Marburger Zeitung. Nr. 74, Marburg, 20.06.1905.Marburger Zeitung Nr. 74, 20. Juni 1905. [Spaltenumbruch] Waltian in Marburg. Eine Marburger Monstre-Versammlung. Seit den 80er Jahren, als zur Zeit des Nachstehend der Bericht. Herr Dr. Heinz Lorber eröffnete namens des geantwortet. Eine absichtliche Schuld durfte er Will Und dann verdrängte wieder die Sorge um Professor W. hatte anfänglich nur von einem Das Gut glich schon jetzt einem Totenhause. (Fortsetzung folgt.) [Spaltenumbruch] seine Aufgabe als Vorsitzender zu erleichtern. Er Wastians Kandidatursbegründung. Herr Heinrich Wastian tritt sodann auf die Im letzten Jahre warf sie 16 Millionen K. Da muß gelaufen und gebettelt werden beim Sie unterbindet eine der wichtigsteu sozialen Marburger Zeitung Nr. 74, 20. Juni 1905. [Spaltenumbruch] Waltian in Marburg. Eine Marburger Monſtre-Verſammlung. Seit den 80er Jahren, als zur Zeit des Nachſtehend der Bericht. Herr Dr. Heinz Lorber eröffnete namens des geantwortet. Eine abſichtliche Schuld durfte er Will Und dann verdrängte wieder die Sorge um Profeſſor W. hatte anfänglich nur von einem Das Gut glich ſchon jetzt einem Totenhauſe. (Fortſetzung folgt.) [Spaltenumbruch] ſeine Aufgabe als Vorſitzender zu erleichtern. Er Waſtians Kandidatursbegründung. Herr Heinrich Waſtian tritt ſodann auf die Im letzten Jahre warf ſie 16 Millionen K. Da muß gelaufen und gebettelt werden beim Sie unterbindet eine der wichtigſteu ſozialen <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0002" n="2"/> <fw place="top" type="header">Marburger Zeitung Nr. 74, 20. 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Faſt ſuchte er ſich mit dem Ge-<lb/> danken zu tröſten, die Freiheit, die er ihr zurück-<lb/> geben mußte, könne dereinſt dieſes Gefühl noch<lb/> erwecken ... ihm erſchien es ja noch immer un-<lb/> möglich, Margarethe nicht zu lieben.</p><lb/> <p>Und dann verdrängte wieder die Sorge um<lb/> ſie alle berechnenden Zukunftspläne und er ſetzte<lb/> ſein Pferd in Galopp.</p><lb/> <p>Profeſſor W. hatte anfänglich nur von einem<lb/> leichteren Fieberanfall geſprochen, welchem er eine<lb/> ſehr ernſtliche Bedeutung nicht beizulegen ſchien.<lb/> Täuſchte er ſich in dieſer Diagnoſe oder wirkte die<lb/> freilich mit aller möglichen Vorſicht bewerkſtelligte<lb/> Überführung von Plohn nach Liebenau ungünſtig<lb/> auf die Kranke ein, genug, ſchon am zweiten Tage<lb/> verſtärkte ſich das Fieber derart, daß der Profeſſor<lb/> ſelbſt an einem glücklichen Ausgang zu zweifeln<lb/> begann und einer ſeiner älteſten Aſſiſtenten gänzlich<lb/> nach Liebenau überſiedelte.</p><lb/> <p>Das Gut glich ſchon jetzt einem Totenhauſe.</p><lb/> <p> <ref> <hi rendition="#right">(Fortſetzung folgt.)</hi> </ref> </p> </div> </div><lb/> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div xml:id="marburg2" prev="#marburg1" type="jArticle" n="2"> <p>ſeine Aufgabe als Vorſitzender zu erleichtern. Er<lb/> werde ſeines Amtes mit ſtrengſter Objektivität<lb/> walten. Hierauf gab der Vorſitzende bekannt, daß<lb/> ihm von Herrn <hi rendition="#g">Garbeis</hi> ein Dringlichkeitsantrag<lb/> zugekommen iſt, betreffend die <hi rendition="#g">Ausdehnung</hi> der<lb/><hi rendition="#g">Wahlzeit</hi> am Wahltage auf die Stunden von<lb/> 3 bis 5 Uhr begehrt. Herr Garbeis begründet<lb/> dieſen Dringlichkeitsantrag, indem er darauf hin-<lb/> weiſt, daß der Wahltag auf einen Mittwoch fällt,<lb/> alſo auf einen Tag, an dem in Marburg ein<lb/><hi rendition="#g">großer