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Märkische Blätter. Jahrgang 3, Nr. 61. Hattingen, 30. Juli 1851.

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Frankreich.

Paris, 26 Juli. Die Vertagung der Nationalversamm-
lung, der die Zurücknahme der Verbannungsdecrete betreffende
Gesetzvorschlag [unleserliches Material - 8 Zeichen fehlen]Eiretron, das Wahlgesetz vom 31. Mai die
Petitionirung, [unleserliches Material - 3 Zeichen fehlen]bie Candidaturen zur Präsidentschaft, die Vorbe-
reitungen zu den parlamentarischen Wahlen, die gegen illegale
Candidaturen zu treffenden Maßregeln -- das ist das politische
Programm für die nächste Zukunft. Daß dabei von Ruhe
nicht die Rede sein kann, versteht sich von selbst.

-- Nachstehendes ist das Festprogramm für die Jndustrie-
Ausstellungs=Commission aller Nationen: Am 2. August:
Bankett im Hotel de Ville, dann Concert; 3. August: Aus-
flug nach Versailles; 4. August: Fest beim Präsidenten in St.
Cloud; 5 August: Ball im Hotel de Ville; 6. August: Fest-
manöver auf dem Marsfelde. -- Die französische Regierung
läßt in neuester Zeit die Küsten von Unteritalien scharf be-
wachen, um Ausschiffung von Flüchtlingen, Waffen und Mu-
nition zu verhindern.

Jtalien.

Rom, 17. Juli. Daß der Papst schon vorgestern Abend
seinen Sommersitz in Castelgandolfo wieder mit der Residenz
im Vatican vertauschte hat vorzüglich seinen Grund in der ver-
änderten Lage der Dinge in Rom. Der Polizei in Genua
und Turin sind Papiere in die Hände gefallen, unter denen
sich auch ein langes Verzeichniß von Cardinälen, Prälaten,
Nobili und andern Einwohnern Roms fand, welche als die
ersten und gewissen Opfer bei der nächsten Revolte niederzuma-
chen, auch nach und nach von den hier lebenden Organen der
revolutionären Propaganda zu beseitigen sind. Der Minister
des Jnnern und der Polizei, Monsignor Savelli erhielt diese
Proscriptionsliste auf amtlichem Wege in einem Augenblicke,
wo die Regierung bereits alle verdächtigen oder geschäftslosen
Jndividuen, [unleserliches Material - 11 Zeichen fehlen]auszuweisrn beschlossen hatte, für die selbst fremde
Diplomaten und hohe geistliche Würdenträger Garantie geleistet
hatten. Dieses unglückliche Zusammentreffen erregt natürlich,
im Kardinal=Kollegio die größten Besorgnisse, und räth außer-
ordentliche Maßregeln an. Pius IX. hat in einem Augen-
blicke nicht länger fern sein wollen von seiner Hauptstadt, wo
über Wohl und Wehe so vieler die Würfel fallen sollen.

Florenz, 16. Juli. Aus Toscana wird von einer unter
dem weiblichen Geschlechte plötzlich eingerissenen Sucht, nach
Jerusalem zu pilgern, berichtet, wodurch bereits großer Scandal
in mehreren Familien entstanden ist. Angesehene Frauen und
Töchter ergreifen den Pilgerstab und lassen Alles, was ihnen
theuer ist, zurück. Die Blätter zeigen sich über diese übertriebene
Religiösität, welche alle Familienbande zu sprengen droht, sehr
ungehalten.



Bu-Akas-ben-Aschur,
der neue Harun=al=Raschid.

