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Mainzer Journal. Nr. 169. Mainz, 20. Dezember 1848.

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[Beginn Spaltensatz] seyn. Ausnahmen von der Oeffentlichkeit des Verfahrens be-
stimmt im Jnteresse der Sittlichkeit das Gesetz.

§. 44. Jn Strafsachen gilt der Anklageproceß. Schwur-
gerichte sollen jedenfalls in schwereren Strafsachen und bei allen
politischen Vergehen urtheilen.

§. 45. Die bürgerliche Rechtspflege soll in Sachen beson-
derer Berufserfahrung durch sachkundige, von den Berufsge-
nossen frei gewählte Richter geübt oder mitgeübt werden.

§. 46. Rechtspflege und Verwaltung sollen getrennt und von
einander unabhängig seyn. Ueber Competenzconflicte zwischen
den Verwaltungs= und Gerichtsbehörden in den Einzelstaaten
entscheidet ein durch das Gesetz zu bestimmender Gerichtshof.

§. 47. Die Verwaltungsrechtspflege hört auf. Ueber alle
Rechtsverletzungen entscheiden die Gerichte. Der Polizei steht
keine Strafgerichtsbarkeit zu.

§. 48. Rechtskräftige Urtheile deutscher Gerichte sind in
allen deutschen Landen gleich wirksam und vollziehbar. Ein Reichs-
gesetz wird das Nähere bestimmen.

Nachdem mit §. 48. die zweite Lesung der Grundrechte
vollendet ist, soll sogleich auch das Einführungsgesetz dazu
in Berathung gezogen und erledigt werden. Als Berichterstatter
des Ausschusses erklärt jedoch Herr Deiters, daß einige redactio-
nelle Abänderungen auch diesmal unerläßlich seyen, wie er so-
gleich und sehr glücklich an dem Beispiele des §. 7. über Abschaff-
ung der Standesunterschiede zeigt. Der Vorschlag, den er zu der
redactionellen Umgestaltung jenes Paragraphen macht, wird so-
fort zum Beschlusse erhoben, und die Berathung über das Ein-
führungsgesetz dem Antrage gemäß bis Morgen vertagt. Die
anderen Gegenstände der morgenden Tagesordnung sind: Budget-
vorlagen und der Verfassungsabschnitt: "der Reichstag."

Noch ruft Zimmermann von Stuttgart den Biedemann-
schen Ausschuß an, ob das Befinden des Berichterstatters eine
baldige Begutachtung des Wesendonckschen Antrages in Bezug auf
die preußische octroyirte Verfassung endlich hoffen lasse. Zachariä
von Göttingen erwiedert darauf, der Bericht sey fertig und er
laute, wie er hier gleich mittheilen wolle, auf Uebergang zur
Tagesordnung
über den Wesendonckschen Antrag. ( Unwillen
auf der Linken. ) Gegen zwei Uhr Nachmittags wird die Sitzung
mit der Bewilligung mehrerer Urlaubsgesuche geschlossen.

Deutschland.

Wien 16. December. ( St. C. ) Das gestern publicirte Ur-
theil über einen 23jährigen Fleischerknecht hat sehr unangenehm
berührt. Er hatte in einem Gasthause Schmähreden über hohe
Personen und Drohungen gegen die Generalität ausgestoßen.
Darüber ward er zu achtjährigem Festungsarreste in schweren
Eisen verurtheilt. Jm Publicum erblickt man hierin in Anbetracht
des Vergehens, des Alters und der Bildungsstufe des Verurtheil-
ten eine übertriebene Strenge. Diese mag vielleicht ihren Grund
in dem übeln Geiste haben, der noch fortwährend bei der Bevöl-
kerung unserer Vorstädte herrscht. Man versichert, der Gouver-
neur Welden habe sich geäußert, er sehe voraus, daß noch Blut
fließen werde. -- Man erhält heute den Bericht des Finanzausschus-
ses über den geforderten Credit von 80 Millionen, welchem
aber nur mit 50 Millionen unter der Beschränkung eines hierbei
abermals zu benützenden Credites von 20 Millionen bei der Na-
tionalbank entsprochen wird.

