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Mainzer Journal. Nr. 48. Mainz, 2. August 1848.

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[Beginn Spaltensatz] möglichst baldigen Befestigung des guten Einverständnisses zwi-
schen Preußen und der Centralgewalt die sicherste Gewähr liegt
einestheils gegen die Pläne Derjenigen, welche unzweideutig auf
Anarchie hinarbeiten, um zur Anlegung ihrer politischen Systeme
reinen Tisch zu erlangen und andererseits gegen die hie und da
immer entschiedener auftretenden Sondergelüste einzelner deut-
schen Regierungen, die das Heil Deutschlands außer dem Be-
reiche ihrer eigenen Jnteressen zu finden sich nicht bewegen lassen
wollen.

Berlin 29. Juli. ( F. O. P.=A. Z. ) Der Knoten zu wichtigen Be-
gebenheiten wird jetzt hier geschürzt, leider nicht der Knoten zur Be-
festigung der deutschen Einheit! Die Aufforderung des Reichskriegs-
ministers, dem Reichsverweser vom Heere huldigen zu lassen, brachte
hier die feindliche Stimmung gegen die Frankfurter Beschlüsse
zum Ausbruche, wonach die deutschen Farben mit sehr geringer
Achtung nach und nach entfernt werden. Die Truppen gereizt
und bearbeitet von ihren Officieren, sprechen ohne Scheu den
Entschluß aus, daß sie nicht nur nicht huldigen werden, sondern eine
Demonstration dagegen ausführen werden. und die Kaserne des
24. Regiments in der Karlstraße soll heute der Schauplatz eines
Auftritts gewesen seyn, der den Feinden des deutschen Namens
Stoff genug zur Schadenfreude geben dürfte. Man hat unter
den unfreundlichsten Redensarten die deutschen Farben daselbst
entfernt und die Soldaten sollen mit den dreifarbigen Cocarden
ein ungebührliches Spiel getrieben haben. Wie die Sachen jetzt
hier stehen, ist ein Bruch mit dem übrigen Deutschland wahr-
scheinlich, und es wird von der kraftvollen Haltung unserer Na-
tionalversammlung und von dem Ministerium abhängen, dem
drohenden Zwiespalt vorzubeugen. Glücklicherweise ist die Be-
völkerung der Provinzen weniger auf ein Sonderpreußen beflissen,
und man darf vermuthen, daß in der Residenz vielleicht die
Furcht vor dem Verluste hauptstädtischer Vortheile großen Antheil
an der etwas lauten Begeisterung für die Sonderung Preußens
hat. -- Der König kam heute auf wenige Augenblicke nach Ber[-]
lin in Begleitung des Prinzen von Preußen, mit welchem er in
den Straßen herumfuhr. Bei der so stark veränderten Stim-
mung ist es natürlich, daß beide mit lauten Aeußerungen der
Freude begrüßt wurden.

Berlin 30. Juli. Der "Staatsanzeiger" zeigt amtlich an:
"Se. Maj. der König haben geruht, den Staatsminister Cam-
hausen
als Allerhöchstihren Bevollmächtigten bei der provisori-
schen Centralgewalt von Deutschland nach Frankfurt a. M. abzu-
ordnen. Dem gedachten Bevollmächtigten sind der Oberstlieute-
nant Fischer, der wirkliche Legationsrath von Kamptz und
der Geheime Finanzrath Camphausen beigeordnet worden,
um demselben bei der Ausführung der ihm übertragenen Geschäfte
zur Seite zu stehen."

Posen 25. Juli. ( Br. Z. ) Rußland rüstet nach allen Seiten.
Nach Nachrichten aus Odessa herrscht seit mehreren Monaten
im dortigen Arsenal die größte Thätigkeit, die russische Flotte
im schwarzen Meere mit allen Kriegsbedürfnissen zu versehen;
namentlich erhalten die Schiffe eine größere Anzahl von schweren
Geschützen. Die Stärke der auf der dortigen Rhede segelfertig
liegenden, theils aus Dampf= theils aus Segelschiffen bestehen-
den Flotte wird nicht der Zahl nach angegeben, jedoch als sehr
bedeutend geschildert. Auch eine Anzahl größerer Transportschiffe
sind ausgerüstet oder noch in der Ausrüstung begriffen. Zugleich
wird hinzugefügt, daß bereits ein starkes Geschwader, das zum
Theil aus Dampfschiffen besteht, von Odessa ausgelaufen sey,
um vor den Donaumündungen zu kreuzen. Das Gros
der russischen Landmacht, das täglich verstärkt wird, steht in
Litthauen, Volhynien, dem Bug entlang, in Podolien und in
Bessarabien vorgeschoben bis gegen Galacz und Jsmail. Bei
Abgang dieser Nachrichten war das Ueberschreiten des Pruth
durch russische Truppen noch nicht bekannt, doch glaubte man
allgemein, daß Rußland die Moldau und Walachei occupiren
werde. [ Was, wie bekannt, bereits geschehen ist. ]

