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Mainzer Journal. Nr. 256. Mainz, 27. Oktober 1849.

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Zweite Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 256. Montag, den 29. October. 1849.


[Beginn Spaltensatz]
Deutschland.

Wien 24. October. Die Resultate der hierselbst abgehaltenen
großen Conferenzen liegen jetzt in den von der "Wiener Zeitung"
veröffentlichten Beschlüssen vor uns. Dieselben sind von höchster
Wichtigkeit, da sie alle Zweifel über die Absichten der Regierung
in Betreff Ungarns und selbst Jtaliens beseitigen. Dem
die provisorische Neugestaltung des ersteren Kronlandes ordnen-
den Gesetzentwurfe ist eine Auseinandersetzung der Motive voran-
geschickt: Die ehemalige Landesverfassung Ungarns
ist durch die Revolution selbst beseitigt, und ein
besonderes Statut
wird, begründet auf die Principien der
Reichsverfassung: nämlich auf die Einheit der Monarchie, auf
die Gleichstellung der Kronländer und auf die Gleichberechtigung
aller Volksstämme, die landesverfassungsmäßigen Beziehungen
Ungarns zu regeln haben. Der Ministerrath gedenkt mit der Ge-
nehmigung Sr. Maj. bei dem Entwurfe jenes Statutes sich des
Beirathes von Vertrauensmännern aus allen Thei-
len des Landes
zu bedienen, um hiernach, ohne die höheren
Jnteressen der Gesammtmonarchie zu verletzen, eine den Eigen-
thümlichkeiten des Landes und den wahren Be-
dürfnissen seiner Bevölkerung
entsprechende Ausar-
beitung der allerhöchsten Sanction Eurer Majestät unterbrei-
ten zu können. Die bisherigen ungarischen Nebenländer: Cro-
atien
und Slavonien und das croatische Litterole,
so wie das Großfürstenthum Siebenbürgen mit dem Sach-
senlande werden nach §. 1. der Reichsverfassung eigene Kron-
länder bilden.
Der Woiwodschaft Serbien ist im §. 72.
der Reichsverfassung eine von Ungarn unabhängige Stellung, so
wie eine ihre Vereinigung mit einem anderen Kronlande regelnde
Verfügung in Aussicht gestellt. Ueber die künftige Organisirung und
Abgrenzung derselben wird ein besonderer Vertrag erstattet wer-
den. Die provisorische Organisation soll gleichzeitig die Grundzüge
der definitiven enthalten; es ist daher die Eintheilung des Landes
in mehrere größere Verwaltungsgebiete beschlossen, welche vor-
läufig als Militärdistricte der Oberleitung der Districtscomman-
danten anzuvertrauen wären, denen für die laufenden Civilge-
schäfte und für die Durchführung der Verwaltungsorganisation,
Ministerialcommissäre beigegeben würden. Jeder solcher Militär-
district wäre in zwei oder mehrere Civildistricte unterzutheilen, in
welchen die Leitung und Besorgung der politischen Verwaltungs-
geschäfte den Districtsobercommissären mit dem Titel von Distric-
tualobergespanen zu übertragen wäre. Jn weiterer Ausführung
