Neue Rheinische Zeitung. Nr. 7. Köln, 7. Juni 1848.15 Köln, 7. Juni. Zur Zeit als das Ministerium Camphausen das Ruder des schwankenden Staats in die kundige Hand nahm, jubelte das "gläubige Volk" den "Vertrauensmännern" entgegen, aller Augen richteten sich auf Hrn. Hansemann , den finanzkundigen, heilbringenden. Und auch Herr H. selbst mag wohl mit großen Hoffnungen und noch größerem Selbstvertrauen sein neues Amt, zu dem er sich lange schon mit besonderer Vorliebe herangebildet, angetreten haben. Kurz nachdem er den liebgewonnenen neuen Wirkungskreis betreten, es war einige Tage nach der eiligen Missionsreise unseres innigst geliebten Prinzen von Preußen, der des Volkes Bestes nur gewollt, schloß man dem Hrn. H. die Gewölbe des preußischen Staatsschatzes auf, worin nach seiner aufgestellten Rechnung mindestens 60 Millionen preußische Thaler ruhen mußten. Er kam, sah und - staunte. "Nun," fragt Ihr, "und was zeigte sich ihm hier?" Ich weiß es nicht. Besinnungslos und bleich, so fanden ihn am anderen Tage die Minister. - - Auf ewig war des Lebens Heiterkeit dahin. Hansemann staunte ob der fürchterlichen Leere der Gewölbe und der Unzuverlässigkeit seines Rechenexempels. H. wußte sich jedoch zü helfen. Man berief die nun in Gott ruhenden Landstände; man theilte ihnen im Vertrauen mit, wie es um das Land stände, und erwirkte sich - es war ja eine Kabinetsfrage - ein Vertrauensvotum zu einer Bagatell-Anleihe von 25 Millionen. Die Sache war so weit ganz in Ordnung, es fehlte nur an derjenigen Person, die den "Männern des Vertrauens", außer dem Vertrauen, auch das Geld hergab. - Solche kleinlichen Hindernisse aber weiß ein H. aus dem Wege zu räumen. Ein Aufruf an das patriotische Gefühl des "gläubigen Volks" wird Wunder wirken, und alles Gold und Silber wird sich, wie durch Zauberspruch, auf dem Altar des Vaterlands häufen. - So dachte Hansemann; aber das sonst so gläubige, vertrauende Heer der Bourgeois, so splendid mit seinem Vertrauen, wo es sich um bloße Worte handelt, mußte wohl diesmal den Klageruf der Hrn. Minister entweder überhört oder nicht verstanden haben. Die eisernen Herzen und die zarten Kisten derselben blieben hermetisch verschlossen, - und Hr. H. gab, zur Beseitigung allenfalls möglicher "Mißverständnisse," in rührender Sprache einen Commentar zu seinem frühern Aufruf; aber auch das war vergebens. Der ganze preußische Patriotismus, auf die That hingewiesen, beschränkte sich diesmal auf das edle Duisburg und das gesinnungstüchtige Soest, selbst Rheydt blieb taub für den ministeriellen Klageruf! Nun will Hr. H., wie wir hören, sich in der That die Liebe und das Vertrauen des "gläubigen Volks" gleichsam erzwingen, d. h. er will es mit einer Zwangs-Anleihe versuchen. Wenn das wahr ist, dann können wir dem Hrn. Minister zum guten Einfalle nur Glück wünschen. In einer Zeit, wo es der Bourgeoisie fast an jeder Gelegenheit zu lukrativen Unternehmungen mangelt, kann es ihr gewiß nur erwünscht sein, wenn die väterliche Fürsorge des Hrn. Ministers darauf bedacht ist, ihr Geld a 3 1/4 ^% rentbar zu machen. Wir sind beinahe überzeigt, daß dieser rührende Beweis wohlwollender Gesinnungen von Seiten H's. seine Popularität bedeutend vermehren und das Band, was ihn und das "gläubige Volks" umschlingt, noch fester knüpfen wird. Wir sind beinahne überzeugt, daß die blanken Thaler in das Danaidenfaß der Regierung strömen werden wie die sanften Shrapnells unter die unartigen, ihre Rechte vertheidigen den Polen. - Hr. Hansemann ist seiner Sache gewiß, und es kanurhm, auf den bewährten Patriotismus des "gläubigen Volks" vertrauend, nicht einfallen, daß allenfalls die ganz unschuldige Frage gestellt werden kännte: "Aber, Hr. Hansemann, wo sind die 120 Millionen geblieben, die Friedrich Wilhelm III. seinem "lieben Fritz" testamentarisch hinterlassen hat? Und wie war es möglich, daß Sie sich früher so stark verechnen konnten, von wegen der 60 Millionen, die nothwendig noch im Schatz sein müßten?" H Bonn, 5. Juni. Heute Nachmittag begab sich eine Anzahl von 3-400 Studirenden zum Rektor der Universität, Hrn. v. Calker, um eine Adresse, die Absetzung des Regierungs-Bevollmächtigten betreffend, zu übergeben. Der Rektor, durch diese Demonstration ziemlich außer Fassung gebracht, entgegnete der Studentenschaft, daß er ihrem Wunsche aus eigener Machtvollkommenheit nicht entsprechen könne, ihn jedoch nach Kräften beim akademischen Senate befürworten werde. Zugleich deutete er auf eine sehr nahe bevorstehende Reorganisation der deutschen Hochschulen hin. Eine sehr große Indignation herrscht hier in allen Klassen in Bezug auf die vor einigen einkantonirten Husaren. Dieselben haben sich nämlich bei verschiedenen Gelegenheiten auf die rüdeste Weise sowohl gegen die Bürger als Studenten betragen, ja einige gingen gestern Abend so weit, einen hiesigen Bürger bei einem Konflikte auf der Straße fast tödlich zu verwunden. Ein strenge Strafe muß diejenigen treffen, welche sich an einer solchen Schandthat betheiligt haben. Möge doch endlich das Militär einsehen, daß seine ohnehin nicht beneidenswerthe Existenz nur durch inniges, festes Zusammenhalten mit den Bürgern bestehen könne. * Düsseldorf, 4. Juni. Vor einigen Tagen wurde hier von der radikalen Linken eine Adresse an die Berliner Versammlung abgeschickt, in welcher ein kräftiges Mißtrauensvotum gegen das Ministerium Camphausen ausgesprochen war. Die Rechte und das linke Centrum kreuzigten sich beide vor dieser Adresse und Niemand wagte dieselbe zu unterzeichnen. Da fanden sich aber 1050 Männer meist aus dem Handwerkerstande, welche unterschrieben. Verduzt hierüber, sollen sich die "Liberalen" beeilt haben, nach Berlin zu berichten: "Die hohe Versammlung dürfe nicht glauben, daß die 1050 den Ausdruck der Düsseldorfer Bevölkerung bildeten; man beliebe nur die "schlechten" Handschriften zu betrachten." Wir sind indeß der Meinung, daß im Fall der Noth auf 1050 muthige obgleich schlechtschreibende Männer mehr zu rechnen ist, als auf einige Tausend schönschreibende Zauderer und Zitterer. - Ich empfehle den "Politischen Katechismus für das Volk" von Dr. K. Schnaase einer besondern "Würdigung". Der gelahrte Herr Ober-Prokurator schreibt sehr populär, wie sie aus folgender Probe ersehen. S. 7: "Für das Land ist es ein Glück, wenn viel Reichthum da ist und die Aermeren haben wenigstens eben so viel Vortheil davon wie die Wohlhabenden. Sie können erwerben und dadurch reich werden, während die Andern verzehren und dadurch verarmen können." S. 9: "Die Regierungen haben viele Fehler begangen und Herrschsucht, Egoismus, Stolz mögen manches Mal auf sie Einfluß gehabt haben. Aber im Ganzen wollten sie gewiß das Glück aller Menschen und glaubten es auf diese Weise herbeizuführen ! ! !" Berlin, 31. Mai. Aus dem Ministerium der geistlichen etc. Angelegenheiten geht uns folgende Mittheilung zu: Eine der nächsten Folgen der auf dem Gebiete des Staatslebens eingetretenen Veränderungen muß seine Reorganisation des Schul- und Erziehungswesens sein. - Je umfassender die Betheiligung des Volkes im konstitutionellen Staate an der Leitung der öffentlichen und Gemeinde-Angelegenheiten wird, desto mehr ist das Heil der Gemeinde und des Staates von der geistigen und sittlichen Kraft des Volkes abhängig. Den preußischen Staat trifft die Nothwendigkeit der National-Erziehung eine breitere und umfassendere Grundlage zu geben, nicht unvorbereitet. Nichtsdestoweniger steht eine dem gegenwärtigen Staats- und Volksleben würdig entsprechende Reorganisation zunächst des Volks-Schulwesens mit der Verfassung des Staates selbst und der einzelnen Gemeinden, mit den Bestimmungen über die Aufbringung der Staats- und Gemeinde-Lasten, so wie mit der Gestaltung der sozialen und kirchlichen Verhältnisse, in so engem Zusammenhang, daß diese Reorganisation im großen Ganzen ihre Erledigung nur auf dem Wege der Gesetzgebung wird finden können, während bis dahin die Verwaltung es sich immer schon wird angelegen sein lassen, einzelne mit dem gegenwärtigen Zustand des Staats- und Volkslebens nicht vereinbare Mängel und Uebelstände auf dem Gebiet des Volksschulwesens, so weit zulässig, auf dem administrativen Wege zu beseitigen. Die verschiedenen Stadien der verfassungsmäßigen Vorbereitung des erforderlichen Gesetzes werden den bei der Unterhaltung und Organisation des Volksschulwesens Betheiligten ausreichende Gelegenheit zur Vertretung ihrer Ansichten und Interessen darbieten. Auf der anderen Seite aber mußte es, was namentlich die innere Organisation der Volksschule und die Stellung der Lehrer zu derselben betrifft, der Sache förderlich erscheinen, die aus der eigenen Erfahrung der Lehrer hervorgegangenen Ansichten und Wünsche in einer Weise kennen zu lernen, welche geeignet sein möchte, für die weiteren Ausnahmen einen zweckmäßigen Anhalt darzubieten. Da indessen in letzterer Beziehung die vielfachen bereits eingegangenen Petitionen zum Theil auf nicht überall haltbaren Voraussetzungen beruhen und mitunter Vorschläge machen, die theils unausführbar, theils im eigenen Interesse der Volksbildung und der Lehrer nicht ohne Bedenken erscheinen, so hat es der Minister der geistlichen ec. Angelegenheiten für das Angemessenste gehalten, unter Herzuziehung von Kräften, die nach ihrer Stellung zum Volksschulwesen die erforderlichen thatsächlichen Aufklärungen zu einer richtigen Auffassung der bezüglichen Fragen im Ganzen zu geben vermögen, eine freie, aber ordnungsmäßige Berathung sämmtlicher Lehrer an den Volksschulen herbeizuführen. Zu dem Ende ist bereits der Zusammentritt der Volksschullehrer zu Kreis-Versammlungen unter dem Vorsitz der Landräthe und Schul-Inspektoren und der von ihnen gewählten Deputirten zu Provinzial-Versammlungen, zu welchen auch die Schulräthe und Seminar-Direktoren gehören werden, angeordnet. Es steht zu erwarten, daß aus diesen Konferenzen, welche den Lehrern Gelegenheit geben sollen, ihre Erfahrungen und Wünsche hinsichtlich des Volksschulwesens vorzutragen, zweckmäßige Anhaltspunkte für die weitere verfassungsmäßige Vorbereitung eines Schulgesetzes hervorgehen werden, welches, an die thatsächlich vorhandenen Verhältnisse sich besonnen anschließend, eine Bildung und Erziehung des gesammten Volkes als Ziel hinstellt, ohne die, der weiteren Entwicklung des Staates auf der begonnenen Bahn der unentbehrliche Grundstein fehlen würde. (P. St. Anz.)Swinemünde, 2. Juni. Zu der unsern Hafen blokirenden dänischen Fregatte "Havfruen" haben sich seit vergangener Nacht noch eine Korvette und eine Kutter-Brigg gesellt, die bei Abgang dieses noch auf unserer Rhede kreuzen; weitere Mittheilungen darüber erfolgen mit meinem