Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mainzer Journal. Nr. 98. Mainz, 28. September 1848.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] versammlung anberaumt, um eine deßfallsige Adresse an das
Parlament zu erlassen; man faßte jedoch keine Beschlüsse, da gleich
beim Beginn der Versammlung angezeigt wurde, die städtischen
Behörden hätten die Sache bereits zur Hand genommen und
würden eine Bürgerversammlung veranlassen.

# Aus dem Westrich 26. September. Der in Kaisers-
lautern erscheinende "Bote für Stadt und Land," herausgegeben
von Nicol. Schmitt, gegenwärtig Reichstagsmitglied, enthält
aus dessen Feder fortlaufende Berichte aus Frankfurt, deren Geist
und Richtung bereits früher einmal in diesem Blatte besprochen
worden ist. Daß diese Berichte ganz im Sinne der republika-
nischen Partei sind und Alles durch eine von Parteileidenschaft
getrübte Brille betrachten, ist den Lesern jenes "Boten" nichts
Neues; daß aber die Feder eines gebildeten Mannes, der die
Leute kennt, für die er schreibt, und als Jurist und Familienvater
wissen muß, wo die rechtliche und moralische Verantwortlichkeit
beginne, sich nicht sträubt, Worte wie die folgenden niederzuschrei-
ben, das erfüllt mit Schauder und Abscheu. Jn Nro. 132. heißt
es von den Frankfurter Barrikadenkämpfern: "Sie haben aller-
dings in einer Art für die deutsche Freiheit gefochten, die wir
verdammen, weil sie nicht vom Siege gekrönt wur-
de;
die Begeisterung und Todesverachtung aber, mit der sie sich
schlugen, verdienen unsere Bewunderung!" -- Vom Fürsten
Lichnowsky heißt es ebenda: "der abenteuernde Lichnowsky, der
sein ganzes Leben hindurch im Dienste des Absolutismus gegen
die Freiheit des Volkes gekämpft;" von seinem großen Talente,
von dem Mitleid, das die scheußliche Ermordung eines lebens-
frohen, begabten jungen Mannes jedem Menschen einflößen
muß, finden Sie keine Erwähnung.... Herr Schmitt, der die
Anstrengungen der rothen Republik verdammt, weil sie nicht
vom Siege gekrönt wurden,
hat folgerecht auch den Antrag
mitgestellt, der von der Nationalversammlung die Selbstauflösung
verlangt, damit neue Wahlen die rechten Leute unvermischt zusam-
menführen, und wir finden dieß mindestens consequenter, als daß
er, der vor wenigen Jahren mittelst seines Blattes
in Prosa und Versen der bayrischen Dynastie hul-
digte,
heute solche Artikel ins Volk wirft.

Stuttgart 25. September. ( Karlsr. Z. ) Unsere Regierung
schreitet kräftig gegen die Unruhstifter voran: einer der Redner
von gestern, der einst wegen Falschmünzens in Untersuch-
ung war, ist wegen verbrecherischer Aeußerungen verhaftet, ein
Anderer in Untersuchung gezogen. Jn Kirchhausen bei Heil-
bronn, Sinsheim zu, wurde ein abgesetzter Schulmeister,
der einen demokratischen Verein dort gestiftet hatte, verhaftet.
Jn Heilbronn selbst scheint sich die Bürgerschaft ermannt zu
haben; die eigentlichen Demokraten sind auch dort theils Lumpen,
theils unerfahrene junge Leute; eine Hauptrolle unter ihnen spielt
der ehemalige Abgeordnete Nefflen, als plumper Possenreißer be-
kannt: eben so durch die Art, wie der erste Theil seiner öffentli-
chen Laufbahn schloß, indem er wegen Fälschung verurtheilt
wurde. Jn Oberschwaben ist die Stimmung an manchen Orten
bedenklich, und es ist die Rede von Absendung von Militär
dahin.

Frankfurt 26. September. ( D. Z. ) Der Reichsgesandte in
der Schweiz, Hr. Raveaux, geht heute auf seinen Posten nach
Bern ab, und man vernimmt, daß er dort in Bezug auf die Ver-
nachlässigung und Verhöhnung aller internationalen Verbindlich-
keiten gegen Deutschland eine sehr ernste Sprache führen wird.
[ Wir bitten übrigens Herrn Raveaux, sich ja nicht mehr, wie
neulich, durch "confidentielle Mittheilungen" zu blamiren. Der
deutsche Reichsgesandte sollte die schweizerischen "Staatsmänner,"
die ihre Geheimnisse an den Wirthstischen auskramen, besser ken-
nen. ] Wenn die Schweiz nicht den gerechten Forderungen um
Sicherstellung gegen Ueberfälle von ihrem Gebiete aus, welche
seit dem Frühjahre sehr häufig vorgekommen sind, entspricht, so
werden wohl an der deutschen Grenze ähnliche Maßregeln getrof-
fen werden müssen, wie sie Marschall Radetzky gegen Tessin
anzuwenden genöthigt war. Die deutsche Langmuth hat auch ihre
Grenzen.