dieser provisorischen Einrichtung der Verwaltung in Ungarn
werden die einzelnen Civildistricte in mehrere von Regierungs-
commissaren ( Comitatsvorständen ) zu verwaltende Amtsgebiete,
und diese in mehrere politische Bezirke abzutheilen seyn, in wel-
chen die dahin ausgesendeten Bezirkscommissäre ( administrirende
Stuhlrichter ) die Geschäfte der politischen Administration zu be-
sorgen haben werden. -- Die Zahl der Districte ist noch nicht
festgesetzt. Sämmtliche Angestellte leisten dem Kaiser von Oester-
reich und dem Könige von Ungarn den Eid der Treue
nach einer besonderen Formel. Dem Landvolke wird das Ver-
sprechen wiederholt, daß die Bestimmungen über die aufge-
hobenen Urbarialleistungen vollständig aufrecht erhalten wer-
den sollen, den Gutsbesitzern die zugesicherte Urbarialentschä-
digung nach Wiederkehr der Ordnung in Aussicht gestellt. --
Dem Militärdistrictscommandanten ist die Oberleitung
der Verwaltung und die Repräsentation der
vollziehenden Gewalt nach Außen
in seinem
Districte übertragen. Alles, was die Aufrechthaltung der öffent-
lichen Ordnung und Ruhe, die Publication der auf den
District Bezug habenden Verordnungen, den Schutz der einzel-
nen Nationalitäten in ihren verfassungmäßigen Rechten, die
Durchführung der Folgen des Ausnahmszustandes und insbeson-
dere die Bestrafung der Verbrechen gegen die Sicherheit des
Staates, so wie die Concessionirung öffentlicher Blätter und die
Hintanhaltung der Uebergriffe der Presse anbelangt, ist zunächst
Sache des Militärdistrictscommandanten. Demselben wird zur
Besorgung der laufenden Civilgeschäfte und für die Durchfüh-
rung der organischen Reformen ein Ministerialcommissär beige-
geben, welcher für seine Geschäftsführung dem bevollmächtigten
kaiserlichen Commissär und dem Ministerium verantwortlich ist.
Die Civilverwaltung ruht in den Händen von Districtsobercom-
[Spaltenumbruch] missären unter dem Titel Districtual=Obergespans und Regierungs-
commissaren unter dem Namen Obercapitains. Alle Hoffnungen
der alt=conservativen ungarischen Partei sind dadurch niederge-
schlagen worden ( ? ) , auf der anderen Seite aber auch der Gedanke
eines selbstständigen Kronlandes Slovakei beseitigt. Ganz mi-
litärisch bleibt vorläufig die Verwaltung Jtaliens. Da die
dortigen Verhältnisse die Vereinigung aller Regierungsgewalten
in einer Hand gebieterisch erheischen, so ist die oberste Leitung der
politischen Civilverwaltung dem F. M. Radetzky als General-
Civil- und Militärgouverneur übertragen; demselben stehen eine
Militär= und Civilsection zur Seite. Die Leitung der letzteren
führt Graf Montecuccoli als erster, Graf Strassoldo als
zweiter Chef. Zum Statthalter, Civil= und Militärgouverneur
der Lombardei ist F. M. L. Fürst Schwarzenberg, F. M. L.
Puchner in gleicher Eigenschaft für Venedig ernannt.

