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Mainzer Journal. Nr. 43. Mainz, 28. Juli 1848.

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[Beginn Spaltensatz] eine geheime Kammersitzung gehalten worden, haben sich die zwei
anderen Parteien vereinigt, und Lehne wird als Führer der Op-
position den Antrag auf Auflösung stellen. Mehrere Deputirte,
die sonst ganz dem Systeme Jaup's angehören und das Mini-
sterium Eigenbrodt unterstützten, haben sich ihm angeschlossen.
Dringt Jaup durch, so treten eine Anzahl Deputirten aus, so daß
alsdann die Kammer nicht mehr vollzählig ist; fällt Jaup, so
wird das neue Ministerium mit der Auflösung der Kammer be-
ginnen. Daß binnen 14 Tagen die Kammer aufgelöst seyn wird,
daran ist jetzt nicht mehr zu zweifeln. Läugnen läßt es sich nicht,
die Demokraten haben geschickt operirt; die Constitutionellen ha-
ben dagegen so lange mit einer provisorischen Aenderung des
Wahlgesetzes gezaudert, daß sie jetzt, nachdem drei Monate hin-
durch die Demokraten das Land bearbeitet haben, gespalten sind,
und das neue Wahlgesetz als ein Sieg der Demokraten ausge-
beutet werden wird.

Oesterreichische Monarchie.

Pesth 20. Juli. ( D. A. Z. ) Der Landlag wird eine glän-
zende Deputation mit der Adresse an den König nach Jnns-
bruck senden, welche denselben dringend bitten soll, seine Residenz
in unserer Hauptstadt zu nehmen. Kossuth spricht sich in der neue-
sten Nummer seines Blattes wieder mit glühenden Worten über
die Gefahr aus, welche der Dynastie drohe, wenn der König
nicht bald nach Ofen komme. -- Ueber den dreistündigen Kampf
bei St. Thomas
unter General Bechtold's Anführung gibt
endlich heute "Kossuth Hirlapja" einen kleinen Auszug aus dem
eingegangenen officiellen Berichte. Nach diesem hatte Bechtold
2400 Mann Jnfanterie mit einer Batterie und 700 Mann
Cavalerie mit einer Batterie gegen St. Thomas geführt.
Das feindliche Lager wird als ein mit 14 Kanonen wohl-
verschanztes angegeben, in welchem an 3000 ausgediente Sol-
daten, Grenzer und andere wohlbewaffnete Leute neben 2000
aus Serbien herübergekommenen Freischaaren seyn sollen.
Das feindliche Geschütz war besser bedient und weiter führend
als das ungarische, daher konnte dieses nicht viel ausrichten.
Der Verlust auf unserer Seite wird auf sechs Todte und zwölf
Verwundete angegeben. Privatmittheilungen von Augenzeugen
sprechen jedoch von dreißig Todten. | Die Ungarn scheinen die
Kriegsberichte gerade so zuzustutzen, wie ihre guten Freunde in
Jtalien die weltberühmten Boletinis! | Durch diesen ersten abge-
schlagenen Angriff hat sich nun die Furchtbarkeit des illyrischen
Aufstandes, sowie auch durch die feige Flucht der Nationalgarden
die Unbrauchbarkeit derselben zu Angriffen offenbart. Da man nun
überzeugt ist, daß der illyrische Aufstand das Werk der Camarilla
sey, so will, wie wir hören, der feurige Kossuth selbst dieser ein be-
deutendes Opfer bringen. Er will nämlich beim Landtage
die Bewilligung von
50,000 Mann für den italie-
nischen Krieg durchsetzen.
Seine Popularität würde
dadurch zu Grunde gehen. Es könnte aber auch eine Minister-
krisis eintreten. Denn die Radicalen sind schon längst mit Kossuth
unzufrieden. Sie wollen mit der Camarilla einen Kampf auf
Tod uud Leben eingehen, ( auf deutsch: die Republik in Ungarn
proclamiren ) . Heute soll in dem Repräsentantenhaus die Adreß-
debatte beginnen, in welcher die italienische Frage den wichtigsten
Punkt bilden wird. -- Gestern ging von hier Artillerie und Jn-
fanterie nach Szegedin ab. Eine todtverachtende "schwarze
Schaar" bildet sich hier und wird ebenfalls nach Szegedin ab-
gehen.

Jtalien.

