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Marburger Zeitung. Nr. 141, Marburg, 24.11.1910.

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Marburger Zeitung Nr. 141. 24. November 1910

[Spaltenumbruch]
Politische Umschau.
Der Voranschlag.

Bei dem heute erfolgten Wiederzusammentritt
des Abgeordnetenhauses wurde den Abgeordneten der
Entwurf des Finanzgesetzes für das Jahr 1911 vor-
gelegt. Wir entnehmen ihm folgende Schlußziffern:
Der Staatsvoranschlag für 1911 weist ein Gesamt-
erfordernis von 2.818,196.736 K.
und eine Gesamtbedeckung von 2.818,507.772 K.
mithin einen Überschuß von 311.036 K.
auf. Dieser "Überschuß" wurde einerseits durch
höhere Steuerumsätze herbeigeführt. So
wurden die Einnahmen aus den direkten
Steuern
um 19·6 Millionen höher veran-
schlagt u. zw. die Realsteuern um 4·3, die
Personalsteuern um 15·2 und die Neben-
gebühren um 0·1 Millionen Kronen. Bei den Real-
steuern wurde die Hauszinssteuer um 4.8
Millionen Kronen höher, dagegen die Grund-
steuer
um 0·45 Millionen Kronen niedriger
präliminiert. Bei den Personalsteuern sind höher
veranschlagt die allgemeine Erwerbsteuer um
0·8, die Erwerbsteuer von den zur öffentlichen
Rechnungslegung verpflichteten Unternehmungen um
1·8, die Rentensteuer um 0·8, die Besoldungssteuer
um 0·7, und die Personaleinkommensteuer
um 11·1 Millionen Kronen.

Die "Zolleinnahmen" sind nach dem
Durchschnittserfolge der letzten drei Jahre um den
Betrag von 10,015.000 Kronen höher prälimi-
niert, der fast zur Gänze auf die Eingangs-
zölle
entsällt.

Im Kapitel "Verzehrungssteuer" er-
geben sich Mehr einnahmen bei der Zuckersteuer
um 8 Millionen Kronen, der Mineralölsteuer um
0·6 Millionen Kronen, der Wein- und Most-
steuer,
bezw. der Fleisch- und Schlachtvieh-
steuer um je
0·5 Millionen Kronen, während
die Biersteuer um rund 1 Million Kronen niedriger
veranschlagt werden mußte.

Die Einnahmen aus Stempel, Taxen und Ge-
bühren werden natürlich gegen das Jahr 1910 eben-
falls erhöht veranschlagt, desgleichen die Fahr-
kartensteuer; diese Titel werden insgesamt um
18,668.800 K. höher veranschlagt. Das Kapitel
Tabak wurde im Voranschlage um 28 Millionen
höher veranschlagt; aus der für das Jahr 1911
geplanten Verteuerung der Tabakfabri-
kate
allein erwartet der Finanzminister eine Mehr-
einnahme von 10 Millionen. In ähnlicher Weise
geht es bei anderen Kapiteln fort. Das ist die eine,
die positive Seite. Anderseits wurden von den Mi-
nisterien gewaltsame Ausgaben drosselungen
vorgenommen, d. h. es werden berechtigte Volks-
wünsche nicht erfüllt. Auf diese Weise gelangte man
bei dem Milliardenvoranschlage zu einem
"Überschuß" von verhältnismäßig wenigen Kronen.
Es ist in der Zeit, da der Staat selbst als Ver-
teuerer auftritt, tür die minder- oder gar nicht be-
[Spaltenumbruch] mittelten Bevölkrrungsschichten wahrlich keine Lust
zu leben ...

Parlament und Teuerung.

Heute gegen Mittag trat das Parlament wieder
zusammen -- hoffnungslos steht die Bevölkerung
diesem anderwärts erregenden Ereignisse gegenüber.
Ein Wiener Blatt schrieb gestern über die Parlaments-
eröffnung u. a.: Der Wähler, der steuerbeladen in
diesen bösen Zeiten sein Leben fortschleppen muß,
fragt seufzend: Was hat der gewöhnliche Bürger,
den die Sorge um Frau und Kinder drückt, von
beiden Häusern des Parlaments zu erwarten? Denn
der Kampf um die Erhaltung ist bedenklich schwer
geworden. Die organisierten Stände überwälzen ihre
Lasten auf das mittlere Unternehmungskapital, und
dieses bricht zusammen, weil es von oben durch die
großen Massenunternehmungen bedrängt wird und
weil von unten die Ansprüche wachsen und die
Hilfsquellen des Staates, der jeden Fehlbetrag aus
seinen Monopolen, Betrieben und Abgaben heraus-
preßt, nicht zur Verfügung sind. Glauben die Ab-
geordneten wirklich, daß die Menschen in Wien oder
in Österreich davon sprechen, wer Minister ist
und wer Minister sein wird? Kehren die Mit-
glieder der beiden Häuser des Parlaments wieder
in der Täuschung zurück, daß sich in der Gemüts-
verfassung der Millionen nichts geändert habe und
daß der Ekel vor den Zuständen im Juli, die eine
Schande für die Monarchie waren, nicht bereits
bis zum Halse gestiegen sei? Wer ein bißchen hin-
horcht auf die Gespräche im Publikum, hört nur
Berichte über das Ringen und Raufen bei der
Überwälzung der Preise. Was geschieht
jedoch mit denen, die zuletzt übrig bleiben und
die nicht mehr abschieben können? Lohn und Ge-
halt strecken die Hand aus gegen den Unternehmer,
der Hausherr, der drei- und vierfach verstockte Haus-
herr, wie Nestroy sagt, trifft den Mieter, der Ge-
hilfe den Meister, der Landwirt den Verbraucher,
der Warenerzeuger den Kunden, und so geht es fort.
Während ringsumher das Unbehagen sich verbreitet
und die Gefahr beklemmend wird, sitzen die parla-
mentarischen Archimedes und drehen ihre Zirkel im
Sand und murmeln die alte Postille: Wird das
provisorische Budget erledigt werden? Die Zeremonie
mit dem provisorischen Budget ist für das Volk so
gleichgiltig wie ein Fidibus, mit dem die Pfeife an-
gezündet wird. Früher waren die Budgets eine
Quelle der Arbeit und des Verdienstes; jetzt muß
der Staat die Bestellungen abknabbern und seine
wirtschaftliche und finanzielle Politik macht ihn zum
schärfsten Preisbedränger. Er schraubt in die Höhe,
was er nur schrauben darf, und läßt andere pressen,
wie die Geschichte des Bierzuschlags lehrt. Sollte der
Reichsrat jetzt wirklich nichts im Kopfe haben als
das Spiel zwischen Ministerbank und Abgeordneten-
bank? Die Abgeordneten müssen sich über den
Kastengeist erheben. Der Krach des Wohlfahrts-
staates, der immer mehr zum Fiskus zusammen-
schrumpft, verbreitet Unglück im Lande. Das Volk
hat die ernste Bitte: Genug mit den Odigkeiten der
parlamentarischen Taktik und Technik. Die einzige
[Spaltenumbruch] Politik, für die das Volk jetzt Herz und Sinn hat,
ist die Nahrungspolitik -- aber nicht eine übertriebene
Großmacht- und Hausmachtpolitik, fügen wir noch bei.