Jn dem Bezirke Ferdsch' Onah ( schönes Land ) in Algerien
wohnt ein Scheik Namens Bu=Akas=ben=Aschur, welchen das
Volk noch bezeichnet mit dem Beinahmen Bu=Dschenoni, der
Mann mit dem Messer und den man so recht als den Typus
des orientalischen Arabers bezeichnen kann. Seine Vorfahren
eroberten einst Ferdsch' Onah, allein er war genöthigt, Frank-
reichs Oberherrschaft anzuerkennen und zahlt nun einen Tribut
von 80,000 Franken. Sein Gebiet erstreckt sich von Milah
bis [unleserliches Material - 6 Zeichen fehlen]Rebnab und von der südlichen Spitze von Babour bis in-
nerhalb zwei Meilen von Dschidschelli. Er mag jetzt nahezu
fünfzig Jahre alt sein, und trägt die Tracht der Rabyle, eine
wollene Gandura, die ein lederner Gürtel am Leibe erhält;
im Gürtel führte er ein Paar Pistolen, an der Seite die Flissa
der Rabyle und an seinem Halse hängt das kleine schwarze
Messer, dem er seinen Beinahmen verdankt. Ein Neger trägt
seine Flinte vor ihm her, und ein mächtig großes Windspiel
springt um ihn herum. Ueber zwölf Stämme herrscht er mit
strenger Gewalt, und wo je ein Nachbarvolk einen Einfall auf
sein Gebiet wagen sollte, da marschirt er selten in eigener Per-
son gegen dasselbe aus, sondern sendet nur seinen Neger in
die vornehmste Ortschaft; dort zeigt dieser seines Herrn Flinte,
und der angerichtete Schaden wird augenblicklich wieder gut
[Spaltenumbruch] gemacht. Er hat in seinem Solde 2--300 Tolbas, um dem
Volke den Koran vorzulesen; jeder Pilgrim der gen Mekka
zieht und durch Ferdsch' Onah passirt, erhält drei Franken und
mag so lange er will, die Gastfreundschaft des wackern Scheik
genießen. Entdeckt aber der Scheik, daß er von einem nur
vorgeblichen Pilgrim getäuscht worden sei, so schickt er augen-
blicklich seine Sendlinge hinter dem Betrüger her, und jene
machen diese ausfindig wo er auch sein mag, werfen ihn nie-
der und geben ihm fünfzig Streiche auf die Fußsohl. Bu=Akas
bewirthet zuweilen dreihundert Personen auf ein Mal, theilt
aber nicht ihre Mahlzeit, sondern geht mit einem Stocke in der
Hand um die Tische her und sieht darauf, daß die Gäste gut
bewirthet werden. Nachher, wenn Alle sich satt gegessen haben,
ißt auch er von den Ueberbleibseln. Wenn ihm der Gouver-
neur von Constantine, der einzige Mensch, dessen Autorität er
anerkennt, einen Reisenden zusendet, so gibt Bu=Akas diesem,
je nach seinem Range oder der Art der Empfehlung, seine
Flinte, seinen Hund oder sein Messer. Bekommt er die Flinte
so nimmt der Reisende sie auf die Schulter; den Hund führt
er an einer Koppel, und das Messer hängt er sich an einer
Schnur um den Hals, versehen mit irgend einem dieser drei
Talismane, deren jeder einen besonderen Grad verleiht, mag
der Fremde das ganze Gebiet der zwölf Stämme durchwandern,
ohne daß ihm ein Haar gekrümmt wird; überall wird man
ihn vielmehr, als den Gast des Bu=Akas mit der größten
Gastlichkeit behandeln. Wenn dann der Reisende Ferdsch' Onah
verläßt, so übergibt er Messer, Hund oder Flinte zur Bestellung
dem nächsten besten Araber, welchem er begegnet. Jst der Ara-
ber auf der Jagd, so verläßt er dieselbe; arbeitet er auf dem
Felde, so läßt er den Pflug stehen, nimmt das werthvolle Pfand
und beeilt sich, es Bu=Akas zuzustellen. Das Messer mit dem
schwarzen Heft ist so allgemein bekannt, daß es seinem Besitzer
den schon erwähnten Beinahmen Bu=Dschenoni ( Mann mit
dem Messer ) gegeben hat. Er pflegt nämlich mit diesem Messer
Köpfe abzuschneiden, wenn ihn die Laune anwandelt, dieses
angenehme Geschäft selbsteigenhändig zu besorgen.

