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Mainzer Journal. Nr. 103. Mainz, 4. Oktober 1848.

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Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 103. Donnerstag, den 5. October. 1848.


[Beginn Spaltensatz]
Deutschland.

Wien 30. September. ( O. P. A. Z. ) So eben verbreitet
sich das ( leider wahre ) Gerücht, der k. k. Commissär Feldmar-
schalllieutenant Graf Lamberg sey von den Ultraradicalen zu
Pest erstochen und die k. k. Vermittelungsmanifeste seyen zerrissen
und mit Füßen getreten worden. Jst beides der Fall, so dürfte
die Wuth der Slovenen keine Grenze kennen und Ungarns näch-
stes Schicksal ein höchst trauriges werden. Täglich stoßen neue
k. k. Cavalleriedivisionen zum Heere des Banus, der drei Mei-
len von Ofen lagert. Die Pester wollen die weiße Fahne auf-
ziehen; sie fürchten übriges weniger die Croaten, als jene Hor-
den, welche man wohlbewaffnet dem Banus entgegensandte,
und die auf der Flucht das reiche Pesth zu plündern Geneigtheit
bezeigen. -- Wien ist gegenwärtig ruhig, doch mehren sich die
Katzenmusiken von Tag zu Tag. Möglicher Weise wird noch
dieser Reichstag die Südslaven, Walachen und Magyaren in
sich aufnehmen, und auf den jetzt vorhandenen Trümmern ein
einiges, starkes Ostreich sich begründen! Die Slaven gewinnen
bereits stark die Oberhand; der innige Anschluß an Deutsch-
land wird immer weniger besprochen, und Alles richtet seine
Augen auf Buda=Pesth, wo die Zukunft der Monarchie sich ent-
scheiden wird.

Wien 30. Sept. ( A. Z. ) Wir erfahren so eben, das zwi-
schen den Ungarn und Jellachich ein Waffenstill-
stand auf 24 Stunden geschlossen seyn soll.
-- Die
Bürger Pesths sind in fortwährender Angst vor dem Raubge-
sindel, das seit einigen Tagen die Stadt erfüllt. Man sehnt sich
nach Jellachich, der, während die Ermordung Lambergs auf der
Brücke vorfiel, in einem Dorfe zwei Stunden vor Ofen gestanden
haben soll. Kossuth soll eine provisorische Regierung von sechs
Mitgliedern eingesetzt haben, an deren Spitze er selbst steht.

Der Kaiser hat das nachfolgende Manifest an das ita-
lienische Volk
erlassen: Jn der Hoffnung binnen kurzem die
Ruhe in allen Provinzen des lombardisch=venezianischen König-
reichs wiederhergestellt zu sehen, und beseelt von dem Wunsch ihre
Völkerschaften aller der Freiheiten, welche die übrigen Provinzen
des österreichischen Kaiserstaats genießen, theilhaftig zu machen,
fühlen Wir uns gedrungen, schon jetzt Unsere dießfälligen Absich-
ten kundzugeben. Wir haben bereits allen Bewohnern des lombar-
disch=venezianischen Königreichs ohne Unterschied für den Antheil,
den sie an den politischen Ereignissen des laufenden Jahres ge-
nommen haben mögen, volle Verzeihung gewährt, indem Wir
verordnet, daß gegen sie keinerlei Untersuchung oder Strafe ein-
treten solle, nur mit Ausnahme der Rücksichten, die man bei der
Bestätigung öffentlicher Aemter zu nehmen geeignet finden mag.
Gleicherweise ist es Unsere allerhöchste Willensmeinung, daß die
Einwohner des lombardisch=venezianischen Königreichs eine Ver-
fassung
erhalten, welche nicht weniger ihrer resp. Nationalität
und den Bedürfnissen des Landes, als ihrer Einigung mit dem
österreichischen Kaiserstaat entspreche. Zu diesem Ende werden
Wir, sobald erst Friede und Ruhe hinreichend gesichert sind, an
einen noch zu bestimmenden Ort Vertreter der Nation zusammen-
rufen, welche von allen Provinzen des lombardisch=venezianischen
Königreichs frei zu wählen sind. Gegeben in Unserer Residenz-
stadt Wien, heut am 20. Sept. 1848. Ferdinand m. p. Wes-
senberg
m. p.