Aus Obersteier.

Aus Rottenmann erhalten wir einen
längeren Versammlungsbericht. welchem wir folgen-
des entnehmen: Am 20. d. fand hier im Hotel
"Tirolerhof" eine Versammlung des Alldeutschen
Vereines für die Ostmark statt, in welcher die
Herren Reichsratsabgeordneter Vinzenz Malik über
die Landtagsobstruktion der Slovenen und ihre po-
litischen Ziele, und Rechtsawalt Dr. Fritz Wanek
aus Wien über die deutschnationale Politik im
Volkshause sprachen. Herr Fritz Orasch (Rotten-
mann) eröffnete die Versammlung, begrüßte die
Erschienenen, besonders die beiden Herren Redner
und die Herren aus Leoben und Graz.

Dr. Wanek schloß als erster Redner seine
glänzenden Darlegungen unter großem Beifall sämt-
licher Anwesenden. Als zweiter Redner trat Herr
Reichsratsabgeordneter Vinzenz Malik auf, der in
ausführlicher Rede die wirtschaftlichen Schäden
der slovenischen Obstruktion im steirischen Landtage
behandelt hat. Außerdem besprach Herr Malik in
mehr als eineinhalbstündiger Rede die Gefahren,
die uns durch das Vordrängen der Slaven auf,
allen Gebieten drohen. Um diesen Gefahren wirksam
zu begegnen, fordert auch er zum Zusammenschluß
aller ehrlich und redlich denkenden Deutschen auf
empfiehlt, bei der nächsten Reichsratswahl Herrn
Dr. Wanek als Abgeordneten zu wählen, was von
allen Anwesenden freundlichst begrüßt wird.

Die Versammlung nahm hierauf einstimmig
folgende Entschließung an:

"Die am 20. November in Rottenmann
tagende alldeutsche Versammlung spricht ihre vollste
Zustimmung zu den Darlegungen der Redner
Abg. Malik und Dr. Wanek aus. Insbesondere
ist die Versammlung im Sinne unentwegter deutscher
Gemeinbürgschast darin einig, daß die deutschen
Alpenländer in ihrem völkischen Gewissen von den
böhmischen Ausgleichsverhandlungen auf das tiefste
berührt werden. Denn was von den Deutschen in
Böhmen eine sogenannte deutschfreundliche Regierung
erlangen will, kann sie in absehbarer Zukunft auch
von den Deutschen in Steiermark fordern. Die Ver-
sammlung sieht eine tiefgreifende Förderung der
slavisch-klerikalen Staatspolitik in dem von deutschen
Regierungspolitikern wider alle Versprechungen ge-
planten Abgehen von dem Gemeinbürgschaftsantrage
Frengl, der die Mindestforderungen der Deutsch-
böhmen enthält, ohne deren Erfüllung es keine
böhmischen Landtage geben sollte. Wozu man bei
diesem Ausgehen gelangte, das ist nichts anderes
als die Stremayer'sche Sprachenverordnung und
die Badeni'sche Sprachenvorlage. In Eger am be-
rühmten Volkstag hat man diese Anschläge als
Rechtsbruch bezeichnet, dessen rücksichtslose Be-
kämpfung man mit erhobener Hand beschwor. Umso
unbegreiflicher muß es den Deutschen der Alpen-
länder erscheinen, daß man jetzt dem verkappten




[Spaltenumbruch]

Wie bereute sie im nächsten Augenblick, von der
Sache gesprochen zu haben; denn Grete war tief
erblaßt, sie schien noch immer nicht ohne Erregung
an das Geld denken zu können, von dem der Vater
keinen Pfennig herausgegeben hatte. Es fragte ihn
auch niemand darnach.

Grete lehnte müde und abgespannt in der Sofa-
ecke und die Mutter betrachtete sie mit besorgten
Blicken. Sie war froh, als draußen Schritte ver-
nehmbar wurden und gleich darauf Liese, gefolgt
von Tante Lina, ins Zimmer trat. Das brachte
Grete auf andere Gedanken. Das Mädchen richtete
sich denn auch sofort in die Höhe und sah den An-
kommenden freundlich lächelnd eutgegen.

"Ist das eine angenehme Überraschung, daß
du noch zu uns kommst, Tante Lina", sagte sie in
heiterem Ton und auch Frau Sommer nickte der
Jugendfreundin zu und reichte ihr herzlich die Hand.

"Liese wollte nicht länger mehr bei mir bleiben",
begann Tante Lina halb entschuldigend, "so ent-
schloß ich mich, noch auf ein Stündchen zu Euch
zu kommen; denn allein bleiben wollte ich nicht,
ich muß jemand haben, mit dem ich mich über
meine bangen Besorgnisse aussprechen kann, Mein
Gott, wenn ich nur wüßte, wie alles enden soll,
ich habe eine Angst in mir, eine Angst vor der
Zukunft!"

