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Mainzer Journal. Nr. 256. Mainz, 27. Oktober 1849.

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[Beginn Spaltensatz] eine Zierde unserer Ritterschaft, unseres herrlichen, treuen, sieg-
gewohnten Heeres und unseres Namens seyn. Dann wird Dir
diese Feierlichkeit zum Labetrunke auf dem dornenvollen
Pfade
werden, den gewissenhafte Fürsten jederzeit,
am gewissesten aber in dieser Zeit, zu wandeln ha-
den.
Dazu stärke Dich Gott!

# Mainz 29. October. Heute Mittag um 1 Uhr wird Se.
K. H. der Erzherzog Albrecht hierselbst erwartet, um das
Gouvernement der Reichsfestung feierlich zu übernehmen. Wie
man sagt, wird der Erzherzog nur so lange in Mainz verweilen,
bis der neu ernannte k. k. [unleserliches Material - 15 Zeichen fehlen]osterreichische Vieegouverneur, der noch
in Jtalien verweilt, dort eintrifft. Sodann wird Erzherzog
Albrecht sich auf seinen Posten als Commandirender des in Böh-
men aufgestellten Armeekorps begeben. Jn seinem Gefolge be-
finden sich Feldmarschalllieutenant Baron Piret und Rittmeister
v. Gontard.

Neue Cholerafälle sind auch heute nicht zur Anzeige gekom-
men, so daß die Krankheit bei uns als erloschen betrachtet
werden kann.

Frankreich.

Paris 25. October. Jn der heutigen Sitzung der National-
versammlung ist es wieder zu stürmischen Auftritten gekommen.
Nachdem gestern der Cretonsche Antrag auf Wiederzulassung der
Mitglieder der Bourbonschen Familie auf französischen Boden,
d. h. die Aufhebung des Verbotes, welches sie selbst als einfache
Bürger ausschließt, mit 484 gegen 103 Stimmen verworfen wor-
den war, kam der Antrag Napoleon Bonaparte's ( des Sohnes
von Hieronymus ) auf Abschaffung des Deportationsdecretes der
constituirenden Versammlung gegen die nicht abgeurtheilten Juni-
insurgenten an die Reihe. Heute wurde die Erörterung über diesen
Gegenstand fortgesetzt; d. h. eine Erörterung, so weit die Herrschaft
der "Freiheit und Gleichheit" eine solche aufkommen läßt. Denn
gleich zu Anfang der Sitzung wurde der General v. Grammont,
der auf Ausfälle Napoleon Bonaparte's gegen die Legitimisten
antwortete, von der Linken dermaßen überschrieen, daß von[unleserliches Material] dem
tobenden Lärm und dem Getrommel der Falzbeine auf die Bänke
lediglich kein Wort vernehmbar blieb. Der Präsident selbst erklärte,
daß er keine Sylbe zu hören im Stande sey; es war die " Bil-
dung für Alle" in einem glorreichen Strahlenscheine. Jn Betreff
der Amnestirung der Juniinsurgenten erklärte sich der Minister
des Jnnern gegen den Antrag, wobei er bemerkte, daß von den
12,000 ursprünglich verhafteten Jnsurgenten nur noch etwas über
1000 in Haft seyen; für diese selbst sey es aber sicherlich wün-
schenswerther, in Algerien untergebracht und beschäftigt zu wer-
den, als wenn man sie erwerblos auf das Pariser Pflaster setze.
Die Angaben über schlechte Behandlung der politischen Gefange-
nen erklärte er für Unwahrheiten, die man systematisch in Umlauf
gebracht. Napoleon Bonaparte, der Sohn des Hieronymus, hob
seinerseits namentlich die Ungesetzlichkeit einer Deportation ohne
Spruch und Urtheil hervor, und sprach von der "Milde der Re-
volutionsmänner." Jm Laufe der Debatte war ihm vorgeworfen
worden, daß er damals selber für die Deportation gestimmt habe;
er leugnete Dies, indem er sich auf den Moniteur berief, denn es
habe gar keine namentliche Abstimmung stattgefunden; der Ur-
heber jenes Vorwurfes aber, Herr Dahirel von der Rechten, be-
stand auf der Wahrheit desselben, indem er selber gesehen, wie
Herr Bonaparte durch Aufstehen für die Deportation stimmte.
Nun stürzte Herr Bonaparte auf die Rednerbühne, es entstand
ein heftiger Tumult, und aus der wirren Gruppe heraus hörte
man den Ersteren schreien: "es ist eine Lüge!" Mit solchen Sce-
nen debatirt man bei uns, seit uns die "allein vernünftige Regie-
rungsform " beglückt. Der Antrag wurde schließlich mit 419 ge-
gen 183 Stimmen abgelehnt.

