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Märkische Blätter. Nr. 33. Hattingen, 23. April 1851.

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Eine Stunde später waren alle drei wohlverwahrt und ge-
fesselt, und ich eilte zu Mr. Bellebon, um ihn mit dem glück-
lichen Erfolge unserer Unternehmung bekannt zu machen. Man
kann sich denken, daß seine Freude gränzenlos war, und ich
verließ ihn schnell wieder, weil er die günstige Lösung des gan-
zen Handels der Firma und besonders seiner Verlobten, mel-
den wollte, mit welcher ihn bald noch heiligere Bande vereini-
gen sollten.

Die Gefangenen wurden nach kurzem Prozesse, der in den
Zeitungen damals Aufsehen erregte, eines verbrecherischen Com-
plotts überwiesen und zu 10jähriger Deportation verurtheilt.
Lebreton wäre, wie ihm der Oberrichter sagte, auf Lebenszeit
verurtheilt worden, hätte er nicht noch kurz vor seiner Ver-
haftung Reue über sein Vergehen an den Tag gelegt.

Als Levasseur von den Assisen hinweg in's Gefängniß ge-
bracht und an mir vorübergeführt wurde, rief er mir in ver-
zweifeltem Grimme französisch zu: "Wenn ich wieder zurück-
komme, sollst Du mir dafür büßen, und jener Höllenhund Tre-
lawney!" Jch war aber an derartige Drohungen schon allzu-
sehr gewöhnt, um derselben große Bedeutung beizulegen, und
begnügte mich deßhalb, darüber zu lächeln und ihm zu ant-
worten! " Au revoir -- allons!"



Zustände in Hessen.

Eine Reise durch das Churfürstenthum Hessen zeigt ein
recht düstres Bild der dort überall jetzt herrschenden traurigen
Zustände. Es ist in den meisten Gegenden des Landes und
besonders auch im Fuldaischen jetzt eine Armuth vorhanden,
von der man sich kaum einen Begriff machen kann. Den letz-
ten Bissen an Lebensmitteln haben die zahlreichen Erecutions-
truppen verzehrt, und bleich und vor Hunger hohläugig, irrt
ein großer Theil der ärmeren Bevölkerung umher, auch die
ungesundesten Nahrungsmittel mit Gier verzehrend. Selbst die
Aecker können theilweise gar nicht mehr bestellt werden, da die
ärmeren Bauern ihre Saatkartoffeln und Saatgetreide hergeben
mußten, um nur ihre militärischen Gäste sättigen zu können.
Dabei sehen die meisten Gebäude in allen Dörfern und Städten
auf das Verfallenste aus, da fast Niemand Geld genug besitzt,
auch nur die kleinste Reparatur an seinem Eigenthum vorneh-
men zu lassen, geschweige denn Neubauten zu veranstalten.
Schaaren von Bettlern, Mann und Weib, Greise und Kinder,
deren Aeußeres es schon anzeigt, daß sie nur von äußerster Noth
gezwungen, betteln, verfolgen förmlich jeden nur halbwegs wohl-
gekleideten Reisenden. Selbst in den ärmsten Theilen Jrlands
haben wir nie so viel sichtbare Armuth und eine so ausgebil-
dete Bettelei gefunden, wie jetzt in vielen churhessischen Gegen-
den. Wessen Verhältnisse es nur irgend gestatten, der rüstet
sich zur Auswanderung und überall begegnet man Landleuten,
die von großen Familienkreisen nach Amerika vorausgeschickt
sind, um dort vorher die ersten Vorbereitungen für die später
Nachfolgenden zu treffen. Grund und Boden ist äußerst schwer
zu nur annehmbarem Preise zu verkaufen; wäre dies nicht der
Fall, so würde über die Hälfte der ganzen Bevölkerung noch
in diesem Jahre fortziehen. "Die Abgaben sind zu groß, wir
werden zu hart gedrückt, als daß wir, selbst beim besten Willen,
es aushalten könnten," sagten uns wiederholt solche Auswan-
derer, lauter ordendtliche, meist schon ältere Bauern, mit ruhigen
verständigen Gesichtern, denen man es ansah, daß sie von Ju-
gend auf an harte Arbeit gewöhnt waren. Jn Kassel selbst
herrscht außer dem Leben, das die viele fremde Einquartierung
hervorbringt, eine Todtenstille, und Handel und Wandel ruhen
fast gänzlich. Dabei überall eine tiefgedrückte Stimmung und
ein scheues Zurückziehen vor jedem Menschen, den man nicht
genau kennt. Politische Prozesse und Angebereien aller Art
gehören zur Tagesordnung und jede anonyme Anzeige irgend
eines Schuftes kann den geachtesten Mann vor das Gericht
bringen, um sich zu verantworten. Es sind in der Art schon
ganz seltsame Geschichten hier vorgekommen, und das Kriegs-
gericht hat im ersten blinden Eifer Urtheile gegen Unschuldige
gefällt und vollstreckt, die es später selbst widerrufen mußte.
Unter den verschiedenen Truppen selbst herrscht die bitterste
[Spaltenumbruch] Feindschaft, die wieder neuerdings des Abends in so blutige
Schlägereien ausbrach, daß selbst die Patrouillen mit dem Ba-
jonette aufeinander losgehen wollten. Die Preußischen und
churhessischen Truppen nebst dem Volke stehen auf der einen,
die Baiern, Oesterreicher und Alles was vom Kurfürsten ab-
hängt, auf der andern Seite.