Man liest in der "Presse": Die "Deutsche Ztg." beeilt sich,
der Meldung, daß Oesterreich am 13. den Vertrag über das Jn-
terim ratificirt habe, die Bemerkung folgen zu lassen: "Wir haben
Grund zu vermuthen, daß das Wiener Cabinet auf die von
Preußen ausbedungenen besonderen Zugeständnisse vollkommen
eingegangen ist." Die "Deutsche Reform" in Berlin druckt naiver
Weise diese Bemerkung mit großem Wohlgefallen ab. Auch wir
haben von "ausbedungenen besonderen Zugeständnissen" gehört.
Nur dürfte sich, so weit unsere Quellen gehen, die wir für sehr
gut halten, ein nicht unwesentlicher Jrrthum rücksichtlich der Sub-
jecte, welche "ausbedungen haben" und "eingegangen sind," ein-
geschlichen haben.

Berlin 27. October. ( K. Z. ) Der Abgeordnete zur ersten
Kammer, frühere Oberpräsident der Provinz Preußen, Böt-
ticher,
ist zum zweiten Mitgliede der Bundescommission ernannt
worden.

Mehrere Zeitungen sprechen davon, daß die Prinzessin
von Preußen
den Winter mit dem Prinzen am Rheine zu-
bringen werde und es wäre bereits der Hofstaat bezeichnet, wel-
cher sie begleiten werde. Sicherem Vernehmen nach ist über diesen
Plan jedoch durchaus noch nichts bestimmt. Die Prinzessin ist zur
Zeit immer noch leidend in Folge der Fieberanfälle, an welchen
sie den Herbst über gelitten hat. Der Ort, an welchem der Prinz
seine Residenz während des Winters nehmen wird, soll noch nicht
definitiv bestimmt seyn; indessen ist es wahrscheinlich, daß Coblenz
der Sitz des Hauptquartieres werden wird. Die Ausdehnung
der Stellung, welche dem Prinzen zugewiesen ist, würde jedoch
auch seine öftere Anwesenheit an anderen Orten im westlichen
Deutschland bedingen.

Potsdam 25. October. Unter diesem Datum theilt der Pr.
St.=A. die Reden des Königs bei dem jüngsten Capitel des
Schwarzen Adler=Ordens mit. Als der jugendliche Prinz, der
an diesem Tage die Jahre Seiner Mündigkeit erreicht hatte, vor
den königlichen Thron trat, um die Jnvestitur zu empfangen,
wurde er zuvor mit folgenden Worten des Königs an die innere
Bedeutung der Feierlichkeit erinnert:

Mein theurer Neffe! Der durchlauchtigste Stifter unserer
Krone und dieses höchsten Ordens des Schwarzen Adlers hat
festgestellt, daß die Fürsten unseres Hauses mit ihrer Volljährig-
keit in das Capitel des Ordens durch feierliche Jnvestitur aufge-
nommen werden sollen. Du bist heute volljährig und hier erschie-
nen, um dieser Vorschrift zu genügen. Du sollst, achtzehn Jahre
alt, dem höchsten Ehrenvereine Preußens zugesellt werden. Be-
denke, was Das sagen will. Wir Alle fühlen, und ich hoffe, Du
selbst fühlst es, daß daraus eine Gefahr für ein jugendliches Ge-
müth erwachsen muß, welches, nicht dem Hohen und Höchsten
zugewendet, Verlangen nach eitlen Ehren trägt. So haben es
unsere Väter verstanden. Betrachte Dir jetzt dies Zimmer. Du
stehst an dem Orte, an welchem Du das Sacrament der heiligen
Taufe, also die Zusicherung des höchsten Heiles, umsonst
empfangen hast. Ja, umsonst. Das Wort macht edle
Herzen demüthig. Auch dieses Ordens Ehre empfängst Du
umsonst. Der Gedanke bezeichnet die Dir wohlanständige,
würdige Art, diese Ehren aufzunehmen. Möge er Dich aber zu-
gleich entflammen, zumal in einer Zeit, die, wie kaum eine frühere,
dem Eitelsten, der Gemeinheit und jeder Untreue
fröhnt, ein wahres Muster christlicher Demuth, ritterlicher Kraft,
hohen Sinnes, jeglicher Treue zu werden. Nur dann wirst Du
[Ende Spaltensatz]

Zweite Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 256. Montag, den 29. October. 1849.


[Beginn Spaltensatz]
Deutschland.