Seit Herr Napoleon Bonaparte sich gänzlich auf die Seite
des Berges geschlagen hat, während er übrigens von seiner Die-
nerschaft sich als Prinz tituliren läßt, haben ihm die Witzblätter
den Spitznamen: "Prinz vom Berge" aufgebracht, der nun auch
in den größeren Zeitungen in Aufnahme kommt.

Dem "Corsaire" zufolge ist unter den Arbeitern zu Toulouse
eine Unterzeichnung im Gange, um dem Grafen Chambord ( Her-
zog von Bordeaux ) einen Ehrendegen zu widmen.

Einiges Aufsehen machen die in mehreren Provinzialblättern
erscheinenden Mittheilungen über das geheime Treiben der fran-
zösischen Flüchtlinge in London, die, wie es scheint, einen falschen
Bruder unter sich haben. Jn einer ihrer geheimen Sitzungen soll
die Rede davon gewesen seyn, sofort nach dem Gelingen ihrer
Plane das allgemeine Stimmrecht für eine Zeit lang zu " be-
graben."

General d'Hautpoul, einer der von der provisorischen Regie-
[Spaltenumbruch] gierung wegen ihrer monarchischen Gesinnungen verabschiedeten
Generale, und erst kürzlich wieder angestellt, ist, wie wir bereits
gemeldet, zum Oberbefehlshaber der Armee von Rom ernannt.
Er wird zugleich die diplomatischen Verhältnisse zu besorgen ha-
ben, da sowohl General Rostolan als Herr v. Corcelles nach
Frankreich zurückkehren. Diese Ernennung ist ein Zugeständniß an
die Haltung der Majorität bei der Discussion der Credite für die
römische Angelegenheit.

*** Paris 26. October. Die heutige Sitzung der National-
versammlung war ohne alle Bedeutung -- auf Regen folgt ja
Sonnenschein, -- wenn Sie nicht etwa den Umstand für eine
gouvernementale Merkwürdigkeit halten wollen, daß Herr von Toc-
queville der Kammer einen Gesetzentwurf als neu vorlegte, über
welchen die Nationalversammlung schon längst abgestimmt hat!
Die alte Klage, daß in unserem ganzen Regierungs= und Finanz-
organismus die größte Verwirrung herrsche und wir im Grunde
gar keine Regierung haben, wird dadurch nur bestätigt.

Die Nachrichten aus Konstantinopel lauten heute sehr
kriegerisch. Nach denselben soll Herr v. Stürmer Konstanti-
nopel schon am 8. verlassen haben [ ist falsch! ] und der russische
Gesandte auf dem Punkte stehen das Gleiche zu thun. Glück-
licherweise stehen indessen alle diese "Fühler" nur in den bona-
partistischen Blättern -- die ministeriellen melden nichts davon
-- und sie haben keinen anderen Zweck, als den Präsidenten
bei Volk und Heer populär zu machen. Wir halten indessen diese
Politik für höchst gefährlich, denn geschieht nach allen diesen
Alarmschüssen nichts -- und daß nichts geschieht, daß Frankreich
keinen Krieg anfängt, ist so viel als gewiß, -- was wird dann aus
dem Präsidenten, was aus seiner erkünstelten Popularität? -- Ueb-
rigens befindet sich der Präsident eben wieder in besserer Stimmung
und hat überhaupt so viel Einsicht, wohl zu begreifen, daß
er im Grunde mit den Legitimisten noch besser fährt als mit den
Linksmännern und Rothen. Von den Legitimisten hat er freilich
für seine Person nicht viel zu erwarten, von den Rothen aber
sicher noch weniger und es würde, auch ganz abgesehen davon,
ein Anschluß an diese Letzteren die Societät in eine Krisis stürzen,
deren Verantwortung kein Sterblicher auf seine Schultern neh-
men wird.