Leipzig 27. September. ( L. Z. ) Der Messeverkehr war
in den letzten Tagen anhaltend sehr lebhaft, wenn auch die Wün-
sche Vieler, besonders die der Händler mit Luxusgegenständen,
zur Zeit noch nicht befriedigt worden sind. Die Ledermesse muß
als recht günstig bezeichnet werden. Sohlleder war gesucht und
wurde, vorzüglich was in zweite und dritte Qualität einschlug,
zu bedeutend höheren Preisen nicht nur sämmtlich verkauft, son-
dern von den Fabrikanten darauf auch noch ansehnliche Bestell-
ungen zu verhältnißmäßig höheren Preisen aufgenommen. Die
Preise stellten sich von 25--38 Thlr. Es beträgt der Aufschlag
bei der zweiten und dritten Qualität 4--6 Thlr. per Centner ge-
gen die Ostermesse. Die Tuchmesse ist, da noch immer gekauft
wird, noch nicht ganz beendet, wenn auch mehrere Fabrikanten
bereits geräumt haben und abgereist sind. Außer Tuchen haben auch
Buckskins, Zephyrtuche, Mäntelstoffe und andere ähnliche wollene
Artikel einen guten Absatz gefunden. Haupteinkäufer waren Bayern,
[Spaltenumbruch] einige Schweizer, Amerikaner, Schweden und Hamburger. Die be-
willigten Preise waren 2--4 Thlr. per Stück höher als an der Oster-
messe. Andere wollene und halbwollene Waaren, die nicht den Luxus-
gegenständen beigezählt werden müssen, haben sich eines fast
noch lebhafteren Absatzes und guter Preise zu erfreuen gehabt,
nur machen davon die ausländischen Fabrikate eine Ausnahme,
wie denn überhaupt der Verkauf englischer und französischer
Manufakturwaaren bisher viel zu wünschen übrig gelassen hat.
Vereinsländische baumwollene Manufakturwaren, und namentlich
Callicos, werden fleißig gekauft, und es entwickelt die zahlreich
anwesende deutsche Kundschaft überhaupt eine Kraft, die überall
nicht etwa die Folge von Speculation, sondern von wirklichem
Bedarf ist. Von Seidewaaren wurde bis jetzt nur von der deut-
schen Kundschaft gekauft, doch steht die Ankunft der Brodyer noch
bevor. Sächsische Strumpfwaaren fanden auf eine befriedigende
Weise Abnehmer. Auch die Händler mit Jserlohner Kurzwaaren
werden von der deutschen Kundschaft gut beschäftigt, wenn auch,
da die ausländische meist fehlt, große Umsätze nicht stattfinden
können. Vom Rauchwaarenhandel dürfte das Resultat kaum
günstig seyn.