Wien 24. October. Die Resultate der hierselbst abgehaltenen
großen Conferenzen liegen jetzt in den von der „Wiener Zeitung“
veröffentlichten Beschlüssen vor uns. Dieselben sind von höchster
Wichtigkeit, da sie alle Zweifel über die Absichten der Regierung
in Betreff Ungarns und selbst Jtaliens beseitigen. Dem
die provisorische Neugestaltung des ersteren Kronlandes ordnen-
den Gesetzentwurfe ist eine Auseinandersetzung der Motive voran-
geschickt: Die ehemalige Landesverfassung Ungarns
ist durch die Revolution selbst beseitigt, und ein
besonderes Statut
wird, begründet auf die Principien der
Reichsverfassung: nämlich auf die Einheit der Monarchie, auf
die Gleichstellung der Kronländer und auf die Gleichberechtigung
aller Volksstämme, die landesverfassungsmäßigen Beziehungen
Ungarns zu regeln haben. Der Ministerrath gedenkt mit der Ge-
nehmigung Sr. Maj. bei dem Entwurfe jenes Statutes sich des
Beirathes von Vertrauensmännern aus allen Thei-
len des Landes
zu bedienen, um hiernach, ohne die höheren
Jnteressen der Gesammtmonarchie zu verletzen, eine den Eigen-
thümlichkeiten des Landes und den wahren Be-
dürfnissen seiner Bevölkerung
entsprechende Ausar-
beitung der allerhöchsten Sanction Eurer Majestät unterbrei-
ten zu können. Die bisherigen ungarischen Nebenländer: Cro-
atien
und Slavonien und das croatische Litterole,
so wie das Großfürstenthum Siebenbürgen mit dem Sach-
senlande werden nach §. 1. der Reichsverfassung eigene Kron-
länder bilden.
Der Woiwodschaft Serbien ist im §. 72.
der Reichsverfassung eine von Ungarn unabhängige Stellung, so
wie eine ihre Vereinigung mit einem anderen Kronlande regelnde
Verfügung in Aussicht gestellt. Ueber die künftige Organisirung und
Abgrenzung derselben wird ein besonderer Vertrag erstattet wer-
den. Die provisorische Organisation soll gleichzeitig die Grundzüge
der definitiven enthalten; es ist daher die Eintheilung des Landes
in mehrere größere Verwaltungsgebiete beschlossen, welche vor-
läufig als Militärdistricte der Oberleitung der Districtscomman-
danten anzuvertrauen wären, denen für die laufenden Civilge-
schäfte und für die Durchführung der Verwaltungsorganisation,
Ministerialcommissäre beigegeben würden. Jeder solcher Militär-
district wäre in zwei oder mehrere Civildistricte unterzutheilen, in
welchen die Leitung und Besorgung der politischen Verwaltungs-
geschäfte den Districtsobercommissären mit dem Titel von Distric-
tualobergespanen zu übertragen wäre. Jn weiterer Ausführung
dieser provisorischen Einrichtung der Verwaltung in Ungarn
werden die einzelnen Civildistricte in mehrere von Regierungs-
commissaren ( Comitatsvorständen ) zu verwaltende Amtsgebiete,
und diese in mehrere politische Bezirke abzutheilen seyn, in wel-
chen die dahin ausgesendeten Bezirkscommissäre ( administrirende
Stuhlrichter ) die Geschäfte der politischen Administration zu be-
sorgen haben werden. — Die Zahl der Districte ist noch nicht
festgesetzt. Sämmtliche Angestellte leisten dem Kaiser von Oester-
reich und dem Könige von Ungarn den Eid der Treue
nach einer besonderen Formel. Dem Landvolke wird das Ver-
sprechen wiederholt, daß die Bestimmungen über die aufge-
hobenen Urbarialleistungen vollständig aufrecht erhalten wer-
den sollen, den Gutsbesitzern die zugesicherte Urbarialentschä-
digung nach Wiederkehr der Ordnung in Aussicht gestellt. —
Dem Militärdistrictscommandanten ist die Oberleitung
der Verwaltung und die Repräsentation der
vollziehenden Gewalt nach Außen
in seinem
Districte übertragen. Alles, was die Aufrechthaltung der öffent-
lichen Ordnung und Ruhe, die Publication der auf den
District Bezug habenden Verordnungen, den Schutz der einzel-
nen Nationalitäten in ihren verfassungmäßigen Rechten, die
Durchführung der Folgen des Ausnahmszustandes und insbeson-
dere die Bestrafung der Verbrechen gegen die Sicherheit des
Staates, so wie die Concessionirung öffentlicher Blätter und die
Hintanhaltung der Uebergriffe der Presse anbelangt, ist zunächst
Sache des Militärdistrictscommandanten. Demselben wird zur
Besorgung der laufenden Civilgeschäfte und für die Durchfüh-
rung der organischen Reformen ein Ministerialcommissär beige-
geben, welcher für seine Geschäftsführung dem bevollmächtigten
kaiserlichen Commissär und dem Ministerium verantwortlich ist.
Die Civilverwaltung ruht in den Händen von Districtsobercom-
[Spaltenumbruch] missären unter dem Titel Districtual=Obergespans und Regierungs-
commissaren unter dem Namen Obercapitains. Alle Hoffnungen
der alt=conservativen ungarischen Partei sind dadurch niederge-
schlagen worden ( ? ) , auf der anderen Seite aber auch der Gedanke
eines selbstständigen Kronlandes Slovakei beseitigt. Ganz mi-
litärisch bleibt vorläufig die Verwaltung Jtaliens. Da die
dortigen Verhältnisse die Vereinigung aller Regierungsgewalten
in einer Hand gebieterisch erheischen, so ist die oberste Leitung der
politischen Civilverwaltung dem F. M. Radetzky als General-
Civil- und Militärgouverneur übertragen; demselben stehen eine
Militär= und Civilsection zur Seite. Die Leitung der letzteren
führt Graf Montecuccoli als erster, Graf Strassoldo als
zweiter Chef. Zum Statthalter, Civil= und Militärgouverneur
der Lombardei ist F. M. L. Fürst Schwarzenberg, F. M. L.
Puchner in gleicher Eigenschaft für Venedig ernannt.