Vermischte Nachrichten.

-- Kaiser Nikolaus sandte vor einigen Jahren einen Spie-
gel von seltenster Größe und Schönheit mit einer Gesandtschaft
als Geschenk an den Kaiser von China. Der Spiegel mußte
die ganze unermeßliche Strecke von Petersburg bis Peking von
Menschenhänden getragen werden. Nur wer die Straßen und
Wege im inneren Rußland kennt, der kann die unglaublichen
Schwierigkeiten eines solchen Unternehmens begreifen. Der
Herr aber wollte es, und der Spiegel kam unbeschädigt in
China an. Jn der Zwischenzeit waren alle Mißhelligkeiten
zwischen dem russischen Hofe und der Sonne des Reiches aus-
gebrochen, der Kaiser von China nahm weder die Gesandtschaft
noch deren Geschenk an, und ein Eourier, der diese Ereignisse
im Vogelfluge nach Petersburg meldete, fragte zugleich, was
mit dem Spiegel zu geschehen habe. Auf demselben Wege und
in der nämlichen Weise, lautete der Befehl, sollte der Spiegel
zurückgebracht werden. Der Großfürst Michael, welcher gerade
zugegen war, schlug dem Kaiser lächelnd eine Wette vor, daß
derselbe nicht unzerbrochen zurückkomme. Der Kaiser ging dar-
auf ein, und der Courier erhielt noch die Weisung, dem Führer
des Transports bei Verlust der kaiserlichen Gnade und strenger
Strafe die größte Vorsicht zur Pflicht zu machen, dagegen ihm
anzuzeigen, daß er im Falle der glücklichen Rückkehr eine große
Belohnung zu erwarten habe. Mit namenloser Vorsicht wird
das ungeheure Werk ausgeführt, und der Spiegel von vierzig
Menschen getragen, kommt glücklich und unverletzt auf dem
Jsaaksplatze in Petersburg an, wo der Kaiser mit seinem
Bruder am Fenster steht und über die gewonnene Wette lacht.
Auf der Treppe des Winterpalais stolperte indeß einer der
Träger, fällt, reißt seinen Nebenmann mit zu Boden, dieser
den nächsten, und -- der kostbare Spiegel liegt in tausend
Trümmern zerschmettert am Boden. Der Großfürst hatte seine
Wette gewonnen.

-- Johannes Ronge hat sich in London mit der geschiede-
nen Frau eines engl. Generals vermählt.

-- Jn Düsseldorf wurde Herr Pastor Natorp in Holpe
von der evangelischen Gemeinde einstimmig als Pfarrer gewählt.

-- Jm Monat März sind über 200 Personen in den
Straßen von Paris mit gewaffneter Hand angefallen worden.
Die Anzahl der Polizeidiener hat deßhalb vermehrt werden müssen.