Aus Oberitalien 17. Juli. ( Karlsr. Z. ) Die Ernennung
des Herzogs von Genua zum König von Sizilien ist hier ziemlich
unerwartet gekommen, da noch vor nicht gar langer Zeit ver-
lautete, daß man in Palermo für Karl Albert durchaus nicht
günstig gestimmt sey. Jetzt aber löst sich das Räthsel: das
"Schwert Jtaliens" versteht sich besser auf die Künste des Frie-
dens, als auf jene des Krieges, und so hat er denn auch den
Schlüssel gefunden, um sich die sizilianischen Herzen zu öffnen.
Es sollen sehr bedeutende Summen von Turin aus nach Palermo
gesendet und noch größere Versprechungen gemacht worden seyn.
Wer aus Erfahrung weiß, wie sehr in Jtalien, namentlich aber
in Neapel und Sizilien, auch die höchstgestellten Männer Ge-
schenken, Titeln und Ehrensteuern[unleserliches Material] zugänglich sind, den kann jetzt
das Ergebniß der Wahl nicht mehr befremden. Zwar wurden
auch von anderer Seite, und namentlich von den Napoleoniden,
Anstrengungen gemacht; Karl Albert hat sie aber Alle überboten.
Und die Sache war wahrlich eines großen Preises werth, da sich
an den Besitz Siziliens die Aussicht knüpft, auch Neapel dem sar-
dinischen Scepter zu unterwerfen. Man rechnet nämlich darauf,
daß der König von Neapel, wenn er sich auf dem Thron erhalte,
gegen Sizilien feindselig auftreten werde, in welchem Falle Karl
[Spaltenumbruch] Albert ein Heer in Neapel einrücken lassen würde, wo er, mit
Hilfe der Bevölkerung, die jetzt überall durch seine Sendlinge be-
arbeitet wird, ein leichteres Spiel haben würde, als gegen die
Oesterreicher. Jm Lager sah man einen solchen Feldzug bereits
als eine ausgemachte Sache an, und es scheinen selbst der Unthä-
tigkeit Karl Albert's und der Zurückweisung der Friedensvor-
schläge tiefer liegende Plane zu Grunde zu liegen.

Jn Rom hat er auch bereits eine mächtige Partei auf seine
Seite zu bringen gewußt, die ganz nach seiner Pfeife tanzt. Sie
stellt sich dem Papst unter dem Vorwande, daß er die italie-
nischen Jnteressen an Oesterreich preiszugeben beabsichtige, bei
jeder Gelegenheit auf's schroffste gegenüber, und sucht namentlich
seiner Volksthümlichkeit überall Abbruch zu thun. Theilweise ist
ihr Dies auch gelungen, doch hängt der größte Theil des römi-
schen Volkes noch immer mit der alten Liebe an dem Kirchenfür-
sten. Die Parteien stehen einander äußerst gereizt gegenüber, und
ein Zusammenstoß zwischen ihnen wird früher oder später nicht
ausbleiben. Man will jetzt eine Reservearmee von 24,000 Mann
aufstellen und zu diesem Behufe das ohnehin schon gänzlich aus-
gesogene Land mit neuen Steuern heimsuchen. Verweigert der
Papst diesem Beschluß seine Zustimmung, so hat er die große
Masse der Bevölkerung auf seiner Seite, denn diese will ohnehin
Nichts mehr vom Kriege, noch weniger aber von neuen Auflagen
wissen. Die Schildknappen Karl Albert's werden sich indeß
auch durch eine solche Niederlage nicht entmuthigen lassen; sie
werden vielmehr jede neue Gelegenheit ergreifen, um den Plan,
auch den Kirchenstaat unter die schützenden Fittige des Königs von
Sardinien zu stellen, zur Reife zu bringen. Jtalien wird auf
diese Weise vielleicht in nicht sehr ferner Zeit zur Einheit gelangen.
Ob aber die einzelnen Theile nicht Ursache haben werden, Dies
zu bereuen, ist eine andere Frage. Ein Theil der heißblütigen
Jugend tröstet sich freilich damit, daß Karl Albert nur das Werk-
zeug sey, das man später wieder beseitigen werde. Wir wollen
sehen.