Nächsten. Swinemünde, 2. Juni. Die heute Morgen erwähnten beiden dänischen Schiffe, eine Korvette und eine Kutter-Brigg, verkehrten durch Hin- und Herfahren stark bemannter Böte lebhaft mit der Fregatte "Havfruen", wonächst sie unsere Rhede wieder verließen und jetzt Abends aus Sicht sind. Es ist möglich, daß eine Auswechselung von Mannschaften Statt gefunden hat. (Osts. Ztg.)Stettin. Die Ostseezeitung bringt einen Artikel ohne Kommentar aus Neu-Vorpommern, dem wir folgende Stelle entnehmen: Der Motion des Abgeordneten Jung auf Pensionirung der am 18. März in Berlin Gefallenen sogenannten Freiheitshelden geben wir die allergrößte Mißbilligung zu erkennen, und hoffen zuversichtlich, daß sowohl die sie leider zugewiesen erhaltene Abtheilung, als das Plenum der Versammlung diesen empörenden Antrag gebührend verwerfen werde, nicht nur als gar nicht zur Kompetenz der Versammlung gehörend, sondern auch als völlig unverträglich mit dem Gewissen eines seiner geleisteten Eide treuen Staatsbürgers. Oberschlesien, 31. Mai. Wir haben in der Zeitung vom Sonntag mit Erstaunen einen Protest gelesen, der von der gesammten Knappschaft unterzeichnet war. Wir, die wir im Centrum derselben wohnen, in deren Mitte der Sitz derjenigen Behörde ist, welche die gesammte Knappschaftsangelegenheit verwaltet und mit uns viele tausend Tagearbeiter, haben vor dem Erscheinen desselben in öffentlichen Blättern noch kein Wort hiervon gewußt. Abgesehen also davon, daß die Angabe "gesammte" Knappschaft ein schmähliche Lüge ist (insofern wir also dazu gehören), so ist diese Lüge noch um so schmachvoller, als (wie ich durch Augenschein mich überzeugt habe) erst Sonntag, Montag und Dienstag durch die Knappschafts-Aeltesten, auf Antrieb höher gestellter Beamten, die Unterschriften von den Bergleuten des metallischen Reviers gesammelt werden sollten, was indessen durch den gesunden Sinn unserer Arbeiter vereitelt worden ist. Ich kann Ihnen durch mein Ehrenwort verbürgen, daß am Montag auf der Scharley-, Apfel-, Rococco- Theresien-Grube, die zusammen allein ein paar tausend Arbeiter Belegschaft haben, die schon im voraus gedruckten Schema's der Adressen, von den Arbeitern selbst, öffentlich zerrissen worden sind. Eben so kann ich verbürgen, daß in Scharley mehrere Hundert Mann, nachdem sie vorher, wer weiß durch welche Mittel, zur Unterschrift bewogen worden waren, am Montag Abend, jedenfalls später eines Besseren belehrt, aus Unwillen hierüber vor die Wohnung ihres Knappschaftsältesten (Obersteiger Schön), der die Unterschriften gesammelt hatte, zogen, dort mit ernster Demonstration dieselbe zurückverlangten, und nachdem dies geschehen, vor seinen Augen zerrissen. - Es ist also augenscheinlich, daß nur einzelne Leute sich bei dieser Adresse betheiligen konnten, und daß man den Namen der gesammten Knappschaft gemißbraucht hat, um vielleicht eigennützige Zwecke zu verfolgen. - Veranlasser der ganzen Sache sollen einige höhere gewerkschaftliche Beamte sein; doch hat man noch keine Beweise in Händen, nur Muthmaßungen. Begründen und verbürgen läßt sich, daß ein paar der Herren Bergräthe am Dienstag auf den Gallmeigruben herumgefahren sind (angeblich um Recherche zu halten) und sich über den Erfolg von Maßregeln in Kenntniß gesetzt haben, auch für angemessen fanden, einzelne Begleiter über die "Rädelsführer" der erwähnten Demonstration auszuforschen. Auch haben einige der Herren Direktoren bei einer vor Kurzem stattgefundenen Gewerke-Versammlung geäußert: "Wir wünschten nur so handeln zu dürfen, wie wir wollen, so nähmen wir ein paar Tausend Berg- und Hüttenleute mit glühenden Stangen, rücken nach Breslau und hauen daselbst die Demokraten in Stücke!" - Wie man erzählt, sollen um Königshüte und Zahrze im Steinkohlenrevier, besonders aber in Orzegow die Bergleute ähnliche Zerreißereien ausgeübt haben und läßt sich demnach annehmen, daß die angeblichen 30,000 auf sehr wenige und gewiß nur auf solche sich reduziren werden, die weder wissen, was Prinz von Preußen, noch Breslau, noch demokratischer Verein bedeuten soll. Unsere Bergleute wissen das überhaupt nicht und jene haben ganz gewiß nur durch Intervention eines feinen Kopfes, der sie zu bestimmen wußte, also gehandelt. Wenigstens spricht die Aeußerung sehr für meine Annahme, die ich gestern selbst aus dem Munde eines Bergmannes hörte. "Ich begreife die großen Herren nicht, daß sie sich jetzt auf einmal so mit uns einlassen; wenn sie in der Tinte stecken, so mögen sie sich doch selbst helfen; früher haben sie sich nicht um uns bekümmert und uns kaum das gegönnt, was wir für unsere Arbeit zu fordern hatten, und jetzt sollen wir sie gar noch aus dem Dr..... ziehen!" - Eines der Oberbergamtsmitglieder soll übrigens auf die Entgegnung eines Betriebsbeamten, daß es gegen seine Ueberzeugung sei, die Unterzeichnung einer solchen Adresse zu befördern, demselben ernstlich gedroht, wenigstens die bestimmte Aussicht, nun nicht mehr befördert zu werden, zugesichert haben. (A. O. Z.)Posen. 3. Schreiben des Erzbischofs an den Minister von Camphausen. Bei meiner Wahl zum Erzbischof geruhten Se. Majestät der König durch Höchstihren Wahlkommissar, den Fürsten Radziwill, auszusprechen: "Höchst sie wollten mich als den Vermittler zwischen dem Throne und der Nationalität Posen erachten." Dieser Ausspruch diene mir zur Entschuldigung, wenn ich in einer nicht rein kirchlichen Angelegenheit an Ew. Excellenz mich zu wenden kein Bedenken trage. Geruhen Hochdieselben aus dem in Abschrift aus einer Uebersetzung hier beigefügten Berichte des Pfarrers Sachocki zu Mrocza, Bromberger Departements, zu ersehen, wie hier die Wahlen der Deputirten zum preußischen Reichstage bewirkt werden. Katholiken und Polen wurden ungesetzlich davon abgehalten, Deutsche, Juden und Akatholiken ungesetzlich herbeigezogen; darunter Bettler, zum Verlust der Nationalkokarde Verurtheilte, wie aus den Festungen entlassene Betrüger und Diebe, dem Wahlbezirke ganz fremde, nur zufällig dahin gekommene Menschen. Dergleichen Ungebührlichkeiten fanden an vielen Punkten der Provinz Statt. Ja, in der Kreisstadt Buk war der vom Landrathe zum Wahlgeschäfte herbeigezogene Kreisdeputirte Obrist v. Niegoleweski, Deputirter zum letzten Provinzial-Landtage, von Deutschen und Juden mit Knüppeln, von Husaren mit scharfen Säbelhieben aus der Versammlung getrieben; er liegt noch an den erhaltenen Wunden krank darnieder; die Kunde von dem Ereigniß macht die Runde in der civilisirten Welt. Geruhen Ew. etc. zugleich aus den Beilagen des angeschlossenen Berichts geneigtest zu entnehmen, von welchem wüthenden Hasse hier die Deutschen und Juden gegen die Polen entbrannt sind. Der Abschnitt IV. des Machwerks d. d. Schneidemühl, den 9. April d. J. involvirt gradezu die Drohung: Blut zu vergießen, wenn die Reorganisation des Großherzogthums Posen ausgeführt werden sollte. Als einst die Deutschen in ihrer Heimath ihrer Religionsmeinung wegen blutig verfolgt wurden, fanden sie gastliche Aufnahme in dem menschenfreundlichen Polen; sie siedelten sich in dessen Gränzen an, polnische Edle erwirkten ihnen sehr günstige Privilegien, sie bauten bedeutende Städte und Dörfer, gelangten, besonders in den Städten zur großen Wohlhabenheit, welche andauerte und wuchs, bis sie durch die gegenwärtige russische Grenzsperre vernichtet worden. Dem in andern Ländern verfolgten, beraubten, gemordeten Juden gewährten die Polen gütige Zuflucht; die Juden kamen haufenweise nach Polen, etablirten und bereicherten sich per fas et nefas. Dieser Wohlthaten in äußerster Noth uneingedenk, erhoben sich jetzt die Deutschen und Juden gegen die Polen, als deren erbitterste Feinde. Freilich werden sie dazu von den preußischen Beamten aufgewiegelt, die, durch die angekündigte nationale Reorganisation des Großherzogthums Posen aufgeschreckt, mit aller Wuth um ihre Excistenz, um ihre Brodstellen ringen. Eigentlich hassen die Deutschen ebenso sehr die Juden als die Polen; jene wegen ihrer Konkurrenz im Handel und Gewerben, worin die Juden vermöge ihrer Gewandtheit, dem Deutschen weit überlegen sind. Aber in der gegenwärtigen Zeit bedürfen die Deutschen der Juden, um deren Menge in die Wagschale ihres Egoismus werfen und dadurch ihre Zwecke erreichen zu können; daher kommt die Herablassung der Deutschen mit Juden einstweilig zu fraternisiren: nach Erreichung der Zwecke wird der Judenhaß zurückkehren, so wie derselbe auch schon in andern Ländern wieder auftaucht; günstige Gesetze werden den Juden wenig helfen; christlicher Einfluß wird ihnen schon die Wege verrammen. Merkwürdig ist, wie nach den selbstgemachten Statistiken die Zahl der Deutschen und Juden in der hiesigen Provinz von Tage zu Tage steigt; nach ihren letzten Publikationen erreicht sie schon die Summe von 650,000 Seelen; wenn diese noch eine kurze Zeit hindurch so progessiv sich vermehrt, so müssen die Polen ganz verschwinden, freilich scheut man sich nicht, jeden Polen in einen Deutschen zu metamorphosiren, der deutsch spricht. Die Wahrheit ist: daß die Bevölkerung des Großherzogthums Posen von etwa 1,200,000 Seelen, aus weit über 800,000 Polen, der Rest aus Deutschen und Juden besteht; die Katholiken, die weit davon entfernt sind, eine Vereinigung mit dem deutschen Bunde zu wünschen, die eine solche von sich weisen, besteht aus 900,000 Seelen. Zieht man davon die unstät fliegende Schaar der preußischen Beamten und ihrer Angehörigen, so wie die Juden ab, so bleiben kaum 250,000 deutsche Einwohner. Und diese geringe Minorität will gegen den zurechtbeständigen Beschluß des letzten Prov.-Landtages zu Berlin, durch der Beamten List, Ränke, Trug und Lug und Drohungen zu gesetzwidrigen Petitionen aufgestachelt, den Anschluß des größten Theiles des Großherzogthums an den deutschen Bund bewirken! Se. Majestät, der König haben ausgesprochen: der Anschluß solle 15 Köln, 7. Juni. Zur Zeit als das Ministerium Camphausen das Ruder des schwankenden Staats in die kundige Hand nahm, jubelte das „gläubige Volk“ den „Vertrauensmännern“ entgegen, aller Augen richteten sich auf Hrn. Hansemann , den finanzkundigen, heilbringenden. Und auch Herr H. selbst mag wohl mit großen Hoffnungen und noch größerem Selbstvertrauen sein neues Amt, zu dem er sich lange schon mit besonderer Vorliebe herangebildet, angetreten haben. Kurz nachdem er den liebgewonnenen neuen Wirkungskreis betreten, es war einige Tage nach der eiligen Missionsreise unseres innigst geliebten Prinzen von Preußen, der des Volkes Bestes nur gewollt, schloß man dem Hrn. H. die Gewölbe des preußischen Staatsschatzes auf, worin nach seiner aufgestellten Rechnung mindestens 60 Millionen preußische Thaler ruhen mußten. Er kam, sah und ‒ staunte. „Nun,“ fragt Ihr, „und was zeigte sich ihm hier?