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Mainzer Journal. Nr. 267. Mainz, 10. November 1849.

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[Beginn Spaltensatz] Schutz nehmen werde und empfahl zu diesem Zwecke vor-
nehmlich die größte Pünktlichkeit und Raschheit bei Erledigung
der Amtsgeschäfte.

Auch von der Stimmung des Volkes scheint sich Louis Napo-
leon persönlich überzeugen zu wollen. Vorgestern Abend hat er in
Begleitung zweier Ordonnanzoffiziere einen langen Spaziergang
über die Boulevards und in den volkreichsten Stadtvierteln ge-
macht. Jn einen weiten Mantel gehüllt, ward er nur von Weni-
gen erkannt, die sein Jncognito respectirten. Die Bildung einer
rein bonapartistischen Fraction unter Leitung von vier Generalen
aus der Zeit des Kaiserreiches wird mit Bestimmtheit gemeldet;
sie soll schon 140 Mitglieder zählen. Es heißt, Louis Napoleon
wolle viele Einrichtungen des Kaiserreiches wieder herstellen. Ein
radicales Organ erzahlt, der Präsident habe nach der neulichen
Revue zu Versailles alle Offiziere reichlich mit Champagner trac-
tirt und den Soldaten jedes Regimentes 50 Fr. zum Ankaufe von
Wein geschenkt; dies erscheine um so auffallender, da die Geld-
noth des Elysee [unleserliches Material - 7 Zeichen fehlen]bekannt sey.

Ein demokratisches Blatt versichert, daß gegenwärtig die 45
Casernen von Paris, die Barracken der sechs Lager, die Forts
und die Casernen des Weichbildes mit Truppen vollgepropft seyen;
schon schlage man die hiesige Truppenzahl auf 100,000 an und
noch täglich vermehre sie sich durch neue Zuzüge.

Ein sehr bekannter politischer Schriftsteller kehrte unlängst
von Berlin nach Paris zurück. Er hatte dort den berühmten
Alexander von Humboldt gesehen. "Mein Herr, sagte dieser zu
ihm, machen Sie, daß es Jhrem Vaterlande gut geht. Wenn
Frankreich den Schnupfen hat, muß ganz Europa nießen." --
5% 88. 20. -- 3% 55. 85. -- Bankactien 2325 -- 2330.

Belgien.