Stuttgart. Nachstehendes Schreiben ist in Folge des Be-
schlusses der letzten Generalversammlung des vaterländischen
Vereins
in Stuttgart von dem Ausschusse desselben an die
Herren Reichsminister adressirt worden: Hochverehrte Herren
Reichsminister! Aus einem Theile Deutschlands, wo die Stimmen
gegen die Genehmigung des Waffenstillstands mit Dänemark weit
überwiegen, aus Stuttgart, der Hauptstadt Württembergs, emp-
fangen Sie den um so unverdächtigeren Ausdruck aufrichtigster
Anerkennung und Dankbarkeit für Jhre entschlossene und ener-
gische Handlungsweise an den entsetzlichen Tagen des 18. und 19.
Septembers. Jhre Besonnenheit und die Zweckmäßigkeit Jhrer
kraftvollen, die Unterhandlung mit dem Aufruhr, dem Hochver-
rath an der Nation zurückweisenden Maßregeln, hat nach unserer
Ueberzeugung zur Rettung des in seiner Einheit schwer bedrohten
Vaterlandes Großes beigetragen. Hochverehrte deutsche Männer!
Das Bewußtseyn Jhrer Pflicht, das Bewußtseyn für die Einheit,
Größe und Freiheit des großen Gesammtvaterlandes zu wirken,
hat Jhnen den Muth, die Kraft gegeben, den Gefahren und
Stürmen jener Tage unverzagt die Stirne zu bieten, dieß Be-
wußtseyn ist Jhre Belohnung und Jhre Zuversicht bei allen
Kränkungen und Verdächtigungen, die sich an die Fersen jeder
kühnen That heften; aber möge auch dieß Zeichen der Anerken-
nung Jhres Verdienstes um Deutschland bei Jhnen eine freund-
liche Aufnahme finden und Sie in der genugthuenden Ueberzeug-
ung bestärken, daß die innere Stimme, die Sie über alle Anfein-
dungen getrost emporhebt, auch im deutschen Vaterland ein Echo
finde; in der Hoffnung, daß die wahre Ehre der Nation, ihre
Einheit und Größe, bald die ächten Söhne des Vaterlandes
Alle unter Einem Banner vereinigen werde. Der Ausschuß des
vaterländischen Vereins.

Freiburg im Breisgau. Die oberrh. Ztg. nennt unter den
in Straßburg angekommenen Flüchtlingen: Doll, Mögling
und Metternich. Die deutschen Flüchtlinge in der Schweiz
waren, schreibt das Blatt, streng in zwei Parteien gespalten, die
von Struve mit Blind, Löwenfels und Heinzen, mit commu-
nistischer
Richtung, und die rein republikanische von
Hecker. Dieser, wie schon aus seiner Reise nach Nordamerika
und seiner letzten Schrift hervorgeht, dachte an keine neue Schild-
erhebung, und seine Anhänger in der Schweiz, worunter Mög-
ling und Doll sein Vertrauen besassen, verhielten sich bloß be-
obachtend. Struve dagegen beabsichtigte schon seit einigen Wo-
chen einen neuen Einfall in das Badische, als die Unruhen in
Frankfurt den Ausschlag gaben. Struve bestand nun darauf,
loszuschlagen. Eine Zusammenkunft mit den Häuptern der
Heckerschen Partei fand den 20. in Basel statt, ohne daß man
zu einer Vereinigung gekommen wäre; erst des anderen Tages
kam man in so weit überein, daß die Heckersche Partei sich dem
Einfalle anschließen solle. Allein das Einverständniß war locker:
Struve ernannte seine prov. Regierung nur aus seinen An-
hängern, und als er bei Staufen mit seiner Abtheilung unterlag,
entließen Doll und Mögling ihre Haufen, ohne das Schwert ge-
zogen zu haben, besonders auch empört darüber, daß die Stru-
[Ende Spaltensatz]

Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 103. Donnerstag, den 5. October. 1848.


[Beginn Spaltensatz]
Deutschland.

Wien 30. September. ( O. P. A. Z. ) So eben verbreitet
sich das ( leider wahre ) Gerücht, der k. k. Commissär Feldmar-
schalllieutenant Graf Lamberg sey von den Ultraradicalen zu
Pest erstochen und die k. k. Vermittelungsmanifeste seyen zerrissen
und mit Füßen getreten worden. Jst beides der Fall, so dürfte
die Wuth der Slovenen keine Grenze kennen und Ungarns näch-
stes Schicksal ein höchst trauriges werden. Täglich stoßen neue
k. k. Cavalleriedivisionen zum Heere des Banus, der drei Mei-
len von Ofen lagert. Die Pester wollen die weiße Fahne auf-
ziehen; sie fürchten übriges weniger die Croaten, als jene Hor-
den, welche man wohlbewaffnet dem Banus entgegensandte,
und die auf der Flucht das reiche Pesth zu plündern Geneigtheit
bezeigen. — Wien ist gegenwärtig ruhig, doch mehren sich die
Katzenmusiken von Tag zu Tag. Möglicher Weise wird noch
dieser Reichstag die Südslaven, Walachen und Magyaren in
sich aufnehmen, und auf den jetzt vorhandenen Trümmern ein
einiges, starkes Ostreich sich begründen! Die Slaven gewinnen
bereits stark die Oberhand; der innige Anschluß an Deutsch-
land wird immer weniger besprochen, und Alles richtet seine
Augen auf Buda=Pesth, wo die Zukunft der Monarchie sich ent-
scheiden wird.