“ Ich weiß es nicht. Besinnungslos und bleich, so fanden ihn am anderen Tage die Minister. ‒ ‒ Auf ewig war des Lebens Heiterkeit dahin. Hansemann staunte ob der fürchterlichen Leere der Gewölbe und der Unzuverlässigkeit seines Rechenexempels. H. wußte sich jedoch zü helfen. Man berief die nun in Gott ruhenden Landstände; man theilte ihnen im Vertrauen mit, wie es um das Land stände, und erwirkte sich ‒ es war ja eine Kabinetsfrage ‒ ein Vertrauensvotum zu einer Bagatell-Anleihe von 25 Millionen. Die Sache war so weit ganz in Ordnung, es fehlte nur an derjenigen Person, die den „Männern des Vertrauens“, außer dem Vertrauen, auch das Geld hergab. ‒ Solche kleinlichen Hindernisse aber weiß ein H. aus dem Wege zu räumen. Ein Aufruf an das patriotische Gefühl des „gläubigen Volks“ wird Wunder wirken, und alles Gold und Silber wird sich, wie durch Zauberspruch, auf dem Altar des Vaterlands häufen. ‒ So dachte Hansemann; aber das sonst so gläubige, vertrauende Heer der Bourgeois, so splendid mit seinem Vertrauen, wo es sich um bloße Worte handelt, mußte wohl diesmal den Klageruf der Hrn. Minister entweder überhört oder nicht verstanden haben. Die eisernen Herzen und die zarten Kisten derselben blieben hermetisch verschlossen, ‒ und Hr. H. gab, zur Beseitigung allenfalls möglicher „Mißverständnisse,“ in rührender Sprache einen Commentar zu seinem frühern Aufruf; aber auch das war vergebens. Der ganze preußische Patriotismus, auf die That hingewiesen, beschränkte sich diesmal auf das edle Duisburg und das gesinnungstüchtige Soest, selbst Rheydt blieb taub für den ministeriellen Klageruf! Nun will Hr. H., wie wir hören, sich in der That die Liebe und das Vertrauen des „gläubigen Volks“ gleichsam erzwingen, d. h. er will es mit einer Zwangs-Anleihe versuchen. Wenn das wahr ist, dann können wir dem Hrn. Minister zum guten Einfalle nur Glück wünschen. In einer Zeit, wo es der Bourgeoisie fast an jeder Gelegenheit zu lukrativen Unternehmungen mangelt, kann es ihr gewiß nur erwünscht sein, wenn die väterliche Fürsorge des Hrn. Ministers darauf bedacht ist, ihr Geld à 3 1/4 ^% rentbar zu machen. Wir sind beinahe überzeigt, daß dieser rührende Beweis wohlwollender Gesinnungen von Seiten H's. seine Popularität bedeutend vermehren und das Band, was ihn und das „gläubige Volks“ umschlingt, noch fester knüpfen wird. Wir sind beinahne überzeugt, daß die blanken Thaler in das Danaidenfaß der Regierung strömen werden wie die sanften Shrapnells unter die unartigen, ihre Rechte vertheidigen den Polen. ‒ Hr. Hansemann ist seiner Sache gewiß, und es kanurhm, auf den bewährten Patriotismus des „gläubigen Volks“ vertrauend, nicht einfallen, daß allenfalls die ganz unschuldige Frage gestellt werden kännte: „Aber, Hr. Hansemann, wo sind die 120 Millionen geblieben, die Friedrich Wilhelm III. seinem „lieben Fritz“ testamentarisch hinterlassen hat? Und wie war es möglich, daß Sie sich früher so stark verechnen konnten, von wegen der 60 Millionen, die nothwendig noch im Schatz sein müßten?“ H Bonn, 5. Juni. Heute Nachmittag begab sich eine Anzahl von 3-400 Studirenden zum Rektor der Universität, Hrn. v. Calker, um eine Adresse, die Absetzung des Regierungs-Bevollmächtigten betreffend, zu übergeben. Der Rektor, durch diese Demonstration ziemlich außer Fassung gebracht, entgegnete der Studentenschaft, daß er ihrem Wunsche aus eigener Machtvollkommenheit nicht entsprechen könne, ihn jedoch nach Kräften beim akademischen Senate befürworten werde. Zugleich deutete er auf eine sehr nahe bevorstehende Reorganisation der deutschen Hochschulen hin. Eine sehr große Indignation herrscht hier in allen Klassen in Bezug auf die vor einigen einkantonirten Husaren. Dieselben haben sich nämlich bei verschiedenen Gelegenheiten auf die rüdeste Weise sowohl gegen die Bürger als Studenten betragen, ja einige gingen gestern Abend so weit, einen hiesigen Bürger bei einem Konflikte auf der Straße fast tödlich zu verwunden. Ein strenge Strafe muß diejenigen treffen, welche sich an einer solchen Schandthat betheiligt haben. Möge doch endlich das Militär einsehen, daß seine ohnehin nicht beneidenswerthe Existenz nur durch inniges, festes Zusammenhalten mit den Bürgern bestehen könne. * Düsseldorf, 4. Juni. Vor einigen Tagen wurde hier von der radikalen Linken eine Adresse an die Berliner Versammlung abgeschickt, in welcher ein kräftiges Mißtrauensvotum gegen das Ministerium Camphausen ausgesprochen war. Die Rechte und das linke Centrum kreuzigten sich beide vor dieser Adresse und Niemand wagte dieselbe zu unterzeichnen. Da fanden sich aber 1050 Männer meist aus dem Handwerkerstande, welche unterschrieben. Verduzt hierüber, sollen sich die „Liberalen“ beeilt haben, nach Berlin zu berichten: „Die hohe Versammlung dürfe nicht glauben, daß die 1050 den Ausdruck der Düsseldorfer Bevölkerung bildeten; man beliebe nur die „schlechten“ Handschriften zu betrachten.“ Wir sind indeß der Meinung, daß im Fall der Noth auf 1050 muthige obgleich schlechtschreibende Männer mehr zu rechnen ist, als auf einige Tausend schönschreibende Zauderer und Zitterer. ‒ Ich empfehle den „Politischen Katechismus für das Volk“ von Dr. K. Schnaase einer besondern „Würdigung“. Der gelahrte Herr Ober-Prokurator schreibt sehr populär, wie sie aus folgender Probe ersehen. S. 7: „Für das Land ist es ein Glück, wenn viel Reichthum da ist und die Aermeren haben wenigstens eben so viel Vortheil davon wie die Wohlhabenden. Sie können erwerben und dadurch reich werden, während die Andern verzehren und dadurch verarmen können.“ S. 9: „Die Regierungen haben viele Fehler begangen und Herrschsucht, Egoismus, Stolz mögen manches Mal auf sie Einfluß gehabt haben. Aber im Ganzen wollten sie gewiß das Glück aller Menschen und glaubten es auf diese Weise herbeizuführen ! ! !“ Berlin, 31. Mai. Aus dem Ministerium der geistlichen etc. Angelegenheiten geht uns folgende Mittheilung zu: Eine der nächsten Folgen der auf dem Gebiete des Staatslebens eingetretenen Veränderungen muß seine Reorganisation des Schul- und Erziehungswesens sein. ‒ Je umfassender die Betheiligung des Volkes im konstitutionellen Staate an der Leitung der öffentlichen und Gemeinde-Angelegenheiten wird, desto mehr ist das Heil der Gemeinde und des Staates von der geistigen und sittlichen Kraft des Volkes abhängig. Den preußischen Staat trifft die Nothwendigkeit der National-Erziehung eine breitere und umfassendere Grundlage zu geben, nicht unvorbereitet. Nichtsdestoweniger steht eine dem gegenwärtigen Staats- und Volksleben würdig entsprechende Reorganisation zunächst des Volks-Schulwesens mit der Verfassung des Staates selbst und der einzelnen Gemeinden, mit den Bestimmungen über die Aufbringung der Staats- und Gemeinde-Lasten, so wie mit der Gestaltung der sozialen und kirchlichen Verhältnisse, in so engem Zusammenhang, daß diese Reorganisation im großen Ganzen ihre Erledigung nur auf dem Wege der Gesetzgebung wird finden können, während bis dahin die Verwaltung es sich immer schon wird angelegen sein lassen, einzelne mit dem gegenwärtigen Zustand des Staats- und Volkslebens nicht vereinbare Mängel und Uebelstände auf dem Gebiet des Volksschulwesens, so weit zulässig, auf dem administrativen Wege zu beseitigen. Die verschiedenen Stadien der verfassungsmäßigen Vorbereitung des erforderlichen Gesetzes werden den bei der Unterhaltung und Organisation des Volksschulwesens Betheiligten ausreichende Gelegenheit zur Vertretung ihrer Ansichten und Interessen darbieten. Auf der anderen Seite aber mußte es, was namentlich die innere Organisation der Volksschule und die Stellung der Lehrer zu derselben betrifft, der Sache förderlich erscheinen, die aus der eigenen Erfahrung der Lehrer hervorgegangenen Ansichten und Wünsche in einer Weise kennen zu lernen, welche geeignet sein möchte, für die weiteren Ausnahmen einen zweckmäßigen Anhalt darzubieten. Da indessen in letzterer Beziehung die vielfachen bereits eingegangenen Petitionen zum Theil auf nicht überall haltbaren Voraussetzungen beruhen und mitunter Vorschläge machen, die theils unausführbar, theils im eigenen Interesse der Volksbildung und der Lehrer nicht ohne Bedenken erscheinen, so hat es der Minister der geistlichen ec. Angelegenheiten für das Angemessenste gehalten, unter Herzuziehung von Kräften, die nach ihrer Stellung zum Volksschulwesen die erforderlichen thatsächlichen Aufklärungen zu einer richtigen Auffassung der bezüglichen Fragen im Ganzen zu geben vermögen, eine freie, aber ordnungsmäßige Berathung sämmtlicher Lehrer an den Volksschulen herbeizuführen. Zu dem Ende ist bereits der Zusammentritt der Volksschullehrer zu Kreis-Versammlungen unter dem Vorsitz der Landräthe und Schul-Inspektoren und der von ihnen gewählten Deputirten zu Provinzial-Versammlungen, zu welchen auch die Schulräthe und Seminar-Direktoren gehören werden, angeordnet. Es steht zu erwarten, daß aus diesen Konferenzen, welche den Lehrern Gelegenheit geben sollen, ihre Erfahrungen und Wünsche hinsichtlich des Volksschulwesens vorzutragen, zweckmäßige Anhaltspunkte für die weitere verfassungsmäßige Vorbereitung eines Schulgesetzes hervorgehen werden, welches, an die thatsächlich vorhandenen Verhältnisse sich besonnen anschließend, eine Bildung und Erziehung des gesammten Volkes als Ziel hinstellt, ohne die, der weiteren Entwicklung des Staates auf der begonnenen Bahn der unentbehrliche Grundstein fehlen würde. (P. St. Anz.)Swinemünde, 2. Juni. Zu der unsern Hafen blokirenden dänischen Fregatte „Havfruen“ haben sich seit vergangener Nacht noch eine Korvette und eine Kutter-Brigg gesellt, die bei Abgang dieses noch auf unserer Rhede kreuzen; weitere Mittheilungen darüber erfolgen mit meinem Nächsten. Swinemünde, 2. Juni. Die heute Morgen erwähnten beiden dänischen Schiffe, eine Korvette und eine Kutter-Brigg, verkehrten durch Hin- und Herfahren stark bemannter Böte lebhaft mit der Fregatte „Havfruen“, wonächst sie unsere Rhede wieder verließen und jetzt Abends aus Sicht sind. Es ist möglich, daß eine Auswechselung von Mannschaften Statt gefunden hat. (Osts. Ztg.)Stettin. Die Ostseezeitung bringt einen Artikel ohne Kommentar aus Neu-Vorpommern, dem wir folgende Stelle entnehmen: Der Motion des Abgeordneten Jung auf Pensionirung der am 18. März in Berlin Gefallenen sogenannten Freiheitshelden geben wir die allergrößte Mißbilligung zu erkennen, und hoffen zuversichtlich, daß sowohl die sie leider zugewiesen erhaltene Abtheilung, als das Plenum der Versammlung diesen empörenden Antrag gebührend verwerfen werde, nicht nur als gar nicht zur Kompetenz der