Berlin 18. December. ( D. Z. ) Das Wichtigste, was ich
heute mittheilen kann, ist die Bestätigung der gerüchtsweise
durch die "Breslauer Zeitung" mitgetheilten Nachricht: daß
russische Truppen in Siebenbürgen und zwar in
Kronstadt eingerückt sind.
Handelsbriefe, die heute di-
rect aus Kronstadt hierher gelangt sind, enthalten diese Bestäti-
gung [ die wir immer noch bezweifeln ] . -- Die Mitglieder der
Mehrheit des ehemaligen Parlementes haben bekanntlich ihre ganze
politische Wirksamkeit jetzt auf die Wahlen concentrirt. Morgen
werden dieselben ein Circular veröffentlichen, das auch als
Programm für ihre Wahlbestrebungen dienen soll und worin sie
diejenigen Artikel der neuen Verfassung zusammenstellen, auf
welche sie ihre Hauptangriffe zu richten beabsichtigen. -- Herr
Simson wird morgen auch von hier abreisen. Ein Nachfolger
desselben wird in diesem Augenblicke nicht erwartet.

Berlin 17. December. ( Const. Cor. ) Wer an dialektlichen
Studien Gefallen findet, darf nur ein oder ein Paar Tage in
Potsdam verweilen; so zahlreich treffen daselbst täglich Deputa-
tionen aus den verschiedensten Landestheilen des Staates zusam-
men, um dem Könige für die Verfassung und die Rettung des
Vaterlandes zu danken. Zu einer derselben sagte der König heute
die schönen Worte: "Diese Zustimmung, meine Herren, dieser
[Spaltenumbruch] einstimmige Dank aus allen Theilen unseres Vaterlandes ist mir
eine reiche Genugthuung, die vollste Entschädigung für alle die
Leiden, welche mir dieses Jahr so reichlich gebracht hat; und ich
werde Gott noch in meiner Todesstunde für die Leiden danken,
denn ohne sie wären mir diese Freuden nicht geworden." Jn
Folge mehrfacher Zwistigkeiten zwischen den Garden und Linien-
truppen ist den ersteren heute eine ernste schriftliche Vermahnung
zu Theil geworden.

( Lith. Corr. ) Wir erfahren so eben, daß das 10. Jnfanterie-
Regiment Ordre erhalten habe, sich marschfertig zu halten, um
am 1. Januar in Hamburg seyn zu können. Es ist fraglich, ob
diese Bewegung dem Könige von Dänemark oder -- der Consti-
tuante der freien Hansestadt gelten soll.

Berlin 17. December. ( Nat. Z. ) Herr Hassenpflug
weilt bereits seit länger als acht Tagen in unserer Stadt, derselbe
ist auch bereits mehrmals in Potsdam gewesen und zur königlichen
Tafel gezogen worden. Herr v. Hassenpflug, bekanntlich vieljäh-
riger und vielgeprüfter Minister des Jnnern und Minister=Präsi-
dent in Kassel, versichert zu Bekannten, daß seine hiesige Anwe-
senheit mit der jetzigen politischen Constellation in Preußen durch-
aus in keinem Zusammenhange stehe ( ? ) , sondern lediglich zum
Zwecke habe, im Jnteresse Neu=Vorpommerns der Verbindung des
Ober=Apellationsgerichtes zu Greifswalde, dessen Präsident er ist,
mit dem Oberlandesgerichte zu Stettin entgegen zu arbeiten.

Frankreich.

Paris 17. December. Der "Moniteur" veröffentlicht heute
noch folgenden Briefwechsel zwischen Cavaignac und dem Papste:

I. General Cavaignac an Se. Heiligkeit: Paris 3. December
1848. Heiligster Vater! Jch übersende Ew. Heiligkeit durch einen
meiner Adjutanten gegenwärtige Depesche nebst einer Beilage vom
Erzbischofe von Nicäa, Jhrem Nuntius bei der Regierung der
Republik. Die französische Nation, tief ergriffen von dem Kum-
mer, dem Ew. Heiligkeit in den letzten Tagen ausgesetzt war, fühlt
sich gerührt von dem Gefühle väterlichen Vertrauens, das Ew.
Heiligkeit bewog, für einige Zeit ihre Gastfreundschaft anzuspre-
chen, die sie Ew. Heiligkeit würdig zu gewähren glücklich und
stolz seyn wird. Jch schreibe deshalb an Sie, damit kein Gefühl
der Beunruhigung, keine grundlose Befürchtung Jhren ersten
Entschluß verdränge und Ew. Heiligkeit davon abbringe. Die
Republik, deren Bestehen schon durch den wohlüberlegten, aus-
dauernden und souveränen Willen der französischen Nation gesi-
chert ist, wird es mit Stolz sehen, wie Ew. Heiligkeit durch Jhre
Gegenwart der Welt das Schauspiel einer religiösen Weihe dieses
Willens gaben, und sie wird sie mit der Würde und Achtung em-
pfangen, die der großen und edelherzigen Nation zukommt. Jch
fühlte das Bedürfniß, Ew. Heiligkeit diese Versicherung auszu-
sprechen, und ich wünsche, daß Jhnen dieselbe ohne Zögerung zu-
gehen möge. Jn diesen Gefühlen, heiligster Vater, bin ich Jhr
ehrfurchtsvoller Sohn ( gez. ) General Cavaignac.

II. Antwort des Papstes: Herr General! Jch habe durch
Vermittelung des Herrn v. Corcelles ein Schreiben an Sie ge-
richtet, worin ich Sie bat, Frankreich meine väterlichen Gefühle
und meinen wärmsten Dank auszudrücken. Dieses Dankgefühl
wird immer mehr gesteigert beim Anblicke der neuen Schritte, die
Sie, General, gegen mich sowohl in Jhrem als im Namen
Frankreichs thun, indem Sie mir durch einen Jhrer Adjutanten
ein Schreiben senden, worin Sie mir die Gastfreundschaft eines
Landes anbieten, das stets an entschieden katholischen und dem
päpstlichen Stuhle ergebenen Männern reich war und es auch
stets bleiben wird. Hierbei fühlt mein Herz von Neuem das Be-
dürfniß, Sie zu versichern, daß die günstige Gelegenheit nicht
ausbleiben wird, wo ich mit eigener Hand den apostolischen Se-
gen über das große und edelmüthige französische Volk werde spen-
den können. Hat mich auch die Vorsehung auf überraschende Weise
an den Ort geführt, an welchem ich mich augenblicklich befinde,
ohne daß dieser Reise irgend ein geheimer Plan oder eine Verab-
redung zu Grunde gelegen hätte, so wird mich dies Ereigniß doch
nicht hindern, schon hier mich vor Gott niederzuwerfen, dessen,
obgleich unwürdiger, Statthalter ich bin und ihn anzuflehen, über
Sie und ganz Frankreich seinen Segen zu ergießen. Gaeta 10.
December 1848. ( Gez. ) Pius IX.

Die starke Majorität für den Neffen des Kaisers wirkt so
imponirend, daß die Rothen nicht mucksen und Paris wie durch
einen Zauberschlag seine frühere ruhige Haltung wieder erlangt
hat. Jm Handel gibt sich eine seit der Februarrevolution unbe-
kannte Regsamkeit kund und Jedermann sieht mit Vertrauen der
Zukunft entgegen. Gott gebe, daß die Hoffnungen der Freunde
der Ordnung sich bewähren mögen!

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

[Beginn Spaltensatz] seyn. Ausnahmen von der Oeffentlichkeit des Verfahrens be-
stimmt im Jnteresse der Sittlichkeit das Gesetz.

§. 44. Jn Strafsachen gilt der Anklageproceß. Schwur-
gerichte sollen jedenfalls in schwereren Strafsachen und bei allen
politischen Vergehen urtheilen.

§. 45. Die bürgerliche Rechtspflege soll in Sachen beson-
derer Berufserfahrung durch sachkundige, von den Berufsge-
nossen frei gewählte Richter geübt oder mitgeübt werden.

§. 46. Rechtspflege und Verwaltung sollen getrennt und von
einander unabhängig seyn. Ueber Competenzconflicte zwischen
den Verwaltungs= und Gerichtsbehörden in den Einzelstaaten
entscheidet ein durch das Gesetz zu bestimmender Gerichtshof.

§. 47. Die Verwaltungsrechtspflege hört auf. Ueber alle
Rechtsverletzungen entscheiden die Gerichte. Der Polizei steht
keine Strafgerichtsbarkeit zu.

§. 48. Rechtskräftige Urtheile deutscher Gerichte sind in
allen deutschen Landen gleich wirksam und vollziehbar. Ein Reichs-
gesetz wird das Nähere bestimmen.