Geſchäftsverkehr</hi> herrſcht, welcher<lb/> vielen Wählern die Ausübung des Wahlrechtes am<lb/><hi rendition="#g">Vormittag unmöglich</hi> macht. Die Forderung<lb/> nach Verlängerung der Wahlzeit iſt eine <hi rendition="#g">gerechte,</hi><lb/> ſie liegt im <hi rendition="#g">allgemeinen</hi> Intereſſe, im Intereſſe<lb/><hi rendition="#g">aller</hi> Wähler. Herr Garbeis beantragt, die heutige<lb/> Wählerverſammlung beſchließe, es ſei durch das<lb/> heutige Präſidium im Namen der verſammelten<lb/> Wähler von Marburg an die k. k. Statthalterei<lb/> das Erſuchen zu ſtellen, die Wahlzeit auch auf den<lb/> Nachmittag u. zw. auf die Stunden von 3 bis<lb/> 5 Uhr auszudehnen. (Lebhafter Beifall.) Dr. <hi rendition="#g">Lor-<lb/> ber</hi> läßt über dieſen Antrag abſtimmen, der wider-<lb/> ſpruchslos von der Wählerverſammlung angenommen<lb/> wird. Der Vorſitzende teilt weiters mit, daß über<lb/> Wunſch des Herrn <hi rendition="#g">Pfrimer</hi> zuerſt Herr <hi rendition="#g">Waſtian</hi><lb/> ſprechen möge.</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Waſtians Kandidatursbegründung.</hi> </hi> </p><lb/> <p>Herr Heinrich <hi rendition="#g">Waſtian</hi> tritt ſodann auf die<lb/> Rednertribüne. Ein rieſiger Beifallsſturm umbrauſt<lb/> und begrüßt ihn. Herr Waſtian verweiſt zunächſt<lb/> darauf, daß es nur mit außerordentlicher Anſtren-<lb/> gung ſeinen politiſchen Freunden und Geſinnungs-<lb/> genoſſen gelungen ſei, ihn dahin zu bringen, ſich<lb/> um das frei gewordene Reichratsmandat zu bewerben.<lb/> Er habe ſich nur ſchweren Herzens entſchloſſen, in<lb/> den Wahlkampf einzutreten. Wenn er es getan habe,<lb/> ſo fühle er ſich verpflichtet, heute darüber Rechen-<lb/> ſchaft zu geben. Redner habe ſich ſelbſt geſagt, daß<lb/> es für die nationale Geſchloſſenheit an der Sprach-<lb/> grenze bedenklich werden könnte, wenn zwei deutſche<lb/> Bewerber um das Reichsratsmandat auftreten. Ander-<lb/> ſeits ſei es auch unangenehm, gegen einen Mann<lb/> zu kandidieren, der ſeinen Gemeinſinn durch eine<lb/> lange Reihe von Jahren in hervorragender Weiſe<lb/> bewährt hat. Allein nach gründlicher Beſprechung<lb/> dieſer Angelegenheit mit Vertrauensmännern von<lb/> Marburg und anderen Wahlorten ſei Redner zu<lb/> anderen Schlüſſen gebracht worden. es ſei ihm<lb/> geſagt worden, daß man eine temperamentvollere<lb/> Vertretung im Parlamente brauche und verlange, und<lb/> daß Herr Pfrimer keinen perſönlichen Wert darauf<lb/> lege, das Mandat zu erreichen, ſondern daß ihn nur<lb/> die Parteidisziplin beſtimmt habe, ſich um das<lb/> Mandat zu bewerben. Dieſe Umſtände haben Redner<lb/> bewogen, ſeine Grundſätze, vollkommen losgelöſt<lb/> von jedem perſönlichen Standpunkte, geltend zu<lb/> machen. <hi rendition="#g">(Stürmiſche Heilrufe.)</hi> Programm<lb/> ſoll gegen Programm geſtellt werden und nicht als<lb/> Störenfried bin ich erſchienen. Von dem Grundſatze<lb/> ausgehend, daß der Kampf der Vater aller Dinge<lb/> und beſſer als ein fauler Friede iſt und daß die<lb/> Deutſchen in Oſterreich, wenn ſie im alten Schlen-<lb/> drian herumkriechen, dem Untergange entgegengehen,<lb/> iſt er der Anſicht, daß die Deutſchen in Öſterreich<lb/> auf dem parlamentariſchen Kriegsſchauplatze nur<lb/> mit dem Panzer um die Seele und dem Schwert in<lb/> der Hand ihre jahrhundertealte Stellung im Reiche,<lb/> dem ſie den Namen gegeben, behaupten können. Ein<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">faules Dahinſiechen</hi></hi><lb/> der Deutſchen richtet uns <hi rendition="#g">zugrunde, national</hi><lb/> und <hi rendition="#g">wirtſchaftlich.