Brüssel 2. November. ( N. M. Z. ) Bei der feierlichen Wie-
dereröffnung der akademischen Lehrcurse an der Universität zu
Lüttich am letzten Montage trug der austretende Rector, der jedoch
kraft des neuen Unterrichtsgesetzes diese Stelle noch weitere drei
Jahre bekleiden wird, Herr Borgnet eine Abhandlung vor, die
auch außerhalb Belgiens selbst lebhaftes Jnteresse erregen muß.
Als Thema hatte sich Herr Borgnet die Beantwortung der Frage
gestellt: " Welches sind die Ursachen der ruhigen
Haltung, welche Belgien seit zwei Jahren in
Mitten der allgemeinen Bedrängniß zu bewahren
wußte, welche fast ganz Europa heimgesucht hat?
"
Jch kann hier natürlich nur die Grundgedanken des Redners in
einem engen Rahmen zusammenfassen; aber diese verdienen jeden-
falls auch in Deutschland Beachtung. Allerdings hat ohne Zwei-
fel der praktische Sinn und Verstand, welche nächst den Englän-
dern die Belgier vorzugsweise auszeichnen, die Liebe zur Gesetz-
lichkeit, die erlangte Erkenntniß von der Güte und Vortrefflichkeit
der constitutionell=monarchischen Jnstitutionen des Landes sehr viel
zu dem weisen, wohl bemessenen, gemäßigten Verhalten mitge-
wirkt, welches dieses Land bethätigt hat. Allein es lassen sich
außerdem noch tiefere Gründe für die von Belgien in der jüngsten
Zeit bewiesene Haltung auffinden. Man darf nur zu diesem Ende
in die geschichtliche Vergangenheit des Landes zurückgehen und
etwas näher sich besehen, wie die territoriale und politische Ein-
heit Belgiens sich entwickelt hat. Man wird da sogleich sehen,
wie sehr darin Belgien einen von dem Frankreichs verschiedenen
Weg gegangen ist. Jn Frankreich läuft die Einheit auf die abso-
lute Monarchie und eine Alles unterdrückende Centralisation hin-
aus, die jedes locale Leben erdrückt und vernichtet; in Belgien
dagegen ist diese Einheit gezwungen, achtungsvoll stehen zu blei-
ben vor den Provinzial= und Gemeindeinstitutionen, welche die
beiden großen, altehrwürdigen, in Saft und Mark des Volkes
verwachsenen Elemente seines politischen Lebens ausmachen.
Darin liegt einer der Hauptgründe der großen Verschiedenheit
zwischen den beiden Ländern. Jn Frankreich hat die absolute
Centralisation das Land allerdings stark gemacht gegenüber von
Gefahren, die von Außen drohen; in der That aber hat sie die
Regierung geschwächt, indem sie derselben jeden Stützpunkt gegen
den übertriebenen Einfluß der Hauptstadt entzog. Dem ist nicht
so in Belgien. Die Centralisation besteht nur in politischer Be-
ziehung in Belgien, nur in solcher hat es sie zugelassen; in admi-
nistrativer Beziehung hat es sie stets zurückgewiesen. Jn Belgien
hat jede Provinz, jede Stadt, jede Gemeinde so zu sagen, ihr
eigenthümliches Leben, ihre Bedeutung im Staate, und in ihnen
sind der Regierung Elemente des Widerstandes gegen jede Ueber-
raschung geboten wie gegen jede übertriebene Richtung, von wel-
cher der gesunde Sinn des Volkes nichts wissen will. Diese seine
Gedanken hat Herr Borgnet weiter und ausführlicher entwickelt
und seine Behauptungen durch zahlreiche geschichtliche Thatsachen
[Spaltenumbruch] bekräftigt. Mir ist, als ich seine Rede las, unwillkürlich der Ver-
gleich mit und die Nutzanwendung auf Deutschland gekommen.
Wenn Belgien seine Ruhe, seinen Frieden, sein Glück vorzugs-
weise der Erhaltung der Eigenthümlichkeiten und dem ungestörten
Entwickelungsgange seiner verschiedenen, in den Grundelementen,
aus denen es zusammengesetzt ist, auch in mehr als einer Bezie-
hung verschiedenen Provinzen zu verdanken hat; wenn wir ande-
rerseits sehen, welch unermeßliches Unheil die Nichtbeachtung die-
ser Eigenthümlichkeit in Frankreich, wo sie nicht minder, ja noch
mehr nothwendig gewesen wäre, gebracht hat, so sollte man es
erstaunlich finden, daß man in Deutschland, trotz aller Erfahrun-
gen und trotz aller Lehren, welche uns beide genannten Länder an
die Hand geben, doch die Augen verschließt und auf eine Centra-
lisation hinarbeitet, welche nicht minder traurige Folgen bringen
wird, als sie für Frankreich bereits gebracht hat, und wenn man
von diesem Wege nicht bald abgeht, voraussichtlich in noch aus-
gedehnterem Maßstabe noch in Zukunft bringen wird. Wahrlich,
wenn man sieht, wie Gagern und die Männer von Gotha über-
haupt mit ihren Freunden und Gleichgesinnten heute noch auf den
Einheitsstaat als aus ihr Jdol in Deutschland hinarbeiten, wie
sie glauben mit einem Federzuge so zu sagen alle Stammeseigen-
tbümlichkeiten in den mannigfachen Elementen, welche die deutsche
Nation bilden, nach Belieben und ihrer Doctrin zu Liebe verwi-
schen zu können, ohne daß man bei ihnen auch nur einen Schatten
von Erkenniß des namenlosen Unheiles bemerkte, das über die
Gesammtheit wie über die einzelnen Theile Deutschlands gebracht
würde, wenn es je möglich wäre, die Bestrebungen dieser Partei
zur Verwirklichung zu bringen, so möchte man im gerechten
Schmerze und in düsterer Vorahnung des Geschickes, das Deutsch-
land in diesem Falle vorbehalten wäre, ausrufen: Armes Deutsch-
land! deine eigenen Söhne, die du sonst unter die besten deines
so herrlichen Volkes zählen zu dürfen meintest, sie graben dir selbst
das Grab, aus dem sie vorgeblich dich zu retten bemüht sind!
[ Das ist Alles recht gut und schön, nur hat die Neue Münchener
Zeitung das Eine anzuführen vergessen, das wir hier nachtragen
wollen: Die Belgier sind ein sittliches und religiöses Volk und
das ist der Hauptgrund ihrer ruhigen und conservativen Haltung.
Anderwärts bestehen auch noch Stammeseigenthümlichkeiten und
Municipalfreiheiten, und doch -- wie ist seit Jahr und Tag ge-
haust worden! ]



Handelsberichte.