Man schreibt der "Opinione" aus Mailand vom 11.
April: "Die Patrouillen durchziehen des Nachts die Straßen
mit Kanonen.

-- Jm Mecklenburgischen nimmt die Auswanderung, welche
den hiesigen Hafen benutzen wird, stark zu. Nicht einzelne
Familien sondern halbe Ortschaften ergreifen den Wanderstab,
um ein überseeisches Glück für die verlorne Hoffnung des ein-
heimischen zn suchen.



Bekanntmachungen.
Subhastations=Patent.
Nothwendiger Verkauf.

Der Kotten des Friedrich Kellermann in
Niederbonsfeld, eingetragen im Hypothekenbuche
Vol. XIII. pag. 474, gerichtlich abgeschätzt nach Abzug
der Erbpachts=Lasten auf 662 Thlr. 28 Sgr. 6 Pf.
zufolge der nebst Hypothekenschein, im Bureau II. ein-
zusehenden Taxe, soll am
12. Juni, Morgens 10 Uhr,
an der Gerichtsstelle subhastirt werden.     94

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Eine Stunde später waren alle drei wohlverwahrt und ge-
fesselt, und ich eilte zu Mr. Bellebon, um ihn mit dem glück-
lichen Erfolge unserer Unternehmung bekannt zu machen. Man
kann sich denken, daß seine Freude gränzenlos war, und ich
verließ ihn schnell wieder, weil er die günstige Lösung des gan-
zen Handels der Firma und besonders seiner Verlobten, mel-
den wollte, mit welcher ihn bald noch heiligere Bande vereini-
gen sollten.

Die Gefangenen wurden nach kurzem Prozesse, der in den
Zeitungen damals Aufsehen erregte, eines verbrecherischen Com-
plotts überwiesen und zu 10jähriger Deportation verurtheilt.
Lebreton wäre, wie ihm der Oberrichter sagte, auf Lebenszeit
verurtheilt worden, hätte er nicht noch kurz vor seiner Ver-
haftung Reue über sein Vergehen an den Tag gelegt.

Als Levasseur von den Assisen hinweg in's Gefängniß ge-
bracht und an mir vorübergeführt wurde, rief er mir in ver-
zweifeltem Grimme französisch zu: „Wenn ich wieder zurück-
komme, sollst Du mir dafür büßen, und jener Höllenhund Tre-
lawney!“ Jch war aber an derartige Drohungen schon allzu-
sehr gewöhnt, um derselben große Bedeutung beizulegen, und
begnügte mich deßhalb, darüber zu lächeln und ihm zu ant-
worten! „ Au revoir — allons!“



Zustände in Hessen.