Thorn 22. Juli. ( Nat. Z. ) Die Nachrichten, welche von
glaubwürdigen Personen aus dem angrenzenden Landestheile des
Großherzogthums Posen, aus Kujawien, hierher gelangen, lau-
fen alle darauf hinaus, daß die Bevölkerung daselbst ganz ruhig
ist und sich auch da nicht die geringste Spur wahrnehmen läßt,
welche auf eine neu auszubrechende Jnsurrection hindeutet. Die
Polen selbst widersprechen diesem Gerüchte auf das Entschiedenste
und erklären dasselbe als eine Erfindung der reactionären
Partei
im Großherzogthume, welche nach der blutigen Pacifi-
cation dieser Provinz ihrem Uebermuthe alle Zügel schießen läßt.
Wenn man die zeitigen Zustände des Großherzogthums erwägt,
so findet man die Absicht einer neu zu organisirenden Jnsurrection
sehr unwahrscheinlich. Der letzte Aufstandsversuch hat die polni-
schen Grundbesitzer zu sehr erschöpft, außerdem sind ihre Güter zu
[Spaltenumbruch] bedeutend mit Schulden belastet, als daß sie, die Seele aller po
litisch=nationalen Bewegungen, von Geldmitteln entblößt, einen
zweiten Aufstand in so kurzer Zeit in's Leben rufen sollten und
könnten. Hiermit soll aber nicht in Abrede gestellt werden, daß die
Erbitterung der polnischen Bevölkerung sehr groß ist, namentlich
gegen die Juden, welche sie allgemein als Verräther ihrer natio-
nalen Sache betrachtet. Bei einer solchen Gemüthsstimmung
dürfte das Rachegefühl sehr leicht blutige Ercesse veranlassen.

Speyer 31. Juli. Die Malereien schreiten unter der ge-
wandten und künstlerischen Hand Schraudolphs rasch voran, und
nehmen die Aufmerksamkeit des kunstliebenden Publikums fort-
während in Anspruch. Jndessen trägt man sich mit betrübenden
Gerüchten über das theilweise Einstellen derselben, so daß viel-
leicht eine völlige Stockung eintreten könnte. An die Wiederher-
stellung des vordern Portals des Kaiserdoms kann vorderhand
nicht gedacht werden, vielleicht bleibt dieses Werk dem künftigen
deutschen Kaiser vorbehalten.

* * * Edenkoben 30. Juli. Dem Vernehmen nach sollen in
der jüngsten Zeit 100,000 fl. zum vollständigen Ausbau der königl.
Villa auf Ludwigshöhe angewiesen worden seyn, dagegen sind die
Arbeiten an der Marburg vollkommen eingestellt, und dieselbe
sieht trauernd in die fruchtbaren Fluren der Pfalz her nieder.

# Von den Vogesen 30. Juli. Was Sie aus Basel mit-
theilen, "man hoffte es wenigstens durch die Desorganisation im
Militär so weit zu bringen, daß Bayern keine bedeutende Hilfe
nach Außen abgeben könne, und dann von zwei Seiten in den
Strudel hineingezogen werde," scheint sich leider auf eine trau-
rige Weise bestätigen zu wollen. Der Geist der Jnsubordination
und Jndisciplin scheint unter dem bayerischen Militär reißende
Fortschritte zu machen. Erst in jüngster Zeit haben uns die
Tagblätter bald von dieser, bald von jener Seite berichtet, wie
in der bayerischen Armee und besonders in Landau Fälle einer
vollständigen Desorganisation vorgekommen sind. Dieser Tage
soll nun in drei Kasernen zu Landau Feuer ausgebrochen, glücklicher
Weise aber wieder gelöscht worden seyn. Das sind, wenn der
Zufall die Hände nicht mit im Spiele hat, Früchte, welche die
Andalusierin voriges Jahr gesät hat, und nun von Hecker und
Siegel geärndtet werden.

