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Marburger Zeitung. Nr. 19, Marburg, 12.02.1907.

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Marburger Zeitung Nr. 19, 12. Februar 1907

[Spaltenumbruch]
Politische Umschau.
Die neue französische Einkommensteuer.

In der Donnerstag-Sitzung der französischen
Kammer hat Finanzminister Caillaux den Gesetz-
entwurf über die Aufhebung der vier direkten Steuern
und den Ersatz derselben durch eine Einkommensteuer
eingebracht. Die Aufnahme, welche das Expose der
Motive in der Kammer gefunden hat, war eine
ausgezeichnete. Insbesondere fanden jene Punkte
stürmischen Beifall, in welchen das Prinzip der
Progression,
dann die Festsetzung des steuer-
freien Existenzminimums, weiters die Unterscheidung
zwischen Einkommen aus Arbeit und zwischen arbeits-
losem Erträgnis aus Kapital behandelt werden.
Der Entwurf trifft das Einkommen aus beweglichem
und liegendem Kapital mit dem Satze von vier
Prozent, das Einkommen aus Erwerbstätig-
keit
und Handel mit dem Satze von 31/2 Prozent,
das Arbeitseinkommen mit dem Satze von
3 Prozent. Diese Steuersätze treffen das Reinein-
kommen. Die Steuerpflichtigen brauchen ihr Ein-
kommen nicht zu deklarieren und ihre Bücher nicht
vorzulegen, es sei denn, daß sie die Ziffern bestreiten
wollen, zu denen der Steuerkontrollor bei seiner
Abschätzung gelangt. Das Arbeitseinkommen, wor-
unter die Gehalte und Löhne der Angestellten und
Arbeiter zu verstehen sind, ist von den Arbeitgebern
zu deklarieren. Je nach der Größe der Gemeinden
werden bei dieser Einkommenklasse Steuerfreiheiten
bewilligt. In den kleinsten Gemeinden wird das
steuerfreie Existenzminimum 1250 Franks, in der
größten, also in Paris, 2500 Franks betragen.
Dieses steuerfreie Existenzminimum ist im Vergleiche
mit anderen Ländern hoch. In Österreich beträgt
es 1200 Kronen, im Deutschen Reiche ebensoviel
(1000 Mark), in Frankreich mehr als die doppelte
Summe. Hiedurch trifft in der Tat die Steuer
mehr die Vermögenden, während die Arbeiter, die
allerkleinsten Beamten, die Kleingewerbetreibenden
nur wenig belastet werden oder ganz leer ausgehen.
Zu den Steuern der einzelnen Einkommenszweige
tritt dann die Globaleinkommensteuer, welche aber
nur den großen Besitz trifft. Ihr sind Steuerträger,
die ein Einkommen von mehr als 5000 Franks
beziehen, unterworfen, also in ganz Frankreich nur
500.000 Menschen, während die Zahl der Steuer-
träger 10 Millionen beträgt. Diese Ergänzungs-
steuer ist progressiv und steigt von 0·2 bis zu
4 Prozent; ihr Ertrag wird auf 120 Millionen
Franks geschätzt. Sie soll auf dem Wege der Fassion
ermittelt werden. Die Steuerbehörden sollen näm-
lich das Recht erhalten, in die Depots der Bank-
kundschaft Einsicht zu nehmen und danach die
Richtigkeit der Fatierungen zu prüfen. Diese Be-
stimmung des Steuergesetzes hat den Widerstand
der Börseaner nnd Geldprotzen gefunden und ist
auch auf dem Pariser Markte auf das ungünstigste
beurteilt worden.




[Spaltenumbruch]
Pettauer Nachrichten.
Ein wohlverdienter Benefizeabend.

Wie wir vernehmen, gewährte die Direktion unseres
Stadttheaters dem verdienstvollen Kapellmeister der
Stadtkapelle, Herrn Jörgensen, einen Benefiz-
abend,
an dem die Operette "Hugdietrichs
Brautfahrt"
zur Aufführung gelangen soll.
Für die Veranstaltung ist Freitag, der 15. d.
in Aussicht genommen. Mit Umsicht und Liebe
zur Sache hat Herr Jörgensen bisher die Operetten
mit der Stadtkapelle studiert, an den Abenden der
Aufführung spielte er bescheiden im Orchester. Nun-
mehr sollen wir ihn auch als Operetten-Dirigenten
kennen lernen; wir freuen uns darauf und sind
überzeugt, daß das Pettauer Publikum dem Abende
jenes Interesse entgegenbringen wird, wie es die
Dankbarkeit gegenüber dem Benefizianten, der in
seinem Wirkungskreise so rastlos und unermüdlich
tätig ist, erheischt, umsomehr als die erste Auf-
führung der reizenden Operette in Pettau nicht jene
Beachtung fand, die sie verdiente.

Zum Überfall auf den Inspektor
Schmuck.

Über den Überfall, den der Kutscher
der Landes-Irrenanstalt Feldhof Friedrich Faber
am Grazer Südbahnhofe auf den hiesigen Inspektor
von Schmuck unternommen hatte, wurde bereits
berichtet. Dazu wird noch mitgeteilt, daß Faber
am gleichen Tage um 3/48 Uhr abends auf die in
der Irrenanstalt Feldhof bedienstete barmherzige
Schwester Mechtildis einen ähnlichen Überfall
ausgeführt hatte, indem er mit dem gleichen Waggon-
Schraubenschlüssel, den er auch am Bahnhofe ge-
führt hatte, die genannte Schwester durch mehrere
Hiebe am Kopfe und am Hinterhaupte verletzte.
Faber leugnet entschieden, die Taten begangen zu
haben. Er macht den Eindruck, als wenn er nicht
ganz normal wäre. So hätte also die Irrenanstalt
einen irrsinnigen Kutscher gehabt. Auch nicht übel!

"Stajere."

