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Mainzer Journal. Nr. 174. Mainz, 27. Dezember 1848.

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[Beginn Spaltensatz] allen Staatsbürgern zustehenden Berechtigungen auch dem Lehr-
stande gleichmäßig gebühren. Für solche persönliche Meinungen
und Ueberzeugungen und der Aeußerung derselben auf dem Ge-
biete der allgemeinen gesetzlichen Freiheit -- also außer-
halb
des besondern Amtes als Lehrer -- kann eine Zurechnung
und Verantwortlichkeit auf dem Gebiete der Dienstdisciplin nicht
stattfinden. Die Ueberschreitungen des Gesetzes, welche sich ein
Lehrer außerhalb seines Amtes in politischer Beziehung zu
Schulden kommen läßt, verfallen den Gerichten, und eine Rück-
wirkung auf die amtliche Stellung des Beschuldigten kann nur
dann und in dem Maße stattfinden, als nach den Gesetzen der
richterlich festgestellte Charakter des Verbrechens [unleserliches Material - 3 Zeichen fehlen]uud die Art
oder das Maß der vom Richter verhängten Strafe eine solche
gebietet. Was dagegen das Verhalten der Lehrer im Amte an-
langt, so hat das Land vor Allem ein Recht, zu fordern, daß die
Jugend desselben in Zucht und Sitte und in Achtung und Gehor-
sam gegen die bestehende Verfassung des Landes und seine Gesetze
erzogen werde. Der Minister, dem die obere Leitung des Unter-
richtswesens anvertraut ist, ist den Vertretern des Landes ver-
antwortlich
auch dafür, daß diese unwandelbaren sittlichen
Grundlagen aller Jugenderziehung mit Ernst gewahrt werden.
Sollte daher ein Lehrer, im Widerstreite seiner persönlichen
Meinung mit der bestehenden Verfassung des Landes, sich nicht
enthalten können, diese seine Ansichten in die Verwaltung
seines Amtes
zu übertragen und der ihm anvertrauten Ju-
gend, statt Achtung vor dem Gesetze, feindselige Gesinnungen
gegen die verfassungsmäßigen Einrichtungen des Landes einzu-
flößen: so werde ich, eingedenk der auf mir ruhenden Verantwor-
tung gegen einen solchen Mißbrauch des Lehramtes, insofern der-
selbe nicht den Charakter eines gerichtlich zu ahnenden Amtsver-
brechens annimmt, im Wege der Dienstdisciplin mit unnachsicht-
licher Strenge einschreiten. Eben so muß ich es von den königlichen
Provinzialschulcollegien und den königlichen Regierungen fordern,
daß sie innerhalb ihres Amtskreises in gleicher Weise verfahren.
Berlin den 20. December 1848. Der Minister der geistlichen,
Unterrichts= und Medicinalangelegenheiten. ( gez. ) von La-
denberg.