Nachdem mit §. 48. die zweite Lesung der Grundrechte
vollendet ist, soll sogleich auch das Einführungsgesetz dazu
in Berathung gezogen und erledigt werden. Als Berichterstatter
des Ausschusses erklärt jedoch Herr Deiters, daß einige redactio-
nelle Abänderungen auch diesmal unerläßlich seyen, wie er so-
gleich und sehr glücklich an dem Beispiele des §. 7. über Abschaff-
ung der Standesunterschiede zeigt. Der Vorschlag, den er zu der
redactionellen Umgestaltung jenes Paragraphen macht, wird so-
fort zum Beschlusse erhoben, und die Berathung über das Ein-
führungsgesetz dem Antrage gemäß bis Morgen vertagt. Die
anderen Gegenstände der morgenden Tagesordnung sind: Budget-
vorlagen und der Verfassungsabschnitt: „der Reichstag.“

Noch ruft Zimmermann von Stuttgart den Biedemann-
schen Ausschuß an, ob das Befinden des Berichterstatters eine
baldige Begutachtung des Wesendonckschen Antrages in Bezug auf
die preußische octroyirte Verfassung endlich hoffen lasse. Zachariä
von Göttingen erwiedert darauf, der Bericht sey fertig und er
laute, wie er hier gleich mittheilen wolle, auf Uebergang zur
Tagesordnung
über den Wesendonckschen Antrag. ( Unwillen
auf der Linken. ) Gegen zwei Uhr Nachmittags wird die Sitzung
mit der Bewilligung mehrerer Urlaubsgesuche geschlossen.

Deutschland.

Wien 16. December. ( St. C. ) Das gestern publicirte Ur-
theil über einen 23jährigen Fleischerknecht hat sehr unangenehm
berührt. Er hatte in einem Gasthause Schmähreden über hohe
Personen und Drohungen gegen die Generalität ausgestoßen.
Darüber ward er zu achtjährigem Festungsarreste in schweren
Eisen verurtheilt. Jm Publicum erblickt man hierin in Anbetracht
des Vergehens, des Alters und der Bildungsstufe des Verurtheil-
ten eine übertriebene Strenge. Diese mag vielleicht ihren Grund
in dem übeln Geiste haben, der noch fortwährend bei der Bevöl-
kerung unserer Vorstädte herrscht. Man versichert, der Gouver-
neur Welden habe sich geäußert, er sehe voraus, daß noch Blut
fließen werde. — Man erhält heute den Bericht des Finanzausschus-
ses über den geforderten Credit von 80 Millionen, welchem
aber nur mit 50 Millionen unter der Beschränkung eines hierbei
abermals zu benützenden Credites von 20 Millionen bei der Na-
tionalbank entsprochen wird.

Berlin 18. December. ( D. Z. ) Das Wichtigste, was ich
heute mittheilen kann, ist die Bestätigung der gerüchtsweise
durch die „Breslauer Zeitung“ mitgetheilten Nachricht: daß
russische Truppen in Siebenbürgen und zwar in
Kronstadt eingerückt sind.
Handelsbriefe, die heute di-
rect aus Kronstadt hierher gelangt sind, enthalten diese Bestäti-
gung [ die wir immer noch bezweifeln ] . — Die Mitglieder der
Mehrheit des ehemaligen Parlementes haben bekanntlich ihre ganze
politische Wirksamkeit jetzt auf die Wahlen concentrirt. Morgen
werden dieselben ein Circular veröffentlichen, das auch als
Programm für ihre Wahlbestrebungen dienen soll und worin sie
diejenigen Artikel der neuen Verfassung zusammenstellen, auf
welche sie ihre Hauptangriffe zu richten beabsichtigen. — Herr
Simson wird morgen auch von hier abreisen. Ein Nachfolger
desselben wird in diesem Augenblicke nicht erwartet.