Als Bu=Akas zuerst die Regierung antrat, war das Land
ganz von Räubern durchzogen und unsicher gemacht; allein
der Scheik fand bald Mittel, sie auszurotten. Er verkleidete
sich z. B. als armer Handelsmann, wanderte auf den Märkten
umher und ließ einen duro ( eine Goldmünze ) auf den Boden
fallen, die er jedoch nicht aus dem Auge verlor. Wenn nun
der glükliche Finder den duro rasch in die Tasche steckte und
weiter ging, so gab Bu=Akas seinen Tschauschen und Kawassen
( Geleitsmännern und Gendarmen ) die ihm, gleichfalls verklei-
det, folgten und seinen Willen kannten, ein Zeichen, und diese
stürzten sich sogleich auf den Mann, der diesen Funddiebstahl
begangen hatte, und schlugen ihm den Kopf ab. Jn Folge
dieser summarischen Rechtspflege geht nun das Sprüchwort unter
den Arabern um: ein Kind könnte mit einer goldenen Krone
auf dem Kopfe durch die Gegenden wandern, welche dem Scheik
botmößig sind, ohne daß sich nur eine Hand nach jener aus-
streckte.

Der Scheik hegt eine große Achtung für die Frauen und
hat befohlen, ein jeder Mann solle bei Strafe den Kopf ab-
wenden, wenn die Frauen von Ferdsch' Onah ausgehen, um
Wasser zu holen. Eines Tages wünschte er sich zu überzeugen
ob seine Befehle befolgt würden, ging verkleidet aus, traf ein
schönes arabisches Mädchen auf seinem Gang zum Brunnen
trat auf dasselbe zu und grüßte es. Das Mädchen blickte ihn
erschrocken an und sagte: "Zieh vorüber, Fremdling; Du kennst
die Gefahr nicht, der Du Dich ausgesetzt hast!" Und als Bu-
Akas noch hartnäckig mit ihr reden wollte, setzte sie hinzu:
"Thörichter Mann, ist Dir Dein Leben so wenig werth?
Weißt Du nicht, daß wir in Bu=Dschenoni's Lande sind, wel-
cher alle Frauen in Achtung zu halten befiehlt!"

Bu=Akas ist sehr gewissenhaft in Beobachtung seiner reli-
giöfen Pflichten, versäumt niemals seine Gebete und Abwaschun-
gen, und hat vier Frauen -- die vom Koran erlaubte Zahl. --
Er hatte oft vernommen, daß der Kadi eines seiner zwölf
Stämme auf gar wundersamer Weise Gerechtigkeit übe und
das Recht pflege, und oft Urtheilssprüche abgebe, welche des
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Frankreich.

Paris, 26 Juli. Die Vertagung der Nationalversamm-
lung, der die Zurücknahme der Verbannungsdecrete betreffende
Gesetzvorschlag [unleserliches Material – 8 Zeichen fehlen]Eiretron, das Wahlgesetz vom 31. Mai die
Petitionirung, [unleserliches Material – 3 Zeichen fehlen]bie Candidaturen zur Präsidentschaft, die Vorbe-
reitungen zu den parlamentarischen Wahlen, die gegen illegale
Candidaturen zu treffenden Maßregeln — das ist das politische
Programm für die nächste Zukunft. Daß dabei von Ruhe
nicht die Rede sein kann, versteht sich von selbst.

— Nachstehendes ist das Festprogramm für die Jndustrie-
Ausstellungs=Commission aller Nationen: Am 2. August:
Bankett im Hotel de Ville, dann Concert; 3. August: Aus-
flug nach Versailles; 4. August: Fest beim Präsidenten in St.
Cloud; 5 August: Ball im Hotel de Ville; 6. August: Fest-
manöver auf dem Marsfelde. — Die französische Regierung
läßt in neuester Zeit die Küsten von Unteritalien scharf be-
wachen, um Ausschiffung von Flüchtlingen, Waffen und Mu-
nition zu verhindern.

