Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

eines kleinen Städtchens aufbewahrt. Necker, ein Genfer, hat hiervon Nachricht ge-
geben. - Die Entfernung der Küste ist auch keinesweges so übermäßig, und
möchte etwa 3/4 des mittelländischen Meeres betragen. Captain Sabine der
so lange sich an der Baffins Bay aufgehalten, und den ich darüber befragte, hält
die Thatsache gar nicht für unmöglich. Er versichert, daß die Fellboote niemals
durchnäßt werden, und daß die Esquimaux von einer Küste der Hudson's Bay
zur andern zu schiffen pflegen, indem das Fahrzeug sogar gestatte einige Provision mitzu-
führen.

Aber auch das Beispiel weißlicher Racen kommt in Amerika vor, wie die
Guacharico's, welche wahrscheinlich herstammen von den Quellen des Orenoca,
zu denen noch kein Europäer vorgedrungen ist. Dieser Menschenstamm
ist weiß wie die Mestizen, und doch kann bei diesem abgesonderten Stam-
me keine Vermischung statt gefunden haben. Auffallend ist der Contrast
zwischen diesen, und den fast schwarzen Ottomaken.

Die lichtere oder dunklere Hautfarbe steht aber in keinem Zusammenhange mit
der Höhe über dem Meere, oder mit der Breite gegen den Aequator. So sind die
Zacaticas im nördlichen Mexico ungleich gebräunter als die Völker zwischen dem
Amazonenstrom und dem Orenoco.

Ein sehr merkwürdiges Vorkommen ist dasjenige von blonden, blauäugigen
Menschen an der Nord-Westküste von Amerika, in der Gegend von Norfolk-
Sound
. Marchand hat zuerst darauf aufmerksam gemacht, und Herr v. Schabelsky
ein sehr unterrichteter Russe, bestätigt das Vorkommen europäischer Gesichtszü-
ge, in einer Gegend wo sie durch keine Vermischung hervorgerufen seyn kön-

nen.

eines kleinen Städtchens aufbewahrt. Necker, ein Genfer, hat hiervon Nachricht ge-
geben. – Die Entfernung der Küste ist auch keinesweges so übermäßig, und
möchte etwa ¾ des mittelländischen Meeres betragen. Captain Sabine der
so lange sich an der Baffins Bay aufgehalten, und den ich darüber befragte, hält
die Thatsache gar nicht für unmöglich. Er versichert, daß die Fellboote niemals
durchnäßt werden, und daß die Esquimaux von einer Küste der Hudson’s Bay
zur andern zu schiffen pflegen, indem das Fahrzeug sogar gestatte einige Provision mitzu-
führen.

Aber auch das Beispiel weißlicher Racen kommt in Amerika vor, wie die
Guacharico’s, welche wahrscheinlich herstammen von den Quellen des Orenoca,
zu denen noch kein Europäer vorgedrungen ist. Dieser Menschenstamm
ist weiß wie die Mestizen, und doch kann bei diesem abgesonderten Stam-
me keine Vermischung statt gefunden haben. Auffallend ist der Contrast
zwischen diesen, und den fast schwarzen Ottomaken.

Die lichtere oder dunklere Hautfarbe steht aber in keinem Zusammenhange mit
der Höhe über dem Meere, oder mit der Breite gegen den Aequator. So sind die
Zacaticas im nördlichen Mexico ungleich gebräunter als die Völker zwischen dem
Amazonenstrom und dem Orenoco.

Ein sehr merkwürdiges Vorkommen ist dasjenige von blonden, blauäugigen
Menschen an der Nord-Westküste von Amerika, in der Gegend von Norfolk-
Sound
. Marchand hat zuerst darauf aufmerksam gemacht, und Herr v. Schabelsky
ein sehr unterrichteter Russe, bestätigt das Vorkommen europäischer Gesichtszü-
ge, in einer Gegend wo sie durch keine Vermischung hervorgerufen seyn kön-

