Der Geist der ganzen Versammlung, der berathenden, sowohl wie der zuhörenden, war unverkennbar wesentlich republikanisch."

19 Frankfurt, 6. Juli.

Der Fürst Thurn und Taxis und sein ehrenwerthes Substitut Dörnberg haben sich von Anfang an in merkwürdiger Weise an der deutschen revolutionären Bewegung betheiligt. Wenn unter ihren Postbeamten einer oder der andere besondere Thätigkeit in den demokratischen Vereinen zeigt, so wird derselbe in Erwägung, daß es in Frankfurt an wühlerischen Talenten nicht fehlt, alsbald in eine beliebige loyale Stadt versetzt, wo seine Wirksamkeit ein reiches Feld findet. So hat der revolutionäre Bürger Dörnberg, der direkt mit dem Fürsten Taxis und indirekt noch mit andern fürstlichen Personen verschwägert ist, im Monat Mai den Postsekretär Klein nach Lübeck versetzt, nachdem derselbe durch eine republikanische Rede die Aufmerksamkeit der Republik Frankfurt im Allgemeinen und der republikanischen Polizeifreunde Jucho, Oehler, Mumm im Besonderen erregt hatte. Gestern ist eine neue Maßregel dieser Art von dem merkwürdigen Bürger Dörnberg beliebt worden. Dem Postsekretär Dr. Wilhelmi, Schriftführer des Arbeiter-Vereins und Abgeordneter des Demokraten-Kongresses, ist die Wahl zwischen Versetzung und - Entlassung anheimgegeben worden, offenbar um durch diese bloß scheinbare

Denunciant war Herr Professor Unzelmann, Puttkammerstraße 3, Mitglied des Preußenvereins.
[Deutschland]
103 Berlin, 6. Juli.

Das Ministerium fällt nicht wegen Verschiedenheit in seinen Ansichten, sondern wegen Mangel an Ansichten. Es hatte sich alle Parteien verfeindet. Die aristokratische Partei, die bekanntlich jetzt in Potsdam eine große Rolle spielt, ist wüthend auf Hansemann, von dem sie behauptet, er encanaillire die Monarchie; diese Partei setzte alle Kräfte daran, Hansemann zu stürzen und es scheint, daß sie ihn wirklich in Verbindung mit der Linken aus dem Sattel gehoben hat. Diesmal wird der Ritter ohne Furcht und Tadel unterliegen müssen. ‒ Mit der rechten Seite der Kammer hatte es das Ministerium durch die Anerkennung der Revolution verdorben; das Centrum versagte seine Unterstützung von Anfang an, weil keines seiner Mitglieder in's Ministerium gekommen war; und die Linke, gegen diese erklärte das Ministerium selbst, kämpfen zu wollen. ‒ Ein solches Ministerium mußte schnell auseinanderfallen, wären auch nicht noch die wichtigsten Fragen in den letzten Tagen hinzugekommen, Fragen, deren Lösung seine platten Kräfte überstieg.

Ein Gegenstand des allgemeinen Tagesgesprächs bilden seit einigen Tagen die Vorfälle zwischen den Professoren Lachmann und Franz. Letzterer hatte es übernommen, den Lektions-Katalog der hiesigen Universität für das nächste Semester mit der gebräuchlichen gelehrten Einleitung in lateinischer Sprache auszuarbeiten, in deren Eingang er mit Rücksicht auf die politische Gestaltung des Tages, die früheren Zustände stark geißelte. Es heißt darin unter Anderm: „So günstig auch die Verhältnisse den Theilnahmlosen oder Fernstehenden erscheinen mochten, bei der Beschaffenheit des deutschen Bundes und der deutschen Königreiche hielten uns Furcht, Drohungen, Gewalt gleichsam belagert, um unsere Stimme verstummen zu lassen; und wie das Alterthum sah, was das Aeußerste im Genuß der Freiheit ist, so wir, was in der Gewohnheit der Unterwürfigkeit. Um so glücklicher dünkt uns unser Loos, daß wir in dieser Zeit athmen und leben, in welcher das Licht der Freiheit über Preußen und ganz Deutschland zum ersten Male aufgegangen ist; wo wir Euch (den Commilitonen) zugleich Glück wünschen können, daß Ihr in dem gefahrvollsten Augenblick des Staates ein so schönes Zeugniß von Gesinnung, Mäßigung und Ordnung an den Tag gelegt und Euch anheischig gemacht habt, nicht nur den Genuß, sondern auch den Ruhm der errungenen Freiheit mit dem Volk zu theilen. Die Zeit ist gekommen, wo die Völker Deutschlands siegten, nachdem sie des Druckes müde geworden waren.“ ‒ Der Professor Franz überreichte die Arbeit dem Professor Lachmann, als dem zeitigen Dekan, mit dem Gesuch, sie dem Senat vorzulegen und die nach den Gesetzen erforderliche Genehmigung desselben zum Druck einzuholen. Statt dessen aber erhielt er alsbald das Manuscript mit dem folgenden sackgroben Begleitschreiben des Professor Lachmann zurückgesandt: „Ich hatte geglaubt, mein vorläufiges Ablehnen einer stark politischen Vorrede zum Lections-Catalog würde Sie wenigstens zu einiger Mäßigung bewogen haben. Die hiebei zurückerfolgende Einleitung aber kann ich weder selbst verantworten, noch ist es meiner würdig, der Prüfung des Senats eine Schrift vorzulegen, die mein natürliches und menschliches Gefühl empört. Es geht mich wenig an, wie Sie Ihrem Wohlthäter, dem König, danken, aber der Senat kann weder wie der Bediente des Herrn Held sprechen, noch will er den Studenten sich zum Bedienten empfehlen, den sie nicht brauchen, und den sie auch nicht wollen, weil sie leicht genug merken, wer sie um einen Bissen anwedelt. Um ein Proemium bin ich nicht verlegen; ich habe auch nichts dagegen, wenn Sie mich nun nach beliebter Art als einen Reaktionär verschreien wollen. Versuchen Sie immerhin, einen freien (!) und geachteten (?) Charakter zu beschimpfen: ich werde meine Würde zu behaupten wissen. Dem Senat brauchen Sie nicht zu zürnen, weil er an meinem Entschluß, Ihre Vorrede zurückzuschicken, keinen Antheil hat.“ ‒ Die Grobheit des Prof. Lachmann's war schon längst sprichwörtlich geworden, diesmal hat er aber sich selbst übertroffen. Wie unwürdig ist es aber gar von ihm, den Prof. Franz an die Wohlthaten des Königs zu erinnern, Wohlthaten, die soviel uns bekannt sind, in Reisegeldern nach Italien bestanden haben, also nicht sowohl der Person, als vielmehr der Wissenschaft gegolten haben, reich von Herrn Franz aufgewogen sind und überhaupt in keiner Weise durch die oben gedachte Arbeit desselben, berührt werden.

An der heutigen Börse war die Nachricht von einem Friedensabschluß mit Dänemark, oder wie Einige sagten, von einem dreimonatlichen Waffenstillstand, verbreitet. Die in Dänemark zurückgehaltenen deutschen Schiffe sollen sofort freigegeben, aber Schleswig einstweilen ganz von den deutschen Truppen geräumt werden. In Folge dieser Nachricht stiegen alle Course sehr bedeutend, so daß man die Ministerkrisis nicht der geringsten Beachtung werth fand. Die Börse ist so klug einzusehen, daß wir jedenfalls ein besseres Ministerium als das jetzige, bekommen werden, und Hansemann hat auch bei den Börsenmännern alles Vertrauen verloren.