</hi> In formvollendeter, leben-<lb/> diger Weiſe entwarf ſodann der Redner ein Bild<lb/> unſerer Volksvergangenheit, aus jedem gewaltigen<lb/> geſchichtlichen Ereigniſſe eine Nutzanwendung ziehend<lb/> für die Gegenwart. Sich ſodann auf den Boden<lb/> der Gegenwart ſtellend, verwies Herr Waſtian<lb/> auf die<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">ungeheuere Steuerleiſtung</hi></hi><lb/> unſeres Volkes in dieſem Staate. Während bei<lb/> uns Deutſchen auf jeden Kopf jährlich 4·34 K. ent-<lb/> fallen, entfallen auf die Nichtdeutſchen per Kopf<lb/> 0·66 K., auf die Herren Polen insbeſondere gar<lb/> nur 43 Heller per Kopf. Dafür aber bekommen<lb/> die Polen vom Staate eine <hi rendition="#g">Eiſenbahn</hi> nach der<lb/> anderen, natürlich auf unſere Koſten. Redner ver-<lb/> weiſt auf den ungeheuren Kulturunterſchied, den<lb/> man erblickt, wenn man ſich ein kroatiſches oder<lb/> polniſches Dorf einerſeits und ein deutſches Dorf<lb/> in Steiermark oder Kärnten anſieht. Es ſind ganz<lb/> unglaubliche <hi rendition="#g">Millionen,</hi> die aus unſerem Steuer-<lb/> ſäckel nach <hi rendition="#g">Galizien</hi> fließen. Aus deutſchem Gelde<lb/> wird Öſterreich allmählich zu einer <hi rendition="#g">Operations-<lb/><cb/> baſis</hi> des <hi rendition="#g">Panſlavismus</hi> und des <hi rendition="#g">Kleri-<lb/> kalismus</hi> gemacht. (Stürmiſcher Beifall.) Wo<lb/> ſich die Slaven nicht allein, ſondern unter Deutſchen<lb/> befinden, dort geht es ihnen auch wirtſchaftlich am<lb/> beſten. (Lebhafte Zuſtimmung.) Redner erwähnt als<lb/> ein charakteriſtiſches Merkmal unſerer Verhältniſſe<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">die Fahrkartenſteuer.</hi></hi> </p><lb/> <p>Im letzten Jahre warf ſie 16 Millionen K.<lb/> ab; davon entfallen auf <hi rendition="#g">Niederöſterreich<lb/> allein 9 Millionen</hi> K., auf <hi rendition="#g">Dalmatien</hi><lb/> — 167 K.! (Stürmiſche Rufe: Hört! Hört!) Die<lb/> Länder Öſterreichs, die noch etwas leiſten können,<lb/> die ſollen heruntergeſchunden werden, ſollen<lb/><hi rendition="#g">verbluten</hi> für die unerſättlichen Sauger!<lb/> Weiters verweiſt der Redner auf die lehrreichen<lb/> Jahresberichte der Öſter.-Ung. Bank, auf den Hof-<lb/> ſtaat und ſeine zahlreichen Schmarotzer, auf die<lb/> ſonderbare <hi rendition="#g">Steuermoral,</hi> die in jedem Steuer-<lb/> zahler von vorneherein einen „ſchlechten Kerl“ er-<lb/> blickt, der ſein Einkommen verheimlicht und Schätze<lb/> aufſpeichert. Die ausführenden Beamten ſind daran<lb/> freilich ſchuldlos — der Druck kommt von oben!<lb/> Am <hi rendition="#g">meiſten</hi> blutet<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">das Gewerbe,</hi></hi><lb/> dem hat man durch eine ſogenannte Erwerbſteuer-<lb/> Reform neue Laſten zu den alten aufgebürdet. Wird<lb/> aber mit den ſchwer herausgepreßten Steuergeldern<lb/> gewiſſenhaft umgegangen? Der Prozeß der „Zeit“<lb/> ließ uns wieder einmal einen Blick in die <hi rendition="#g">Schweig-<lb/> gelder</hi>-Wirtſchaft der Regierung tun. Mit den<lb/> aus ächzenden und ſtöhnenden Steuerzahlern heraus-<lb/> gepreßten Steuergeldern werden oft die erbärmlichſten<lb/> Subjekte gefüttert! (Stürmiſcher Beifall.) Redner<lb/> bezeichnet das geſetzliche, der Beſteuerung als Grund-<lb/> lage dienende <hi rendition="#g">Exiſtenzminimum</hi> als viel zu<lb/> gering, kritiſiert die <hi rendition="#g">Grundſteuer,</hi> das Verhalten<lb/> der Regierung gegenüber den <hi rendition="#g">Weingartenbe-<lb/> ſitzern</hi> und verweiſt darauf, daß die Regierung<lb/> nicht darnach fragt, ob ein Weingarten ertragfähig<lb/> iſt oder nicht und ſo kommt es vor, daß dem<lb/> Weingartenbeſitzer für ſeinen Weingarten Steuern<lb/> vorgeſchrieben werden, während er <hi rendition="#g">gar keinen<lb/> Ertrag</hi> hatte! Und wie iſt’s mit den<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">unverzinslichen Darlehen?