Jtalien.

Rom, 17. Juli. Daß der Papst schon vorgestern Abend
seinen Sommersitz in Castelgandolfo wieder mit der Residenz
im Vatican vertauschte hat vorzüglich seinen Grund in der ver-
änderten Lage der Dinge in Rom. Der Polizei in Genua
und Turin sind Papiere in die Hände gefallen, unter denen
sich auch ein langes Verzeichniß von Cardinälen, Prälaten,
Nobili und andern Einwohnern Roms fand, welche als die
ersten und gewissen Opfer bei der nächsten Revolte niederzuma-
chen, auch nach und nach von den hier lebenden Organen der
revolutionären Propaganda zu beseitigen sind. Der Minister
des Jnnern und der Polizei, Monsignor Savelli erhielt diese
Proscriptionsliste auf amtlichem Wege in einem Augenblicke,
wo die Regierung bereits alle verdächtigen oder geschäftslosen
Jndividuen, [unleserliches Material – 11 Zeichen fehlen]auszuweisrn beschlossen hatte, für die selbst fremde
Diplomaten und hohe geistliche Würdenträger Garantie geleistet
hatten. Dieses unglückliche Zusammentreffen erregt natürlich,
im Kardinal=Kollegio die größten Besorgnisse, und räth außer-
ordentliche Maßregeln an. Pius IX. hat in einem Augen-
blicke nicht länger fern sein wollen von seiner Hauptstadt, wo
über Wohl und Wehe so vieler die Würfel fallen sollen.

Florenz, 16. Juli. Aus Toscana wird von einer unter
dem weiblichen Geschlechte plötzlich eingerissenen Sucht, nach
Jerusalem zu pilgern, berichtet, wodurch bereits großer Scandal
in mehreren Familien entstanden ist. Angesehene Frauen und
Töchter ergreifen den Pilgerstab und lassen Alles, was ihnen
theuer ist, zurück. Die Blätter zeigen sich über diese übertriebene
Religiösität, welche alle Familienbande zu sprengen droht, sehr
ungehalten.



Bu-Akas-ben-Aschur,
der neue Harun=al=Raschid.