nen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="session" n="11">
        <p><pb facs="#f0100" n="48v"/>
eines kleinen Städtchens aufbewahrt. <hi rendition="#aq"><persName resp="#CT" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-104364440 http://d-nb.info/gnd/104364440">Necker</persName></hi>, ein <hi rendition="#aq">Genfer</hi>, hat hiervon Nachricht ge-<lb/>
geben.<note resp="#BF" type="editorial">Tatsächlich sind diese Ereignisse durch James Wallace überliefert. Vgl. <bibl>Wallace, James [d. J.]: An Account of the Islands of Orkney. To which is added, an Essay concerning the Thule of the Ancients. Tonson, London 1700. S. 60&#x2013;61.</bibl> Online verfügbar: <ref target="http://gateway.proquest.com/openurl?ctx_ver=Z39.88-2003&amp;res_id=xri:eebo&amp;rft_id=xri:eebo:image:102617:39">Early English Books Online, abgerufen am 11.05.2016</ref>. Von Louis Albert Necker stammen hingegen Angaben, nach denen in zwei aufeinanderfolgenden Jahren Weinfässer angespült worden seien, vgl. dazu <bibl>Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28], Bl. 256v.</bibl> Online verfügbar: <ref target="http://www.deutschestextarchiv.de/book/view/parthey_msgermqu1711_1828?p=516">Deutsches Textarchiv, abgerufen am 18.05.2016</ref>.</note> &#x2013; Die Entfernung der Küste ist auch keinesweges so übermäßig, <choice><abbr>u.</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice><lb/>
möchte etwa ¾ des mittelländischen Meeres betragen. <hi rendition="#aq">Captain <persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-11671350X http://d-nb.info/gnd/11671350X">Sabine</persName></hi> der<lb/>
so lange sich an der <hi rendition="#aq">Baffins</hi> Bay aufgehalten, und den ich darüber befragte, hält<lb/>
die Thatsache gar nicht für unmöglich. Er versichert, daß die Fellboote<note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 141: "Faltboote".</note> niemals<lb/>
durchnäßt werden, und daß die <hi rendition="#aq">Esquimaux</hi> von einer Küste der <hi rendition="#aq">Hudson</hi>&#x2019;s Bay<lb/><add place="superlinear"><metamark/>zur andern </add>zu schiffen pflegen, indem das Fahrzeug sogar gestatte einige Provision mitzu-<lb/>
führen.</p><lb/>
        <p>Aber auch das Beispiel weißlicher Racen kommt in Amerika vor, wie die<lb/><hi rendition="#aq">Guacharico</hi>&#x2019;s, welche wahrscheinlich herstammen von den Quellen des <hi rendition="#aq"><unclear reason="illegible" cert="high" resp="#CT">Orenoca</unclear></hi>,<lb/>
zu denen noch kein Europäer vorgedrungen ist. Dieser Menschenstamm<lb/>
ist weiß wie die Mestizen, und doch kann bei diesem abgesonderten Stam-<lb/>
me keine Vermischung statt gefunden<note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 141: "statgefunden".</note> haben. Auffallend ist der Contrast<lb/>
zwischen diesen, und den fast schwarzen Ottomaken.</p><lb/>
        <p>Die lichtere oder dunklere Hautfarbe steht aber in keinem Zusammenhange mit<lb/>
der Höhe über dem Meere, oder mit der Breite gegen den Aequator. So sind die<lb/><hi rendition="#aq">Zacaticas</hi> im nördlichen Mexico ungleich gebräunter als die Völker zwischen dem<lb/>
Amazonenstrom und dem Orenoco.</p><lb/>
        <p>Ein sehr merkwürdiges Vorkommen ist dasjenige von blonden, blauäugigen<lb/>
Menschen an der Nord-Westküste von Amerika, in der Gegend von <hi rendition="#aq">Norfolk-<lb/>
Sound</hi>. <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-128386460 http://d-nb.info/gnd/128386460">Marchand</persName></hi> hat zuerst darauf aufmerksam gemacht, und <choice><abbr>H&#xFFFC;.</abbr><expan resp="#CT">Herr</expan></choice> <hi rendition="#aq"><persName>v. Schabelsky</persName></hi><lb/>
ein sehr unterrichteter Russe, bestätigt das Vorkommen europäischer Gesichtszü-<lb/>
ge, in einer Gegend wo sie durch keine Vermischung hervorgerufen seyn kön-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen.</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48v/0100] eines kleinen Städtchens aufbewahrt. Necker, ein Genfer, hat hiervon Nachricht ge- geben. – Die Entfernung der Küste ist auch keinesweges so übermäßig, u. möchte etwa ¾ des mittelländischen Meeres betragen. Captain Sabine der so lange sich an der Baffins Bay aufgehalten, und den ich darüber befragte, hält die Thatsache gar nicht für unmöglich. Er versichert, daß die Fellboote niemals durchnäßt werden, und daß die Esquimaux von einer Küste der Hudson’s Bay zur andern zu schiffen pflegen, indem das Fahrzeug sogar gestatte einige Provision mitzu- führen. Aber auch das Beispiel weißlicher Racen kommt in Amerika vor, wie die Guacharico’s, welche wahrscheinlich herstammen von den Quellen des Orenoca, zu denen noch kein Europäer vorgedrungen ist. Dieser Menschenstamm ist weiß wie die Mestizen, und doch kann bei diesem abgesonderten Stam- me keine Vermischung statt gefunden haben. Auffallend ist der Contrast zwischen diesen, und den fast schwarzen Ottomaken. Die lichtere oder dunklere Hautfarbe steht aber in keinem Zusammenhange mit der Höhe über dem Meere, oder mit der Breite gegen den Aequator. So sind die Zacaticas im nördlichen Mexico ungleich gebräunter als die Völker zwischen dem Amazonenstrom und dem Orenoco. Ein sehr merkwürdiges Vorkommen ist dasjenige von blonden, blauäugigen Menschen an der Nord-Westküste von Amerika, in der Gegend von Norfolk- Sound. Marchand hat zuerst darauf aufmerksam gemacht, und H. v. Schabelsky ein sehr unterrichteter Russe, bestätigt das Vorkommen europäischer Gesichtszü- ge, in einer Gegend wo sie durch keine Vermischung hervorgerufen seyn kön- nen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Anmerkungen

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Hamel, Jürgen u. Klaus Harro Tiemann (Hg.) (1993): Alexander von Humboldt: Über das Universum. Die Kosmosvorträge 1827/28 in der Berliner Singakademie. Frankfurt a. M.: Insel. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

Abweichungen dieser Druckedition von der Manuskriptvorlage werden im Text an der entsprechenden Stelle in editorischen Kommentaren ausgewiesen.

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • I/J: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/100
Zitationshilfe: [Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 48v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/100>, abgerufen am 23.11.2024.