Wien 30. Sept. ( A. Z. ) Wir erfahren so eben, das zwi-
schen den Ungarn und Jellachich ein Waffenstill-
stand auf 24 Stunden geschlossen seyn soll.
— Die
Bürger Pesths sind in fortwährender Angst vor dem Raubge-
sindel, das seit einigen Tagen die Stadt erfüllt. Man sehnt sich
nach Jellachich, der, während die Ermordung Lambergs auf der
Brücke vorfiel, in einem Dorfe zwei Stunden vor Ofen gestanden
haben soll. Kossuth soll eine provisorische Regierung von sechs
Mitgliedern eingesetzt haben, an deren Spitze er selbst steht.

Der Kaiser hat das nachfolgende Manifest an das ita-
lienische Volk
erlassen: Jn der Hoffnung binnen kurzem die
Ruhe in allen Provinzen des lombardisch=venezianischen König-
reichs wiederhergestellt zu sehen, und beseelt von dem Wunsch ihre
Völkerschaften aller der Freiheiten, welche die übrigen Provinzen
des österreichischen Kaiserstaats genießen, theilhaftig zu machen,
fühlen Wir uns gedrungen, schon jetzt Unsere dießfälligen Absich-
ten kundzugeben. Wir haben bereits allen Bewohnern des lombar-
disch=venezianischen Königreichs ohne Unterschied für den Antheil,
den sie an den politischen Ereignissen des laufenden Jahres ge-
nommen haben mögen, volle Verzeihung gewährt, indem Wir
verordnet, daß gegen sie keinerlei Untersuchung oder Strafe ein-
treten solle, nur mit Ausnahme der Rücksichten, die man bei der
Bestätigung öffentlicher Aemter zu nehmen geeignet finden mag.
Gleicherweise ist es Unsere allerhöchste Willensmeinung, daß die
Einwohner des lombardisch=venezianischen Königreichs eine Ver-
fassung
erhalten, welche nicht weniger ihrer resp. Nationalität
und den Bedürfnissen des Landes, als ihrer Einigung mit dem
österreichischen Kaiserstaat entspreche. Zu diesem Ende werden
Wir, sobald erst Friede und Ruhe hinreichend gesichert sind, an
einen noch zu bestimmenden Ort Vertreter der Nation zusammen-
rufen, welche von allen Provinzen des lombardisch=venezianischen
Königreichs frei zu wählen sind. Gegeben in Unserer Residenz-
stadt Wien, heut am 20. Sept. 1848. Ferdinand m. p. Wes-
senberg
m. p.