Man liest in der „Presse“: Die „Deutsche Ztg.“ beeilt sich,
der Meldung, daß Oesterreich am 13. den Vertrag über das Jn-
terim ratificirt habe, die Bemerkung folgen zu lassen: „Wir haben
Grund zu vermuthen, daß das Wiener Cabinet auf die von
Preußen ausbedungenen besonderen Zugeständnisse vollkommen
eingegangen ist.“ Die „Deutsche Reform“ in Berlin druckt naiver
Weise diese Bemerkung mit großem Wohlgefallen ab. Auch wir
haben von „ausbedungenen besonderen Zugeständnissen“ gehört.
Nur dürfte sich, so weit unsere Quellen gehen, die wir für sehr
gut halten, ein nicht unwesentlicher Jrrthum rücksichtlich der Sub-
jecte, welche „ausbedungen haben“ und „eingegangen sind,“ ein-
geschlichen haben.

Berlin 27. October. ( K. Z. ) Der Abgeordnete zur ersten
Kammer, frühere Oberpräsident der Provinz Preußen, Böt-
ticher,
ist zum zweiten Mitgliede der Bundescommission ernannt
worden.

Mehrere Zeitungen sprechen davon, daß die Prinzessin
von Preußen
den Winter mit dem Prinzen am Rheine zu-
bringen werde und es wäre bereits der Hofstaat bezeichnet, wel-
cher sie begleiten werde. Sicherem Vernehmen nach ist über diesen
Plan jedoch durchaus noch nichts bestimmt. Die Prinzessin ist zur
Zeit immer noch leidend in Folge der Fieberanfälle, an welchen
sie den Herbst über gelitten hat. Der Ort, an welchem der Prinz
seine Residenz während des Winters nehmen wird, soll noch nicht
definitiv bestimmt seyn; indessen ist es wahrscheinlich, daß Coblenz
der Sitz des Hauptquartieres werden wird. Die Ausdehnung
der Stellung, welche dem Prinzen zugewiesen ist, würde jedoch
auch seine öftere Anwesenheit an anderen Orten im westlichen
Deutschland bedingen.

Potsdam 25. October. Unter diesem Datum theilt der Pr.
St.=A. die Reden des Königs bei dem jüngsten Capitel des
Schwarzen Adler=Ordens mit. Als der jugendliche Prinz, der
an diesem Tage die Jahre Seiner Mündigkeit erreicht hatte, vor
den königlichen Thron trat, um die Jnvestitur zu empfangen,
wurde er zuvor mit folgenden Worten des Königs an die innere
Bedeutung der Feierlichkeit erinnert:

Mein theurer Neffe! Der durchlauchtigste Stifter unserer
Krone und dieses höchsten Ordens des Schwarzen Adlers hat
festgestellt, daß die Fürsten unseres Hauses mit ihrer Volljährig-
keit in das Capitel des Ordens durch feierliche Jnvestitur aufge-
nommen werden sollen. Du bist heute volljährig und hier erschie-
nen, um dieser Vorschrift zu genügen. Du sollst, achtzehn Jahre
alt, dem höchsten Ehrenvereine Preußens zugesellt werden. Be-
denke, was Das sagen will. Wir Alle fühlen, und ich hoffe, Du
selbst fühlst es, daß daraus eine Gefahr für ein jugendliches Ge-
müth erwachsen muß, welches, nicht dem Hohen und Höchsten
zugewendet, Verlangen nach eitlen Ehren trägt. So haben es
unsere Väter verstanden. Betrachte Dir jetzt dies Zimmer. Du
stehst an dem Orte, an welchem Du das Sacrament der heiligen
Taufe, also die Zusicherung des höchsten Heiles, umsonst
empfangen hast. Ja, umsonst. Das Wort macht edle
Herzen demüthig. Auch dieses Ordens Ehre empfängst Du
umsonst. Der Gedanke bezeichnet die Dir wohlanständige,
würdige Art, diese Ehren aufzunehmen. Möge er Dich aber zu-
gleich entflammen, zumal in einer Zeit, die, wie kaum eine frühere,
dem Eitelsten, der Gemeinheit und jeder Untreue
fröhnt, ein wahres Muster christlicher Demuth, ritterlicher Kraft,
hohen Sinnes, jeglicher Treue zu werden. Nur dann wirst Du
[Ende Spaltensatz]