Der Minister des Jnnern hat durch ein Rundschreiben die
Präfecten zu Berichten über das Umsichgreifen des Socialismus
auf dem Lande und die politischen Gesinnungen der Schullehrer
aufgefordert.

Das "Memorial Bordelais" meldet, daß die dortigen Rothen,
nachdem sie an zwei Abenden tumultuarische Versammlungen ge-
halten, an denen die Masse der Bevölkerung sich zu betheiligen
verweigerte, ein patriotisches Concert zu Ehren des gewählten
Repräsentanten Lagarde ankündigten. Es fanden sich aber nur
wenige Personen außer den Musikern ein und man ging nach
Anhörung der Marseillaise und einiger Tänze aus einander. Am
Sonntage kam es zu einigen Unordnungen, indem eine Schaar
Rother zusammenkam und auf öffentlichen Plätzen demokratische
Lieder sang. Der Refrain des einen lautete: "Wir müssen
Kugeln oder Brod haben!" Ein Rädelsführer dieses Treibens
und sieben andere Theilnehmer wurden verhaftet. Lagarde blieb
diesen Auftritten völlig fremd. -- 5% 88. -- 3% 55. 70. --
Bankactien 2330.

Straßburg 25. October. [ Bekanntmachung der Central-
sanitätscommission. ] Die Cholera scheint in Straßburg aufgehört
zu haben. Seit dem 17. October ist kein neuer Fall vorgekommen.
Die ärztlichen Posten in den vier Cantonen werden eingezogen
und die Centralcommission stellt ihre Zusammenkünfte ein. Gegen-
wärtiger Bericht ist demnach als der letzte zu betrachten. Die Ge-
sammtzahl der von der Cholera befallenen Personen beträgt 252,
die Zahl der Todesfälle 150. Jn Behandlung bleiben noch fünf
Kranke.

Belgien.

Lüttich 25. October. Gestern Nachmittags traf der König
hier ein und Abends spät brachte ihm die Musik der Bürgerwehr
eine Serenade. Er erschien wiederholt am Fenster und wurde
jedesmal von der zahlreich versammelten Menge mit Lebehochs
begrüßt. Auch der Reichsverweser Erzherzog Johann,
ist heute Morgens hier angelangt; Abtheilungen der Bür-
gergarde und der Truppen waren zu seinem Em-
pfange an dem Bahnhofe aufgestellt.
Man versichert,
daß der König und der Erzherzog morgen über die Bürgergarde
und die Truppen Heerschau halten werden. [ Vielleicht hat der
Erzherzog bei der Gelegenheit auch das Vergnügen einem oder
dem anderen ehemaligen Reichstagsabgeordneten in Lüttich zu be-
gegnen und großmüthig ein gutes Leumundszeugniß für ihn ab-
zulegen! ]

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

[Beginn Spaltensatz] eine Zierde unserer Ritterschaft, unseres herrlichen, treuen, sieg-
gewohnten Heeres und unseres Namens seyn. Dann wird Dir
diese Feierlichkeit zum Labetrunke auf dem dornenvollen
Pfade
werden, den gewissenhafte Fürsten jederzeit,
am gewissesten aber in dieser Zeit, zu wandeln ha-
den.
Dazu stärke Dich Gott!

# Mainz 29. October. Heute Mittag um 1 Uhr wird Se.
K. H. der Erzherzog Albrecht hierselbst erwartet, um das
Gouvernement der Reichsfestung feierlich zu übernehmen. Wie
man sagt, wird der Erzherzog nur so lange in Mainz verweilen,
bis der neu ernannte k. k. [unleserliches Material – 15 Zeichen fehlen]osterreichische Vieegouverneur, der noch
in Jtalien verweilt, dort eintrifft. Sodann wird Erzherzog
Albrecht sich auf seinen Posten als Commandirender des in Böh-
men aufgestellten Armeekorps begeben. Jn seinem Gefolge be-
finden sich Feldmarschalllieutenant Baron Piret und Rittmeister
v. Gontard.

