Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nordischer [Mercurius]. Nr. 43, Hamburg, 1685.

Bild:
<< vorherige Seite

sich auff besagten Sambstag Morgen dero Granatirer-Kleid
und Ungarische Stieffeln anlegen lassen/ und willens waren um
10 Uhr des Morgens ihrer Gewohnheit nach zu einer Chaise
im Schloß-Garten spaciren zu fahren/ bekahmen aber ohnver-
hofft solche Ohnmachten nacheinander/ daß die beystehende
Medici gleich sahen/ es wurde nun das Ende ihres Lebens nicht
weit mehr sein; Als dieses der regierenden Churfürstin Hoheit
und verwittweten Churfürstin Durchl. erfahren/ sind Sie in
das Churfürstl. Zimmer gelauffen/ haben sie auff einem Lehn-
stuhl sitzend angetroffen/ als sie aber die grosse Schwachheit ge-
sehen/ haben sie sich sehr kläglich angestellet/ Ihr Churfürstl.
Durchl. aber sprachen ihnen sehr tröstlich zu/ und vermahnten
Sie zur Gedult/ mit bedeuten/ Sie hälten in allen gute Anstalt
gemacht/ und wären von Hertzen vergnügt: Als nun die um-
stehende geheime Herren Räthe vermerckt/ daß S. Churfürstl.
Durchl. der beyden Frau Churfürstinnen klägliches Verhal-
ten nicht gerne gesehen/ hat man dieselbe disponirt aus dem
Zimmer zu gehen/ worauff dann der Herr Langhauß Seiner
Churfürstl. Durchl. sehr beweg und tröstlich zugesprochen/
welche auch auff befragen mit grosser Herhafftigkeit geantwor-
tet: Sie stürben gar gerne/ weil es GOtt beliebte/ und weil
Sie schon den Vorschmack des ewigen Lebens in ihrem Hertzen
empfinden/ wolten sie ihr Vergnügen nicht mit der gantzen
Welt und aller Potentaen Herrlichkeit vertauschen; baldt
darauff haben Se. Churfürstl. Durch. gesagt/ ich kan nun
nicht mehr sehen/ aber ich hoffe auff Jesum/ nach welchen Wor-
ten sie gleich ohne einige Bewegung wie ein Licht in ihren ged.
Kleidern und Sessel verschieden sind/ worauff bey Hof und in
der gantzen Stadt ein solch Heulen und Wehklagen entstanden/
daß es nicht zu beschreiben. Se. Churfürstl. Durchl. waren
willens gewesen/ an dem Tag ihres Todts den Condolentz Brief
an S. K. M. in Schweden wegen absterben dero Erb Printzen
zu unterschreiben und fortzusenden. Folgenden Sonntag/ als
die Prediger auff den Cantzeln den Todt des Churfürstens seel.
gedacht/ ist so ein weynen und heulen unter den Auditoribus/
deren dann eine ungewöhnliche Menge gewesen/ entstanden/
daß es einen Stein erbarmen mögen: An gedachtem Sonntag
nach der Morgen-Predigt hat die Churfürstl. Regirung in der
Cantzley die vor 2 Jahren zwischen des Hertzogs von Neuburg