</hi></hi> </p><lb/> <p>Da muß gelaufen und gebettelt werden beim<lb/> Landtage, bei den Miniſtern, bis einige Kronen zu<lb/> bekommen ſind. Da muß ſich doch die Freude am<lb/> Staate aufhören! (Stürmiſcher Beifall.) Tief hinein<lb/> ins Leben ſchneidet die<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Gebäude- und Hauszinsſteuer.</hi></hi> </p><lb/> <p>Sie unterbindet eine der wichtigſteu ſozialen<lb/> Forderungen, die gerechte Forderung nach <hi rendition="#g">billigen</hi><lb/> und <hi rendition="#g">geſunden Wohnungen.</hi> (Stürmiſcher<lb/> Beifall.) Gerade der Arme hat darauf ein größeres<lb/> Recht als der Reiche, aber man drückt bei uns die<lb/> Armen und Schwachen und ſchont die Reichen! Die<lb/><hi rendition="#g">Perſonaleinkommenſteuer</hi> wird ebenfalls<lb/> hauptſächlich aus den breiten, finanziell ſchwachen<lb/> Kreiſen der Bevölkerung herausgepreßt. Redner be-<lb/> ſpricht ſodann den ſogenannten „Ausgleich“ mit<lb/> Ungarn, dieſe ungeheuere Opferung, die <hi rendition="#g">wir</hi> der<lb/> „Großmachtſtellung“ darbringen müſſen. Die „Reize“<lb/> dieſer „Großmacht“ ſind aber künſtliche; beſſer<lb/> wird es uns gehen, weit beſſer, wenn wir einmal<lb/> dieſes „Brudervolk“ jenſeits der Leitha im eigenen<lb/> Schweinefett erſticken laſſen werden! (Toſender Bei-<lb/> fall.) Mit Ungarn darf uns nichts gemeinſam ſein;<lb/> wir verlangen die <hi rendition="#g">Perſonalunion!</hi> Dann<lb/> wären wir der Quote los und ledig und auch<lb/> der ungeheueren Prellereien bei den Zolleinnahmen.<lb/> Dann werden wir auch los des gemeinſamen Mini-<lb/> ſteriums, der Oberſte Rechnungshof verſchwindet<lb/> und koloſſale Summen können wir uns erſparen,<lb/> bleiben im eigenen, heimiſchen Lande! Frei ſteht<lb/> es uns, mit Ungarn dann ein Zoll- und Handels-<lb/> bündnis abzuſchließen; da die Perſon des Monarchen<lb/> gemeinſam bleibt, können auch Vereinbarungen be-<lb/> züglich des Heeres, des Münzweſens ꝛc. getroffen<lb/> werden. In ſcharfe Beleuchtung rückte der Redner<lb/> dann die <hi rendition="#g">Delegationen,</hi> dieſe Zuſage- und Be-<lb/> willigungsautomaten, das <hi rendition="#g">Herrenhaus,</hi> dieſe<lb/> Mumienſtätte, die endloſen, ungeheueren Forderungen<lb/> des Kriegsminiſters an Gut und Blut, die allemal<lb/> bewilligt werden, während in den anderen Mini-<lb/> ſterien für die ſchreiendſten Volksnotwendigkeiten<lb/> kein Geld da iſt. Entſchieden trat der Redner ein<lb/> für die <hi rendition="#g">deutſche Staatsſprache,</hi> die deutſche<lb/><hi rendition="#g">Heeresſprache</hi> und kommt dann auf die<lb/><hi rendition="#g">Staatsbeamten,</hi> mit beſonderer Rückſicht auf<lb/> die an der Sprachgrenze befindlichen, zu ſprechen.<lb/> Redner verlangte vor allem die<lb/><hi rendition="#g">Abſchaffung der geheimen Qualifikation,<lb/> Schutz</hi> der Beamten vor der niederträchtigen <hi rendition="#g">Ver-</hi><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2/0002]
Marburger Zeitung Nr. 74, 20. Juni 1905.