Frankfurt 26. September. ( D. Z. ) Man spricht in den
Kreisen der Abgeordneten, welche dem Reichsministerium nahe
stehen, von einem Schreiben des in außerordentlicher Sendung in
Paris anwesenden Herrn v. Raumer, worin der Jnhalt einer
Unterredung desselben mit Herrn Bastide mitgetheilt wird. Hr.
Bastide habe bemerkt, daß die französische Regierung sehr gern in
engere Beziehung mit der deutschen Centralgewalt treten werde,
sobald dieselbe mit der gehörigen Kraft die Feinde jeder gesell-
schaftlichen Ordnung, die man in Paris niedergeworfen habe,
besiegt haben werde. Mit Befriedigung habe die französische
Regierung die Nachricht aufgenommen, daß den Herren Dahlmann
und Herrmann die Bildung eines Reichsministeriums in ihrem
Sinne nicht gelungen sey; doch könne man nicht wissen, ob nicht
[Spaltenumbruch] dennoch ein Kabinet zu Stande komme, welches einen an über-
triebener Nationalitätsschwärmerei kränkelnden Abgeordneten der
Linken nach Paris sende, woraus sich die Schwierigkeiten jeder
Verhandlung von selbst ergeben würden. Auf die Mittheilung,
daß der Aufstand in Frankfurt besiegt und der definitive Wieder-
eintritt des früheren Ministeriums in naher Aussicht sey, habe Hr.
Bastide zwar die zuversichtliche Hoffnung ausgesprochen, daß die
Centralgewalt eine Kraft entfalten werde, welche Vertrauen er-
wecke; allein, noch sey weder gegen die Abgeordneten, noch gegen
die Klubs, noch gegen die Leiter der Volksversammlungen einge-
schritten worden, welche die Mehrheit der N.=V. für Verräther
erklärt, zu Aufruhr und Mord aufgefordert hätten. Diese Schritte
schienen zur Befestigung der wahren Freiheit, der Ordnung und
der Regierung in Deutschland ebenso unerläßlich, als sie es in
Paris gewesen. Die Nationalversammlung aber scheine die Be-
dürfnisse des Augenblicks gänzlich zu verkennen, sonst würde sie
sich, statt mit weitläufigen Verhandlungen über die Grundrechte,
mit Berathung der schleunigst zu treffenden Maßregeln beschäf-
tigen. [ Wahrscheinlich machen die HH. Blum und Vogt den
Franzosen statt der Bruderhand -- jetzt eine Faust! Uebrigens
scheinen die deutschen Verhältnisse Herrn Bastide ziemlich über-
trieben geschildert worden zu seyn. So arg ist's gottlob! in
Deutschland noch nicht ] . Dies ist der wesentliche Jnhalt des
Schreibens, und wir wüßten den Aeußerungen des H. Bastide nichts
Wesentliches entgegenzusetzen, als etwa die Bemerkung, daß auch
die Regierung des republikanischen Frankreichs, ungeachtet der
starken Centralisation, noch nicht aller Schwierigkeiten Herr ge-
worden, noch nicht alle Gefahren, welche dem Bestehen einer jeden
gesellschaftlichen Ordnung drohen, besiegt habe.

Frankfurt 27. September. ( O. P. A. Z. ) Der Reichsmini-
ster v. Schmerling und ebenso das Gesammtministerium er-
halten seit einigen Tagen aus den verschiedensten Theilen Deutsch-
lands Dankadressen fur das energische Auftreten gegen den bluti-
gen Aufruhr am 18. September, worin zugleich die Bitte ausge-
sprochen wird, die deutsche Zukunft zu schützen durch fernere kräf-
tige Aufrechthaltung von Gesetz und Ordnung und unnachsicht-
liche Bekämpfung drohender Anarchie und Barbarei.

Frankfurt 28. September. [ Amtlich. ] Verpflichtet, dafür zu
sorgen, daß überall in Deutschland die Herrschaft des Gesetzes
nicht ungestraft beeinträchtigt werde, hat das Reichsministerium
des Jnnern die Regierungen von Preußen und Württemberg um
baldigste Mittheilung darüber ersucht, aus welchen Ursachen die
in jüngster Zeit in Heilbronn, Koblenz und Köln statt-
gehabten Ruhestörungen nicht verhindert worden, und welche
Maßregeln ergriffen wurden, diese zu beseitigen und die Uebertre-
ter der Gesetze zu bestrafen.

Nach einem Schreiben der großherzogl. badischen Regierung
vom 26. d. M. ist der Anführer der Rebellen, Gustav Struve,
in dem Orte Wehr, nahe an der Schweizergrenze, verhaftet
worden.

== Mainz 28. September. Die von dem hiesigen Piusver-
eine für religiöse Freiheit ausgegangene Einladung zu einer Ver-
sammlung der in Deutschland bestehenden ähnlichen Vereine, hat,
wie wir vernehmen, allerwärts freudige Zustimmung gefunden,
und nicht nur von den rheinischen Vereinen, sondern auch aus
Norddeutschland,
sowie aus Baden, Württemberg und
Tyrol sind Deputationen angemeldet, so daß die am 3. 4. und
5. October stattfindende Berathung nicht nur großes Jnteresse er-
wecken, sondern sicherlich auch von bedeutendem Einfluß auf die
Haltung der Katholiken hinsichtlich der wichtigen kirchlichen Fra-
gen der Gegenwart seyn wird. Von allen Seiten wurde ein nähe-
res Zusammentreten der Vereine und eine derartige Besprechung
für wünschenswerth erkannt, und es steht zu hoffen, daß die fried-
lichen Berathungen der nächsten Woche reich an Nutzen seyn
werden.

Oesterreichische Monarchie.

Aus Ungarn 18. September. ( D. A. Z. ) Der Ban ist in
Ungarn eingerückt und dringt gegen die Donau vor, während
sein Manifest, seine Proclamation an die ungarische Nation und
seine feste, männlich biedere Erklärung "an die Waffenbrü-
der " manchem Vollblut=Magyaren, der bis jetzt nur die pesther
Zeitungen las, die Augen öffnen, ja die blind anbetenden Gö-
tzendiener Kossuth's in ihrem Glauben wankend machen. Des-
halb hat auch die öffentliche Meinung plötzlich einen andern
Charakter angenommen und im Lande selbst ist das Wirken des
abgedankten Ministeriums bereits gerichtet, ob auch in Pest noch
immer eine stürmische Jugend für Kossuth brüllt. Der klügere
und mehr biedere Theil der Nation hängt an dem König; so-
bald dieser sich gegen das Ministerium oder irgend ein zur
Sanctionirung vorgelegtes Gesetz ausspricht, so hat dieses au-
genblicklich seine Kraft verloren und man sieht in Jenem nichts
weiter als die momentan aufgetauchte Gewalt einer einzelnen
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] versammlung anberaumt, um eine deßfallsige Adresse an das
Parlament zu erlassen; man faßte jedoch keine Beschlüsse, da gleich
beim Beginn der Versammlung angezeigt wurde, die städtischen
Behörden hätten die Sache bereits zur Hand genommen und
würden eine Bürgerversammlung veranlassen.