Stuttgart 30. Juli. ( F. O. P. Z. ) Die in den früheren
schwäbischen Reichsstädten nie erloschenen Sympathien der Kai-
serzeit beginnen wieder zu erwachen. Ulm, in dessen Mauern das
Johannesfest am glänzendsten gefeiert wurde, ist mit einem An-
trag hervorgetreten, wornach diese Stadt sowie alle andern
deutschen Festungen
sammt ihrem Bezirk für reichsun-
mittelbar
erklärt werden sollen. Anderntheils lassen sich von
dem benachbarten Hohenzollern Stimmen vernehmen, welche in
der Ueberzeugung, daß kleine Staaten ein großes Unglück für
das Volk sind, einen Anschluß an Württemberg sehnlich wünschen.

# Mainz 1. August. Das Polizeigericht dahier hat durch
ein heute erlassenes Urtheil die drei Contravenienten, welche der
Verbreitung einer Druckschrift ( Protest des demokratischen Ver-
eins zu Gießen ) beschuldigt waren, worauf die Namen, Ge-
werbe und der Wohnort des Verfassers oder Druckers nicht an-
gegeben sind ( in Zuwiderhandlung gegen den Art. 475. Nr. 13.
des Code penal ) , unter der Erklärung freigesprochen, daß keine
strafbare Zuwiderhandlung im gegenwärtigen Falle erwiesen vor-
liege.

Frankfurt 26. Juli. ( A. Z. ) Der Ausschuß für Gesetzgebung
hat gestern beschlossen, in Verbindung mit dem volkswirthschaft-
lichen Ausschuß das Werk eines allgemeinen deutschen Wechsel-
rechts in Angriff zu nehmen. Jn beiden Ausschüssen befinden sich
tüchtige Männer, und wir sind unterrichtet von ihrer entschiedenen
Absicht recht bald zu zeigen, daß sie thätig gewesen sind. Sie
werden die bekannten zu Leipzig gepflogenen Verhandlungen zur
Grundlage nehmen, und in Gemäßheit der Geschäftsordnung
Sachverständige zuziehen, deren es genug in dem Schooße der
Nationalversammlung selbst gibt.

Hadersleben 23. Juli. Wie die "Nordschlesw. Zeitung"
berichtet, war es den Dänen auch im Amte Hadersleben gelun-
gen, beim Landvolke der Lüge Glauben zu verschaffen, daß die
Preußen, sobald sie die Gegend wieder besetzten, die ganze männ-
liche Bevölkerung vom 16. bis zum 50. Jahr aufgreifen, unter
die Soldaten stecken und zum Kriege gegen die Türken und Russen
verwenden würden. Wie früher im Sundewittschen, so hatte
auch im Amte Hadersleben der Glaube an diese Lüge zur Folge,
daß eine nicht unbedeutende Anzahl Nordschleswiger, besonders
vom Lande, mit den Dänen fortlief. Von diesen ist es aber jetzt
mehreren geglückt, sich wieder von den Dänen wegzuschleichen
und in ihre Heimath zurückzukehren, während freilich die größte
Anzahl durch Zwang in der dänischen Armee zurückgehalten wird.
Hier wären sie inzwischen ganz sicher gewesen, da die provi-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] möglichst baldigen Befestigung des guten Einverständnisses zwi-
schen Preußen und der Centralgewalt die sicherste Gewähr liegt
einestheils gegen die Pläne Derjenigen, welche unzweideutig auf
Anarchie hinarbeiten, um zur Anlegung ihrer politischen Systeme
reinen Tisch zu erlangen und andererseits gegen die hie und da
immer entschiedener auftretenden Sondergelüste einzelner deut-
schen Regierungen, die das Heil Deutschlands außer dem Be-
reiche ihrer eigenen Jnteressen zu finden sich nicht bewegen lassen
wollen.