Neue Cholerafälle sind auch heute nicht zur Anzeige gekom-
men, so daß die Krankheit bei uns als erloschen betrachtet
werden kann.

Frankreich.

Paris 25. October. Jn der heutigen Sitzung der National-
versammlung ist es wieder zu stürmischen Auftritten gekommen.
Nachdem gestern der Cretonsche Antrag auf Wiederzulassung der
Mitglieder der Bourbonschen Familie auf französischen Boden,
d. h. die Aufhebung des Verbotes, welches sie selbst als einfache
Bürger ausschließt, mit 484 gegen 103 Stimmen verworfen wor-
den war, kam der Antrag Napoleon Bonaparte's ( des Sohnes
von Hieronymus ) auf Abschaffung des Deportationsdecretes der
constituirenden Versammlung gegen die nicht abgeurtheilten Juni-
insurgenten an die Reihe. Heute wurde die Erörterung über diesen
Gegenstand fortgesetzt; d. h. eine Erörterung, so weit die Herrschaft
der „Freiheit und Gleichheit“ eine solche aufkommen läßt. Denn
gleich zu Anfang der Sitzung wurde der General v. Grammont,
der auf Ausfälle Napoleon Bonaparte's gegen die Legitimisten
antwortete, von der Linken dermaßen überschrieen, daß von[unleserliches Material] dem
tobenden Lärm und dem Getrommel der Falzbeine auf die Bänke
lediglich kein Wort vernehmbar blieb. Der Präsident selbst erklärte,
daß er keine Sylbe zu hören im Stande sey; es war die „ Bil-
dung für Alle“ in einem glorreichen Strahlenscheine. Jn Betreff
der Amnestirung der Juniinsurgenten erklärte sich der Minister
des Jnnern gegen den Antrag, wobei er bemerkte, daß von den
12,000 ursprünglich verhafteten Jnsurgenten nur noch etwas über
1000 in Haft seyen; für diese selbst sey es aber sicherlich wün-
schenswerther, in Algerien untergebracht und beschäftigt zu wer-
den, als wenn man sie erwerblos auf das Pariser Pflaster setze.
Die Angaben über schlechte Behandlung der politischen Gefange-
nen erklärte er für Unwahrheiten, die man systematisch in Umlauf
gebracht. Napoleon Bonaparte, der Sohn des Hieronymus, hob
seinerseits namentlich die Ungesetzlichkeit einer Deportation ohne
Spruch und Urtheil hervor, und sprach von der „Milde der Re-
volutionsmänner.“ Jm Laufe der Debatte war ihm vorgeworfen
worden, daß er damals selber für die Deportation gestimmt habe;
er leugnete Dies, indem er sich auf den Moniteur berief, denn es
habe gar keine namentliche Abstimmung stattgefunden; der Ur-
heber jenes Vorwurfes aber, Herr Dahirel von der Rechten, be-
stand auf der Wahrheit desselben, indem er selber gesehen, wie
Herr Bonaparte durch Aufstehen für die Deportation stimmte.
Nun stürzte Herr Bonaparte auf die Rednerbühne, es entstand
ein heftiger Tumult, und aus der wirren Gruppe heraus hörte
man den Ersteren schreien: „es ist eine Lüge!“ Mit solchen Sce-
nen debatirt man bei uns, seit uns die „allein vernünftige Regie-
rungsform “ beglückt. Der Antrag wurde schließlich mit 419 ge-
gen 183 Stimmen abgelehnt.

Seit Herr Napoleon Bonaparte sich gänzlich auf die Seite
des Berges geschlagen hat, während er übrigens von seiner Die-
nerschaft sich als Prinz tituliren läßt, haben ihm die Witzblätter
den Spitznamen: „Prinz vom Berge“ aufgebracht, der nun auch
in den größeren Zeitungen in Aufnahme kommt.

Dem „Corsaire“ zufolge ist unter den Arbeitern zu Toulouse
eine Unterzeichnung im Gange, um dem Grafen Chambord ( Her-
zog von Bordeaux ) einen Ehrendegen zu widmen.