Frau Sommer blickte fragend auf die Freundin,
und diese fuhr seufzend fort: "Seit Ottos Ver-
lobung habe ich fast keine Nacht mehr ruhig ge-
schlafen. Die Sorge um ihn läßt mich nicht los.
[Spaltenumbruch] Ich habe ihn lieb, wie mein eigenes Kind und die
Befürchtung, daß er unglücklich werden wird, kann
ich nicht abschütteln. Ich habe seine Braut genau
beobachtet und bin zu der Überzeugung gelangt, daß
sie ihn nur genommen, weil sie weiß, daß er einst
mein ganzes Vermögen erben wird. Und der dumme
Junge will auf keine Vorstellung hören, läßt sich
durch nichts überzeugen. Was habe ich nicht schon
versucht, ihm klar zu machen, daß Charlotte Walter
ein herzloses, kokettes Geschöpf ist, -- umsonst, es
hilft alles nichts, Aber vielleicht kommt er doch noch
zur Einsicht. Wenn es dann nur nicht zu spät ist.
Ich habe sogar erfahren, daß sie sich genau er-
kundigte, wie hoch sich mein Vermögen beläuft und
ich bin fest überzeugt, wenn ein anderer kommt, der
ihr mehr zu bieten hat, läßt sie den armen Otto
laufen. Aber es geschähe ihm schon recht, -- warum
hört er nicht auf mich. Alles läßt er sich von ihr
gefallen, weil er wie blind in sie verliebt ist; aber
sie verdient doch seine treue Liebe gar nicht; denn
wie sie es in der letzten Zeit treibt, das setzt allem
die Krone auf. Schon dreimal war Otto nun bei
ihr, um sie zu einem Sparziergang abzuholen und
jedesmal war sie nicht zu Hause. Ist das ein Be-
nehmen von einer Braut? Otto drängt nun mit
der Hochzeit, aber Charlotte hat keine Eile damit".

"Aber was sagt denn ihre Mutter zu alledem?"
warf Frau Sommer ein.

"Ach die", machte Tante Lina verächtlich, "die
ist nicht besser als ihre Tochter. Sie zuckt immer
nur bedauernd die Achseln und sagt, Charlotte sei
[Spaltenumbruch] ausgegangen, um Besorgungen zu machen. Das
Mädchen habe sehr viel Kopfweh und müßte an die
frische Luft. Ja, prost Mahlzeit, dahinter steckt sicher
etwas anders. Aber der dumme Junge will ja an
nichts glauben. Und doch sehe ich es ihm an, wie
es ihm wurmt, er ist schon ganz blaß und schmal
geworden bei der Geschichte. Was war er früher
für ein lustiger, heiterer Gesellschafter. Wenn wir
des Abends beisammen saßen, ging die Unterhaltung
nicht aus. Nun sitzt er oft da und spricht kein Wort,
es ist nicht mehr zum aushalten."

"Ich merke es", fuhr die Tante fort, "die
Geschichte geht ihm im Kopfe herum, wenn er es
auch leugnet. Aber was soll ich machen? Heute
nun ist es das drittemal, daß Charlotte nicht zu
Hause war. Vorhin kam Otto mit allen Zeichen
einer großen Erregung heim und warf sich auf das
Sofa, daß es in allen Fugen krachte. Ich meinte,
es müßte zerbrechen. Und als ich fragte, was ge-
schehen sei, da bekam ich zuerst keine Antwort, als
ich aber nicht nachließ, da gestand Otto mit vor
Zorn bebender Stimme: Charlotte war wieder nicht
daheim. Tante, was soll man davon halten? --
Gleich darauf stand er auf und lief wie rasend im
Zimmer umher, dabei murmelte er etwas, das ich
nicht verstond. Plötzlich blieb er plötzlich vor mir
stehen, ballte die Faust und rief drohend: "Wenn
ich erst erfahre, was dahinter steckt, -- -- wenn
sie mich betrügt, -- dann gnade ihr Gott!" Er
knirschte mit den Zähnen vor Wut, riß seinen Hut
vom Haken und stürzte fort.     Forts. folgt.


Marburger Zeitung Nr. 141. 24. November 1910

[Spaltenumbruch]
Politiſche Umſchau.
Der Voranſchlag.

Bei dem heute erfolgten Wiederzuſammentritt
des Abgeordnetenhauſes wurde den Abgeordneten der
Entwurf des Finanzgeſetzes für das Jahr 1911 vor-
gelegt. Wir entnehmen ihm folgende Schlußziffern:
Der Staatsvoranſchlag für 1911 weiſt ein Geſamt-
erfordernis von 2.818,196.736 K.
und eine Geſamtbedeckung von 2.818,507.772 K.
mithin einen Überſchuß von 311.036 K.
auf. Dieſer „Überſchuß“ wurde einerſeits durch
höhere Steuerumſätze herbeigeführt. So
wurden die Einnahmen aus den direkten
Steuern
um 19·6 Millionen höher veran-
ſchlagt u. zw. die Realſteuern um 4·3, die
Perſonalſteuern um 15·2 und die Neben-
gebühren um 0·1 Millionen Kronen. Bei den Real-
ſteuern wurde die Hauszinsſteuer um 4.8
Millionen Kronen höher, dagegen die Grund-
ſteuer
um 0·45 Millionen Kronen niedriger
präliminiert. Bei den Perſonalſteuern ſind höher
veranſchlagt die allgemeine Erwerbſteuer um
0·8, die Erwerbſteuer von den zur öffentlichen
Rechnungslegung verpflichteten Unternehmungen um
1·8, die Rentenſteuer um 0·8, die Beſoldungsſteuer
um 0·7, und die Perſonaleinkommenſteuer
um 11·1 Millionen Kronen.

Die „Zolleinnahmen“ ſind nach dem
Durchſchnittserfolge der letzten drei Jahre um den
Betrag von 10,015.000 Kronen höher prälimi-
niert, der faſt zur Gänze auf die Eingangs-
zölle
entſällt.

Im Kapitel „Verzehrungsſteuer“ er-
geben ſich Mehr einnahmen bei der Zuckerſteuer
um 8 Millionen Kronen, der Mineralölſteuer um
0·6 Millionen Kronen, der Wein- und Moſt-
ſteuer,
bezw. der Fleiſch- und Schlachtvieh-
ſteuer um je
0·5 Millionen Kronen, während
die Bierſteuer um rund 1 Million Kronen niedriger
veranſchlagt werden mußte.

