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Mainzer Journal. Nr. 169. Mainz, 20. Dezember 1848.

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[Beginn Spaltensatz] baue, seinen noch nicht erprobten Kräften zur Seite zu stehen.
"Die Erfahrungen, so heißt es in dem kaiserlichen Handschreiben
weiter, welche ich unter Jhrer Leitung gemacht, haben mir in Jh-
nen das geliebte und geehrte Oberhaupt meines heldenmüthigen
Heeres gezeigt, eines Heeres, für welches Sie das Beispiel aller
Tugenden sind, dessen Treue Sie befestigen, dessen Tapferkeit Sie
steigern. Unterstützen Sie den Aufruf, den ich an meine braven
Truppen richte, wenn ich ihre Anhänglichkeit in Anspruch nehme,
sagen Sie ihnen, wie sehr ich ihr Verdienst schätze, und versichern
Sie dieselben meiner aus diesem Verdienste hervorgehenden Ge-
wogenheit. Lieber Graf, ich bitte Sie als Mann von Ehre, ste-
hen Sie mir durch feste Zuneigung und freies Wort
bei."

Frankreich.

M Paris 16. December. Wäre die Wahl zweifelhaft aus-
gefallen, so hätte sie den öffentlichen Frieden gefährdet, wie sie
jetzt ausgefallen ist, ist ihre colossale Majorität eine Bürgschaft
des innern Friedens. Die Clubs und Volksversammlungen ha-
ben von selbst aufgehört, selbst die Blousenmänner -- es ist keine
Täuschung möglich -- wollen von den Rothrepublikanern nichts
mehr wissen und die materielle Ordnung ist gesichert. Könnte
ich dasselbe nur auch von der sittlichen Ordnung sagen! Bei der
für die jetzige Jahreszeit außerordentlich milden Witterung kom-
men die Toiletten und Equipagen aus ihren seitherigen Ver-
stecken, den Boudoirs und Remisen wieder zum Vorscheine, und
wer dieser Tage auf den elysäischen Feldern und im Wäldchen
von Boulogne war, konnte sich im Geiste in die schönen Tage
der Monarchie zurückversetzt glauben. Gestern war es auch wie-
der jährig, daß der Kaiser im Jnvalidenhotel beigesetzt wurde
und es hatte sich das Gerücht verbreitet, daß bei der Gelegenheit
eine anarchische Bewegung ausbrechen solle. Wie es hieß, woll-
ten die Wühler sich in alte Uniformen der großen Armee stecken
und in dieser Verkleidung zum Rufe: es lebe der Kaiser! aufrei-
zen, eine Demonstration, deren Zweck nicht schwer zu erkennen
ist. Um indessen allen Vorwand zu Unruhen abzuschneiden,
wohnten weder der neue Präsident der Republik, noch sonst ir-
gend ein Mitglied der Familie Bonaparte der Feier bei, auch die
alten Waffenbrüder des Kaisers brachten dieses Opfer und so
ging der Tag ganz ruhig vorüber. Die Anarchisten fühlen es
auch sehr wohl, daß die Zeit einem Handstreiche nicht mehr gün-
stig ist und die große Masse der Bürger bei der jetzt herrschenden
Stimmung sich gegen sie erheben würde, um sie mit einem
Schlage zu vernichten. Jetzt, wo das Vertrauen sich wieder zu
heben beginnt, fühlen die Männer der Ordnung, daß es ihre
Pflicht ist, Alles, selbst das Leben für die Aufrechthaltung der-
selben zu opfern, und ich kann sie versichern: sie würden ihre
Schuldigkeit thun, die Nationalgarde würde mit noch viel größe-
rer Begeisterung unter das Gewehr treten, als dieses im Juni
der Fall war. Eine Schilderhebung ist also in diesem Augen-
blicke nicht zu fürchten.