Einiges Aufsehen machen die in mehreren Provinzialblättern
erscheinenden Mittheilungen über das geheime Treiben der fran-
zösischen Flüchtlinge in London, die, wie es scheint, einen falschen
Bruder unter sich haben. Jn einer ihrer geheimen Sitzungen soll
die Rede davon gewesen seyn, sofort nach dem Gelingen ihrer
Plane das allgemeine Stimmrecht für eine Zeit lang zu „ be-
graben.“

General d'Hautpoul, einer der von der provisorischen Regie-
[Spaltenumbruch] gierung wegen ihrer monarchischen Gesinnungen verabschiedeten
Generale, und erst kürzlich wieder angestellt, ist, wie wir bereits
gemeldet, zum Oberbefehlshaber der Armee von Rom ernannt.
Er wird zugleich die diplomatischen Verhältnisse zu besorgen ha-
ben, da sowohl General Rostolan als Herr v. Corcelles nach
Frankreich zurückkehren. Diese Ernennung ist ein Zugeständniß an
die Haltung der Majorität bei der Discussion der Credite für die
römische Angelegenheit.

*** Paris 26. October. Die heutige Sitzung der National-
versammlung war ohne alle Bedeutung — auf Regen folgt ja
Sonnenschein, — wenn Sie nicht etwa den Umstand für eine
gouvernementale Merkwürdigkeit halten wollen, daß Herr von Toc-
queville der Kammer einen Gesetzentwurf als neu vorlegte, über
welchen die Nationalversammlung schon längst abgestimmt hat!
Die alte Klage, daß in unserem ganzen Regierungs= und Finanz-
organismus die größte Verwirrung herrsche und wir im Grunde
gar keine Regierung haben, wird dadurch nur bestätigt.

Die Nachrichten aus Konstantinopel lauten heute sehr
kriegerisch. Nach denselben soll Herr v. Stürmer Konstanti-
nopel schon am 8. verlassen haben [ ist falsch! ] und der russische
Gesandte auf dem Punkte stehen das Gleiche zu thun. Glück-
licherweise stehen indessen alle diese „Fühler“ nur in den bona-
partistischen Blättern — die ministeriellen melden nichts davon
— und sie haben keinen anderen Zweck, als den Präsidenten
bei Volk und Heer populär zu machen. Wir halten indessen diese
Politik für höchst gefährlich, denn geschieht nach allen diesen
Alarmschüssen nichts — und daß nichts geschieht, daß Frankreich
keinen Krieg anfängt, ist so viel als gewiß, — was wird dann aus
dem Präsidenten, was aus seiner erkünstelten Popularität? — Ueb-
rigens befindet sich der Präsident eben wieder in besserer Stimmung
und hat überhaupt so viel Einsicht, wohl zu begreifen, daß
er im Grunde mit den Legitimisten noch besser fährt als mit den
Linksmännern und Rothen. Von den Legitimisten hat er freilich
für seine Person nicht viel zu erwarten, von den Rothen aber
sicher noch weniger und es würde, auch ganz abgesehen davon,
ein Anschluß an diese Letzteren die Societät in eine Krisis stürzen,
deren Verantwortung kein Sterblicher auf seine Schultern neh-
men wird.

Der Minister des Jnnern hat durch ein Rundschreiben die
Präfecten zu Berichten über das Umsichgreifen des Socialismus
auf dem Lande und die politischen Gesinnungen der Schullehrer
aufgefordert.

Das „Memorial Bordelais“ meldet, daß die dortigen Rothen,
nachdem sie an zwei Abenden tumultuarische Versammlungen ge-
halten, an denen die Masse der Bevölkerung sich zu betheiligen
verweigerte, ein patriotisches Concert zu Ehren des gewählten
Repräsentanten Lagarde ankündigten. Es fanden sich aber nur
wenige Personen außer den Musikern ein und man ging nach
Anhörung der Marseillaise und einiger Tänze aus einander. Am
Sonntage kam es zu einigen Unordnungen, indem eine Schaar
Rother zusammenkam und auf öffentlichen Plätzen demokratische
Lieder sang. Der Refrain des einen lautete: „Wir müssen
Kugeln oder Brod haben!“ Ein Rädelsführer dieses Treibens
und sieben andere Theilnehmer wurden verhaftet. Lagarde blieb
diesen Auftritten völlig fremd. — 5% 88. — 3% 55. 70. —
Bankactien 2330.