Eine Reise durch das Churfürstenthum Hessen zeigt ein
recht düstres Bild der dort überall jetzt herrschenden traurigen
Zustände. Es ist in den meisten Gegenden des Landes und
besonders auch im Fuldaischen jetzt eine Armuth vorhanden,
von der man sich kaum einen Begriff machen kann. Den letz-
ten Bissen an Lebensmitteln haben die zahlreichen Erecutions-
truppen verzehrt, und bleich und vor Hunger hohläugig, irrt
ein großer Theil der ärmeren Bevölkerung umher, auch die
ungesundesten Nahrungsmittel mit Gier verzehrend. Selbst die
Aecker können theilweise gar nicht mehr bestellt werden, da die
ärmeren Bauern ihre Saatkartoffeln und Saatgetreide hergeben
mußten, um nur ihre militärischen Gäste sättigen zu können.
Dabei sehen die meisten Gebäude in allen Dörfern und Städten
auf das Verfallenste aus, da fast Niemand Geld genug besitzt,
auch nur die kleinste Reparatur an seinem Eigenthum vorneh-
men zu lassen, geschweige denn Neubauten zu veranstalten.
Schaaren von Bettlern, Mann und Weib, Greise und Kinder,
deren Aeußeres es schon anzeigt, daß sie nur von äußerster Noth
gezwungen, betteln, verfolgen förmlich jeden nur halbwegs wohl-
gekleideten Reisenden. Selbst in den ärmsten Theilen Jrlands
haben wir nie so viel sichtbare Armuth und eine so ausgebil-
dete Bettelei gefunden, wie jetzt in vielen churhessischen Gegen-
den. Wessen Verhältnisse es nur irgend gestatten, der rüstet
sich zur Auswanderung und überall begegnet man Landleuten,
die von großen Familienkreisen nach Amerika vorausgeschickt
sind, um dort vorher die ersten Vorbereitungen für die später
Nachfolgenden zu treffen. Grund und Boden ist äußerst schwer
zu nur annehmbarem Preise zu verkaufen; wäre dies nicht der
Fall, so würde über die Hälfte der ganzen Bevölkerung noch
in diesem Jahre fortziehen. „Die Abgaben sind zu groß, wir
werden zu hart gedrückt, als daß wir, selbst beim besten Willen,
es aushalten könnten,“ sagten uns wiederholt solche Auswan-
derer, lauter ordendtliche, meist schon ältere Bauern, mit ruhigen
verständigen Gesichtern, denen man es ansah, daß sie von Ju-
gend auf an harte Arbeit gewöhnt waren. Jn Kassel selbst
herrscht außer dem Leben, das die viele fremde Einquartierung
hervorbringt, eine Todtenstille, und Handel und Wandel ruhen
fast gänzlich. Dabei überall eine tiefgedrückte Stimmung und
ein scheues Zurückziehen vor jedem Menschen, den man nicht
genau kennt. Politische Prozesse und Angebereien aller Art
gehören zur Tagesordnung und jede anonyme Anzeige irgend
eines Schuftes kann den geachtesten Mann vor das Gericht
bringen, um sich zu verantworten. Es sind in der Art schon
ganz seltsame Geschichten hier vorgekommen, und das Kriegs-
gericht hat im ersten blinden Eifer Urtheile gegen Unschuldige
gefällt und vollstreckt, die es später selbst widerrufen mußte.
Unter den verschiedenen Truppen selbst herrscht die bitterste
[Spaltenumbruch] Feindschaft, die wieder neuerdings des Abends in so blutige
Schlägereien ausbrach, daß selbst die Patrouillen mit dem Ba-
jonette aufeinander losgehen wollten. Die Preußischen und
churhessischen Truppen nebst dem Volke stehen auf der einen,
die Baiern, Oesterreicher und Alles was vom Kurfürsten ab-
hängt, auf der andern Seite.



Vermischte Nachrichten.

— Kaiser Nikolaus sandte vor einigen Jahren einen Spie-
gel von seltenster Größe und Schönheit mit einer Gesandtschaft
als Geschenk an den Kaiser von China. Der Spiegel mußte
die ganze unermeßliche Strecke von Petersburg bis Peking von
Menschenhänden getragen werden. Nur wer die Straßen und
Wege im inneren Rußland kennt, der kann die unglaublichen
Schwierigkeiten eines solchen Unternehmens begreifen. Der
Herr aber wollte es, und der Spiegel kam unbeschädigt in
China an. Jn der Zwischenzeit waren alle Mißhelligkeiten
zwischen dem russischen Hofe und der Sonne des Reiches aus-
gebrochen, der Kaiser von China nahm weder die Gesandtschaft
noch deren Geschenk an, und ein Eourier, der diese Ereignisse
im Vogelfluge nach Petersburg meldete, fragte zugleich, was
mit dem Spiegel zu geschehen habe. Auf demselben Wege und
in der nämlichen Weise, lautete der Befehl, sollte der Spiegel
zurückgebracht werden. Der Großfürst Michael, welcher gerade
zugegen war, schlug dem Kaiser lächelnd eine Wette vor, daß
derselbe nicht unzerbrochen zurückkomme. Der Kaiser ging dar-
auf ein, und der Courier erhielt noch die Weisung, dem Führer
des Transports bei Verlust der kaiserlichen Gnade und strenger
Strafe die größte Vorsicht zur Pflicht zu machen, dagegen ihm
anzuzeigen, daß er im Falle der glücklichen Rückkehr eine große
Belohnung zu erwarten habe. Mit namenloser Vorsicht wird
das ungeheure Werk ausgeführt, und der Spiegel von vierzig
Menschen getragen, kommt glücklich und unverletzt auf dem
Jsaaksplatze in Petersburg an, wo der Kaiser mit seinem
Bruder am Fenster steht und über die gewonnene Wette lacht.
Auf der Treppe des Winterpalais stolperte indeß einer der
Träger, fällt, reißt seinen Nebenmann mit zu Boden, dieser
den nächsten, und — der kostbare Spiegel liegt in tausend
Trümmern zerschmettert am Boden. Der Großfürst hatte seine
Wette gewonnen.