□ Aus dem Westrich 26. September. Der in Kaisers-
lautern erscheinende „Bote für Stadt und Land,“ herausgegeben
von Nicol. Schmitt, gegenwärtig Reichstagsmitglied, enthält
aus dessen Feder fortlaufende Berichte aus Frankfurt, deren Geist
und Richtung bereits früher einmal in diesem Blatte besprochen
worden ist. Daß diese Berichte ganz im Sinne der republika-
nischen Partei sind und Alles durch eine von Parteileidenschaft
getrübte Brille betrachten, ist den Lesern jenes „Boten“ nichts
Neues; daß aber die Feder eines gebildeten Mannes, der die
Leute kennt, für die er schreibt, und als Jurist und Familienvater
wissen muß, wo die rechtliche und moralische Verantwortlichkeit
beginne, sich nicht sträubt, Worte wie die folgenden niederzuschrei-
ben, das erfüllt mit Schauder und Abscheu. Jn Nro. 132. heißt
es von den Frankfurter Barrikadenkämpfern: „Sie haben aller-
dings in einer Art für die deutsche Freiheit gefochten, die wir
verdammen, weil sie nicht vom Siege gekrönt wur-
de;
die Begeisterung und Todesverachtung aber, mit der sie sich
schlugen, verdienen unsere Bewunderung!“ — Vom Fürsten
Lichnowsky heißt es ebenda: „der abenteuernde Lichnowsky, der
sein ganzes Leben hindurch im Dienste des Absolutismus gegen
die Freiheit des Volkes gekämpft;“ von seinem großen Talente,
von dem Mitleid, das die scheußliche Ermordung eines lebens-
frohen, begabten jungen Mannes jedem Menschen einflößen
muß, finden Sie keine Erwähnung.... Herr Schmitt, der die
Anstrengungen der rothen Republik verdammt, weil sie nicht
vom Siege gekrönt wurden,
hat folgerecht auch den Antrag
mitgestellt, der von der Nationalversammlung die Selbstauflösung
verlangt, damit neue Wahlen die rechten Leute unvermischt zusam-
menführen, und wir finden dieß mindestens consequenter, als daß
er, der vor wenigen Jahren mittelst seines Blattes
in Prosa und Versen der bayrischen Dynastie hul-
digte,
heute solche Artikel ins Volk wirft.

Stuttgart 25. September. ( Karlsr. Z. ) Unsere Regierung
schreitet kräftig gegen die Unruhstifter voran: einer der Redner
von gestern, der einst wegen Falschmünzens in Untersuch-
ung war, ist wegen verbrecherischer Aeußerungen verhaftet, ein
Anderer in Untersuchung gezogen. Jn Kirchhausen bei Heil-
bronn, Sinsheim zu, wurde ein abgesetzter Schulmeister,
der einen demokratischen Verein dort gestiftet hatte, verhaftet.
Jn Heilbronn selbst scheint sich die Bürgerschaft ermannt zu
haben; die eigentlichen Demokraten sind auch dort theils Lumpen,
theils unerfahrene junge Leute; eine Hauptrolle unter ihnen spielt
der ehemalige Abgeordnete Nefflen, als plumper Possenreißer be-
kannt: eben so durch die Art, wie der erste Theil seiner öffentli-
chen Laufbahn schloß, indem er wegen Fälschung verurtheilt
wurde. Jn Oberschwaben ist die Stimmung an manchen Orten
bedenklich, und es ist die Rede von Absendung von Militär
dahin.

Frankfurt 26. September. ( D. Z. ) Der Reichsgesandte in
der Schweiz, Hr. Raveaux, geht heute auf seinen Posten nach
Bern ab, und man vernimmt, daß er dort in Bezug auf die Ver-
nachlässigung und Verhöhnung aller internationalen Verbindlich-
keiten gegen Deutschland eine sehr ernste Sprache führen wird.
[ Wir bitten übrigens Herrn Raveaux, sich ja nicht mehr, wie
neulich, durch „confidentielle Mittheilungen“ zu blamiren. Der
deutsche Reichsgesandte sollte die schweizerischen „Staatsmänner,“
die ihre Geheimnisse an den Wirthstischen auskramen, besser ken-
nen. ] Wenn die Schweiz nicht den gerechten Forderungen um
Sicherstellung gegen Ueberfälle von ihrem Gebiete aus, welche
seit dem Frühjahre sehr häufig vorgekommen sind, entspricht, so
werden wohl an der deutschen Grenze ähnliche Maßregeln getrof-
fen werden müssen, wie sie Marschall Radetzky gegen Tessin
anzuwenden genöthigt war. Die deutsche Langmuth hat auch ihre
Grenzen.

Frankfurt 26. September. ( D. Z. ) Man spricht in den
Kreisen der Abgeordneten, welche dem Reichsministerium nahe
stehen, von einem Schreiben des in außerordentlicher Sendung in
Paris anwesenden Herrn v. Raumer, worin der Jnhalt einer
Unterredung desselben mit Herrn Bastide mitgetheilt wird. Hr.
Bastide habe bemerkt, daß die französische Regierung sehr gern in
engere Beziehung mit der deutschen Centralgewalt treten werde,
sobald dieselbe mit der gehörigen Kraft die Feinde jeder gesell-
schaftlichen Ordnung, die man in Paris niedergeworfen habe,
besiegt haben werde. Mit Befriedigung habe die französische
Regierung die Nachricht aufgenommen, daß den Herren Dahlmann
und Herrmann die Bildung eines Reichsministeriums in ihrem
Sinne nicht gelungen sey; doch könne man nicht wissen, ob nicht
[Spaltenumbruch] dennoch ein Kabinet zu Stande komme, welches einen an über-
triebener Nationalitätsschwärmerei kränkelnden Abgeordneten der
Linken nach Paris sende, woraus sich die Schwierigkeiten jeder
Verhandlung von selbst ergeben würden. Auf die Mittheilung,
daß der Aufstand in Frankfurt besiegt und der definitive Wieder-
eintritt des früheren Ministeriums in naher Aussicht sey, habe Hr.
Bastide zwar die zuversichtliche Hoffnung ausgesprochen, daß die
Centralgewalt eine Kraft entfalten werde, welche Vertrauen er-
wecke; allein, noch sey weder gegen die Abgeordneten, noch gegen
die Klubs, noch gegen die Leiter der Volksversammlungen einge-
schritten worden, welche die Mehrheit der N.=V. für Verräther
erklärt, zu Aufruhr und Mord aufgefordert hätten. Diese Schritte
schienen zur Befestigung der wahren Freiheit, der Ordnung und
der Regierung in Deutschland ebenso unerläßlich, als sie es in
Paris gewesen. Die Nationalversammlung aber scheine die Be-
dürfnisse des Augenblicks gänzlich zu verkennen, sonst würde sie
sich, statt mit weitläufigen Verhandlungen über die Grundrechte,
mit Berathung der schleunigst zu treffenden Maßregeln beschäf-
tigen. [ Wahrscheinlich machen die HH. Blum und Vogt den
Franzosen statt der Bruderhand — jetzt eine Faust! Uebrigens
scheinen die deutschen Verhältnisse Herrn Bastide ziemlich über-
trieben geschildert worden zu seyn. So arg ist's gottlob! in
Deutschland noch nicht ] . Dies ist der wesentliche Jnhalt des
Schreibens, und wir wüßten den Aeußerungen des H. Bastide nichts
Wesentliches entgegenzusetzen, als etwa die Bemerkung, daß auch
die Regierung des republikanischen Frankreichs, ungeachtet der
starken Centralisation, noch nicht aller Schwierigkeiten Herr ge-
worden, noch nicht alle Gefahren, welche dem Bestehen einer jeden
gesellschaftlichen Ordnung drohen, besiegt habe.