Die Einnahmen aus Stempel, Taxen und Ge-
bühren werden natürlich gegen das Jahr 1910 eben-
falls erhöht veranſchlagt, desgleichen die Fahr-
kartenſteuer; dieſe Titel werden insgeſamt um
18,668.800 K. höher veranſchlagt. Das Kapitel
Tabak wurde im Voranſchlage um 28 Millionen
höher veranſchlagt; aus der für das Jahr 1911
geplanten Verteuerung der Tabakfabri-
kate
allein erwartet der Finanzminiſter eine Mehr-
einnahme von 10 Millionen. In ähnlicher Weiſe
geht es bei anderen Kapiteln fort. Das iſt die eine,
die poſitive Seite. Anderſeits wurden von den Mi-
niſterien gewaltſame Ausgaben droſſelungen
vorgenommen, d. h. es werden berechtigte Volks-
wünſche nicht erfüllt. Auf dieſe Weiſe gelangte man
bei dem Milliardenvoranſchlage zu einem
„Überſchuß“ von verhältnismäßig wenigen Kronen.
Es iſt in der Zeit, da der Staat ſelbſt als Ver-
teuerer auftritt, tür die minder- oder gar nicht be-
[Spaltenumbruch] mittelten Bevölkrrungsſchichten wahrlich keine Luſt
zu leben ...

Parlament und Teuerung.

Heute gegen Mittag trat das Parlament wieder
zuſammen — hoffnungslos ſteht die Bevölkerung
dieſem anderwärts erregenden Ereigniſſe gegenüber.
Ein Wiener Blatt ſchrieb geſtern über die Parlaments-
eröffnung u. a.: Der Wähler, der ſteuerbeladen in
dieſen böſen Zeiten ſein Leben fortſchleppen muß,
fragt ſeufzend: Was hat der gewöhnliche Bürger,
den die Sorge um Frau und Kinder drückt, von
beiden Häuſern des Parlaments zu erwarten? Denn
der Kampf um die Erhaltung iſt bedenklich ſchwer
geworden. Die organiſierten Stände überwälzen ihre
Laſten auf das mittlere Unternehmungskapital, und
dieſes bricht zuſammen, weil es von oben durch die
großen Maſſenunternehmungen bedrängt wird und
weil von unten die Anſprüche wachſen und die
Hilfsquellen des Staates, der jeden Fehlbetrag aus
ſeinen Monopolen, Betrieben und Abgaben heraus-
preßt, nicht zur Verfügung ſind. Glauben die Ab-
geordneten wirklich, daß die Menſchen in Wien oder
in Öſterreich davon ſprechen, wer Miniſter iſt
und wer Miniſter ſein wird? Kehren die Mit-
glieder der beiden Häuſer des Parlaments wieder
in der Täuſchung zurück, daß ſich in der Gemüts-
verfaſſung der Millionen nichts geändert habe und
daß der Ekel vor den Zuſtänden im Juli, die eine
Schande für die Monarchie waren, nicht bereits
bis zum Halſe geſtiegen ſei? Wer ein bißchen hin-
horcht auf die Geſpräche im Publikum, hört nur
Berichte über das Ringen und Raufen bei der
Überwälzung der Preiſe. Was geſchieht
jedoch mit denen, die zuletzt übrig bleiben und
die nicht mehr abſchieben können? Lohn und Ge-
halt ſtrecken die Hand aus gegen den Unternehmer,
der Hausherr, der drei- und vierfach verſtockte Haus-
herr, wie Neſtroy ſagt, trifft den Mieter, der Ge-
hilfe den Meiſter, der Landwirt den Verbraucher,
der Warenerzeuger den Kunden, und ſo geht es fort.
Während ringsumher das Unbehagen ſich verbreitet
und die Gefahr beklemmend wird, ſitzen die parla-
mentariſchen Archimedes und drehen ihre Zirkel im
Sand und murmeln die alte Poſtille: Wird das
proviſoriſche Budget erledigt werden? Die Zeremonie
mit dem proviſoriſchen Budget iſt für das Volk ſo
gleichgiltig wie ein Fidibus, mit dem die Pfeife an-
gezündet wird. Früher waren die Budgets eine
Quelle der Arbeit und des Verdienſtes; jetzt muß
der Staat die Beſtellungen abknabbern und ſeine
wirtſchaftliche und finanzielle Politik macht ihn zum
ſchärfſten Preisbedränger. Er ſchraubt in die Höhe,
was er nur ſchrauben darf, und läßt andere preſſen,
wie die Geſchichte des Bierzuſchlags lehrt. Sollte der
Reichsrat jetzt wirklich nichts im Kopfe haben als
das Spiel zwiſchen Miniſterbank und Abgeordneten-
bank? Die Abgeordneten müſſen ſich über den
Kaſtengeiſt erheben. Der Krach des Wohlfahrts-
ſtaates, der immer mehr zum Fiskus zuſammen-
ſchrumpft, verbreitet Unglück im Lande. Das Volk
hat die ernſte Bitte: Genug mit den Odigkeiten der
parlamentariſchen Taktik und Technik. Die einzige
[Spaltenumbruch] Politik, für die das Volk jetzt Herz und Sinn hat,
iſt die Nahrungspolitik — aber nicht eine übertriebene
Großmacht- und Hausmachtpolitik, fügen wir noch bei.

Aus Oberſteier.

Aus Rottenmann erhalten wir einen
längeren Verſammlungsbericht. welchem wir folgen-
des entnehmen: Am 20. d. fand hier im Hotel
„Tirolerhof“ eine Verſammlung des Alldeutſchen
Vereines für die Oſtmark ſtatt, in welcher die
Herren Reichsratsabgeordneter Vinzenz Malik über
die Landtagsobſtruktion der Slovenen und ihre po-
litiſchen Ziele, und Rechtsawalt Dr. Fritz Wanek
aus Wien über die deutſchnationale Politik im
Volkshauſe ſprachen. Herr Fritz Oraſch (Rotten-
mann) eröffnete die Verſammlung, begrüßte die
Erſchienenen, beſonders die beiden Herren Redner
und die Herren aus Leoben und Graz.