Versammlung gehörend, sondern auch als völlig unverträglich mit dem Gewissen eines seiner geleisteten Eide treuen Staatsbürgers. Oberschlesien, 31. Mai. Wir haben in der Zeitung vom Sonntag mit Erstaunen einen Protest gelesen, der von der gesammten Knappschaft unterzeichnet war. Wir, die wir im Centrum derselben wohnen, in deren Mitte der Sitz derjenigen Behörde ist, welche die gesammte Knappschaftsangelegenheit verwaltet und mit uns viele tausend Tagearbeiter, haben vor dem Erscheinen desselben in öffentlichen Blättern noch kein Wort hiervon gewußt. Abgesehen also davon, daß die Angabe „gesammte“ Knappschaft ein schmähliche Lüge ist (insofern wir also dazu gehören), so ist diese Lüge noch um so schmachvoller, als (wie ich durch Augenschein mich überzeugt habe) erst Sonntag, Montag und Dienstag durch die Knappschafts-Aeltesten, auf Antrieb höher gestellter Beamten, die Unterschriften von den Bergleuten des metallischen Reviers gesammelt werden sollten, was indessen durch den gesunden Sinn unserer Arbeiter vereitelt worden ist. Ich kann Ihnen durch mein Ehrenwort verbürgen, daß am Montag auf der Scharley-, Apfel-, Rococco- Theresien-Grube, die zusammen allein ein paar tausend Arbeiter Belegschaft haben, die schon im voraus gedruckten Schema's der Adressen, von den Arbeitern selbst, öffentlich zerrissen worden sind. Eben so kann ich verbürgen, daß in Scharley mehrere Hundert Mann, nachdem sie vorher, wer weiß durch welche Mittel, zur Unterschrift bewogen worden waren, am Montag Abend, jedenfalls später eines Besseren belehrt, aus Unwillen hierüber vor die Wohnung ihres Knappschaftsältesten (Obersteiger Schön), der die Unterschriften gesammelt hatte, zogen, dort mit ernster Demonstration dieselbe zurückverlangten, und nachdem dies geschehen, vor seinen Augen zerrissen. ‒ Es ist also augenscheinlich, daß nur einzelne Leute sich bei dieser Adresse betheiligen konnten, und daß man den Namen der gesammten Knappschaft gemißbraucht hat, um vielleicht eigennützige Zwecke zu verfolgen. ‒ Veranlasser der ganzen Sache sollen einige höhere gewerkschaftliche Beamte sein; doch hat man noch keine Beweise in Händen, nur Muthmaßungen. Begründen und verbürgen läßt sich, daß ein paar der Herren Bergräthe am Dienstag auf den Gallmeigruben herumgefahren sind (angeblich um Recherche zu halten) und sich über den Erfolg von Maßregeln in Kenntniß gesetzt haben, auch für angemessen fanden, einzelne Begleiter über die „Rädelsführer“ der erwähnten Demonstration auszuforschen. Auch haben einige der Herren Direktoren bei einer vor Kurzem stattgefundenen Gewerke-Versammlung geäußert: „Wir wünschten nur so handeln zu dürfen, wie wir wollen, so nähmen wir ein paar Tausend Berg- und Hüttenleute mit glühenden Stangen, rücken nach Breslau und hauen daselbst die Demokraten in Stücke!“ ‒ Wie man erzählt, sollen um Königshüte und Zahrze im Steinkohlenrevier, besonders aber in Orzegow die Bergleute ähnliche Zerreißereien ausgeübt haben und läßt sich demnach annehmen, daß die angeblichen 30,000 auf sehr wenige und gewiß nur auf solche sich reduziren werden, die weder wissen, was Prinz von Preußen, noch Breslau, noch demokratischer Verein bedeuten soll. Unsere Bergleute wissen das überhaupt nicht und jene haben ganz gewiß nur durch Intervention eines feinen Kopfes, der sie zu bestimmen wußte, also gehandelt. Wenigstens spricht die Aeußerung sehr für meine Annahme, die ich gestern selbst aus dem Munde eines Bergmannes hörte. „Ich begreife die großen Herren nicht, daß sie sich jetzt auf einmal so mit uns einlassen; wenn sie in der Tinte stecken, so mögen sie sich doch selbst helfen; früher haben sie sich nicht um uns bekümmert und uns kaum das gegönnt, was wir für unsere Arbeit zu fordern hatten, und jetzt sollen wir sie gar noch aus dem Dr..... ziehen!“ ‒ Eines der Oberbergamtsmitglieder soll übrigens auf die Entgegnung eines Betriebsbeamten, daß es gegen seine Ueberzeugung sei, die Unterzeichnung einer solchen Adresse zu befördern, demselben ernstlich gedroht, wenigstens die bestimmte Aussicht, nun nicht mehr befördert zu werden, zugesichert haben. (A. O. Z.)Posen. 3. Schreiben des Erzbischofs an den Minister von Camphausen. Bei meiner Wahl zum Erzbischof geruhten Se. Majestät der König durch Höchstihren Wahlkommissar, den Fürsten Radziwill, auszusprechen: „Höchst sie wollten mich als den Vermittler zwischen dem Throne und der Nationalität Posen erachten.“ Dieser Ausspruch diene mir zur Entschuldigung, wenn ich in einer nicht rein kirchlichen Angelegenheit an Ew. Excellenz mich zu wenden kein Bedenken trage. Geruhen Hochdieselben aus dem in Abschrift aus einer Uebersetzung hier beigefügten Berichte des Pfarrers Sachocki zu Mrocza, Bromberger Departements, zu ersehen, wie hier die Wahlen der Deputirten zum preußischen Reichstage bewirkt werden. Katholiken und Polen wurden ungesetzlich davon abgehalten, Deutsche, Juden und Akatholiken ungesetzlich herbeigezogen; darunter Bettler, zum Verlust der Nationalkokarde Verurtheilte, wie aus den Festungen entlassene Betrüger und Diebe, dem Wahlbezirke ganz fremde, nur zufällig dahin gekommene Menschen. Dergleichen Ungebührlichkeiten fanden an vielen Punkten der Provinz Statt. Ja, in der Kreisstadt Buk war der vom Landrathe zum Wahlgeschäfte herbeigezogene Kreisdeputirte Obrist v. Niegoleweski, Deputirter zum letzten Provinzial-Landtage, von Deutschen und Juden mit Knüppeln, von Husaren mit scharfen Säbelhieben aus der Versammlung getrieben; er liegt noch an den erhaltenen Wunden krank darnieder; die Kunde von dem Ereigniß macht die Runde in der civilisirten Welt. Geruhen Ew. etc. zugleich aus den Beilagen des angeschlossenen Berichts geneigtest zu entnehmen, von welchem wüthenden Hasse hier die Deutschen und Juden gegen die Polen entbrannt sind. Der Abschnitt IV. des Machwerks d. d. Schneidemühl, den 9. April d. J. involvirt gradezu die Drohung: Blut zu vergießen, wenn die Reorganisation des Großherzogthums Posen ausgeführt werden sollte. Als einst die Deutschen in ihrer Heimath ihrer Religionsmeinung wegen blutig verfolgt wurden, fanden sie gastliche Aufnahme in dem menschenfreundlichen Polen; sie siedelten sich in dessen Gränzen an, polnische Edle erwirkten ihnen sehr günstige Privilegien, sie bauten bedeutende Städte und Dörfer, gelangten, besonders in den Städten zur großen Wohlhabenheit, welche andauerte und wuchs, bis sie durch die gegenwärtige russische Grenzsperre vernichtet worden. Dem in andern Ländern verfolgten, beraubten, gemordeten Juden gewährten die Polen gütige Zuflucht; die Juden kamen haufenweise nach Polen, etablirten und bereicherten sich per fas et nefas. Dieser Wohlthaten in äußerster Noth uneingedenk, erhoben sich jetzt die Deutschen und Juden gegen die Polen, als deren erbitterste Feinde. Freilich werden sie dazu von den preußischen Beamten aufgewiegelt, die, durch die angekündigte nationale Reorganisation des Großherzogthums Posen aufgeschreckt, mit aller Wuth um ihre Excistenz, um ihre Brodstellen ringen. Eigentlich hassen die Deutschen ebenso sehr die Juden als die Polen; jene wegen ihrer Konkurrenz im Handel und Gewerben, worin die Juden vermöge ihrer Gewandtheit, dem Deutschen weit überlegen sind. Aber in der gegenwärtigen Zeit bedürfen die Deutschen der Juden, um deren Menge in die Wagschale ihres Egoismus werfen und dadurch ihre Zwecke erreichen zu können; daher kommt die Herablassung der Deutschen mit Juden einstweilig zu fraternisiren: nach Erreichung der Zwecke wird der Judenhaß zurückkehren, so wie derselbe auch schon in andern Ländern wieder auftaucht; günstige Gesetze werden den Juden wenig helfen; christlicher Einfluß wird ihnen schon die Wege verrammen. Merkwürdig ist, wie nach den selbstgemachten Statistiken die Zahl der Deutschen und Juden in der hiesigen Provinz von Tage zu Tage steigt; nach ihren letzten Publikationen erreicht sie schon die Summe von 650,000 Seelen; wenn diese noch eine kurze Zeit hindurch so progessiv sich vermehrt, so müssen die Polen ganz verschwinden, freilich scheut man sich nicht, jeden Polen in einen Deutschen zu metamorphosiren, der deutsch spricht. Die Wahrheit ist: daß die Bevölkerung des Großherzogthums Posen von etwa 1,200,000 Seelen, aus weit über 800,000 Polen, der Rest aus Deutschen und Juden besteht; die Katholiken, die weit davon entfernt sind, eine Vereinigung mit dem deutschen Bunde zu wünschen, die eine solche von sich weisen, besteht aus 900,000 Seelen. Zieht man davon die unstät fliegende Schaar der preußischen Beamten und ihrer Angehörigen, so wie die Juden ab, so bleiben kaum 250,000 deutsche Einwohner. Und diese geringe Minorität will gegen den zurechtbeständigen Beschluß des letzten Prov.-Landtages zu Berlin, durch der Beamten List, Ränke, Trug und Lug und Drohungen zu gesetzwidrigen Petitionen aufgestachelt, den Anschluß des größten Theiles des Großherzogthums an den deutschen Bund bewirken! Se. Majestät, der König haben ausgesprochen: der Anschluß solle <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0002" n="0026"/> <div xml:id="ar007_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl><hi rendition="#g">Köln,</hi> 7. Juni.</head> <p>Zur Zeit als das Ministerium Camphausen das Ruder des schwankenden Staats in die kundige Hand nahm, jubelte das „gläubige Volk“ den „Vertrauensmännern“ entgegen, aller Augen richteten sich auf Hrn. Hansemann , den finanzkundigen, heilbringenden. Und auch Herr H. selbst mag wohl mit großen Hoffnungen und noch größerem Selbstvertrauen sein neues Amt, zu dem er sich lange schon mit besonderer Vorliebe herangebildet, angetreten haben. Kurz nachdem er den liebgewonnenen neuen Wirkungskreis betreten, es war einige Tage nach der eiligen Missionsreise unseres innigst geliebten Prinzen von Preußen, der des Volkes Bestes nur gewollt, schloß man dem Hrn. H. die Gewölbe des preußischen Staatsschatzes auf, worin nach seiner aufgestellten Rechnung mindestens 60 Millionen preußische Thaler ruhen mußten. Er kam, sah und ‒ staunte.</p> <p>„Nun,“ fragt Ihr, „und was zeigte sich ihm hier?“</p> <p>Ich weiß es nicht. Besinnungslos und bleich, so fanden ihn am anderen Tage die Minister. ‒ ‒ Auf ewig war des Lebens Heiterkeit dahin.</p> <p>Hansemann staunte ob der fürchterlichen Leere der Gewölbe und der Unzuverlässigkeit seines Rechenexempels. H. wußte sich jedoch zü helfen. Man berief die nun in Gott ruhenden Landstände; man theilte ihnen im Vertrauen mit, wie es um das <hi rendition="#g">Land stände,</hi> und erwirkte sich ‒ es war ja eine Kabinetsfrage ‒ ein Vertrauensvotum zu einer Bagatell-Anleihe von 25 Millionen.