Jn dem Bezirke Ferdsch' Onah ( schönes Land ) in Algerien
wohnt ein Scheik Namens Bu=Akas=ben=Aschur, welchen das
Volk noch bezeichnet mit dem Beinahmen Bu=Dschenoni, der
Mann mit dem Messer und den man so recht als den Typus
des orientalischen Arabers bezeichnen kann. Seine Vorfahren
eroberten einst Ferdsch' Onah, allein er war genöthigt, Frank-
reichs Oberherrschaft anzuerkennen und zahlt nun einen Tribut
von 80,000 Franken. Sein Gebiet erstreckt sich von Milah
bis [unleserliches Material – 6 Zeichen fehlen]Rebnab und von der südlichen Spitze von Babour bis in-
nerhalb zwei Meilen von Dschidschelli. Er mag jetzt nahezu
fünfzig Jahre alt sein, und trägt die Tracht der Rabyle, eine
wollene Gandura, die ein lederner Gürtel am Leibe erhält;
im Gürtel führte er ein Paar Pistolen, an der Seite die Flissa
der Rabyle und an seinem Halse hängt das kleine schwarze
Messer, dem er seinen Beinahmen verdankt. Ein Neger trägt
seine Flinte vor ihm her, und ein mächtig großes Windspiel
springt um ihn herum. Ueber zwölf Stämme herrscht er mit
strenger Gewalt, und wo je ein Nachbarvolk einen Einfall auf
sein Gebiet wagen sollte, da marschirt er selten in eigener Per-
son gegen dasselbe aus, sondern sendet nur seinen Neger in
die vornehmste Ortschaft; dort zeigt dieser seines Herrn Flinte,
und der angerichtete Schaden wird augenblicklich wieder gut
[Spaltenumbruch] gemacht. Er hat in seinem Solde 2—300 Tolbas, um dem
Volke den Koran vorzulesen; jeder Pilgrim der gen Mekka
zieht und durch Ferdsch' Onah passirt, erhält drei Franken und
mag so lange er will, die Gastfreundschaft des wackern Scheik
genießen. Entdeckt aber der Scheik, daß er von einem nur
vorgeblichen Pilgrim getäuscht worden sei, so schickt er augen-
blicklich seine Sendlinge hinter dem Betrüger her, und jene
machen diese ausfindig wo er auch sein mag, werfen ihn nie-
der und geben ihm fünfzig Streiche auf die Fußsohl. Bu=Akas
bewirthet zuweilen dreihundert Personen auf ein Mal, theilt
aber nicht ihre Mahlzeit, sondern geht mit einem Stocke in der
Hand um die Tische her und sieht darauf, daß die Gäste gut
bewirthet werden. Nachher, wenn Alle sich satt gegessen haben,
ißt auch er von den Ueberbleibseln. Wenn ihm der Gouver-
neur von Constantine, der einzige Mensch, dessen Autorität er
anerkennt, einen Reisenden zusendet, so gibt Bu=Akas diesem,
je nach seinem Range oder der Art der Empfehlung, seine
Flinte, seinen Hund oder sein Messer. Bekommt er die Flinte
so nimmt der Reisende sie auf die Schulter; den Hund führt
er an einer Koppel, und das Messer hängt er sich an einer
Schnur um den Hals, versehen mit irgend einem dieser drei
Talismane, deren jeder einen besonderen Grad verleiht, mag
der Fremde das ganze Gebiet der zwölf Stämme durchwandern,
ohne daß ihm ein Haar gekrümmt wird; überall wird man
ihn vielmehr, als den Gast des Bu=Akas mit der größten
Gastlichkeit behandeln. Wenn dann der Reisende Ferdsch' Onah
verläßt, so übergibt er Messer, Hund oder Flinte zur Bestellung
dem nächsten besten Araber, welchem er begegnet. Jst der Ara-
ber auf der Jagd, so verläßt er dieselbe; arbeitet er auf dem
Felde, so läßt er den Pflug stehen, nimmt das werthvolle Pfand
und beeilt sich, es Bu=Akas zuzustellen. Das Messer mit dem
schwarzen Heft ist so allgemein bekannt, daß es seinem Besitzer
den schon erwähnten Beinahmen Bu=Dschenoni ( Mann mit
dem Messer ) gegeben hat. Er pflegt nämlich mit diesem Messer
Köpfe abzuschneiden, wenn ihn die Laune anwandelt, dieses
angenehme Geschäft selbsteigenhändig zu besorgen.

Als Bu=Akas zuerst die Regierung antrat, war das Land
ganz von Räubern durchzogen und unsicher gemacht; allein
der Scheik fand bald Mittel, sie auszurotten. Er verkleidete
sich z. B. als armer Handelsmann, wanderte auf den Märkten
umher und ließ einen duro ( eine Goldmünze ) auf den Boden
fallen, die er jedoch nicht aus dem Auge verlor. Wenn nun
der glükliche Finder den duro rasch in die Tasche steckte und
weiter ging, so gab Bu=Akas seinen Tschauschen und Kawassen
( Geleitsmännern und Gendarmen ) die ihm, gleichfalls verklei-
det, folgten und seinen Willen kannten, ein Zeichen, und diese
stürzten sich sogleich auf den Mann, der diesen Funddiebstahl
begangen hatte, und schlugen ihm den Kopf ab. Jn Folge
dieser summarischen Rechtspflege geht nun das Sprüchwort unter
den Arabern um: ein Kind könnte mit einer goldenen Krone
auf dem Kopfe durch die Gegenden wandern, welche dem Scheik
botmößig sind, ohne daß sich nur eine Hand nach jener aus-
streckte.