Dr. Wanek ſchloß als erſter Redner ſeine
glänzenden Darlegungen unter großem Beifall ſämt-
licher Anweſenden. Als zweiter Redner trat Herr
Reichsratsabgeordneter Vinzenz Malik auf, der in
ausführlicher Rede die wirtſchaftlichen Schäden
der ſloveniſchen Obſtruktion im ſteiriſchen Landtage
behandelt hat. Außerdem beſprach Herr Malik in
mehr als eineinhalbſtündiger Rede die Gefahren,
die uns durch das Vordrängen der Slaven auf,
allen Gebieten drohen. Um dieſen Gefahren wirkſam
zu begegnen, fordert auch er zum Zuſammenſchluß
aller ehrlich und redlich denkenden Deutſchen auf
empfiehlt, bei der nächſten Reichsratswahl Herrn
Dr. Wanek als Abgeordneten zu wählen, was von
allen Anweſenden freundlichſt begrüßt wird.

Die Verſammlung nahm hierauf einſtimmig
folgende Entſchließung an:

„Die am 20. November in Rottenmann
tagende alldeutſche Verſammlung ſpricht ihre vollſte
Zuſtimmung zu den Darlegungen der Redner
Abg. Malik und Dr. Wanek aus. Insbeſondere
iſt die Verſammlung im Sinne unentwegter deutſcher
Gemeinbürgſchaſt darin einig, daß die deutſchen
Alpenländer in ihrem völkiſchen Gewiſſen von den
böhmiſchen Ausgleichsverhandlungen auf das tiefſte
berührt werden. Denn was von den Deutſchen in
Böhmen eine ſogenannte deutſchfreundliche Regierung
erlangen will, kann ſie in abſehbarer Zukunft auch
von den Deutſchen in Steiermark fordern. Die Ver-
ſammlung ſieht eine tiefgreifende Förderung der
ſlaviſch-klerikalen Staatspolitik in dem von deutſchen
Regierungspolitikern wider alle Verſprechungen ge-
planten Abgehen von dem Gemeinbürgſchaftsantrage
Frengl, der die Mindeſtforderungen der Deutſch-
böhmen enthält, ohne deren Erfüllung es keine
böhmiſchen Landtage geben ſollte. Wozu man bei
dieſem Ausgehen gelangte, das iſt nichts anderes
als die Stremayer’ſche Sprachenverordnung und
die Badeni’ſche Sprachenvorlage. In Eger am be-
rühmten Volkstag hat man dieſe Anſchläge als
Rechtsbruch bezeichnet, deſſen rückſichtsloſe Be-
kämpfung man mit erhobener Hand beſchwor. Umſo
unbegreiflicher muß es den Deutſchen der Alpen-
länder erſcheinen, daß man jetzt dem verkappten




[Spaltenumbruch]

Wie bereute ſie im nächſten Augenblick, von der
Sache geſprochen zu haben; denn Grete war tief
erblaßt, ſie ſchien noch immer nicht ohne Erregung
an das Geld denken zu können, von dem der Vater
keinen Pfennig herausgegeben hatte. Es fragte ihn
auch niemand darnach.

Grete lehnte müde und abgeſpannt in der Sofa-
ecke und die Mutter betrachtete ſie mit beſorgten
Blicken. Sie war froh, als draußen Schritte ver-
nehmbar wurden und gleich darauf Lieſe, gefolgt
von Tante Lina, ins Zimmer trat. Das brachte
Grete auf andere Gedanken. Das Mädchen richtete
ſich denn auch ſofort in die Höhe und ſah den An-
kommenden freundlich lächelnd eutgegen.

„Iſt das eine angenehme Überraſchung, daß
du noch zu uns kommſt, Tante Lina“, ſagte ſie in
heiterem Ton und auch Frau Sommer nickte der
Jugendfreundin zu und reichte ihr herzlich die Hand.

„Lieſe wollte nicht länger mehr bei mir bleiben“,
begann Tante Lina halb entſchuldigend, „ſo ent-
ſchloß ich mich, noch auf ein Stündchen zu Euch
zu kommen; denn allein bleiben wollte ich nicht,
ich muß jemand haben, mit dem ich mich über
meine bangen Beſorgniſſe ausſprechen kann, Mein
Gott, wenn ich nur wüßte, wie alles enden ſoll,
ich habe eine Angſt in mir, eine Angſt vor der
Zukunft!“

Frau Sommer blickte fragend auf die Freundin,
und dieſe fuhr ſeufzend fort: „Seit Ottos Ver-
lobung habe ich faſt keine Nacht mehr ruhig ge-
ſchlafen. Die Sorge um ihn läßt mich nicht los.
[Spaltenumbruch] Ich habe ihn lieb, wie mein eigenes Kind und die
Befürchtung, daß er unglücklich werden wird, kann
ich nicht abſchütteln. Ich habe ſeine Braut genau
beobachtet und bin zu der Überzeugung gelangt, daß
ſie ihn nur genommen, weil ſie weiß, daß er einſt
mein ganzes Vermögen erben wird. Und der dumme
Junge will auf keine Vorſtellung hören, läßt ſich
durch nichts überzeugen. Was habe ich nicht ſchon
verſucht, ihm klar zu machen, daß Charlotte Walter
ein herzloſes, kokettes Geſchöpf iſt, — umſonſt, es
hilft alles nichts, Aber vielleicht kommt er doch noch
zur Einſicht. Wenn es dann nur nicht zu ſpät iſt.
Ich habe ſogar erfahren, daß ſie ſich genau er-
kundigte, wie hoch ſich mein Vermögen beläuft und
ich bin feſt überzeugt, wenn ein anderer kommt, der
ihr mehr zu bieten hat, läßt ſie den armen Otto
laufen. Aber es geſchähe ihm ſchon recht, — warum
hört er nicht auf mich. Alles läßt er ſich von ihr
gefallen, weil er wie blind in ſie verliebt iſt; aber
ſie verdient doch ſeine treue Liebe gar nicht; denn
wie ſie es in der letzten Zeit treibt, das ſetzt allem
die Krone auf. Schon dreimal war Otto nun bei
ihr, um ſie zu einem Sparziergang abzuholen und
jedesmal war ſie nicht zu Hauſe. Iſt das ein Be-
nehmen von einer Braut? Otto drängt nun mit
der Hochzeit, aber Charlotte hat keine Eile damit“.

„Aber was ſagt denn ihre Mutter zu alledem?“
warf Frau Sommer ein.