Frankfurt 27. September. ( O. P. A. Z. ) Der Reichsmini-
ster v. Schmerling und ebenso das Gesammtministerium er-
halten seit einigen Tagen aus den verschiedensten Theilen Deutsch-
lands Dankadressen fur das energische Auftreten gegen den bluti-
gen Aufruhr am 18. September, worin zugleich die Bitte ausge-
sprochen wird, die deutsche Zukunft zu schützen durch fernere kräf-
tige Aufrechthaltung von Gesetz und Ordnung und unnachsicht-
liche Bekämpfung drohender Anarchie und Barbarei.

Frankfurt 28. September. [ Amtlich. ] Verpflichtet, dafür zu
sorgen, daß überall in Deutschland die Herrschaft des Gesetzes
nicht ungestraft beeinträchtigt werde, hat das Reichsministerium
des Jnnern die Regierungen von Preußen und Württemberg um
baldigste Mittheilung darüber ersucht, aus welchen Ursachen die
in jüngster Zeit in Heilbronn, Koblenz und Köln statt-
gehabten Ruhestörungen nicht verhindert worden, und welche
Maßregeln ergriffen wurden, diese zu beseitigen und die Uebertre-
ter der Gesetze zu bestrafen.

Nach einem Schreiben der großherzogl. badischen Regierung
vom 26. d. M. ist der Anführer der Rebellen, Gustav Struve,
in dem Orte Wehr, nahe an der Schweizergrenze, verhaftet
worden.

== Mainz 28. September. Die von dem hiesigen Piusver-
eine für religiöse Freiheit ausgegangene Einladung zu einer Ver-
sammlung der in Deutschland bestehenden ähnlichen Vereine, hat,
wie wir vernehmen, allerwärts freudige Zustimmung gefunden,
und nicht nur von den rheinischen Vereinen, sondern auch aus
Norddeutschland,
sowie aus Baden, Württemberg und
Tyrol sind Deputationen angemeldet, so daß die am 3. 4. und
5. October stattfindende Berathung nicht nur großes Jnteresse er-
wecken, sondern sicherlich auch von bedeutendem Einfluß auf die
Haltung der Katholiken hinsichtlich der wichtigen kirchlichen Fra-
gen der Gegenwart seyn wird. Von allen Seiten wurde ein nähe-
res Zusammentreten der Vereine und eine derartige Besprechung
für wünschenswerth erkannt, und es steht zu hoffen, daß die fried-
lichen Berathungen der nächsten Woche reich an Nutzen seyn
werden.

Oesterreichische Monarchie.