Die sechste Blattfolge bringt als
Leitartikel die Fortsetzung des ausführlichen Berichtes
über den Parteitag. In der "Politischen Rundschau"
bringt sie u. a. das neue Wahl- und Versammlungs-
gesetz, welches für das Unterland mit Rücksicht auf
den brutalen Terrorismus der windischen Klerikalen
eine Notwendigkeit war, die freilich mit dem Kanzel-
paragraphen verschärft sein sollte. In den "Zu-
schriften" bringt die Nummer die Fortsetzung einer
treffenden Charakteristik der Pervaken in Rann, die
von Deutschen aus dem Kote gezogen wurden und
die alle eine mehr oder weniger "bunte" Ver-
gangenheit haben. Auch sind noch Zuschriften aus
Pöltschach, Neuhaus, St. Thomas bei Friedau,
Feistritz im Rosentale usw. In den "Neuigkeiten"
folgen interessanten Polemiken mit der "Domovina"
und dem Abg. Koroschetz, welcher in seinem
Blatte der "Welt" kundtat, er habe bei Verhandlung
des neuen Weingesetzes für die Weinbauern, Abg.
Wastian aber für die Weinhändler (!) gesprochen.
(Eine solche unverschämte Lüge! Koroschetz
sprach gegen die Interessen der Wein-




[Spaltenumbruch]

Lämmchen glaubte, der alte Herr werde über
diese eigenartige Begrüßung nicht wenig empört
sein und den Übeltätern mit einem Strafgerichte
drohen, aber von irgend einer Mißstimmung war
bei ihm nichts zu bemerken. Er blickte nur flüchtig
zu den oberen Fenstern empor, rieb sich die Nase
und sagte lachend:

"Dacht ich mir's doch, die verdammten Mädels
liegen wieder im Hinterhalt und bombardieren uns.
Wenn die zusammenstecken, geht's ohne eine kleine
Teufelei nicht ab, und wir tun gut, aus ihrem
Gesichtsfelde ganz zu verschwinden. Kommen Sie,
meine Herren! Ehe Sie sich umziehen und aus-
ruhen, müssen Sie noch schnell einen kleinen Imbiß
nehmen. Der Gedanke an Ihren verregneten
äußeren Menschen braucht Sie dabei nicht zu be-
drücken. Meine Damen erscheinen erst um 5 Uhr
zum Diner, und während des Frühstücks sind wir
ganz unter uns."

Er öffnete die breite Glastür, welche hier ins
Haus führte, und die Offiziere betraten einen großen,
luftigen, hell dekorierten Raum, welcher der Familie
im Sommer als Hauptaufenthaltsort diente und
sehr behaglich eingerichtet war. Bunte Sportbilder
bedeckten die Wände, weiche, originelle Seidenkissen
die bequemen Korbmöbel; die Steinfliesen des
Fußbodens waren mit japanischen Strohmatten
belegt, und in den tiefen Fensternischen standen
herrliche Topfgewächse. Die Mitte des Garten-
saales aber nahm eine reichbesetzte Tafel ein, auf
welcher sich ein wahres Stilleben von Blumen,
[Spaltenumbruch] Früchten, Flaschen und vielversprechenden kalten
Schüsseln befand; und während man denselben
mit bestem Appetit zusprach, empfand man das
taktvolle Fernbleiben der Damen als große Er-
leichterung. Besonders Lämmchen war ganz entzückt
davon. Nach allem, was er gehört und soeben
erlebt hatte, graute ihm förmlich vor dem ersten
Zusammentreffen mit der übermütigen Schar, und
er freute sich, diesen Moment noch um einige
Stunden hinausgeschoben zu sehen. Nach dem
Frühstück suchten die Offiziere sofort ihre Zimmer
auf. Dieselben lagen alle nebeneinander im ersten
Stock, nach vorn heraus, und waren sämtlich durch
Türen mit einander verbunden. Der, junge Herr
von Twielendorf geleitete sie selbst hinauf, bat sie,
das Haus seines Vaters ganz als das ihre zu
betrachten, und ersuchte sie schließlich, sich kurz vor
dem Essen im Salon seiner Mutter einzufinden.

Als die Herren allein waren -- der Rittmeister
und der Major hatten ein Zimmer, von den Leut-
nants wohnten immer zwei und zwei zusammen
-- entwickelte sich in den betreffenden Räumen ein
reges Leben. Die Offiziere liefen plaudernd hin
und her, riefen nach den Burschen, schimpften über
das verspätete Eintreffen des Gepäckwagens, der
durch einen Unfall aufgehalten worden war, ent-
ledigten sich ihrer nassen Uniformen und ließen sich
die hohen Stiefel ausziehen. Dann gingen sie samt
und sonders zu Bett und schliefen nach wenigen
Minuten den Schlaf der Gerechten.

(Fortsetzung folgt.)


[Spaltenumbruch]

bauern!) Weiters wiederholt die Nummer die
begründeten Angriffe gegen den Bürgermeister von
Trifail Rosch und erzählt haarsträubende Zustände
aus dem Pervakenneste Polstrau. Reich vertreten ist
auch die Rubrik für Kärnten. Im wirtschaftlichen
Teile folgt ein Vortrag des Herrn Wanderlehrers
Brüders über Obstbau. Außerdem hat das Blatt
eine neue Rubrik "Für Haus und Familie" ein-
geführt. Wir fordern unsere Gesinnungsgenossen
auf, das deutschfreundliche Blatt durch Massen-
abonnement und Inserierung wacker zu unterstützen!