— Johannes Ronge hat sich in London mit der geschiede-
nen Frau eines engl. Generals vermählt.

— Jn Düsseldorf wurde Herr Pastor Natorp in Holpe
von der evangelischen Gemeinde einstimmig als Pfarrer gewählt.

— Jm Monat März sind über 200 Personen in den
Straßen von Paris mit gewaffneter Hand angefallen worden.
Die Anzahl der Polizeidiener hat deßhalb vermehrt werden müssen.

Man schreibt der „Opinione“ aus Mailand vom 11.
April: „Die Patrouillen durchziehen des Nachts die Straßen
mit Kanonen.

— Jm Mecklenburgischen nimmt die Auswanderung, welche
den hiesigen Hafen benutzen wird, stark zu. Nicht einzelne
Familien sondern halbe Ortschaften ergreifen den Wanderstab,
um ein überseeisches Glück für die verlorne Hoffnung des ein-
heimischen zn suchen.



Bekanntmachungen.
Subhastations=Patent.
Nothwendiger Verkauf.

Der Kotten des Friedrich Kellermann in
Niederbonsfeld, eingetragen im Hypothekenbuche
Vol. XIII. pag. 474, gerichtlich abgeschätzt nach Abzug
der Erbpachts=Lasten auf 662 Thlr. 28 Sgr. 6 Pf.
zufolge der nebst Hypothekenschein, im Bureau II. ein-
zusehenden Taxe, soll am
12. Juni, Morgens 10 Uhr,
an der Gerichtsstelle subhastirt werden.     94