Aus Ungarn 18. September. ( D. A. Z. ) Der Ban ist in
Ungarn eingerückt und dringt gegen die Donau vor, während
sein Manifest, seine Proclamation an die ungarische Nation und
seine feste, männlich biedere Erklärung „an die Waffenbrü-
der “ manchem Vollblut=Magyaren, der bis jetzt nur die pesther
Zeitungen las, die Augen öffnen, ja die blind anbetenden Gö-
tzendiener Kossuth's in ihrem Glauben wankend machen. Des-
halb hat auch die öffentliche Meinung plötzlich einen andern
Charakter angenommen und im Lande selbst ist das Wirken des
abgedankten Ministeriums bereits gerichtet, ob auch in Pest noch
immer eine stürmische Jugend für Kossuth brüllt. Der klügere
und mehr biedere Theil der Nation hängt an dem König; so-
bald dieser sich gegen das Ministerium oder irgend ein zur
Sanctionirung vorgelegtes Gesetz ausspricht, so hat dieses au-
genblicklich seine Kraft verloren und man sieht in Jenem nichts
weiter als die momentan aufgetauchte Gewalt einer einzelnen
[Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0003"/><cb type="start"/>
versammlung anberaumt, um eine deßfallsige Adresse an das<lb/>
Parlament zu erlassen; man faßte jedoch keine Beschlüsse, da gleich<lb/>
beim Beginn der Versammlung angezeigt wurde, die städtischen<lb/>
Behörden hätten die Sache bereits zur Hand genommen und<lb/>
würden eine Bürgerversammlung veranlassen.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>&#x25A1; Aus dem Westrich 26. September. Der in Kaisers-<lb/>
lautern erscheinende &#x201E;Bote für Stadt und Land,&#x201C; herausgegeben<lb/>
von <hi rendition="#g">Nicol. Schmitt,</hi> gegenwärtig Reichstagsmitglied, enthält<lb/>
aus dessen Feder fortlaufende Berichte aus Frankfurt, deren Geist<lb/>
und Richtung bereits früher einmal in diesem Blatte besprochen<lb/>
worden ist. Daß diese Berichte ganz im Sinne der republika-<lb/>
nischen Partei sind und Alles durch eine von Parteileidenschaft<lb/>
getrübte Brille betrachten, ist den Lesern jenes &#x201E;Boten&#x201C; nichts<lb/>
Neues; daß aber die Feder eines gebildeten Mannes, der die<lb/>
Leute kennt, für die er schreibt, und als Jurist und Familienvater<lb/>
wissen muß, wo die rechtliche und moralische Verantwortlichkeit<lb/>
beginne, sich nicht sträubt, Worte wie die folgenden niederzuschrei-<lb/>
ben, das erfüllt mit Schauder und Abscheu. Jn Nro. 132. heißt<lb/>
es von den Frankfurter Barrikadenkämpfern: &#x201E;Sie haben aller-<lb/>
dings in einer Art für die deutsche Freiheit gefochten, <hi rendition="#g">die wir<lb/>
verdammen, weil sie nicht vom Siege gekrönt wur-<lb/>
de;</hi> die Begeisterung und Todesverachtung aber, mit der sie sich<lb/>
schlugen, verdienen unsere Bewunderung!&#x201C; &#x2014; Vom Fürsten<lb/>
Lichnowsky heißt es ebenda: &#x201E;der abenteuernde Lichnowsky, der<lb/>
sein ganzes Leben hindurch im Dienste des Absolutismus gegen<lb/>
die Freiheit des Volkes gekämpft;&#x201C; von seinem großen Talente,<lb/>
von dem Mitleid, das die scheußliche Ermordung eines lebens-<lb/>
frohen, begabten jungen Mannes jedem <hi rendition="#g">Menschen</hi> einflößen<lb/>
muß, finden Sie keine Erwähnung.... Herr Schmitt, der die<lb/>
Anstrengungen der rothen Republik verdammt, <hi rendition="#g">weil sie nicht<lb/>
vom Siege gekrönt wurden,</hi> hat folgerecht auch den Antrag<lb/>
mitgestellt, der von der Nationalversammlung die Selbstauflösung<lb/>
verlangt, damit neue Wahlen die rechten Leute unvermischt zusam-<lb/>
menführen, und wir finden dieß mindestens consequenter, als daß<lb/>
er, <hi rendition="#g">der vor wenigen Jahren mittelst seines Blattes<lb/>
in Prosa und Versen der bayrischen Dynastie hul-<lb/>
digte,</hi> heute solche Artikel ins Volk wirft.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Stuttgart 25. September. ( Karlsr. Z. ) Unsere Regierung<lb/>
schreitet kräftig gegen die Unruhstifter voran: einer der Redner<lb/>
von gestern, der einst <hi rendition="#g">wegen Falschmünzens</hi> in Untersuch-<lb/>
ung war, ist wegen verbrecherischer Aeußerungen verhaftet, ein<lb/>
Anderer in Untersuchung gezogen. Jn <hi rendition="#g">Kirchhausen</hi> bei Heil-<lb/>
bronn, Sinsheim zu, wurde <hi rendition="#g">ein abgesetzter Schulmeister,</hi><lb/>
der einen demokratischen Verein dort gestiftet hatte, verhaftet.<lb/>
Jn <hi rendition="#g">Heilbronn</hi> selbst scheint sich die Bürgerschaft ermannt zu<lb/>
haben; die eigentlichen Demokraten sind auch dort theils Lumpen,<lb/>
theils unerfahrene junge Leute; eine Hauptrolle unter ihnen spielt<lb/>
der ehemalige Abgeordnete Nefflen, als plumper Possenreißer be-<lb/>
kannt: eben so durch die Art, wie der erste Theil seiner öffentli-<lb/>
chen Laufbahn schloß, indem er <hi rendition="#g">wegen Fälschung</hi> verurtheilt<lb/>
wurde. Jn Oberschwaben ist die Stimmung an manchen Orten<lb/>
bedenklich, und es ist die Rede von Absendung von Militär<lb/>
dahin.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Frankfurt 26. September. ( D. Z. ) Der Reichsgesandte in<lb/>
der Schweiz, Hr. Raveaux, geht heute auf seinen Posten nach<lb/>
Bern ab, und man vernimmt, daß er dort in Bezug auf die Ver-<lb/>
nachlässigung und Verhöhnung aller internationalen Verbindlich-<lb/>
keiten gegen Deutschland eine sehr ernste Sprache führen wird.<lb/>
[ Wir bitten übrigens Herrn Raveaux, sich ja nicht mehr, wie<lb/>
neulich, durch &#x201E;confidentielle Mittheilungen&#x201C; zu blamiren. Der<lb/>
deutsche Reichsgesandte sollte die schweizerischen &#x201E;Staatsmänner,&#x201C;<lb/>
die ihre Geheimnisse an den Wirthstischen auskramen, besser ken-<lb/>
nen. ] Wenn die Schweiz nicht den gerechten Forderungen um<lb/>
Sicherstellung gegen Ueberfälle von ihrem Gebiete aus, welche<lb/>
seit dem Frühjahre sehr häufig vorgekommen sind, entspricht, so<lb/>