„Ach die“, machte Tante Lina verächtlich, „die
iſt nicht beſſer als ihre Tochter. Sie zuckt immer
nur bedauernd die Achſeln und ſagt, Charlotte ſei
[Spaltenumbruch] ausgegangen, um Beſorgungen zu machen. Das
Mädchen habe ſehr viel Kopfweh und müßte an die
friſche Luft. Ja, proſt Mahlzeit, dahinter ſteckt ſicher
etwas anders. Aber der dumme Junge will ja an
nichts glauben. Und doch ſehe ich es ihm an, wie
es ihm wurmt, er iſt ſchon ganz blaß und ſchmal
geworden bei der Geſchichte. Was war er früher
für ein luſtiger, heiterer Geſellſchafter. Wenn wir
des Abends beiſammen ſaßen, ging die Unterhaltung
nicht aus. Nun ſitzt er oft da und ſpricht kein Wort,
es iſt nicht mehr zum aushalten.“

„Ich merke es“, fuhr die Tante fort, „die
Geſchichte geht ihm im Kopfe herum, wenn er es
auch leugnet. Aber was ſoll ich machen? Heute
nun iſt es das drittemal, daß Charlotte nicht zu
Hauſe war. Vorhin kam Otto mit allen Zeichen
einer großen Erregung heim und warf ſich auf das
Sofa, daß es in allen Fugen krachte. Ich meinte,
es müßte zerbrechen. Und als ich fragte, was ge-
ſchehen ſei, da bekam ich zuerſt keine Antwort, als
ich aber nicht nachließ, da geſtand Otto mit vor
Zorn bebender Stimme: Charlotte war wieder nicht
daheim. Tante, was ſoll man davon halten? —
Gleich darauf ſtand er auf und lief wie raſend im
Zimmer umher, dabei murmelte er etwas, das ich
nicht verſtond. Plötzlich blieb er plötzlich vor mir
ſtehen, ballte die Fauſt und rief drohend: „Wenn
ich erſt erfahre, was dahinter ſteckt, — — wenn
ſie mich betrügt, — dann gnade ihr Gott!“ Er
knirſchte mit den Zähnen vor Wut, riß ſeinen Hut
vom Haken und ſtürzte fort.     Fortſ. folgt.