Waltian in Marburg.
Eine Marburger Monſtre-Verſammlung.
Seit den 80er Jahren, als zur Zeit des
werdenden nationalen Antriebes bei uns Deutſchen
der Abg. v. Schönerer hier ſprach, wurde in
Marburg noch keine ſolche Maſſen-Wählerverſamm-
lung geſehen als letzten Samstag im großen
Götz’ſchen Brauhausgarten. Die Wählerſchaft
von Marburg las zwar ſeit Wochen in der
„Marburger Zeitung“ von Heinrich Waſtian
— aber ihn ſelber reden zu hören, war einem
Großteil unſerer Wähler bisher noch nicht gegönnt.
Unſere wiederholten Hinweiſe darauf, daß Waſtian
am 20. d. ſprechen werde, hatten ein überraſchendes
Ergebnis: 1200 Perſonen waren erſchie-
nen, um den Mann zu hören, von dem die meiſten
bisher in der „Marb. Ztg.“ nur geleſen hatten,
den Mann, der mit voller Jugendkraft den nerven-
angreifenden Kampf um dieſes Mandat aufnahm.
Von der Tribüne aus war es anzuſehen wie ein
wogender See. Und auch wie von ſtürmenden
Wellen erregt erſchien er zuweilen. Um es kurz zu
machen: Waſtian hat neuerdings über die Herzen
einen vollen und glänzenden Erfolg er-
rungen, der ſich in Jubelakkorden rauſchend Bahn
brach. Nicht nur ſeine Rednergabe, ſondern auch
ſein beiſpiellos vornehmes Auftreten
gegenüber Gegnern waren Sachwalter, die
ſeine Sache aufs glänzendſte führten und eine Be-
geiſterung weckten, deren Wogen Waſtian ſelber oft
beruhigen mußte. Die gewaltige Mehrheit, die
Waſtian ſchon am Verſammlungsbeginne hatte,
wuchs während ihr zur erdrückenden an.
Nachſtehend der Bericht.
Herr Dr. Heinz Lorber eröffnete namens des
Einberufers, des „Deutſchen Vereines“ die impoſante
Verſammlung mit einer herzlichen Begrüßung der
maſſenhaft erſchienenen Wähler, der auswärtigen
Vertreter Dr. v. Plachky-Pettau, Dr. Delpin-
Friedau, Schober-Mahrenberg, Bürgermeiſter
Sedminek-St. Leonhard W.-B. ſowie der beiden
Reichsratskandidaten Pfrimer und Heinrich
Waſtian, worauf er um Vorſchläge bezüglich der
Wahl des Präſidiums erſuchte. Aus der rieſigen
Wählermaſſe wurde ſtürmiſch und ausſchließlich:
„Dr. Lorber“ gerufen. Nachdem trotz Aufforde-
rung des Einberufers kein weiterer Name genannt
wurde, ließ Dr. Lorber abſtimmen. Mit erdrückender
Mehrheit wurde Dr. Lorber zum Vorſitzenden
gewählt. Unter gleichen Umſtänden wurde Herr
Neger (Gewerbevereinsmitglied) zum Stellvertreter
gewählt. Dr. Lorber forderte nun zur Wahl
eines Schriftführers auf. Pauſe. Eine Stimme
ruft ins Schweigen hinein: Havliček!“ Doktor
Lorber läßt über Herrn Havliček abſtimmen. Es
erhebt ſich aus der 1200 Perſonen ſtarken Wähler-
verſammlung keine einzige Hand für Hav-
liček. (Stürmiſches Gelächter.) Hierauf wurde
Herr Serpp zum Schriführer gewählt. Doktor
Lorber richtet nun an die rieſige Verſammlung
die Bitte, ihm durch Vermeidung jeder Störung
geantwortet. Eine abſichtliche Schuld durfte er Will
nicht zuſchieben, doch um Margarethens willen
hätte er wahrſcheinlich gewünſcht, ihre Liebe wäre
erwidert worden. Faſt ſuchte er ſich mit dem Ge-
danken zu tröſten, die Freiheit, die er ihr zurück-
geben mußte, könne dereinſt dieſes Gefühl noch
erwecken ... ihm erſchien es ja noch immer un-
möglich, Margarethe nicht zu lieben.