x Von der Haardt 26. December. Die Neue Speyerer
Zeitung, die uns so eben zukommt, thut sich zu wiederholten Ma-
len unendlich viel darauf zu Gute, daß sie auf die Veröffentlichung
von Scandalen, von Seite derjenigen, "welche sich als die Säu-
len der Religion," die Neue Speyerer Zeitung aber "als deren
Feinde" bezeichnen, nicht eingehe. Durch dieses Vorbringen will
die N. Sp. Zeitung in ihrer gewöhnlichen geistlosen Art, die dem
Verstande in das Antlitz zu schlagen sich nie schent, wahrscheinlich
beweisen, daß sie nicht grundsätzlich gegen jede positive Reli-
gion überhaupt, insbesondere aber nicht gegen die katholiche Kirche
auftrete, wo immer sie nur kann. Die Würdigung solcher Be-
weisführung, wenn sie versucht seyn sollte, überlassen wir dem
Schulknaben, der eben die erste Lection in der Denklehre nach
neuestem Zuschnitte erhalten hat. Das Empörende dabei ist aber
die treulose Art, wie diese Zeitung, in dem sie angeblich schweigt,
mehr verdächtigt und verläumdet, als sie offenbar beweisen kann,
wenn sie spricht. Denn wir müssen es hinnehmen, zu hören, daß
sie " täglich neuen Stoff " habe, der freilich oft von der Art
sey, daß man ihn "ohne Verletzung des sittlichen Gefühles nicht
blos legen" könne. Wir erwiedern hierauf der Neuen Speyerer
Zeitung, daß es bei ihr stehe, noch hinterher mit jenem allerdings
höchst betrübenden Scandale ihre Spalten zu füllen, nachdem be-
reits die ganze Pfalz das "gewisse Actenstück" längst gelesen, und
zwar theils mit Schadenfreude und Hohn, theils mit Entrüstung
und tiefem Schmerze. Was das "neue Actenstück" betrifft, welches
der N. Sp. Zeitung vorliegt, so sind wir es nicht, welche die Ver-
öffentlichung scheuen. Entweder ist es eine Verleumdung; dann
wird sich der Verleumdete rechtfertigen, und besser rechtfertigen
als er es jetzt kann. Oder es ist Wahrheit, dann mag der Ge-
brandmarkte es hinnehmen, und obendrein seinem Vorgesetzten
Rechenschaft stehen, der es der N. Sp. Zeitung nur danken kann,
wenn sie auf solche schreiende Mißstände aufmerksam gemacht hat.
Die Zeit des Verheimlichens und des Umgangnehmens ist vorbei,
und nur die öffentliche Verhandlung kann in Zukunft noch from-
men, um auch "den Schein" abzuwälzen, durch welchen Jemand
"moralisch vernichtet" werden soll. Bei allem dem steht Eines
fest: die N. Sp. Zeitung ist der katholischen Kirche, als solcher
grundsätzlich Feind. Daß dies der Fall, hat sie selbst schla-
gend nachgewiesen durch die Art, wie sie in der jüngsten Zeit die
ehrwürdigen Erlasse der versammelten Bischöfe Deutschlands mit
hämischem Jngrimme und mit schmählicher Gemeinheit in den
Koth zu ziehen sich nicht entblödet hat. Sie hat es, befangen in
schlimmer Leidenschaftlichkeit, dergestalt bewiesen, daß selbst dem
Blindesten die Augen aufgehen müssen, und daß sie fortan ohn-
mächtig ist, mit allen Phrasen der Welt das Gegentheil glauben
[Spaltenumbruch] zu machen. Wer den gesammten Episcopat, der sich mit Bei-
stimmung des Papstes versammelt hat, feindlich angreift, wie es
die N. Sp. Zeitung gethan hat, der ist ein offener Feind der Kirche.

Frankreich.

* * * Paris 24. December. Der seitherige Justizminister
Marie ist wieder in die Advocatur zurückgetreten. Dagegen ist
der Divisionsgeneral Hieronymus Bonaparte ( der ehemalige Kö-
nig von Westphalen ) zum Gouverneur des Hotels der Jnvaliden
und der seitherige Gouverneur Marschall Molitor zum Groß-
kanzler der Ehrenlegion ernannt worden. Die letztere Stelle
wurde dem Divisionsgenerale Subervie, einem Emporkömmlinge
der Februarrevolution, genommen. Die Ernennung des alten Ex-
königs von Westphalen zu seinem neuen Amte wird durch einen
Bericht Odilon=Barrots motivirt, der wenigstens so viel beweist,
daß die Republik ihre geschmeidigen Höflinge hat, wie die Mo-
narchie. "Der General Jerome Bonaparte, sagt Herr Odilon-
Barrot, der schon im Jahre 1806 mit der Führung eines Armee-
corps betraut war, hat seitdem an allen unseren ruhmwürdigen
Thaten Theil genommen, er leitete nach dem traurigen Tage bei
Waterloo die heldenmüthigen Trümmer unserer Heere und war
der letzte, der an der Rettung Frankreichs verzweifelte. Würde
man das französische Volk fragen, so sind wir fest überzeugt, daß
es einstimmig erklären würde, der Platz des Bruders von Napo-
leon sey an dem heiligen Orte, wo die Gebeine seines Bruders
aufbewahrt werden, und an der Spitze jener edlen Schaar von
Veteranen, wo die künftigen Geschlechter unserer braven Solda-
ten sich vereinigen und bilden."

