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Märkische Blätter. Nr. 29. Hattingen, 9. April 1851.

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Erinnerungen eines Londoner Polizeibeamten.
Die legale Vermummung.

Der achtbare Agent eines ziemlich bedeutenden französischen
Handlungshauses fand sich eines Morgens in anscheinend sehr
ernster Verstimmung auf dem Polizeibureau in Scottland Yard
ein und meldete dem Oberaufseher, daß er so eben einen sehr
großen ja beinahe verhängnißvollen Verlust an Noten der
Bank von England, Privatwechselbriefen und Goldmünzen er-
litten habe. Er war, wie es schien, etwa zehn Tage auf einer
Reise noch Paris abwesend gewesen und hatte bei seiner, erst
vor wenigen Stunden stattgefundenen Heimkehr die Entdeckung
gemacht, daß seine eiserne Geldkasse, während seiner Abwesenheit
gänzlich ausgeplündert worden war. Offenbar hatte der Dieb
sich falscher Schlüssel bedient, denn die leere Kiste war verschlos-
sen gefunden worden und nirgends eine Spur von Gewalt be-
merkbar. Er übergab ein vollständiges schriftliches Verzeichniß
der entwendeten Werthpapiere mit den Nummern der Bank-
noten und andern wesentlichen Specialitäten. Der erste Schritt
welcher nun geschah, war der, daß man sich vergewisserte, ob
inzwischen keine der Banknoten bei der Bank umgewechselt wor-
den war. Dieß war nicht der Fall; sie wurden also zeitwei-
lig verrufen und ihre Ausbezahlung eingestellt, und öf-
fentliche Warnungen und Fahndungen bezüglich der Wechsel
und der Banknoten noch in den Abendzeitungen und Morgen-
blättern des andern Tags eingerückt. Einige Tage später ward
eine bedeutende Belohnung für jeden Nachweis ausgesetzt, wel-
cher auf die Entdeckung und Habhaftwerdung der Diebe füh-
ren könnte. Es erfolgte aber auch hierauf kein Ergebniß, und
trotz der thätigsten Verwendung der damit beauftragten Polizei-
beamten konnte auch nicht der geringste Aufschluß über die Ur-
heber des Diebstahls erlangt werden. Der jüngere Associe der
Firma, Mr. Bellebon, war mittlerweile ebenfalls in England
angelangt, um die Nachforschung zu betreiben, und drängte na-
türlich sehr zur angestrengtesten Thätigkeit; allein das über der
ganzen Sache liegende Geheimniß blieb undurchdringlich. End-
lich erhielt der Agent, Mr. Alexandre Lebreton, einen Brief mit
dem Postzeichen St. Martin le Grand, worin versprochen ward
gegen eine Belohnung von Eintausend Pfund Sterling den gan-
zen Raub mit Ausnahme des Goldes herauszugeben. Der
Betrag der gestohlenen Werthpapiere belief sich auf mehr als
das Zehnfache, und war von dem französischen Hause dazu be-
stimmt, einige große Verbindlichkeiten abzutragen, welche binnen
kurzer Zeit verfallen mußten. Labreton hatte den Auftrag gehabt
den Betrag unmittelbar nach Empfang für Rechnung der Firma
an Hoare's zu bezahlen, und war in der That sehr getadelt
worden, daß er dieses unterlassen hatte, und als nun Lebreton
unmittelbar nach seiner Rüchkehr von Paris seine Kasse geöff-
net hatte, um dem erhaltenen Auftrage nachzukommen, ward er
des an ihm begangenen Diebstahls inne.