Die dritte Abtheilung hat in der Kommission zur Untersuchung der Vorfälle im Großherzogthum Posen, den Abgeordneten Dr. D'Ester gewählt. Es ist dies das erste Mal, daß in dieser Abtheilung, worin die Majorität aus Mitgliedern der Rechten besteht, ein Mitglied der Linken in eine Kommission gewählt wurde. Bei der Wahl der Fachkommission, wo das politische Interesse doch ganz außer Spiel bleibt, wurden nur Mitglieder der Rechten gewählt, obgleich sich mehrere Andere, die das Fach viel besser verstanden, um die Wahl bewarben. Das wurde endlich zu arg, und Dr. D'Ester machte der ganzen Abtheilung über dies unwürdige Benehmen die härtesten Vorwürfe. Die mußten durchgedrungen sein; denn man wählte ihn, obgleich von der äußersten Linken, in die Polen-Kommission. Oder geschah diese Wahl vielleicht aus Furcht der ehrenwerthen Rechten, daß bei einer möglichen Reise nach Posen, die in der Kommission beschlossen werden möchte, ihre unverletzlichen Personen, in dieser Provinz, nicht sicher seien? ‒ Jedenfalls ist es ein Gewinn für die gute Sache, daß D'Ester in diese Kommission gewählt wurde.

Berlin, 6. Juli.

Die Z.-H. berichtet, nach der Lemberger poln. Ztg.: Aus einer uns mitgetheilten Depesche der Consular-Agentur in Jassy übergeben wir folgende Mittheilung über die Vorfälle in den Donau-Fürstenthümern der Oeffentlichkeit: Jassy, den 26. Juni 5 Uhr Nachm. In der Wallachei hatte Fürst Bibesko, dem Willen des Volkes nachgebend, die Konstitution angenommen und zu gleicher Zeit ein aus 8 Mitgliedern bestehendes Comité errichtet, wovon der neue Minister Golesko die Kreisbehörden durch ein besonderes Rundschreiben benachrichtigte. Unterdeß kehrte der russische General Duhamel, der von Bukarest nach reußisch-Leowa am Pruth gereist war, nach Jassy zurück und theilte dem türkischen Kommissar Tal-at-Effendi mit, daß ein aus 25,000 Mann Infanterie und Kavallerie bestehendes russisches Heer von Pruth auf moldauisches Gebiet gezogen und heute Abend in Jassy zu erwarten sei. Ein Theil werde als Besatzung zum Schutz der Regierung des Fürsten Stourdza in der Moldau bleiben, der größere Theil sich nach der Wallachei begeben. Noch vorher auf die erste Kunde der in der Wallachei geschehenen Ereignisse hat der Kommissar der Pforte einen Kourier nach Konstantinopel gesandt und den türkischen Heeren den Befehl ertheilt, in die Fürstenthümer einzurücken.

Berlin, 6. Juli.

Es wird herumerzählt, das Ministerium zweifle jetzt, doß es noch in der Kammer auf eine Majorität rechnen könne; das Gerücht fügt hinzu: es sei schon die Rede davon gewesen, Elemente aus der äußersten Linken, wie d'Ester oder Reichenbach, dem Kabinette beizugesellen. ‒ Gestern sind die Minister übrigens in Sanssouci gewesen. Wir müssen erwarten, was der morgende Tag bringen wird.

So eben erfahren wir noch, daß sich bestätige, was schon gestern erzählt wurde, nämlich der Austritt des Herrn Märcker aus dem Ministerium in Folge einer Meinungsverschiedenheit über die Wahl der Geschworenen für die neuen Geschworenengerichte; Hr. Hansemann wollte diese Wahl an einen Census binden, was gegen Hrn. Märckers entschiedene Ansicht ist. Sonach wäre das Ministerium schon wieder so gut wie gesprengt; auch heißt es bereits, daß Hr. v. Auerswald seine Entlassung gefordert habe.

In den Abtheilungen scheint jetzt die Linke moralisch zu überwiegen, wenigstens für den Augenblick; das unparlamentarische Benehnehmen der Rechten in der letzten Sitzung der Nationalversammlung hat ohne Zweifel das Seinige gethan, sie nachgehends niederzudrücken.

‒ Die Verfassungskommission hat sich mit dem Verhältnisse der Kirche zum Staate beschäftigt, deren Trennung sie als nothwendig anerkennt; die Kirchengüter machen Schwierigkeit. ‒ Die Finanzkommission der Versammlung besteht aus folgenden Mitgliedern: Arnz, v. Auerswald, Berends v. Cieszkowski, Contzen, Euler, Feierabend, v. Kirchmann, Kirstein, Kühnemann, Lensing, v. Loë, Reichenbach, Reygers, Riedel, Ritz. Vorsitzender: Lensing; Stellvertreter: Ritz; Schriftführer: Berends und Riedel.

‒ Außer der Petition um nur Eine Kammer, die schon gestern, gleich nach dem Ausgeben der Listen, zahlreiche Unterschriften gewonnen hat und zu einer Monster-Adresse werden zu wollen scheint, circulirt eine andere, um Erlaß einer vorläufigen Habeas-Corpus-Akte, die ebenfalls mit vielen Unterschriften bedeckt wird.

‒ Von den zum Bau der Ostbahn abgesandten Arbeitern sind 25 zurückgekommen, welche haarsträubende Schilderungen von der ihnen widerfahrenen Behandlung machen. Von Seiten der Behörden ‒ an Herrn Milde haben sich deswegen schon Deputationen gewandt ‒ werden die Aussagen der Zurückgekehrten in Zweifel gezogen, ein Maueranschlag that gestern dasselbe; wir erwarten, ehe wir urtheilen, das Ergebniß der näheren Untersuchung dieser sehr wichtigen Angelegenheit.

‒ In Betreff der Gensd'armen gehen verschiedene Gerüchte; nach dem einen sollen sie neben den Konstablern beibehalten werden, nach dem andern abgeschafft oder wenigstens die hier in Berlin bisher in Dienst befindlichen entfernt werden. Die Kosten des Konstabler-Instituts sollen, wie es heißt, nicht aus städtischen, sondern aus Staatsmitteln gedeckt werden.

(B. Z.-H.)

‒ Wir erhalten die Mittheilung, daß das Ministerium des Königl. Hauses unter dem Fürsten von Wittgenstein demnächst aufgelöst werden wird. Die einzelnen Departements desselben sollen den übrigen Ministerien zugewiesen werden.

(Voss. Z.)