Die "Estafette" bringt heute die folgende Neuigkeit,
die übrigens wohl noch der Bestätigung bedarf, obschon sie von
Männern ausgehen soll, die ihrer Stellung nach unterrichtet seyn
können. Es soll nämlich im Ministerrathe beschlossen worden
seyn, daß Frankreich, Oesterreich und Neapel den Papst gemein-
schaftlich in seine weltliche Regierung wieder einsetzen sollen.
Die drei Mächte würden dann abwechselnd eine Garnison in Rom
unterhalten, die erste Expedition würde von Frankreich unternom-
men und die in die päpstlichen Staaten geschickten französischen
Streitkräfte später von Oesterreich und Neapel abgelöst werden.
Was an der Sache ist, wird sich vielleicht schon bis Dienstag
zeigen, wo das Cabinet über sein Programm interpellirt werden
soll. Jn dem Falle, daß dieses Programm der republikanischen
Fraction nicht zusagt, will diese sammt und sonders gegen das
Ministerium stimmen und die Schöpfung Odilon=Barrots we-
nigstens durch eine imposante Minorität zu erschüttern suchen.

Zum Gesandten der Republik in London ist Jerome Napoleon
Bonaparte, ein Sohn des Königs von Westphalen, ernannt
worden. Er wird jedoch, bevor er an seinen Posten abgeht, die
Höfe in Brüssel und im Haag besuchen und diesen die officielle
Anzeige von der Beförderung seines Vetters überbringen. Hie
und da hat es Verwunderung erregt, daß der neue Präsident
schon bei seiner Proclamation das Großkreuz der Ehrenlegion
getragen hat. Die Ernennung rührt indessen noch von dem
Kaiser her und es ist dieses derselbe Ordensstern, in Bezug auf
welchen der Prinz früher dem Untersuchungsrichter erklärte, "er
habe ihn in seiner Wiege gefunden." Die Parade, welche der
neue Präsident heute über die Nationalgarde und die Linien-
truppen abgehalten hat, ist ohne alle Störung vorübergegangen.



Anzeigen.

Frische, echte Perigord=Trüffeln, frischer, russischer
Caviar, frische und eingelegte Ananas, feine portugiesische
candirte Früchte sind so eben angekommen, so wie neue
Morcheln und Champignons, feine italiänische Ge-
sundheits=Chocolade
mit und ohne Vanille, alle Gat-
tungen grüne und schwarze Thee, feine und extrafeine Va-
nille,
frischer Arak, Rum und Ananas=Punschessenz,
echter Franzbranntwein, alter Cognac, feine holländi-
sche und französische Liqueurs und alle Sorten getrocknete
Früchte, zu haben bei     Carl Jos. Giani.



Englische Austern

im Anbruche und in Originalfäßchen, circa 325 und 650 Stück ent-
haltend, fortwährend in ganz frischer Qualität; ferner Turbots, Cabel-
jau 's, Soles ( Seezungen ) , Schellfische, nordische Kräuter=Auchovis,
marinirter Aale ( Brataal ) , echter russischer grobkörniger und feinkörniger
Caviar, Pricken ( marinirte Neunaugen ) , Sardines a l'huile in Büchsen,
holländische und Genueser Sardellen, neue marinirte Häringe, englische
Vollbückinge zum Rohessen, holländische Süß=Vollbückinge zum Backen,
pommerische Gänsebrüste, Capern, Pignolen, Macaroni, Tafelrosinen
und Dessert=Mandeln. -- Die Austern werden auf Verlangen
auch aufgemacht bei

