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[Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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setzten in ihren Erzeugnissen fortgeschritten, findet demnach seine Anwen-
dung, und gilt von den Thieren ohne Bedenken. Die Petrefacten aus den
mindersten Thierklassen finden sich in den ältesten Gebirgsmassen. Wir
finden hier ein- und mehrkammerige Schnecken, von mannigfaltigen Arten,
zum Theil von bedeutender Größe, unter den Ammoniten von mikroscopi-
scher Kleinheit, bis zu einer Größe wie sie keine lebende Schnecke mehr
erreicht. Es kommen Ammonshörner vor, die einen Durchmesser haben
von 2 auch 3 Fuß. - Die graden Schnecken mit Scheidewänden heißen
Orthoceratiten. Ihnen nähern sich die Hippuriten, deren Scheidewände weniger
regelmäßig stehen. Aber eine höchst sonderbare Form bieten die Belemniten
dar, wie sie durchaus nicht mehr unter den lebenden vorkommt. Ein kegel-
förmiger Körper hat eine Hölung, worin sich eine vielkammerige Schnecke
befindet. Das Thier lebt in der vordern Kammer, und die hinteren sind
leer. Zuweilen ist aber die vordere Kammer so klein, daß das Thier sich
großentheils außerhalb befindet, und die Schale zum Theil umgiebt; eine
Bemerkung, die Peron zuerst an dem Nautilus Spirula der indischen Meere
gemacht hat. Dasselbe scheint auch der Fall mit den Belemniten gewesen zu
seyn. Das Thier lag außerhalb der Schaale, und umschloß sie zum Theil.

Eine jüngere Flözbildung enthält jene zahllose Menge versteinerter
1- und 2-schaliger Muscheln, welche nicht selten Lagenweise aufgehäuft sind,
und nach welchen das Gestein den Namen Muschelkalk erhalten hat. Cuvier
hat unter diesen Ueberresten eine versteinerte Nautilus-Art gefunden, die
mit dem Tintenfische Aehnlichkeit hat, in dem die Sepia sich in einem noch auf-

lösbaren

setzten in ihren Erzeugnissen fortgeschritten, findet demnach seine Anwen-
dung, und gilt von den Thieren ohne Bedenken. Die Petrefacten aus den
mindersten Thierklassen finden sich in den ältesten Gebirgsmassen. Wir
finden hier ein- und mehrkammerige Schnecken, von mannigfaltigen Arten,
zum Theil von bedeutender Größe, unter den Ammoniten von mikroscopi-
scher Kleinheit, bis zu einer Größe wie sie keine lebende Schnecke mehr
erreicht. Es kommen Ammonshörner vor, die einen Durchmesser haben
von 2 auch 3 Fuß. – Die graden Schnecken mit Scheidewänden heißen
Orthoceratiten. Ihnen nähern sich die Hippuriten, deren Scheidewände weniger
regelmäßig stehen. Aber eine höchst sonderbare Form bieten die Belemniten
dar, wie sie durchaus nicht mehr unter den lebenden vorkommt. Ein kegel-
förmiger Körper hat eine Hölung, worin sich eine vielkammerige Schnecke
befindet. Das Thier lebt in der vordern Kammer, und die hinteren sind
leer. Zuweilen ist aber die vordere Kammer so klein, daß das Thier sich
großentheils außerhalb befindet, und die Schale zum Theil umgiebt; eine
Bemerkung, die Péron zuerst an dem Nautilus Spirula der indischen Meere
gemacht hat. Dasselbe scheint auch der Fall mit den Belemniten gewesen zu
seyn. Das Thier lag außerhalb der Schaale, und umschloß sie zum Theil.

Eine jüngere Flözbildung enthält jene zahllose Menge versteinerter
1- und 2-schaliger Muscheln, welche nicht selten Lagenweise aufgehäuft sind,
und nach welchen das Gestein den Namen Muschelkalk erhalten hat. Cuvier
hat unter diesen Ueberresten eine versteinerte Nautilus-Art gefunden, die
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lösbaren
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Hamel, Jürgen u. Klaus Harro Tiemann (Hg.) (1993): Alexander von Humboldt: Über das Universum. Die Kosmosvorträge 1827/28 in der Berliner Singakademie. Frankfurt a. M.: Insel. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

Abweichungen dieser Druckedition von der Manuskriptvorlage werden im Text an der entsprechenden Stelle in editorischen Kommentaren ausgewiesen.

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  • langes s (ſ): als s transkribiert



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Zitationshilfe: [Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 20r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/43>, abgerufen am 25.04.2024.