Die "Democratie," die "Revolution," "Peuple" und " Re-
forme " wissen Wunderdinge davon zu erzählen, wie viel das
Stimmen oder Nichtstimmen der Socialisten gewirkt, denen allein
der Prinz Bonaparte aus Trotz gegen Cavaignac seine absolute
Majorität verdanken soll! Wer indessen die Lage der Dinge
nur etwas kennt, läßt sich durch dieses leere Gerede nicht mehr
täuschen, und wie stark die socialistische und ultrademokratische
Partei ist, weiß jetzt Jedermann. Jm Juni konnten sie allerdings
noch eine Masse armer Menschen zu den Barricaden hintreiben,
allein jetzt wird ihnen dieses nicht mehr gelingen, denn die Arbeiter
selbst sehen ein, daß an diesen "Theorien für Cannibalen," die
man ihnen so lange als das Universalheilmittel für die Welt ge-
schildert hat, nichts ist, und daß die vortrefflichen Volksbeglücker
vor Allem ihr eigenes Schäfchen in Sicherheit zu bringen suchen.
Die Zeit ist nicht mehr fern, wo die Wühler keinen andern An-
hang mehr haben werden, als jenen Theil der Pariser Bevölke-
rung, der wegen seiner sittlichen Versunkenheit und Verderbtheit,
wegen seines Mangels an religiösem Sinne und seiner furcht-
baren Unwissenheit als unrettbar aufgegeben werden muß.

Das neue Cabinet ist fertig und auf die Proclamation des
Präsidenten wird die Ernennung der Minister folgen. Mol e,
Thiers und Marschall Bugeaud treten in das Ministerium nicht
ein, was zu bedauern ist, denn so bedeutende Namen hätten die
Verwaltung nur befestigen können. Allein selbst wie es ist, hat
das neue Cabinet Aussichten auf eine längere Dauer und es be-
finden sich in demselben, was die Hauptsache ist, für die Special-
fächer ganz ausgezeichnete Männer. Die Republik hat durch ihre
Pfuscher in der Verwaltung gar viel verdorben! Die sogenann-
ten Republikaner vom Tage zuvor sind vom Ministerium ausge-
schlossen und es war auch wohl nicht anders zu machen. Wie
[Spaltenumbruch] die Dinge jetzt stehen, hätte Louis Bonaparte nur den unbedeu-
tendsten Capacitäten dieser Fraction Anerbietungen machen können,
denn mit Ausnahme von ein paar Dissidenten haben die Republika-
ner vom Tage zuvor alle mit einander für Cavaignac gestimmt,
und man konnte Leuten, die vor ein paar Tagen noch so entschieden
feindlich auftraten, nicht eine Stellung anbieten, die sie mit Ehren
nicht hätten annehmen können. Von den Republikanern blie-
ben also als Candidaten für das neue Ministerium nur die
Dissidenten übrig, und es war einen Augenblick wirklich von
Barthelemy Saint=Hilaire, dem Verfasser der berüchtigten histo-
rischen Darstellung gegen Cavaignac, die Rede. Der Plan mußte
indessen wieder aufgegeben werden, weil er für die Majorität
der Nationalversammlung eine zu große Beleidigung gewesen
wäre. Für die Vicepräsidentschaft werden der Nationalversamm-
lung drei Candidaten vorgeschlagen werden, die dann selbst wahlen
wird. Wenn es seine Richtigkeit damit hat, daß Garnier=Pages auf
dieser Liste steht, so ist dieses gewiß nur in der Voraussetzung gesche-
hen, daß die Nationalversammlung selbst ihn wieder beseitigen wird,
Denn Garnier=Pages repräsentirt nichts weiter als die Minorität
einer Minorität und es wäre eine Lächerlichkeit, wenn man ihn
zu der zweithöchsten Stelle der Republik befördern wollte. Die
Orgelspieler, Minstrels und Balladensänger, welche seither auf
dem Lande an der Candidatur des Prinzen oder Cavaignacs,
je nachdem sie von dem Einen oder Andern bezahlt wurden, so
bedeutend geschürt haben, kommen seit gestern in Massen wieder
in die Hauptstadt zurück. Diese Leute haben wirklich bei der letz-
ten Wahl eine bedeutende Rolle gespielt und es hat sich auch
im Jahre 1848 wieder, wie schon vor zweihundert Jahren zu
Mazarins Zeiten, die Erfahrung bewährt, daß Frankreich sich
durch Chansons -- an der Nase herum führen läßt.