    J. M. Blancjour am Fischthore.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

[Beginn Spaltensatz] allen Staatsbürgern zustehenden Berechtigungen auch dem Lehr-
stande gleichmäßig gebühren. Für solche persönliche Meinungen
und Ueberzeugungen und der Aeußerung derselben auf dem Ge-
biete der allgemeinen gesetzlichen Freiheit — also außer-
halb
des besondern Amtes als Lehrer — kann eine Zurechnung
und Verantwortlichkeit auf dem Gebiete der Dienstdisciplin nicht
stattfinden. Die Ueberschreitungen des Gesetzes, welche sich ein
Lehrer außerhalb seines Amtes in politischer Beziehung zu
Schulden kommen läßt, verfallen den Gerichten, und eine Rück-
wirkung auf die amtliche Stellung des Beschuldigten kann nur
dann und in dem Maße stattfinden, als nach den Gesetzen der
richterlich festgestellte Charakter des Verbrechens [unleserliches Material – 3 Zeichen fehlen]uud die Art
oder das Maß der vom Richter verhängten Strafe eine solche
gebietet. Was dagegen das Verhalten der Lehrer im Amte an-
langt, so hat das Land vor Allem ein Recht, zu fordern, daß die
Jugend desselben in Zucht und Sitte und in Achtung und Gehor-
sam gegen die bestehende Verfassung des Landes und seine Gesetze
erzogen werde. Der Minister, dem die obere Leitung des Unter-
richtswesens anvertraut ist, ist den Vertretern des Landes ver-
antwortlich
auch dafür, daß diese unwandelbaren sittlichen
Grundlagen aller Jugenderziehung mit Ernst gewahrt werden.
Sollte daher ein Lehrer, im Widerstreite seiner persönlichen
Meinung mit der bestehenden Verfassung des Landes, sich nicht
enthalten können, diese seine Ansichten in die Verwaltung
seines Amtes
zu übertragen und der ihm anvertrauten Ju-
gend, statt Achtung vor dem Gesetze, feindselige Gesinnungen
gegen die verfassungsmäßigen Einrichtungen des Landes einzu-
flößen: so werde ich, eingedenk der auf mir ruhenden Verantwor-
tung gegen einen solchen Mißbrauch des Lehramtes, insofern der-
selbe nicht den Charakter eines gerichtlich zu ahnenden Amtsver-
brechens annimmt, im Wege der Dienstdisciplin mit unnachsicht-
licher Strenge einschreiten. Eben so muß ich es von den königlichen
Provinzialschulcollegien und den königlichen Regierungen fordern,
daß sie innerhalb ihres Amtskreises in gleicher Weise verfahren.
Berlin den 20. December 1848. Der Minister der geistlichen,
Unterrichts= und Medicinalangelegenheiten. ( gez. ) von La-
denberg.

× Von der Haardt 26. December. Die Neue Speyerer
Zeitung, die uns so eben zukommt, thut sich zu wiederholten Ma-
len unendlich viel darauf zu Gute, daß sie auf die Veröffentlichung
von Scandalen, von Seite derjenigen, „welche sich als die Säu-
len der Religion,“ die Neue Speyerer Zeitung aber „als deren
Feinde“ bezeichnen, nicht eingehe. Durch dieses Vorbringen will
die N. Sp. Zeitung in ihrer gewöhnlichen geistlosen Art, die dem
Verstande in das Antlitz zu schlagen sich nie schent, wahrscheinlich
beweisen, daß sie nicht grundsätzlich gegen jede positive Reli-
gion überhaupt, insbesondere aber nicht gegen die katholiche Kirche
auftrete, wo immer sie nur kann. Die Würdigung solcher Be-
weisführung, wenn sie versucht seyn sollte, überlassen wir dem
Schulknaben, der eben die erste Lection in der Denklehre nach
neuestem Zuschnitte erhalten hat. Das Empörende dabei ist aber
die treulose Art, wie diese Zeitung, in dem sie angeblich schweigt,
mehr verdächtigt und verläumdet, als sie offenbar beweisen kann,
wenn sie spricht. Denn wir müssen es hinnehmen, zu hören, daß
sie „ täglich neuen Stoff “ habe, der freilich oft von der Art
sey, daß man ihn „ohne Verletzung des sittlichen Gefühles nicht
blos legen“ könne. Wir erwiedern hierauf der Neuen Speyerer
Zeitung, daß es bei ihr stehe, noch hinterher mit jenem allerdings
höchst betrübenden Scandale ihre Spalten zu füllen, nachdem be-
reits die ganze Pfalz das „gewisse Actenstück“ längst gelesen, und
zwar theils mit Schadenfreude und Hohn, theils mit Entrüstung
und tiefem Schmerze. Was das „neue Actenstück“ betrifft, welches
der N. Sp. Zeitung vorliegt, so sind wir es nicht, welche die Ver-
öffentlichung scheuen. Entweder ist es eine Verleumdung; dann
wird sich der Verleumdete rechtfertigen, und besser rechtfertigen
als er es jetzt kann. Oder es ist Wahrheit, dann mag der Ge-
brandmarkte es hinnehmen, und obendrein seinem Vorgesetzten
Rechenschaft stehen, der es der N. Sp. Zeitung nur danken kann,
wenn sie auf solche schreiende Mißstände aufmerksam gemacht hat.
Die Zeit des Verheimlichens und des Umgangnehmens ist vorbei,
und nur die öffentliche Verhandlung kann in Zukunft noch from-
men, um auch „den Schein“ abzuwälzen, durch welchen Jemand
„moralisch vernichtet“ werden soll. Bei allem dem steht Eines
fest: die N. Sp. Zeitung ist der katholischen Kirche, als solcher
grundsätzlich Feind. Daß dies der Fall, hat sie selbst schla-
gend nachgewiesen durch die Art, wie sie in der jüngsten Zeit die
ehrwürdigen Erlasse der versammelten Bischöfe Deutschlands mit
hämischem Jngrimme und mit schmählicher Gemeinheit in den
Koth zu ziehen sich nicht entblödet hat. Sie hat es, befangen in
schlimmer Leidenschaftlichkeit, dergestalt bewiesen, daß selbst dem
Blindesten die Augen aufgehen müssen, und daß sie fortan ohn-
mächtig ist, mit allen Phrasen der Welt das Gegentheil glauben
[Spaltenumbruch] zu machen. Wer den gesammten Episcopat, der sich mit Bei-
stimmung des Papstes versammelt hat, feindlich angreift, wie es
die N. Sp. Zeitung gethan hat, der ist ein offener Feind der Kirche.