Berlin 29. Juli. ( F. O. P.=A. Z. ) Der Knoten zu wichtigen Be-
gebenheiten wird jetzt hier geschürzt, leider nicht der Knoten zur Be-
festigung der deutschen Einheit! Die Aufforderung des Reichskriegs-
ministers, dem Reichsverweser vom Heere huldigen zu lassen, brachte
hier die feindliche Stimmung gegen die Frankfurter Beschlüsse
zum Ausbruche, wonach die deutschen Farben mit sehr geringer
Achtung nach und nach entfernt werden. Die Truppen gereizt
und bearbeitet von ihren Officieren, sprechen ohne Scheu den
Entschluß aus, daß sie nicht nur nicht huldigen werden, sondern eine
Demonstration dagegen ausführen werden. und die Kaserne des
24. Regiments in der Karlstraße soll heute der Schauplatz eines
Auftritts gewesen seyn, der den Feinden des deutschen Namens
Stoff genug zur Schadenfreude geben dürfte. Man hat unter
den unfreundlichsten Redensarten die deutschen Farben daselbst
entfernt und die Soldaten sollen mit den dreifarbigen Cocarden
ein ungebührliches Spiel getrieben haben. Wie die Sachen jetzt
hier stehen, ist ein Bruch mit dem übrigen Deutschland wahr-
scheinlich, und es wird von der kraftvollen Haltung unserer Na-
tionalversammlung und von dem Ministerium abhängen, dem
drohenden Zwiespalt vorzubeugen. Glücklicherweise ist die Be-
völkerung der Provinzen weniger auf ein Sonderpreußen beflissen,
und man darf vermuthen, daß in der Residenz vielleicht die
Furcht vor dem Verluste hauptstädtischer Vortheile großen Antheil
an der etwas lauten Begeisterung für die Sonderung Preußens
hat. — Der König kam heute auf wenige Augenblicke nach Ber[-]
lin in Begleitung des Prinzen von Preußen, mit welchem er in
den Straßen herumfuhr. Bei der so stark veränderten Stim-
mung ist es natürlich, daß beide mit lauten Aeußerungen der
Freude begrüßt wurden.

Berlin 30. Juli. Der „Staatsanzeiger“ zeigt amtlich an:
„Se. Maj. der König haben geruht, den Staatsminister Cam-
hausen
als Allerhöchstihren Bevollmächtigten bei der provisori-
schen Centralgewalt von Deutschland nach Frankfurt a. M. abzu-
ordnen. Dem gedachten Bevollmächtigten sind der Oberstlieute-
nant Fischer, der wirkliche Legationsrath von Kamptz und
der Geheime Finanzrath Camphausen beigeordnet worden,
um demselben bei der Ausführung der ihm übertragenen Geschäfte
zur Seite zu stehen.“

Posen 25. Juli. ( Br. Z. ) Rußland rüstet nach allen Seiten.
Nach Nachrichten aus Odessa herrscht seit mehreren Monaten
im dortigen Arsenal die größte Thätigkeit, die russische Flotte
im schwarzen Meere mit allen Kriegsbedürfnissen zu versehen;
namentlich erhalten die Schiffe eine größere Anzahl von schweren
Geschützen. Die Stärke der auf der dortigen Rhede segelfertig
liegenden, theils aus Dampf= theils aus Segelschiffen bestehen-
den Flotte wird nicht der Zahl nach angegeben, jedoch als sehr
bedeutend geschildert. Auch eine Anzahl größerer Transportschiffe
sind ausgerüstet oder noch in der Ausrüstung begriffen. Zugleich
wird hinzugefügt, daß bereits ein starkes Geschwader, das zum
Theil aus Dampfschiffen besteht, von Odessa ausgelaufen sey,
um vor den Donaumündungen zu kreuzen. Das Gros
der russischen Landmacht, das täglich verstärkt wird, steht in
Litthauen, Volhynien, dem Bug entlang, in Podolien und in
Bessarabien vorgeschoben bis gegen Galacz und Jsmail. Bei
Abgang dieser Nachrichten war das Ueberschreiten des Pruth
durch russische Truppen noch nicht bekannt, doch glaubte man
allgemein, daß Rußland die Moldau und Walachei occupiren
werde. [ Was, wie bekannt, bereits geschehen ist. ]

Thorn 22. Juli. ( Nat. Z. ) Die Nachrichten, welche von
glaubwürdigen Personen aus dem angrenzenden Landestheile des
Großherzogthums Posen, aus Kujawien, hierher gelangen, lau-
fen alle darauf hinaus, daß die Bevölkerung daselbst ganz ruhig
ist und sich auch da nicht die geringste Spur wahrnehmen läßt,
welche auf eine neu auszubrechende Jnsurrection hindeutet. Die
Polen selbst widersprechen diesem Gerüchte auf das Entschiedenste
und erklären dasselbe als eine Erfindung der reactionären
Partei
im Großherzogthume, welche nach der blutigen Pacifi-
cation dieser Provinz ihrem Uebermuthe alle Zügel schießen läßt.
Wenn man die zeitigen Zustände des Großherzogthums erwägt,
so findet man die Absicht einer neu zu organisirenden Jnsurrection
sehr unwahrscheinlich. Der letzte Aufstandsversuch hat die polni-
schen Grundbesitzer zu sehr erschöpft, außerdem sind ihre Güter zu
[Spaltenumbruch] bedeutend mit Schulden belastet, als daß sie, die Seele aller po
litisch=nationalen Bewegungen, von Geldmitteln entblößt, einen
zweiten Aufstand in so kurzer Zeit in's Leben rufen sollten und
könnten. Hiermit soll aber nicht in Abrede gestellt werden, daß die
Erbitterung der polnischen Bevölkerung sehr groß ist, namentlich
gegen die Juden, welche sie allgemein als Verräther ihrer natio-
nalen Sache betrachtet. Bei einer solchen Gemüthsstimmung
dürfte das Rachegefühl sehr leicht blutige Ercesse veranlassen.