*** Mainz 9. November. Da für Rübol noch viel Bedarf be-
steht, die Anfuhren aber nichts weniger als zugenommen haben, so be-
haupten sich die Preise für effect. Waare nicht nur hoch, sondern sie
haben sogar eine weitere Besserung erfahren. Man bezahlt für die
280 l. G. Rthlr. 47 für die 290 l. G. Rthlr. 48. -- Pro Mai
wäre Rthlr.44 1 / 2 zu lösen, allein es sehlt dazu trotz des schönen
Standes der Repsfelder an Abgebern. -- Leinöl bleibt theuer und kostet
Rthlr. 41. -- Mohnöl abermals höher gehalten und unter fl. 27. pro
50 Kilog. nicht anzuschaffen.

Obgleich fortwährend Versendungen von Waizen nach Köln und
Holland stattfinden, so ist solcher doch im Laufe dieser Woche nicht un-
bedeutend zurückgegangen, und kann man neuen Franken a fl.7 1 / 2,
nassauer Rothwaizen a fl. 7. 35 kr., pfälzer a fl 7. 25 kr. pro Netto 100
Kilog. kaufen; gutlieferbarer pro März fl. 7 55 kr. Korn ohne Handel,
und altes a fl. 5, neues a fl.5 1 / 4 erhältlich. Gerste fl.5 1 / 3 pro Netto
100 Kilog. Hafer fl.5 1 / 2 gleiche Condit. -- Rother Kleesamen etwas
mehr gefragt und für 1846 fl. 19., für 1848 fl.19 1 / 2 pro 50 Kilog. zu
lösen. -- Zwetschen fl.7 1 / 4 pro 50 Kilog.

^ Rotterdam 6. November. Das Geschäft in Waizen war im
Laufe der vorigen Woche nichts weniger als bedeutend, und ging na-
mentlich für den Export nur sehr wenig um. -- Doch bezahlte man
noch für 126 -- 127 neuer Oberrhein. fl. 215 und für 133
neuer Cleve fl. 230 E., indessen gestern diese Preise nicht mehr zu lösen
waren, und besonders neuer Rhein. billiger abgegeben werden mußte;
131 jähriger Rhein. fl. 250. -- Roggen ist gut preishaltend, und
zum Versande in unsere Provinz etwas mehr gefragt; 124 neuer
Rhein. hat man a fl. 133 -- fl. 137, 119 jährigen a fl. 128 genom-
men. -- Gerste ohne besondere Veränderung, gedörrte jedoch etwas ange-
nehmer.

Jn der freilich irrigen Hoffnung auf Zufuhren von neuer Waare
kann man sich noch nicht entschließen, jährigen rothen Kleesaamen zu
kaufen, daher das Geschäft darin noch ganz ruhig ist, doch steht zu er-
warten, daß es sich damit bald bessern wird. -- Kohlsaat etwas [unleserliches Material - 4 Zeichen fehlen]mat-
ter; ordin. Overmaas L. 67. Sommersaat L. 53 -- 55. -- Rüböl
cont. fl. 46, Leinöl fl.34 1 / 2.



Mainzer Stadttheater.

Sonntag den 11. November 1849:
Die Stumme von Portici.
Große Oper in 5 Acten von Scribe, Musik von Auber.

    Elvira -- Fräulein Rummel,
    Alphons -- Herr Gräfenberg, -- als Gäste.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

[Beginn Spaltensatz] Schutz nehmen werde und empfahl zu diesem Zwecke vor-
nehmlich die größte Pünktlichkeit und Raschheit bei Erledigung
der Amtsgeschäfte.

Auch von der Stimmung des Volkes scheint sich Louis Napo-
leon persönlich überzeugen zu wollen. Vorgestern Abend hat er in
Begleitung zweier Ordonnanzoffiziere einen langen Spaziergang
über die Boulevards und in den volkreichsten Stadtvierteln ge-
macht. Jn einen weiten Mantel gehüllt, ward er nur von Weni-
gen erkannt, die sein Jncognito respectirten. Die Bildung einer
rein bonapartistischen Fraction unter Leitung von vier Generalen
aus der Zeit des Kaiserreiches wird mit Bestimmtheit gemeldet;
sie soll schon 140 Mitglieder zählen. Es heißt, Louis Napoleon
wolle viele Einrichtungen des Kaiserreiches wieder herstellen. Ein
radicales Organ erzahlt, der Präsident habe nach der neulichen
Revue zu Versailles alle Offiziere reichlich mit Champagner trac-
tirt und den Soldaten jedes Regimentes 50 Fr. zum Ankaufe von
Wein geschenkt; dies erscheine um so auffallender, da die Geld-
noth des Elysee [unleserliches Material – 7 Zeichen fehlen]bekannt sey.