"Nobel",

himmelschreiend "nobel" ist die
windische Presse. Zwei Fälle, die den "Stajerc" in
seiner radikalen Polemik mit den windischen Blättern
betreffen, beweisen diese "Noblesse". Der erste Fall
ist folgender: Als der Abg. Stein den windischen
Hofrat Ploj angriff, kamen pervakische Heerführer
aus Pettau und bettelten bei dem "Stajerc"
nahestehenden Herren, man möge den Hofrat nicht
"verreißen". Selbstredend schenkte das deutschfreund-
liche Blatt diesen Bitten, die von höchster pervakischer
Seite inspiriert waren, kein Gehör, sondern er-
zählte diesen Bettelgang seinen Lesern. Die Folge
natürlich großer Sturm im windischen Blätterwalde.
Man schrie, der "Stajerc" habe gelogen und selbst
das so vornehm tuende Blatt "Narodni list" des
Herrn Spindler stimmte in diesen Chor ein und
verlangte -- Namen. Nun wurde der "Stajerc"
gezwungen, die Namen der für den unschuldigen
Hofrat bettelnden Herren zu nennen. Er tat dies,
-- und da kam heraus, daß der Hanptbettler
ein Herr war, welcher freilich die Fürsprache ge-
wisser Hofräte brauchte, da er gerade zu dieser
Zeit "Kommerzienrat" werden wollte und auch
wurde. Jedes anständige gegnerische Blatt hätte nun
widerrufen, daß der "Stajerc" gelogen hatte. Aber
die windische Presse schweigt bis heute und Herr
Spindler ist geradeso "nobel" wie die Zeitungskuli
des "Gospodar" und die Schriftleitung der
"Bischofsstimmen". Gelogen haben also die
windischen Blätter; jedoch finden sie nicht den Mut,
ihre Lüge zu berichtigen oder einzubekennen ...
Der zweite Fall ist noch bedeutender. Der "Stajerc"
brachte genaue Daten über die vom Pervakenlehrer
Troha verhetzte Gemeinde Türkenberg, in
welcher der Bürgermeister Bratuscha im Laufe
von 8 Jahren einen Betrag von dreieinhalb-
tausend Kronen
Gemeindegelder stehlen konnte
und der Gemeindekassier alles "bestätigte", -- aber
kein einziges pervakisches Blatt erwähnte diesen
gewiß für die armen Koloser nicht unbedeutenden
Diebstahl. Es ist dieselbe Geschichte, wie im Jahre
1903 bei der Bezirksvertretung in Cilli. Unter dem
Vorsitze der Herren Dr. Sernec und Dr. Decko
konnte 10 Jahre lang gestohlen werden; man
kümmerte sich nicht um ihn, denn der Täter war
ein verbissener "Narodnjak". Und um den sauberen
Bürgermeister von Türkenberg kümmerte man sich
auch acht Jahre nicht und verschweigt seine Unter-
schlagungen noch heute, denn auch er war ein wasch-
echter Pervake. Wir erwähnten diese beiden An-
gelegenheiten deshalb, weil sie so recht die Verhält-
nisse im Unterlande kennzeichen. Jeder Dieb wird
verschont von der windischen Presse, die dann jeden
deutschfreundlichen Krämer unter dem Schutze der
Laibacher Geschworenen und unter dem Protektorate
Dr. Jurtela -- boykottiert. Man ist halt "nobel" ...

Friedrich Eichler-Kränzchen.

Dieses in
allen Teilen wohlgelungene, mit Recht Elite-Kränzchen
zu nennende Fest fand in den Räumen des Deutschen
Heimes statt und bildete den Abschluß eines mehr-
wöchentlichen, von hiesigen Obergymnasisten ver-
austalteten Tanz-Lehrkurses, welchen Herr Friedrich
Eichler aus Graz leitete. Der Abend erfreute sich
eines außerordentlich zahlreichen Besuches und be-
merkten wir u. a. die Herren Gymnasialdirektor
A. Gubo, Bürgermeister J. Ornig, Postverwalter
Krischan, Mitglieder des Gymnasial-Lehrkörpers,
zahlreiche Beamte, Offiziere, Bürger usw. Die Ein-
leitung bildete eine Vorführung der Schulen des
Separatkurses, welche Zeugnis vom Erlernten geben
sollten. Die Polonaise eröffnete Herr Prof. Eichler
mit Fräulein Tochter Ida. Von der nachfolgenden
Vortragsordnung fanden besonderen Beifall ein ab-
wechslungsreicher Bostonwalzer, eine kombinierte
Quadrille, eine neue Salon-Mazur, Pas de quatre,
vorzüglich aber eine mit Feuer und Schwung ge-
tanzte Pas d' Espagne. Hierauf folgte die von 12
Damen des Kurses äußerst graziös und fein durch-
geführte "Deutsche Menuette". Am Schlusse der
Prüfung überreichte eine Dame Herrn Eichler in
Anerkennung seiner hervorragenden Bemühungen
eine Ehrengabe. An dem allgemeinen Tanze be-
teiligten sich zahlreiche Gäste und entwickelte sich

Marburger Zeitung Nr. 19, 12. Februar 1907

[Spaltenumbruch]
Politiſche Umſchau.
Die neue franzöſiſche Einkommenſteuer.

In der Donnerstag-Sitzung der franzöſiſchen
Kammer hat Finanzminiſter Caillaux den Geſetz-
entwurf über die Aufhebung der vier direkten Steuern
und den Erſatz derſelben durch eine Einkommenſteuer
eingebracht. Die Aufnahme, welche das Expoſé der
Motive in der Kammer gefunden hat, war eine
ausgezeichnete. Insbeſondere fanden jene Punkte
ſtürmiſchen Beifall, in welchen das Prinzip der
Progreſſion,
dann die Feſtſetzung des ſteuer-
freien Exiſtenzminimums, weiters die Unterſcheidung
zwiſchen Einkommen aus Arbeit und zwiſchen arbeits-
loſem Erträgnis aus Kapital behandelt werden.
Der Entwurf trifft das Einkommen aus beweglichem
und liegendem Kapital mit dem Satze von vier
Prozent, das Einkommen aus Erwerbstätig-
keit
und Handel mit dem Satze von 3½ Prozent,
das Arbeitseinkommen mit dem Satze von
3 Prozent. Dieſe Steuerſätze treffen das Reinein-
kommen. Die Steuerpflichtigen brauchen ihr Ein-
kommen nicht zu deklarieren und ihre Bücher nicht
vorzulegen, es ſei denn, daß ſie die Ziffern beſtreiten
wollen, zu denen der Steuerkontrollor bei ſeiner
Abſchätzung gelangt. Das Arbeitseinkommen, wor-
unter die Gehalte und Löhne der Angeſtellten und
Arbeiter zu verſtehen ſind, iſt von den Arbeitgebern
zu deklarieren. Je nach der Größe der Gemeinden
werden bei dieſer Einkommenklaſſe Steuerfreiheiten
bewilligt. In den kleinſten Gemeinden wird das
ſteuerfreie Exiſtenzminimum 1250 Franks, in der
größten, alſo in Paris, 2500 Franks betragen.
Dieſes ſteuerfreie Exiſtenzminimum iſt im Vergleiche
mit anderen Ländern hoch. In Öſterreich beträgt
es 1200 Kronen, im Deutſchen Reiche ebenſoviel
(1000 Mark), in Frankreich mehr als die doppelte
Summe. Hiedurch trifft in der Tat die Steuer
mehr die Vermögenden, während die Arbeiter, die
allerkleinſten Beamten, die Kleingewerbetreibenden
nur wenig belaſtet werden oder ganz leer ausgehen.
Zu den Steuern der einzelnen Einkommenszweige
tritt dann die Globaleinkommenſteuer, welche aber
nur den großen Beſitz trifft. Ihr ſind Steuerträger,
die ein Einkommen von mehr als 5000 Franks
beziehen, unterworfen, alſo in ganz Frankreich nur
500.000 Menſchen, während die Zahl der Steuer-
träger 10 Millionen beträgt. Dieſe Ergänzungs-
ſteuer iſt progreſſiv und ſteigt von 0·2 bis zu
4 Prozent; ihr Ertrag wird auf 120 Millionen
Franks geſchätzt. Sie ſoll auf dem Wege der Faſſion
ermittelt werden. Die Steuerbehörden ſollen näm-
lich das Recht erhalten, in die Depots der Bank-
kundſchaft Einſicht zu nehmen und danach die
Richtigkeit der Fatierungen zu prüfen. Dieſe Be-
ſtimmung des Steuergeſetzes hat den Widerſtand
der Börſeaner nnd Geldprotzen gefunden und iſt
auch auf dem Pariſer Markte auf das ungünſtigſte
beurteilt worden.