Der Scheik hegt eine große Achtung für die Frauen und
hat befohlen, ein jeder Mann solle bei Strafe den Kopf ab-
wenden, wenn die Frauen von Ferdsch' Onah ausgehen, um
Wasser zu holen. Eines Tages wünschte er sich zu überzeugen
ob seine Befehle befolgt würden, ging verkleidet aus, traf ein
schönes arabisches Mädchen auf seinem Gang zum Brunnen
trat auf dasselbe zu und grüßte es. Das Mädchen blickte ihn
erschrocken an und sagte: „Zieh vorüber, Fremdling; Du kennst
die Gefahr nicht, der Du Dich ausgesetzt hast!“ Und als Bu-
Akas noch hartnäckig mit ihr reden wollte, setzte sie hinzu:
„Thörichter Mann, ist Dir Dein Leben so wenig werth?
Weißt Du nicht, daß wir in Bu=Dschenoni's Lande sind, wel-
cher alle Frauen in Achtung zu halten befiehlt!“

Bu=Akas ist sehr gewissenhaft in Beobachtung seiner reli-
giöfen Pflichten, versäumt niemals seine Gebete und Abwaschun-
gen, und hat vier Frauen — die vom Koran erlaubte Zahl. —
Er hatte oft vernommen, daß der Kadi eines seiner zwölf
Stämme auf gar wundersamer Weise Gerechtigkeit übe und
das Recht pflege, und oft Urtheilssprüche abgebe, welche des
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[0002] Frankreich. Paris, 26 Juli. Die Vertagung der Nationalversamm- lung, der die Zurücknahme der Verbannungsdecrete betreffende Gesetzvorschlag ________Eiretron, das Wahlgesetz vom 31. Mai die Petitionirung, ___bie Candidaturen zur Präsidentschaft, die Vorbe- reitungen zu den parlamentarischen Wahlen, die gegen illegale Candidaturen zu treffenden Maßregeln — das ist das politische Programm für die nächste Zukunft. Daß dabei von Ruhe nicht die Rede sein kann, versteht sich von selbst. — Nachstehendes ist das Festprogramm für die Jndustrie- Ausstellungs=Commission aller Nationen: Am 2. August: Bankett im Hotel de Ville, dann Concert; 3. August: Aus- flug nach Versailles; 4. August: Fest beim Präsidenten in St. Cloud; 5 August: Ball im Hotel de Ville; 6. August: Fest- manöver auf dem Marsfelde. — Die französische Regierung läßt in neuester Zeit die Küsten von Unteritalien scharf be- wachen, um Ausschiffung von Flüchtlingen, Waffen und Mu- nition zu verhindern. Jtalien. Rom, 17. Juli. Daß der Papst schon vorgestern Abend seinen Sommersitz in Castelgandolfo wieder mit der Residenz im Vatican vertauschte hat vorzüglich seinen Grund in der ver- änderten Lage der Dinge in Rom. Der Polizei in Genua und Turin sind Papiere in die Hände gefallen, unter denen sich auch ein langes Verzeichniß von Cardinälen, Prälaten, Nobili und andern Einwohnern Roms fand, welche als die ersten und gewissen Opfer bei der nächsten Revolte niederzuma- chen, auch nach und nach von den hier lebenden Organen der revolutionären Propaganda zu beseitigen sind. Der Minister des Jnnern und der Polizei, Monsignor Savelli erhielt diese Proscriptionsliste auf amtlichem Wege in einem Augenblicke, wo die Regierung bereits alle verdächtigen oder geschäftslosen Jndividuen, ___________auszuweisrn beschlossen hatte, für die selbst fremde Diplomaten und hohe geistliche Würdenträger Garantie geleistet hatten. Dieses unglückliche Zusammentreffen erregt natürlich, im Kardinal=Kollegio die größten Besorgnisse, und räth außer- ordentliche Maßregeln an. Pius