Der "Leipz. Ztg." schreibt ihr Pariser Correspondent den fol-
genden etwas abenteuerlichen Artikel: So eben erfahre ich aus
höchst authentischer Quelle, daß die hiesigen Communisten in der
That nicht nur für Paris, sondern für alle großen Städte Euro-
pa 's neue furchtbare Unordnungen beabsichtigen und einen großen
Raub= und Mordplan organisirt haben, demzufolge sie diesmal
nicht mit den Waffen in der Hand, sondern als wahre Mord-
brenner auftreten und bei dem Scheine der an hundert Enden zu-
gleich in den großen Städten zu erregenden Feuersbrünste durch
Blutbad und Plünderung zu der Theilung der Reichthümer schrei-
ten wollen, die sie schon lange belauern. An der Spitze dieser
Verschwörung stehen hier namentlich die Raspailianer, welche
ganz unverholen sagen, daß sie, wenn die Präsidentenwahl für
Napoleon ausfalle, noch drei Monate zusehen wollten; falle sie
aber für Cavaignac aus, so sey keine Gnade mehr und es müsse
der bisherigen Societät und Bürgerschaft das Garaus gemacht
werden. Zu diesem Ende haben sich schon mehrere sehr verdäch-
tige Jndividuen in reichen Quartieren und sonst nicht von Hand-
werkern bewohnten Häusern eingemiethet, um diese, wenn der
Zeitpunkt gekommen sey, in Brand zu stecken. Unsere Regierung
aber wacht und ist ebenso fest entschlossen, bei dem allerersten
Versuche von Seiten dieser Rotte ihre Streiche so zu führen, daß
dieser für ein halbes Jahrhundert wenigstens die Lust zu thätigen
politischen Eingriffen vergeht. Darum will die Regierung auch,
falle die endliche Wahl auf wen sie wolle, den Erwählten nicht
nur treu begünstigen, sondern auch bis zu seiner Proclamirung
Alles thun, was sie kann, Frankreichs und Europa's Ruhe zu
erhalten und die Gesellschaft vor dem Einbruche des Mordgesin-
dels zu schützen. Ein anderer sehr fruchtbringender Gedanke, der
höheren Ortes schon vielfach besprochen worden, ist aber der, auf
Mittel zu sinnen, wie man für die Folge die Anlegung von großen
Fabriken und Manufacturen von den großen Städten hinweg
und so auf das Land verpflanzen könne, daß überhaupt in großen
Städten gar keine andere Fabrikationen mehr geduldet würden,
als nur die der kleinen Handwerker.



Anzeigen.
Die Unterzeichneten empfehlen

zu Weihnachts= und Neujahrsgeschenken ihr wohl
assortirtes Lager von Kinder= und Jugendschriften,
sowohl in deutscher als französischer Sprache, Werke
für Erwachsene, sowohl belletristischen als wissen-
schaftlichen Jnhaltes, Gebet= und Andachtsbücher
in geschmackvollen Einbänden zur geneigten Abnahme.

Kirchheim & Schott.

Es wird ein Gut zu kaufen gesucht, das zu 5% sich rentiren
und in der Provinz Rheinhessen gelegen seyn muß,

durch Max Hirsch, Große Bleiche D. 289.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

[Beginn Spaltensatz] baue, seinen noch nicht erprobten Kräften zur Seite zu stehen.
„Die Erfahrungen, so heißt es in dem kaiserlichen Handschreiben
weiter, welche ich unter Jhrer Leitung gemacht, haben mir in Jh-
nen das geliebte und geehrte Oberhaupt meines heldenmüthigen
Heeres gezeigt, eines Heeres, für welches Sie das Beispiel aller
Tugenden sind, dessen Treue Sie befestigen, dessen Tapferkeit Sie
steigern. Unterstützen Sie den Aufruf, den ich an meine braven
Truppen richte, wenn ich ihre Anhänglichkeit in Anspruch nehme,
sagen Sie ihnen, wie sehr ich ihr Verdienst schätze, und versichern
Sie dieselben meiner aus diesem Verdienste hervorgehenden Ge-
wogenheit. Lieber Graf, ich bitte Sie als Mann von Ehre, ste-
hen Sie mir durch feste Zuneigung und freies Wort
bei.“

Frankreich.