Genua 17. Juli. ( D. Z. ) Wenn man den Franzosen ge-
wiß mit Necht der Unkenntniß deutscher Zustände und Charakter-
eigenthümlichkeiten beschuldigen kann, so kann man uns und das
italienische Volk nicht von großen Jrrthümern über die Politik
der Vereinigten Staaten freisprechen. Wie nämlich der Deutsche
in der Freude seines Herzens, daß nun endlich seine Hoffnungen
in Erfüllung gehen, noch vor wenigen Wochen glaubte, Bruder
Jonathan, in gleicher Weise darüber erbaut, werde seiner Ohn-
macht zur See ohne Zweifel zu Hülfe kommen, und schon manches
Blatt das ansehnliche Geschwader von 35 Seegeln in der Nord-
see erscheinen ließ, so geht nun auch durch ganz Norditalien das
fest geglaubte Gerücht, man habe in Washington die gesammte
Flotte Karl Albert während der Dauer des Krieges zur Verfüg-
ung gestellt, und ihm erlaubt, dieselbe für die Zeit mit der ita-
lienischen
Flagge zu schmücken! Die grün=weiß=rothen Streifen
an der Stelle des Sternenbanners!! "Der Commandant des
"Princeton" hat gestern die bezügliche Depesche nach Turin ge-
bracht!" O armes Jtalien, was müßtest du für einen Bären
anbinden, damit du von diesem dir aufgebundenen mit Ehren
loskömmst! Wie viel Millionen kannst du Yankee bieten für ein
solches Geschäftchen? [ Und wie werden sie erst jubeln, wenn sie
jetzt die von allen Parisern Kannegießern geglaubte Neuigkeit
vernehmen, die Alpenarmee sey in Jtalien schon eingerückt oder
wenigstens auf dem Wege dahin! ]

Marseille 7. Juli. ( D. Z. ) Das seit einigen Tagen ver-
breitete Gerücht, daß mehrere französische Dampfer zur Verstär-
kung des sardinischen Geschwaders im adriatischen Meere ausge-
rüstet werden, findet heute seine Bestätigung. Die sardinische
Regierung hat die vier bisher zu den Fahrten nach Genua, Livor-
no, Civitavecchia und Neapel verwendeten Dampfer gemiethet
und das eiserne Dampfboot "Orontü" käuflich an sich gebracht.
Letzteres wird gleich in Genua ausgerüstet und dann sofort an
den Ort seiner Bestimmung gehen, während es mit den übrigen
Dampfern etwas länger dauern dürfte, wenn man dieselben nicht
bloß zum Bugsiren anwenden will.

Neapel 14. Juli. ( Schw. M. ) Die Nachricht, daß das
Parlament in Palermo den Herzog von Genua, Karl
Alberts zweiten Sohn, einstimmig zum "König der Sizilier" ge-
wählt habe, brachte hier bei dem besonnenen Theil des Publi-
kums einen niederschlagenden Eindruck hervor, so sehr sie auch
vorauszusehen war. Jm Schlosse aber beschließt man verdop-
pelte Anstrengungen, Rüstung von Soldaten und Schiffen; die
letzten aus der Lombardei eingerückten Linientruppen nehmen alle
die Richtung nach Reggio, wo ein großes Lager errichtet wird.
Abgetackelte Segelschiffe werden ebenfalls in Angriff genommen.
Wenn nur Geld da wäre; daran fehlt es aber nur zu sehr. Das
Zwangsanlehen wird mit erneutem Eifer eingetrieben, aber nur
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] eine geheime Kammersitzung gehalten worden, haben sich die zwei
anderen Parteien vereinigt, und Lehne wird als Führer der Op-
position den Antrag auf Auflösung stellen. Mehrere Deputirte,
die sonst ganz dem Systeme Jaup's angehören und das Mini-
sterium Eigenbrodt unterstützten, haben sich ihm angeschlossen.
Dringt Jaup durch, so treten eine Anzahl Deputirten aus, so daß
alsdann die Kammer nicht mehr vollzählig ist; fällt Jaup, so
wird das neue Ministerium mit der Auflösung der Kammer be-
ginnen. Daß binnen 14 Tagen die Kammer aufgelöst seyn wird,
daran ist jetzt nicht mehr zu zweifeln. Läugnen läßt es sich nicht,
die Demokraten haben geschickt operirt; die Constitutionellen ha-
ben dagegen so lange mit einer provisorischen Aenderung des
Wahlgesetzes gezaudert, daß sie jetzt, nachdem drei Monate hin-
durch die Demokraten das Land bearbeitet haben, gespalten sind,
und das neue Wahlgesetz als ein Sieg der Demokraten ausge-
beutet werden wird.

Oesterreichische Monarchie.