Frankreich.

* * * Paris 24. December. Der seitherige Justizminister
Marie ist wieder in die Advocatur zurückgetreten. Dagegen ist
der Divisionsgeneral Hieronymus Bonaparte ( der ehemalige Kö-
nig von Westphalen ) zum Gouverneur des Hotels der Jnvaliden
und der seitherige Gouverneur Marschall Molitor zum Groß-
kanzler der Ehrenlegion ernannt worden. Die letztere Stelle
wurde dem Divisionsgenerale Subervie, einem Emporkömmlinge
der Februarrevolution, genommen. Die Ernennung des alten Ex-
königs von Westphalen zu seinem neuen Amte wird durch einen
Bericht Odilon=Barrots motivirt, der wenigstens so viel beweist,
daß die Republik ihre geschmeidigen Höflinge hat, wie die Mo-
narchie. „Der General Jerome Bonaparte, sagt Herr Odilon-
Barrot, der schon im Jahre 1806 mit der Führung eines Armee-
corps betraut war, hat seitdem an allen unseren ruhmwürdigen
Thaten Theil genommen, er leitete nach dem traurigen Tage bei
Waterloo die heldenmüthigen Trümmer unserer Heere und war
der letzte, der an der Rettung Frankreichs verzweifelte. Würde
man das französische Volk fragen, so sind wir fest überzeugt, daß
es einstimmig erklären würde, der Platz des Bruders von Napo-
leon sey an dem heiligen Orte, wo die Gebeine seines Bruders
aufbewahrt werden, und an der Spitze jener edlen Schaar von
Veteranen, wo die künftigen Geschlechter unserer braven Solda-
ten sich vereinigen und bilden.“

Die „Estafette“ bringt heute die folgende Neuigkeit,
die übrigens wohl noch der Bestätigung bedarf, obschon sie von
Männern ausgehen soll, die ihrer Stellung nach unterrichtet seyn
können. Es soll nämlich im Ministerrathe beschlossen worden
seyn, daß Frankreich, Oesterreich und Neapel den Papst gemein-
schaftlich in seine weltliche Regierung wieder einsetzen sollen.
Die drei Mächte würden dann abwechselnd eine Garnison in Rom
unterhalten, die erste Expedition würde von Frankreich unternom-
men und die in die päpstlichen Staaten geschickten französischen
Streitkräfte später von Oesterreich und Neapel abgelöst werden.
Was an der Sache ist, wird sich vielleicht schon bis Dienstag
zeigen, wo das Cabinet über sein Programm interpellirt werden
soll. Jn dem Falle, daß dieses Programm der republikanischen
Fraction nicht zusagt, will diese sammt und sonders gegen das
Ministerium stimmen und die Schöpfung Odilon=Barrots we-
nigstens durch eine imposante Minorität zu erschüttern suchen.

Zum Gesandten der Republik in London ist Jerome Napoleon
Bonaparte, ein Sohn des Königs von Westphalen, ernannt
worden. Er wird jedoch, bevor er an seinen Posten abgeht, die
Höfe in Brüssel und im Haag besuchen und diesen die officielle
Anzeige von der Beförderung seines Vetters überbringen. Hie
und da hat es Verwunderung erregt, daß der neue Präsident
schon bei seiner Proclamation das Großkreuz der Ehrenlegion
getragen hat. Die Ernennung rührt indessen noch von dem
Kaiser her und es ist dieses derselbe Ordensstern, in Bezug auf
welchen der Prinz früher dem Untersuchungsrichter erklärte, „er
habe ihn in seiner Wiege gefunden.“ Die Parade, welche der
neue Präsident heute über die Nationalgarde und die Linien-
truppen abgehalten hat, ist ohne alle Störung vorübergegangen.