M Paris 16. December. Wäre die Wahl zweifelhaft aus-
gefallen, so hätte sie den öffentlichen Frieden gefährdet, wie sie
jetzt ausgefallen ist, ist ihre colossale Majorität eine Bürgschaft
des innern Friedens. Die Clubs und Volksversammlungen ha-
ben von selbst aufgehört, selbst die Blousenmänner — es ist keine
Täuschung möglich — wollen von den Rothrepublikanern nichts
mehr wissen und die materielle Ordnung ist gesichert. Könnte
ich dasselbe nur auch von der sittlichen Ordnung sagen! Bei der
für die jetzige Jahreszeit außerordentlich milden Witterung kom-
men die Toiletten und Equipagen aus ihren seitherigen Ver-
stecken, den Boudoirs und Remisen wieder zum Vorscheine, und
wer dieser Tage auf den elysäischen Feldern und im Wäldchen
von Boulogne war, konnte sich im Geiste in die schönen Tage
der Monarchie zurückversetzt glauben. Gestern war es auch wie-
der jährig, daß der Kaiser im Jnvalidenhotel beigesetzt wurde
und es hatte sich das Gerücht verbreitet, daß bei der Gelegenheit
eine anarchische Bewegung ausbrechen solle. Wie es hieß, woll-
ten die Wühler sich in alte Uniformen der großen Armee stecken
und in dieser Verkleidung zum Rufe: es lebe der Kaiser! aufrei-
zen, eine Demonstration, deren Zweck nicht schwer zu erkennen
ist. Um indessen allen Vorwand zu Unruhen abzuschneiden,
wohnten weder der neue Präsident der Republik, noch sonst ir-
gend ein Mitglied der Familie Bonaparte der Feier bei, auch die
alten Waffenbrüder des Kaisers brachten dieses Opfer und so
ging der Tag ganz ruhig vorüber. Die Anarchisten fühlen es
auch sehr wohl, daß die Zeit einem Handstreiche nicht mehr gün-
stig ist und die große Masse der Bürger bei der jetzt herrschenden
Stimmung sich gegen sie erheben würde, um sie mit einem
Schlage zu vernichten. Jetzt, wo das Vertrauen sich wieder zu
heben beginnt, fühlen die Männer der Ordnung, daß es ihre
Pflicht ist, Alles, selbst das Leben für die Aufrechthaltung der-
selben zu opfern, und ich kann sie versichern: sie würden ihre
Schuldigkeit thun, die Nationalgarde würde mit noch viel größe-
rer Begeisterung unter das Gewehr treten, als dieses im Juni
der Fall war. Eine Schilderhebung ist also in diesem Augen-
blicke nicht zu fürchten.

Die „Democratie,“ die „Revolution,“ „Peuple“ und „ Re-
forme “ wissen Wunderdinge davon zu erzählen, wie viel das
Stimmen oder Nichtstimmen der Socialisten gewirkt, denen allein
der Prinz Bonaparte aus Trotz gegen Cavaignac seine absolute
Majorität verdanken soll! Wer indessen die Lage der Dinge
nur etwas kennt, läßt sich durch dieses leere Gerede nicht mehr
täuschen, und wie stark die socialistische und ultrademokratische
Partei ist, weiß jetzt Jedermann. Jm Juni konnten sie allerdings
noch eine Masse armer Menschen zu den Barricaden hintreiben,
allein jetzt wird ihnen dieses nicht mehr gelingen, denn die Arbeiter
selbst sehen ein, daß an diesen „Theorien für Cannibalen,“ die
man ihnen so lange als das Universalheilmittel für die Welt ge-
schildert hat, nichts ist, und daß die vortrefflichen Volksbeglücker
vor Allem ihr eigenes Schäfchen in Sicherheit zu bringen suchen.
Die Zeit ist nicht mehr fern, wo die Wühler keinen andern An-
hang mehr haben werden, als jenen Theil der Pariser Bevölke-
rung, der wegen seiner sittlichen Versunkenheit und Verderbtheit,
wegen seines Mangels an religiösem Sinne und seiner furcht-
baren Unwissenheit als unrettbar aufgegeben werden muß.