Ein demokratisches Blatt versichert, daß gegenwärtig die 45
Casernen von Paris, die Barracken der sechs Lager, die Forts
und die Casernen des Weichbildes mit Truppen vollgepropft seyen;
schon schlage man die hiesige Truppenzahl auf 100,000 an und
noch täglich vermehre sie sich durch neue Zuzüge.

Ein sehr bekannter politischer Schriftsteller kehrte unlängst
von Berlin nach Paris zurück. Er hatte dort den berühmten
Alexander von Humboldt gesehen. „Mein Herr, sagte dieser zu
ihm, machen Sie, daß es Jhrem Vaterlande gut geht. Wenn
Frankreich den Schnupfen hat, muß ganz Europa nießen.“ —
5% 88. 20. — 3% 55. 85. — Bankactien 2325 — 2330.

Belgien.

Brüssel 2. November. ( N. M. Z. ) Bei der feierlichen Wie-
dereröffnung der akademischen Lehrcurse an der Universität zu
Lüttich am letzten Montage trug der austretende Rector, der jedoch
kraft des neuen Unterrichtsgesetzes diese Stelle noch weitere drei
Jahre bekleiden wird, Herr Borgnet eine Abhandlung vor, die
auch außerhalb Belgiens selbst lebhaftes Jnteresse erregen muß.
Als Thema hatte sich Herr Borgnet die Beantwortung der Frage
gestellt: „ Welches sind die Ursachen der ruhigen
Haltung, welche Belgien seit zwei Jahren in
Mitten der allgemeinen Bedrängniß zu bewahren
wußte, welche fast ganz Europa heimgesucht hat?