Hoch-

sich auff besagten Sambstag Morgen dero Granatirer-Kleid
und Ungarische Stieffeln anlegen lassen/ und willens waren um
10 Uhr des Morgens ihrer Gewohnheit nach zu einer Chaise
im Schloß-Garten spaciren zu fahren/ bekahmen aber ohnver-
hofft solche Ohnmachten nacheinander/ daß die beystehende
Medici gleich sahen/ es wurde nun das Ende ihres Lebens nicht
weit mehr sein; Als dieses der regierenden Churfürstin Hoheit
und verwittweten Churfürstin Durchl. erfahren/ sind Sie in
das Churfürstl. Zimmer gelauffen/ haben sie auff einem Lehn-
stuhl sitzend angetroffen/ als sie aber die grosse Schwachheit ge-
sehen/ haben sie sich sehr kläglich angestellet/ Ihr Churfürstl.
Durchl. aber sprachen ihnen sehr tröstlich zu/ und vermahnten
Sie zur Gedult/ mit bedeuten/ Sie hälten in allen gute Anstalt
gemacht/ und wären von Hertzen vergnügt: Als nun die um-
stehende geheime Herren Räthe vermerckt/ daß S. Churfürstl.
Durchl. der beyden Frau Churfürstinnen klägliches Verhal-
ten nicht gerne gesehen/ hat man dieselbe disponirt aus dem
Zimmer zu gehen/ worauff dann der Herr Langhauß Seiner
Churfürstl. Durchl. sehr beweg und tröstlich zugesprochen/
welche auch auff befragen mit grosser Herhafftigkeit geantwor-
tet: Sie stürben gar gerne/ weil es GOtt beliebte/ und weil
Sie schon den Vorschmack des ewigen Lebens in ihrem Hertzen
empfinden/ wolten sie ihr Vergnügen nicht mit der gantzen
Welt und aller Potentaen Herrlichkeit vertauschen; baldt
darauff haben Se. Churfürstl. Durch. gesagt/ ich kan nun
nicht mehr sehen/ aber ich hoffe auff Jesum/ nach welchen Wor-
ten sie gleich ohne einige Bewegung wie ein Licht in ihren ged.
Kleidern und Sessel verschieden sind/ worauff bey Hof und in
der gantzen Stadt ein solch Heulen und Wehklagen entstanden/
daß es nicht zu beschreiben. Se. Churfürstl. Durchl. waren
willens gewesen/ an dem Tag ihres Todts den Condolentz Brief
an S. K. M. in Schweden wegen absterben dero Erb Printzen
zu unterschreiben und fortzusenden. Folgenden Sonntag/ als
die Prediger auff den Cantzeln den Todt des Churfürstens seel.
gedacht/ ist so ein weynen und heulen unter den Auditoribus/
deren dann eine ungewöhnliche Menge gewesen/ entstanden/
daß es einen Stein erbarmen mögen: An gedachtem Sonntag
nach der Morgen-Predigt hat die Churfürstl. Regirung in der
Cantzley die vor 2 Jahren zwischen des Hertzogs von Neuburg