[Spaltenumbruch]
Pettauer Nachrichten.
Ein wohlverdienter Benefizeabend.

Wie wir vernehmen, gewährte die Direktion unſeres
Stadttheaters dem verdienſtvollen Kapellmeiſter der
Stadtkapelle, Herrn Jörgenſen, einen Benefiz-
abend,
an dem die Operette „Hugdietrichs
Brautfahrt“
zur Aufführung gelangen ſoll.
Für die Veranſtaltung iſt Freitag, der 15. d.
in Ausſicht genommen. Mit Umſicht und Liebe
zur Sache hat Herr Jörgenſen bisher die Operetten
mit der Stadtkapelle ſtudiert, an den Abenden der
Aufführung ſpielte er beſcheiden im Orcheſter. Nun-
mehr ſollen wir ihn auch als Operetten-Dirigenten
kennen lernen; wir freuen uns darauf und ſind
überzeugt, daß das Pettauer Publikum dem Abende
jenes Intereſſe entgegenbringen wird, wie es die
Dankbarkeit gegenüber dem Benefizianten, der in
ſeinem Wirkungskreiſe ſo raſtlos und unermüdlich
tätig iſt, erheiſcht, umſomehr als die erſte Auf-
führung der reizenden Operette in Pettau nicht jene
Beachtung fand, die ſie verdiente.

Zum Überfall auf den Inſpektor
Schmuck.

Über den Überfall, den der Kutſcher
der Landes-Irrenanſtalt Feldhof Friedrich Faber
am Grazer Südbahnhofe auf den hieſigen Inſpektor
von Schmuck unternommen hatte, wurde bereits
berichtet. Dazu wird noch mitgeteilt, daß Faber
am gleichen Tage um ¾8 Uhr abends auf die in
der Irrenanſtalt Feldhof bedienſtete barmherzige
Schweſter Mechtildis einen ähnlichen Überfall
ausgeführt hatte, indem er mit dem gleichen Waggon-
Schraubenſchlüſſel, den er auch am Bahnhofe ge-
führt hatte, die genannte Schweſter durch mehrere
Hiebe am Kopfe und am Hinterhaupte verletzte.
Faber leugnet entſchieden, die Taten begangen zu
haben. Er macht den Eindruck, als wenn er nicht
ganz normal wäre. So hätte alſo die Irrenanſtalt
einen irrſinnigen Kutſcher gehabt. Auch nicht übel!

„Stajere.“

Die ſechſte Blattfolge bringt als
Leitartikel die Fortſetzung des ausführlichen Berichtes
über den Parteitag. In der „Politiſchen Rundſchau“
bringt ſie u. a. das neue Wahl- und Verſammlungs-
geſetz, welches für das Unterland mit Rückſicht auf
den brutalen Terrorismus der windiſchen Klerikalen
eine Notwendigkeit war, die freilich mit dem Kanzel-
paragraphen verſchärft ſein ſollte. In den „Zu-
ſchriften“ bringt die Nummer die Fortſetzung einer
treffenden Charakteriſtik der Pervaken in Rann, die
von Deutſchen aus dem Kote gezogen wurden und
die alle eine mehr oder weniger „bunte“ Ver-
gangenheit haben. Auch ſind noch Zuſchriften aus
Pöltſchach, Neuhaus, St. Thomas bei Friedau,
Feiſtritz im Roſentale uſw. In den „Neuigkeiten“
folgen intereſſanten Polemiken mit der „Domovina“
und dem Abg. Koroſchetz, welcher in ſeinem
Blatte der „Welt“ kundtat, er habe bei Verhandlung
des neuen Weingeſetzes für die Weinbauern, Abg.
Waſtian aber für die Weinhändler (!) geſprochen.
(Eine ſolche unverſchämte Lüge! Koroſchetz
ſprach gegen die Intereſſen der Wein-




[Spaltenumbruch]

Lämmchen glaubte, der alte Herr werde über
dieſe eigenartige Begrüßung nicht wenig empört
ſein und den Übeltätern mit einem Strafgerichte
drohen, aber von irgend einer Mißſtimmung war
bei ihm nichts zu bemerken. Er blickte nur flüchtig
zu den oberen Fenſtern empor, rieb ſich die Naſe
und ſagte lachend:

„Dacht ich mir’s doch, die verdammten Mädels
liegen wieder im Hinterhalt und bombardieren uns.
Wenn die zuſammenſtecken, geht’s ohne eine kleine
Teufelei nicht ab, und wir tun gut, aus ihrem
Geſichtsfelde ganz zu verſchwinden. Kommen Sie,
meine Herren! Ehe Sie ſich umziehen und aus-
ruhen, müſſen Sie noch ſchnell einen kleinen Imbiß
nehmen. Der Gedanke an Ihren verregneten
äußeren Menſchen braucht Sie dabei nicht zu be-
drücken. Meine Damen erſcheinen erſt um 5 Uhr
zum Diner, und während des Frühſtücks ſind wir
ganz unter uns.“