Und dann verdrängte wieder die Sorge um
ſie alle berechnenden Zukunftspläne und er ſetzte
ſein Pferd in Galopp.
Profeſſor W. hatte anfänglich nur von einem
leichteren Fieberanfall geſprochen, welchem er eine
ſehr ernſtliche Bedeutung nicht beizulegen ſchien.
Täuſchte er ſich in dieſer Diagnoſe oder wirkte die
freilich mit aller möglichen Vorſicht bewerkſtelligte
Überführung von Plohn nach Liebenau ungünſtig
auf die Kranke ein, genug, ſchon am zweiten Tage
verſtärkte ſich das Fieber derart, daß der Profeſſor
ſelbſt an einem glücklichen Ausgang zu zweifeln
begann und einer ſeiner älteſten Aſſiſtenten gänzlich
nach Liebenau überſiedelte.
Das Gut glich ſchon jetzt einem Totenhauſe.
(Fortſetzung folgt.)
ſeine Aufgabe als Vorſitzender zu erleichtern. Er
werde ſeines Amtes mit ſtrengſter Objektivität
walten. Hierauf gab der Vorſitzende bekannt, daß
ihm von Herrn Garbeis ein Dringlichkeitsantrag
zugekommen iſt, betreffend die Ausdehnung der
Wahlzeit am Wahltage auf die Stunden von
3 bis 5 Uhr begehrt. Herr Garbeis begründet
dieſen Dringlichkeitsantrag, indem er darauf hin-
weiſt, daß der Wahltag auf einen Mittwoch fällt,
alſo auf einen Tag, an dem in Marburg ein
großer Geſchäftsverkehr herrſcht, welcher
vielen Wählern die Ausübung des Wahlrechtes am
Vormittag unmöglich macht. Die Forderung
nach Verlängerung der Wahlzeit iſt eine gerechte,
ſie liegt im allgemeinen Intereſſe, im Intereſſe
aller Wähler. Herr Garbeis beantragt, die heutige
Wählerverſammlung beſchließe, es ſei durch das
heutige Präſidium im Namen der verſammelten
Wähler von Marburg an die k. k. Statthalterei
das Erſuchen zu ſtellen, die Wahlzeit auch auf den
Nachmittag u. zw. auf die Stunden von 3 bis
5 Uhr auszudehnen. (Lebhafter Beifall.) Dr. Lor-
ber läßt über dieſen Antrag abſtimmen, der wider-
ſpruchslos von der Wählerverſammlung angenommen
wird. Der Vorſitzende teilt weiters mit, daß über
Wunſch des Herrn Pfrimer zuerſt Herr Waſtian
ſprechen möge.
Waſtians Kandidatursbegründung.
Herr Heinrich Waſtian tritt ſodann auf die
Rednertribüne. Ein rieſiger Beifallsſturm umbrauſt
und begrüßt ihn. Herr Waſtian verweiſt zunächſt
darauf, daß es nur mit außerordentlicher Anſtren-
gung ſeinen politiſchen Freunden und Geſinnungs-
genoſſen gelungen ſei, ihn dahin zu bringen, ſich
um das frei gewordene Reichratsmandat zu bewerben.