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[0007] Zweite Beilage zum Mainzer Journal. Nro 256. Montag, den 29. October. 1849. Deutschland. Wien 24. October. Die Resultate der hierselbst abgehaltenen großen Conferenzen liegen jetzt in den von der „Wiener Zeitung“ veröffentlichten Beschlüssen vor uns. Dieselben sind von höchster Wichtigkeit, da sie alle Zweifel über die Absichten der Regierung in Betreff Ungarns und selbst Jtaliens beseitigen. Dem die provisorische Neugestaltung des ersteren Kronlandes ordnen- den Gesetzentwurfe ist eine Auseinandersetzung der Motive voran- geschickt: Die ehemalige Landesverfassung Ungarns ist durch die Revolution selbst beseitigt, und ein besonderes Statut wird, begründet auf die Principien der Reichsverfassung: nämlich auf die Einheit der Monarchie, auf die Gleichstellung der Kronländer und auf die Gleichberechtigung aller Volksstämme, die landesverfassungsmäßigen Beziehungen Ungarns zu regeln haben. Der Ministerrath gedenkt mit der Ge- nehmigung Sr. Maj. bei dem Entwurfe jenes Statutes sich des Beirathes von Vertrauensmännern aus allen Thei- len des Landes zu bedienen, um hiernach, ohne die höheren Jnteressen der Gesammtmonarchie zu verletzen, eine den Eigen- thümlichkeiten des Landes und den wahren Be- dürfnissen seiner Bevölkerung entsprechende Ausar- beitung der allerhöchsten Sanction Eurer Majestät unterbrei- ten zu können. Die bisherigen ungarischen Nebenländer: Cro- atien und Slavonien und das croatische Litterole, so wie das Großfürstenthum Siebenbürgen mit dem Sach- senlande werden nach §. 1. der Reichsverfassung eigene Kron- länder bilden. Der Woiwodschaft Serbien ist im §. 72. der Reichsverfassung eine von Ungarn unabhängige Stellung, so wie eine ihre Vereinigung mit einem anderen Kronlande regelnde Verfügung in Aussicht gestellt. Ueber die künftige Organisirung und Abgrenzung derselben wird ein besonderer Vertrag erstattet wer- den. Die provisorische Organisation soll gleichzeitig die Grundzüge der definitiven enthalten; es ist daher die Eintheilung des Landes in mehrere größere Verwaltungsgebiete beschlossen, welche vor- läufig als Militärdistricte der Oberleitung der Districtscomman- danten anzuvertrauen wären, denen für die laufenden Civilge- schäfte und für die Durchführung der Verwaltungsorganisation, Ministerialcommissäre beigegeben würden. Jeder solcher Militär- district wäre in zwei oder mehrere Civildistricte unterzutheilen, in welchen die Leitung und Besorgung der politischen Verwaltungs- geschäfte den Districtsobercommissären mit dem Titel von Distric- tualobergespanen zu übertragen wäre. Jn weiterer Ausführung dieser provisorischen Einrichtung der Verwaltung in Ungarn werden die einzelnen Civildistricte in mehrere von Regierungs- commissaren ( Comitatsvorständen ) zu verwaltende Amtsgebiete, und diese in mehrere politische Bezirke abzutheilen seyn, in wel- chen die dahin ausgesendeten Bezirkscommissäre ( administrirende Stuhlrichter ) die Geschäfte der politischen Administration zu be- sorgen haben werden. — Die Zahl der Districte ist noch nicht festgesetzt. Sämmtliche Angestellte leisten dem Kaiser von Oester- reich und dem Könige von Ungarn den Eid der Treue nach einer besonderen Formel. Dem Landvolke wird das Ver- sprechen wiederholt, daß die Bestimmungen über die aufge- hobenen Urbarialleistungen vollständig aufrecht erhalten wer- den sollen, den Gutsbesitzern die zugesicherte Urbarialentschä- digung nach Wiederkehr der Ordnung in Aussicht gestellt. — Dem Militärdistrictscommandanten ist die Oberleitung der Verwaltung und die Repräsentation der vollziehenden Gewalt nach Außen in seinem Districte übertragen. Alles, was die Aufrechthaltung der öffent- lichen Ordnung und Ruhe, die Publication der auf den District Bezug habenden Verordnungen, den Schutz der einzel- nen Nationalitäten in ihren verfassungmäßigen Rechten, die Durchführung der Folgen des Ausnahmszustandes und insbeson- dere die Bestrafung der Verbrechen gegen die Sicherheit des Staates, so wie die Concessionirung öffentlicher Blätter und die Hintanhaltung der Uebergriffe der Presse anbelangt, ist zunächst Sache des Militärdistrictscommandanten. Demselben wird zur Besorgung der laufenden Civilgeschäfte und für die Durchfüh- rung der organischen Reformen ein Ministerialcommissär beige- geben, welcher für seine Geschäftsführung dem bevollmächtigten kaiserlichen Commissär und dem Ministerium verantwortlich ist. Die Civilverwaltung ruht in den Händen von