werden wohl an der deutschen Grenze ähnliche Maßregeln getrof-<lb/>
fen werden müssen, wie sie Marschall Radetzky gegen Tessin<lb/>
anzuwenden genöthigt war. Die deutsche Langmuth hat auch ihre<lb/>
Grenzen.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Frankfurt 26. September. ( D. Z. ) Man spricht in den<lb/>
Kreisen der Abgeordneten, welche dem Reichsministerium nahe<lb/>
stehen, von einem Schreiben des in außerordentlicher Sendung in<lb/>
Paris anwesenden Herrn v. Raumer, worin der Jnhalt einer<lb/>
Unterredung desselben mit Herrn <hi rendition="#g">Bastide</hi> mitgetheilt wird. Hr.<lb/>
Bastide habe bemerkt, daß die französische Regierung sehr gern in<lb/>
engere Beziehung mit der deutschen Centralgewalt treten werde,<lb/>
sobald dieselbe mit der gehörigen Kraft die Feinde jeder gesell-<lb/>
schaftlichen Ordnung, die man in Paris niedergeworfen habe,<lb/>
besiegt haben werde. Mit Befriedigung habe die französische<lb/>
Regierung die Nachricht aufgenommen, daß den Herren Dahlmann<lb/>
und Herrmann die Bildung eines Reichsministeriums in ihrem<lb/>
Sinne nicht gelungen sey; doch könne man nicht wissen, ob nicht<lb/><cb n="2"/>
dennoch ein Kabinet zu Stande komme, welches einen an über-<lb/>
triebener Nationalitätsschwärmerei kränkelnden Abgeordneten der<lb/>
Linken nach Paris sende, woraus sich die Schwierigkeiten jeder<lb/>
Verhandlung von selbst ergeben würden. Auf die Mittheilung,<lb/>
daß der Aufstand in Frankfurt besiegt und der definitive Wieder-<lb/>
eintritt des früheren Ministeriums in naher Aussicht sey, habe Hr.<lb/>
Bastide zwar die zuversichtliche Hoffnung ausgesprochen, daß die<lb/>
Centralgewalt eine Kraft entfalten werde, welche Vertrauen er-<lb/>
wecke; allein, noch sey weder gegen die Abgeordneten, noch gegen<lb/>
die Klubs, noch gegen die Leiter der Volksversammlungen einge-<lb/>
schritten worden, welche die Mehrheit der N.=V. für Verräther<lb/>
erklärt, zu Aufruhr und Mord aufgefordert hätten. Diese Schritte<lb/>
schienen zur Befestigung der wahren Freiheit, der Ordnung und<lb/>
der Regierung in Deutschland ebenso unerläßlich, als sie es in<lb/>
Paris gewesen. Die Nationalversammlung aber scheine die Be-<lb/>
dürfnisse des Augenblicks gänzlich zu verkennen, sonst würde sie<lb/>
sich, statt mit weitläufigen Verhandlungen über die Grundrechte,<lb/>
mit Berathung der schleunigst zu treffenden Maßregeln beschäf-<lb/>
tigen. [ Wahrscheinlich machen die HH. <hi rendition="#g">Blum</hi> und <hi rendition="#g">Vogt</hi> den<lb/>
Franzosen statt der Bruderhand &#x2014; jetzt eine Faust! Uebrigens<lb/>
scheinen die deutschen Verhältnisse Herrn Bastide ziemlich über-<lb/>
trieben geschildert worden zu seyn. So arg ist's gottlob! in<lb/>
Deutschland noch nicht ] . Dies ist der wesentliche Jnhalt des<lb/>
Schreibens, und wir wüßten den Aeußerungen des H. Bastide nichts<lb/>
Wesentliches entgegenzusetzen, als etwa die Bemerkung, daß auch<lb/>
die Regierung des republikanischen Frankreichs, ungeachtet der<lb/>
starken Centralisation, noch nicht aller Schwierigkeiten Herr ge-<lb/>
worden, noch nicht alle Gefahren, welche dem Bestehen einer jeden<lb/>
gesellschaftlichen Ordnung drohen, besiegt habe.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Frankfurt 27. September. ( O. P. A. Z. ) Der Reichsmini-<lb/>
ster v. <hi rendition="#g">Schmerling</hi> und ebenso das Gesammtministerium er-<lb/>
halten seit einigen Tagen aus den verschiedensten Theilen Deutsch-<lb/>
lands Dankadressen fur das energische Auftreten gegen den bluti-<lb/>
gen Aufruhr am 18. September, worin zugleich die Bitte ausge-<lb/>
sprochen wird, die deutsche Zukunft zu schützen durch fernere kräf-<lb/>
tige Aufrechthaltung von Gesetz und Ordnung und unnachsicht-<lb/>
liche Bekämpfung drohender Anarchie und Barbarei.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Frankfurt 28. September. [ Amtlich. ] Verpflichtet, dafür zu<lb/>
sorgen, daß überall in Deutschland die Herrschaft des Gesetzes<lb/>
nicht ungestraft beeinträchtigt werde, hat das Reichsministerium<lb/>
des Jnnern die Regierungen von Preußen und Württemberg um<lb/>
baldigste Mittheilung darüber ersucht, aus welchen Ursachen die<lb/>
in jüngster Zeit in <hi rendition="#g">Heilbronn, Koblenz</hi> und <hi rendition="#g">Köln</hi> statt-<lb/>
gehabten Ruhestörungen nicht verhindert worden, und welche<lb/>
Maßregeln ergriffen wurden, diese zu beseitigen und die Uebertre-<lb/>
ter der Gesetze zu bestrafen.</p><lb/>
          <p>Nach einem Schreiben der großherzogl. badischen Regierung<lb/>
vom 26. d. M. ist der Anführer der Rebellen, <hi rendition="#g">Gustav Struve,</hi><lb/>
in dem Orte <hi rendition="#g">Wehr,</hi> nahe an der Schweizergrenze, verhaftet<lb/>
worden.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>== Mainz 28. September. Die von dem hiesigen Piusver-<lb/>
eine für religiöse Freiheit ausgegangene Einladung zu einer Ver-<lb/>
sammlung der in Deutschland bestehenden ähnlichen Vereine, hat,<lb/>
wie wir vernehmen, allerwärts freudige Zustimmung gefunden,<lb/>
und nicht nur von den rheinischen Vereinen, sondern auch <hi rendition="#g">aus<lb/>
Norddeutschland,</hi> sowie aus <hi rendition="#g">Baden, Württemberg</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Tyrol</hi> sind Deputationen angemeldet, so daß die am 3. 4. und<lb/>
5. October stattfindende Berathung nicht nur großes Jnteresse er-<lb/>
wecken, sondern sicherlich auch von bedeutendem Einfluß auf die<lb/>
Haltung der Katholiken hinsichtlich der wichtigen kirchlichen Fra-<lb/>
gen der Gegenwart seyn wird. Von allen Seiten wurde ein nähe-<lb/>
res Zusammentreten der Vereine und eine derartige Besprechung<lb/>
für wünschenswerth erkannt, und es steht zu hoffen, daß die fried-<lb/>