‒ Der konstitutionelle Klub hat wegen der Verhaftung des Hrn. Mäder eine Adresse an den Justizminister erlassen, der wir Folgendes entnehmen. Die Adresse selbst ist in der B. Z. H. abgedruckt. Der hiesige Gesanglehrer Mädler, wurde Dienstag den 21. Juni 31/2 Uhr auf der Straße von einem Gensdarm aufgefordert, in einer dringenden Angelegenheit als Zeuge auf dem Kriminalgericht zu erscheinen. Dort angelangt wurde er sofort verhaftet, nachdem sein Sohn am Tage vorher dasselbe Schicksal gehabt hatte. Er fragte vergeblich nach der Ursache seiner Verhaftung. Hr. Staatsanwalt Neumann erwiderte, daß er keinen Grund wisse; man nahm Hrn. Mäder Brieftasche und Augenglas ab, brachte ihn wie einen Kapitalverbrecher in das Gefängnißzimmer 51, verweigerte ihm Lektüre und reichte ihm nach dem Verlauf von 10 Stunden Wasser, Brod und eine Suppe. Mittwoch um 10 Uhr wurde er durch die Verwendung des Hrn. Direktor Rohr vor den Untersuchungsrichter Hrn. Assessor Wollner geführt, der ihm eröffnete, daß er durch schriftliche Denunciation angeklagt sei, am 14. d. M. im Zeughause Waffen ausgetheilt zu haben. Der Angeklagte beschwor seine Unschuld, beschwor, daß er sich während der Erstürmung des Zeughauses anderwärts aufgehalten habe, daß er das Alibi durch eine Reihe glaubwürdiger Zeugen beweisen könne, daß er noch nie in Untersuchung gewesen sei ‒ alles vergeblich. Er fragte nach dem Namen des Denuncianten, ‒ der Assessor Wollner nannte ihn nicht, sondern erwiderte die lebhaften Betheuerungen eines schwergekränkten unbescholtenen Mannes mit schneidendem Hohn, und erlaubte sich in der Folge gegen ihn eine Reihe so kleinlicher und empörender Chikanen, daß wir sie in dieser Eingabe zu erwähnen Anstand nehmen und auf die Beilage I verweisen. Bis zum Freitag den 23. 41/2 Uhr Nachmittags dauerte der Aufenthalt des Angeklagten in einem schlechten Kerker, ohne Lektüre, bei einer Kost, daß er sich bald krank fühlte, ohne daß man ihn mit dem Denuncianten konfrontirte, oder ihn auch nur nannte und ohne daß man seine Entlastungszeugen citirte. Ja dieser Aufenthalt sollte, nach der Absicht des Untersuchungsrichters, wie aus seinen Aeußerungen in der Beilage 3 hervorgeht, Wochen und Monate dauern, indem man den etc. Mäder ohne Weiteres in einen langwierigen Hochverrathsprozeß zu verwickeln gedachte. Da gelang es den Bemühungen seiner Gattin bei dem Hrn. Staatsanwalt Temme, daß das Verhör von sieben Zeugen des Denuncianten beschleunigt wurde, und da sie sämmtlich nichts aussagen konnten, was die Verhaftung rechtfertigte, so wurde der etc. Mäder nebst seinem Sohne vorläufig wieder freigelassen. Gegen seine Gattin erklärte der Staatsanwalt Hr. Neumann, der am Donnerstag von der Ursache der Verhaftung nichts wissen wollte, schriftlich, daß er die Denunciation an den Untersuchungsrichter Assessor Wollner abgegeben habe; über die Art seiner Verhaftung wies er sie an die Vorgesetzten der Polizei. Hr. Polizei-Präsident v. Minutoli hat sich mit der tiefsten Entrüstung über diesen Vorgang ausgesprochen und dem Angeklagten jede Genugthuung von seiner Seite zugesichert.

* Frankfurt, 8. Juli.

Ueber Verlauf und Ausgang der letzten Turnertagsatzung zu Hanau spricht sich Adv. Blöde aus Dresden als Augen- und Ohrenzeuge der dortigen Verhandlungen, in der heutigen Nr. des Fr. Journals, wie folgt aus: „Die bei der Turnertagsatzung eingetretene Trennung zwischen einer Majorität und Minorität war keineswegs eine politisch-prinzipielle, keineswegs eine Trennung zwischen Republikanern und Monarchisten, wie jener Artikel der Aschaffenburger Zeitung sagt: vielmehr haben auch alle Redner der angeblich monarchischen Majorität, mit Ausnahme eines Einzigen, sich im Prinzip entschieden für die republikanische Staatsform (demokratische Republik) erklärt. Die Frage, welche beide Parteien trennte, war lediglich die: ob es, in Berücksichtigung des Zweckes der Tagsatzung, die Gründung eines allgemeinen deutschen Turnerbundes zu bewirken, zweckmäßig sei, ein politisches Glaubensbekenntniß überhaupt, und namentlich ein bestimmtes, an die Spitze der Satzungen des Turnerbundes zu stellen. Lediglich hierin spalteten sich die Ansichten; einzig und allein gegen die Aussprache des demokratisch-republikanischen Prinzips in den Satzungen erklärte sich die Majorität der turnerischen Abgeordneten, und nur deshalb, weil dies die Majorität für eine Lebensfrage ihrer Bestrebungen ansah, schied sie aus. Der Geist der ganzen Versammlung, der berathenden, sowohl wie der zuhörenden, war unverkennbar wesentlich republikanisch.“

19 Frankfurt, 6. Juli.

Der Fürst Thurn und Taxis und sein ehrenwerthes Substitut Dörnberg haben sich von Anfang an in merkwürdiger Weise an der deutschen revolutionären Bewegung betheiligt. Wenn unter ihren Postbeamten einer oder der andere besondere Thätigkeit in den demokratischen Vereinen zeigt, so wird derselbe in Erwägung, daß es in Frankfurt an wühlerischen Talenten nicht fehlt, alsbald in eine beliebige loyale Stadt versetzt, wo seine Wirksamkeit ein reiches Feld findet. So hat der revolutionäre Bürger Dörnberg, der direkt mit dem Fürsten Taxis und indirekt noch mit andern fürstlichen Personen verschwägert ist, im Monat Mai den Postsekretär Klein nach Lübeck versetzt, nachdem derselbe durch eine republikanische Rede die Aufmerksamkeit der Republik Frankfurt im Allgemeinen und der republikanischen Polizeifreunde Jucho, Oehler, Mumm im Besonderen erregt hatte. Gestern ist eine neue Maßregel dieser Art von dem merkwürdigen Bürger Dörnberg beliebt worden. Dem Postsekretär Dr. Wilhelmi, Schriftführer des Arbeiter-Vereins und Abgeordneter des Demokraten-Kongresses, ist die Wahl zwischen Versetzung und ‒ Entlassung anheimgegeben worden, offenbar um durch diese bloß scheinbare