Das neue Cabinet ist fertig und auf die Proclamation des
Präsidenten wird die Ernennung der Minister folgen. Mol é,
Thiers und Marschall Bugeaud treten in das Ministerium nicht
ein, was zu bedauern ist, denn so bedeutende Namen hätten die
Verwaltung nur befestigen können. Allein selbst wie es ist, hat
das neue Cabinet Aussichten auf eine längere Dauer und es be-
finden sich in demselben, was die Hauptsache ist, für die Special-
fächer ganz ausgezeichnete Männer. Die Republik hat durch ihre
Pfuscher in der Verwaltung gar viel verdorben! Die sogenann-
ten Republikaner vom Tage zuvor sind vom Ministerium ausge-
schlossen und es war auch wohl nicht anders zu machen. Wie
[Spaltenumbruch] die Dinge jetzt stehen, hätte Louis Bonaparte nur den unbedeu-
tendsten Capacitäten dieser Fraction Anerbietungen machen können,
denn mit Ausnahme von ein paar Dissidenten haben die Republika-
ner vom Tage zuvor alle mit einander für Cavaignac gestimmt,
und man konnte Leuten, die vor ein paar Tagen noch so entschieden
feindlich auftraten, nicht eine Stellung anbieten, die sie mit Ehren
nicht hätten annehmen können. Von den Republikanern blie-
ben also als Candidaten für das neue Ministerium nur die
Dissidenten übrig, und es war einen Augenblick wirklich von
Barthelemy Saint=Hilaire, dem Verfasser der berüchtigten histo-
rischen Darstellung gegen Cavaignac, die Rede. Der Plan mußte
indessen wieder aufgegeben werden, weil er für die Majorität
der Nationalversammlung eine zu große Beleidigung gewesen
wäre. Für die Vicepräsidentschaft werden der Nationalversamm-
lung drei Candidaten vorgeschlagen werden, die dann selbst wahlen
wird. Wenn es seine Richtigkeit damit hat, daß Garnier=Pagès auf
dieser Liste steht, so ist dieses gewiß nur in der Voraussetzung gesche-
hen, daß die Nationalversammlung selbst ihn wieder beseitigen wird,
Denn Garnier=Pagès repräsentirt nichts weiter als die Minorität
einer Minorität und es wäre eine Lächerlichkeit, wenn man ihn
zu der zweithöchsten Stelle der Republik befördern wollte. Die
Orgelspieler, Minstrels und Balladensänger, welche seither auf
dem Lande an der Candidatur des Prinzen oder Cavaignacs,
je nachdem sie von dem Einen oder Andern bezahlt wurden, so
bedeutend geschürt haben, kommen seit gestern in Massen wieder
in die Hauptstadt zurück. Diese Leute haben wirklich bei der letz-
ten Wahl eine bedeutende Rolle gespielt und es hat sich auch
im Jahre 1848 wieder, wie schon vor zweihundert Jahren zu
Mazarins Zeiten, die Erfahrung bewährt, daß Frankreich sich
durch Chansons — an der Nase herum führen läßt.

Der „Leipz. Ztg.“ schreibt ihr Pariser Correspondent den fol-
genden etwas abenteuerlichen Artikel: So eben erfahre ich aus
höchst authentischer Quelle, daß die hiesigen Communisten in der
That nicht nur für Paris, sondern für alle großen Städte Euro-
pa 's neue furchtbare Unordnungen beabsichtigen und einen großen
Raub= und Mordplan organisirt haben, demzufolge sie diesmal
nicht mit den Waffen in der Hand, sondern als wahre Mord-
brenner auftreten und bei dem Scheine der an hundert Enden zu-
gleich in den großen Städten zu erregenden Feuersbrünste durch
Blutbad und Plünderung zu der Theilung der Reichthümer schrei-
ten wollen, die sie schon lange belauern. An der Spitze dieser
Verschwörung stehen hier namentlich die Raspailianer, welche
ganz unverholen sagen, daß sie, wenn die Präsidentenwahl für
Napoleon ausfalle, noch drei Monate zusehen wollten; falle sie
aber für Cavaignac aus, so sey keine Gnade mehr und es müsse
der bisherigen Societät und Bürgerschaft das Garaus gemacht
werden. Zu diesem Ende haben sich schon mehrere sehr verdäch-
tige Jndividuen in reichen Quartieren und sonst nicht von Hand-
werkern bewohnten Häusern eingemiethet, um diese, wenn der
Zeitpunkt gekommen sey, in Brand zu stecken. Unsere Regierung
aber wacht und ist ebenso fest entschlossen, bei dem allerersten
Versuche von Seiten dieser Rotte ihre Streiche so zu führen, daß
dieser für ein halbes Jahrhundert wenigstens die Lust zu thätigen
politischen Eingriffen vergeht. Darum will die Regierung auch,
falle die endliche Wahl auf wen sie wolle, den Erwählten nicht
nur treu begünstigen, sondern auch bis zu seiner Proclamirung
Alles thun, was sie kann, Frankreichs und Europa's Ruhe zu
erhalten und die Gesellschaft vor dem Einbruche des Mordgesin-
dels zu schützen. Ein anderer sehr fruchtbringender Gedanke, der
höheren Ortes schon vielfach besprochen worden, ist aber der, auf
Mittel zu sinnen, wie man für die Folge die Anlegung von großen
Fabriken und Manufacturen von den großen Städten hinweg
und so auf das Land verpflanzen könne, daß überhaupt in großen
Städten gar keine andere Fabrikationen mehr geduldet würden,
als nur die der kleinen Handwerker.