Pesth 20. Juli. ( D. A. Z. ) Der Landlag wird eine glän-
zende Deputation mit der Adresse an den König nach Jnns-
bruck senden, welche denselben dringend bitten soll, seine Residenz
in unserer Hauptstadt zu nehmen. Kossuth spricht sich in der neue-
sten Nummer seines Blattes wieder mit glühenden Worten über
die Gefahr aus, welche der Dynastie drohe, wenn der König
nicht bald nach Ofen komme. — Ueber den dreistündigen Kampf
bei St. Thomas
unter General Bechtold's Anführung gibt
endlich heute „Kossuth Hirlapja“ einen kleinen Auszug aus dem
eingegangenen officiellen Berichte. Nach diesem hatte Bechtold
2400 Mann Jnfanterie mit einer Batterie und 700 Mann
Cavalerie mit einer Batterie gegen St. Thomas geführt.
Das feindliche Lager wird als ein mit 14 Kanonen wohl-
verschanztes angegeben, in welchem an 3000 ausgediente Sol-
daten, Grenzer und andere wohlbewaffnete Leute neben 2000
aus Serbien herübergekommenen Freischaaren seyn sollen.
Das feindliche Geschütz war besser bedient und weiter führend
als das ungarische, daher konnte dieses nicht viel ausrichten.
Der Verlust auf unserer Seite wird auf sechs Todte und zwölf
Verwundete angegeben. Privatmittheilungen von Augenzeugen
sprechen jedoch von dreißig Todten. | Die Ungarn scheinen die
Kriegsberichte gerade so zuzustutzen, wie ihre guten Freunde in
Jtalien die weltberühmten Boletinis! | Durch diesen ersten abge-
schlagenen Angriff hat sich nun die Furchtbarkeit des illyrischen
Aufstandes, sowie auch durch die feige Flucht der Nationalgarden
die Unbrauchbarkeit derselben zu Angriffen offenbart. Da man nun
überzeugt ist, daß der illyrische Aufstand das Werk der Camarilla
sey, so will, wie wir hören, der feurige Kossuth selbst dieser ein be-
deutendes Opfer bringen. Er will nämlich beim Landtage
die Bewilligung von
50,000 Mann für den italie-
nischen Krieg durchsetzen.
Seine Popularität würde
dadurch zu Grunde gehen. Es könnte aber auch eine Minister-
krisis eintreten. Denn die Radicalen sind schon längst mit Kossuth
unzufrieden. Sie wollen mit der Camarilla einen Kampf auf
Tod uud Leben eingehen, ( auf deutsch: die Republik in Ungarn
proclamiren ) . Heute soll in dem Repräsentantenhaus die Adreß-
debatte beginnen, in welcher die italienische Frage den wichtigsten
Punkt bilden wird. — Gestern ging von hier Artillerie und Jn-
fanterie nach Szegedin ab. Eine todtverachtende „schwarze
Schaar“ bildet sich hier und wird ebenfalls nach Szegedin ab-
gehen.

Jtalien.

Aus Oberitalien 17. Juli. ( Karlsr. Z. ) Die Ernennung
des Herzogs von Genua zum König von Sizilien ist hier ziemlich
unerwartet gekommen, da noch vor nicht gar langer Zeit ver-
lautete, daß man in Palermo für Karl Albert durchaus nicht
günstig gestimmt sey. Jetzt aber löst sich das Räthsel: das
„Schwert Jtaliens“ versteht sich besser auf die Künste des Frie-
dens, als auf jene des Krieges, und so hat er denn auch den
Schlüssel gefunden, um sich die sizilianischen Herzen zu öffnen.
Es sollen sehr bedeutende Summen von Turin aus nach Palermo
gesendet und noch größere Versprechungen gemacht worden seyn.
Wer aus Erfahrung weiß, wie sehr in Jtalien, namentlich aber
in Neapel und Sizilien, auch die höchstgestellten Männer Ge-
schenken, Titeln und Ehrensteuern[unleserliches Material] zugänglich sind, den kann jetzt
das Ergebniß der Wahl nicht mehr befremden. Zwar wurden
auch von anderer Seite, und namentlich von den Napoleoniden,
Anstrengungen gemacht; Karl Albert hat sie aber Alle überboten.
Und die Sache war wahrlich eines großen Preises werth, da sich
an den Besitz Siziliens die Aussicht knüpft, auch Neapel dem sar-
dinischen Scepter zu unterwerfen. Man rechnet nämlich darauf,
daß der König von Neapel, wenn er sich auf dem Thron erhalte,
gegen Sizilien feindselig auftreten werde, in welchem Falle Karl
[Spaltenumbruch] Albert ein Heer in Neapel einrücken lassen würde, wo er, mit
Hilfe der Bevölkerung, die jetzt überall durch seine Sendlinge be-
arbeitet wird, ein leichteres Spiel haben würde, als gegen die
Oesterreicher. Jm Lager sah man einen solchen Feldzug bereits
als eine ausgemachte Sache an, und es scheinen selbst der Unthä-
tigkeit Karl Albert's und der Zurückweisung der Friedensvor-
schläge tiefer liegende Plane zu Grunde zu liegen.