Jch kann hier natürlich nur die Grundgedanken des Redners in
einem engen Rahmen zusammenfassen; aber diese verdienen jeden-
falls auch in Deutschland Beachtung. Allerdings hat ohne Zwei-
fel der praktische Sinn und Verstand, welche nächst den Englän-
dern die Belgier vorzugsweise auszeichnen, die Liebe zur Gesetz-
lichkeit, die erlangte Erkenntniß von der Güte und Vortrefflichkeit
der constitutionell=monarchischen Jnstitutionen des Landes sehr viel
zu dem weisen, wohl bemessenen, gemäßigten Verhalten mitge-
wirkt, welches dieses Land bethätigt hat. Allein es lassen sich
außerdem noch tiefere Gründe für die von Belgien in der jüngsten
Zeit bewiesene Haltung auffinden. Man darf nur zu diesem Ende
in die geschichtliche Vergangenheit des Landes zurückgehen und
etwas näher sich besehen, wie die territoriale und politische Ein-
heit Belgiens sich entwickelt hat. Man wird da sogleich sehen,
wie sehr darin Belgien einen von dem Frankreichs verschiedenen
Weg gegangen ist. Jn Frankreich läuft die Einheit auf die abso-
lute Monarchie und eine Alles unterdrückende Centralisation hin-
aus, die jedes locale Leben erdrückt und vernichtet; in Belgien
dagegen ist diese Einheit gezwungen, achtungsvoll stehen zu blei-
ben vor den Provinzial= und Gemeindeinstitutionen, welche die
beiden großen, altehrwürdigen, in Saft und Mark des Volkes
verwachsenen Elemente seines politischen Lebens ausmachen.
Darin liegt einer der Hauptgründe der großen Verschiedenheit
zwischen den beiden Ländern. Jn Frankreich hat die absolute
Centralisation das Land allerdings stark gemacht gegenüber von
Gefahren, die von Außen drohen; in der That aber hat sie die
Regierung geschwächt, indem sie derselben jeden Stützpunkt gegen
den übertriebenen Einfluß der Hauptstadt entzog. Dem ist nicht
so in Belgien. Die Centralisation besteht nur in politischer Be-
ziehung in Belgien, nur in solcher hat es sie zugelassen; in admi-
nistrativer Beziehung hat es sie stets zurückgewiesen. Jn Belgien
hat jede Provinz, jede Stadt, jede Gemeinde so zu sagen, ihr
eigenthümliches Leben, ihre Bedeutung im Staate, und in ihnen
sind der Regierung Elemente des Widerstandes gegen jede Ueber-
raschung geboten wie gegen jede übertriebene Richtung, von wel-
cher der gesunde Sinn des Volkes nichts wissen will. Diese seine
Gedanken hat Herr Borgnet weiter und ausführlicher entwickelt
und seine Behauptungen durch zahlreiche geschichtliche Thatsachen
[Spaltenumbruch] bekräftigt. Mir ist, als ich seine Rede las, unwillkürlich der Ver-
gleich mit und die Nutzanwendung auf Deutschland gekommen.
Wenn Belgien seine Ruhe, seinen Frieden, sein Glück vorzugs-
weise der Erhaltung der Eigenthümlichkeiten und dem ungestörten
Entwickelungsgange seiner verschiedenen, in den Grundelementen,
aus denen es zusammengesetzt ist, auch in mehr als einer Bezie-
hung verschiedenen Provinzen zu verdanken hat; wenn wir ande-
rerseits sehen, welch unermeßliches Unheil die Nichtbeachtung die-
ser Eigenthümlichkeit in Frankreich, wo sie nicht minder, ja noch
mehr nothwendig gewesen wäre, gebracht hat, so sollte man es
erstaunlich finden, daß man in Deutschland, trotz aller Erfahrun-
gen und trotz aller Lehren, welche uns beide genannten Länder an
die Hand geben, doch die Augen verschließt und auf eine Centra-
lisation hinarbeitet, welche nicht minder traurige Folgen bringen
wird, als sie für Frankreich bereits gebracht hat, und wenn man
von diesem Wege nicht bald abgeht, voraussichtlich in noch aus-
gedehnterem Maßstabe noch in Zukunft bringen wird. Wahrlich,
wenn man sieht, wie Gagern und die Männer von Gotha über-
haupt mit ihren Freunden und Gleichgesinnten heute noch auf den
Einheitsstaat als aus ihr Jdol in Deutschland hinarbeiten, wie
sie glauben mit einem Federzuge so zu sagen alle Stammeseigen-
tbümlichkeiten in den mannigfachen Elementen, welche die deutsche
Nation bilden, nach Belieben und ihrer Doctrin zu Liebe verwi-
schen zu können, ohne daß man bei ihnen auch nur einen Schatten
von Erkenniß des namenlosen Unheiles bemerkte, das über die
Gesammtheit wie über die einzelnen Theile Deutschlands gebracht
würde, wenn es je möglich wäre, die Bestrebungen dieser Partei
zur Verwirklichung zu bringen, so möchte man im gerechten
Schmerze und in düsterer Vorahnung des Geschickes, das Deutsch-
land in diesem Falle vorbehalten wäre, ausrufen: Armes Deutsch-
land! deine eigenen Söhne, die du sonst unter die besten deines
so herrlichen Volkes zählen zu dürfen meintest, sie graben dir selbst
das Grab, aus dem sie vorgeblich dich zu retten bemüht sind!
[ Das ist Alles recht gut und schön, nur hat die Neue Münchener
Zeitung das Eine anzuführen vergessen, das wir hier nachtragen
wollen: Die Belgier sind ein sittliches und religiöses Volk und
das ist der Hauptgrund ihrer ruhigen und conservativen Haltung.
Anderwärts bestehen auch noch Stammeseigenthümlichkeiten und
Municipalfreiheiten, und doch — wie ist seit Jahr und Tag ge-
haust worden! ]



Handelsberichte.

*** Mainz 9. November. Da für Rübol noch viel Bedarf be-
steht, die Anfuhren aber nichts weniger als zugenommen haben, so be-
haupten sich die Preise für effect. Waare nicht nur hoch, sondern sie
haben sogar eine weitere Besserung erfahren. Man bezahlt für die
280 l. G. Rthlr. 47 für die 290 l. G. Rthlr. 48. — Pro Mai
wäre Rthlr.44 1 / 2 zu lösen, allein es sehlt dazu trotz des schönen
Standes der Repsfelder an Abgebern. — Leinöl bleibt theuer und kostet
Rthlr. 41. — Mohnöl abermals höher gehalten und unter fl. 27. pro
50 Kilog. nicht anzuschaffen.

Obgleich fortwährend Versendungen von Waizen nach Köln und
Holland stattfinden, so ist solcher doch im Laufe dieser Woche nicht un-
bedeutend zurückgegangen, und kann man neuen Franken à fl.7 1 / 2,
nassauer Rothwaizen à fl. 7. 35 kr., pfälzer à fl 7. 25 kr. pro Netto 100
Kilog. kaufen; gutlieferbarer pro März fl. 7 55 kr. Korn ohne Handel,
und altes à fl. 5, neues à fl.5 1 / 4 erhältlich. Gerste fl.5 1 / 3 pro Netto
100 Kilog. Hafer fl.5 1 / 2 gleiche Condit. — Rother Kleesamen etwas
mehr gefragt und für 1846 fl. 19., für 1848 fl.19 1 / 2 pro 50 Kilog. zu
lösen. — Zwetschen fl.7 1 / 4 pro 50 Kilog.