Anzeigen.

Frische, echte Perigord=Trüffeln, frischer, russischer
Caviar, frische und eingelegte Ananas, feine portugiesische
candirte Früchte sind so eben angekommen, so wie neue
Morcheln und Champignons, feine italiänische Ge-
sundheits=Chocolade
mit und ohne Vanille, alle Gat-
tungen grüne und schwarze Thee, feine und extrafeine Va-
nille,
frischer Arak, Rum und Ananas=Punschessenz,
echter Franzbranntwein, alter Cognac, feine holländi-
sche und französische Liqueurs und alle Sorten getrocknete
Früchte, zu haben bei     Carl Jos. Giani.



Englische Austern

im Anbruche und in Originalfäßchen, circa 325 und 650 Stück ent-
haltend, fortwährend in ganz frischer Qualität; ferner Turbots, Cabel-
jau 's, Soles ( Seezungen ) , Schellfische, nordische Kräuter=Auchovis,
marinirter Aale ( Brataal ) , echter russischer grobkörniger und feinkörniger
Caviar, Pricken ( marinirte Neunaugen ) , Sardines à l'huile in Büchsen,
holländische und Genueser Sardellen, neue marinirte Häringe, englische
Vollbückinge zum Rohessen, holländische Süß=Vollbückinge zum Backen,
pommerische Gänsebrüste, Capern, Pignolen, Macaroni, Tafelrosinen
und Dessert=Mandeln. — Die Austern werden auf Verlangen
auch aufgemacht bei