Er habe ſich nur ſchweren Herzens entſchloſſen, in
den Wahlkampf einzutreten. Wenn er es getan habe,
ſo fühle er ſich verpflichtet, heute darüber Rechen-
ſchaft zu geben. Redner habe ſich ſelbſt geſagt, daß
es für die nationale Geſchloſſenheit an der Sprach-
grenze bedenklich werden könnte, wenn zwei deutſche
Bewerber um das Reichsratsmandat auftreten. Ander-
ſeits ſei es auch unangenehm, gegen einen Mann
zu kandidieren, der ſeinen Gemeinſinn durch eine
lange Reihe von Jahren in hervorragender Weiſe
bewährt hat. Allein nach gründlicher Beſprechung
dieſer Angelegenheit mit Vertrauensmännern von
Marburg und anderen Wahlorten ſei Redner zu
anderen Schlüſſen gebracht worden. es ſei ihm
geſagt worden, daß man eine temperamentvollere
Vertretung im Parlamente brauche und verlange, und
daß Herr Pfrimer keinen perſönlichen Wert darauf
lege, das Mandat zu erreichen, ſondern daß ihn nur
die Parteidisziplin beſtimmt habe, ſich um das
Mandat zu bewerben. Dieſe Umſtände haben Redner
bewogen, ſeine Grundſätze, vollkommen losgelöſt
von jedem perſönlichen Standpunkte, geltend zu
machen. (Stürmiſche Heilrufe.) Programm
ſoll gegen Programm geſtellt werden und nicht als
Störenfried bin ich erſchienen. Von dem Grundſatze
ausgehend, daß der Kampf der Vater aller Dinge
und beſſer als ein fauler Friede iſt und daß die
Deutſchen in Oſterreich, wenn ſie im alten Schlen-
drian herumkriechen, dem Untergange entgegengehen,
iſt er der Anſicht, daß die Deutſchen in Öſterreich
auf dem parlamentariſchen Kriegsſchauplatze nur
mit dem Panzer um die Seele und dem Schwert in
der Hand ihre jahrhundertealte Stellung im Reiche,
dem ſie den Namen gegeben, behaupten können. Ein
faules Dahinſiechen
der Deutſchen richtet uns zugrunde, national
und wirtſchaftlich. In formvollendeter, leben-
diger Weiſe entwarf ſodann der Redner ein Bild
unſerer Volksvergangenheit, aus jedem gewaltigen
geſchichtlichen Ereigniſſe eine Nutzanwendung ziehend
für die Gegenwart. Sich ſodann auf den Boden
der Gegenwart ſtellend, verwies Herr Waſtian
auf die
ungeheuere Steuerleiſtung
unſeres Volkes in dieſem Staate. Während bei
uns Deutſchen auf jeden Kopf jährlich 4·34 K. ent-
fallen, entfallen auf die Nichtdeutſchen per Kopf
0·66 K., auf die Herren Polen insbeſondere gar
nur 43 Heller per Kopf. Dafür aber bekommen
die Polen vom Staate eine Eiſenbahn nach der
anderen, natürlich auf unſere Koſten. Redner ver-
weiſt auf den ungeheuren Kulturunterſchied, den
man erblickt, wenn man ſich ein kroatiſches oder
polniſches Dorf einerſeits und ein deutſches Dorf
in Steiermark oder Kärnten anſieht. Es ſind ganz
unglaubliche Millionen, die aus unſerem Steuer-
ſäckel nach Galizien fließen. Aus deutſchem Gelde
wird Öſterreich allmählich zu einer Operations-
baſis des Panſlavismus und des Kleri-
kalismus gemacht. (Stürmiſcher Beifall.) Wo
ſich die Slaven nicht allein, ſondern unter Deutſchen
befinden, dort geht es ihnen auch wirtſchaftlich am
beſten. (Lebhafte Zuſtimmung.) Redner erwähnt als
ein charakteriſtiſches Merkmal unſerer Verhältniſſe
die Fahrkartenſteuer.
Im letzten Jahre warf ſie 16 Millionen K.
ab; davon entfallen auf Niederöſterreich
allein 9 Millionen K., auf Dalmatien
— 167 K.! (Stürmiſche Rufe: Hört! Hört!) Die
Länder Öſterreichs, die noch etwas leiſten können,
die ſollen heruntergeſchunden werden, ſollen
verbluten für die unerſättlichen Sauger!
Weiters verweiſt der Redner auf die lehrreichen
Jahresberichte der Öſter.-Ung. Bank, auf den Hof-
ſtaat und ſeine zahlreichen Schmarotzer, auf die
ſonderbare Steuermoral, die in jedem Steuer-
zahler von vorneherein einen „ſchlechten Kerl“ er-
blickt, der ſein Einkommen verheimlicht und Schätze
aufſpeichert. Die ausführenden Beamten ſind daran
freilich ſchuldlos — der Druck kommt von oben!