Der besagte Brief verlangte ferner, man solle, wofern man
auf das Anerbieten einzugehen geneigt sei, eine ganz mystisch-
abgefaßte Anzeige ( von welcher ein Entwurf beigelegt war ) in
die Times einrücken lassen, worauf ein Mittel angegeben wer-
den würde, um das Uebereinkommen auf eine, für die Diebe
sichere Weise auszuführen. Mr. Bellebon war schon halb ge-
neigt, auf diesen Vorschlag einzugeben, um den Kredit des
Hauses zu retten, welcher natürlich verloren war, wofern die
acceptirten Wechsel nicht bezahlt wurden; der Verfalltermin
war noch vierzehn Tage entfernt, und ohne die gestohlenen
Banknoten und Wechsel war zur Befriedigung der Wechselgläu-
biger gar keine Ansicht vorhanden. Der Polizeiinspektor, wel-
chem Mr. Bellebon den Brief zeigte, wollte Nichts davon hö-
ren, daß man den Spitzbuben ein solches Zugeständniß mache,
und bedrohte M. Bellebon mit einer gerichtlichen Verfolgung
weden Felonie, wenn er darauf eingehe. Gleichwohl wurde je-
doch die Anzeige in die Times eingerückt, und eine umgehende
Antwort verlangte, Lebreton der Agent solle sich ohne Beglei-
tung den andern Tag um 4 Uhr Nachmittags in dem Old
Manor House, Green Lanes, Newington, einfinden, und natür-
lich die bedungene Summe in Gold mitbringen. Um jeden
Verrath zu verhüten, hieß es in dem französisch=geschriebenen
[Spaltenumbruch] Briefe weiter, sollte Lebreton ein Billet für sich in der Schenke
finden, worin ihm ein Ort angezeigt werde -- und zwar ein
sehr einsamer und von allen Seiten freier Ort, wo von einem
Hinterhalt keine Rede sein konnte -- wo das Geschäft abge-
schlossen werden und wohin er sich sogleich zu Fuße und ohne
Begleiter begeben solle. Dieser Vorschlag war ohne Zweifel
ebenso scharfsinnig als kaltblütig angelegt, und die Möglichkeit,
solche schlaue Spitzbuben zu überlisten, schien ausnehmend zwei-
felhaft. Jndessen kam man doch nachgerade auf eine ziemlich
schlaue Gegenmine, die man den Dieben legen wollte, und Mr.
Lebreton begab sich zur bezeichneten Zeit nach dem Old Ma-
nor House. Hier war übrigens kein Brief oder irgend welche
Botschaft für ihn hinterlassen worden, und es hatte sich auch
Niemand in der Schenke gezeigt, auf welchen sich irgend ein
gegründeter oder wahrscheinlicher Verdacht hätte lenken lassen.
Am folgenden Morgen langte dagegen ein Brief an, worin die
Diebe meldeten, sie seien hinter die Falle gekommen, welche die
Polizei ihnen habe legen wollen, und worin sie Mr. Bellebon
bedeuteten, ein solches Verfahren seie von seiner Seite das Thö-
rigteste und ebenso unvorsichtig als nutzlos, da sie entschlossen
seien, die in ihrem Besitze befindlichen Banknoten und Wechsel
zu vernichten, wofern man ihnen nicht mit der nöthigen Red-
lichkeit und Offenheit entgegenkomme, -- eine Rache, welche
das Haus Bellebon und Comp. ganz sicher der Schande und
und dem Ruin eines Banquerotts aussetzen müsse.

Gerade um diese Zeit kehrte ich von der unglücklichen und
erfolglosen Verfolgung der Flüchtlinge, die mir in Plymouth
durch die Finger geschlüpft waren, nach London zurück. Der
Oberaufseher lachte herzlich, als ich ihm meine Abenteuer er-
zählte, nicht sowohl über den Streich, der mir gespielt worden
war, als über den Aerger und die Entrüstung, die ich nicht
verbergen konnte. "Jch habe mit Sehnsucht auf ihre Rückkehr
gewartet," setzte er hinzu, "um Jhnen eine verwickelte Geschichte
zu übertragen, in welcher der Erfolg reichlich das Mißlingen
Jhren vorigen Unternehmung aufwägen wird. Sie sprechen
ja auch französisch, was sich hier besonders geschickt trifft, denn
der bestohlene Herr spricht wenig oder gar kein Englisch." So-
dann erzählte er mir die oben erwähnten Thatsachen und Sach-
verhältnisse sammt anderen kleinen, scheinbar unbedeutenden Ne-
benumständen, und nach einer langen Unterredung mit ihm ent-
fernte ich mich, um mir die Sache genauer zu überlegen und
mich für den geeignetsten Angriffsplan zu entscheiden. Nach
langem Ueberlegen beschloß ich, Mr. Bellebon zunächst einmal
unter vier Augen zu sprechen; zu diesem Zweck schickte ich den
Kellner einer Taverne in der Nähe nach seiner Wohnung mit
ein paae Zeilen, worin ich ihm den Wunsch zu erkennen gab,
ihn in dringenden Angelegenheiten sogleich zu sprechen. Er war
zu Hause und willfahrte meiner Bitte sogleich. Jch stellte
mich ihm ohne Weiteres vor, und ließ nach einer viertelstün-
digen Unterredung gleichgültig und unbefangen eine Frage fal-
len, denn ich sah wohl, er war allzu vorschnell im Reden, zu
rasch und unbedacht, zu leichtsinnig und offenherzig, als daß
ich ihm den aufdämmernden Verdacht hätte anvertrauen können,
welchen einige unbedeutende [unleserliches Material - 13 Zeichen fehlen]Nehenumstände in mir wachgeru-
fen hatten. Jch fragte nämlich: "Jst Mr. Lebreton auf dem
Comptoir, in welchem der Raub begangen worden ist?"