</p> <p>Die Sache war so weit ganz in Ordnung, es fehlte nur an derjenigen Person, die den „Männern des Vertrauens“, außer dem Vertrauen, auch das <hi rendition="#g">Geld</hi> hergab. ‒ Solche kleinlichen Hindernisse aber weiß ein H. aus dem Wege zu räumen. Ein Aufruf an das patriotische Gefühl des „gläubigen Volks“ wird Wunder wirken, und alles Gold und Silber wird sich, wie durch Zauberspruch, auf dem Altar des Vaterlands häufen. ‒ So dachte Hansemann; aber das sonst so gläubige, vertrauende Heer der Bourgeois, so splendid mit seinem Vertrauen, wo es sich um bloße Worte handelt, mußte wohl diesmal den Klageruf der Hrn. Minister entweder überhört oder nicht verstanden haben. Die eisernen Herzen und die zarten Kisten derselben blieben hermetisch verschlossen, ‒ und Hr. H. gab, zur Beseitigung allenfalls möglicher „Mißverständnisse,“ in rührender Sprache einen Commentar zu seinem frühern Aufruf; aber auch das war vergebens. Der ganze preußische Patriotismus, auf die That hingewiesen, beschränkte sich diesmal auf das edle Duisburg und das gesinnungstüchtige Soest, selbst Rheydt blieb taub für den ministeriellen Klageruf!</p> <p>Nun will Hr. H., wie wir hören, sich in der That die Liebe und das Vertrauen des „gläubigen Volks“ gleichsam erzwingen, d. h. er will es mit einer <hi rendition="#g">Zwangs-Anleihe</hi> versuchen. Wenn das wahr ist, dann können wir dem Hrn. Minister zum guten Einfalle nur Glück wünschen. In einer Zeit, wo es der Bourgeoisie fast an jeder Gelegenheit zu lukrativen Unternehmungen mangelt, kann es ihr gewiß nur erwünscht sein, wenn die väterliche Fürsorge des Hrn. Ministers darauf bedacht ist, ihr Geld à 3 1/4 ^% rentbar zu machen. Wir sind <hi rendition="#g">beinahe</hi> überzeigt, daß dieser rührende Beweis wohlwollender Gesinnungen von Seiten H's. seine Popularität bedeutend vermehren und das Band, was ihn und das „gläubige Volks“ umschlingt, noch fester knüpfen wird. Wir sind <hi rendition="#g">beinahne</hi> überzeugt, daß die blanken Thaler in das Danaidenfaß der Regierung strömen werden wie die sanften Shrapnells unter die unartigen, ihre Rechte vertheidigen den Polen. ‒ Hr. Hansemann ist seiner Sache gewiß, und es kanurhm, auf den bewährten Patriotismus des „gläubigen Volks“ vertrauend, nicht einfallen, daß allenfalls die ganz unschuldige Frage gestellt werden kännte:</p> <p>„Aber, Hr. Hansemann, wo sind die 120 Millionen geblieben, die Friedrich Wilhelm III. seinem „<hi rendition="#g">lieben Fritz</hi>“ testamentarisch hinterlassen hat? Und wie war es möglich, daß Sie sich früher so stark verechnen konnten, von wegen der 60 Millionen, die nothwendig noch im Schatz <hi rendition="#g">sein müßten?</hi>“</p> </div> <div xml:id="ar007_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>H</author></bibl><hi rendition="#g">Bonn,</hi> 5. Juni.</head> <p>Heute Nachmittag begab sich eine Anzahl von 3-400 Studirenden zum Rektor der Universität, Hrn. v. Calker, um eine Adresse, die Absetzung des Regierungs-Bevollmächtigten betreffend, zu übergeben.</p> <p>Der Rektor, durch diese Demonstration ziemlich außer Fassung gebracht, entgegnete der Studentenschaft, daß er ihrem Wunsche aus eigener Machtvollkommenheit nicht entsprechen könne, ihn jedoch nach Kräften beim akademischen Senate befürworten werde. Zugleich deutete er auf eine sehr nahe bevorstehende Reorganisation der deutschen Hochschulen hin.</p> <p>Eine sehr große Indignation herrscht hier in allen Klassen in Bezug auf die vor einigen einkantonirten Husaren. Dieselben haben sich nämlich bei verschiedenen Gelegenheiten auf die rüdeste Weise sowohl gegen die Bürger als Studenten betragen, ja einige gingen gestern Abend so weit, einen hiesigen Bürger bei einem Konflikte auf der Straße fast tödlich zu verwunden. Ein strenge Strafe muß diejenigen treffen, welche sich an einer solchen Schandthat betheiligt haben. Möge doch endlich das Militär einsehen, daß seine ohnehin nicht beneidenswerthe Existenz nur durch inniges, festes Zusammenhalten mit den Bürgern bestehen könne.</p> </div> <div xml:id="ar007_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl><hi rendition="#g">Düsseldorf,</hi> 4. Juni.</head> <p>Vor einigen Tagen wurde hier von der radikalen Linken eine Adresse an die Berliner Versammlung abgeschickt, in welcher ein kräftiges Mißtrauensvotum gegen das Ministerium Camphausen ausgesprochen war. Die Rechte und das linke Centrum kreuzigten sich beide vor dieser Adresse und Niemand wagte dieselbe zu unterzeichnen. Da fanden sich aber 1050 Männer meist aus dem Handwerkerstande, welche unterschrieben. Verduzt hierüber, sollen sich die „Liberalen“ beeilt haben, nach Berlin zu berichten: „Die hohe Versammlung dürfe nicht glauben, daß die 1050 den Ausdruck der Düsseldorfer Bevölkerung bildeten; man beliebe nur die „schlechten“ Handschriften zu betrachten.“ Wir sind indeß der Meinung, daß im Fall der Noth auf 1050 muthige obgleich schlechtschreibende Männer mehr zu rechnen ist, als auf einige Tausend schönschreibende Zauderer und Zitterer. ‒ Ich empfehle den „Politischen Katechismus für das Volk“ von Dr. K. Schnaase einer besondern „Würdigung“. Der gelahrte Herr Ober-Prokurator schreibt sehr populär, wie sie aus folgender Probe ersehen. S. 7: „Für das Land ist es ein Glück, wenn viel Reichthum da ist und die Aermeren haben wenigstens eben so viel Vortheil davon wie die Wohlhabenden. Sie können erwerben und dadurch reich werden, während die Andern verzehren und dadurch verarmen können.“ S. 9: „Die Regierungen haben viele Fehler begangen und Herrschsucht, Egoismus, Stolz mögen manches Mal auf sie Einfluß gehabt haben. Aber im Ganzen wollten sie gewiß das Glück aller Menschen und glaubten es auf diese Weise herbeizuführen ! ! !“</p> </div> <div xml:id="ar007_006" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Berlin,</hi> 31. Mai.</head> <p>Aus dem Ministerium der geistlichen etc. Angelegenheiten geht uns folgende Mittheilung zu:</p> <p>Eine der nächsten Folgen der auf dem Gebiete des Staatslebens eingetretenen Veränderungen muß seine Reorganisation des Schul- und Erziehungswesens sein. ‒ Je umfassender die Betheiligung des Volkes im konstitutionellen Staate an der Leitung der öffentlichen und Gemeinde-Angelegenheiten wird, desto mehr ist das Heil der Gemeinde und des Staates von der geistigen und sittlichen Kraft des Volkes abhängig.</p> <p>Den preußischen Staat trifft die Nothwendigkeit der National-Erziehung eine breitere und umfassendere Grundlage zu geben, nicht unvorbereitet. Nichtsdestoweniger steht eine dem gegenwärtigen Staats- und Volksleben würdig entsprechende Reorganisation zunächst des Volks-Schulwesens mit der Verfassung des Staates selbst und der einzelnen Gemeinden, mit den Bestimmungen über die Aufbringung der Staats- und Gemeinde-Lasten, so wie mit der Gestaltung der sozialen und kirchlichen Verhältnisse, in so engem Zusammenhang, daß diese Reorganisation im großen Ganzen ihre Erledigung nur auf dem Wege der Gesetzgebung wird finden können, während bis dahin die Verwaltung es sich immer schon wird angelegen sein lassen, einzelne mit dem gegenwärtigen Zustand des Staats- und Volkslebens nicht vereinbare Mängel und Uebelstände auf dem Gebiet des Volksschulwesens, so weit zulässig, auf dem administrativen Wege zu beseitigen.</p> <p>Die verschiedenen Stadien der verfassungsmäßigen Vorbereitung des erforderlichen Gesetzes werden den bei der Unterhaltung und Organisation des Volksschulwesens Betheiligten ausreichende Gelegenheit zur Vertretung ihrer Ansichten und Interessen darbieten. Auf der anderen Seite aber mußte es, was namentlich die innere Organisation der Volksschule und die Stellung der Lehrer zu derselben betrifft, der Sache förderlich erscheinen, die aus der eigenen Erfahrung der Lehrer hervorgegangenen Ansichten und Wünsche in einer Weise kennen zu lernen, welche geeignet sein möchte, für die weiteren Ausnahmen einen zweckmäßigen Anhalt darzubieten.</p> <p>Da indessen in letzterer Beziehung die vielfachen bereits eingegangenen Petitionen zum Theil auf nicht überall haltbaren Voraussetzungen beruhen und mitunter Vorschläge machen, die theils unausführbar, theils im eigenen Interesse der Volksbildung und der Lehrer nicht ohne Bedenken erscheinen, so hat es der Minister der geistlichen ec. Angelegenheiten für das Angemessenste gehalten, unter Herzuziehung von Kräften, die nach ihrer Stellung zum Volksschulwesen die erforderlichen thatsächlichen Aufklärungen zu einer richtigen Auffassung der bezüglichen Fragen im Ganzen zu geben vermögen, eine freie, aber ordnungsmäßige Berathung sämmtlicher Lehrer an den Volksschulen herbeizuführen.</p> <p>Zu dem Ende ist bereits der Zusammentritt der Volksschullehrer zu Kreis-Versammlungen unter dem Vorsitz der Landräthe und Schul-Inspektoren und der von ihnen gewählten Deputirten zu Provinzial-Versammlungen, zu welchen auch die Schulräthe und Seminar-Direktoren gehören werden, angeordnet.</p> <p>Es steht zu erwarten, daß aus diesen Konferenzen, welche den Lehrern Gelegenheit geben sollen, ihre Erfahrungen und Wünsche hinsichtlich des Volksschulwesens vorzutragen, zweckmäßige Anhaltspunkte für die weitere verfassungsmäßige Vorbereitung eines Schulgesetzes hervorgehen werden, welches, an die thatsächlich vorhandenen Verhältnisse sich besonnen anschließend, eine Bildung und Erziehung des gesammten Volkes als Ziel hinstellt, ohne die, der weiteren Entwicklung des Staates auf der begonnenen Bahn der unentbehrliche Grundstein fehlen würde.</p> <bibl>(P. St. Anz.)</bibl> </div> <div xml:id="ar007_007" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Swinemünde,</hi> 2. Juni.</head> <p>Zu der unsern Hafen blokirenden dänischen Fregatte „Havfruen“ haben sich seit vergangener Nacht noch eine Korvette und eine Kutter-Brigg gesellt, die bei Abgang dieses noch auf unserer Rhede kreuzen; weitere Mittheilungen darüber erfolgen mit meinem Nächsten.</p> </div> <div xml:id="ar007_008" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Swinemünde,</hi> 2. Juni.</head> <p>Die heute Morgen erwähnten beiden dänischen Schiffe, eine Korvette und eine Kutter-Brigg, verkehrten durch Hin- und Herfahren stark bemannter Böte lebhaft mit der Fregatte „Havfruen“, wonächst sie unsere Rhede wieder verließen und jetzt Abends aus Sicht sind. Es ist möglich, daß eine Auswechselung von Mannschaften Statt gefunden hat.</p> <bibl>(Osts. Ztg.)</bibl> </div> <div xml:id="ar007_009" type="jArticle"> <head> <hi rendition="#g">Stettin.