Am meiſten blutet
das Gewerbe,
dem hat man durch eine ſogenannte Erwerbſteuer-
Reform neue Laſten zu den alten aufgebürdet. Wird
aber mit den ſchwer herausgepreßten Steuergeldern
gewiſſenhaft umgegangen? Der Prozeß der „Zeit“
ließ uns wieder einmal einen Blick in die Schweig-
gelder-Wirtſchaft der Regierung tun. Mit den
aus ächzenden und ſtöhnenden Steuerzahlern heraus-
gepreßten Steuergeldern werden oft die erbärmlichſten
Subjekte gefüttert! (Stürmiſcher Beifall.) Redner
bezeichnet das geſetzliche, der Beſteuerung als Grund-
lage dienende Exiſtenzminimum als viel zu
gering, kritiſiert die Grundſteuer, das Verhalten
der Regierung gegenüber den Weingartenbe-
ſitzern und verweiſt darauf, daß die Regierung
nicht darnach fragt, ob ein Weingarten ertragfähig
iſt oder nicht und ſo kommt es vor, daß dem
Weingartenbeſitzer für ſeinen Weingarten Steuern
vorgeſchrieben werden, während er gar keinen
Ertrag hatte! Und wie iſt’s mit den
unverzinslichen Darlehen?
Da muß gelaufen und gebettelt werden beim
Landtage, bei den Miniſtern, bis einige Kronen zu
bekommen ſind. Da muß ſich doch die Freude am
Staate aufhören! (Stürmiſcher Beifall.) Tief hinein
ins Leben ſchneidet die
Gebäude- und Hauszinsſteuer.
Sie unterbindet eine der wichtigſteu ſozialen
Forderungen, die gerechte Forderung nach billigen
und geſunden Wohnungen. (Stürmiſcher
Beifall.) Gerade der Arme hat darauf ein größeres
Recht als der Reiche, aber man drückt bei uns die
Armen und Schwachen und ſchont die Reichen! Die
Perſonaleinkommenſteuer wird ebenfalls
hauptſächlich aus den breiten, finanziell ſchwachen
Kreiſen der Bevölkerung herausgepreßt. Redner be-
ſpricht ſodann den ſogenannten „Ausgleich“ mit
Ungarn, dieſe ungeheuere Opferung, die wir der
„Großmachtſtellung“ darbringen müſſen. Die „Reize“
dieſer „Großmacht“ ſind aber künſtliche; beſſer
wird es uns gehen, weit beſſer, wenn wir einmal
dieſes „Brudervolk“ jenſeits der Leitha im eigenen
Schweinefett erſticken laſſen werden! (Toſender Bei-
fall.) Mit Ungarn darf uns nichts gemeinſam ſein;
wir verlangen die Perſonalunion! Dann
wären wir der Quote los und ledig und auch
der ungeheueren Prellereien bei den Zolleinnahmen.
Dann werden wir auch los des gemeinſamen Mini-
ſteriums, der Oberſte Rechnungshof verſchwindet
und koloſſale Summen können wir uns erſparen,
bleiben im eigenen, heimiſchen Lande! Frei ſteht
es uns, mit Ungarn dann ein Zoll- und Handels-
bündnis abzuſchließen; da die Perſon des Monarchen
gemeinſam bleibt, können auch Vereinbarungen be-
züglich des Heeres, des Münzweſens ꝛc. getroffen
werden. In ſcharfe Beleuchtung rückte der Redner
dann die Delegationen, dieſe Zuſage- und Be-
willigungsautomaten, das Herrenhaus, dieſe
Mumienſtätte, die endloſen, ungeheueren Forderungen
des Kriegsminiſters an Gut und Blut, die allemal
bewilligt werden, während in den anderen Mini-
ſterien für die ſchreiendſten Volksnotwendigkeiten
kein Geld da iſt. Entſchieden trat der Redner ein
für die deutſche Staatsſprache, die deutſche
Heeresſprache und kommt dann auf die
Staatsbeamten, mit beſonderer Rückſicht auf
die an der Sprachgrenze befindlichen, zu ſprechen.
Redner verlangte vor allem die
Abſchaffung der geheimen Qualifikation,
Schutz der Beamten vor der niederträchtigen Ver-
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