Straßburg 25. October. [ Bekanntmachung der Central-
sanitätscommission. ] Die Cholera scheint in Straßburg aufgehört
zu haben. Seit dem 17. October ist kein neuer Fall vorgekommen.
Die ärztlichen Posten in den vier Cantonen werden eingezogen
und die Centralcommission stellt ihre Zusammenkünfte ein. Gegen-
wärtiger Bericht ist demnach als der letzte zu betrachten. Die Ge-
sammtzahl der von der Cholera befallenen Personen beträgt 252,
die Zahl der Todesfälle 150. Jn Behandlung bleiben noch fünf
Kranke.

Belgien.

Lüttich 25. October. Gestern Nachmittags traf der König
hier ein und Abends spät brachte ihm die Musik der Bürgerwehr
eine Serenade. Er erschien wiederholt am Fenster und wurde
jedesmal von der zahlreich versammelten Menge mit Lebehochs
begrüßt. Auch der Reichsverweser Erzherzog Johann,
ist heute Morgens hier angelangt; Abtheilungen der Bür-
gergarde und der Truppen waren zu seinem Em-
pfange an dem Bahnhofe aufgestellt.
Man versichert,
daß der König und der Erzherzog morgen über die Bürgergarde
und die Truppen Heerschau halten werden. [ Vielleicht hat der
Erzherzog bei der Gelegenheit auch das Vergnügen einem oder
dem anderen ehemaligen Reichstagsabgeordneten in Lüttich zu be-
gegnen und großmüthig ein gutes Leumundszeugniß für ihn ab-
zulegen! ]