Er öffnete die breite Glastür, welche hier ins
Haus führte, und die Offiziere betraten einen großen,
luftigen, hell dekorierten Raum, welcher der Familie
im Sommer als Hauptaufenthaltsort diente und
ſehr behaglich eingerichtet war. Bunte Sportbilder
bedeckten die Wände, weiche, originelle Seidenkiſſen
die bequemen Korbmöbel; die Steinflieſen des
Fußbodens waren mit japaniſchen Strohmatten
belegt, und in den tiefen Fenſterniſchen ſtanden
herrliche Topfgewächſe. Die Mitte des Garten-
ſaales aber nahm eine reichbeſetzte Tafel ein, auf
welcher ſich ein wahres Stilleben von Blumen,
[Spaltenumbruch] Früchten, Flaſchen und vielverſprechenden kalten
Schüſſeln befand; und während man denſelben
mit beſtem Appetit zuſprach, empfand man das
taktvolle Fernbleiben der Damen als große Er-
leichterung. Beſonders Lämmchen war ganz entzückt
davon. Nach allem, was er gehört und ſoeben
erlebt hatte, graute ihm förmlich vor dem erſten
Zuſammentreffen mit der übermütigen Schar, und
er freute ſich, dieſen Moment noch um einige
Stunden hinausgeſchoben zu ſehen. Nach dem
Frühſtück ſuchten die Offiziere ſofort ihre Zimmer
auf. Dieſelben lagen alle nebeneinander im erſten
Stock, nach vorn heraus, und waren ſämtlich durch
Türen mit einander verbunden. Der, junge Herr
von Twielendorf geleitete ſie ſelbſt hinauf, bat ſie,
das Haus ſeines Vaters ganz als das ihre zu
betrachten, und erſuchte ſie ſchließlich, ſich kurz vor
dem Eſſen im Salon ſeiner Mutter einzufinden.

Als die Herren allein waren — der Rittmeiſter
und der Major hatten ein Zimmer, von den Leut-
nants wohnten immer zwei und zwei zuſammen
— entwickelte ſich in den betreffenden Räumen ein
reges Leben. Die Offiziere liefen plaudernd hin
und her, riefen nach den Burſchen, ſchimpften über
das verſpätete Eintreffen des Gepäckwagens, der
durch einen Unfall aufgehalten worden war, ent-
ledigten ſich ihrer naſſen Uniformen und ließen ſich
die hohen Stiefel ausziehen. Dann gingen ſie ſamt
und ſonders zu Bett und ſchliefen nach wenigen
Minuten den Schlaf der Gerechten.

(Fortſetzung folgt.)


[Spaltenumbruch]

bauern!) Weiters wiederholt die Nummer die
begründeten Angriffe gegen den Bürgermeiſter von
Trifail Roſch und erzählt haarſträubende Zuſtände
aus dem Pervakenneſte Polſtrau. Reich vertreten iſt
auch die Rubrik für Kärnten. Im wirtſchaftlichen
Teile folgt ein Vortrag des Herrn Wanderlehrers
Brüders über Obſtbau. Außerdem hat das Blatt
eine neue Rubrik „Für Haus und Familie“ ein-
geführt. Wir fordern unſere Geſinnungsgenoſſen
auf, das deutſchfreundliche Blatt durch Maſſen-
abonnement und Inſerierung wacker zu unterſtützen!

„Nobel“,

himmelſchreiend „nobel“ iſt die
windiſche Preſſe. Zwei Fälle, die den „Stajerc“ in
ſeiner radikalen Polemik mit den windiſchen Blättern
betreffen, beweiſen dieſe „Nobleſſe“. Der erſte Fall
iſt folgender: Als der Abg. Stein den windiſchen
Hofrat Ploj angriff, kamen pervakiſche Heerführer
aus Pettau und bettelten bei dem „Stajerc“
naheſtehenden Herren, man möge den Hofrat nicht
„verreißen“. Selbſtredend ſchenkte das deutſchfreund-
liche Blatt dieſen Bitten, die von höchſter pervakiſcher
Seite inſpiriert waren, kein Gehör, ſondern er-
zählte dieſen Bettelgang ſeinen Leſern. Die Folge
natürlich großer Sturm im windiſchen Blätterwalde.
Man ſchrie, der „Stajerc“ habe gelogen und ſelbſt
das ſo vornehm tuende Blatt „Narodni liſt“ des
Herrn Spindler ſtimmte in dieſen Chor ein und
verlangte — Namen. Nun wurde der „Stajerc“
gezwungen, die Namen der für den unſchuldigen
Hofrat bettelnden Herren zu nennen. Er tat dies,
— und da kam heraus, daß der Hanptbettler
ein Herr war, welcher freilich die Fürſprache ge-
wiſſer Hofräte brauchte, da er gerade zu dieſer
Zeit „Kommerzienrat“ werden wollte und auch
wurde. Jedes anſtändige gegneriſche Blatt hätte nun
widerrufen, daß der „Stajerc“ gelogen hatte. Aber
die windiſche Preſſe ſchweigt bis heute und Herr
Spindler iſt geradeſo „nobel“ wie die Zeitungskuli
des „Goſpodar“ und die Schriftleitung der
„Biſchofsſtimmen“. Gelogen haben alſo die
windiſchen Blätter; jedoch finden ſie nicht den Mut,
ihre Lüge zu berichtigen oder einzubekennen ...
Der zweite Fall iſt noch bedeutender. Der „Stajerc“
brachte genaue Daten über die vom Pervakenlehrer
Troha verhetzte Gemeinde Türkenberg, in
welcher der Bürgermeiſter Bratuſcha im Laufe
von 8 Jahren einen Betrag von dreieinhalb-
tauſend Kronen
Gemeindegelder ſtehlen konnte
und der Gemeindekaſſier alles „beſtätigte“, — aber
kein einziges pervakiſches Blatt erwähnte dieſen
gewiß für die armen Koloſer nicht unbedeutenden
Diebſtahl. Es iſt dieſelbe Geſchichte, wie im Jahre
1903 bei der Bezirksvertretung in Cilli. Unter dem
Vorſitze der Herren Dr. Sernec und Dr. Dečko
konnte 10 Jahre lang geſtohlen werden; man
kümmerte ſich nicht um ihn, denn der Täter war
ein verbiſſener „Narodnjak“. Und um den ſauberen
Bürgermeiſter von Türkenberg kümmerte man ſich
auch acht Jahre nicht und verſchweigt ſeine Unter-
ſchlagungen noch heute, denn auch er war ein waſch-
echter Pervake. Wir erwähnten dieſe beiden An-
gelegenheiten deshalb, weil ſie ſo recht die Verhält-
niſſe im Unterlande kennzeichen. Jeder Dieb wird
verſchont von der windiſchen Preſſe, die dann jeden
deutſchfreundlichen Krämer unter dem Schutze der
Laibacher Geſchworenen und unter dem Protektorate
Dr. Jurtela — boykottiert. Man iſt halt „nobel“ ...