Hoch-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0003" n="[3]"/>
sich auff besagten Sambstag Morgen dero Granatirer-Kleid<lb/>
und Ungarische Stieffeln anlegen lassen/ und willens waren um<lb/>
10 Uhr des Morgens ihrer Gewohnheit nach zu einer Chaise<lb/>
im Schloß-Garten spaciren zu fahren/ bekahmen aber ohnver-<lb/>
hofft solche Ohnmachten nacheinander/ daß die beystehende<lb/>
Medici gleich sahen/ es wurde nun das Ende ihres Lebens nicht<lb/>
weit mehr sein; Als dieses der regierenden Churfürstin Hoheit<lb/>
und verwittweten Churfürstin Durchl. erfahren/ sind Sie in<lb/>
das Churfürstl. Zimmer gelauffen/ haben sie auff einem Lehn-<lb/>
stuhl sitzend angetroffen/ als sie aber die grosse Schwachheit ge-<lb/>
sehen/ haben sie sich sehr kläglich angestellet/ Ihr Churfürstl.<lb/>
Durchl. aber sprachen ihnen sehr tröstlich zu/ und vermahnten<lb/>
Sie zur Gedult/ mit bedeuten/ Sie hälten in allen gute Anstalt<lb/>
gemacht/ und wären von Hertzen vergnügt: Als nun die um-<lb/>
stehende geheime Herren Räthe vermerckt/ daß S. Churfürstl.<lb/>
Durchl. der beyden Frau Churfürstinnen klägliches Verhal-<lb/>
ten nicht gerne gesehen/ hat man dieselbe disponirt aus dem<lb/>
Zimmer zu gehen/ worauff dann der Herr Langhauß Seiner<lb/>
Churfürstl. Durchl. sehr beweg und tröstlich zugesprochen/<lb/>
welche auch auff befragen mit grosser Herhafftigkeit geantwor-<lb/>
tet: Sie stürben gar gerne/ weil es GOtt beliebte/ und weil<lb/>
Sie schon den Vorschmack des ewigen Lebens in ihrem Hertzen<lb/>
empfinden/ wolten sie ihr Vergnügen nicht mit der gantzen<lb/>
Welt und aller Potentaen Herrlichkeit vertauschen; baldt<lb/>
darauff haben Se. Churfürstl. Durch. gesagt/ ich kan nun<lb/>
nicht mehr sehen/ aber ich hoffe auff Jesum/ nach welchen Wor-<lb/>
ten sie gleich ohne einige Bewegung wie ein Licht in ihren ged.<lb/>
Kleidern und Sessel verschieden sind/ worauff bey Hof und in<lb/>
der gantzen Stadt ein solch Heulen und Wehklagen entstanden/<lb/>
daß es nicht zu beschreiben. Se. Churfürstl. Durchl. waren<lb/>
willens gewesen/ an dem Tag ihres Todts den Condolentz Brief<lb/>
an S. K. M. in Schweden wegen absterben dero Erb Printzen<lb/>
zu unterschreiben und fortzusenden. Folgenden Sonntag/ als<lb/>
die Prediger auff den Cantzeln den Todt des Churfürstens seel.<lb/>
gedacht/ ist so ein weynen und heulen unter den Auditoribus/<lb/>
deren dann eine ungewöhnliche Menge gewesen/ entstanden/<lb/>
daß es einen Stein erbarmen mögen: An gedachtem Sonntag<lb/>
nach der Morgen-Predigt hat die Churfürstl. Regirung in der<lb/>
Cantzley die vor 2 Jahren zwischen des Hertzogs von Neuburg<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Hoch-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[3]/0003] sich auff besagten Sambstag Morgen dero Granatirer-Kleid und Ungarische Stieffeln anlegen lassen/ und willens waren um 10 Uhr des Morgens ihrer Gewohnheit nach zu einer Chaise im Schloß-Garten spaciren zu fahren/ bekahmen aber ohnver- hofft solche Ohnmachten nacheinander/ daß die beystehende Medici gleich sahen/ es wurde nun das Ende ihres Lebens nicht weit mehr sein; Als dieses der regierenden Churfürstin Hoheit und verwittweten Churfürstin Durchl. erfahren/ sind Sie in das Churfürstl. Zimmer gelauffen/ haben sie auff einem Lehn- stuhl sitzend angetroffen/ als sie aber die grosse Schwachheit ge- sehen/ haben sie sich sehr kläglich angestellet/ Ihr Churfürstl. Durchl. aber sprachen ihnen sehr tröstlich zu/ und vermahnten Sie zur Gedult/ mit bedeuten/ Sie hälten in allen gute Anstalt gemacht/ und wären von Hertzen vergnügt: Als nun die um- stehende geheime Herren Räthe vermerckt/ daß S. Churfürstl. Durchl. der beyden Frau Churfürstinnen klägliches Verhal- ten nicht gerne gesehen/ hat man dieselbe disponirt aus dem Zimmer zu gehen/ worauff dann der Herr Langhauß Seiner Churfürstl. Durchl. sehr beweg und tröstlich zugesprochen/ welche auch auff befragen mit grosser Herhafftigkeit geantwor- tet: Sie stürben gar gerne/ weil es GOtt beliebte/ und weil Sie schon den Vorschmack des ewigen Lebens in ihrem Hertzen empfinden/ wolten sie ihr Vergnügen nicht mit der gantzen Welt und aller Potentaen Herrlichkeit vertauschen; baldt darauff haben Se. Churfürstl. Durch. gesagt/ ich kan nun nicht mehr sehen/ aber ich hoffe auff Jesum/ nach welchen Wor- ten sie gleich ohne einige Bewegung wie ein Licht in ihren ged. Kleidern und Sessel verschieden sind/ worauff bey Hof und in der gantzen Stadt ein solch Heulen und Wehklagen entstanden/ daß es nicht zu beschreiben. Se. Churfürstl. Durchl. waren willens gewesen/ an dem Tag ihres Todts den Condolentz Brief an S. K. M. in Schweden wegen absterben dero Erb Printzen zu unterschreiben und fortzusenden. Folgenden Sonntag/ als die Prediger auff den Cantzeln den Todt des Churfürstens seel. gedacht/ ist so ein weynen und heulen unter den Auditoribus/ deren dann eine ungewöhnliche Menge gewesen/ entstanden/ daß es einen Stein erbarmen mögen: An gedachtem Sonntag nach der Morgen-Predigt hat die Churfürstl. Regirung in der Cantzley die vor 2 Jahren zwischen des Hertzogs von Neuburg Hoch-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der Erscheinungsort Hamburg und der Verlag Friedr… [mehr]

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Michel Lefèvre, Centre de Recherches et d'Etudes Germaniques, Université Paul Valéry Montpellier 3: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-03-30T10:13:58Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-03-30T10:13:58Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: nur expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: normalisiert; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nordischer0043_1685
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nordischer0043_1685/3
Zitationshilfe: Nordischer [Mercurius]. Nr. 43, Hamburg, 1685, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nordischer0043_1685/3>, abgerufen am 26.06.2024.