Speyer 31. Juli. Die Malereien schreiten unter der ge-
wandten und künstlerischen Hand Schraudolphs rasch voran, und
nehmen die Aufmerksamkeit des kunstliebenden Publikums fort-
während in Anspruch. Jndessen trägt man sich mit betrübenden
Gerüchten über das theilweise Einstellen derselben, so daß viel-
leicht eine völlige Stockung eintreten könnte. An die Wiederher-
stellung des vordern Portals des Kaiserdoms kann vorderhand
nicht gedacht werden, vielleicht bleibt dieses Werk dem künftigen
deutschen Kaiser vorbehalten.

* * * Edenkoben 30. Juli. Dem Vernehmen nach sollen in
der jüngsten Zeit 100,000 fl. zum vollständigen Ausbau der königl.
Villa auf Ludwigshöhe angewiesen worden seyn, dagegen sind die
Arbeiten an der Marburg vollkommen eingestellt, und dieselbe
sieht trauernd in die fruchtbaren Fluren der Pfalz her nieder.

# Von den Vogesen 30. Juli. Was Sie aus Basel mit-
theilen, „man hoffte es wenigstens durch die Desorganisation im
Militär so weit zu bringen, daß Bayern keine bedeutende Hilfe
nach Außen abgeben könne, und dann von zwei Seiten in den
Strudel hineingezogen werde,“ scheint sich leider auf eine trau-
rige Weise bestätigen zu wollen. Der Geist der Jnsubordination
und Jndisciplin scheint unter dem bayerischen Militär reißende
Fortschritte zu machen. Erst in jüngster Zeit haben uns die
Tagblätter bald von dieser, bald von jener Seite berichtet, wie
in der bayerischen Armee und besonders in Landau Fälle einer
vollständigen Desorganisation vorgekommen sind. Dieser Tage
soll nun in drei Kasernen zu Landau Feuer ausgebrochen, glücklicher
Weise aber wieder gelöscht worden seyn. Das sind, wenn der
Zufall die Hände nicht mit im Spiele hat, Früchte, welche die
Andalusierin voriges Jahr gesät hat, und nun von Hecker und
Siegel geärndtet werden.

Stuttgart 30. Juli. ( F. O. P. Z. ) Die in den früheren
schwäbischen Reichsstädten nie erloschenen Sympathien der Kai-
serzeit beginnen wieder zu erwachen. Ulm, in dessen Mauern das
Johannesfest am glänzendsten gefeiert wurde, ist mit einem An-
trag hervorgetreten, wornach diese Stadt sowie alle andern
deutschen Festungen
sammt ihrem Bezirk für reichsun-
mittelbar
erklärt werden sollen. Anderntheils lassen sich von
dem benachbarten Hohenzollern Stimmen vernehmen, welche in
der Ueberzeugung, daß kleine Staaten ein großes Unglück für
das Volk sind, einen Anschluß an Württemberg sehnlich wünschen.

# Mainz 1. August. Das Polizeigericht dahier hat durch
ein heute erlassenes Urtheil die drei Contravenienten, welche der
Verbreitung einer Druckschrift ( Protest des demokratischen Ver-
eins zu Gießen ) beschuldigt waren, worauf die Namen, Ge-
werbe und der Wohnort des Verfassers oder Druckers nicht an-
gegeben sind ( in Zuwiderhandlung gegen den Art. 475. Nr. 13.
des Code penal ) , unter der Erklärung freigesprochen, daß keine
strafbare Zuwiderhandlung im gegenwärtigen Falle erwiesen vor-
liege.