Leipzig 27. September. ( L. Z. ) Der Messeverkehr war
in den letzten Tagen anhaltend sehr lebhaft, wenn auch die Wün-
sche Vieler, besonders die der Händler mit Luxusgegenständen,
zur Zeit noch nicht befriedigt worden sind. Die Ledermesse muß
als recht günstig bezeichnet werden. Sohlleder war gesucht und
wurde, vorzüglich was in zweite und dritte Qualität einschlug,
zu bedeutend höheren Preisen nicht nur sämmtlich verkauft, son-
dern von den Fabrikanten darauf auch noch ansehnliche Bestell-
ungen zu verhältnißmäßig höheren Preisen aufgenommen. Die
Preise stellten sich von 25—38 Thlr. Es beträgt der Aufschlag
bei der zweiten und dritten Qualität 4—6 Thlr. per Centner ge-
gen die Ostermesse. Die Tuchmesse ist, da noch immer gekauft
wird, noch nicht ganz beendet, wenn auch mehrere Fabrikanten
bereits geräumt haben und abgereist sind. Außer Tuchen haben auch
Buckskins, Zephyrtuche, Mäntelstoffe und andere ähnliche wollene
Artikel einen guten Absatz gefunden. Haupteinkäufer waren Bayern,
[Spaltenumbruch] einige Schweizer, Amerikaner, Schweden und Hamburger. Die be-
willigten Preise waren 2—4 Thlr. per Stück höher als an der Oster-
messe. Andere wollene und halbwollene Waaren, die nicht den Luxus-
gegenständen beigezählt werden müssen, haben sich eines fast
noch lebhafteren Absatzes und guter Preise zu erfreuen gehabt,
nur machen davon die ausländischen Fabrikate eine Ausnahme,
wie denn überhaupt der Verkauf englischer und französischer
Manufakturwaaren bisher viel zu wünschen übrig gelassen hat.
Vereinsländische baumwollene Manufakturwaren, und namentlich
Callicos, werden fleißig gekauft, und es entwickelt die zahlreich
anwesende deutsche Kundschaft überhaupt eine Kraft, die überall
nicht etwa die Folge von Speculation, sondern von wirklichem
Bedarf ist. Von Seidewaaren wurde bis jetzt nur von der deut-
schen Kundschaft gekauft, doch steht die Ankunft der Brodyer noch
bevor. Sächsische Strumpfwaaren fanden auf eine befriedigende
Weise Abnehmer. Auch die Händler mit Jserlohner Kurzwaaren
werden von der deutschen Kundschaft gut beschäftigt, wenn auch,
da die ausländische meist fehlt, große Umsätze nicht stattfinden
können. Vom Rauchwaarenhandel dürfte das Resultat kaum
günstig seyn.

Stuttgart. Nachstehendes Schreiben ist in Folge des Be-
schlusses der letzten Generalversammlung des vaterländischen
Vereins
in Stuttgart von dem Ausschusse desselben an die
Herren Reichsminister adressirt worden: Hochverehrte Herren
Reichsminister! Aus einem Theile Deutschlands, wo die Stimmen
gegen die Genehmigung des Waffenstillstands mit Dänemark weit
überwiegen, aus Stuttgart, der Hauptstadt Württembergs, emp-
fangen Sie den um so unverdächtigeren Ausdruck aufrichtigster
Anerkennung und Dankbarkeit für Jhre entschlossene und ener-
gische Handlungsweise an den entsetzlichen Tagen des 18. und 19.
Septembers. Jhre Besonnenheit und die Zweckmäßigkeit Jhrer
kraftvollen, die Unterhandlung mit dem Aufruhr, dem Hochver-
rath an der Nation zurückweisenden Maßregeln, hat nach unserer
Ueberzeugung zur Rettung des in seiner Einheit schwer bedrohten
Vaterlandes Großes beigetragen. Hochverehrte deutsche Männer!
Das Bewußtseyn Jhrer Pflicht, das Bewußtseyn für die Einheit,
Größe und Freiheit des großen Gesammtvaterlandes zu wirken,
hat Jhnen den Muth, die Kraft gegeben, den Gefahren und
Stürmen jener Tage unverzagt die Stirne zu bieten, dieß Be-
wußtseyn ist Jhre Belohnung und Jhre Zuversicht bei allen
Kränkungen und Verdächtigungen, die sich an die Fersen jeder
kühnen That heften; aber möge auch dieß Zeichen der Anerken-
nung Jhres Verdienstes um Deutschland bei Jhnen eine freund-
liche Aufnahme finden und Sie in der genugthuenden Ueberzeug-
ung bestärken, daß die innere Stimme, die Sie über alle Anfein-
dungen getrost emporhebt, auch im deutschen Vaterland ein Echo
finde; in der Hoffnung, daß die wahre Ehre der Nation, ihre
Einheit und Größe, bald die ächten Söhne des Vaterlandes
Alle unter Einem Banner vereinigen werde. Der Ausschuß des
vaterländischen Vereins.