( Fortsetzung folgt. )



Folgende Petition ist aus Sprockhövel, datirt vom 20. v.
Mts., mit 327 Unterschriften versehen, an den Königl. Ge-
heimen Staats= und Justiz=Minister, Ritter Herrn Simons
zu Berlin abgegangen, wie folgt:

Daß durch Ausführung der Gesetze v. 2. und 3. Januar
1849 unser Land= und Stadtgericht in Hattingen aufgelöst
wurde, dessen Bezirk zum größten Theile dem Kreis=Gerichte
Bochum zugetheilt und in Hattingen eine aus vier Mitgliedern
bestehende Kreisgerichts=Deputation eingerichtet war, darüber
hat der Magistrat von Hattingen, unter Darstellung der durch
die veränderte Gerichtseinrichtung für Stadt und Land begrün-
deten nachtheiligen Folgen, schon früher an Ew. Ercellenz und
an das hohe[unleserliches Material] Staatsministerium, mit der Bitte, um Wieder-
herstellung des frühern Gerichts, ehrerbietigst vorgetragen. Der
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz]
Erinnerungen eines Londoner Polizeibeamten.
Die legale Vermummung.

Der achtbare Agent eines ziemlich bedeutenden französischen
Handlungshauses fand sich eines Morgens in anscheinend sehr
ernster Verstimmung auf dem Polizeibureau in Scottland Yard
ein und meldete dem Oberaufseher, daß er so eben einen sehr
großen ja beinahe verhängnißvollen Verlust an Noten der
Bank von England, Privatwechselbriefen und Goldmünzen er-
litten habe. Er war, wie es schien, etwa zehn Tage auf einer
Reise noch Paris abwesend gewesen und hatte bei seiner, erst
vor wenigen Stunden stattgefundenen Heimkehr die Entdeckung
gemacht, daß seine eiserne Geldkasse, während seiner Abwesenheit
gänzlich ausgeplündert worden war. Offenbar hatte der Dieb
sich falscher Schlüssel bedient, denn die leere Kiste war verschlos-
sen gefunden worden und nirgends eine Spur von Gewalt be-
merkbar. Er übergab ein vollständiges schriftliches Verzeichniß
der entwendeten Werthpapiere mit den Nummern der Bank-
noten und andern wesentlichen Specialitäten. Der erste Schritt
welcher nun geschah, war der, daß man sich vergewisserte, ob
inzwischen keine der Banknoten bei der Bank umgewechselt wor-
den war. Dieß war nicht der Fall; sie wurden also zeitwei-
lig verrufen und ihre Ausbezahlung eingestellt, und öf-
fentliche Warnungen und Fahndungen bezüglich der Wechsel
und der Banknoten noch in den Abendzeitungen und Morgen-
blättern des andern Tags eingerückt. Einige Tage später ward
eine bedeutende Belohnung für jeden Nachweis ausgesetzt, wel-
cher auf die Entdeckung und Habhaftwerdung der Diebe füh-
ren könnte. Es erfolgte aber auch hierauf kein Ergebniß, und
trotz der thätigsten Verwendung der damit beauftragten Polizei-
beamten konnte auch nicht der geringste Aufschluß über die Ur-
heber des Diebstahls erlangt werden. Der jüngere Associe der
Firma, Mr. Bellebon, war mittlerweile ebenfalls in England
angelangt, um die Nachforschung zu betreiben, und drängte na-
türlich sehr zur angestrengtesten Thätigkeit; allein das über der
ganzen Sache liegende Geheimniß blieb undurchdringlich. End-
lich erhielt der Agent, Mr. Alexandre Lebreton, einen Brief mit
dem Postzeichen St. Martin le Grand, worin versprochen ward
gegen eine Belohnung von Eintausend Pfund Sterling den gan-
zen Raub mit Ausnahme des Goldes herauszugeben. Der
Betrag der gestohlenen Werthpapiere belief sich auf mehr als
das Zehnfache, und war von dem französischen Hause dazu be-
stimmt, einige große Verbindlichkeiten abzutragen, welche binnen
kurzer Zeit verfallen mußten. Labreton hatte den Auftrag gehabt
den Betrag unmittelbar nach Empfang für Rechnung der Firma
an Hoare's zu bezahlen, und war in der That sehr getadelt
worden, daß er dieses unterlassen hatte, und als nun Lebreton
unmittelbar nach seiner Rüchkehr von Paris seine Kasse geöff-
net hatte, um dem erhaltenen Auftrage nachzukommen, ward er
des an ihm begangenen Diebstahls inne.