Frankfurt 26. Juli. ( A. Z. ) Der Ausschuß für Gesetzgebung
hat gestern beschlossen, in Verbindung mit dem volkswirthschaft-
lichen Ausschuß das Werk eines allgemeinen deutschen Wechsel-
rechts in Angriff zu nehmen. Jn beiden Ausschüssen befinden sich
tüchtige Männer, und wir sind unterrichtet von ihrer entschiedenen
Absicht recht bald zu zeigen, daß sie thätig gewesen sind. Sie
werden die bekannten zu Leipzig gepflogenen Verhandlungen zur
Grundlage nehmen, und in Gemäßheit der Geschäftsordnung
Sachverständige zuziehen, deren es genug in dem Schooße der
Nationalversammlung selbst gibt.

Hadersleben 23. Juli. Wie die „Nordschlesw. Zeitung“
berichtet, war es den Dänen auch im Amte Hadersleben gelun-
gen, beim Landvolke der Lüge Glauben zu verschaffen, daß die
Preußen, sobald sie die Gegend wieder besetzten, die ganze männ-
liche Bevölkerung vom 16. bis zum 50. Jahr aufgreifen, unter
die Soldaten stecken und zum Kriege gegen die Türken und Russen
verwenden würden. Wie früher im Sundewittschen, so hatte
auch im Amte Hadersleben der Glaube an diese Lüge zur Folge,
daß eine nicht unbedeutende Anzahl Nordschleswiger, besonders
vom Lande, mit den Dänen fortlief. Von diesen ist es aber jetzt
mehreren geglückt, sich wieder von den Dänen wegzuschleichen
und in ihre Heimath zurückzukehren, während freilich die größte
Anzahl durch Zwang in der dänischen Armee zurückgehalten wird.
Hier wären sie inzwischen ganz sicher gewesen, da die provi-
[Ende Spaltensatz]

