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[Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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Julius 1698 der Krater und Gipfel des 18,000 Fuß hohen Carguairazo bei einem
heftigen Erdbeben in sich zusammenstürzte, drangen Ströme von Schlamm
aus den aufgebrochenen Seiten des Berges, und verwüsteten einen Strich
von 10-12 # Meilen, die mit unfruchtbarem Koth bedeckt wurden. -
Jedoch dürfen diese Inundazionen nicht als eigentlich vulkanische Erscheinun-
gen betrachtet werden. Es sind Phänomene die mit den Eruptionen der
Vulkane meteorologisch zusammen hangen, und durch die Höhe der Berge,
den Umfang ihrer stets beschneiten Gipfel und die Erwärmung der Wän-
de der Aschenkegel vielfach modificirt werden. In weiten Höhlen, bald am
Abhange, bald am Fuß der Vulkane entstehen unterirrdische Seeen, die
mit den Alpenbächen vielfach communiciren. Wenn Erdstöße, die allen Aus-
brüchen der Andeskette vorhergehen, die ganze Masse des Vulkans mächtig
erschüttern, so öffnen sich die unterirrdischen Gewölbe, und es entstürzen
ihnen zugleich Wasser, Fische und jener tuffartige Schlamm. Dies ist die
sonderbare Erscheinung der von den Vulkanen ausgeworfenen lebenden
Fische, eine Gattung Wels, (Pimelodes Cyclopum) Prennadilla von den Bewoh-
nern des Hochlandes von Quito genannt. - Bei einem Ausbruche des
Vulkans Imbaburu wurden die Faulfieber in der nahe gelegenen Stadt
Ibarra, der zahllosen, alle Felder bedeckenden Menge dieser Fische zuge-
schrieben.

Diese Ueberschwemmungen sind nicht zu verwechseln mit den Strömen
von Regenwasser, welche wie beim Vesuv, die (durch den aus dem Krater
aufsteigenden Wasserdampf) während der Eruption gebildeten Wolken

herab-

Julius 1698 der Krater und Gipfel des 18,000 Fuß hohen Carguairazo bei einem
heftigen Erdbeben in sich zusammenstürzte, drangen Ströme von Schlamm
aus den aufgebrochenen Seiten des Berges, und verwüsteten einen Strich
von 10–12 □ Meilen, die mit unfruchtbarem Koth bedeckt wurden. –
Jedoch dürfen diese Inundazionen nicht als eigentlich vulkanische Erscheinun-
gen betrachtet werden. Es sind Phänomene die mit den Eruptionen der
Vulkane meteorologisch zusammen hangen, und durch die Höhe der Berge,
den Umfang ihrer stets beschneiten Gipfel und die Erwärmung der Wän-
de der Aschenkegel vielfach modificirt werden. In weiten Höhlen, bald am
Abhange, bald am Fuß der Vulkane entstehen unterirrdische Seeen, die
mit den Alpenbächen vielfach communiciren. Wenn Erdstöße, die allen Aus-
brüchen der Andeskette vorhergehen, die ganze Masse des Vulkans mächtig
erschüttern, so öffnen sich die unterirrdischen Gewölbe, und es entstürzen
ihnen zugleich Wasser, Fische und jener tuffartige Schlamm. Dies ist die
sonderbare Erscheinung der von den Vulkanen ausgeworfenen lebenden
Fische, eine Gattung Wels, (Pimelodes Cyclopum) Preñadilla von den Bewoh-
nern des Hochlandes von Quito genannt. – Bei einem Ausbruche des
Vulkans Imbaburu wurden die Faulfieber in der nahe gelegenen Stadt
Ibarra, der zahllosen, alle Felder bedeckenden Menge dieser Fische zuge-
schrieben.

Diese Ueberschwemmungen sind nicht zu verwechseln mit den Strömen
von Regenwasser, welche wie beim Vesuv, die (durch den aus dem Krater
aufsteigenden Wasserdampf) während der Eruption gebildeten Wolken

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[16r/0035] Jul. 1698 der Krater und Gipfel des 18,000 Fuß hohen Carguairazo bei einem heftigen Erdbeben in sich zusammenstürzte, drangen Ströme von Schlamm aus den aufgebrochenen Seiten des Berges, und verwüsteten einen Strich von 10–12 □ Meilen, die mit unfruchtbarem Koth bedeckt wurden. – Jedoch dürfen diese Inundazionen nicht als eigentlich vulkanische Erscheinun- gen betrachtet werden. Es sind Phänomene die mit den Eruptionen der Vulkane meteorologisch zusammen hangen, und durch die Höhe der Berge, den Umfang ihrer stets beschneiten Gipfel und die Erwärmung der Wän- de der Aschenkegel vielfach modificirt werden. In weiten Höhlen, bald am Abhange, bald am Fuß der Vulkane entstehen unterirrdische Seeen, die mit den Alpenbächen vielfach communiciren. Wenn Erdstöße, die allen Aus- brüchen der Andeskette vorhergehen, die ganze Masse des Vulkans mächtig erschüttern, so öffnen sich die unterirrdischen Gewölbe, und es entstürzen ihnen zugleich Wasser, Fische und jener tuffartige Schlamm. Dies ist die sonderbare Erscheinung der von den Vulkanen ausgeworfenen lebenden Fische, eine Gattung Wels, (Pimelodes Cyclopum) Preñadilla von den Bewoh- nern des Hochlandes von Quito genannt. – Bei einem Ausbruche des Vulkans Imbaburu wurden die Faulfieber in der nahe gelegenen Stadt Ibarra, der zahllosen, alle Felder bedeckenden Menge dieser Fische zuge- schrieben. Diese Ueberschwemmungen sind nicht zu verwechseln mit den Strömen von Regenwasser, welche wie beim Vesuv, die (durch den aus dem Krater aufsteigenden Wasserdampf) während der Eruption gebildeten Wolken herab-

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Hamel, Jürgen u. Klaus Harro Tiemann (Hg.) (1993): Alexander von Humboldt: Über das Universum. Die Kosmosvorträge 1827/28 in der Berliner Singakademie. Frankfurt a. M.: Insel. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

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Zitationshilfe: [Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 16r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/35>, abgerufen am 28.03.2024.