</hi> </head> <p>Die Ostseezeitung bringt einen Artikel ohne Kommentar aus Neu-Vorpommern, dem wir folgende Stelle entnehmen:</p> <p>Der Motion des Abgeordneten Jung auf Pensionirung der am 18. März in Berlin Gefallenen <hi rendition="#g">sogenannten Freiheitshelden</hi> geben wir die allergrößte Mißbilligung zu erkennen, und hoffen zuversichtlich, daß sowohl die sie <hi rendition="#g">leider</hi> zugewiesen erhaltene Abtheilung, als das Plenum der Versammlung diesen <hi rendition="#g">empörenden</hi> Antrag gebührend verwerfen werde, nicht nur als gar nicht zur Kompetenz der Versammlung gehörend, sondern auch als völlig unverträglich mit dem Gewissen eines <hi rendition="#g">seiner geleisteten Eide treuen Staatsbürgers.</hi></p> </div> <div xml:id="ar007_010" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Oberschlesien,</hi> 31. Mai.</head> <p>Wir haben in der Zeitung vom Sonntag mit Erstaunen einen Protest gelesen, der von der <hi rendition="#g">gesammten Knappschaft</hi> unterzeichnet war. Wir, die wir im Centrum derselben wohnen, in deren Mitte der Sitz derjenigen Behörde ist, welche die gesammte Knappschaftsangelegenheit verwaltet und mit uns viele tausend Tagearbeiter, haben vor dem Erscheinen desselben in öffentlichen Blättern noch kein Wort hiervon gewußt. Abgesehen also davon, daß die Angabe „<hi rendition="#g">gesammte</hi>“ Knappschaft ein schmähliche Lüge ist (insofern wir also dazu gehören), so ist diese Lüge noch um so schmachvoller, als (wie ich durch Augenschein mich überzeugt habe) erst Sonntag, Montag und Dienstag durch die Knappschafts-Aeltesten, auf Antrieb höher gestellter Beamten, die Unterschriften von den Bergleuten des metallischen Reviers gesammelt werden sollten, was indessen durch den gesunden Sinn unserer Arbeiter vereitelt worden ist. Ich kann Ihnen durch mein <hi rendition="#g">Ehrenwort</hi> verbürgen, daß am Montag auf der Scharley-, Apfel-, Rococco- Theresien-Grube, die zusammen allein ein paar tausend Arbeiter Belegschaft haben, die schon im <hi rendition="#g">voraus gedruckten</hi> Schema's der Adressen, von den Arbeitern selbst, <hi rendition="#g">öffentlich zerrissen</hi> worden sind. Eben so kann ich verbürgen, daß in Scharley mehrere Hundert Mann, nachdem sie vorher, wer weiß durch welche Mittel, zur Unterschrift bewogen worden waren, am Montag Abend, jedenfalls später eines Besseren belehrt, aus Unwillen hierüber vor die Wohnung ihres Knappschaftsältesten (Obersteiger Schön), der die Unterschriften gesammelt hatte, zogen, dort mit ernster Demonstration dieselbe zurückverlangten, und nachdem dies geschehen, vor seinen Augen zerrissen. ‒ Es ist also augenscheinlich, daß nur einzelne Leute sich bei dieser Adresse betheiligen konnten, und daß man den Namen der gesammten Knappschaft gemißbraucht hat, um vielleicht eigennützige Zwecke zu verfolgen. ‒ Veranlasser der ganzen Sache sollen einige höhere gewerkschaftliche Beamte sein; doch hat man noch keine Beweise in Händen, nur Muthmaßungen.</p> <p>Begründen und verbürgen läßt sich, daß ein paar der Herren Bergräthe am Dienstag auf den Gallmeigruben herumgefahren sind (angeblich um Recherche zu halten) und sich über den Erfolg von Maßregeln in Kenntniß gesetzt haben, auch für angemessen fanden, einzelne Begleiter über die „Rädelsführer“ der erwähnten Demonstration auszuforschen. Auch haben einige der Herren Direktoren bei einer vor Kurzem stattgefundenen Gewerke-Versammlung geäußert: „Wir wünschten nur so handeln zu dürfen, wie wir wollen, so nähmen wir ein paar Tausend Berg- und Hüttenleute mit glühenden Stangen, rücken nach Breslau und hauen daselbst die Demokraten in Stücke!“ ‒ Wie man erzählt, sollen um Königshüte und Zahrze im Steinkohlenrevier, besonders aber in Orzegow die Bergleute ähnliche Zerreißereien ausgeübt haben und läßt sich demnach annehmen, daß die angeblichen 30,000 auf sehr wenige und gewiß nur auf solche sich reduziren werden, die weder wissen, was Prinz von Preußen, noch Breslau, noch demokratischer Verein bedeuten soll. Unsere Bergleute wissen das überhaupt nicht und jene haben ganz gewiß nur durch Intervention eines feinen Kopfes, der sie zu bestimmen wußte, also gehandelt. Wenigstens spricht die Aeußerung sehr für meine Annahme, die ich gestern selbst aus dem Munde eines Bergmannes hörte. „Ich begreife die großen Herren nicht, daß sie sich jetzt auf einmal so mit uns einlassen; wenn sie in der Tinte stecken, so mögen sie sich doch selbst helfen; früher haben sie sich nicht um uns bekümmert und uns kaum das gegönnt, was wir für unsere Arbeit zu fordern hatten, und jetzt sollen wir sie gar noch aus dem Dr..... ziehen!“ ‒ Eines der Oberbergamtsmitglieder soll übrigens auf die Entgegnung eines Betriebsbeamten, daß es gegen seine Ueberzeugung sei, die Unterzeichnung einer solchen Adresse zu befördern, demselben ernstlich gedroht, wenigstens die bestimmte Aussicht, nun nicht mehr befördert zu werden, zugesichert haben.</p> <bibl>(A. O. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar007_011" type="jArticle"> <head> <hi rendition="#g">Posen.</hi> </head> <p>3. Schreiben des Erzbischofs an den Minister von Camphausen. Bei meiner Wahl zum Erzbischof geruhten Se. Majestät der König durch Höchstihren Wahlkommissar, den Fürsten Radziwill, auszusprechen: „Höchst sie wollten mich als den Vermittler zwischen dem Throne und der Nationalität Posen erachten.“ Dieser Ausspruch diene mir zur Entschuldigung, wenn ich in einer nicht rein kirchlichen Angelegenheit an Ew. Excellenz mich zu wenden kein Bedenken trage.</p> <p>Geruhen Hochdieselben aus dem in Abschrift aus einer Uebersetzung hier beigefügten Berichte des Pfarrers Sachocki zu Mrocza, Bromberger Departements, zu ersehen, wie hier die Wahlen der Deputirten zum preußischen Reichstage bewirkt werden. Katholiken und Polen wurden ungesetzlich davon abgehalten, Deutsche, Juden und Akatholiken ungesetzlich herbeigezogen; darunter Bettler, zum Verlust der Nationalkokarde Verurtheilte, wie aus den Festungen entlassene Betrüger und Diebe, dem Wahlbezirke ganz fremde, nur zufällig dahin gekommene Menschen.</p> <p>Dergleichen Ungebührlichkeiten fanden an vielen Punkten der Provinz Statt. Ja, in der Kreisstadt Buk war der vom Landrathe zum Wahlgeschäfte herbeigezogene Kreisdeputirte Obrist v. Niegoleweski, Deputirter zum letzten Provinzial-Landtage, von Deutschen und Juden mit Knüppeln, von Husaren mit scharfen Säbelhieben aus der Versammlung getrieben; er liegt noch an den erhaltenen Wunden krank darnieder; die Kunde von dem Ereigniß macht die Runde in der civilisirten Welt.</p> <p>Geruhen Ew. etc. zugleich aus den Beilagen des angeschlossenen Berichts geneigtest zu entnehmen, von welchem wüthenden Hasse hier die Deutschen und Juden gegen die Polen entbrannt sind. Der Abschnitt IV. des Machwerks d. d. Schneidemühl, den 9. April d. J. involvirt gradezu die Drohung: Blut zu vergießen, wenn die Reorganisation des Großherzogthums Posen ausgeführt werden sollte.</p> <p>Als einst die Deutschen in ihrer Heimath ihrer Religionsmeinung wegen blutig verfolgt wurden, fanden sie gastliche Aufnahme in dem menschenfreundlichen Polen; sie siedelten sich in dessen Gränzen an, polnische Edle erwirkten ihnen sehr günstige Privilegien, sie bauten bedeutende Städte und Dörfer, gelangten, besonders in den Städten zur großen Wohlhabenheit, welche andauerte und wuchs, bis sie durch die gegenwärtige russische Grenzsperre vernichtet worden.</p> <p>Dem in andern Ländern verfolgten, beraubten, gemordeten Juden gewährten die Polen gütige Zuflucht; die Juden kamen haufenweise nach Polen, etablirten und bereicherten sich per fas et nefas.</p> <p>Dieser Wohlthaten in äußerster Noth uneingedenk, erhoben sich jetzt die Deutschen und Juden gegen die Polen, als deren erbitterste Feinde. Freilich werden sie dazu von den preußischen Beamten aufgewiegelt, die, durch die angekündigte nationale Reorganisation des Großherzogthums Posen aufgeschreckt, mit aller Wuth um ihre Excistenz, um ihre Brodstellen ringen.</p> <p>Eigentlich hassen die Deutschen ebenso sehr die Juden als die Polen; jene wegen ihrer Konkurrenz im Handel und Gewerben, worin die Juden vermöge ihrer Gewandtheit, dem Deutschen weit überlegen sind. Aber in der gegenwärtigen Zeit bedürfen die Deutschen der Juden, um deren Menge in die Wagschale ihres Egoismus werfen und dadurch ihre Zwecke erreichen zu können; daher kommt die Herablassung der Deutschen mit Juden einstweilig zu fraternisiren: nach Erreichung der Zwecke wird der Judenhaß zurückkehren, so wie derselbe auch schon in andern Ländern wieder auftaucht; günstige Gesetze werden den Juden wenig helfen; christlicher Einfluß wird ihnen schon die Wege verrammen.</p> <p>Merkwürdig ist, wie nach den selbstgemachten Statistiken die Zahl der Deutschen und Juden in der hiesigen Provinz von Tage zu Tage steigt; nach ihren letzten Publikationen erreicht sie schon die Summe von 650,000 Seelen; wenn diese noch eine kurze Zeit hindurch so progessiv sich vermehrt, so müssen die Polen ganz verschwinden, freilich scheut man sich nicht, jeden Polen in einen Deutschen zu metamorphosiren, der deutsch spricht.</p> <p>Die Wahrheit ist: daß die Bevölkerung des Großherzogthums Posen von etwa 1,200,000 Seelen, aus weit über 800,000 Polen, der Rest aus Deutschen und Juden besteht; die Katholiken, die weit davon entfernt sind, eine Vereinigung mit dem deutschen Bunde zu wünschen, die eine solche von sich weisen, besteht aus 900,000 Seelen. Zieht man davon die unstät fliegende Schaar der preußischen Beamten und ihrer Angehörigen, so wie die Juden ab, so bleiben kaum 250,000 deutsche Einwohner.</p> <p>Und diese geringe Minorität will gegen den zurechtbeständigen Beschluß des letzten Prov.-Landtages zu Berlin, durch der Beamten List, Ränke, Trug und Lug und Drohungen zu gesetzwidrigen Petitionen aufgestachelt, den Anschluß des größten Theiles des Großherzogthums an den deutschen Bund bewirken!</p> <p>Se. Majestät, der König haben ausgesprochen: der Anschluß solle </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0026/0002]
15 Köln, 7. Juni. Zur Zeit als das Ministerium Camphausen das Ruder des schwankenden Staats in die kundige Hand nahm, jubelte das „gläubige Volk“ den „Vertrauensmännern“ entgegen, aller Augen richteten sich auf Hrn. Hansemann , den finanzkundigen, heilbringenden. Und auch Herr H. selbst mag wohl mit großen Hoffnungen und noch größerem Selbstvertrauen sein neues Amt, zu dem er sich lange schon mit besonderer Vorliebe herangebildet, angetreten haben. Kurz nachdem er den liebgewonnenen neuen Wirkungskreis betreten, es war einige Tage nach der eiligen Missionsreise unseres innigst geliebten Prinzen von Preußen, der des Volkes Bestes nur gewollt, schloß man dem Hrn. H. die Gewölbe des preußischen Staatsschatzes auf, worin nach seiner aufgestellten Rechnung mindestens 60 Millionen preußische Thaler ruhen mußten. Er kam, sah und ‒ staunte.