Der besagte Brief verlangte ferner, man solle, wofern man
auf das Anerbieten einzugehen geneigt sei, eine ganz mystisch-
abgefaßte Anzeige ( von welcher ein Entwurf beigelegt war ) in
die Times einrücken lassen, worauf ein Mittel angegeben wer-
den würde, um das Uebereinkommen auf eine, für die Diebe
sichere Weise auszuführen. Mr. Bellebon war schon halb ge-
neigt, auf diesen Vorschlag einzugeben, um den Kredit des
Hauses zu retten, welcher natürlich verloren war, wofern die
acceptirten Wechsel nicht bezahlt wurden; der Verfalltermin
war noch vierzehn Tage entfernt, und ohne die gestohlenen
Banknoten und Wechsel war zur Befriedigung der Wechselgläu-
biger gar keine Ansicht vorhanden. Der Polizeiinspektor, wel-
chem Mr. Bellebon den Brief zeigte, wollte Nichts davon hö-
ren, daß man den Spitzbuben ein solches Zugeständniß mache,
und bedrohte M. Bellebon mit einer gerichtlichen Verfolgung
weden Felonie, wenn er darauf eingehe. Gleichwohl wurde je-
doch die Anzeige in die Times eingerückt, und eine umgehende
Antwort verlangte, Lebreton der Agent solle sich ohne Beglei-
tung den andern Tag um 4 Uhr Nachmittags in dem Old
Manor House, Green Lanes, Newington, einfinden, und natür-
lich die bedungene Summe in Gold mitbringen. Um jeden
Verrath zu verhüten, hieß es in dem französisch=geschriebenen
[Spaltenumbruch] Briefe weiter, sollte Lebreton ein Billet für sich in der Schenke
finden, worin ihm ein Ort angezeigt werde — und zwar ein
sehr einsamer und von allen Seiten freier Ort, wo von einem
Hinterhalt keine Rede sein konnte — wo das Geschäft abge-
schlossen werden und wohin er sich sogleich zu Fuße und ohne
Begleiter begeben solle. Dieser Vorschlag war ohne Zweifel
ebenso scharfsinnig als kaltblütig angelegt, und die Möglichkeit,
solche schlaue Spitzbuben zu überlisten, schien ausnehmend zwei-
felhaft. Jndessen kam man doch nachgerade auf eine ziemlich
schlaue Gegenmine, die man den Dieben legen wollte, und Mr.
Lebreton begab sich zur bezeichneten Zeit nach dem Old Ma-
nor House. Hier war übrigens kein Brief oder irgend welche
Botschaft für ihn hinterlassen worden, und es hatte sich auch
Niemand in der Schenke gezeigt, auf welchen sich irgend ein
gegründeter oder wahrscheinlicher Verdacht hätte lenken lassen.
Am folgenden Morgen langte dagegen ein Brief an, worin die
Diebe meldeten, sie seien hinter die Falle gekommen, welche die
Polizei ihnen habe legen wollen, und worin sie Mr. Bellebon
bedeuteten, ein solches Verfahren seie von seiner Seite das Thö-
rigteste und ebenso unvorsichtig als nutzlos, da sie entschlossen
seien, die in ihrem Besitze befindlichen Banknoten und Wechsel
zu vernichten, wofern man ihnen nicht mit der nöthigen Red-
lichkeit und Offenheit entgegenkomme, — eine Rache, welche
das Haus Bellebon und Comp. ganz sicher der Schande und
und dem Ruin eines Banquerotts aussetzen müsse.