Jn Rom hat er auch bereits eine mächtige Partei auf seine
Seite zu bringen gewußt, die ganz nach seiner Pfeife tanzt. Sie
stellt sich dem Papst unter dem Vorwande, daß er die italie-
nischen Jnteressen an Oesterreich preiszugeben beabsichtige, bei
jeder Gelegenheit auf's schroffste gegenüber, und sucht namentlich
seiner Volksthümlichkeit überall Abbruch zu thun. Theilweise ist
ihr Dies auch gelungen, doch hängt der größte Theil des römi-
schen Volkes noch immer mit der alten Liebe an dem Kirchenfür-
sten. Die Parteien stehen einander äußerst gereizt gegenüber, und
ein Zusammenstoß zwischen ihnen wird früher oder später nicht
ausbleiben. Man will jetzt eine Reservearmee von 24,000 Mann
aufstellen und zu diesem Behufe das ohnehin schon gänzlich aus-
gesogene Land mit neuen Steuern heimsuchen. Verweigert der
Papst diesem Beschluß seine Zustimmung, so hat er die große
Masse der Bevölkerung auf seiner Seite, denn diese will ohnehin
Nichts mehr vom Kriege, noch weniger aber von neuen Auflagen
wissen. Die Schildknappen Karl Albert's werden sich indeß
auch durch eine solche Niederlage nicht entmuthigen lassen; sie
werden vielmehr jede neue Gelegenheit ergreifen, um den Plan,
auch den Kirchenstaat unter die schützenden Fittige des Königs von
Sardinien zu stellen, zur Reife zu bringen. Jtalien wird auf
diese Weise vielleicht in nicht sehr ferner Zeit zur Einheit gelangen.
Ob aber die einzelnen Theile nicht Ursache haben werden, Dies
zu bereuen, ist eine andere Frage. Ein Theil der heißblütigen
Jugend tröstet sich freilich damit, daß Karl Albert nur das Werk-
zeug sey, das man später wieder beseitigen werde. Wir wollen
sehen.

Genua 17. Juli. ( D. Z. ) Wenn man den Franzosen ge-
wiß mit Necht der Unkenntniß deutscher Zustände und Charakter-
eigenthümlichkeiten beschuldigen kann, so kann man uns und das
italienische Volk nicht von großen Jrrthümern über die Politik
der Vereinigten Staaten freisprechen. Wie nämlich der Deutsche
in der Freude seines Herzens, daß nun endlich seine Hoffnungen
in Erfüllung gehen, noch vor wenigen Wochen glaubte, Bruder
Jonathan, in gleicher Weise darüber erbaut, werde seiner Ohn-
macht zur See ohne Zweifel zu Hülfe kommen, und schon manches
Blatt das ansehnliche Geschwader von 35 Seegeln in der Nord-
see erscheinen ließ, so geht nun auch durch ganz Norditalien das
fest geglaubte Gerücht, man habe in Washington die gesammte
Flotte Karl Albert während der Dauer des Krieges zur Verfüg-
ung gestellt, und ihm erlaubt, dieselbe für die Zeit mit der ita-
lienischen
Flagge zu schmücken! Die grün=weiß=rothen Streifen
an der Stelle des Sternenbanners!! „Der Commandant des
„Princeton“ hat gestern die bezügliche Depesche nach Turin ge-
bracht!“ O armes Jtalien, was müßtest du für einen Bären
anbinden, damit du von diesem dir aufgebundenen mit Ehren
loskömmst! Wie viel Millionen kannst du Yankee bieten für ein
solches Geschäftchen? [ Und wie werden sie erst jubeln, wenn sie
jetzt die von allen Parisern Kannegießern geglaubte Neuigkeit
vernehmen, die Alpenarmee sey in Jtalien schon eingerückt oder
wenigstens auf dem Wege dahin! ]