lichen Berathungen der nächsten Woche reich an Nutzen seyn<lb/>
werden.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <head>Oesterreichische Monarchie.</head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Aus Ungarn 18. September. ( D. A. Z. ) Der <hi rendition="#g">Ban</hi> ist in<lb/>
Ungarn eingerückt und dringt gegen die Donau vor, während<lb/>
sein Manifest, seine Proclamation an die ungarische Nation und<lb/>
seine feste, männlich biedere Erklärung &#x201E;an die Waffenbrü-<lb/>
der &#x201C; manchem Vollblut=Magyaren, der bis jetzt nur die pesther<lb/>
Zeitungen las, die Augen öffnen, ja die blind anbetenden Gö-<lb/>
tzendiener Kossuth's in ihrem Glauben wankend machen. Des-<lb/>
halb hat auch die öffentliche Meinung plötzlich einen andern<lb/>
Charakter angenommen und im Lande selbst ist das Wirken des<lb/>
abgedankten Ministeriums bereits gerichtet, ob auch in Pest noch<lb/>
immer eine stürmische Jugend für Kossuth brüllt. Der klügere<lb/>
und mehr biedere Theil der Nation hängt an dem König; so-<lb/>
bald dieser sich gegen das Ministerium oder irgend ein zur<lb/>
Sanctionirung vorgelegtes Gesetz ausspricht, so hat dieses au-<lb/>
genblicklich seine Kraft verloren und man sieht in Jenem nichts<lb/>
weiter als die momentan aufgetauchte Gewalt einer einzelnen<lb/><cb type="end"/>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0003] versammlung anberaumt, um eine deßfallsige Adresse an das Parlament zu erlassen; man faßte jedoch keine Beschlüsse, da gleich beim Beginn der Versammlung angezeigt wurde, die städtischen Behörden hätten die Sache bereits zur Hand genommen und würden eine Bürgerversammlung veranlassen. □ Aus dem Westrich 26. September. Der in Kaisers- lautern erscheinende „Bote für Stadt und Land,“ herausgegeben von Nicol. Schmitt, gegenwärtig Reichstagsmitglied, enthält aus dessen Feder fortlaufende Berichte aus Frankfurt, deren Geist und Richtung bereits früher einmal in diesem Blatte besprochen worden ist. Daß diese Berichte ganz im Sinne der republika- nischen Partei sind und Alles durch eine von Parteileidenschaft getrübte Brille betrachten, ist den Lesern jenes „Boten“ nichts Neues; daß aber die Feder eines gebildeten Mannes, der die Leute kennt, für die er schreibt, und als Jurist und Familienvater wissen muß, wo die rechtliche und moralische Verantwortlichkeit beginne, sich nicht sträubt, Worte wie die folgenden niederzuschrei- ben, das erfüllt mit Schauder und Abscheu. Jn Nro. 132. heißt es von den Frankfurter Barrikadenkämpfern: „Sie haben aller- dings in einer Art für die deutsche Freiheit gefochten, die wir verdammen, weil sie nicht vom Siege gekrönt wur- de; die Begeisterung und Todesverachtung aber, mit der sie sich schlugen, verdienen unsere Bewunderung!“ — Vom Fürsten Lichnowsky heißt es ebenda: „der abenteuernde Lichnowsky, der sein ganzes Leben hindurch im Dienste des Absolutismus gegen die Freiheit des Volkes gekämpft;“ von seinem großen Talente, von dem Mitleid, das die scheußliche Ermordung eines lebens- frohen, begabten jungen Mannes jedem Menschen einflößen muß, finden Sie keine Erwähnung.... Herr Schmitt, der die Anstrengungen der rothen Republik verdammt, weil sie nicht vom Siege gekrönt wurden, hat folgerecht auch den Antrag mitgestellt, der von der Nationalversammlung die Selbstauflösung verlangt, damit neue Wahlen die rechten Leute unvermischt zusam- menführen, und wir finden dieß mindestens consequenter, als daß er, der vor wenigen Jahren mittelst seines Blattes in Prosa und Versen der bayrischen Dynastie hul- digte, heute solche Artikel ins Volk wirft. Stuttgart 25. September. ( Karlsr. Z. ) Unsere Regierung schreitet kräftig gegen die Unruhstifter voran: einer der Redner von gestern, der einst wegen Falschmünzens in Untersuch- ung war, ist wegen verbrecherischer Aeußerungen verhaftet, ein Anderer in Untersuchung gezogen. Jn Kirchhausen bei Heil- bronn, Sinsheim zu, wurde ein abgesetzter Schulmeister, der einen demokratischen Verein dort gestiftet hatte, verhaftet. Jn Heilbronn selbst scheint sich die Bürgerschaft ermannt zu haben; die eigentlichen Demokraten sind auch dort theils Lumpen, theils unerfahrene junge Leute; eine Hauptrolle unter ihnen spielt der ehemalige Abgeordnete Nefflen, als plumper Possenreißer be- kannt: eben so durch die Art, wie der erste Theil seiner öffentli- chen Laufbahn schloß, indem er wegen Fälschung verurtheilt wurde. Jn Oberschwaben ist die Stimmung an manchen Orten bedenklich, und es ist die Rede von Absendung von Militär dahin. Frankfurt 26. September. ( D. Z. ) Der Reichsgesandte in der Schweiz, Hr. Raveaux, geht heute auf seinen Posten nach Bern ab, und man vernimmt, daß er dort in Bezug auf die Ver- nachlässigung und Verhöhnung aller internationalen Verbindlich- keiten gegen Deutschland eine sehr ernste Sprache führen wird. [ Wir bitten übrigens Herrn Raveaux, sich ja nicht mehr, wie neulich, durch „confidentielle Mittheilungen“ zu blamiren. Der deutsche Reichsgesandte sollte die schweizerischen „Staatsmänner,“ die ihre Geheimnisse an den Wirthstischen auskramen, besser ken- nen. ] Wenn die Schweiz nicht den gerechten Forderungen um Sicherstellung gegen Ueberfälle von ihrem Gebiete aus, welche seit dem Frühjahre sehr häufig vorgekommen sind, entspricht, so werden wohl an der deutschen Grenze ähnliche Maßregeln getrof- fen werden müssen, wie sie Marschall Radetzky gegen Tessin anzuwenden genöthigt war. Die deutsche Langmuth hat auch ihre Grenzen. Frankfurt 26. September. ( D. Z. ) Man spricht in den Kreisen der Abgeordneten, welche dem Reichsministerium nahe stehen, von einem Schreiben des in außerordentlicher Sendung in Paris anwesenden Herrn v. Raumer, worin der Jnhalt einer Unterredung desselben