Districtsobercom- missären unter dem Titel Districtual=Obergespans und Regierungs- commissaren unter dem Namen Obercapitains. Alle Hoffnungen der alt=conservativen ungarischen Partei sind dadurch niederge- schlagen worden ( ? ) , auf der anderen Seite aber auch der Gedanke eines selbstständigen Kronlandes Slovakei beseitigt. Ganz mi- litärisch bleibt vorläufig die Verwaltung Jtaliens. Da die dortigen Verhältnisse die Vereinigung aller Regierungsgewalten in einer Hand gebieterisch erheischen, so ist die oberste Leitung der politischen Civilverwaltung dem F. M. Radetzky als General- Civil- und Militärgouverneur übertragen; demselben stehen eine Militär= und Civilsection zur Seite. Die Leitung der letzteren führt Graf Montecuccoli als erster, Graf Strassoldo als zweiter Chef. Zum Statthalter, Civil= und Militärgouverneur der Lombardei ist F. M. L. Fürst Schwarzenberg, F. M. L. Puchner in gleicher Eigenschaft für Venedig ernannt. Man liest in der „Presse“: Die „Deutsche Ztg.“ beeilt sich, der Meldung, daß Oesterreich am 13. den Vertrag über das Jn- terim ratificirt habe, die Bemerkung folgen zu lassen: „Wir haben Grund zu vermuthen, daß das Wiener Cabinet auf die von Preußen ausbedungenen besonderen Zugeständnisse vollkommen eingegangen ist.“ Die „Deutsche Reform“ in Berlin druckt naiver Weise diese Bemerkung mit großem Wohlgefallen ab. Auch wir haben von „ausbedungenen besonderen Zugeständnissen“ gehört. Nur dürfte sich, so weit unsere Quellen gehen, die wir für sehr gut halten, ein nicht unwesentlicher Jrrthum rücksichtlich der Sub- jecte, welche „ausbedungen haben“ und „eingegangen sind,“ ein- geschlichen haben. Berlin 27. October. ( K. Z. ) Der Abgeordnete zur ersten Kammer, frühere Oberpräsident der Provinz Preußen, Böt- ticher, ist zum zweiten Mitgliede der Bundescommission ernannt worden. Mehrere Zeitungen sprechen davon, daß die Prinzessin von Preußen den Winter mit dem Prinzen am Rheine zu- bringen werde und es wäre bereits der Hofstaat bezeichnet, wel- cher sie begleiten werde. Sicherem Vernehmen nach ist über diesen Plan jedoch durchaus noch nichts bestimmt. Die Prinzessin ist zur Zeit immer noch leidend in Folge der Fieberanfälle, an welchen sie den Herbst über gelitten hat. Der Ort, an welchem der Prinz seine Residenz während des Winters nehmen wird, soll noch nicht definitiv bestimmt seyn; indessen ist es wahrscheinlich, daß Coblenz der Sitz des Hauptquartieres werden wird. Die Ausdehnung der Stellung, welche dem Prinzen zugewiesen ist, würde jedoch auch seine öftere Anwesenheit an anderen Orten im westlichen Deutschland bedingen. Potsdam 25. October. Unter diesem Datum theilt der Pr. St.=A. die Reden des Königs bei dem jüngsten Capitel des Schwarzen Adler=Ordens mit. Als der jugendliche Prinz, der an diesem Tage die Jahre Seiner Mündigkeit erreicht hatte, vor den königlichen Thron trat, um die Jnvestitur zu empfangen, wurde er zuvor mit folgenden Worten des Königs an die innere Bedeutung der Feierlichkeit erinnert: Mein theurer Neffe! Der durchlauchtigste Stifter unserer Krone und dieses höchsten Ordens des Schwarzen Adlers hat festgestellt, daß die Fürsten unseres Hauses mit ihrer Volljährig- keit in das Capitel des Ordens durch feierliche Jnvestitur aufge- nommen werden sollen. Du bist heute volljährig und hier erschie- nen, um dieser Vorschrift zu genügen. Du sollst, achtzehn Jahre alt, dem höchsten Ehrenvereine Preußens zugesellt werden. Be- denke, was Das sagen will. Wir Alle fühlen, und ich hoffe, Du selbst fühlst es, daß daraus eine Gefahr für ein jugendliches Ge- müth erwachsen muß, welches, nicht dem Hohen und Höchsten zugewendet, Verlangen nach eitlen Ehren trägt. So haben es unsere Väter verstanden. Betrachte Dir jetzt dies Zimmer. Du stehst an dem Orte, an welchem Du das Sacrament der heiligen Taufe, also die Zusicherung des höchsten Heiles, umsonst empfangen hast. Ja, umsonst. Das Wort macht edle Herzen demüthig. Auch dieses Ordens Ehre empfängst Du umsonst. Der Gedanke bezeichnet die Dir wohlanständige, würdige Art, diese Ehren aufzunehmen. Möge er Dich aber zu- gleich entflammen, zumal in einer Zeit, die, wie kaum eine frühere, dem Eitelsten, der Gemeinheit und jeder Untreue fröhnt, ein wahres Muster christlicher Demuth, ritterlicher Kraft, hohen Sinnes, jeglicher Treue zu werden. Nur dann wirst Du

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 256. Mainz, 27. Oktober 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal256_1849/7>, abgerufen am 22.11.2024.