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[2/0002] Marburger Zeitung Nr. 141. 24. November 1910 Politiſche Umſchau. Der Voranſchlag. Bei dem heute erfolgten Wiederzuſammentritt des Abgeordnetenhauſes wurde den Abgeordneten der Entwurf des Finanzgeſetzes für das Jahr 1911 vor- gelegt. Wir entnehmen ihm folgende Schlußziffern: Der Staatsvoranſchlag für 1911 weiſt ein Geſamt- erfordernis von 2.818,196.736 K. und eine Geſamtbedeckung von 2.818,507.772 K. mithin einen Überſchuß von 311.036 K. auf. Dieſer „Überſchuß“ wurde einerſeits durch höhere Steuerumſätze herbeigeführt. So wurden die Einnahmen aus den direkten Steuern um 19·6 Millionen höher veran- ſchlagt u. zw. die Realſteuern um 4·3, die Perſonalſteuern um 15·2 und die Neben- gebühren um 0·1 Millionen Kronen. Bei den Real- ſteuern wurde die Hauszinsſteuer um 4.8 Millionen Kronen höher, dagegen die Grund- ſteuer um 0·45 Millionen Kronen niedriger präliminiert. Bei den Perſonalſteuern ſind höher veranſchlagt die allgemeine Erwerbſteuer um 0·8, die Erwerbſteuer von den zur öffentlichen Rechnungslegung verpflichteten Unternehmungen um 1·8, die Rentenſteuer um 0·8, die Beſoldungsſteuer um 0·7, und die Perſonaleinkommenſteuer um 11·1 Millionen Kronen. Die „Zolleinnahmen“ ſind nach dem Durchſchnittserfolge der letzten drei Jahre um den Betrag von 10,015.000 Kronen höher prälimi- niert, der faſt zur Gänze auf die Eingangs- zölle entſällt. Im Kapitel „Verzehrungsſteuer“ er- geben ſich Mehr einnahmen bei der Zuckerſteuer um 8 Millionen Kronen, der Mineralölſteuer um 0·6 Millionen Kronen, der Wein- und Moſt- ſteuer, bezw. der Fleiſch- und Schlachtvieh- ſteuer um je 0·5 Millionen Kronen, während die Bierſteuer um rund 1 Million Kronen niedriger veranſchlagt werden mußte. Die Einnahmen aus Stempel, Taxen und Ge- bühren werden natürlich gegen das Jahr 1910 eben- falls erhöht veranſchlagt, desgleichen die Fahr- kartenſteuer; dieſe Titel werden insgeſamt um 18,668.800 K. höher veranſchlagt. Das Kapitel Tabak wurde im Voranſchlage um 28 Millionen höher veranſchlagt; aus der für das Jahr 1911 geplanten Verteuerung der Tabakfabri- kate allein erwartet der Finanzminiſter eine Mehr- einnahme von 10 Millionen. In ähnlicher Weiſe geht es bei anderen Kapiteln fort. Das iſt die eine, die poſitive Seite. Anderſeits wurden von den Mi- niſterien gewaltſame Ausgaben droſſelungen vorgenommen, d. h. es werden berechtigte Volks- wünſche nicht erfüllt. Auf dieſe Weiſe gelangte man bei dem Milliardenvoranſchlage zu einem „Überſchuß“ von verhältnismäßig wenigen Kronen. Es iſt in der Zeit, da der Staat ſelbſt als Ver- teuerer auftritt, tür die minder- oder gar nicht be- mittelten Bevölkrrungsſchichten wahrlich keine Luſt zu leben ... Parlament und Teuerung. Heute gegen Mittag trat das Parlament wieder zuſammen — hoffnungslos ſteht die Bevölkerung dieſem anderwärts erregenden Ereigniſſe gegenüber. Ein Wiener Blatt ſchrieb geſtern über die Parlaments- eröffnung u. a.: Der Wähler, der ſteuerbeladen in dieſen böſen Zeiten ſein Leben fortſchleppen muß, fragt ſeufzend: Was hat der gewöhnliche Bürger, den die Sorge um Frau und Kinder drückt, von beiden Häuſern des Parlaments zu erwarten? Denn der Kampf um die Erhaltung iſt bedenklich ſchwer geworden. Die organiſierten Stände überwälzen ihre Laſten auf das mittlere Unternehmungskapital, und dieſes bricht zuſammen, weil es von oben durch die großen Maſſenunternehmungen bedrängt wird und weil von unten die Anſprüche wachſen und die Hilfsquellen des Staates, der jeden Fehlbetrag aus ſeinen Monopolen, Betrieben und Abgaben heraus- preßt, nicht zur Verfügung ſind. Glauben die Ab- geordneten wirklich, daß die Menſchen in Wien oder in Öſterreich davon ſprechen, wer Miniſter iſt und wer Miniſter ſein wird? Kehren die Mit- glieder der beiden Häuſer des Parlaments wieder in der Täuſchung zurück, daß ſich in der Gemüts- verfaſſung der Millionen nichts geändert habe und daß der Ekel vor den Zuſtänden im Juli, die eine Schande für die Monarchie waren, nicht bereits bis zum Halſe geſtiegen ſei? Wer ein bißchen hin- horcht auf die Geſpräche im Publikum, hört nur Berichte über das Ringen und Raufen bei der Überwälzung der Preiſe. Was geſchieht jedoch mit denen, die zuletzt übrig bleiben und die nicht mehr abſchieben können? Lohn und Ge- halt ſtrecken die Hand aus gegen den Unternehmer, der Hausherr, der drei- und vierfach verſtockte Haus- herr, wie Neſtroy ſagt, trifft den Mieter, der Ge- hilfe den Meiſter, der Landwirt den Verbraucher, der Warenerzeuger den Kunden, und ſo geht es fort. Während ringsumher das Unbehagen ſich verbreitet und die Gefahr beklemmend wird, ſitzen die parla- mentariſchen Archimedes und drehen ihre Zirkel im Sand und murmeln die alte Poſtille: Wird das proviſoriſche Budget erledigt werden? Die Zeremonie mit dem proviſoriſchen Budget iſt für das Volk ſo gleichgiltig wie ein Fidibus, mit dem die Pfeife an- gezündet wird. Früher waren die Budgets eine Quelle der Arbeit und des Verdienſtes; jetzt muß der Staat die Beſtellungen abknabbern und ſeine wirtſchaftliche und finanzielle Politik macht ihn zum ſchärfſten Preisbedränger. Er ſchraubt in die Höhe, was er nur ſchrauben darf, und läßt andere preſſen, wie die Geſchichte des Bierzuſchlags lehrt. Sollte der Reichsrat jetzt wirklich nichts im Kopfe haben als das Spiel zwiſchen Miniſterbank und Abgeordneten- bank? Die Abgeordneten müſſen ſich über den Kaſtengeiſt erheben. Der Krach des Wohlfahrts- ſtaates, der immer mehr zum Fiskus zuſammen- ſchrumpft, verbreitet Unglück im Lande. Das Volk hat die ernſte Bitte: Genug mit den Odigkeiten der parlamentariſchen Taktik und Technik. Die einzige Politik, für die das Volk jetzt Herz und Sinn hat, iſt die Nahrungspolitik — aber nicht eine übertriebene Großmacht- und Hausmachtpolitik, fügen wir noch bei. Aus Oberſteier. Aus Rottenmann erhalten wir einen längeren Verſammlungsbericht. welchem wir folgen- des entnehmen: Am 20. d. fand hier im Hotel „Tirolerhof“ eine Verſammlung des Alldeutſchen Vereines für die Oſtmark ſtatt, in welcher die Herren Reichsratsabgeordneter Vinzenz Malik über die Landtagsobſtruktion der Slovenen und ihre po- litiſchen Ziele, und Rechtsawalt Dr. Fritz Wanek aus Wien über die deutſchnationale Politik im Volkshauſe ſprachen. Herr Fritz Oraſch (Rotten- mann) eröffnete die Verſammlung, begrüßte die Erſchienenen, beſonders die beiden Herren Redner und die Herren aus Leoben und Graz. Dr. Wanek ſchloß als erſter Redner ſeine glänzenden Darlegungen unter großem Beifall ſämt- licher Anweſenden. Als zweiter Redner trat Herr Reichsratsabgeordneter Vinzenz Malik auf, der in ausführlicher Rede die