Berlin 17. December. ( Const. Cor. ) Wer an dialektlichen
Studien Gefallen findet, darf nur ein oder ein Paar Tage in
Potsdam verweilen; so zahlreich treffen daselbst täglich Deputa-
tionen aus den verschiedensten Landestheilen des Staates zusam-
men, um dem Könige für die Verfassung und die Rettung des
Vaterlandes zu danken. Zu einer derselben sagte der König heute
die schönen Worte: „Diese Zustimmung, meine Herren, dieser
[Spaltenumbruch] einstimmige Dank aus allen Theilen unseres Vaterlandes ist mir
eine reiche Genugthuung, die vollste Entschädigung für alle die
Leiden, welche mir dieses Jahr so reichlich gebracht hat; und ich
werde Gott noch in meiner Todesstunde für die Leiden danken,
denn ohne sie wären mir diese Freuden nicht geworden.“ Jn
Folge mehrfacher Zwistigkeiten zwischen den Garden und Linien-
truppen ist den ersteren heute eine ernste schriftliche Vermahnung
zu Theil geworden.

( Lith. Corr. ) Wir erfahren so eben, daß das 10. Jnfanterie-
Regiment Ordre erhalten habe, sich marschfertig zu halten, um
am 1. Januar in Hamburg seyn zu können. Es ist fraglich, ob
diese Bewegung dem Könige von Dänemark oder — der Consti-
tuante der freien Hansestadt gelten soll.

Berlin 17. December. ( Nat. Z. ) Herr Hassenpflug
weilt bereits seit länger als acht Tagen in unserer Stadt, derselbe
ist auch bereits mehrmals in Potsdam gewesen und zur königlichen
Tafel gezogen worden. Herr v. Hassenpflug, bekanntlich vieljäh-
riger und vielgeprüfter Minister des Jnnern und Minister=Präsi-
dent in Kassel, versichert zu Bekannten, daß seine hiesige Anwe-
senheit mit der jetzigen politischen Constellation in Preußen durch-
aus in keinem Zusammenhange stehe ( ? ) , sondern lediglich zum
Zwecke habe, im Jnteresse Neu=Vorpommerns der Verbindung des
Ober=Apellationsgerichtes zu Greifswalde, dessen Präsident er ist,
mit dem Oberlandesgerichte zu Stettin entgegen zu arbeiten.

Frankreich.

Paris 17. December. Der „Moniteur“ veröffentlicht heute
noch folgenden Briefwechsel zwischen Cavaignac und dem Papste:

I. General Cavaignac an Se. Heiligkeit: Paris 3. December
1848. Heiligster Vater! Jch übersende Ew. Heiligkeit durch einen
meiner Adjutanten gegenwärtige Depesche nebst einer Beilage vom
Erzbischofe von Nicäa, Jhrem Nuntius bei der Regierung der
Republik. Die französische Nation, tief ergriffen von dem Kum-
mer, dem Ew. Heiligkeit in den letzten Tagen ausgesetzt war, fühlt
sich gerührt von dem Gefühle väterlichen Vertrauens, das Ew.
Heiligkeit bewog, für einige Zeit ihre Gastfreundschaft anzuspre-
chen, die sie Ew. Heiligkeit würdig zu gewähren glücklich und
stolz seyn wird. Jch schreibe deshalb an Sie, damit kein Gefühl
der Beunruhigung, keine grundlose Befürchtung Jhren ersten
Entschluß verdränge und Ew. Heiligkeit davon abbringe. Die
Republik, deren Bestehen schon durch den wohlüberlegten, aus-
dauernden und souveränen Willen der französischen Nation gesi-
chert ist, wird es mit Stolz sehen, wie Ew. Heiligkeit durch Jhre
Gegenwart der Welt das Schauspiel einer religiösen Weihe dieses
Willens gaben, und sie wird sie mit der Würde und Achtung em-
pfangen, die der großen und edelherzigen Nation zukommt. Jch
fühlte das Bedürfniß, Ew. Heiligkeit diese Versicherung auszu-
sprechen, und ich wünsche, daß Jhnen dieselbe ohne Zögerung zu-
gehen möge. Jn diesen Gefühlen, heiligster Vater, bin ich Jhr
ehrfurchtsvoller Sohn ( gez. ) General Cavaignac.