„Nun,“ fragt Ihr, „und was zeigte sich ihm hier?“
Ich weiß es nicht. Besinnungslos und bleich, so fanden ihn am anderen Tage die Minister. ‒ ‒ Auf ewig war des Lebens Heiterkeit dahin.
Hansemann staunte ob der fürchterlichen Leere der Gewölbe und der Unzuverlässigkeit seines Rechenexempels. H. wußte sich jedoch zü helfen. Man berief die nun in Gott ruhenden Landstände; man theilte ihnen im Vertrauen mit, wie es um das Land stände, und erwirkte sich ‒ es war ja eine Kabinetsfrage ‒ ein Vertrauensvotum zu einer Bagatell-Anleihe von 25 Millionen.
Die Sache war so weit ganz in Ordnung, es fehlte nur an derjenigen Person, die den „Männern des Vertrauens“, außer dem Vertrauen, auch das Geld hergab. ‒ Solche kleinlichen Hindernisse aber weiß ein H. aus dem Wege zu räumen. Ein Aufruf an das patriotische Gefühl des „gläubigen Volks“ wird Wunder wirken, und alles Gold und Silber wird sich, wie durch Zauberspruch, auf dem Altar des Vaterlands häufen. ‒ So dachte Hansemann; aber das sonst so gläubige, vertrauende Heer der Bourgeois, so splendid mit seinem Vertrauen, wo es sich um bloße Worte handelt, mußte wohl diesmal den Klageruf der Hrn. Minister entweder überhört oder nicht verstanden haben. Die eisernen Herzen und die zarten Kisten derselben blieben hermetisch verschlossen, ‒ und Hr. H. gab, zur Beseitigung allenfalls möglicher „Mißverständnisse,“ in rührender Sprache einen Commentar zu seinem frühern Aufruf; aber auch das war vergebens. Der ganze preußische Patriotismus, auf die That hingewiesen, beschränkte sich diesmal auf das edle Duisburg und das gesinnungstüchtige Soest, selbst Rheydt blieb taub für den ministeriellen Klageruf!
Nun will Hr. H., wie wir hören, sich in der That die Liebe und das Vertrauen des „gläubigen Volks“ gleichsam erzwingen, d. h. er will es mit einer Zwangs-Anleihe versuchen. Wenn das wahr ist, dann können wir dem Hrn. Minister zum guten Einfalle nur Glück wünschen. In einer Zeit, wo es der Bourgeoisie fast an jeder Gelegenheit zu lukrativen Unternehmungen mangelt, kann es ihr gewiß nur erwünscht sein, wenn die väterliche Fürsorge des Hrn. Ministers darauf bedacht ist, ihr Geld à 3 1/4 ^% rentbar zu machen. Wir sind beinahe überzeigt, daß dieser rührende Beweis wohlwollender Gesinnungen von Seiten H's. seine Popularität bedeutend vermehren und das Band, was ihn und das „gläubige Volks“ umschlingt, noch fester knüpfen wird. Wir sind beinahne überzeugt, daß die blanken Thaler in das Danaidenfaß der Regierung strömen werden wie die sanften Shrapnells unter die unartigen, ihre Rechte vertheidigen den Polen. ‒ Hr. Hansemann ist seiner Sache gewiß, und es kanurhm, auf den bewährten Patriotismus des „gläubigen Volks“ vertrauend, nicht einfallen, daß allenfalls die ganz unschuldige Frage gestellt werden kännte:
„Aber, Hr. Hansemann, wo sind die 120 Millionen geblieben, die Friedrich Wilhelm III. seinem „lieben Fritz“ testamentarisch hinterlassen hat? Und wie war es möglich, daß Sie sich früher so stark verechnen konnten, von wegen der 60 Millionen, die nothwendig noch im Schatz sein müßten?“
H Bonn, 5. Juni. Heute Nachmittag begab sich eine Anzahl von 3-400 Studirenden zum Rektor der Universität, Hrn. v. Calker, um eine Adresse, die Absetzung des Regierungs-Bevollmächtigten betreffend, zu übergeben.
Der Rektor, durch diese Demonstration ziemlich außer Fassung gebracht, entgegnete der Studentenschaft, daß er ihrem Wunsche aus eigener Machtvollkommenheit nicht entsprechen könne, ihn jedoch nach Kräften beim akademischen Senate befürworten werde. Zugleich deutete er auf eine sehr nahe bevorstehende Reorganisation der deutschen Hochschulen hin.
Eine sehr große Indignation herrscht hier in allen Klassen in Bezug auf die vor einigen einkantonirten Husaren. Dieselben haben sich nämlich bei verschiedenen Gelegenheiten auf die rüdeste Weise sowohl gegen die Bürger als Studenten betragen, ja einige gingen gestern Abend so weit, einen hiesigen Bürger bei einem Konflikte auf der Straße fast tödlich zu verwunden. Ein strenge Strafe muß diejenigen treffen, welche sich an einer solchen Schandthat betheiligt haben. Möge doch endlich das Militär einsehen, daß seine ohnehin nicht beneidenswerthe Existenz nur durch inniges, festes Zusammenhalten mit den Bürgern bestehen könne.
* Düsseldorf, 4. Juni. Vor einigen Tagen wurde hier von der radikalen Linken eine Adresse an die Berliner Versammlung abgeschickt, in welcher ein kräftiges Mißtrauensvotum gegen das Ministerium Camphausen ausgesprochen war. Die Rechte und das linke Centrum kreuzigten sich beide vor dieser Adresse und Niemand wagte dieselbe zu unterzeichnen. Da fanden sich aber 1050 Männer meist aus dem Handwerkerstande, welche unterschrieben. Verduzt hierüber, sollen sich die „Liberalen“ beeilt haben, nach Berlin zu berichten: „Die hohe Versammlung dürfe nicht glauben, daß die 1050 den Ausdruck der Düsseldorfer Bevölkerung bildeten; man beliebe nur die „schlechten“ Handschriften zu betrachten.“ Wir sind indeß der Meinung, daß im Fall der Noth auf 1050 muthige obgleich schlechtschreibende Männer mehr zu rechnen ist, als auf einige Tausend schönschreibende Zauderer und Zitterer. ‒ Ich empfehle den „Politischen Katechismus für das Volk“ von Dr. K. Schnaase einer besondern „Würdigung“. Der gelahrte Herr Ober-Prokurator schreibt sehr populär, wie sie aus folgender Probe ersehen. S. 7: „Für das Land ist es ein Glück, wenn viel Reichthum da ist und die Aermeren haben wenigstens eben so viel Vortheil davon wie die Wohlhabenden. Sie können erwerben und dadurch reich werden, während die Andern verzehren und dadurch verarmen können.“ S. 9: „Die Regierungen haben viele Fehler begangen und Herrschsucht, Egoismus, Stolz mögen manches Mal auf sie Einfluß gehabt haben. Aber im Ganzen wollten sie gewiß das Glück aller Menschen und glaubten es auf diese Weise herbeizuführen ! ! !“
Berlin, 31. Mai. Aus dem Ministerium der geistlichen etc. Angelegenheiten geht uns folgende Mittheilung zu:
Eine der nächsten Folgen der auf dem Gebiete des Staatslebens eingetretenen Veränderungen muß seine Reorganisation des Schul- und Erziehungswesens sein. ‒ Je umfassender die Betheiligung des Volkes im konstitutionellen Staate an der Leitung der öffentlichen und Gemeinde-Angelegenheiten wird, desto mehr ist das Heil der Gemeinde und des Staates von der geistigen und sittlichen Kraft des Volkes abhängig.
Den preußischen Staat trifft die Nothwendigkeit der National-Erziehung eine breitere und umfassendere Grundlage zu geben, nicht unvorbereitet. Nichtsdestoweniger steht eine dem gegenwärtigen Staats- und Volksleben würdig entsprechende Reorganisation zunächst des Volks-Schulwesens mit der Verfassung des Staates selbst und der einzelnen Gemeinden, mit den Bestimmungen über die Aufbringung der Staats- und Gemeinde-Lasten, so wie mit der Gestaltung der sozialen und kirchlichen Verhältnisse, in so engem Zusammenhang, daß diese Reorganisation im großen Ganzen ihre Erledigung nur auf dem Wege der Gesetzgebung wird finden können, während bis dahin die Verwaltung es sich immer schon wird angelegen sein lassen, einzelne mit dem gegenwärtigen Zustand des Staats- und Volkslebens nicht vereinbare Mängel und Uebelstände auf dem Gebiet des Volksschulwesens, so weit zulässig, auf dem administrativen Wege zu beseitigen.
Die verschiedenen Stadien der verfassungsmäßigen Vorbereitung des erforderlichen Gesetzes werden den bei der Unterhaltung und Organisation des Volksschulwesens Betheiligten ausreichende Gelegenheit zur Vertretung ihrer Ansichten und Interessen darbieten. Auf der anderen Seite aber mußte es, was namentlich die innere Organisation der Volksschule und die Stellung der Lehrer zu derselben betrifft, der Sache förderlich erscheinen, die aus der eigenen Erfahrung der Lehrer hervorgegangenen Ansichten und Wünsche in einer Weise kennen zu lernen, welche geeignet sein möchte, für die weiteren Ausnahmen einen zweckmäßigen Anhalt darzubieten.
Da indessen in letzterer Beziehung die vielfachen bereits eingegangenen Petitionen zum Theil auf nicht überall haltbaren Voraussetzungen beruhen und mitunter Vorschläge machen, die theils unausführbar, theils im eigenen Interesse der Volksbildung und der Lehrer nicht ohne Bedenken erscheinen, so hat es der Minister der geistlichen ec. Angelegenheiten für das Angemessenste gehalten, unter Herzuziehung von Kräften, die nach ihrer Stellung zum Volksschulwesen die erforderlichen thatsächlichen Aufklärungen zu einer richtigen Auffassung der bezüglichen Fragen im Ganzen zu geben vermögen, eine freie, aber ordnungsmäßige Berathung sämmtlicher Lehrer an den Volksschulen herbeizuführen.
Zu dem Ende ist bereits der Zusammentritt der Volksschullehrer zu Kreis-Versammlungen unter dem Vorsitz der Landräthe und Schul-Inspektoren und der von ihnen gewählten Deputirten zu Provinzial-Versammlungen, zu welchen auch die Schulräthe und Seminar-Direktoren gehören werden, angeordnet.
Es steht zu erwarten, daß aus diesen Konferenzen, welche den Lehrern Gelegenheit geben sollen, ihre Erfahrungen und Wünsche hinsichtlich des Volksschulwesens vorzutragen, zweckmäßige Anhaltspunkte für die weitere verfassungsmäßige Vorbereitung eines Schulgesetzes hervorgehen werden, welches, an die thatsächlich vorhandenen Verhältnisse sich besonnen anschließend, eine Bildung und Erziehung des gesammten Volkes als Ziel hinstellt, ohne die, der weiteren Entwicklung des Staates auf der begonnenen Bahn der unentbehrliche Grundstein fehlen würde.