    J. M. Blancjour am Fischthore.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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[0004] allen Staatsbürgern zustehenden Berechtigungen auch dem Lehr- stande gleichmäßig gebühren. Für solche persönliche Meinungen und Ueberzeugungen und der Aeußerung derselben auf dem Ge- biete der allgemeinen gesetzlichen Freiheit — also außer- halb des besondern Amtes als Lehrer — kann eine Zurechnung und Verantwortlichkeit auf dem Gebiete der Dienstdisciplin nicht stattfinden. Die Ueberschreitungen des Gesetzes, welche sich ein Lehrer außerhalb seines Amtes in politischer Beziehung zu Schulden kommen läßt, verfallen den Gerichten, und eine Rück- wirkung auf die amtliche Stellung des Beschuldigten kann nur dann und in dem Maße stattfinden, als nach den Gesetzen der richterlich festgestellte Charakter des Verbrechens ___uud die Art oder das Maß der vom Richter verhängten Strafe eine solche gebietet. Was dagegen das Verhalten der Lehrer im Amte an- langt, so hat das Land vor Allem ein Recht, zu fordern, daß die Jugend desselben in Zucht und Sitte und in Achtung und Gehor- sam gegen die bestehende Verfassung des Landes und seine Gesetze erzogen werde. Der Minister, dem die obere Leitung des Unter- richtswesens anvertraut ist, ist den Vertretern des Landes ver- antwortlich auch dafür, daß diese unwandelbaren sittlichen Grundlagen aller Jugenderziehung mit Ernst gewahrt werden. Sollte daher ein Lehrer, im Widerstreite seiner persönlichen Meinung mit der bestehenden Verfassung des Landes, sich nicht enthalten können, diese seine Ansichten in die Verwaltung seines Amtes zu übertragen und der ihm anvertrauten Ju- gend, statt Achtung vor dem Gesetze, feindselige Gesinnungen gegen die verfassungsmäßigen Einrichtungen des Landes einzu- flößen: so werde ich, eingedenk der auf mir ruhenden Verantwor- tung gegen einen solchen Mißbrauch des Lehramtes, insofern der- selbe nicht den Charakter eines gerichtlich zu ahnenden Amtsver- brechens annimmt, im Wege der Dienstdisciplin mit unnachsicht- licher Strenge einschreiten. Eben so muß ich es von den königlichen Provinzialschulcollegien und den königlichen Regierungen fordern, daß sie innerhalb ihres Amtskreises in gleicher Weise verfahren. Berlin den 20. December 1848. Der Minister der geistlichen, Unterrichts= und Medicinalangelegenheiten. ( gez. ) von La- denberg. × Von der Haardt 26. December. Die Neue Speyerer Zeitung, die uns so eben zukommt, thut sich zu wiederholten Ma- len unendlich viel darauf zu Gute, daß sie auf die Veröffentlichung von Scandalen, von Seite derjenigen, „welche sich als die Säu- len der Religion,“ die Neue Speyerer Zeitung aber „als deren Feinde“ bezeichnen, nicht eingehe. Durch dieses Vorbringen will die N. Sp. Zeitung in ihrer gewöhnlichen geistlosen Art, die dem Verstande in das Antlitz zu schlagen sich nie schent, wahrscheinlich beweisen, daß sie nicht grundsätzlich gegen jede positive Reli- gion überhaupt, insbesondere aber nicht gegen die katholiche Kirche auftrete, wo immer sie nur kann. Die Würdigung solcher Be- weisführung, wenn sie versucht seyn sollte, überlassen wir dem Schulknaben, der eben die erste Lection in der Denklehre nach neuestem Zuschnitte erhalten hat. Das Empörende dabei ist aber die treulose Art, wie diese Zeitung, in dem sie angeblich schweigt, mehr verdächtigt und verläumdet, als sie offenbar beweisen kann, wenn sie spricht. Denn wir müssen es hinnehmen, zu hören, daß sie „ täglich neuen Stoff “ habe, der freilich oft von der Art sey, daß man ihn „ohne Verletzung des sittlichen Gefühles nicht blos legen“ könne. Wir erwiedern hierauf der Neuen Speyerer Zeitung, daß es bei ihr stehe, noch hinterher mit jenem allerdings höchst betrübenden Scandale ihre Spalten zu füllen, nachdem be- reits die ganze Pfalz das „gewisse Actenstück“ längst gelesen, und zwar theils mit Schadenfreude und Hohn, theils mit Entrüstung und tiefem Schmerze. Was das „neue Actenstück“ betrifft, welches der N. Sp. Zeitung vorliegt, so sind wir es nicht, welche die Ver- öffentlichung scheuen. Entweder ist es eine Verleumdung; dann wird sich der Verleumdete rechtfertigen, und besser rechtfertigen als er es jetzt kann. Oder es ist Wahrheit, dann mag der Ge- brandmarkte es hinnehmen, und obendrein seinem Vorgesetzten Rechenschaft stehen, der es der N. Sp. Zeitung nur danken kann, wenn sie auf solche schreiende Mißstände aufmerksam gemacht hat. Die Zeit des Verheimlichens und des Umgangnehmens ist vorbei, und nur die öffentliche Verhandlung kann in Zukunft noch from- men, um auch „den Schein“ abzuwälzen, durch welchen Jemand „moralisch vernichtet“ werden soll. Bei allem dem steht Eines fest: die N. Sp. Zeitung ist der katholischen Kirche, als solcher grundsätzlich Feind. Daß dies der Fall, hat sie selbst schla- gend nachgewiesen durch die Art, wie sie in der jüngsten Zeit die ehrwürdigen Erlasse der versammelten Bischöfe Deutschlands mit hämischem Jngrimme und mit schmählicher Gemeinheit in den Koth zu