Marseille 7. Juli. ( D. Z. ) Das seit einigen Tagen ver-
breitete Gerücht, daß mehrere französische Dampfer zur Verstär-
kung des sardinischen Geschwaders im adriatischen Meere ausge-
rüstet werden, findet heute seine Bestätigung. Die sardinische
Regierung hat die vier bisher zu den Fahrten nach Genua, Livor-
no, Civitavecchia und Neapel verwendeten Dampfer gemiethet
und das eiserne Dampfboot „Orontü“ käuflich an sich gebracht.
Letzteres wird gleich in Genua ausgerüstet und dann sofort an
den Ort seiner Bestimmung gehen, während es mit den übrigen
Dampfern etwas länger dauern dürfte, wenn man dieselben nicht
bloß zum Bugsiren anwenden will.

Neapel 14. Juli. ( Schw. M. ) Die Nachricht, daß das
Parlament in Palermo den Herzog von Genua, Karl
Alberts zweiten Sohn, einstimmig zum „König der Sizilier“ ge-
wählt habe, brachte hier bei dem besonnenen Theil des Publi-
kums einen niederschlagenden Eindruck hervor, so sehr sie auch
vorauszusehen war. Jm Schlosse aber beschließt man verdop-
pelte Anstrengungen, Rüstung von Soldaten und Schiffen; die
letzten aus der Lombardei eingerückten Linientruppen nehmen alle
die Richtung nach Reggio, wo ein großes Lager errichtet wird.
Abgetackelte Segelschiffe werden ebenfalls in Angriff genommen.
Wenn nur Geld da wäre; daran fehlt es aber nur zu sehr. Das
Zwangsanlehen wird mit erneutem Eifer eingetrieben, aber nur
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[0003] eine geheime Kammersitzung gehalten worden, haben sich die zwei anderen Parteien vereinigt, und Lehne wird als Führer der Op- position den Antrag auf Auflösung stellen. Mehrere Deputirte, die sonst ganz dem Systeme Jaup's angehören und das Mini- sterium Eigenbrodt unterstützten, haben sich ihm angeschlossen. Dringt Jaup durch, so treten eine Anzahl Deputirten aus, so daß alsdann die Kammer nicht mehr vollzählig ist; fällt Jaup, so wird das neue Ministerium mit der Auflösung der Kammer be- ginnen. Daß binnen 14 Tagen die Kammer aufgelöst seyn wird, daran ist jetzt nicht mehr zu zweifeln. Läugnen läßt es sich nicht, die Demokraten haben geschickt operirt; die Constitutionellen ha- ben dagegen so lange mit einer provisorischen Aenderung des Wahlgesetzes gezaudert, daß sie jetzt, nachdem drei Monate hin- durch die Demokraten das Land bearbeitet haben, gespalten sind, und das neue Wahlgesetz als ein Sieg der Demokraten ausge- beutet werden wird. Oesterreichische Monarchie. Pesth 20. Juli. ( D. A. Z. ) Der Landlag wird eine glän- zende Deputation mit der Adresse an den König nach Jnns- bruck senden, welche denselben dringend bitten soll, seine Residenz in unserer Hauptstadt zu nehmen. Kossuth spricht sich in der neue- sten Nummer seines Blattes wieder mit glühenden Worten über die Gefahr aus, welche der Dynastie drohe, wenn der König nicht bald nach Ofen komme. — Ueber den dreistündigen Kampf bei St. Thomas unter General Bechtold's Anführung gibt endlich heute „Kossuth Hirlapja“ einen kleinen Auszug aus dem eingegangenen officiellen Berichte. Nach diesem hatte Bechtold 2400 Mann Jnfanterie mit einer Batterie und 700 Mann Cavalerie mit einer Batterie gegen St. Thomas geführt. Das feindliche Lager wird als ein mit 14 Kanonen wohl- verschanztes angegeben, in welchem an 3000 ausgediente Sol- daten, Grenzer und andere wohlbewaffnete Leute neben 2000 aus Serbien herübergekommenen Freischaaren seyn sollen. Das feindliche Geschütz war besser bedient und weiter führend als das ungarische, daher konnte dieses nicht viel ausrichten. Der Verlust auf unserer Seite wird auf sechs Todte und zwölf Verwundete angegeben. Privatmittheilungen von Augenzeugen sprechen jedoch von dreißig Todten. | Die Ungarn scheinen die Kriegsberichte gerade so zuzustutzen, wie ihre guten Freunde in Jtalien