Anzeigen.
Die Unterzeichneten empfehlen

zu Weihnachts= und Neujahrsgeschenken ihr wohl
assortirtes Lager von Kinder= und Jugendschriften,
sowohl in deutscher als französischer Sprache, Werke
für Erwachsene, sowohl belletristischen als wissen-
schaftlichen Jnhaltes, Gebet= und Andachtsbücher
in geschmackvollen Einbänden zur geneigten Abnahme.

Kirchheim & Schott.

Es wird ein Gut zu kaufen gesucht, das zu 5% sich rentiren
und in der Provinz Rheinhessen gelegen seyn muß,

durch Max Hirsch, Große Bleiche D. 289.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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[0004] baue, seinen noch nicht erprobten Kräften zur Seite zu stehen. „Die Erfahrungen, so heißt es in dem kaiserlichen Handschreiben weiter, welche ich unter Jhrer Leitung gemacht, haben mir in Jh- nen das geliebte und geehrte Oberhaupt meines heldenmüthigen Heeres gezeigt, eines Heeres, für welches Sie das Beispiel aller Tugenden sind, dessen Treue Sie befestigen, dessen Tapferkeit Sie steigern. Unterstützen Sie den Aufruf, den ich an meine braven Truppen richte, wenn ich ihre Anhänglichkeit in Anspruch nehme, sagen Sie ihnen, wie sehr ich ihr Verdienst schätze, und versichern Sie dieselben meiner aus diesem Verdienste hervorgehenden Ge- wogenheit. Lieber Graf, ich bitte Sie als Mann von Ehre, ste- hen Sie mir durch feste Zuneigung und freies Wort bei.“ Frankreich. M Paris 16. December. Wäre die Wahl zweifelhaft aus- gefallen, so hätte sie den öffentlichen Frieden gefährdet, wie sie jetzt ausgefallen ist, ist ihre colossale Majorität eine Bürgschaft des innern Friedens. Die Clubs und Volksversammlungen ha- ben von selbst aufgehört, selbst die Blousenmänner — es ist keine Täuschung möglich — wollen von den Rothrepublikanern nichts mehr wissen und die materielle Ordnung ist gesichert. Könnte ich dasselbe nur auch von der sittlichen Ordnung sagen! Bei der für die jetzige Jahreszeit außerordentlich milden Witterung kom- men die Toiletten und Equipagen aus ihren seitherigen Ver- stecken, den Boudoirs und Remisen wieder zum Vorscheine, und wer dieser Tage auf den elysäischen Feldern und im Wäldchen von Boulogne war, konnte sich im Geiste in die schönen Tage der Monarchie zurückversetzt glauben. Gestern war es auch wie- der jährig, daß der Kaiser im Jnvalidenhotel beigesetzt wurde und es hatte sich das Gerücht verbreitet, daß bei der Gelegenheit eine anarchische Bewegung ausbrechen solle. Wie es hieß, woll- ten die Wühler sich in alte Uniformen der großen Armee stecken und in dieser Verkleidung zum Rufe: es lebe der Kaiser! aufrei- zen, eine Demonstration, deren Zweck nicht schwer zu erkennen ist. Um indessen allen Vorwand zu Unruhen abzuschneiden, wohnten weder der neue Präsident der Republik, noch sonst ir- gend ein Mitglied der Familie Bonaparte der Feier bei, auch die alten Waffenbrüder des Kaisers brachten dieses Opfer und so ging der Tag ganz ruhig vorüber. Die Anarchisten fühlen es auch sehr wohl, daß die Zeit einem Handstreiche nicht mehr gün- stig ist und die große Masse der Bürger bei der jetzt herrschenden Stimmung sich gegen sie erheben würde, um sie mit einem Schlage zu vernichten. Jetzt, wo das Vertrauen sich wieder zu heben beginnt, fühlen die Männer der Ordnung, daß es ihre Pflicht ist, Alles, selbst das Leben für die Aufrechthaltung der- selben zu opfern, und ich kann sie versichern: sie würden ihre