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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[0008] eine Zierde unserer Ritterschaft, unseres herrlichen, treuen, sieg- gewohnten Heeres und unseres Namens seyn. Dann wird Dir diese Feierlichkeit zum Labetrunke auf dem dornenvollen Pfade werden, den gewissenhafte Fürsten jederzeit, am gewissesten aber in dieser Zeit, zu wandeln ha- den. Dazu stärke Dich Gott! # Mainz 29. October. Heute Mittag um 1 Uhr wird Se. K. H. der Erzherzog Albrecht hierselbst erwartet, um das Gouvernement der Reichsfestung feierlich zu übernehmen. Wie man sagt, wird der Erzherzog nur so lange in Mainz verweilen, bis der neu ernannte k. k. _______________osterreichische Vieegouverneur, der noch in Jtalien verweilt, dort eintrifft. Sodann wird Erzherzog Albrecht sich auf seinen Posten als Commandirender des in Böh- men aufgestellten Armeekorps begeben. Jn seinem Gefolge be- finden sich Feldmarschalllieutenant Baron Piret und Rittmeister v. Gontard. Neue Cholerafälle sind auch heute nicht zur Anzeige gekom- men, so daß die Krankheit bei uns als erloschen betrachtet werden kann. Frankreich. Paris 25. October. Jn der heutigen Sitzung der National- versammlung ist es wieder zu stürmischen Auftritten gekommen. Nachdem gestern der Cretonsche Antrag auf Wiederzulassung der Mitglieder der Bourbonschen Familie auf französischen Boden, d. h. die Aufhebung des Verbotes, welches sie selbst als einfache Bürger ausschließt, mit 484 gegen 103 Stimmen verworfen wor- den war, kam der Antrag Napoleon Bonaparte's ( des Sohnes von Hieronymus ) auf Abschaffung des Deportationsdecretes der constituirenden Versammlung gegen die nicht abgeurtheilten Juni- insurgenten an die Reihe. Heute wurde die Erörterung über diesen Gegenstand fortgesetzt; d. h. eine Erörterung, so weit die Herrschaft der „Freiheit und Gleichheit“ eine solche aufkommen läßt. Denn gleich zu Anfang der Sitzung wurde der General v. Grammont, der auf Ausfälle Napoleon Bonaparte's gegen die Legitimisten antwortete, von der Linken dermaßen überschrieen, daß von_ dem tobenden Lärm und dem Getrommel der Falzbeine auf die Bänke lediglich kein Wort vernehmbar blieb. Der Präsident selbst erklärte, daß er keine Sylbe zu hören im Stande sey; es war die „ Bil- dung für Alle“ in einem glorreichen Strahlenscheine. Jn Betreff der Amnestirung der Juniinsurgenten erklärte sich der Minister des Jnnern gegen den Antrag, wobei er bemerkte, daß von den 12,000 ursprünglich verhafteten Jnsurgenten nur noch etwas über 1000 in Haft seyen; für diese selbst sey es aber sicherlich wün- schenswerther, in Algerien untergebracht und beschäftigt zu wer- den, als wenn man sie erwerblos auf das Pariser Pflaster setze. Die Angaben über schlechte Behandlung der politischen Gefange- nen erklärte er für Unwahrheiten, die man systematisch in Umlauf gebracht. Napoleon Bonaparte, der Sohn des Hieronymus, hob seinerseits namentlich die Ungesetzlichkeit einer Deportation ohne Spruch und Urtheil hervor, und sprach von der „Milde der Re- volutionsmänner.“ Jm Laufe der Debatte war ihm vorgeworfen worden, daß er damals selber für die Deportation gestimmt habe; er leugnete Dies, indem er sich auf den Moniteur berief, denn es habe gar keine namentliche Abstimmung stattgefunden; der Ur- heber jenes Vorwurfes aber, Herr Dahirel von der Rechten, be- stand auf der Wahrheit desselben, indem er selber gesehen, wie Herr Bonaparte durch Aufstehen für die Deportation stimmte. Nun stürzte Herr Bonaparte auf die Rednerbühne, es entstand ein heftiger Tumult, und aus der wirren Gruppe heraus hörte man den Ersteren schreien: „es ist eine Lüge!“ Mit solchen Sce- nen debatirt man bei uns, seit uns die „allein vernünftige Regie- rungsform “ beglückt. Der Antrag wurde schließlich mit 419 ge- gen 183 Stimmen abgelehnt. Seit Herr Napoleon Bonaparte sich gänzlich auf die Seite des Berges geschlagen hat, während er übrigens von seiner Die- nerschaft sich als Prinz tituliren läßt, haben ihm die Witzblätter den Spitznamen: „Prinz vom Berge“ aufgebracht, der nun auch in den größeren Zeitungen in Aufnahme kommt. Dem „Corsaire“ zufolge ist unter den Arbeitern zu Toulouse eine Unterzeichnung im Gange, um dem Grafen Chambord ( Her- zog von Bordeaux ) einen Ehrendegen zu widmen. Einiges Aufsehen machen die in mehreren Provinzialblättern erscheinenden Mittheilungen über das geheime Treiben der fran- zösischen Flüchtlinge in London, die, wie es scheint, einen falschen Bruder unter sich haben. Jn einer ihrer geheimen Sitzungen soll die Rede davon gewesen seyn, sofort nach dem Gelingen ihrer Plane das allgemeine Stimmrecht für eine Zeit lang zu „ be- graben.