△ Rotterdam 6. November. Das Geschäft in Waizen war im
Laufe der vorigen Woche nichts weniger als bedeutend, und ging na-
mentlich für den Export nur sehr wenig um. — Doch bezahlte man
noch für 126 — 127 neuer Oberrhein. fl. 215 und für 133
neuer Cleve fl. 230 E., indessen gestern diese Preise nicht mehr zu lösen
waren, und besonders neuer Rhein. billiger abgegeben werden mußte;
131 jähriger Rhein. fl. 250. — Roggen ist gut preishaltend, und
zum Versande in unsere Provinz etwas mehr gefragt; 124 neuer
Rhein. hat man à fl. 133 — fl. 137, 119 jährigen à fl. 128 genom-
men. — Gerste ohne besondere Veränderung, gedörrte jedoch etwas ange-
nehmer.

Jn der freilich irrigen Hoffnung auf Zufuhren von neuer Waare
kann man sich noch nicht entschließen, jährigen rothen Kleesaamen zu
kaufen, daher das Geschäft darin noch ganz ruhig ist, doch steht zu er-
warten, daß es sich damit bald bessern wird. — Kohlsaat etwas [unleserliches Material – 4 Zeichen fehlen]mat-
ter; ordin. Overmaas L. 67. Sommersaat L. 53 — 55. — Rüböl
cont. fl. 46, Leinöl fl.34 1 / 2.



Mainzer Stadttheater.

Sonntag den 11. November 1849:
Die Stumme von Portici.
Große Oper in 5 Acten von Scribe, Musik von Auber.