Denunciant war Herr Professor Unzelmann, Puttkammerstraße 3, Mitglied des Preußenvereins.
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          <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 6. Juli.</head>
          <p>Das Ministerium fällt nicht wegen <hi rendition="#g">Verschiedenheit</hi> in                         seinen Ansichten, sondern wegen <hi rendition="#g">Mangel</hi> an Ansichten.                         Es hatte sich alle Parteien verfeindet. Die aristokratische Partei, die                         bekanntlich jetzt in Potsdam eine große Rolle spielt, ist wüthend auf                         Hansemann, von dem sie behauptet, er encanaillire die Monarchie; diese                         Partei setzte alle Kräfte daran, Hansemann zu stürzen und es scheint, daß                         sie ihn wirklich in Verbindung mit der Linken aus dem Sattel gehoben hat.                         Diesmal wird der Ritter ohne Furcht und Tadel unterliegen müssen. &#x2012; Mit der <hi rendition="#g">rechten</hi> Seite der Kammer hatte es das                         Ministerium durch die Anerkennung der Revolution verdorben; das Centrum                         versagte seine Unterstützung von Anfang an, weil keines seiner Mitglieder                         in's Ministerium gekommen war; und die Linke, gegen diese erklärte das                         Ministerium selbst, kämpfen zu wollen. &#x2012; Ein solches Ministerium mußte                         schnell auseinanderfallen, wären auch nicht noch die wichtigsten Fragen in                         den letzten Tagen hinzugekommen, Fragen, deren Lösung seine platten Kräfte                         überstieg.</p>
          <p>Ein Gegenstand des allgemeinen Tagesgesprächs bilden seit einigen Tagen die                         Vorfälle zwischen den Professoren <hi rendition="#g">Lachmann</hi> und <hi rendition="#g">Franz.</hi> Letzterer hatte es übernommen, den                         Lektions-Katalog der hiesigen Universität für das nächste Semester mit der                         gebräuchlichen gelehrten Einleitung in lateinischer Sprache auszuarbeiten,                         in deren Eingang er mit Rücksicht auf die politische Gestaltung des Tages,                         die früheren Zustände stark geißelte. Es heißt darin unter Anderm: &#x201E;So                         günstig auch die Verhältnisse den Theilnahmlosen oder Fernstehenden                         erscheinen mochten, bei der Beschaffenheit des deutschen Bundes und der                         deutschen Königreiche hielten uns Furcht, Drohungen, Gewalt gleichsam                         belagert, um unsere Stimme verstummen zu lassen; und wie das Alterthum sah,                         was das Aeußerste im Genuß der Freiheit ist, so wir, was in der Gewohnheit                         der Unterwürfigkeit. Um so glücklicher dünkt uns unser Loos, daß wir in                         dieser Zeit athmen und leben, in welcher das Licht der Freiheit über Preußen                         und ganz Deutschland zum ersten Male aufgegangen ist; wo wir Euch (den                         Commilitonen) zugleich Glück wünschen können, daß Ihr in dem gefahrvollsten                         Augenblick des Staates ein so schönes Zeugniß von Gesinnung, Mäßigung und                         Ordnung an den Tag gelegt und Euch anheischig gemacht habt, nicht nur den                         Genuß, sondern auch den Ruhm der errungenen Freiheit mit dem Volk zu                         theilen. Die Zeit ist gekommen, wo die Völker Deutschlands siegten, nachdem                         sie des Druckes müde geworden waren.&#x201C; &#x2012; Der Professor <hi rendition="#g">Franz</hi> überreichte die Arbeit dem Professor <hi rendition="#g">Lachmann,</hi> als dem zeitigen Dekan, mit dem Gesuch, sie dem Senat                         vorzulegen und die nach den Gesetzen erforderliche Genehmigung desselben zum                         Druck einzuholen. Statt dessen aber erhielt er alsbald das Manuscript mit                         dem folgenden sackgroben Begleitschreiben des Professor <hi rendition="#g">Lachmann</hi> zurückgesandt: &#x201E;Ich hatte geglaubt, mein vorläufiges                         Ablehnen einer stark politischen Vorrede zum Lections-Catalog würde Sie                         wenigstens zu einiger Mäßigung bewogen haben. Die hiebei zurückerfolgende                         Einleitung aber kann ich weder selbst verantworten, noch ist es meiner                         würdig, der Prüfung des Senats eine Schrift vorzulegen, die mein natürliches                         und menschliches Gefühl empört. Es geht mich wenig an, wie Sie Ihrem                         Wohlthäter, dem König, danken, aber der Senat kann weder wie der Bediente                         des Herrn Held sprechen, noch will er den Studenten sich zum Bedienten                         empfehlen, den sie nicht brauchen, und den sie auch nicht wollen, weil sie                         leicht genug merken, wer sie um einen Bissen anwedelt. Um ein Proemium bin                         ich nicht verlegen; ich habe auch nichts dagegen, wenn Sie mich nun nach                         beliebter Art als einen Reaktionär verschreien wollen. Versuchen Sie                         immerhin, einen freien (!) und geachteten (?) Charakter zu beschimpfen: ich                         werde meine Würde zu behaupten wissen. Dem Senat brauchen Sie nicht zu                         zürnen, weil er an meinem Entschluß, Ihre Vorrede zurückzuschicken, keinen                         Antheil hat.&#x201C; &#x2012; Die Grobheit des Prof. Lachmann's war schon längst                         sprichwörtlich geworden, diesmal hat er aber sich selbst übertroffen. Wie                         unwürdig ist es aber gar von ihm, den Prof. Franz an die Wohlthaten des                         Königs zu erinnern, Wohlthaten, die soviel uns bekannt sind, in Reisegeldern                         nach Italien bestanden haben, also nicht sowohl der Person, als vielmehr der                         Wissenschaft gegolten haben, reich von Herrn Franz aufgewogen sind und                         überhaupt in keiner Weise durch die oben gedachte Arbeit desselben, berührt                         werden.</p>
          <p>An der heutigen Börse war die Nachricht von einem <hi rendition="#g">Friedensabschluß mit Dänemark,</hi> oder wie Einige sagten, von einem                         dreimonatlichen Waffenstillstand, verbreitet. Die in Dänemark                         zurückgehaltenen deutschen Schiffe sollen sofort freigegeben, aber Schleswig                         einstweilen ganz von den deutschen Truppen geräumt werden. In Folge dieser                         Nachricht stiegen alle Course sehr bedeutend, so daß man die Ministerkrisis                         nicht der geringsten Beachtung werth fand. Die Börse ist so klug einzusehen,                         daß wir jedenfalls ein besseres Ministerium als das jetzige, bekommen                         werden, und Hansemann hat auch bei den Börsenmännern alles Vertrauen                         verloren.</p>