Friedrich Eichler-Kränzchen.

Dieſes in
allen Teilen wohlgelungene, mit Recht Elite-Kränzchen
zu nennende Feſt fand in den Räumen des Deutſchen
Heimes ſtatt und bildete den Abſchluß eines mehr-
wöchentlichen, von hieſigen Obergymnaſiſten ver-
auſtalteten Tanz-Lehrkurſes, welchen Herr Friedrich
Eichler aus Graz leitete. Der Abend erfreute ſich
eines außerordentlich zahlreichen Beſuches und be-
merkten wir u. a. die Herren Gymnaſialdirektor
A. Gubo, Bürgermeiſter J. Ornig, Poſtverwalter
Kriſchan, Mitglieder des Gymnaſial-Lehrkörpers,
zahlreiche Beamte, Offiziere, Bürger uſw. Die Ein-
leitung bildete eine Vorführung der Schulen des
Separatkurſes, welche Zeugnis vom Erlernten geben
ſollten. Die Polonaiſe eröffnete Herr Prof. Eichler
mit Fräulein Tochter Ida. Von der nachfolgenden
Vortragsordnung fanden beſonderen Beifall ein ab-
wechſlungsreicher Boſtonwalzer, eine kombinierte
Quadrille, eine neue Salon-Mazur, Pas de quatre,
vorzüglich aber eine mit Feuer und Schwung ge-
tanzte Pas d’ Espagne. Hierauf folgte die von 12
Damen des Kurſes äußerſt graziös und fein durch-
geführte „Deutſche Menuette“. Am Schluſſe der
Prüfung überreichte eine Dame Herrn Eichler in
Anerkennung ſeiner hervorragenden Bemühungen
eine Ehrengabe. An dem allgemeinen Tanze be-
teiligten ſich zahlreiche Gäſte und entwickelte ſich