Gerade um diese Zeit kehrte ich von der unglücklichen und
erfolglosen Verfolgung der Flüchtlinge, die mir in Plymouth
durch die Finger geschlüpft waren, nach London zurück. Der
Oberaufseher lachte herzlich, als ich ihm meine Abenteuer er-
zählte, nicht sowohl über den Streich, der mir gespielt worden
war, als über den Aerger und die Entrüstung, die ich nicht
verbergen konnte. „Jch habe mit Sehnsucht auf ihre Rückkehr
gewartet,“ setzte er hinzu, „um Jhnen eine verwickelte Geschichte
zu übertragen, in welcher der Erfolg reichlich das Mißlingen
Jhren vorigen Unternehmung aufwägen wird. Sie sprechen
ja auch französisch, was sich hier besonders geschickt trifft, denn
der bestohlene Herr spricht wenig oder gar kein Englisch.“ So-
dann erzählte er mir die oben erwähnten Thatsachen und Sach-
verhältnisse sammt anderen kleinen, scheinbar unbedeutenden Ne-
benumständen, und nach einer langen Unterredung mit ihm ent-
fernte ich mich, um mir die Sache genauer zu überlegen und
mich für den geeignetsten Angriffsplan zu entscheiden. Nach
langem Ueberlegen beschloß ich, Mr. Bellebon zunächst einmal
unter vier Augen zu sprechen; zu diesem Zweck schickte ich den
Kellner einer Taverne in der Nähe nach seiner Wohnung mit
ein paae Zeilen, worin ich ihm den Wunsch zu erkennen gab,
ihn in dringenden Angelegenheiten sogleich zu sprechen. Er war
zu Hause und willfahrte meiner Bitte sogleich. Jch stellte
mich ihm ohne Weiteres vor, und ließ nach einer viertelstün-
digen Unterredung gleichgültig und unbefangen eine Frage fal-
len, denn ich sah wohl, er war allzu vorschnell im Reden, zu
rasch und unbedacht, zu leichtsinnig und offenherzig, als daß
ich ihm den aufdämmernden Verdacht hätte anvertrauen können,
welchen einige unbedeutende [unleserliches Material – 13 Zeichen fehlen]Nehenumstände in mir wachgeru-
fen hatten. Jch fragte nämlich: „Jst Mr. Lebreton auf dem
Comptoir, in welchem der Raub begangen worden ist?“

( Fortsetzung folgt. )



Folgende Petition ist aus Sprockhövel, datirt vom 20. v.
Mts., mit 327 Unterschriften versehen, an den Königl. Ge-
heimen Staats= und Justiz=Minister, Ritter Herrn Simons
zu Berlin abgegangen, wie folgt:

Daß durch Ausführung der Gesetze v. 2. und 3. Januar
1849 unser Land= und Stadtgericht in Hattingen aufgelöst
wurde, dessen Bezirk zum größten Theile dem Kreis=Gerichte
Bochum zugetheilt und in Hattingen eine aus vier Mitgliedern
bestehende Kreisgerichts=Deputation eingerichtet war, darüber
hat der Magistrat von Hattingen, unter Darstellung der durch
die veränderte Gerichtseinrichtung für Stadt und Land begrün-
deten nachtheiligen Folgen, schon früher an Ew. Ercellenz und
an das hohe[unleserliches Material] Staatsministerium, mit der Bitte, um Wieder-
herstellung des frühern Gerichts, ehrerbietigst vorgetragen. Der
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Er übergab ein vollständiges schriftliches Verzeichniß der entwendeten Werthpapiere mit den Nummern der Bank- noten und andern wesentlichen Specialitäten. Der erste Schritt welcher nun geschah, war der, daß man sich vergewisserte, ob inzwischen keine der Banknoten bei der Bank umgewechselt wor- den war. Dieß war nicht der Fall; sie wurden also zeitwei- lig verrufen und ihre Ausbezahlung eingestellt, und öf- fentliche Warnungen und Fahndungen bezüglich der Wechsel und der Banknoten noch in den Abendzeitungen und Morgen- blättern des andern Tags eingerückt. Einige Tage später ward eine bedeutende Belohnung für jeden Nachweis ausgesetzt, wel- cher auf die Entdeckung und Habhaftwerdung der Diebe füh- ren könnte. Es erfolgte aber auch hierauf kein Ergebniß, und trotz der thätigsten Verwendung der damit beauftragten Polizei- beamten konnte auch nicht der geringste Aufschluß über die Ur- heber des Diebstahls erlangt werden. Der jüngere Associe der Firma, Mr. Bellebon, war mittlerweile ebenfalls in England angelangt, um die Nachforschung zu betreiben, und drängte na- türlich sehr zur angestrengtesten Thätigkeit; allein das über der ganzen Sache liegende Geheimniß blieb undurchdringlich. End- lich erhielt der Agent, Mr. Alexandre Lebreton, einen Brief mit dem Postzeichen St. Martin le Grand, worin versprochen ward gegen eine Belohnung von Eintausend Pfund Sterling den gan- zen Raub mit Ausnahme des Goldes herauszugeben. Der Betrag der gestohlenen Werthpapiere belief sich auf mehr als das Zehnfache, und war von dem französischen Hause dazu be- stimmt, einige große Verbindlichkeiten abzutragen, welche binnen kurzer Zeit verfallen mußten. Labreton hatte den Auftrag gehabt den Betrag unmittelbar nach Empfang für Rechnung der Firma an Hoare's zu bezahlen, und war in der That sehr getadelt worden, daß er dieses unterlassen hatte, und als nun Lebreton unmittelbar nach seiner Rüchkehr von Paris seine Kasse geöff- net hatte, um dem erhaltenen Auftrage nachzukommen, ward er des an ihm begangenen Diebstahls inne. Der besagte Brief verlangte ferner, man solle, wofern man auf das Anerbieten einzugehen geneigt sei, eine ganz mystisch- abgefaßte Anzeige ( von welcher ein Entwurf beigelegt war ) in die Times einrücken lassen, worauf ein Mittel angegeben wer- den würde, um das Uebereinkommen auf eine, für die Diebe sichere Weise auszuführen. Mr. Bellebon war schon halb ge- neigt, auf diesen Vorschlag einzugeben, um den Kredit des Hauses zu retten, welcher natürlich verloren war, wofern die acceptirten Wechsel nicht bezahlt wurden; der Verfalltermin war noch vierzehn Tage entfernt, und ohne die gestohlenen Banknoten und Wechsel war zur Befriedigung der Wechselgläu- biger gar keine Ansicht vorhanden. Der Polizeiinspektor, wel- chem Mr. Bellebon den Brief zeigte, wollte Nichts davon hö- ren, daß man den Spitzbuben ein solches Zugeständniß mache, und bedrohte M. Bellebon mit einer gerichtlichen Verfolgung weden Felonie, wenn er darauf eingehe. Gleichwohl wurde je- doch die Anzeige in die Times eingerückt, und eine umgehende Antwort verlangte, Lebreton der Agent solle sich ohne Beglei- tung den andern Tag um 4 Uhr Nachmittags in dem Old Manor House, Green Lanes, Newington, einfinden, und natür- lich die bedungene