Schuldigkeit thun, die Nationalgarde würde mit noch viel größe- rer Begeisterung unter das Gewehr treten, als dieses im Juni der Fall war. Eine Schilderhebung ist also in diesem Augen- blicke nicht zu fürchten. Die „Democratie,“ die „Revolution,“ „Peuple“ und „ Re- forme “ wissen Wunderdinge davon zu erzählen, wie viel das Stimmen oder Nichtstimmen der Socialisten gewirkt, denen allein der Prinz Bonaparte aus Trotz gegen Cavaignac seine absolute Majorität verdanken soll! Wer indessen die Lage der Dinge nur etwas kennt, läßt sich durch dieses leere Gerede nicht mehr täuschen, und wie stark die socialistische und ultrademokratische Partei ist, weiß jetzt Jedermann. Jm Juni konnten sie allerdings noch eine Masse armer Menschen zu den Barricaden hintreiben, allein jetzt wird ihnen dieses nicht mehr gelingen, denn die Arbeiter selbst sehen ein, daß an diesen „Theorien für Cannibalen,“ die man ihnen so lange als das Universalheilmittel für die Welt ge- schildert hat, nichts ist, und daß die vortrefflichen Volksbeglücker vor Allem ihr eigenes Schäfchen in Sicherheit zu bringen suchen. Die Zeit ist nicht mehr fern, wo die Wühler keinen andern An- hang mehr haben werden, als jenen Theil der Pariser Bevölke- rung, der wegen seiner sittlichen Versunkenheit und Verderbtheit, wegen seines Mangels an religiösem Sinne und seiner furcht- baren Unwissenheit als unrettbar aufgegeben werden muß. Das neue Cabinet ist fertig und auf die Proclamation des Präsidenten wird die Ernennung der Minister folgen. Mol é, Thiers und Marschall Bugeaud treten in das Ministerium nicht ein, was zu bedauern ist, denn so bedeutende Namen hätten die Verwaltung nur befestigen können. Allein selbst wie es ist, hat das neue Cabinet Aussichten auf eine längere Dauer und es be- finden sich in demselben, was die Hauptsache ist, für die Special- fächer ganz ausgezeichnete Männer. Die Republik hat durch ihre Pfuscher in der Verwaltung gar viel verdorben! Die sogenann- ten Republikaner vom Tage zuvor sind vom Ministerium ausge- schlossen und es war auch wohl nicht anders zu machen. Wie die Dinge jetzt stehen, hätte Louis Bonaparte nur den unbedeu- tendsten Capacitäten dieser Fraction Anerbietungen machen können, denn mit Ausnahme von ein paar Dissidenten haben die Republika- ner vom Tage zuvor alle mit einander für Cavaignac gestimmt, und man konnte Leuten, die vor ein paar Tagen noch so entschieden feindlich auftraten, nicht eine Stellung anbieten, die sie mit Ehren nicht hätten annehmen können. Von den Republikanern blie- ben also als Candidaten für das neue Ministerium nur die Dissidenten übrig, und es war einen Augenblick wirklich von Barthelemy Saint=Hilaire, dem Verfasser der berüchtigten histo- rischen Darstellung gegen Cavaignac, die Rede. Der Plan mußte indessen wieder aufgegeben werden, weil er für die Majorität der Nationalversammlung eine zu große Beleidigung gewesen wäre. Für die Vicepräsidentschaft werden der Nationalversamm- lung drei Candidaten vorgeschlagen werden, die dann selbst wahlen wird. Wenn es seine Richtigkeit damit hat, daß Garnier=Pagès auf dieser Liste steht, so ist dieses gewiß nur in der Voraussetzung gesche- hen, daß die Nationalversammlung selbst ihn wieder beseitigen wird, Denn Garnier=Pagès repräsentirt nichts weiter als die Minorität einer Minorität und es wäre eine Lächerlichkeit, wenn man ihn zu der zweithöchsten Stelle der Republik