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[0002] möglichst baldigen Befestigung des guten Einverständnisses zwi- schen Preußen und der Centralgewalt die sicherste Gewähr liegt einestheils gegen die Pläne Derjenigen, welche unzweideutig auf Anarchie hinarbeiten, um zur Anlegung ihrer politischen Systeme reinen Tisch zu erlangen und andererseits gegen die hie und da immer entschiedener auftretenden Sondergelüste einzelner deut- schen Regierungen, die das Heil Deutschlands außer dem Be- reiche ihrer eigenen Jnteressen zu finden sich nicht bewegen lassen wollen. Berlin 29. Juli. ( F. O. P.=A. Z. ) Der Knoten zu wichtigen Be- gebenheiten wird jetzt hier geschürzt, leider nicht der Knoten zur Be- festigung der deutschen Einheit! Die Aufforderung des Reichskriegs- ministers, dem Reichsverweser vom Heere huldigen zu lassen, brachte hier die feindliche Stimmung gegen die Frankfurter Beschlüsse zum Ausbruche, wonach die deutschen Farben mit sehr geringer Achtung nach und nach entfernt werden. Die Truppen gereizt und bearbeitet von ihren Officieren, sprechen ohne Scheu den Entschluß aus, daß sie nicht nur nicht huldigen werden, sondern eine Demonstration dagegen ausführen werden. und die Kaserne des 24. Regiments in der Karlstraße soll heute der Schauplatz eines Auftritts gewesen seyn, der den Feinden des deutschen Namens Stoff genug zur Schadenfreude geben dürfte. Man hat unter den unfreundlichsten Redensarten die deutschen Farben daselbst entfernt und die Soldaten sollen mit den dreifarbigen Cocarden ein ungebührliches Spiel getrieben haben. Wie die Sachen jetzt hier stehen, ist ein Bruch mit dem übrigen Deutschland wahr- scheinlich, und es wird von der kraftvollen Haltung unserer Na- tionalversammlung und von dem Ministerium abhängen, dem drohenden Zwiespalt vorzubeugen. Glücklicherweise ist die Be- völkerung der Provinzen weniger auf ein Sonderpreußen beflissen, und man darf vermuthen, daß in der Residenz vielleicht die Furcht vor dem Verluste hauptstädtischer Vortheile großen Antheil an der etwas lauten Begeisterung für die Sonderung Preußens hat. — Der König kam heute auf wenige Augenblicke nach Ber- lin in Begleitung des Prinzen von Preußen, mit welchem er in den Straßen herumfuhr. Bei der so stark veränderten Stim- mung ist es natürlich, daß beide mit lauten Aeußerungen der Freude begrüßt wurden. Berlin 30. Juli. Der „Staatsanzeiger“ zeigt amtlich an: „Se. Maj. der König haben geruht, den Staatsminister Cam- hausen als Allerhöchstihren Bevollmächtigten bei der provisori- schen Centralgewalt von Deutschland nach Frankfurt a. M. abzu- ordnen. Dem gedachten Bevollmächtigten sind der Oberstlieute- nant Fischer, der wirkliche Legationsrath von Kamptz und der Geheime Finanzrath Camphausen beigeordnet worden, um demselben bei der Ausführung der ihm übertragenen Geschäfte zur Seite zu stehen.“ Posen 25. Juli. ( Br. Z. ) Rußland rüstet nach allen Seiten. Nach Nachrichten aus Odessa herrscht seit mehreren Monaten im dortigen Arsenal die größte Thätigkeit, die russische Flotte im schwarzen Meere mit allen Kriegsbedürfnissen zu versehen; namentlich erhalten die Schiffe eine größere Anzahl von schweren Geschützen. Die Stärke der auf der dortigen Rhede segelfertig liegenden, theils aus Dampf= theils aus Segelschiffen bestehen- den Flotte wird nicht der Zahl nach angegeben, jedoch als sehr bedeutend geschildert. Auch eine Anzahl größerer Transportschiffe sind ausgerüstet oder noch in der Ausrüstung begriffen. Zugleich wird hinzugefügt, daß bereits ein starkes Geschwader, das zum Theil aus Dampfschiffen besteht, von Odessa ausgelaufen sey, um vor den Donaumündungen zu kreuzen. Das Gros der russischen Landmacht, das täglich verstärkt wird, steht in Litthauen, Volhynien, dem Bug entlang, in Podolien und in Bessarabien vorgeschoben bis gegen Galacz und Jsmail. Bei Abgang dieser Nachrichten war das Ueberschreiten des Pruth durch russische Truppen noch nicht bekannt, doch glaubte man allgemein, daß Rußland die Moldau und Walachei occupiren werde. [ Was, wie bekannt, bereits geschehen ist. ] Thorn 22. Juli. ( Nat. Z. ) Die Nachrichten, welche von glaubwürdigen Personen aus dem angrenzenden Landestheile des Großherzogthums Posen, aus Kujawien, hierher gelangen, lau- fen alle darauf hinaus, daß die Bevölkerung daselbst ganz ruhig ist und sich auch da nicht die geringste Spur wahrnehmen läßt, welche auf eine neu auszubrechende Jnsurrection hindeutet. Die Polen selbst widersprechen diesem Gerüchte auf das Entschiedenste und erklären dasselbe als eine Erfindung der reactionären Partei im Großherzogthume, welche nach der blutigen Pacifi- cation dieser Provinz ihrem Uebermuthe alle Zügel schießen läßt. Wenn man die zeitigen Zustände des Großherzogthums erwägt, so findet man die Absicht einer neu zu organisirenden Jnsurrection sehr unwahrscheinlich. Der letzte Aufstandsversuch hat die polni- schen Grundbesitzer zu sehr erschöpft, außerdem sind ihre Güter zu bedeutend mit Schulden belastet, als daß