Freiburg im Breisgau. Die oberrh. Ztg. nennt unter den
in Straßburg angekommenen Flüchtlingen: Doll, Mögling
und Metternich. Die deutschen Flüchtlinge in der Schweiz
waren, schreibt das Blatt, streng in zwei Parteien gespalten, die
von Struve mit Blind, Löwenfels und Heinzen, mit commu-
nistischer
Richtung, und die rein republikanische von
Hecker. Dieser, wie schon aus seiner Reise nach Nordamerika
und seiner letzten Schrift hervorgeht, dachte an keine neue Schild-
erhebung, und seine Anhänger in der Schweiz, worunter Mög-
ling und Doll sein Vertrauen besassen, verhielten sich bloß be-
obachtend. Struve dagegen beabsichtigte schon seit einigen Wo-
chen einen neuen Einfall in das Badische, als die Unruhen in
Frankfurt den Ausschlag gaben. Struve bestand nun darauf,
loszuschlagen. Eine Zusammenkunft mit den Häuptern der
Heckerschen Partei fand den 20. in Basel statt, ohne daß man
zu einer Vereinigung gekommen wäre; erst des anderen Tages
kam man in so weit überein, daß die Heckersche Partei sich dem
Einfalle anschließen solle. Allein das Einverständniß war locker:
Struve ernannte seine prov. Regierung nur aus seinen An-
hängern, und als er bei Staufen mit seiner Abtheilung unterlag,
entließen Doll und Mögling ihre Haufen, ohne das Schwert ge-
zogen zu haben, besonders auch empört darüber, daß die Stru-
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[0005] Beilage zum Mainzer Journal. Nro 103. Donnerstag, den 5. October. 1848. Deutschland. Wien 30. September. ( O. P. A. Z. ) So eben verbreitet sich das ( leider wahre ) Gerücht, der k. k. Commissär Feldmar- schalllieutenant Graf Lamberg sey von den Ultraradicalen zu Pest erstochen und die k. k. Vermittelungsmanifeste seyen zerrissen und mit Füßen getreten worden. Jst beides der Fall, so dürfte die Wuth der Slovenen keine Grenze kennen und Ungarns näch- stes Schicksal ein höchst trauriges werden. Täglich stoßen neue k. k. Cavalleriedivisionen zum Heere des Banus, der drei Mei- len von Ofen lagert. Die Pester wollen die weiße Fahne auf- ziehen; sie fürchten übriges weniger die Croaten, als jene Hor- den, welche man wohlbewaffnet dem Banus entgegensandte, und die auf der Flucht das reiche Pesth zu plündern Geneigtheit bezeigen. — Wien ist gegenwärtig ruhig, doch mehren sich die Katzenmusiken von Tag zu Tag. Möglicher Weise wird noch dieser Reichstag die Südslaven, Walachen und Magyaren in sich aufnehmen, und auf den jetzt vorhandenen Trümmern ein einiges, starkes Ostreich sich begründen! Die Slaven gewinnen bereits stark die Oberhand; der innige Anschluß an Deutsch- land wird immer weniger besprochen, und Alles richtet seine Augen auf Buda=Pesth, wo die Zukunft der Monarchie sich ent- scheiden wird. Wien 30. Sept. ( A. Z. ) Wir erfahren so eben, das zwi- schen den Ungarn und Jellachich ein Waffenstill- stand auf 24 Stunden geschlossen seyn soll. — Die Bürger Pesths sind in fortwährender Angst vor dem Raubge- sindel, das seit einigen Tagen die Stadt erfüllt. Man sehnt sich nach Jellachich, der, während die Ermordung Lambergs auf der Brücke vorfiel, in einem Dorfe zwei Stunden vor Ofen gestanden haben soll. Kossuth soll eine provisorische Regierung von sechs Mitgliedern eingesetzt haben, an deren Spitze er selbst steht. Der Kaiser hat das nachfolgende Manifest an das ita- lienische Volk erlassen: Jn der Hoffnung binnen kurzem die Ruhe in allen Provinzen des lombardisch=venezianischen König- reichs