mit Herrn Bastide mitgetheilt wird. Hr. Bastide habe bemerkt, daß die französische Regierung sehr gern in engere Beziehung mit der deutschen Centralgewalt treten werde, sobald dieselbe mit der gehörigen Kraft die Feinde jeder gesell- schaftlichen Ordnung, die man in Paris niedergeworfen habe, besiegt haben werde. Mit Befriedigung habe die französische Regierung die Nachricht aufgenommen, daß den Herren Dahlmann und Herrmann die Bildung eines Reichsministeriums in ihrem Sinne nicht gelungen sey; doch könne man nicht wissen, ob nicht dennoch ein Kabinet zu Stande komme, welches einen an über- triebener Nationalitätsschwärmerei kränkelnden Abgeordneten der Linken nach Paris sende, woraus sich die Schwierigkeiten jeder Verhandlung von selbst ergeben würden. Auf die Mittheilung, daß der Aufstand in Frankfurt besiegt und der definitive Wieder- eintritt des früheren Ministeriums in naher Aussicht sey, habe Hr. Bastide zwar die zuversichtliche Hoffnung ausgesprochen, daß die Centralgewalt eine Kraft entfalten werde, welche Vertrauen er- wecke; allein, noch sey weder gegen die Abgeordneten, noch gegen die Klubs, noch gegen die Leiter der Volksversammlungen einge- schritten worden, welche die Mehrheit der N.=V. für Verräther erklärt, zu Aufruhr und Mord aufgefordert hätten. Diese Schritte schienen zur Befestigung der wahren Freiheit, der Ordnung und der Regierung in Deutschland ebenso unerläßlich, als sie es in Paris gewesen. Die Nationalversammlung aber scheine die Be- dürfnisse des Augenblicks gänzlich zu verkennen, sonst würde sie sich, statt mit weitläufigen Verhandlungen über die Grundrechte, mit Berathung der schleunigst zu treffenden Maßregeln beschäf- tigen. [ Wahrscheinlich machen die HH. Blum und Vogt den Franzosen statt der Bruderhand — jetzt eine Faust! Uebrigens scheinen die deutschen Verhältnisse Herrn Bastide ziemlich über- trieben geschildert worden zu seyn. So arg ist's gottlob! in Deutschland noch nicht ] . Dies ist der wesentliche Jnhalt des Schreibens, und wir wüßten den Aeußerungen des H. Bastide nichts Wesentliches entgegenzusetzen, als etwa die Bemerkung, daß auch die Regierung des republikanischen Frankreichs, ungeachtet der starken Centralisation, noch nicht aller Schwierigkeiten Herr ge- worden, noch nicht alle Gefahren, welche dem Bestehen einer jeden gesellschaftlichen Ordnung drohen, besiegt habe. Frankfurt 27. September. ( O. P. A. Z. ) Der Reichsmini- ster v. Schmerling und ebenso das Gesammtministerium er- halten seit einigen Tagen aus den verschiedensten Theilen Deutsch- lands Dankadressen fur das energische Auftreten gegen den bluti- gen Aufruhr am 18. September, worin zugleich die Bitte ausge- sprochen wird, die deutsche Zukunft zu schützen durch fernere kräf- tige Aufrechthaltung von Gesetz und Ordnung und unnachsicht- liche Bekämpfung drohender Anarchie und Barbarei. Frankfurt 28. September. [ Amtlich. ] Verpflichtet, dafür zu sorgen, daß überall in Deutschland die Herrschaft des Gesetzes nicht ungestraft beeinträchtigt werde, hat das Reichsministerium des Jnnern die Regierungen von Preußen und Württemberg um baldigste Mittheilung darüber ersucht, aus welchen Ursachen die in jüngster Zeit in Heilbronn, Koblenz und Köln statt- gehabten Ruhestörungen nicht verhindert worden, und welche Maßregeln ergriffen wurden, diese zu beseitigen und die Uebertre- ter der Gesetze zu bestrafen. Nach einem Schreiben der großherzogl. badischen Regierung vom 26. d. M. ist der Anführer der Rebellen, Gustav Struve, in dem Orte Wehr, nahe an der Schweizergrenze, verhaftet worden. == Mainz 28. September. Die von dem hiesigen Piusver- eine für religiöse Freiheit ausgegangene Einladung zu einer Ver- sammlung der in Deutschland bestehenden ähnlichen Vereine, hat, wie wir vernehmen, allerwärts freudige Zustimmung gefunden, und nicht nur von den rheinischen Vereinen, sondern auch aus Norddeutschland, sowie aus Baden, Württemberg und Tyrol sind Deputationen angemeldet, so daß die am 3. 4. und 5. October stattfindende Berathung nicht nur großes Jnteresse er- wecken, sondern sicherlich auch von bedeutendem Einfluß auf die Haltung der Katholiken hinsichtlich der wichtigen kirchlichen Fra- gen der Gegenwart seyn wird. Von allen Seiten wurde ein nähe- res Zusammentreten der Vereine und eine derartige Besprechung für wünschenswerth erkannt, und es steht zu hoffen, daß die fried- lichen Berathungen der nächsten Woche reich an Nutzen seyn werden. Oesterreichische Monarchie. Aus Ungarn 18. September. ( D. A. Z. ) Der Ban ist in Ungarn eingerückt und dringt gegen die Donau vor, während sein Manifest, seine Proclamation an die ungarische Nation und seine feste, männlich biedere Erklärung „an die Waffenbrü- der “ manchem Vollblut=Magyaren, der bis jetzt nur die pesther Zeitungen las, die Augen öffnen, ja die blind anbetenden Gö- tzendiener Kossuth's in ihrem Glauben wankend machen. Des- halb hat auch die öffentliche Meinung plötzlich einen andern Charakter angenommen und im Lande selbst ist das Wirken des abgedankten Ministeriums bereits gerichtet, ob auch in Pest noch immer eine stürmische Jugend für Kossuth brüllt. Der klügere und mehr biedere Theil der Nation hängt an dem König; so- bald dieser sich gegen das Ministerium oder irgend ein zur Sanctionirung vorgelegtes Gesetz ausspricht, so hat dieses au- genblicklich seine Kraft verloren und man sieht in Jenem nichts weiter als die momentan aufgetauchte Gewalt einer einzelnen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal098_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal098_1848/3
Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 98. Mainz, 28. September 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal098_1848/3>, abgerufen am 24.11.2024.