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[2/0002] Marburger Zeitung Nr. 19, 12. Februar 1907 Politiſche Umſchau. Die neue franzöſiſche Einkommenſteuer. In der Donnerstag-Sitzung der franzöſiſchen Kammer hat Finanzminiſter Caillaux den Geſetz- entwurf über die Aufhebung der vier direkten Steuern und den Erſatz derſelben durch eine Einkommenſteuer eingebracht. Die Aufnahme, welche das Expoſé der Motive in der Kammer gefunden hat, war eine ausgezeichnete. Insbeſondere fanden jene Punkte ſtürmiſchen Beifall, in welchen das Prinzip der Progreſſion, dann die Feſtſetzung des ſteuer- freien Exiſtenzminimums, weiters die Unterſcheidung zwiſchen Einkommen aus Arbeit und zwiſchen arbeits- loſem Erträgnis aus Kapital behandelt werden. Der Entwurf trifft das Einkommen aus beweglichem und liegendem Kapital mit dem Satze von vier Prozent, das Einkommen aus Erwerbstätig- keit und Handel mit dem Satze von 3½ Prozent, das Arbeitseinkommen mit dem Satze von 3 Prozent. Dieſe Steuerſätze treffen das Reinein- kommen. Die Steuerpflichtigen brauchen ihr Ein- kommen nicht zu deklarieren und ihre Bücher nicht vorzulegen, es ſei denn, daß ſie die Ziffern beſtreiten wollen, zu denen der Steuerkontrollor bei ſeiner Abſchätzung gelangt. Das Arbeitseinkommen, wor- unter die Gehalte und Löhne der Angeſtellten und Arbeiter zu verſtehen ſind, iſt von den Arbeitgebern zu deklarieren. Je nach der Größe der Gemeinden werden bei dieſer Einkommenklaſſe Steuerfreiheiten bewilligt. In den kleinſten Gemeinden wird das ſteuerfreie Exiſtenzminimum 1250 Franks, in der größten, alſo in Paris, 2500 Franks betragen. Dieſes ſteuerfreie Exiſtenzminimum iſt im Vergleiche mit anderen Ländern hoch. In Öſterreich beträgt es 1200 Kronen, im Deutſchen Reiche ebenſoviel (1000 Mark), in Frankreich mehr als die doppelte Summe. Hiedurch trifft in der Tat die Steuer mehr die Vermögenden, während die Arbeiter, die allerkleinſten Beamten, die Kleingewerbetreibenden nur wenig belaſtet werden oder ganz leer ausgehen. Zu den Steuern der einzelnen Einkommenszweige tritt dann die Globaleinkommenſteuer, welche aber nur den großen Beſitz trifft. Ihr ſind Steuerträger, die ein Einkommen von mehr als 5000 Franks beziehen, unterworfen, alſo in ganz Frankreich nur 500.000 Menſchen, während die Zahl der Steuer- träger 10 Millionen beträgt. Dieſe Ergänzungs- ſteuer iſt progreſſiv und ſteigt von 0·2 bis zu 4 Prozent; ihr Ertrag wird auf 120 Millionen Franks geſchätzt. Sie ſoll auf dem Wege der Faſſion ermittelt werden. Die Steuerbehörden ſollen näm- lich das Recht erhalten, in die Depots der Bank- kundſchaft Einſicht zu nehmen und danach die Richtigkeit der Fatierungen zu prüfen. Dieſe Be- ſtimmung des Steuergeſetzes hat den Widerſtand der Börſeaner nnd Geldprotzen gefunden und iſt auch auf dem Pariſer Markte auf das ungünſtigſte beurteilt worden. Pettauer Nachrichten. Ein wohlverdienter Benefizeabend. Wie wir vernehmen, gewährte die Direktion unſeres Stadttheaters dem verdienſtvollen Kapellmeiſter der Stadtkapelle, Herrn Jörgenſen, einen Benefiz- abend, an dem die Operette „Hugdietrichs Brautfahrt“ zur Aufführung gelangen ſoll. Für die Veranſtaltung iſt Freitag, der 15. d. in Ausſicht genommen. Mit Umſicht und Liebe zur Sache hat Herr Jörgenſen bisher die Operetten mit der Stadtkapelle ſtudiert, an den Abenden der Aufführung ſpielte er beſcheiden im Orcheſter. Nun- mehr ſollen wir ihn auch als Operetten-Dirigenten kennen lernen; wir freuen uns darauf und ſind überzeugt, daß das Pettauer Publikum dem Abende jenes Intereſſe entgegenbringen wird, wie es die Dankbarkeit gegenüber dem Benefizianten, der in ſeinem Wirkungskreiſe ſo raſtlos und unermüdlich tätig iſt, erheiſcht, umſomehr als die erſte Auf- führung der reizenden Operette in Pettau nicht jene Beachtung fand, die ſie verdiente. Zum Überfall auf den Inſpektor Schmuck. Über den Überfall, den der Kutſcher der Landes-Irrenanſtalt Feldhof Friedrich Faber am Grazer Südbahnhofe auf den hieſigen Inſpektor von Schmuck unternommen hatte, wurde bereits berichtet. Dazu wird noch mitgeteilt, daß Faber am gleichen Tage um ¾8 Uhr abends auf die in der Irrenanſtalt Feldhof bedienſtete barmherzige Schweſter Mechtildis einen ähnlichen Überfall ausgeführt hatte, indem er mit dem gleichen Waggon- Schraubenſchlüſſel, den er auch am Bahnhofe ge- führt hatte, die genannte Schweſter durch mehrere Hiebe am Kopfe und am Hinterhaupte verletzte. Faber leugnet entſchieden, die Taten begangen zu haben. Er macht den Eindruck, als wenn er nicht ganz normal wäre. So hätte alſo die Irrenanſtalt einen irrſinnigen Kutſcher gehabt. Auch nicht übel! „Stajere.“ Die ſechſte Blattfolge bringt als Leitartikel die Fortſetzung des ausführlichen Berichtes über den Parteitag. In der „Politiſchen Rundſchau“ bringt ſie u. a. das neue Wahl- und Verſammlungs- geſetz, welches für das Unterland mit Rückſicht auf den brutalen Terrorismus der windiſchen Klerikalen eine Notwendigkeit war, die freilich mit dem Kanzel- paragraphen verſchärft ſein ſollte. In den „Zu- ſchriften“ bringt die Nummer die Fortſetzung einer treffenden Charakteriſtik der Pervaken in Rann, die von Deutſchen aus dem Kote gezogen wurden und die alle eine mehr oder weniger „bunte“ Ver- gangenheit haben. Auch ſind noch Zuſchriften aus Pöltſchach, Neuhaus, St. Thomas bei Friedau, Feiſtritz im Roſentale uſw. In den „Neuigkeiten“ folgen intereſſanten Polemiken mit der „Domovina“ und dem Abg. Koroſchetz, welcher in ſeinem Blatte der „Welt“ kundtat, er habe bei Verhandlung des neuen Weingeſetzes für die Weinbauern, Abg. Waſtian aber für die Weinhändler (!) geſprochen. (Eine ſolche unverſchämte Lüge! Koroſchetz ſprach gegen die Intereſſen der Wein- Lämmchen glaubte, der alte Herr werde über dieſe eigenartige Begrüßung nicht wenig empört ſein und den Übeltätern mit einem Strafgerichte drohen, aber von irgend einer Mißſtimmung war bei ihm nichts zu bemerken. Er blickte nur flüchtig zu den oberen Fenſtern empor, rieb ſich die Naſe und ſagte lachend: „Dacht ich mir’s doch, die verdammten Mädels liegen wieder im Hinterhalt und bombardieren uns. Wenn die zuſammenſtecken, geht’s ohne eine kleine Teufelei nicht ab, und wir tun gut, aus ihrem Geſichtsfelde ganz zu verſchwinden. Kommen Sie, meine Herren! Ehe Sie ſich umziehen und aus- ruhen, müſſen Sie noch ſchnell einen kleinen Imbiß nehmen. Der Gedanke an Ihren verregneten äußeren Menſchen braucht Sie dabei nicht zu be- drücken. Meine Damen erſcheinen erſt um 5 Uhr zum Diner, und während des Frühſtücks ſind wir ganz unter uns.