Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

die Hercules gegen die Giganten kämpfte. Wahrscheinlich ist dies eine Anspielung auf
die Einführung des Monddienstes, oder vielleicht des Mondjahres.

Man hat häufig die Frage aufgeworfen: ob die Strahlen des Mondes Wärme
erregten? In neueren Zeiten, wo die Instrumente so sehr vervollkomnet sind,
hat man erneuerte Versuche darüber angestellt. Mit Herrn Arago habe ich, auf der
Pariser Sternwarte, die in einem großen Hohlspiegel aufgefangenen Strahlen,
auf ein sehr empfindliches Luftthermometer fallen lassen, wir haben aber durch-
aus keine Temperaturerhöhung bemerkt, und Daniell's, der vor einigen Monaten
eine schöne Meteorologie herausgegeben, hat dasselbe Resultat als Ergebniß seiner
sehr genauen Beobachtungen gefunden.

Der Anblick des Mondes bietet uns mehrere Flecken dar, die man lange Zeit für Mee-
re gehalten hat, welche Meinung aber aufgegeben worden, da man mit Zuverlässigkeit
annehmen kann, daß kein Wasser, überhaupt keine Flüssigkeit sich auf dem Monde
befindet. Man ist im Stande Flächenräume, halb so groß wie Berlin vollkommen deut-
lich zu erkennen, und nirgend hat man eine Stelle im niveau der andern gefunden.
Herr Cunowsky, welcher mit einem trefflichen Frauenhoferschen Fernrohre schöne Beobach-
tungen gemacht, und eine genaue Zeichnung vom mare crisium entworfen hat, findet
an jener Stelle, wo man eine Fläche vermuthete, alles voll kleiner Krater, und
von Rinnen durchschnitten.

Die Athmosphäre des Mondes nähert sich dem, was wir unter unsern Luftpumpen
ein Vacuum nennen, und ist über 100 mal geringer als die unsrige, wie sich dies aus
der Strahlenbrechung sehr genau berechnen läßt. Das im Barometer, das bei uns
am Meeresufer 28" steht, würde sich dort kaum auf der Höhe von einigen Linien er-

halten.

die Hercules gegen die Giganten kämpfte. Wahrscheinlich ist dies eine Anspielung auf
die Einführung des Monddienstes, oder vielleicht des Mondjahres.

Man hat häufig die Frage aufgeworfen: ob die Strahlen des Mondes Wärme
erregten? In neueren Zeiten, wo die Instrumente so sehr vervollkomnet sind,
hat man erneuerte Versuche darüber angestellt. Mit Herrn Arago habe ich, auf der
Pariser Sternwarte, die in einem großen Hohlspiegel aufgefangenen Strahlen,
auf ein sehr empfindliches Luftthermometer fallen lassen, wir haben aber durch-
aus keine Temperaturerhöhung bemerkt, und Daniell’s, der vor einigen Monaten
eine schöne Meteorologie herausgegeben, hat dasselbe Resultat als Ergebniß seiner
sehr genauen Beobachtungen gefunden.

Der Anblick des Mondes bietet uns mehrere Flecken dar, die man lange Zeit für Mee-
re gehalten hat, welche Meinung aber aufgegeben worden, da man mit Zuverlässigkeit
annehmen kann, daß kein Wasser, überhaupt keine Flüssigkeit sich auf dem Monde
befindet. Man ist im Stande Flächenräume, halb so groß wie Berlin vollkommen deut-
lich zu erkennen, und nirgend hat man eine Stelle im niveau der andern gefunden.
Herr Cunowsky, welcher mit einem trefflichen Frauenhoferschen Fernrohre schöne Beobach-
tungen gemacht, und eine genaue Zeichnung vom mare crisium entworfen hat, findet
an jener Stelle, wo man eine Fläche vermuthete, alles voll kleiner Krater, und
von Rinnen durchschnitten.

Die Athmosphäre des Mondes nähert sich dem, was wir unter unsern Luftpumpen
ein Vacuum nennen, und ist über 100 mal geringer als die unsrige, wie sich dies aus
der Strahlenbrechung sehr genau berechnen läßt. Das ☿ im Barometer, das bei uns
am Meeresufer 28″ steht, würde sich dort kaum auf der Höhe von einigen Linien er-