IX. hat in einem Augen- blicke nicht länger fern sein wollen von seiner Hauptstadt, wo über Wohl und Wehe so vieler die Würfel fallen sollen. Florenz, 16. Juli. Aus Toscana wird von einer unter dem weiblichen Geschlechte plötzlich eingerissenen Sucht, nach Jerusalem zu pilgern, berichtet, wodurch bereits großer Scandal in mehreren Familien entstanden ist. Angesehene Frauen und Töchter ergreifen den Pilgerstab und lassen Alles, was ihnen theuer ist, zurück. Die Blätter zeigen sich über diese übertriebene Religiösität, welche alle Familienbande zu sprengen droht, sehr ungehalten. Bu-Akas-ben-Aschur, der neue Harun=al=Raschid. Jn dem Bezirke Ferdsch' Onah ( schönes Land ) in Algerien wohnt ein Scheik Namens Bu=Akas=ben=Aschur, welchen das Volk noch bezeichnet mit dem Beinahmen Bu=Dschenoni, der Mann mit dem Messer und den man so recht als den Typus des orientalischen Arabers bezeichnen kann. Seine Vorfahren eroberten einst Ferdsch' Onah, allein er war genöthigt, Frank- reichs Oberherrschaft anzuerkennen und zahlt nun einen Tribut von 80,000 Franken. Sein Gebiet erstreckt sich von Milah bis ______Rebnab und von der südlichen Spitze von Babour bis in- nerhalb zwei Meilen von Dschidschelli. Er mag jetzt nahezu fünfzig Jahre alt sein, und trägt die Tracht der Rabyle, eine wollene Gandura, die ein lederner Gürtel am Leibe erhält; im Gürtel führte er ein Paar Pistolen, an der Seite die Flissa der Rabyle und an seinem Halse hängt das kleine schwarze Messer, dem er seinen Beinahmen verdankt. Ein Neger trägt seine Flinte vor ihm her, und ein mächtig großes Windspiel springt um ihn herum. Ueber zwölf Stämme herrscht er mit strenger Gewalt, und wo je ein Nachbarvolk einen Einfall auf sein Gebiet wagen sollte, da marschirt er selten in eigener Per- son gegen dasselbe aus, sondern sendet nur seinen Neger in die vornehmste Ortschaft; dort zeigt dieser seines Herrn Flinte, und der angerichtete Schaden wird augenblicklich wieder gut gemacht. Er hat in seinem Solde 2—300 Tolbas, um dem Volke den Koran vorzulesen; jeder Pilgrim der gen Mekka zieht und durch Ferdsch' Onah passirt, erhält drei Franken und mag so lange er will, die Gastfreundschaft des wackern Scheik genießen. Entdeckt aber der Scheik, daß er von einem nur vorgeblichen Pilgrim getäuscht worden sei, so schickt er augen- blicklich seine Sendlinge hinter dem Betrüger her, und jene machen diese ausfindig wo er auch sein mag, werfen ihn nie- der und geben ihm fünfzig Streiche auf die Fußsohl. Bu=Akas bewirthet zuweilen dreihundert Personen auf ein Mal, theilt aber nicht ihre Mahlzeit, sondern geht mit einem Stocke in der Hand um die Tische her und sieht darauf, daß die Gäste gut bewirthet werden. Nachher, wenn Alle sich satt gegessen haben, ißt auch er von den Ueberbleibseln. Wenn ihm der Gouver- neur von Constantine, der einzige Mensch, dessen Autorität er anerkennt, einen Reisenden zusendet, so gibt Bu=Akas diesem, je nach seinem Range oder der Art der Empfehlung, seine Flinte, seinen Hund oder sein Messer. Bekommt er die Flinte so nimmt der Reisende sie auf die Schulter; den Hund führt er an einer Koppel, und das Messer hängt er sich an einer Schnur um den Hals, versehen mit irgend einem