wiederhergestellt zu sehen, und beseelt von dem Wunsch ihre Völkerschaften aller der Freiheiten, welche die übrigen Provinzen des österreichischen Kaiserstaats genießen, theilhaftig zu machen, fühlen Wir uns gedrungen, schon jetzt Unsere dießfälligen Absich- ten kundzugeben. Wir haben bereits allen Bewohnern des lombar- disch=venezianischen Königreichs ohne Unterschied für den Antheil, den sie an den politischen Ereignissen des laufenden Jahres ge- nommen haben mögen, volle Verzeihung gewährt, indem Wir verordnet, daß gegen sie keinerlei Untersuchung oder Strafe ein- treten solle, nur mit Ausnahme der Rücksichten, die man bei der Bestätigung öffentlicher Aemter zu nehmen geeignet finden mag. Gleicherweise ist es Unsere allerhöchste Willensmeinung, daß die Einwohner des lombardisch=venezianischen Königreichs eine Ver- fassung erhalten, welche nicht weniger ihrer resp. Nationalität und den Bedürfnissen des Landes, als ihrer Einigung mit dem österreichischen Kaiserstaat entspreche. Zu diesem Ende werden Wir, sobald erst Friede und Ruhe hinreichend gesichert sind, an einen noch zu bestimmenden Ort Vertreter der Nation zusammen- rufen, welche von allen Provinzen des lombardisch=venezianischen Königreichs frei zu wählen sind. Gegeben in Unserer Residenz- stadt Wien, heut am 20. Sept. 1848. Ferdinand m. p. Wes- senberg m. p. Leipzig 27. September. ( L. Z. ) Der Messeverkehr war in den letzten Tagen anhaltend sehr lebhaft, wenn auch die Wün- sche Vieler, besonders die der Händler mit Luxusgegenständen, zur Zeit noch nicht befriedigt worden sind. Die Ledermesse muß als recht günstig bezeichnet werden. Sohlleder war gesucht und wurde, vorzüglich was in zweite und dritte Qualität einschlug, zu bedeutend höheren Preisen nicht nur sämmtlich verkauft, son- dern von den Fabrikanten darauf auch noch ansehnliche Bestell- ungen zu verhältnißmäßig höheren Preisen aufgenommen. Die Preise stellten sich von 25—38 Thlr. Es beträgt der Aufschlag bei der zweiten und dritten Qualität 4—6 Thlr. per Centner ge- gen die Ostermesse. Die Tuchmesse ist, da noch immer gekauft wird, noch nicht ganz beendet, wenn auch mehrere Fabrikanten bereits geräumt haben und abgereist sind. Außer Tuchen haben auch Buckskins, Zephyrtuche, Mäntelstoffe und andere ähnliche wollene Artikel einen guten Absatz gefunden. Haupteinkäufer waren Bayern, einige Schweizer, Amerikaner, Schweden und Hamburger. Die be- willigten Preise waren 2—4 Thlr. per Stück höher als an der Oster- messe. Andere wollene und halbwollene Waaren, die nicht den Luxus- gegenständen beigezählt werden müssen, haben sich eines fast noch lebhafteren Absatzes und guter Preise zu erfreuen gehabt, nur machen davon die ausländischen Fabrikate eine Ausnahme, wie denn überhaupt der Verkauf englischer und französischer Manufakturwaaren bisher viel zu wünschen übrig gelassen hat. Vereinsländische baumwollene Manufakturwaren, und namentlich Callicos, werden fleißig gekauft, und es entwickelt die zahlreich anwesende deutsche Kundschaft überhaupt eine Kraft, die überall nicht etwa die Folge von Speculation, sondern von wirklichem Bedarf ist. Von Seidewaaren wurde bis jetzt nur von der deut- schen Kundschaft gekauft, doch steht die Ankunft der Brodyer noch bevor. Sächsische Strumpfwaaren fanden auf eine befriedigende Weise Abnehmer. Auch die Händler mit Jserlohner Kurzwaaren werden von der deutschen Kundschaft gut beschäftigt, wenn auch, da