die weltberühmten Boletinis! | Durch diesen ersten abge- schlagenen Angriff hat sich nun die Furchtbarkeit des illyrischen Aufstandes, sowie auch durch die feige Flucht der Nationalgarden die Unbrauchbarkeit derselben zu Angriffen offenbart. Da man nun überzeugt ist, daß der illyrische Aufstand das Werk der Camarilla sey, so will, wie wir hören, der feurige Kossuth selbst dieser ein be- deutendes Opfer bringen. Er will nämlich beim Landtage die Bewilligung von 50,000 Mann für den italie- nischen Krieg durchsetzen. Seine Popularität würde dadurch zu Grunde gehen. Es könnte aber auch eine Minister- krisis eintreten. Denn die Radicalen sind schon längst mit Kossuth unzufrieden. Sie wollen mit der Camarilla einen Kampf auf Tod uud Leben eingehen, ( auf deutsch: die Republik in Ungarn proclamiren ) . Heute soll in dem Repräsentantenhaus die Adreß- debatte beginnen, in welcher die italienische Frage den wichtigsten Punkt bilden wird. — Gestern ging von hier Artillerie und Jn- fanterie nach Szegedin ab. Eine todtverachtende „schwarze Schaar“ bildet sich hier und wird ebenfalls nach Szegedin ab- gehen. Jtalien. Aus Oberitalien 17. Juli. ( Karlsr. Z. ) Die Ernennung des Herzogs von Genua zum König von Sizilien ist hier ziemlich unerwartet gekommen, da noch vor nicht gar langer Zeit ver- lautete, daß man in Palermo für Karl Albert durchaus nicht günstig gestimmt sey. Jetzt aber löst sich das Räthsel: das „Schwert Jtaliens“ versteht sich besser auf die Künste des Frie- dens, als auf jene des Krieges, und so hat er denn auch den Schlüssel gefunden, um sich die sizilianischen Herzen zu öffnen. Es sollen sehr bedeutende Summen von Turin aus nach Palermo gesendet und noch größere Versprechungen gemacht worden seyn. Wer aus Erfahrung weiß, wie sehr in Jtalien, namentlich aber in Neapel und Sizilien, auch die höchstgestellten Männer Ge- schenken, Titeln und Ehrensteuern_ zugänglich sind, den kann jetzt das Ergebniß der Wahl nicht mehr befremden. Zwar wurden auch von anderer Seite, und namentlich von den Napoleoniden, Anstrengungen gemacht; Karl Albert hat sie aber Alle überboten. Und die Sache war wahrlich eines großen Preises werth, da sich an den Besitz Siziliens die Aussicht knüpft, auch Neapel dem sar- dinischen Scepter zu unterwerfen. Man rechnet nämlich darauf, daß der König von Neapel, wenn er sich auf dem Thron erhalte, gegen Sizilien feindselig auftreten werde, in welchem Falle Karl Albert ein Heer in Neapel einrücken lassen würde, wo er, mit Hilfe der Bevölkerung, die jetzt überall durch seine Sendlinge be- arbeitet wird, ein leichteres Spiel haben würde, als gegen die Oesterreicher. Jm Lager sah man einen solchen Feldzug bereits als eine ausgemachte Sache an, und es scheinen selbst der Unthä- tigkeit Karl Albert's und der Zurückweisung der Friedensvor- schläge tiefer liegende Plane zu Grunde zu liegen. Jn Rom hat er auch bereits eine mächtige Partei auf seine Seite zu bringen gewußt, die ganz nach seiner Pfeife tanzt. Sie stellt sich dem Papst unter dem Vorwande, daß er die italie- nischen Jnteressen an Oesterreich preiszugeben beabsichtige, bei jeder Gelegenheit auf's schroffste gegenüber, und sucht namentlich seiner Volksthümlichkeit überall Abbruch zu thun. Theilweise ist ihr Dies auch gelungen, doch hängt der größte Theil des römi- schen Volkes noch immer mit der alten Liebe an dem Kirchenfür- sten. Die Parteien stehen einander äußerst gereizt gegenüber, und ein Zusammenstoß zwischen ihnen wird früher oder später nicht ausbleiben. Man will jetzt eine Reservearmee von 24,000 Mann aufstellen und zu diesem Behufe das ohnehin schon gänzlich aus- gesogene Land mit neuen Steuern heimsuchen. Verweigert der Papst diesem Beschluß seine Zustimmung, so hat er die große Masse der