“ General d'Hautpoul, einer der von der provisorischen Regie- gierung wegen ihrer monarchischen Gesinnungen verabschiedeten Generale, und erst kürzlich wieder angestellt, ist, wie wir bereits gemeldet, zum Oberbefehlshaber der Armee von Rom ernannt. Er wird zugleich die diplomatischen Verhältnisse zu besorgen ha- ben, da sowohl General Rostolan als Herr v. Corcelles nach Frankreich zurückkehren. Diese Ernennung ist ein Zugeständniß an die Haltung der Majorität bei der Discussion der Credite für die römische Angelegenheit. *** Paris 26. October. Die heutige Sitzung der National- versammlung war ohne alle Bedeutung — auf Regen folgt ja Sonnenschein, — wenn Sie nicht etwa den Umstand für eine gouvernementale Merkwürdigkeit halten wollen, daß Herr von Toc- queville der Kammer einen Gesetzentwurf als neu vorlegte, über welchen die Nationalversammlung schon längst abgestimmt hat! Die alte Klage, daß in unserem ganzen Regierungs= und Finanz- organismus die größte Verwirrung herrsche und wir im Grunde gar keine Regierung haben, wird dadurch nur bestätigt. Die Nachrichten aus Konstantinopel lauten heute sehr kriegerisch. Nach denselben soll Herr v. Stürmer Konstanti- nopel schon am 8. verlassen haben [ ist falsch! ] und der russische Gesandte auf dem Punkte stehen das Gleiche zu thun. Glück- licherweise stehen indessen alle diese „Fühler“ nur in den bona- partistischen Blättern — die ministeriellen melden nichts davon — und sie haben keinen anderen Zweck, als den Präsidenten bei Volk und Heer populär zu machen. Wir halten indessen diese Politik für höchst gefährlich, denn geschieht nach allen diesen Alarmschüssen nichts — und daß nichts geschieht, daß Frankreich keinen Krieg anfängt, ist so viel als gewiß, — was wird dann aus dem Präsidenten, was aus seiner erkünstelten Popularität? — Ueb- rigens befindet sich der Präsident eben wieder in besserer Stimmung und hat überhaupt so viel Einsicht, wohl zu begreifen, daß er im Grunde mit den Legitimisten noch besser fährt als mit den Linksmännern und Rothen. Von den Legitimisten hat er freilich für seine Person nicht viel zu erwarten, von den Rothen aber sicher noch weniger und es würde, auch ganz abgesehen davon, ein Anschluß an diese Letzteren die Societät in eine Krisis stürzen, deren Verantwortung kein Sterblicher auf seine Schultern neh- men wird. Der Minister des Jnnern hat durch ein Rundschreiben die Präfecten zu Berichten über das Umsichgreifen des Socialismus auf dem Lande und die politischen Gesinnungen der Schullehrer aufgefordert. Das „Memorial Bordelais“ meldet, daß die dortigen Rothen, nachdem sie an zwei Abenden tumultuarische Versammlungen ge- halten, an denen die Masse der Bevölkerung sich zu betheiligen verweigerte, ein patriotisches Concert zu Ehren des gewählten Repräsentanten Lagarde ankündigten. Es fanden sich aber nur wenige Personen außer den Musikern ein und man ging nach Anhörung der Marseillaise und einiger Tänze aus einander. Am Sonntage kam es zu einigen Unordnungen, indem eine Schaar Rother zusammenkam und auf öffentlichen Plätzen demokratische Lieder sang. Der Refrain des einen lautete: „Wir müssen Kugeln oder Brod haben!“ Ein Rädelsführer dieses Treibens und sieben andere Theilnehmer wurden verhaftet. Lagarde blieb diesen Auftritten völlig fremd. — 5% 88. — 3% 55. 70. — Bankactien 2330. Straßburg 25. October. [ Bekanntmachung der Central- sanitätscommission. ] Die Cholera scheint in Straßburg aufgehört zu haben. Seit dem 17. October ist kein neuer Fall vorgekommen. Die ärztlichen Posten in den vier Cantonen werden eingezogen und die Centralcommission stellt ihre Zusammenkünfte ein. Gegen- wärtiger Bericht ist demnach als der letzte zu betrachten. Die Ge- sammtzahl der von der Cholera befallenen Personen beträgt 252, die Zahl der Todesfälle 150. Jn Behandlung bleiben noch fünf Kranke. Belgien. Lüttich 25. October. Gestern Nachmittags traf der König hier ein und Abends spät brachte ihm die Musik der Bürgerwehr eine Serenade. Er erschien wiederholt am Fenster und wurde jedesmal von der zahlreich versammelten Menge mit Lebehochs begrüßt. Auch der Reichsverweser Erzherzog Johann, ist heute Morgens hier angelangt; Abtheilungen der Bür- gergarde und der Truppen waren zu seinem Em- pfange an dem Bahnhofe aufgestellt. Man versichert, daß der König und der Erzherzog morgen über die Bürgergarde und die Truppen Heerschau halten werden. [ Vielleicht hat der Erzherzog bei der Gelegenheit auch das Vergnügen einem oder dem anderen ehemaligen Reichstagsabgeordneten in Lüttich zu be- gegnen und großmüthig ein gutes Leumundszeugniß für ihn ab- zulegen! ] Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 256. Mainz, 27. Oktober 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal256_1849/8>, abgerufen am 22.11.2024.