          <p>Die dritte Abtheilung hat in der Kommission zur Untersuchung der Vorfälle im                         Großherzogthum Posen, den Abgeordneten Dr. D'Ester gewählt. Es ist dies das                         erste Mal, daß in dieser Abtheilung, worin die Majorität aus Mitgliedern der                         Rechten besteht, ein Mitglied der Linken in eine Kommission gewählt wurde.                         Bei der Wahl der Fachkommission, wo das politische Interesse doch ganz außer                         Spiel bleibt, wurden nur Mitglieder der Rechten gewählt, obgleich sich                         mehrere Andere, die das Fach viel besser verstanden, um die Wahl bewarben.                         Das wurde endlich zu arg, und Dr. D'Ester machte der ganzen Abtheilung über                         dies unwürdige Benehmen die härtesten Vorwürfe. Die mußten durchgedrungen                         sein; denn man wählte ihn, obgleich von der <hi rendition="#g">äußersten                             Linken,</hi> in die <hi rendition="#g">Polen-Kommission.</hi> Oder                         geschah diese Wahl vielleicht aus Furcht der ehrenwerthen Rechten, daß bei                         einer möglichen Reise nach Posen, die in der Kommission beschlossen werden                         möchte, ihre unverletzlichen Personen, in dieser Provinz, nicht sicher                         seien? &#x2012; Jedenfalls ist es ein Gewinn für die gute Sache, daß D'Ester in                         diese Kommission gewählt wurde.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar039_006" type="jArticle">
          <head>Berlin, 6. Juli.</head>
          <p>Die Z.-H. berichtet, nach der Lemberger poln. Ztg.: Aus einer uns                         mitgetheilten Depesche der Consular-Agentur in Jassy übergeben wir folgende                         Mittheilung über die Vorfälle in den Donau-Fürstenthümern der                         Oeffentlichkeit: Jassy, den 26. Juni 5 Uhr Nachm. In der Wallachei hatte                         Fürst Bibesko, dem Willen des Volkes nachgebend, die Konstitution angenommen                         und zu gleicher Zeit ein aus 8 Mitgliedern bestehendes Comité errichtet,                         wovon der neue Minister Golesko die Kreisbehörden durch ein besonderes                         Rundschreiben benachrichtigte. Unterdeß kehrte der russische General                         Duhamel, der von Bukarest nach reußisch-Leowa am Pruth gereist war, nach                         Jassy zurück und theilte dem türkischen Kommissar Tal-at-Effendi mit, daß                         ein aus 25,000 Mann Infanterie und Kavallerie bestehendes russisches Heer                         von Pruth auf moldauisches Gebiet gezogen und heute Abend in Jassy zu                         erwarten sei. Ein Theil werde als Besatzung zum Schutz der Regierung des                         Fürsten Stourdza in der Moldau bleiben, der größere Theil sich nach der                         Wallachei begeben. Noch vorher auf die erste Kunde der in der Wallachei                         geschehenen Ereignisse hat der Kommissar der Pforte einen Kourier nach                         Konstantinopel gesandt und den türkischen Heeren den Befehl ertheilt, in die                         Fürstenthümer einzurücken.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar039_007" type="jArticle">
          <head>Berlin, 6. Juli.</head>
          <p>Es wird herumerzählt, das Ministerium zweifle jetzt, doß es noch in der                         Kammer auf eine Majorität rechnen könne; das Gerücht fügt hinzu: es sei                         schon die Rede davon gewesen, Elemente aus der äußersten Linken, wie d'Ester                         oder Reichenbach, dem Kabinette beizugesellen. &#x2012; Gestern sind die Minister                         übrigens in Sanssouci gewesen. Wir müssen erwarten, was der morgende Tag                         bringen wird.</p>
          <p>So eben erfahren wir noch, daß sich bestätige, was schon gestern erzählt                         wurde, nämlich der <hi rendition="#g">Austritt des Herrn Märcker</hi> aus                         dem Ministerium in Folge einer Meinungsverschiedenheit über die Wahl der                         Geschworenen für die neuen Geschworenengerichte; Hr. Hansemann wollte diese                         Wahl an einen Census binden, was gegen Hrn. Märckers entschiedene Ansicht                         ist. Sonach wäre das Ministerium schon wieder so gut wie gesprengt; auch                         heißt es bereits, daß <hi rendition="#g">Hr. v. Auerswald seine Entlassung                             gefordert habe.</hi></p>
          <p>In den Abtheilungen scheint jetzt die Linke moralisch zu überwiegen,                         wenigstens für den Augenblick; das unparlamentarische Benehnehmen der                         Rechten in der letzten Sitzung der Nationalversammlung hat ohne Zweifel das                         Seinige gethan, sie nachgehends niederzudrücken.</p>
          <p>&#x2012; Die Verfassungskommission hat sich mit dem Verhältnisse der Kirche zum                         Staate beschäftigt, deren Trennung sie als nothwendig anerkennt; die                         Kirchengüter machen Schwierigkeit. &#x2012; Die Finanzkommission der Versammlung                         besteht aus folgenden Mitgliedern: Arnz, v. Auerswald, Berends v.                         Cieszkowski, Contzen, Euler, Feierabend, v. Kirchmann, Kirstein, Kühnemann,                         Lensing, v. Loë, Reichenbach, Reygers, Riedel, Ritz. Vorsitzender: Lensing;                         Stellvertreter: Ritz; Schriftführer: Berends und Riedel.</p>
          <p>&#x2012; Außer der Petition um nur Eine Kammer, die schon gestern, gleich nach dem                         Ausgeben der Listen, zahlreiche Unterschriften gewonnen hat und zu einer                         Monster-Adresse werden zu wollen scheint, circulirt eine andere, um Erlaß                         einer vorläufigen Habeas-Corpus-Akte, die ebenfalls mit vielen                         Unterschriften bedeckt wird.</p>
          <p>&#x2012; Von den zum Bau der Ostbahn abgesandten Arbeitern sind 25 zurückgekommen,                         welche haarsträubende Schilderungen von der ihnen widerfahrenen Behandlung                         machen. Von Seiten der Behörden &#x2012; an Herrn Milde haben sich deswegen schon                         Deputationen gewandt &#x2012; werden die Aussagen der Zurückgekehrten in Zweifel                         gezogen, ein Maueranschlag that gestern dasselbe; wir erwarten, ehe wir                         urtheilen, das Ergebniß der näheren Untersuchung dieser sehr wichtigen                         Angelegenheit.</p>
          <p>&#x2012; In Betreff der Gensd'armen gehen verschiedene Gerüchte; nach dem einen                         sollen sie neben den Konstablern beibehalten werden, nach dem andern                         abgeschafft oder wenigstens die hier in Berlin bisher in Dienst befindlichen                         entfernt werden. Die Kosten des Konstabler-Instituts sollen, wie es heißt,                         nicht aus städtischen, sondern aus Staatsmitteln gedeckt werden.</p>
          <bibl>(B. Z.-H.)</bibl>
          <p>&#x2012; Wir erhalten die Mittheilung, daß das Ministerium des Königl. Hauses unter                         dem Fürsten von Wittgenstein demnächst aufgelöst werden wird. Die einzelnen                         Departements desselben sollen den übrigen Ministerien zugewiesen werden.</p>
          <bibl>(Voss. Z.)</bibl>