ziehen sich nicht entblödet hat. Sie hat es, befangen in schlimmer Leidenschaftlichkeit, dergestalt bewiesen, daß selbst dem Blindesten die Augen aufgehen müssen, und daß sie fortan ohn- mächtig ist, mit allen Phrasen der Welt das Gegentheil glauben zu machen. Wer den gesammten Episcopat, der sich mit Bei- stimmung des Papstes versammelt hat, feindlich angreift, wie es die N. Sp. Zeitung gethan hat, der ist ein offener Feind der Kirche. Frankreich. * * * Paris 24. December. Der seitherige Justizminister Marie ist wieder in die Advocatur zurückgetreten. Dagegen ist der Divisionsgeneral Hieronymus Bonaparte ( der ehemalige Kö- nig von Westphalen ) zum Gouverneur des Hotels der Jnvaliden und der seitherige Gouverneur Marschall Molitor zum Groß- kanzler der Ehrenlegion ernannt worden. Die letztere Stelle wurde dem Divisionsgenerale Subervie, einem Emporkömmlinge der Februarrevolution, genommen. Die Ernennung des alten Ex- königs von Westphalen zu seinem neuen Amte wird durch einen Bericht Odilon=Barrots motivirt, der wenigstens so viel beweist, daß die Republik ihre geschmeidigen Höflinge hat, wie die Mo- narchie. „Der General Jerome Bonaparte, sagt Herr Odilon- Barrot, der schon im Jahre 1806 mit der Führung eines Armee- corps betraut war, hat seitdem an allen unseren ruhmwürdigen Thaten Theil genommen, er leitete nach dem traurigen Tage bei Waterloo die heldenmüthigen Trümmer unserer Heere und war der letzte, der an der Rettung Frankreichs verzweifelte. Würde man das französische Volk fragen, so sind wir fest überzeugt, daß es einstimmig erklären würde, der Platz des Bruders von Napo- leon sey an dem heiligen Orte, wo die Gebeine seines Bruders aufbewahrt werden, und an der Spitze jener edlen Schaar von Veteranen, wo die künftigen Geschlechter unserer braven Solda- ten sich vereinigen und bilden.“ Die „Estafette“ bringt heute die folgende Neuigkeit, die übrigens wohl noch der Bestätigung bedarf, obschon sie von Männern ausgehen soll, die ihrer Stellung nach unterrichtet seyn können. Es soll nämlich im Ministerrathe beschlossen worden seyn, daß Frankreich, Oesterreich und Neapel den Papst gemein- schaftlich in seine weltliche Regierung wieder einsetzen sollen. Die drei Mächte würden dann abwechselnd eine Garnison in Rom unterhalten, die erste Expedition würde von Frankreich unternom- men und die in die päpstlichen Staaten geschickten französischen Streitkräfte später von Oesterreich und Neapel abgelöst werden. Was an der Sache ist, wird sich vielleicht schon bis Dienstag zeigen, wo das Cabinet über sein Programm interpellirt werden soll. Jn dem Falle, daß dieses Programm der republikanischen Fraction nicht zusagt, will diese sammt und sonders gegen das Ministerium stimmen und die Schöpfung Odilon=Barrots we- nigstens durch eine imposante Minorität zu erschüttern suchen. Zum Gesandten der Republik in London ist Jerome Napoleon Bonaparte, ein Sohn des Königs von Westphalen, ernannt worden. Er wird jedoch, bevor er an seinen Posten abgeht, die Höfe in Brüssel und im Haag besuchen und diesen die officielle Anzeige von der Beförderung seines Vetters überbringen. Hie und da hat es Verwunderung erregt, daß der neue Präsident schon bei seiner Proclamation das Großkreuz der Ehrenlegion getragen hat. Die Ernennung rührt indessen noch von dem Kaiser her und es ist dieses derselbe Ordensstern, in Bezug auf welchen der Prinz früher dem Untersuchungsrichter erklärte, „er habe ihn in seiner Wiege gefunden.“ Die Parade, welche der neue Präsident heute über die Nationalgarde und die Linien- truppen abgehalten hat, ist ohne alle Störung vorübergegangen. Anzeigen. Frische, echte Perigord=Trüffeln, frischer, russischer Caviar, frische und eingelegte Ananas, feine portugiesische candirte Früchte sind so eben angekommen, so wie neue Morcheln und Champignons, feine italiänische Ge- sundheits=Chocolade mit und ohne Vanille, alle Gat- tungen grüne und schwarze Thee, feine und extrafeine Va- nille, frischer Arak, Rum und Ananas=Punschessenz, echter Franzbranntwein, alter Cognac, feine holländi- sche und französische Liqueurs und alle Sorten getrocknete Früchte, zu haben bei Carl Jos. Giani. Englische Austern im Anbruche und in Originalfäßchen, circa 325 und 650 Stück ent- haltend, fortwährend in ganz frischer Qualität; ferner Turbots, Cabel- jau 's, Soles ( Seezungen ) , Schellfische, nordische Kräuter=Auchovis, marinirter Aale ( Brataal ) , echter russischer grobkörniger und feinkörniger Caviar, Pricken ( marinirte Neunaugen ) , Sardines à l'huile in Büchsen, holländische und Genueser Sardellen, neue marinirte Häringe, englische Vollbückinge zum Rohessen, holländische Süß=Vollbückinge zum Backen, pommerische Gänsebrüste, Capern, Pignolen, Macaroni, Tafelrosinen und Dessert=Mandeln. — Die Austern werden auf Verlangen auch aufgemacht bei J. M. Blancjour am Fischthore. Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 174. Mainz, 27. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal174_1848/4>, abgerufen am 24.11.2024.