befördern wollte. Die Orgelspieler, Minstrels und Balladensänger, welche seither auf dem Lande an der Candidatur des Prinzen oder Cavaignacs, je nachdem sie von dem Einen oder Andern bezahlt wurden, so bedeutend geschürt haben, kommen seit gestern in Massen wieder in die Hauptstadt zurück. Diese Leute haben wirklich bei der letz- ten Wahl eine bedeutende Rolle gespielt und es hat sich auch im Jahre 1848 wieder, wie schon vor zweihundert Jahren zu Mazarins Zeiten, die Erfahrung bewährt, daß Frankreich sich durch Chansons — an der Nase herum führen läßt. Der „Leipz. Ztg.“ schreibt ihr Pariser Correspondent den fol- genden etwas abenteuerlichen Artikel: So eben erfahre ich aus höchst authentischer Quelle, daß die hiesigen Communisten in der That nicht nur für Paris, sondern für alle großen Städte Euro- pa 's neue furchtbare Unordnungen beabsichtigen und einen großen Raub= und Mordplan organisirt haben, demzufolge sie diesmal nicht mit den Waffen in der Hand, sondern als wahre Mord- brenner auftreten und bei dem Scheine der an hundert Enden zu- gleich in den großen Städten zu erregenden Feuersbrünste durch Blutbad und Plünderung zu der Theilung der Reichthümer schrei- ten wollen, die sie schon lange belauern. An der Spitze dieser Verschwörung stehen hier namentlich die Raspailianer, welche ganz unverholen sagen, daß sie, wenn die Präsidentenwahl für Napoleon ausfalle, noch drei Monate zusehen wollten; falle sie aber für Cavaignac aus, so sey keine Gnade mehr und es müsse der bisherigen Societät und Bürgerschaft das Garaus gemacht werden. Zu diesem Ende haben sich schon mehrere sehr verdäch- tige Jndividuen in reichen Quartieren und sonst nicht von Hand- werkern bewohnten Häusern eingemiethet, um diese, wenn der Zeitpunkt gekommen sey, in Brand zu stecken. Unsere Regierung aber wacht und ist ebenso fest entschlossen, bei dem allerersten Versuche von Seiten dieser Rotte ihre Streiche so zu führen, daß dieser für ein halbes Jahrhundert wenigstens die Lust zu thätigen politischen Eingriffen vergeht. Darum will die Regierung auch, falle die endliche Wahl auf wen sie wolle, den Erwählten nicht nur treu begünstigen, sondern auch bis zu seiner Proclamirung Alles thun, was sie kann, Frankreichs und Europa's Ruhe zu erhalten und die Gesellschaft vor dem Einbruche des Mordgesin- dels zu schützen. Ein anderer sehr fruchtbringender Gedanke, der höheren Ortes schon vielfach besprochen worden, ist aber der, auf Mittel zu sinnen, wie man für die Folge die Anlegung von großen Fabriken und Manufacturen von den großen Städten hinweg und so auf das Land verpflanzen könne, daß überhaupt in großen Städten gar keine andere Fabrikationen mehr geduldet würden, als nur die der kleinen Handwerker. Anzeigen. Die Unterzeichneten empfehlen zu Weihnachts= und Neujahrsgeschenken ihr wohl assortirtes Lager von Kinder= und Jugendschriften, sowohl in deutscher als französischer Sprache, Werke für Erwachsene, sowohl belletristischen als wissen- schaftlichen Jnhaltes, Gebet= und Andachtsbücher in geschmackvollen Einbänden zur geneigten Abnahme. Kirchheim & Schott. Es wird ein Gut zu kaufen gesucht, das zu 5% sich rentiren und in der Provinz Rheinhessen gelegen seyn muß, durch Max Hirsch, Große Bleiche D. 289. Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 169. Mainz, 20. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal169_1848/4>, abgerufen am 23.11.2024.