Bevölkerung auf seiner Seite, denn diese will ohnehin Nichts mehr vom Kriege, noch weniger aber von neuen Auflagen wissen. Die Schildknappen Karl Albert's werden sich indeß auch durch eine solche Niederlage nicht entmuthigen lassen; sie werden vielmehr jede neue Gelegenheit ergreifen, um den Plan, auch den Kirchenstaat unter die schützenden Fittige des Königs von Sardinien zu stellen, zur Reife zu bringen. Jtalien wird auf diese Weise vielleicht in nicht sehr ferner Zeit zur Einheit gelangen. Ob aber die einzelnen Theile nicht Ursache haben werden, Dies zu bereuen, ist eine andere Frage. Ein Theil der heißblütigen Jugend tröstet sich freilich damit, daß Karl Albert nur das Werk- zeug sey, das man später wieder beseitigen werde. Wir wollen sehen. Genua 17. Juli. ( D. Z. ) Wenn man den Franzosen ge- wiß mit Necht der Unkenntniß deutscher Zustände und Charakter- eigenthümlichkeiten beschuldigen kann, so kann man uns und das italienische Volk nicht von großen Jrrthümern über die Politik der Vereinigten Staaten freisprechen. Wie nämlich der Deutsche in der Freude seines Herzens, daß nun endlich seine Hoffnungen in Erfüllung gehen, noch vor wenigen Wochen glaubte, Bruder Jonathan, in gleicher Weise darüber erbaut, werde seiner Ohn- macht zur See ohne Zweifel zu Hülfe kommen, und schon manches Blatt das ansehnliche Geschwader von 35 Seegeln in der Nord- see erscheinen ließ, so geht nun auch durch ganz Norditalien das fest geglaubte Gerücht, man habe in Washington die gesammte Flotte Karl Albert während der Dauer des Krieges zur Verfüg- ung gestellt, und ihm erlaubt, dieselbe für die Zeit mit der ita- lienischen Flagge zu schmücken! Die grün=weiß=rothen Streifen an der Stelle des Sternenbanners!! „Der Commandant des „Princeton“ hat gestern die bezügliche Depesche nach Turin ge- bracht!“ O armes Jtalien, was müßtest du für einen Bären anbinden, damit du von diesem dir aufgebundenen mit Ehren loskömmst! Wie viel Millionen kannst du Yankee bieten für ein solches Geschäftchen? [ Und wie werden sie erst jubeln, wenn sie jetzt die von allen Parisern Kannegießern geglaubte Neuigkeit vernehmen, die Alpenarmee sey in Jtalien schon eingerückt oder wenigstens auf dem Wege dahin! ] Marseille 7. Juli. ( D. Z. ) Das seit einigen Tagen ver- breitete Gerücht, daß mehrere französische Dampfer zur Verstär- kung des sardinischen Geschwaders im adriatischen Meere ausge- rüstet werden, findet heute seine Bestätigung. Die sardinische Regierung hat die vier bisher zu den Fahrten nach Genua, Livor- no, Civitavecchia und Neapel verwendeten Dampfer gemiethet und das eiserne Dampfboot „Orontü“ käuflich an sich gebracht. Letzteres wird gleich in Genua ausgerüstet und dann sofort an den Ort seiner Bestimmung gehen, während es mit den übrigen Dampfern etwas länger dauern dürfte, wenn man dieselben nicht bloß zum Bugsiren anwenden will. Neapel 14. Juli. ( Schw. M. ) Die Nachricht, daß das Parlament in Palermo den Herzog von Genua, Karl Alberts zweiten Sohn, einstimmig zum „König der Sizilier“ ge- wählt habe, brachte hier bei dem besonnenen Theil des Publi- kums einen niederschlagenden Eindruck hervor, so sehr sie auch vorauszusehen war. Jm Schlosse aber beschließt man verdop- pelte Anstrengungen, Rüstung von Soldaten und Schiffen; die letzten aus der Lombardei eingerückten Linientruppen nehmen alle die Richtung nach Reggio, wo ein großes Lager errichtet wird. Abgetackelte Segelschiffe werden ebenfalls in Angriff genommen. Wenn nur Geld da wäre; daran fehlt es aber nur zu sehr. Das Zwangsanlehen wird mit erneutem Eifer eingetrieben, aber nur

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 43. Mainz, 28. Juli 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal043_1848/3>, abgerufen am 06.06.2024.