die ausländische meist fehlt, große Umsätze nicht stattfinden können. Vom Rauchwaarenhandel dürfte das Resultat kaum günstig seyn. Stuttgart. Nachstehendes Schreiben ist in Folge des Be- schlusses der letzten Generalversammlung des vaterländischen Vereins in Stuttgart von dem Ausschusse desselben an die Herren Reichsminister adressirt worden: Hochverehrte Herren Reichsminister! Aus einem Theile Deutschlands, wo die Stimmen gegen die Genehmigung des Waffenstillstands mit Dänemark weit überwiegen, aus Stuttgart, der Hauptstadt Württembergs, emp- fangen Sie den um so unverdächtigeren Ausdruck aufrichtigster Anerkennung und Dankbarkeit für Jhre entschlossene und ener- gische Handlungsweise an den entsetzlichen Tagen des 18. und 19. Septembers. Jhre Besonnenheit und die Zweckmäßigkeit Jhrer kraftvollen, die Unterhandlung mit dem Aufruhr, dem Hochver- rath an der Nation zurückweisenden Maßregeln, hat nach unserer Ueberzeugung zur Rettung des in seiner Einheit schwer bedrohten Vaterlandes Großes beigetragen. Hochverehrte deutsche Männer! Das Bewußtseyn Jhrer Pflicht, das Bewußtseyn für die Einheit, Größe und Freiheit des großen Gesammtvaterlandes zu wirken, hat Jhnen den Muth, die Kraft gegeben, den Gefahren und Stürmen jener Tage unverzagt die Stirne zu bieten, dieß Be- wußtseyn ist Jhre Belohnung und Jhre Zuversicht bei allen Kränkungen und Verdächtigungen, die sich an die Fersen jeder kühnen That heften; aber möge auch dieß Zeichen der Anerken- nung Jhres Verdienstes um Deutschland bei Jhnen eine freund- liche Aufnahme finden und Sie in der genugthuenden Ueberzeug- ung bestärken, daß die innere Stimme, die Sie über alle Anfein- dungen getrost emporhebt, auch im deutschen Vaterland ein Echo finde; in der Hoffnung, daß die wahre Ehre der Nation, ihre Einheit und Größe, bald die ächten Söhne des Vaterlandes Alle unter Einem Banner vereinigen werde. Der Ausschuß des vaterländischen Vereins. Freiburg im Breisgau. Die oberrh. Ztg. nennt unter den in Straßburg angekommenen Flüchtlingen: Doll, Mögling und Metternich. Die deutschen Flüchtlinge in der Schweiz waren, schreibt das Blatt, streng in zwei Parteien gespalten, die von Struve mit Blind, Löwenfels und Heinzen, mit commu- nistischer Richtung, und die rein republikanische von Hecker. Dieser, wie schon aus seiner Reise nach Nordamerika und seiner letzten Schrift hervorgeht, dachte an keine neue Schild- erhebung, und seine Anhänger in der Schweiz, worunter Mög- ling und Doll sein Vertrauen besassen, verhielten sich bloß be- obachtend. Struve dagegen beabsichtigte schon seit einigen Wo- chen einen neuen Einfall in das Badische, als die Unruhen in Frankfurt den Ausschlag gaben. Struve bestand nun darauf, loszuschlagen. Eine Zusammenkunft mit den Häuptern der Heckerschen Partei fand den 20. in Basel statt, ohne daß man zu einer Vereinigung gekommen wäre; erst des anderen Tages kam man in so weit überein, daß die Heckersche Partei sich dem Einfalle anschließen solle. Allein das Einverständniß war locker: Struve ernannte seine prov. Regierung nur aus seinen An- hängern, und als er bei Staufen mit seiner Abtheilung unterlag, entließen Doll und Mögling ihre Haufen, ohne das Schwert ge- zogen zu haben, besonders auch empört darüber, daß die Stru-

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 103. Mainz, 4. Oktober 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal103_1848/5>, abgerufen am 24.11.2024.