“ Er öffnete die breite Glastür, welche hier ins Haus führte, und die Offiziere betraten einen großen, luftigen, hell dekorierten Raum, welcher der Familie im Sommer als Hauptaufenthaltsort diente und ſehr behaglich eingerichtet war. Bunte Sportbilder bedeckten die Wände, weiche, originelle Seidenkiſſen die bequemen Korbmöbel; die Steinflieſen des Fußbodens waren mit japaniſchen Strohmatten belegt, und in den tiefen Fenſterniſchen ſtanden herrliche Topfgewächſe. Die Mitte des Garten- ſaales aber nahm eine reichbeſetzte Tafel ein, auf welcher ſich ein wahres Stilleben von Blumen, Früchten, Flaſchen und vielverſprechenden kalten Schüſſeln befand; und während man denſelben mit beſtem Appetit zuſprach, empfand man das taktvolle Fernbleiben der Damen als große Er- leichterung. Beſonders Lämmchen war ganz entzückt davon. Nach allem, was er gehört und ſoeben erlebt hatte, graute ihm förmlich vor dem erſten Zuſammentreffen mit der übermütigen Schar, und er freute ſich, dieſen Moment noch um einige Stunden hinausgeſchoben zu ſehen. Nach dem Frühſtück ſuchten die Offiziere ſofort ihre Zimmer auf. Dieſelben lagen alle nebeneinander im erſten Stock, nach vorn heraus, und waren ſämtlich durch Türen mit einander verbunden. Der, junge Herr von Twielendorf geleitete ſie ſelbſt hinauf, bat ſie, das Haus ſeines Vaters ganz als das ihre zu betrachten, und erſuchte ſie ſchließlich, ſich kurz vor dem Eſſen im Salon ſeiner Mutter einzufinden. Als die Herren allein waren — der Rittmeiſter und der Major hatten ein Zimmer, von den Leut- nants wohnten immer zwei und zwei zuſammen — entwickelte ſich in den betreffenden Räumen ein reges Leben. Die Offiziere liefen plaudernd hin und her, riefen nach den Burſchen, ſchimpften über das verſpätete Eintreffen des Gepäckwagens, der durch einen Unfall aufgehalten worden war, ent- ledigten ſich ihrer naſſen Uniformen und ließen ſich die hohen Stiefel ausziehen. Dann gingen ſie ſamt und ſonders zu Bett und ſchliefen nach wenigen Minuten den Schlaf der Gerechten. (Fortſetzung folgt.) bauern!) Weiters wiederholt die Nummer die begründeten Angriffe gegen den Bürgermeiſter von Trifail Roſch und erzählt haarſträubende Zuſtände aus dem Pervakenneſte Polſtrau. Reich vertreten iſt auch die Rubrik für Kärnten. Im wirtſchaftlichen Teile folgt ein Vortrag des Herrn Wanderlehrers Brüders über Obſtbau. Außerdem hat das Blatt eine neue Rubrik „Für Haus und Familie“ ein- geführt. Wir fordern unſere Geſinnungsgenoſſen auf, das deutſchfreundliche Blatt durch Maſſen- abonnement und Inſerierung wacker zu unterſtützen! „Nobel“, himmelſchreiend „nobel“ iſt die windiſche Preſſe. Zwei Fälle, die den „Stajerc“ in ſeiner radikalen Polemik mit den windiſchen Blättern betreffen, beweiſen dieſe „Nobleſſe“. Der erſte Fall iſt folgender: Als der Abg. Stein den windiſchen Hofrat Ploj angriff, kamen pervakiſche Heerführer aus Pettau und bettelten bei dem „Stajerc“ naheſtehenden Herren, man möge den Hofrat nicht „verreißen“. Selbſtredend ſchenkte das deutſchfreund- liche Blatt dieſen Bitten, die von höchſter pervakiſcher Seite inſpiriert waren, kein Gehör, ſondern er- zählte dieſen Bettelgang ſeinen Leſern. Die Folge natürlich großer Sturm im windiſchen Blätterwalde. Man ſchrie, der „Stajerc“ habe gelogen und ſelbſt das ſo vornehm tuende Blatt „Narodni liſt“ des Herrn Spindler ſtimmte in dieſen Chor ein und verlangte — Namen. Nun wurde der „Stajerc“ gezwungen, die Namen der für den unſchuldigen Hofrat bettelnden Herren zu nennen. Er tat dies, — und da kam heraus, daß der Hanptbettler ein Herr war, welcher freilich die Fürſprache ge- wiſſer Hofräte brauchte, da er gerade zu dieſer Zeit „Kommerzienrat“ werden wollte und auch wurde. Jedes anſtändige gegneriſche Blatt hätte nun widerrufen, daß der „Stajerc“ gelogen hatte. Aber die windiſche Preſſe ſchweigt bis heute und Herr Spindler iſt geradeſo „nobel“ wie die Zeitungskuli des „Goſpodar“ und die Schriftleitung der „Biſchofsſtimmen“. Gelogen haben alſo die windiſchen Blätter; jedoch finden ſie nicht den Mut, ihre Lüge zu berichtigen oder einzubekennen ... Der zweite Fall iſt noch bedeutender. Der „Stajerc“ brachte genaue Daten über die vom Pervakenlehrer Troha verhetzte Gemeinde Türkenberg, in welcher der Bürgermeiſter Bratuſcha im Laufe von 8 Jahren einen Betrag von dreieinhalb- tauſend Kronen Gemeindegelder ſtehlen konnte und der Gemeindekaſſier alles „beſtätigte“, — aber kein einziges pervakiſches Blatt erwähnte dieſen gewiß für die armen Koloſer nicht unbedeutenden Diebſtahl. Es iſt dieſelbe Geſchichte, wie im Jahre 1903 bei der Bezirksvertretung in Cilli. Unter dem Vorſitze der Herren Dr. Sernec und Dr. Dečko konnte 10 Jahre lang geſtohlen werden; man kümmerte ſich nicht um ihn, denn der Täter war ein verbiſſener „Narodnjak“. Und um den ſauberen Bürgermeiſter von Türkenberg kümmerte man ſich auch acht Jahre nicht und verſchweigt ſeine Unter- ſchlagungen noch heute, denn auch er war ein waſch- echter Pervake. Wir erwähnten dieſe beiden An- gelegenheiten deshalb, weil ſie ſo recht die Verhält- niſſe im Unterlande kennzeichen. Jeder Dieb wird verſchont von der windiſchen Preſſe, die dann jeden deutſchfreundlichen Krämer unter dem Schutze der Laibacher Geſchworenen und unter dem Protektorate Dr. Jurtela — boykottiert. Man iſt halt „nobel“ ... Friedrich Eichler-Kränzchen. Dieſes in allen Teilen wohlgelungene, mit Recht Elite-Kränzchen zu nennende Feſt fand in den Räumen des Deutſchen Heimes ſtatt und bildete den Abſchluß eines mehr- wöchentlichen, von hieſigen Obergymnaſiſten ver- auſtalteten Tanz-Lehrkurſes, welchen Herr Friedrich Eichler aus Graz leitete. Der Abend erfreute ſich eines außerordentlich zahlreichen Beſuches und be- merkten wir u. a. die Herren Gymnaſialdirektor A. Gubo, Bürgermeiſter J. Ornig, Poſtverwalter Kriſchan, Mitglieder des Gymnaſial-Lehrkörpers, zahlreiche Beamte, Offiziere, Bürger uſw. Die Ein- leitung bildete eine Vorführung der Schulen des Separatkurſes, welche Zeugnis vom Erlernten geben ſollten. Die Polonaiſe eröffnete Herr Prof. Eichler mit Fräulein Tochter Ida. Von der nachfolgenden Vortragsordnung fanden beſonderen Beifall ein ab- wechſlungsreicher Boſtonwalzer, eine kombinierte Quadrille, eine neue Salon-Mazur, Pas de quatre, vorzüglich aber eine mit Feuer und Schwung ge- tanzte Pas d’ Espagne. Hierauf folgte die von 12 Damen des Kurſes äußerſt graziös und fein durch- geführte „Deutſche Menuette“. Am Schluſſe der Prüfung überreichte eine Dame Herrn Eichler in Anerkennung ſeiner hervorragenden Bemühungen eine Ehrengabe. An dem allgemeinen Tanze be- teiligten ſich zahlreiche Gäſte und entwickelte ſich

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Zitationshilfe: Marburger Zeitung. Nr. 19, Marburg, 12.02.1907, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_marburger19_1907/2>, abgerufen am 21.11.2024.