    Elvira — Fräulein Rummel,
    Alphons — Herr Gräfenberg, — als Gäste.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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[0004] Schutz nehmen werde und empfahl zu diesem Zwecke vor- nehmlich die größte Pünktlichkeit und Raschheit bei Erledigung der Amtsgeschäfte. Auch von der Stimmung des Volkes scheint sich Louis Napo- leon persönlich überzeugen zu wollen. Vorgestern Abend hat er in Begleitung zweier Ordonnanzoffiziere einen langen Spaziergang über die Boulevards und in den volkreichsten Stadtvierteln ge- macht. Jn einen weiten Mantel gehüllt, ward er nur von Weni- gen erkannt, die sein Jncognito respectirten. Die Bildung einer rein bonapartistischen Fraction unter Leitung von vier Generalen aus der Zeit des Kaiserreiches wird mit Bestimmtheit gemeldet; sie soll schon 140 Mitglieder zählen. Es heißt, Louis Napoleon wolle viele Einrichtungen des Kaiserreiches wieder herstellen. Ein radicales Organ erzahlt, der Präsident habe nach der neulichen Revue zu Versailles alle Offiziere reichlich mit Champagner trac- tirt und den Soldaten jedes Regimentes 50 Fr. zum Ankaufe von Wein geschenkt; dies erscheine um so auffallender, da die Geld- noth des Elysee _______bekannt sey. Ein demokratisches Blatt versichert, daß gegenwärtig die 45 Casernen von Paris, die Barracken der sechs Lager, die Forts und die Casernen des Weichbildes mit Truppen vollgepropft seyen; schon schlage man die hiesige Truppenzahl auf 100,000 an und noch täglich vermehre sie sich durch neue Zuzüge. Ein sehr bekannter politischer Schriftsteller kehrte unlängst von Berlin nach Paris zurück. Er hatte dort den berühmten Alexander von Humboldt gesehen. „Mein Herr, sagte dieser zu ihm, machen Sie, daß es Jhrem Vaterlande gut geht. Wenn Frankreich den Schnupfen hat, muß ganz Europa nießen.“ — 5% 88. 20. — 3% 55. 85. — Bankactien 2325 — 2330. Belgien. Brüssel 2. November. ( N. M. Z. ) Bei der feierlichen Wie- dereröffnung der akademischen Lehrcurse an der Universität zu Lüttich am letzten Montage trug der austretende Rector, der jedoch kraft des neuen Unterrichtsgesetzes diese Stelle noch weitere drei Jahre bekleiden wird, Herr Borgnet eine Abhandlung vor, die auch außerhalb Belgiens selbst lebhaftes Jnteresse erregen muß. Als Thema hatte sich Herr Borgnet die Beantwortung der Frage gestellt: „ Welches sind die Ursachen der ruhigen Haltung, welche Belgien seit zwei Jahren in Mitten der allgemeinen Bedrängniß zu bewahren wußte, welche fast ganz Europa heimgesucht hat? “ Jch kann hier natürlich nur die Grundgedanken des Redners in einem engen Rahmen zusammenfassen; aber diese verdienen jeden- falls auch in Deutschland Beachtung. Allerdings hat ohne Zwei- fel der praktische Sinn und Verstand, welche nächst den Englän- dern die Belgier vorzugsweise auszeichnen, die Liebe zur Gesetz- lichkeit, die erlangte Erkenntniß von der Güte und Vortrefflichkeit der constitutionell=monarchischen Jnstitutionen des Landes sehr viel zu dem weisen, wohl bemessenen, gemäßigten Verhalten mitge- wirkt, welches dieses Land bethätigt hat. Allein es lassen sich außerdem noch tiefere Gründe für die von Belgien in der jüngsten Zeit bewiesene Haltung auffinden. Man darf nur zu diesem Ende in die geschichtliche Vergangenheit des Landes zurückgehen und etwas näher sich besehen, wie die territoriale und politische Ein- heit Belgiens sich entwickelt hat. Man wird da sogleich sehen, wie sehr darin Belgien einen von dem Frankreichs verschiedenen Weg gegangen ist. Jn Frankreich läuft die Einheit auf die abso- lute Monarchie und eine Alles unterdrückende Centralisation hin- aus, die jedes locale Leben erdrückt und vernichtet; in Belgien dagegen ist diese Einheit gezwungen, achtungsvoll stehen zu blei- ben vor den Provinzial= und Gemeindeinstitutionen, welche die beiden großen, altehrwürdigen, in Saft und Mark des Volkes verwachsenen Elemente seines politischen Lebens ausmachen. Darin liegt einer der Hauptgründe der großen Verschiedenheit zwischen den beiden Ländern. Jn Frankreich hat die absolute Centralisation das Land allerdings stark gemacht gegenüber von Gefahren, die von Außen drohen; in der That aber hat sie die Regierung geschwächt, indem sie derselben jeden Stützpunkt gegen den übertriebenen Einfluß der Hauptstadt entzog. Dem ist nicht so in Belgien. Die Centralisation besteht nur in politischer Be- ziehung in Belgien, nur in solcher hat es sie zugelassen; in admi- nistrativer Beziehung hat es sie stets zurückgewiesen. Jn Belgien hat jede Provinz, jede Stadt, jede Gemeinde so zu sagen, ihr eigenthümliches Leben, ihre Bedeutung im Staate, und in ihnen sind der Regierung Elemente des Widerstandes gegen jede Ueber- raschung geboten wie gegen jede übertriebene Richtung, von wel- cher der gesunde Sinn des Volkes nichts wissen will. Diese seine Gedanken hat Herr Borgnet weiter und ausführlicher entwickelt und seine Behauptungen durch zahlreiche geschichtliche Thatsachen bekräftigt. Mir ist, als ich seine Rede las, unwillkürlich der Ver- gleich mit und die Nutzanwendung auf