II. Antwort des Papstes: Herr General! Jch habe durch
Vermittelung des Herrn v. Corcelles ein Schreiben an Sie ge-
richtet, worin ich Sie bat, Frankreich meine väterlichen Gefühle
und meinen wärmsten Dank auszudrücken. Dieses Dankgefühl
wird immer mehr gesteigert beim Anblicke der neuen Schritte, die
Sie, General, gegen mich sowohl in Jhrem als im Namen
Frankreichs thun, indem Sie mir durch einen Jhrer Adjutanten
ein Schreiben senden, worin Sie mir die Gastfreundschaft eines
Landes anbieten, das stets an entschieden katholischen und dem
päpstlichen Stuhle ergebenen Männern reich war und es auch
stets bleiben wird. Hierbei fühlt mein Herz von Neuem das Be-
dürfniß, Sie zu versichern, daß die günstige Gelegenheit nicht
ausbleiben wird, wo ich mit eigener Hand den apostolischen Se-
gen über das große und edelmüthige französische Volk werde spen-
den können. Hat mich auch die Vorsehung auf überraschende Weise
an den Ort geführt, an welchem ich mich augenblicklich befinde,
ohne daß dieser Reise irgend ein geheimer Plan oder eine Verab-
redung zu Grunde gelegen hätte, so wird mich dies Ereigniß doch
nicht hindern, schon hier mich vor Gott niederzuwerfen, dessen,
obgleich unwürdiger, Statthalter ich bin und ihn anzuflehen, über
Sie und ganz Frankreich seinen Segen zu ergießen. Gaeta 10.
December 1848. ( Gez. ) Pius IX.

Die starke Majorität für den Neffen des Kaisers wirkt so
imponirend, daß die Rothen nicht mucksen und Paris wie durch
einen Zauberschlag seine frühere ruhige Haltung wieder erlangt
hat. Jm Handel gibt sich eine seit der Februarrevolution unbe-
kannte Regsamkeit kund und Jedermann sieht mit Vertrauen der
Zukunft entgegen. Gott gebe, daß die Hoffnungen der Freunde
der Ordnung sich bewähren mögen!