sie, die Seele aller po litisch=nationalen Bewegungen, von Geldmitteln entblößt, einen zweiten Aufstand in so kurzer Zeit in's Leben rufen sollten und könnten. Hiermit soll aber nicht in Abrede gestellt werden, daß die Erbitterung der polnischen Bevölkerung sehr groß ist, namentlich gegen die Juden, welche sie allgemein als Verräther ihrer natio- nalen Sache betrachtet. Bei einer solchen Gemüthsstimmung dürfte das Rachegefühl sehr leicht blutige Ercesse veranlassen. Speyer 31. Juli. Die Malereien schreiten unter der ge- wandten und künstlerischen Hand Schraudolphs rasch voran, und nehmen die Aufmerksamkeit des kunstliebenden Publikums fort- während in Anspruch. Jndessen trägt man sich mit betrübenden Gerüchten über das theilweise Einstellen derselben, so daß viel- leicht eine völlige Stockung eintreten könnte. An die Wiederher- stellung des vordern Portals des Kaiserdoms kann vorderhand nicht gedacht werden, vielleicht bleibt dieses Werk dem künftigen deutschen Kaiser vorbehalten. * * * Edenkoben 30. Juli. Dem Vernehmen nach sollen in der jüngsten Zeit 100,000 fl. zum vollständigen Ausbau der königl. Villa auf Ludwigshöhe angewiesen worden seyn, dagegen sind die Arbeiten an der Marburg vollkommen eingestellt, und dieselbe sieht trauernd in die fruchtbaren Fluren der Pfalz her nieder. # Von den Vogesen 30. Juli. Was Sie aus Basel mit- theilen, „man hoffte es wenigstens durch die Desorganisation im Militär so weit zu bringen, daß Bayern keine bedeutende Hilfe nach Außen abgeben könne, und dann von zwei Seiten in den Strudel hineingezogen werde,“ scheint sich leider auf eine trau- rige Weise bestätigen zu wollen. Der Geist der Jnsubordination und Jndisciplin scheint unter dem bayerischen Militär reißende Fortschritte zu machen. Erst in jüngster Zeit haben uns die Tagblätter bald von dieser, bald von jener Seite berichtet, wie in der bayerischen Armee und besonders in Landau Fälle einer vollständigen Desorganisation vorgekommen sind. Dieser Tage soll nun in drei Kasernen zu Landau Feuer ausgebrochen, glücklicher Weise aber wieder gelöscht worden seyn. Das sind, wenn der Zufall die Hände nicht mit im Spiele hat, Früchte, welche die Andalusierin voriges Jahr gesät hat, und nun von Hecker und Siegel geärndtet werden. Stuttgart 30. Juli. ( F. O. P. Z. ) Die in den früheren schwäbischen Reichsstädten nie erloschenen Sympathien der Kai- serzeit beginnen wieder zu erwachen. Ulm, in dessen Mauern das Johannesfest am glänzendsten gefeiert wurde, ist mit einem An- trag hervorgetreten, wornach diese Stadt sowie alle andern deutschen Festungen sammt ihrem Bezirk für reichsun- mittelbar erklärt werden sollen. Anderntheils lassen sich von dem benachbarten Hohenzollern Stimmen vernehmen, welche in der Ueberzeugung, daß kleine Staaten ein großes Unglück für das Volk sind, einen Anschluß an Württemberg sehnlich wünschen. # Mainz 1. August. Das Polizeigericht dahier hat durch ein heute erlassenes Urtheil die drei Contravenienten, welche der Verbreitung einer Druckschrift ( Protest des demokratischen Ver- eins zu Gießen ) beschuldigt waren, worauf die Namen, Ge- werbe und der Wohnort des Verfassers oder Druckers nicht an- gegeben sind ( in Zuwiderhandlung gegen den Art. 475. Nr. 13. des Code penal ) , unter der Erklärung freigesprochen, daß keine strafbare Zuwiderhandlung im gegenwärtigen Falle erwiesen vor- liege. Frankfurt 26. Juli. ( A. Z. ) Der Ausschuß für Gesetzgebung hat gestern beschlossen, in Verbindung mit dem volkswirthschaft- lichen Ausschuß das Werk eines allgemeinen deutschen Wechsel- rechts in Angriff zu nehmen. Jn beiden Ausschüssen befinden sich tüchtige Männer, und wir sind unterrichtet von ihrer entschiedenen Absicht recht bald zu zeigen, daß sie thätig gewesen sind. Sie werden die bekannten zu Leipzig gepflogenen Verhandlungen zur Grundlage nehmen, und in Gemäßheit der Geschäftsordnung Sachverständige zuziehen, deren es genug in dem Schooße der Nationalversammlung selbst gibt. Hadersleben 23. Juli. Wie die „Nordschlesw. Zeitung“ berichtet, war es den Dänen auch im Amte Hadersleben gelun- gen, beim Landvolke der Lüge Glauben zu verschaffen, daß die Preußen, sobald sie die Gegend wieder besetzten, die ganze männ- liche Bevölkerung vom 16. bis zum 50. Jahr aufgreifen, unter die Soldaten stecken und zum Kriege gegen die Türken und Russen verwenden würden. Wie früher im Sundewittschen, so hatte auch im Amte Hadersleben der Glaube an diese Lüge zur Folge, daß eine nicht unbedeutende Anzahl Nordschleswiger, besonders vom Lande, mit den Dänen fortlief. Von diesen ist es aber jetzt mehreren geglückt, sich wieder von den Dänen wegzuschleichen und in ihre Heimath zurückzukehren, während freilich die größte Anzahl durch Zwang in der dänischen Armee zurückgehalten wird. Hier wären sie inzwischen ganz sicher gewesen, da die provi-

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 48. Mainz, 2. August 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal048_1848/2>, abgerufen am 15.06.2024.