Deutschland gekommen. Wenn Belgien seine Ruhe, seinen Frieden, sein Glück vorzugs- weise der Erhaltung der Eigenthümlichkeiten und dem ungestörten Entwickelungsgange seiner verschiedenen, in den Grundelementen, aus denen es zusammengesetzt ist, auch in mehr als einer Bezie- hung verschiedenen Provinzen zu verdanken hat; wenn wir ande- rerseits sehen, welch unermeßliches Unheil die Nichtbeachtung die- ser Eigenthümlichkeit in Frankreich, wo sie nicht minder, ja noch mehr nothwendig gewesen wäre, gebracht hat, so sollte man es erstaunlich finden, daß man in Deutschland, trotz aller Erfahrun- gen und trotz aller Lehren, welche uns beide genannten Länder an die Hand geben, doch die Augen verschließt und auf eine Centra- lisation hinarbeitet, welche nicht minder traurige Folgen bringen wird, als sie für Frankreich bereits gebracht hat, und wenn man von diesem Wege nicht bald abgeht, voraussichtlich in noch aus- gedehnterem Maßstabe noch in Zukunft bringen wird. Wahrlich, wenn man sieht, wie Gagern und die Männer von Gotha über- haupt mit ihren Freunden und Gleichgesinnten heute noch auf den Einheitsstaat als aus ihr Jdol in Deutschland hinarbeiten, wie sie glauben mit einem Federzuge so zu sagen alle Stammeseigen- tbümlichkeiten in den mannigfachen Elementen, welche die deutsche Nation bilden, nach Belieben und ihrer Doctrin zu Liebe verwi- schen zu können, ohne daß man bei ihnen auch nur einen Schatten von Erkenniß des namenlosen Unheiles bemerkte, das über die Gesammtheit wie über die einzelnen Theile Deutschlands gebracht würde, wenn es je möglich wäre, die Bestrebungen dieser Partei zur Verwirklichung zu bringen, so möchte man im gerechten Schmerze und in düsterer Vorahnung des Geschickes, das Deutsch- land in diesem Falle vorbehalten wäre, ausrufen: Armes Deutsch- land! deine eigenen Söhne, die du sonst unter die besten deines so herrlichen Volkes zählen zu dürfen meintest, sie graben dir selbst das Grab, aus dem sie vorgeblich dich zu retten bemüht sind! [ Das ist Alles recht gut und schön, nur hat die Neue Münchener Zeitung das Eine anzuführen vergessen, das wir hier nachtragen wollen: Die Belgier sind ein sittliches und religiöses Volk und das ist der Hauptgrund ihrer ruhigen und conservativen Haltung. Anderwärts bestehen auch noch Stammeseigenthümlichkeiten und Municipalfreiheiten, und doch — wie ist seit Jahr und Tag ge- haust worden! ] Handelsberichte. *** Mainz 9. November. Da für Rübol noch viel Bedarf be- steht, die Anfuhren aber nichts weniger als zugenommen haben, so be- haupten sich die Preise für effect. Waare nicht nur hoch, sondern sie haben sogar eine weitere Besserung erfahren. Man bezahlt für die 280 l. G. Rthlr. 47 für die 290 l. G. Rthlr. 48. — Pro Mai wäre Rthlr.44 1 / 2 zu lösen, allein es sehlt dazu trotz des schönen Standes der Repsfelder an Abgebern. — Leinöl bleibt theuer und kostet Rthlr. 41. — Mohnöl abermals höher gehalten und unter fl. 27. pro 50 Kilog. nicht anzuschaffen. Obgleich fortwährend Versendungen von Waizen nach Köln und Holland stattfinden, so ist solcher doch im Laufe dieser Woche nicht un- bedeutend zurückgegangen, und kann man neuen Franken à fl.7 1 / 2, nassauer Rothwaizen à fl. 7. 35 kr., pfälzer à fl 7. 25 kr. pro Netto 100 Kilog. kaufen; gutlieferbarer pro März fl. 7 55 kr. Korn ohne Handel, und altes à fl. 5, neues à fl.5 1 / 4 erhältlich. Gerste fl.5 1 / 3 pro Netto 100 Kilog. Hafer fl.5 1 / 2 gleiche Condit. — Rother Kleesamen etwas mehr gefragt und für 1846 fl. 19., für 1848 fl.19 1 / 2 pro 50 Kilog. zu lösen. — Zwetschen fl.7 1 / 4 pro 50 Kilog. △ Rotterdam 6. November. Das Geschäft in Waizen war im Laufe der vorigen Woche nichts weniger als bedeutend, und ging na- mentlich für den Export nur sehr wenig um. — Doch bezahlte man noch für 126 — 127 neuer Oberrhein. fl. 215 und für 133 neuer Cleve fl. 230 E., indessen gestern diese Preise nicht mehr zu lösen waren, und besonders neuer Rhein. billiger abgegeben werden mußte; 131 jähriger Rhein. fl. 250. — Roggen ist gut preishaltend, und zum Versande in unsere Provinz etwas mehr gefragt; 124 neuer Rhein. hat man à fl. 133 — fl. 137, 119 jährigen à fl. 128 genom- men. — Gerste ohne besondere Veränderung, gedörrte jedoch etwas ange- nehmer. Jn der freilich irrigen Hoffnung auf Zufuhren von neuer Waare kann man sich noch nicht entschließen, jährigen rothen Kleesaamen zu kaufen, daher das Geschäft darin noch ganz ruhig ist, doch steht zu er- warten, daß es sich damit bald bessern wird. — Kohlsaat etwas ____mat- ter; ordin. Overmaas L. 67. Sommersaat L. 53 — 55. — Rüböl cont. fl. 46, Leinöl fl.34 1 / 2. Mainzer Stadttheater. Sonntag den 11. November 1849: Die Stumme von Portici. Große Oper in 5 Acten von Scribe, Musik von Auber. Elvira — Fräulein Rummel, Alphons — Herr Gräfenberg, — als Gäste. Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
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Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 267. Mainz, 10. November 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal267_1849/4>, abgerufen am 24.11.2024.