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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[0006] seyn. Ausnahmen von der Oeffentlichkeit des Verfahrens be- stimmt im Jnteresse der Sittlichkeit das Gesetz. §. 44. Jn Strafsachen gilt der Anklageproceß. Schwur- gerichte sollen jedenfalls in schwereren Strafsachen und bei allen politischen Vergehen urtheilen. §. 45. Die bürgerliche Rechtspflege soll in Sachen beson- derer Berufserfahrung durch sachkundige, von den Berufsge- nossen frei gewählte Richter geübt oder mitgeübt werden. §. 46. Rechtspflege und Verwaltung sollen getrennt und von einander unabhängig seyn. Ueber Competenzconflicte zwischen den Verwaltungs= und Gerichtsbehörden in den Einzelstaaten entscheidet ein durch das Gesetz zu bestimmender Gerichtshof. §. 47. Die Verwaltungsrechtspflege hört auf. Ueber alle Rechtsverletzungen entscheiden die Gerichte. Der Polizei steht keine Strafgerichtsbarkeit zu. §. 48. Rechtskräftige Urtheile deutscher Gerichte sind in allen deutschen Landen gleich wirksam und vollziehbar. Ein Reichs- gesetz wird das Nähere bestimmen. Nachdem mit §. 48. die zweite Lesung der Grundrechte vollendet ist, soll sogleich auch das Einführungsgesetz dazu in Berathung gezogen und erledigt werden. Als Berichterstatter des Ausschusses erklärt jedoch Herr Deiters, daß einige redactio- nelle Abänderungen auch diesmal unerläßlich seyen, wie er so- gleich und sehr glücklich an dem Beispiele des §. 7. über Abschaff- ung der Standesunterschiede zeigt. Der Vorschlag, den er zu der redactionellen Umgestaltung jenes Paragraphen macht, wird so- fort zum Beschlusse erhoben, und die Berathung über das Ein- führungsgesetz dem Antrage gemäß bis Morgen vertagt. Die anderen Gegenstände der morgenden Tagesordnung sind: Budget- vorlagen und der Verfassungsabschnitt: „der Reichstag.“ Noch ruft Zimmermann von Stuttgart den Biedemann- schen Ausschuß an, ob das Befinden des Berichterstatters eine baldige Begutachtung des Wesendonckschen Antrages in Bezug auf die preußische octroyirte Verfassung endlich hoffen lasse. Zachariä von Göttingen erwiedert darauf, der Bericht sey fertig und er laute, wie er hier gleich mittheilen wolle, auf Uebergang zur Tagesordnung über den Wesendonckschen Antrag. ( Unwillen auf der Linken. ) Gegen zwei Uhr Nachmittags wird die Sitzung mit der Bewilligung mehrerer Urlaubsgesuche geschlossen. Deutschland. Wien 16. December. ( St. C. ) Das gestern publicirte Ur- theil über einen 23jährigen Fleischerknecht hat sehr unangenehm berührt. Er hatte in einem Gasthause Schmähreden über hohe Personen und Drohungen gegen die Generalität ausgestoßen. Darüber ward er zu achtjährigem Festungsarreste in schweren Eisen verurtheilt. Jm Publicum erblickt man hierin in Anbetracht des Vergehens, des Alters und der Bildungsstufe des Verurtheil- ten eine übertriebene Strenge. Diese mag vielleicht ihren Grund in dem übeln Geiste haben, der noch fortwährend bei der Bevöl- kerung unserer Vorstädte herrscht. Man versichert, der Gouver- neur Welden habe sich geäußert, er sehe voraus, daß noch Blut fließen werde. — Man erhält heute den Bericht des Finanzausschus- ses über den geforderten Credit von 80 Millionen, welchem aber nur mit 50 Millionen unter der Beschränkung eines hierbei abermals zu benützenden Credites von 20 Millionen bei der Na- tionalbank entsprochen wird. Berlin 18. December. ( D. Z. ) Das Wichtigste, was ich heute mittheilen kann, ist die Bestätigung der gerüchtsweise durch die „Breslauer Zeitung“ mitgetheilten Nachricht: daß russische Truppen in Siebenbürgen und zwar in Kronstadt eingerückt sind. Handelsbriefe, die heute di- rect aus Kronstadt hierher gelangt sind, enthalten diese Bestäti- gung [ die wir immer noch bezweifeln ] . — Die Mitglieder der Mehrheit des ehemaligen Parlementes haben bekanntlich ihre ganze politische Wirksamkeit jetzt auf die Wahlen concentrirt. Morgen werden dieselben ein Circular veröffentlichen, das auch als Programm für ihre Wahlbestrebungen dienen soll und worin sie diejenigen Artikel der neuen Verfassung zusammenstellen, auf welche sie ihre Hauptangriffe zu richten beabsichtigen. — Herr Simson wird morgen auch von hier abreisen. Ein Nachfolger desselben wird in diesem Augenblicke nicht erwartet. Berlin 17. December. ( Const. Cor. ) Wer an dialektlichen Studien Gefallen findet, darf nur ein oder ein Paar Tage in Potsdam verweilen; so zahlreich treffen daselbst täglich Deputa- tionen aus den verschiedensten Landestheilen des Staates zusam- men, um dem Könige für die Verfassung und die Rettung des Vaterlandes zu danken. Zu einer derselben sagte der König heute die schönen Worte: „Diese Zustimmung, meine Herren, dieser einstimmige Dank aus allen Theilen unseres Vaterlandes ist mir eine reiche Genugthuung, die vollste Entschädigung für alle die Leiden, welche mir dieses Jahr so reichlich gebracht hat; und ich werde Gott noch in meiner Todesstunde für die Leiden danken, denn ohne sie wären mir diese Freuden nicht geworden.