dieser drei Talismane, deren jeder einen besonderen Grad verleiht, mag der Fremde das ganze Gebiet der zwölf Stämme durchwandern, ohne daß ihm ein Haar gekrümmt wird; überall wird man ihn vielmehr, als den Gast des Bu=Akas mit der größten Gastlichkeit behandeln. Wenn dann der Reisende Ferdsch' Onah verläßt, so übergibt er Messer, Hund oder Flinte zur Bestellung dem nächsten besten Araber, welchem er begegnet. Jst der Ara- ber auf der Jagd, so verläßt er dieselbe; arbeitet er auf dem Felde, so läßt er den Pflug stehen, nimmt das werthvolle Pfand und beeilt sich, es Bu=Akas zuzustellen. Das Messer mit dem schwarzen Heft ist so allgemein bekannt, daß es seinem Besitzer den schon erwähnten Beinahmen Bu=Dschenoni ( Mann mit dem Messer ) gegeben hat. Er pflegt nämlich mit diesem Messer Köpfe abzuschneiden, wenn ihn die Laune anwandelt, dieses angenehme Geschäft selbsteigenhändig zu besorgen. Als Bu=Akas zuerst die Regierung antrat, war das Land ganz von Räubern durchzogen und unsicher gemacht; allein der Scheik fand bald Mittel, sie auszurotten. Er verkleidete sich z. B. als armer Handelsmann, wanderte auf den Märkten umher und ließ einen duro ( eine Goldmünze ) auf den Boden fallen, die er jedoch nicht aus dem Auge verlor. Wenn nun der glükliche Finder den duro rasch in die Tasche steckte und weiter ging, so gab Bu=Akas seinen Tschauschen und Kawassen ( Geleitsmännern und Gendarmen ) die ihm, gleichfalls verklei- det, folgten und seinen Willen kannten, ein Zeichen, und diese stürzten sich sogleich auf den Mann, der diesen Funddiebstahl begangen hatte, und schlugen ihm den Kopf ab. Jn Folge dieser summarischen Rechtspflege geht nun das Sprüchwort unter den Arabern um: ein Kind könnte mit einer goldenen Krone auf dem Kopfe durch die Gegenden wandern, welche dem Scheik botmößig sind, ohne daß sich nur eine Hand nach jener aus- streckte. Der Scheik hegt eine große Achtung für die Frauen und hat befohlen, ein jeder Mann solle bei Strafe den Kopf ab- wenden, wenn die Frauen von Ferdsch' Onah ausgehen, um Wasser zu holen. Eines Tages wünschte er sich zu überzeugen ob seine Befehle befolgt würden, ging verkleidet aus, traf ein schönes arabisches Mädchen auf seinem Gang zum Brunnen trat auf dasselbe zu und grüßte es. Das Mädchen blickte ihn erschrocken an und sagte: „Zieh vorüber, Fremdling; Du kennst die Gefahr nicht, der Du Dich ausgesetzt hast!“ Und als Bu- Akas noch hartnäckig mit ihr reden wollte, setzte sie hinzu: „Thörichter Mann, ist Dir Dein Leben so wenig werth? Weißt Du nicht, daß wir in Bu=Dschenoni's Lande sind, wel- cher alle Frauen in Achtung zu halten befiehlt!“ Bu=Akas ist sehr gewissenhaft in Beobachtung seiner reli- giöfen Pflichten, versäumt niemals seine Gebete und Abwaschun- gen, und hat vier Frauen — die vom Koran erlaubte Zahl. — Er hatte oft vernommen, daß der Kadi eines seiner zwölf Stämme auf gar wundersamer Weise Gerechtigkeit übe und das Recht pflege, und oft Urtheilssprüche abgebe, welche des

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Zitationshilfe: Märkische Blätter. Jahrgang 3, Nr. 61. Hattingen, 30. Juli 1851, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maerkische061_1851/2>, abgerufen am 22.11.2024.