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Wessen Verhältnisse es nur irgend gestatten, der rüstet sich zur Auswanderung und überall begegnet man Landleuten, die von großen Familienkreisen nach Amerika vorausgeschickt sind, um dort vorher die ersten Vorbereitungen für die später Nachfolgenden zu treffen. Grund und Boden ist äußerst schwer zu nur annehmbarem Preise zu verkaufen; wäre dies nicht der Fall, so würde über die Hälfte der ganzen Bevölkerung noch in diesem Jahre fortziehen. „Die Abgaben sind zu groß, wir werden zu hart gedrückt, als daß wir, selbst beim besten Willen, es aushalten könnten,“ sagten uns wiederholt solche Auswan- derer, lauter ordendtliche, meist schon ältere Bauern, mit ruhigen verständigen Gesichtern, denen man es ansah, daß sie von Ju- gend auf an harte Arbeit gewöhnt waren. Jn Kassel selbst herrscht außer dem Leben, das die viele fremde Einquartierung hervorbringt, eine Todtenstille, und Handel und Wandel ruhen fast gänzlich. Dabei überall eine tiefgedrückte Stimmung und ein scheues Zurückziehen vor jedem Menschen, den man nicht genau kennt. Politische Prozesse und Angebereien aller Art gehören zur Tagesordnung und jede anonyme Anzeige irgend eines Schuftes kann den geachtesten Mann vor das Gericht bringen, um sich zu verantworten. Es sind in der Art schon ganz seltsame Geschichten hier vorgekommen, und das Kriegs- gericht hat im ersten blinden Eifer Urtheile gegen Unschuldige gefällt und vollstreckt, die es später selbst widerrufen mußte. Unter den verschiedenen Truppen selbst herrscht die bitterste Feindschaft, die wieder neuerdings des Abends in so blutige Schlägereien ausbrach, daß selbst die Patrouillen mit dem Ba- jonette aufeinander losgehen wollten. Die Preußischen und churhessischen Truppen nebst dem Volke stehen auf der einen, die Baiern, Oesterreicher und Alles was vom Kurfürsten ab- hängt, auf der andern Seite. Vermischte Nachrichten. — Kaiser Nikolaus sandte vor einigen Jahren einen Spie- gel von seltenster Größe und Schönheit mit einer Gesandtschaft als Geschenk an den Kaiser von China. Der Spiegel mußte die ganze unermeßliche Strecke von Petersburg bis Peking von Menschenhänden getragen werden. Nur wer die Straßen und Wege im inneren Rußland kennt, der kann die unglaublichen Schwierigkeiten eines solchen Unternehmens begreifen. Der Herr aber wollte es, und der Spiegel kam unbeschädigt in China an. Jn der Zwischenzeit waren alle Mißhelligkeiten zwischen dem russischen Hofe und der Sonne des Reiches aus- gebrochen, der Kaiser von China nahm weder die Gesandtschaft noch deren Geschenk an, und ein Eourier, der diese Ereignisse im Vogelfluge nach Petersburg meldete, fragte zugleich, was mit dem Spiegel zu geschehen habe. Auf demselben Wege und in der nämlichen Weise, lautete der Befehl, sollte der Spiegel zurückgebracht werden. Der Großfürst Michael, welcher gerade zugegen war, schlug dem Kaiser lächelnd eine Wette vor, daß derselbe nicht unzerbrochen zurückkomme. Der Kaiser ging dar- auf ein, und der Courier erhielt noch die Weisung, dem Führer des Transports bei Verlust der kaiserlichen Gnade und strenger Strafe die größte Vorsicht zur Pflicht zu machen, dagegen ihm anzuzeigen, daß er im Falle der glücklichen Rückkehr eine große Belohnung zu erwarten habe. Mit namenloser Vorsicht wird das ungeheure Werk ausgeführt, und der Spiegel von vierzig Menschen getragen, kommt glücklich und unverletzt auf dem Jsaaksplatze in Petersburg an, wo der Kaiser mit seinem Bruder am Fenster steht und über die gewonnene Wette lacht. Auf der Treppe des Winterpalais stolperte indeß einer der Träger, fällt, reißt seinen Nebenmann mit zu Boden, dieser den nächsten, und — der kostbare Spiegel liegt in tausend Trümmern zerschmettert am Boden. Der Großfürst hatte seine Wette gewonnen. — Johannes Ronge hat sich in London mit der geschiede- nen Frau eines engl. Generals vermählt. — Jn Düsseldorf wurde Herr Pastor Natorp in Holpe von der evangelischen Gemeinde einstimmig als Pfarrer gewählt. — Jm Monat März sind über 200 Personen in den Straßen von Paris mit gewaffneter Hand angefallen worden. Die Anzahl der Polizeidiener hat deßhalb vermehrt werden müssen. Man schreibt der „Opinione“ aus Mailand vom 11. April: „Die Patrouillen durchziehen des Nachts die Straßen mit Kanonen. — Jm Mecklenburgischen nimmt die Auswanderung, welche den hiesigen Hafen benutzen wird, stark zu. Nicht einzelne Familien sondern halbe Ortschaften ergreifen den Wanderstab, um ein überseeisches Glück für die verlorne Hoffnung des ein- heimischen zn suchen. Bekanntmachungen. Subhastations=Patent. Nothwendiger Verkauf. Der Kotten des Friedrich Kellermann in Niederbonsfeld, eingetragen im Hypothekenbuche Vol. XIII. pag. 474, gerichtlich abgeschätzt nach Abzug der Erbpachts=Lasten auf 662 Thlr. 28 Sgr. 6 Pf. zufolge der nebst Hypothekenschein, im Bureau II. ein- zusehenden Taxe, soll am 12. Juni, Morgens 10 Uhr, an der Gerichtsstelle subhastirt werden. 94

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Zitationshilfe: Märkische Blätter. Nr. 33. Hattingen, 23. April 1851, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maerkische033_1851/3>, abgerufen am 24.11.2024.