          <p>&#x2012; Der konstitutionelle Klub hat wegen der Verhaftung des Hrn. Mäder eine                         Adresse an den Justizminister erlassen, der wir Folgendes entnehmen. Die                         Adresse selbst ist in der B. Z. H. abgedruckt. Der hiesige Gesanglehrer                         Mädler, wurde Dienstag den 21. Juni 31/2 Uhr auf der Straße von einem                         Gensdarm aufgefordert, in einer dringenden Angelegenheit als Zeuge auf dem                         Kriminalgericht zu erscheinen. Dort angelangt wurde er sofort verhaftet,                         nachdem sein Sohn am Tage vorher dasselbe Schicksal gehabt hatte. Er fragte                         vergeblich nach der Ursache seiner Verhaftung. Hr. Staatsanwalt Neumann                         erwiderte, daß er keinen Grund wisse; man nahm Hrn. Mäder Brieftasche und                         Augenglas ab, brachte ihn wie einen Kapitalverbrecher in das Gefängnißzimmer                         51, verweigerte ihm Lektüre und reichte ihm nach dem Verlauf von 10 Stunden                         Wasser, Brod und eine Suppe. Mittwoch um 10 Uhr wurde er durch die                         Verwendung des Hrn. Direktor Rohr vor den Untersuchungsrichter Hrn. Assessor                         Wollner geführt, der ihm eröffnete, daß er durch schriftliche Denunciation                             <note place="foot">Denunciant war Herr Professor Unzelmann,                             Puttkammerstraße 3, Mitglied des Preußenvereins.</note> angeklagt sei,                         am 14. d. M. im Zeughause Waffen ausgetheilt zu haben. Der Angeklagte                         beschwor seine Unschuld, beschwor, daß er sich während der Erstürmung des                         Zeughauses anderwärts aufgehalten habe, daß er das Alibi durch eine Reihe                         glaubwürdiger Zeugen beweisen könne, daß er noch nie in Untersuchung gewesen                         sei &#x2012; alles vergeblich. Er fragte nach dem Namen des Denuncianten, &#x2012; der                         Assessor Wollner nannte ihn nicht, sondern erwiderte die lebhaften                         Betheuerungen eines schwergekränkten unbescholtenen Mannes mit schneidendem                         Hohn, und erlaubte sich in der Folge gegen ihn eine Reihe so kleinlicher und                         empörender Chikanen, daß wir sie in dieser Eingabe zu erwähnen Anstand                         nehmen und auf die Beilage <hi rendition="#b">I</hi> verweisen. Bis zum                         Freitag den 23. 41/2 Uhr Nachmittags dauerte der Aufenthalt des Angeklagten                         in einem schlechten Kerker, ohne Lektüre, bei einer Kost, daß er sich bald                         krank fühlte, ohne daß man ihn mit dem Denuncianten konfrontirte, oder ihn                         auch nur nannte und ohne daß man seine Entlastungszeugen citirte. Ja dieser                         Aufenthalt sollte, nach der Absicht des Untersuchungsrichters, wie aus                         seinen Aeußerungen in der Beilage 3 hervorgeht, Wochen und Monate dauern,                         indem man den etc. Mäder ohne Weiteres in einen langwierigen                         Hochverrathsprozeß zu verwickeln gedachte. Da gelang es den Bemühungen                         seiner Gattin bei dem Hrn. Staatsanwalt Temme, daß das Verhör von sieben                         Zeugen des Denuncianten beschleunigt wurde, und da sie sämmtlich nichts                         aussagen konnten, was die Verhaftung rechtfertigte, so wurde der etc. Mäder                         nebst seinem Sohne vorläufig wieder freigelassen. Gegen seine Gattin                         erklärte der Staatsanwalt Hr. Neumann, der am Donnerstag von der Ursache der                         Verhaftung nichts wissen wollte, schriftlich, daß er die Denunciation an den                         Untersuchungsrichter Assessor Wollner abgegeben habe; über die Art seiner                         Verhaftung wies er sie an die Vorgesetzten der Polizei. Hr.                         Polizei-Präsident v. Minutoli hat sich mit der tiefsten Entrüstung über                         diesen Vorgang ausgesprochen und dem Angeklagten jede Genugthuung von seiner                         Seite zugesichert.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Frankfurt, 8. Juli.</head>
          <p>Ueber Verlauf und Ausgang der letzten Turnertagsatzung zu Hanau spricht sich                         Adv. <hi rendition="#g">Blöde</hi> aus Dresden als Augen- und Ohrenzeuge der                         dortigen Verhandlungen, in der heutigen Nr. des Fr. Journals, wie folgt aus:                         &#x201E;Die bei der Turnertagsatzung eingetretene Trennung zwischen einer Majorität                         und Minorität war keineswegs eine politisch-prinzipielle, keineswegs eine                         Trennung zwischen Republikanern und Monarchisten, wie jener Artikel der                         Aschaffenburger Zeitung sagt: vielmehr haben auch alle Redner der angeblich                         monarchischen Majorität, mit Ausnahme eines Einzigen, sich im Prinzip                         entschieden für die republikanische Staatsform (demokratische Republik)                         erklärt. Die Frage, welche beide Parteien trennte, war lediglich die: ob es,                         in Berücksichtigung des Zweckes der Tagsatzung, die Gründung eines                         allgemeinen deutschen Turnerbundes zu bewirken, zweckmäßig sei, ein                         politisches Glaubensbekenntniß überhaupt, und namentlich ein bestimmtes, an                         die Spitze der Satzungen des Turnerbundes zu stellen. Lediglich hierin                         spalteten sich die Ansichten; einzig und allein gegen die Aussprache des                         demokratisch-republikanischen Prinzips in den Satzungen erklärte sich die                         Majorität der turnerischen Abgeordneten, und nur deshalb, weil dies die                         Majorität für eine Lebensfrage ihrer Bestrebungen ansah, schied sie aus. Der                         Geist der ganzen Versammlung, der berathenden, sowohl wie der zuhörenden,                         war unverkennbar wesentlich republikanisch.&#x201C;</p>
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          <head><bibl><author>19</author></bibl> Frankfurt, 6. Juli.</head>
          <p>Der Fürst Thurn und Taxis und sein ehrenwerthes Substitut Dörnberg haben sich                         von Anfang an in merkwürdiger Weise an der deutschen revolutionären Bewegung                         betheiligt. Wenn unter ihren Postbeamten einer oder der andere besondere                         Thätigkeit in den demokratischen Vereinen zeigt, so wird derselbe in                         Erwägung, daß es in Frankfurt an wühlerischen Talenten nicht fehlt, alsbald                         in eine beliebige loyale Stadt versetzt, wo seine Wirksamkeit ein reiches                         Feld findet. So hat der revolutionäre Bürger Dörnberg, der direkt mit dem                         Fürsten Taxis und indirekt noch mit andern fürstlichen Personen verschwägert                         ist, im Monat Mai den Postsekretär Klein nach Lübeck versetzt, nachdem                         derselbe durch eine republikanische Rede die Aufmerksamkeit der Republik                         Frankfurt im Allgemeinen und der republikanischen Polizeifreunde Jucho,                         Oehler, Mumm im Besonderen erregt hatte. Gestern ist eine neue Maßregel                         dieser Art von dem merkwürdigen Bürger Dörnberg beliebt worden. Dem                         Postsekretär Dr. Wilhelmi, Schriftführer des Arbeiter-Vereins und                         Abgeordneter des Demokraten-Kongresses, ist die Wahl zwischen Versetzung und                         &#x2012; Entlassung anheimgegeben worden, offenbar um durch diese bloß scheinbare