“ Jn Folge mehrfacher Zwistigkeiten zwischen den Garden und Linien- truppen ist den ersteren heute eine ernste schriftliche Vermahnung zu Theil geworden. ( Lith. Corr. ) Wir erfahren so eben, daß das 10. Jnfanterie- Regiment Ordre erhalten habe, sich marschfertig zu halten, um am 1. Januar in Hamburg seyn zu können. Es ist fraglich, ob diese Bewegung dem Könige von Dänemark oder — der Consti- tuante der freien Hansestadt gelten soll. Berlin 17. December. ( Nat. Z. ) Herr Hassenpflug weilt bereits seit länger als acht Tagen in unserer Stadt, derselbe ist auch bereits mehrmals in Potsdam gewesen und zur königlichen Tafel gezogen worden. Herr v. Hassenpflug, bekanntlich vieljäh- riger und vielgeprüfter Minister des Jnnern und Minister=Präsi- dent in Kassel, versichert zu Bekannten, daß seine hiesige Anwe- senheit mit der jetzigen politischen Constellation in Preußen durch- aus in keinem Zusammenhange stehe ( ? ) , sondern lediglich zum Zwecke habe, im Jnteresse Neu=Vorpommerns der Verbindung des Ober=Apellationsgerichtes zu Greifswalde, dessen Präsident er ist, mit dem Oberlandesgerichte zu Stettin entgegen zu arbeiten. Frankreich. Paris 17. December. Der „Moniteur“ veröffentlicht heute noch folgenden Briefwechsel zwischen Cavaignac und dem Papste: I. General Cavaignac an Se. Heiligkeit: Paris 3. December 1848. Heiligster Vater! Jch übersende Ew. Heiligkeit durch einen meiner Adjutanten gegenwärtige Depesche nebst einer Beilage vom Erzbischofe von Nicäa, Jhrem Nuntius bei der Regierung der Republik. Die französische Nation, tief ergriffen von dem Kum- mer, dem Ew. Heiligkeit in den letzten Tagen ausgesetzt war, fühlt sich gerührt von dem Gefühle väterlichen Vertrauens, das Ew. Heiligkeit bewog, für einige Zeit ihre Gastfreundschaft anzuspre- chen, die sie Ew. Heiligkeit würdig zu gewähren glücklich und stolz seyn wird. Jch schreibe deshalb an Sie, damit kein Gefühl der Beunruhigung, keine grundlose Befürchtung Jhren ersten Entschluß verdränge und Ew. Heiligkeit davon abbringe. Die Republik, deren Bestehen schon durch den wohlüberlegten, aus- dauernden und souveränen Willen der französischen Nation gesi- chert ist, wird es mit Stolz sehen, wie Ew. Heiligkeit durch Jhre Gegenwart der Welt das Schauspiel einer religiösen Weihe dieses Willens gaben, und sie wird sie mit der Würde und Achtung em- pfangen, die der großen und edelherzigen Nation zukommt. Jch fühlte das Bedürfniß, Ew. Heiligkeit diese Versicherung auszu- sprechen, und ich wünsche, daß Jhnen dieselbe ohne Zögerung zu- gehen möge. Jn diesen Gefühlen, heiligster Vater, bin ich Jhr ehrfurchtsvoller Sohn ( gez. ) General Cavaignac. II. Antwort des Papstes: Herr General! Jch habe durch Vermittelung des Herrn v. Corcelles ein Schreiben an Sie ge- richtet, worin ich Sie bat, Frankreich meine väterlichen Gefühle und meinen wärmsten Dank auszudrücken. Dieses Dankgefühl wird immer mehr gesteigert beim Anblicke der neuen Schritte, die Sie, General, gegen mich sowohl in Jhrem als im Namen Frankreichs thun, indem Sie mir durch einen Jhrer Adjutanten ein Schreiben senden, worin Sie mir die Gastfreundschaft eines Landes anbieten, das stets an entschieden katholischen und dem päpstlichen Stuhle ergebenen Männern reich war und es auch stets bleiben wird. Hierbei fühlt mein Herz von Neuem das Be- dürfniß, Sie zu versichern, daß die günstige Gelegenheit nicht ausbleiben wird, wo ich mit eigener Hand den apostolischen Se- gen über das große und edelmüthige französische Volk werde spen- den können. Hat mich auch die Vorsehung auf überraschende Weise an den Ort geführt, an welchem ich mich augenblicklich befinde, ohne daß dieser Reise irgend ein geheimer Plan oder eine Verab- redung zu Grunde gelegen hätte, so wird mich dies Ereigniß doch nicht hindern, schon hier mich vor Gott niederzuwerfen, dessen, obgleich unwürdiger, Statthalter ich bin und ihn anzuflehen, über Sie und ganz Frankreich seinen Segen zu ergießen. Gaeta 10. December 1848. ( Gez. ) Pius IX. Die starke Majorität für den Neffen des Kaisers wirkt so imponirend, daß die Rothen nicht mucksen und Paris wie durch einen Zauberschlag seine frühere ruhige Haltung wieder erlangt hat. Jm Handel gibt sich eine seit der Februarrevolution unbe- kannte Regsamkeit kund und Jedermann sieht mit Vertrauen der Zukunft entgegen. Gott gebe, daß die Hoffnungen der Freunde der Ordnung sich bewähren mögen! Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 169. Mainz, 20. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal169_1848/6>, abgerufen am 16.07.2024.