halten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="session" n="15">
        <p><pb facs="#f0152" n="74v"/>
die <hi rendition="#aq">Hercules</hi> gegen die Giganten kämpfte. Wahrscheinlich ist dies eine Anspielung auf<lb/>
die Einführung des Monddienstes, oder vielleicht des Mondjahres.</p><lb/>
        <p>Man hat häufig die Frage aufgeworfen: ob die Strahlen des Mondes Wärme<lb/>
erregten? In neueren Zeiten, wo die Instrumente so sehr vervollkomnet sind,<lb/>
hat man erneuerte Versuche darüber angestellt. Mit <choice><abbr>H&#xFFFC;.</abbr><expan resp="#CT">Herrn</expan></choice> <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118847767 http://d-nb.info/gnd/118847767">Arago</persName></hi> habe ich, auf der<lb/>
Pariser Sternwarte, die in einem<note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 198: "einen".</note> großen Hohlspiegel aufgefangenen Strahlen,<lb/>
auf ein sehr empfindliches Luftthermometer fallen lassen, wir haben aber durch-<lb/>
aus keine Temperaturerhöhung bemerkt, <choice><abbr>u.</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-116023325 http://d-nb.info/gnd/116023325">Daniell</persName></hi>&#x2019;s,<note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 198: Komma fehlt.</note> der vor einigen Monaten<lb/>
eine schöne Meteorologie herausgegeben, hat dasselbe Resultat als Ergebniß seiner<lb/>
sehr genauen Beobachtungen gefunden.</p><lb/>
        <p>Der Anblick des Mondes bietet uns mehrere Flecken dar, die man lange Zeit für Mee-<lb/>
re gehalten hat, welche Meinung aber aufgegeben worden, da man mit Zuverlässigkeit<lb/>
annehmen kann, daß kein Wasser, überhaupt keine Flüssigkeit sich auf dem Monde<lb/>
befindet. Man ist im Stande Flächenräume,<note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 198: Komma fehlt.</note> halb so groß wie <hi rendition="#aq">Berlin</hi> vollkommen deut-<lb/>
lich zu erkennen, <choice><abbr>u.</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> nirgend hat man eine Stelle im <hi rendition="#aq">niveau</hi> der andern gefunden.<lb/><choice><abbr>H&#xFFFC;.</abbr><expan resp="#CT">Herr</expan></choice> <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-136214908 http://d-nb.info/gnd/136214908">Cunowsky</persName></hi>, welcher mit einem<note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 198: "seinem".</note> trefflichen <hi rendition="#aq">Frauenhofer</hi>schen Fernrohre<note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 198: "Fernrohr".</note> schöne Beobach-<lb/>
tungen gemacht, <choice><abbr>u.</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> eine genaue Zeichnung vom <hi rendition="#aq">mare crisium</hi> entworfen hat, findet<lb/>
an jener Stelle, wo man eine Fläche vermuthete, alles voll kleiner Krater, und<lb/>
von Rinnen durchschnitten.</p><lb/>
        <p>Die Athmosphäre des Mondes nähert sich dem, was wir unter unsern Luftpumpen<lb/>
ein <hi rendition="#aq">Vacuum<note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 198: "Vakuum".</note></hi> nennen, <choice><abbr>u.</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> ist über 100 mal geringer als die unsrige, wie sich dies aus<lb/>
der Strahlenbrechung sehr genau berechnen läßt. Das &#x263F; im Barometer, das bei uns<lb/>
am Meeresufer 28&#x2033; steht, würde sich dort kaum auf der Höhe von einigen Linien er-<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">halten.</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74v/0152] die Hercules gegen die Giganten kämpfte. Wahrscheinlich ist dies eine Anspielung auf die Einführung des Monddienstes, oder vielleicht des Mondjahres. Man hat häufig die Frage aufgeworfen: ob die Strahlen des Mondes Wärme erregten? In neueren Zeiten, wo die Instrumente so sehr vervollkomnet sind, hat man erneuerte Versuche darüber angestellt. Mit H. Arago habe ich, auf der Pariser Sternwarte, die in einem großen Hohlspiegel aufgefangenen Strahlen, auf ein sehr empfindliches Luftthermometer fallen lassen, wir haben aber durch- aus keine Temperaturerhöhung bemerkt, u. Daniell’s, der vor einigen Monaten eine schöne Meteorologie herausgegeben, hat dasselbe Resultat als Ergebniß seiner sehr genauen Beobachtungen gefunden. Der Anblick des Mondes bietet uns mehrere Flecken dar, die man lange Zeit für Mee- re gehalten hat, welche Meinung aber aufgegeben worden, da man mit Zuverlässigkeit annehmen kann, daß kein Wasser, überhaupt keine Flüssigkeit sich auf dem Monde befindet. Man ist im Stande Flächenräume, halb so groß wie Berlin vollkommen deut- lich zu erkennen, u. nirgend hat man eine Stelle im niveau der andern gefunden. H. Cunowsky, welcher mit einem trefflichen Frauenhoferschen Fernrohre schöne Beobach- tungen gemacht, u. eine genaue Zeichnung vom mare crisium entworfen hat, findet an jener Stelle, wo man eine Fläche vermuthete, alles voll kleiner Krater, und von Rinnen durchschnitten. Die Athmosphäre des Mondes nähert sich dem, was wir unter unsern Luftpumpen ein Vacuum nennen, u. ist über 100 mal geringer als die unsrige, wie sich dies aus der Strahlenbrechung sehr genau berechnen läßt. Das ☿ im Barometer, das bei uns am Meeresufer 28″ steht, würde sich dort kaum auf der Höhe von einigen Linien er- halten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Hamel, Jürgen u. Klaus Harro Tiemann (Hg.) (1993): Alexander von Humboldt: Über das Universum. Die Kosmosvorträge 1827/28 in der Berliner Singakademie. Frankfurt a. M.: Insel. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

Abweichungen dieser Druckedition von der Manuskriptvorlage werden im Text an der entsprechenden Stelle in editorischen Kommentaren ausgewiesen.

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • I/J: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/152
Zitationshilfe: [Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 74v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/152>, abgerufen am 24.11.2024.