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[0192/0002] [Deutschland] 103 Berlin, 6. Juli. Das Ministerium fällt nicht wegen Verschiedenheit in seinen Ansichten, sondern wegen Mangel an Ansichten. Es hatte sich alle Parteien verfeindet. Die aristokratische Partei, die bekanntlich jetzt in Potsdam eine große Rolle spielt, ist wüthend auf Hansemann, von dem sie behauptet, er encanaillire die Monarchie; diese Partei setzte alle Kräfte daran, Hansemann zu stürzen und es scheint, daß sie ihn wirklich in Verbindung mit der Linken aus dem Sattel gehoben hat. Diesmal wird der Ritter ohne Furcht und Tadel unterliegen müssen. ‒ Mit der rechten Seite der Kammer hatte es das Ministerium durch die Anerkennung der Revolution verdorben; das Centrum versagte seine Unterstützung von Anfang an, weil keines seiner Mitglieder in's Ministerium gekommen war; und die Linke, gegen diese erklärte das Ministerium selbst, kämpfen zu wollen. ‒ Ein solches Ministerium mußte schnell auseinanderfallen, wären auch nicht noch die wichtigsten Fragen in den letzten Tagen hinzugekommen, Fragen, deren Lösung seine platten Kräfte überstieg. Ein Gegenstand des allgemeinen Tagesgesprächs bilden seit einigen Tagen die Vorfälle zwischen den Professoren Lachmann und Franz. Letzterer hatte es übernommen, den Lektions-Katalog der hiesigen Universität für das nächste Semester mit der gebräuchlichen gelehrten Einleitung in lateinischer Sprache auszuarbeiten, in deren Eingang er mit Rücksicht auf die politische Gestaltung des Tages, die früheren Zustände stark geißelte. Es heißt darin unter Anderm: „So günstig auch die Verhältnisse den Theilnahmlosen oder Fernstehenden erscheinen mochten, bei der Beschaffenheit des deutschen Bundes und der deutschen Königreiche hielten uns Furcht, Drohungen, Gewalt gleichsam belagert, um unsere Stimme verstummen zu lassen; und wie das Alterthum sah, was das Aeußerste im Genuß der Freiheit ist, so wir, was in der Gewohnheit der Unterwürfigkeit. Um so glücklicher dünkt uns unser Loos, daß wir in dieser Zeit athmen und leben, in welcher das Licht der Freiheit über Preußen und ganz Deutschland zum ersten Male aufgegangen ist; wo wir Euch (den Commilitonen) zugleich Glück wünschen können, daß Ihr in dem gefahrvollsten Augenblick des Staates ein so schönes Zeugniß von Gesinnung, Mäßigung und Ordnung an den Tag gelegt und Euch anheischig gemacht habt, nicht nur den Genuß, sondern auch den Ruhm der errungenen Freiheit mit dem Volk zu theilen. Die Zeit ist gekommen, wo die Völker Deutschlands siegten, nachdem sie des Druckes müde geworden waren.“ ‒ Der Professor Franz überreichte die Arbeit dem Professor Lachmann, als dem zeitigen Dekan, mit dem Gesuch, sie dem Senat vorzulegen und die nach den Gesetzen erforderliche Genehmigung desselben zum Druck einzuholen. Statt dessen aber erhielt er alsbald das Manuscript mit dem folgenden sackgroben Begleitschreiben des Professor Lachmann zurückgesandt: „Ich hatte geglaubt, mein vorläufiges Ablehnen einer stark politischen Vorrede zum Lections-Catalog würde Sie wenigstens zu einiger Mäßigung bewogen haben. Die hiebei zurückerfolgende Einleitung aber kann ich weder selbst verantworten, noch ist es meiner würdig, der Prüfung des Senats eine Schrift vorzulegen, die mein natürliches und menschliches Gefühl empört. Es geht mich wenig an, wie Sie Ihrem Wohlthäter, dem König, danken, aber der Senat kann weder wie der Bediente des Herrn Held sprechen, noch will er den Studenten sich zum Bedienten empfehlen, den sie nicht brauchen, und den sie auch nicht wollen, weil sie leicht genug merken, wer sie um einen Bissen anwedelt. Um ein Proemium bin ich nicht verlegen; ich habe auch nichts dagegen, wenn Sie mich nun nach beliebter Art als einen Reaktionär verschreien wollen. Versuchen Sie immerhin, einen freien (!) und geachteten (?) Charakter zu beschimpfen: ich werde meine Würde zu behaupten wissen. Dem Senat brauchen Sie nicht zu zürnen, weil er an meinem Entschluß, Ihre Vorrede zurückzuschicken, keinen Antheil hat.“ ‒ Die Grobheit des Prof. Lachmann's war schon längst sprichwörtlich geworden, diesmal hat er aber sich selbst übertroffen. Wie unwürdig ist es aber gar von ihm, den Prof. Franz an die Wohlthaten des Königs zu erinnern, Wohlthaten, die soviel uns bekannt sind, in Reisegeldern nach Italien bestanden haben, also nicht sowohl der Person, als vielmehr der Wissenschaft gegolten haben, reich von Herrn Franz aufgewogen sind und überhaupt in keiner Weise durch die oben gedachte Arbeit desselben, berührt werden. An der heutigen Börse war die Nachricht von einem Friedensabschluß mit Dänemark, oder wie Einige sagten, von einem dreimonatlichen Waffenstillstand, verbreitet. Die in Dänemark zurückgehaltenen deutschen Schiffe sollen sofort freigegeben, aber Schleswig einstweilen ganz von den deutschen Truppen geräumt werden. In Folge dieser Nachricht stiegen alle Course sehr bedeutend, so daß man die Ministerkrisis nicht der geringsten Beachtung werth fand. Die Börse ist so klug einzusehen, daß wir jedenfalls ein besseres Ministerium als das jetzige, bekommen werden, und Hansemann hat auch bei den Börsenmännern alles Vertrauen verloren. Die dritte Abtheilung hat in der Kommission zur Untersuchung der Vorfälle im Großherzogthum Posen, den Abgeordneten Dr. D'Ester gewählt. Es ist dies das erste Mal, daß in dieser Abtheilung, worin die Majorität aus Mitgliedern der Rechten besteht, ein Mitglied der Linken in eine Kommission gewählt wurde. Bei der Wahl der Fachkommission, wo das politische Interesse doch ganz außer Spiel bleibt, wurden nur Mitglieder der Rechten gewählt, obgleich sich mehrere Andere, die das Fach viel besser verstanden, um die Wahl bewarben. Das wurde endlich zu arg, und Dr. D'Ester machte der ganzen Abtheilung über dies unwürdige Benehmen die härtesten Vorwürfe. Die mußten durchgedrungen sein; denn man wählte ihn, obgleich von der äußersten Linken, in die Polen-Kommission. Oder geschah diese Wahl vielleicht aus Furcht der ehrenwerthen Rechten, daß bei einer möglichen Reise nach Posen, die in der Kommission beschlossen werden möchte, ihre unverletzlichen Personen, in dieser Provinz, nicht sicher seien? ‒ Jedenfalls ist es ein Gewinn für die gute Sache, daß D'Ester in diese Kommission gewählt wurde. Berlin, 6. Juli. Die Z.-H. berichtet, nach der Lemberger poln. Ztg.: Aus einer uns mitgetheilten Depesche der Consular-Agentur in Jassy übergeben wir folgende Mittheilung über die Vorfälle in den Donau-Fürstenthümern der Oeffentlichkeit: Jassy, den 26. Juni 5 Uhr Nachm. In der Wallachei hatte Fürst Bibesko, dem Willen des Volkes nachgebend, die Konstitution angenommen und zu gleicher Zeit ein aus 8 Mitgliedern bestehendes Comité errichtet, wovon der neue Minister Golesko die Kreisbehörden durch ein besonderes Rundschreiben benachrichtigte. Unterdeß kehrte der russische General Duhamel, der von Bukarest nach reußisch-Leowa am Pruth gereist war, nach Jassy zurück und theilte dem türkischen Kommissar Tal-at-Effendi mit, daß ein aus 25,000 Mann Infanterie und Kavallerie bestehendes russisches Heer von Pruth auf moldauisches Gebiet gezogen und heute Abend in Jassy zu erwarten sei. Ein Theil werde als Besatzung zum Schutz der Regierung des Fürsten Stourdza in der Moldau bleiben, der größere Theil sich nach der Wallachei begeben. Noch vorher auf die erste Kunde der in der Wallachei geschehenen Ereignisse hat der Kommissar der Pforte einen Kourier nach Konstantinopel gesandt und den türkischen Heeren den Befehl ertheilt, in die Fürstenthümer einzurücken. Berlin, 6. Juli. Es wird herumerzählt, das Ministerium zweifle jetzt, doß es noch in der Kammer auf eine Majorität rechnen könne; das Gerücht fügt hinzu: es sei schon die Rede davon gewesen, Elemente aus der äußersten Linken, wie d'Ester oder Reichenbach, dem Kabinette beizugesellen. ‒ Gestern sind die Minister übrigens in Sanssouci gewesen. Wir müssen erwarten, was der morgende Tag bringen wird. So eben erfahren wir noch, daß sich bestätige, was schon gestern erzählt wurde, nämlich der Austritt des Herrn Märcker aus dem Ministerium in Folge einer Meinungsverschiedenheit über die Wahl der Geschworenen für die neuen Geschworenengerichte; Hr. Hansemann wollte diese Wahl an einen Census binden, was gegen Hrn. Märckers entschiedene Ansicht ist. Sonach wäre das Ministerium schon wieder so gut wie gesprengt; auch heißt es bereits, daß Hr. v. Auerswald seine Entlassung gefordert habe. In den Abtheilungen scheint jetzt die Linke moralisch zu überwiegen, wenigstens für den Augenblick; das unparlamentarische Benehnehmen der Rechten in der letzten Sitzung der Nationalversammlung hat ohne Zweifel das Seinige gethan, sie nachgehends