(P. St. Anz.) Swinemünde, 2. Juni. Zu der unsern Hafen blokirenden dänischen Fregatte „Havfruen“ haben sich seit vergangener Nacht noch eine Korvette und eine Kutter-Brigg gesellt, die bei Abgang dieses noch auf unserer Rhede kreuzen; weitere Mittheilungen darüber erfolgen mit meinem Nächsten.
Swinemünde, 2. Juni. Die heute Morgen erwähnten beiden dänischen Schiffe, eine Korvette und eine Kutter-Brigg, verkehrten durch Hin- und Herfahren stark bemannter Böte lebhaft mit der Fregatte „Havfruen“, wonächst sie unsere Rhede wieder verließen und jetzt Abends aus Sicht sind. Es ist möglich, daß eine Auswechselung von Mannschaften Statt gefunden hat.
(Osts. Ztg.) Stettin. Die Ostseezeitung bringt einen Artikel ohne Kommentar aus Neu-Vorpommern, dem wir folgende Stelle entnehmen:
Der Motion des Abgeordneten Jung auf Pensionirung der am 18. März in Berlin Gefallenen sogenannten Freiheitshelden geben wir die allergrößte Mißbilligung zu erkennen, und hoffen zuversichtlich, daß sowohl die sie leider zugewiesen erhaltene Abtheilung, als das Plenum der Versammlung diesen empörenden Antrag gebührend verwerfen werde, nicht nur als gar nicht zur Kompetenz der Versammlung gehörend, sondern auch als völlig unverträglich mit dem Gewissen eines seiner geleisteten Eide treuen Staatsbürgers.
Oberschlesien, 31. Mai. Wir haben in der Zeitung vom Sonntag mit Erstaunen einen Protest gelesen, der von der gesammten Knappschaft unterzeichnet war. Wir, die wir im Centrum derselben wohnen, in deren Mitte der Sitz derjenigen Behörde ist, welche die gesammte Knappschaftsangelegenheit verwaltet und mit uns viele tausend Tagearbeiter, haben vor dem Erscheinen desselben in öffentlichen Blättern noch kein Wort hiervon gewußt. Abgesehen also davon, daß die Angabe „gesammte“ Knappschaft ein schmähliche Lüge ist (insofern wir also dazu gehören), so ist diese Lüge noch um so schmachvoller, als (wie ich durch Augenschein mich überzeugt habe) erst Sonntag, Montag und Dienstag durch die Knappschafts-Aeltesten, auf Antrieb höher gestellter Beamten, die Unterschriften von den Bergleuten des metallischen Reviers gesammelt werden sollten, was indessen durch den gesunden Sinn unserer Arbeiter vereitelt worden ist. Ich kann Ihnen durch mein Ehrenwort verbürgen, daß am Montag auf der Scharley-, Apfel-, Rococco- Theresien-Grube, die zusammen allein ein paar tausend Arbeiter Belegschaft haben, die schon im voraus gedruckten Schema's der Adressen, von den Arbeitern selbst, öffentlich zerrissen worden sind. Eben so kann ich verbürgen, daß in Scharley mehrere Hundert Mann, nachdem sie vorher, wer weiß durch welche Mittel, zur Unterschrift bewogen worden waren, am Montag Abend, jedenfalls später eines Besseren belehrt, aus Unwillen hierüber vor die Wohnung ihres Knappschaftsältesten (Obersteiger Schön), der die Unterschriften gesammelt hatte, zogen, dort mit ernster Demonstration dieselbe zurückverlangten, und nachdem dies geschehen, vor seinen Augen zerrissen. ‒ Es ist also augenscheinlich, daß nur einzelne Leute sich bei dieser Adresse betheiligen konnten, und daß man den Namen der gesammten Knappschaft gemißbraucht hat, um vielleicht eigennützige Zwecke zu verfolgen. ‒ Veranlasser der ganzen Sache sollen einige höhere gewerkschaftliche Beamte sein; doch hat man noch keine Beweise in Händen, nur Muthmaßungen.
Begründen und verbürgen läßt sich, daß ein paar der Herren Bergräthe am Dienstag auf den Gallmeigruben herumgefahren sind (angeblich um Recherche zu halten) und sich über den Erfolg von Maßregeln in Kenntniß gesetzt haben, auch für angemessen fanden, einzelne Begleiter über die „Rädelsführer“ der erwähnten Demonstration auszuforschen. Auch haben einige der Herren Direktoren bei einer vor Kurzem stattgefundenen Gewerke-Versammlung geäußert: „Wir wünschten nur so handeln zu dürfen, wie wir wollen, so nähmen wir ein paar Tausend Berg- und Hüttenleute mit glühenden Stangen, rücken nach Breslau und hauen daselbst die Demokraten in Stücke!“ ‒ Wie man erzählt, sollen um Königshüte und Zahrze im Steinkohlenrevier, besonders aber in Orzegow die Bergleute ähnliche Zerreißereien ausgeübt haben und läßt sich demnach annehmen, daß die angeblichen 30,000 auf sehr wenige und gewiß nur auf solche sich reduziren werden, die weder wissen, was Prinz von Preußen, noch Breslau, noch demokratischer Verein bedeuten soll. Unsere Bergleute wissen das überhaupt nicht und jene haben ganz gewiß nur durch Intervention eines feinen Kopfes, der sie zu bestimmen wußte, also gehandelt. Wenigstens spricht die Aeußerung sehr für meine Annahme, die ich gestern selbst aus dem Munde eines Bergmannes hörte. „Ich begreife die großen Herren nicht, daß sie sich jetzt auf einmal so mit uns einlassen; wenn sie in der Tinte stecken, so mögen sie sich doch selbst helfen; früher haben sie sich nicht um uns bekümmert und uns kaum das gegönnt, was wir für unsere Arbeit zu fordern hatten, und jetzt sollen wir sie gar noch aus dem Dr..... ziehen!“ ‒ Eines der Oberbergamtsmitglieder soll übrigens auf die Entgegnung eines Betriebsbeamten, daß es gegen seine Ueberzeugung sei, die Unterzeichnung einer solchen Adresse zu befördern, demselben ernstlich gedroht, wenigstens die bestimmte Aussicht, nun nicht mehr befördert zu werden, zugesichert haben.
(A. O. Z.) Posen. 3. Schreiben des Erzbischofs an den Minister von Camphausen. Bei meiner Wahl zum Erzbischof geruhten Se. Majestät der König durch Höchstihren Wahlkommissar, den Fürsten Radziwill, auszusprechen: „Höchst sie wollten mich als den Vermittler zwischen dem Throne und der Nationalität Posen erachten.“ Dieser Ausspruch diene mir zur Entschuldigung, wenn ich in einer nicht rein kirchlichen Angelegenheit an Ew. Excellenz mich zu wenden kein Bedenken trage.
Geruhen Hochdieselben aus dem in Abschrift aus einer Uebersetzung hier beigefügten Berichte des Pfarrers Sachocki zu Mrocza, Bromberger Departements, zu ersehen, wie hier die Wahlen der Deputirten zum preußischen Reichstage bewirkt werden. Katholiken und Polen wurden ungesetzlich davon abgehalten, Deutsche, Juden und Akatholiken ungesetzlich herbeigezogen; darunter Bettler, zum Verlust der Nationalkokarde Verurtheilte, wie aus den Festungen entlassene Betrüger und Diebe, dem Wahlbezirke ganz fremde, nur zufällig dahin gekommene Menschen.
Dergleichen Ungebührlichkeiten fanden an vielen Punkten der Provinz Statt. Ja, in der Kreisstadt Buk war der vom Landrathe zum Wahlgeschäfte herbeigezogene Kreisdeputirte Obrist v. Niegoleweski, Deputirter zum letzten Provinzial-Landtage, von Deutschen und Juden mit Knüppeln, von Husaren mit scharfen Säbelhieben aus der Versammlung getrieben; er liegt noch an den erhaltenen Wunden krank darnieder; die Kunde von dem Ereigniß macht die Runde in der civilisirten Welt.
Geruhen Ew. etc. zugleich aus den Beilagen des angeschlossenen Berichts geneigtest zu entnehmen, von welchem wüthenden Hasse hier die Deutschen und Juden gegen die Polen entbrannt sind. Der Abschnitt IV. des Machwerks d. d. Schneidemühl, den 9. April d. J. involvirt gradezu die Drohung: Blut zu vergießen, wenn die Reorganisation des Großherzogthums Posen ausgeführt werden sollte.
Als einst die Deutschen in ihrer Heimath ihrer Religionsmeinung wegen blutig verfolgt wurden, fanden sie gastliche Aufnahme in dem menschenfreundlichen Polen; sie siedelten sich in dessen Gränzen an, polnische Edle erwirkten ihnen sehr günstige Privilegien, sie bauten bedeutende Städte und Dörfer, gelangten, besonders in den Städten zur großen Wohlhabenheit, welche andauerte und wuchs, bis sie durch die gegenwärtige russische Grenzsperre vernichtet worden.
Dem in andern Ländern verfolgten, beraubten, gemordeten Juden gewährten die Polen gütige Zuflucht; die Juden kamen haufenweise nach Polen, etablirten und bereicherten sich per fas et nefas.
Dieser Wohlthaten in äußerster Noth uneingedenk, erhoben sich jetzt die Deutschen und Juden gegen die Polen, als deren erbitterste Feinde. Freilich werden sie dazu von den preußischen Beamten aufgewiegelt, die, durch die angekündigte nationale Reorganisation des Großherzogthums Posen aufgeschreckt, mit aller Wuth um ihre Excistenz, um ihre Brodstellen ringen.
Eigentlich hassen die Deutschen ebenso sehr die Juden als die Polen; jene wegen ihrer Konkurrenz im Handel und Gewerben, worin die Juden vermöge ihrer Gewandtheit, dem Deutschen weit überlegen sind. Aber in der gegenwärtigen Zeit bedürfen die Deutschen der Juden, um deren Menge in die Wagschale ihres Egoismus werfen und dadurch ihre Zwecke erreichen zu können; daher kommt die Herablassung der Deutschen mit Juden einstweilig zu fraternisiren: nach Erreichung der Zwecke wird der Judenhaß zurückkehren, so wie derselbe auch schon in andern Ländern wieder auftaucht; günstige Gesetze werden den Juden wenig helfen; christlicher Einfluß wird ihnen schon die Wege verrammen.
Merkwürdig ist, wie nach den selbstgemachten Statistiken die Zahl der Deutschen und Juden in der hiesigen Provinz von Tage zu Tage steigt; nach ihren letzten Publikationen erreicht sie schon die Summe von 650,000 Seelen; wenn diese noch eine kurze Zeit hindurch so progessiv sich vermehrt, so müssen die Polen ganz verschwinden, freilich scheut man sich nicht, jeden Polen in einen Deutschen zu metamorphosiren, der deutsch spricht.
Die Wahrheit ist: daß die Bevölkerung des Großherzogthums Posen von etwa 1,200,000 Seelen, aus weit über 800,000 Polen, der Rest aus Deutschen und Juden besteht; die Katholiken, die weit davon entfernt sind, eine Vereinigung mit dem deutschen Bunde zu wünschen, die eine solche von sich weisen, besteht aus 900,000 Seelen. Zieht man davon die unstät fliegende Schaar der preußischen Beamten und ihrer Angehörigen, so wie die Juden ab, so bleiben kaum 250,000 deutsche Einwohner.
Und diese geringe Minorität will gegen den zurechtbeständigen Beschluß des letzten Prov.-Landtages zu Berlin, durch der Beamten List, Ränke, Trug und Lug und Drohungen zu gesetzwidrigen Petitionen aufgestachelt, den Anschluß des größten Theiles des Großherzogthums an den deutschen Bund bewirken!
Se. Majestät, der König haben ausgesprochen: der Anschluß solle
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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