wirtſchaftlichen Schäden der ſloveniſchen Obſtruktion im ſteiriſchen Landtage behandelt hat. Außerdem beſprach Herr Malik in mehr als eineinhalbſtündiger Rede die Gefahren, die uns durch das Vordrängen der Slaven auf, allen Gebieten drohen. Um dieſen Gefahren wirkſam zu begegnen, fordert auch er zum Zuſammenſchluß aller ehrlich und redlich denkenden Deutſchen auf empfiehlt, bei der nächſten Reichsratswahl Herrn Dr. Wanek als Abgeordneten zu wählen, was von allen Anweſenden freundlichſt begrüßt wird. Die Verſammlung nahm hierauf einſtimmig folgende Entſchließung an: „Die am 20. November in Rottenmann tagende alldeutſche Verſammlung ſpricht ihre vollſte Zuſtimmung zu den Darlegungen der Redner Abg. Malik und Dr. Wanek aus. Insbeſondere iſt die Verſammlung im Sinne unentwegter deutſcher Gemeinbürgſchaſt darin einig, daß die deutſchen Alpenländer in ihrem völkiſchen Gewiſſen von den böhmiſchen Ausgleichsverhandlungen auf das tiefſte berührt werden. Denn was von den Deutſchen in Böhmen eine ſogenannte deutſchfreundliche Regierung erlangen will, kann ſie in abſehbarer Zukunft auch von den Deutſchen in Steiermark fordern. Die Ver- ſammlung ſieht eine tiefgreifende Förderung der ſlaviſch-klerikalen Staatspolitik in dem von deutſchen Regierungspolitikern wider alle Verſprechungen ge- planten Abgehen von dem Gemeinbürgſchaftsantrage Frengl, der die Mindeſtforderungen der Deutſch- böhmen enthält, ohne deren Erfüllung es keine böhmiſchen Landtage geben ſollte. Wozu man bei dieſem Ausgehen gelangte, das iſt nichts anderes als die Stremayer’ſche Sprachenverordnung und die Badeni’ſche Sprachenvorlage. In Eger am be- rühmten Volkstag hat man dieſe Anſchläge als Rechtsbruch bezeichnet, deſſen rückſichtsloſe Be- kämpfung man mit erhobener Hand beſchwor. Umſo unbegreiflicher muß es den Deutſchen der Alpen- länder erſcheinen, daß man jetzt dem verkappten Wie bereute ſie im nächſten Augenblick, von der Sache geſprochen zu haben; denn Grete war tief erblaßt, ſie ſchien noch immer nicht ohne Erregung an das Geld denken zu können, von dem der Vater keinen Pfennig herausgegeben hatte. Es fragte ihn auch niemand darnach. Grete lehnte müde und abgeſpannt in der Sofa- ecke und die Mutter betrachtete ſie mit beſorgten Blicken. Sie war froh, als draußen Schritte ver- nehmbar wurden und gleich darauf Lieſe, gefolgt von Tante Lina, ins Zimmer trat. Das brachte Grete auf andere Gedanken. Das Mädchen richtete ſich denn auch ſofort in die Höhe und ſah den An- kommenden freundlich lächelnd eutgegen. „Iſt das eine angenehme Überraſchung, daß du noch zu uns kommſt, Tante Lina“, ſagte ſie in heiterem Ton und auch Frau Sommer nickte der Jugendfreundin zu und reichte ihr herzlich die Hand. „Lieſe wollte nicht länger mehr bei mir bleiben“, begann Tante Lina halb entſchuldigend, „ſo ent- ſchloß ich mich, noch auf ein Stündchen zu Euch zu kommen; denn allein bleiben wollte ich nicht, ich muß jemand haben, mit dem ich mich über meine bangen Beſorgniſſe ausſprechen kann, Mein Gott, wenn ich nur wüßte, wie alles enden ſoll, ich habe eine Angſt in mir, eine Angſt vor der Zukunft!“ Frau Sommer blickte fragend auf die Freundin, und dieſe fuhr ſeufzend fort: „Seit Ottos Ver- lobung habe ich faſt keine Nacht mehr ruhig ge- ſchlafen. Die Sorge um ihn läßt mich nicht los. Ich habe ihn lieb, wie mein eigenes Kind und die Befürchtung, daß er unglücklich werden wird, kann ich nicht abſchütteln. Ich habe ſeine Braut genau beobachtet und bin zu der Überzeugung gelangt, daß ſie ihn nur genommen, weil ſie weiß, daß er einſt mein ganzes Vermögen erben wird. Und der dumme Junge will auf keine Vorſtellung hören, läßt ſich durch nichts überzeugen. Was habe ich nicht ſchon verſucht, ihm klar zu machen, daß Charlotte Walter ein herzloſes, kokettes Geſchöpf iſt, — umſonſt, es hilft alles nichts, Aber vielleicht kommt er doch noch zur Einſicht. Wenn es dann nur nicht zu ſpät iſt. Ich habe ſogar erfahren, daß ſie ſich genau er- kundigte, wie hoch ſich mein Vermögen beläuft und ich bin feſt überzeugt, wenn ein anderer kommt, der ihr mehr zu bieten hat, läßt ſie den armen Otto laufen. Aber es geſchähe ihm ſchon recht, — warum hört er nicht auf mich. Alles läßt er ſich von ihr gefallen, weil er wie blind in ſie verliebt iſt; aber ſie verdient doch ſeine treue Liebe gar nicht; denn wie ſie es in der letzten Zeit treibt, das ſetzt allem die Krone auf. Schon dreimal war Otto nun bei ihr, um ſie zu einem Sparziergang abzuholen und jedesmal war ſie nicht zu Hauſe. Iſt das ein Be- nehmen von einer Braut? Otto drängt nun mit der Hochzeit, aber Charlotte hat keine Eile damit“. „Aber was ſagt denn ihre Mutter zu alledem?“ warf Frau Sommer ein. „Ach die“, machte Tante Lina verächtlich, „die iſt nicht beſſer als ihre Tochter. Sie zuckt immer nur bedauernd die Achſeln und ſagt, Charlotte ſei ausgegangen, um Beſorgungen zu machen. Das Mädchen habe ſehr viel Kopfweh und müßte an die friſche Luft. Ja, proſt Mahlzeit, dahinter ſteckt ſicher etwas anders. Aber der dumme Junge will ja an nichts glauben. Und doch ſehe ich es ihm an, wie es ihm wurmt, er iſt ſchon ganz blaß und ſchmal geworden bei der Geſchichte. Was war er früher für ein luſtiger, heiterer Geſellſchafter. Wenn wir des Abends beiſammen ſaßen, ging die Unterhaltung nicht aus. Nun ſitzt er oft da und ſpricht kein Wort, es iſt nicht mehr zum aushalten.“ „Ich merke es“, fuhr die Tante fort, „die Geſchichte geht ihm im Kopfe herum, wenn er es auch leugnet. Aber was ſoll ich machen? Heute nun iſt es das drittemal, daß Charlotte nicht zu Hauſe war. Vorhin kam Otto mit allen Zeichen einer großen Erregung heim und warf ſich auf das Sofa, daß es in allen Fugen krachte. Ich meinte, es müßte zerbrechen. Und als ich fragte, was ge- ſchehen ſei, da bekam ich zuerſt keine Antwort, als ich aber nicht nachließ, da geſtand Otto mit vor Zorn bebender Stimme: Charlotte war wieder nicht daheim. Tante, was ſoll man davon halten? — Gleich darauf ſtand er auf und lief wie raſend im Zimmer umher, dabei murmelte er etwas, das ich nicht verſtond. Plötzlich blieb er plötzlich vor mir ſtehen, ballte die Fauſt und rief drohend: „Wenn ich erſt erfahre, was dahinter ſteckt, — — wenn ſie mich betrügt, — dann gnade ihr Gott!“ Er knirſchte mit den Zähnen vor Wut, riß ſeinen Hut vom Haken und ſtürzte fort. Fortſ. folgt.

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Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z)

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Zitationshilfe: Marburger Zeitung. Nr. 141, Marburg, 24.11.1910, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_marburger141_1910/2>, abgerufen am 26.04.2024.