niederzudrücken. ‒ Die Verfassungskommission hat sich mit dem Verhältnisse der Kirche zum Staate beschäftigt, deren Trennung sie als nothwendig anerkennt; die Kirchengüter machen Schwierigkeit. ‒ Die Finanzkommission der Versammlung besteht aus folgenden Mitgliedern: Arnz, v. Auerswald, Berends v. Cieszkowski, Contzen, Euler, Feierabend, v. Kirchmann, Kirstein, Kühnemann, Lensing, v. Loë, Reichenbach, Reygers, Riedel, Ritz. Vorsitzender: Lensing; Stellvertreter: Ritz; Schriftführer: Berends und Riedel. ‒ Außer der Petition um nur Eine Kammer, die schon gestern, gleich nach dem Ausgeben der Listen, zahlreiche Unterschriften gewonnen hat und zu einer Monster-Adresse werden zu wollen scheint, circulirt eine andere, um Erlaß einer vorläufigen Habeas-Corpus-Akte, die ebenfalls mit vielen Unterschriften bedeckt wird. ‒ Von den zum Bau der Ostbahn abgesandten Arbeitern sind 25 zurückgekommen, welche haarsträubende Schilderungen von der ihnen widerfahrenen Behandlung machen. Von Seiten der Behörden ‒ an Herrn Milde haben sich deswegen schon Deputationen gewandt ‒ werden die Aussagen der Zurückgekehrten in Zweifel gezogen, ein Maueranschlag that gestern dasselbe; wir erwarten, ehe wir urtheilen, das Ergebniß der näheren Untersuchung dieser sehr wichtigen Angelegenheit. ‒ In Betreff der Gensd'armen gehen verschiedene Gerüchte; nach dem einen sollen sie neben den Konstablern beibehalten werden, nach dem andern abgeschafft oder wenigstens die hier in Berlin bisher in Dienst befindlichen entfernt werden. Die Kosten des Konstabler-Instituts sollen, wie es heißt, nicht aus städtischen, sondern aus Staatsmitteln gedeckt werden. (B. Z.-H.) ‒ Wir erhalten die Mittheilung, daß das Ministerium des Königl. Hauses unter dem Fürsten von Wittgenstein demnächst aufgelöst werden wird. Die einzelnen Departements desselben sollen den übrigen Ministerien zugewiesen werden. (Voss. Z.) ‒ Der konstitutionelle Klub hat wegen der Verhaftung des Hrn. Mäder eine Adresse an den Justizminister erlassen, der wir Folgendes entnehmen. Die Adresse selbst ist in der B. Z. H. abgedruckt. Der hiesige Gesanglehrer Mädler, wurde Dienstag den 21. Juni 31/2 Uhr auf der Straße von einem Gensdarm aufgefordert, in einer dringenden Angelegenheit als Zeuge auf dem Kriminalgericht zu erscheinen. Dort angelangt wurde er sofort verhaftet, nachdem sein Sohn am Tage vorher dasselbe Schicksal gehabt hatte. Er fragte vergeblich nach der Ursache seiner Verhaftung. Hr. Staatsanwalt Neumann erwiderte, daß er keinen Grund wisse; man nahm Hrn. Mäder Brieftasche und Augenglas ab, brachte ihn wie einen Kapitalverbrecher in das Gefängnißzimmer 51, verweigerte ihm Lektüre und reichte ihm nach dem Verlauf von 10 Stunden Wasser, Brod und eine Suppe. Mittwoch um 10 Uhr wurde er durch die Verwendung des Hrn. Direktor Rohr vor den Untersuchungsrichter Hrn. Assessor Wollner geführt, der ihm eröffnete, daß er durch schriftliche Denunciation angeklagt sei, am 14. d. M. im Zeughause Waffen ausgetheilt zu haben. Der Angeklagte beschwor seine Unschuld, beschwor, daß er sich während der Erstürmung des Zeughauses anderwärts aufgehalten habe, daß er das Alibi durch eine Reihe glaubwürdiger Zeugen beweisen könne, daß er noch nie in Untersuchung gewesen sei ‒ alles vergeblich. Er fragte nach dem Namen des Denuncianten, ‒ der Assessor Wollner nannte ihn nicht, sondern erwiderte die lebhaften Betheuerungen eines schwergekränkten unbescholtenen Mannes mit schneidendem Hohn, und erlaubte sich in der Folge gegen ihn eine Reihe so kleinlicher und empörender Chikanen, daß wir sie in dieser Eingabe zu erwähnen Anstand nehmen und auf die Beilage I verweisen. Bis zum Freitag den 23. 41/2 Uhr Nachmittags dauerte der Aufenthalt des Angeklagten in einem schlechten Kerker, ohne Lektüre, bei einer Kost, daß er sich bald krank fühlte, ohne daß man ihn mit dem Denuncianten konfrontirte, oder ihn auch nur nannte und ohne daß man seine Entlastungszeugen citirte. Ja dieser Aufenthalt sollte, nach der Absicht des Untersuchungsrichters, wie aus seinen Aeußerungen in der Beilage 3 hervorgeht, Wochen und Monate dauern, indem man den etc. Mäder ohne Weiteres in einen langwierigen Hochverrathsprozeß zu verwickeln gedachte. Da gelang es den Bemühungen seiner Gattin bei dem Hrn. Staatsanwalt Temme, daß das Verhör von sieben Zeugen des Denuncianten beschleunigt wurde, und da sie sämmtlich nichts aussagen konnten, was die Verhaftung rechtfertigte, so wurde der etc. Mäder nebst seinem Sohne vorläufig wieder freigelassen. Gegen seine Gattin erklärte der Staatsanwalt Hr. Neumann, der am Donnerstag von der Ursache der Verhaftung nichts wissen wollte, schriftlich, daß er die Denunciation an den Untersuchungsrichter Assessor Wollner abgegeben habe; über die Art seiner Verhaftung wies er sie an die Vorgesetzten der Polizei. Hr. Polizei-Präsident v. Minutoli hat sich mit der tiefsten Entrüstung über diesen Vorgang ausgesprochen und dem Angeklagten jede Genugthuung von seiner Seite zugesichert. * Frankfurt, 8. Juli. Ueber Verlauf und Ausgang der letzten Turnertagsatzung zu Hanau spricht sich Adv. Blöde aus Dresden als Augen- und Ohrenzeuge der dortigen Verhandlungen, in der heutigen Nr. des Fr. Journals, wie folgt aus: „Die bei der Turnertagsatzung eingetretene Trennung zwischen einer Majorität und Minorität war keineswegs eine politisch-prinzipielle, keineswegs eine Trennung zwischen Republikanern und Monarchisten, wie jener Artikel der Aschaffenburger Zeitung sagt: vielmehr haben auch alle Redner der angeblich monarchischen Majorität, mit Ausnahme eines Einzigen, sich im Prinzip entschieden für die republikanische Staatsform (demokratische Republik) erklärt. Die Frage, welche beide Parteien trennte, war lediglich die: ob es, in Berücksichtigung des Zweckes der Tagsatzung, die Gründung eines allgemeinen deutschen Turnerbundes zu bewirken, zweckmäßig sei, ein politisches Glaubensbekenntniß überhaupt, und namentlich ein bestimmtes, an die Spitze der Satzungen des Turnerbundes zu stellen. Lediglich hierin spalteten sich die Ansichten; einzig und allein gegen die Aussprache des demokratisch-republikanischen Prinzips in den Satzungen erklärte sich die Majorität der turnerischen Abgeordneten, und nur deshalb, weil dies die Majorität für eine Lebensfrage ihrer Bestrebungen ansah, schied sie aus. Der Geist der ganzen Versammlung, der berathenden, sowohl wie der zuhörenden, war unverkennbar wesentlich republikanisch.“ 19 Frankfurt, 6. Juli. Der Fürst Thurn und Taxis und sein ehrenwerthes Substitut Dörnberg haben sich von Anfang an in merkwürdiger Weise an der deutschen revolutionären Bewegung betheiligt. Wenn unter ihren Postbeamten einer oder der andere besondere Thätigkeit in den demokratischen Vereinen zeigt, so wird derselbe in Erwägung, daß es in Frankfurt an wühlerischen Talenten nicht fehlt, alsbald in eine beliebige loyale Stadt versetzt, wo seine Wirksamkeit ein reiches Feld findet. So hat der revolutionäre Bürger Dörnberg, der direkt mit dem Fürsten Taxis und indirekt noch mit andern fürstlichen Personen verschwägert ist, im Monat Mai den Postsekretär Klein nach Lübeck versetzt, nachdem derselbe durch eine republikanische Rede die Aufmerksamkeit der Republik Frankfurt im Allgemeinen und der republikanischen Polizeifreunde Jucho, Oehler, Mumm im Besonderen erregt hatte. Gestern ist eine neue Maßregel dieser Art von dem merkwürdigen Bürger Dörnberg beliebt worden. Dem Postsekretär Dr. Wilhelmi, Schriftführer des Arbeiter-Vereins und Abgeordneter des Demokraten-Kongresses, ist die Wahl zwischen Versetzung und ‒ Entlassung anheimgegeben worden, offenbar um durch diese bloß scheinbare Denunciant war Herr Professor Unzelmann, Puttkammerstraße 3, Mitglied des Preußenvereins.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 39. Köln, 9. Juli 1848, S. 0192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz039_1848/2>, abgerufen am 23.11.2024.