Summe in Gold mitbringen. Um jeden Verrath zu verhüten, hieß es in dem französisch=geschriebenen Briefe weiter, sollte Lebreton ein Billet für sich in der Schenke finden, worin ihm ein Ort angezeigt werde — und zwar ein sehr einsamer und von allen Seiten freier Ort, wo von einem Hinterhalt keine Rede sein konnte — wo das Geschäft abge- schlossen werden und wohin er sich sogleich zu Fuße und ohne Begleiter begeben solle. Dieser Vorschlag war ohne Zweifel ebenso scharfsinnig als kaltblütig angelegt, und die Möglichkeit, solche schlaue Spitzbuben zu überlisten, schien ausnehmend zwei- felhaft. Jndessen kam man doch nachgerade auf eine ziemlich schlaue Gegenmine, die man den Dieben legen wollte, und Mr. Lebreton begab sich zur bezeichneten Zeit nach dem Old Ma- nor House. Hier war übrigens kein Brief oder irgend welche Botschaft für ihn hinterlassen worden, und es hatte sich auch Niemand in der Schenke gezeigt, auf welchen sich irgend ein gegründeter oder wahrscheinlicher Verdacht hätte lenken lassen. Am folgenden Morgen langte dagegen ein Brief an, worin die Diebe meldeten, sie seien hinter die Falle gekommen, welche die Polizei ihnen habe legen wollen, und worin sie Mr. Bellebon bedeuteten, ein solches Verfahren seie von seiner Seite das Thö- rigteste und ebenso unvorsichtig als nutzlos, da sie entschlossen seien, die in ihrem Besitze befindlichen Banknoten und Wechsel zu vernichten, wofern man ihnen nicht mit der nöthigen Red- lichkeit und Offenheit entgegenkomme, — eine Rache, welche das Haus Bellebon und Comp. ganz sicher der Schande und und dem Ruin eines Banquerotts aussetzen müsse. Gerade um diese Zeit kehrte ich von der unglücklichen und erfolglosen Verfolgung der Flüchtlinge, die mir in Plymouth durch die Finger geschlüpft waren, nach London zurück. Der Oberaufseher lachte herzlich, als ich ihm meine Abenteuer er- zählte, nicht sowohl über den Streich, der mir gespielt worden war, als über den Aerger und die Entrüstung, die ich nicht verbergen konnte. „Jch habe mit Sehnsucht auf ihre Rückkehr gewartet,“ setzte er hinzu, „um Jhnen eine verwickelte Geschichte zu übertragen, in welcher der Erfolg reichlich das Mißlingen Jhren vorigen Unternehmung aufwägen wird. Sie sprechen ja auch französisch, was sich hier besonders geschickt trifft, denn der bestohlene Herr spricht wenig oder gar kein Englisch.“ So- dann erzählte er mir die oben erwähnten Thatsachen und Sach- verhältnisse sammt anderen kleinen, scheinbar unbedeutenden Ne- benumständen, und nach einer langen Unterredung mit ihm ent- fernte ich mich, um mir die Sache genauer zu überlegen und mich für den geeignetsten Angriffsplan zu entscheiden. Nach langem Ueberlegen beschloß ich, Mr. Bellebon zunächst einmal unter vier Augen zu sprechen; zu diesem Zweck schickte ich den Kellner einer Taverne in der Nähe nach seiner Wohnung mit ein paae Zeilen, worin ich ihm den Wunsch zu erkennen gab, ihn in dringenden Angelegenheiten sogleich zu sprechen. Er war zu Hause und willfahrte meiner Bitte sogleich. Jch stellte mich ihm ohne Weiteres vor, und ließ nach einer viertelstün- digen Unterredung gleichgültig und unbefangen eine Frage fal- len, denn ich sah wohl, er war allzu vorschnell im Reden, zu rasch und unbedacht, zu leichtsinnig und offenherzig, als daß ich ihm den aufdämmernden Verdacht hätte anvertrauen können, welchen einige unbedeutende _____________Nehenumstände in mir wachgeru- fen hatten. Jch fragte nämlich: „Jst Mr. Lebreton auf dem Comptoir, in welchem der Raub begangen worden ist?“ ( Fortsetzung folgt. ) Folgende Petition ist aus Sprockhövel, datirt vom 20. v. Mts., mit 327 Unterschriften versehen, an den Königl. Ge- heimen Staats= und Justiz=Minister, Ritter Herrn Simons zu Berlin abgegangen, wie folgt: Daß durch Ausführung der Gesetze v. 2. und 3. Januar 1849 unser Land= und Stadtgericht in Hattingen aufgelöst wurde, dessen Bezirk zum größten Theile dem Kreis=Gerichte Bochum zugetheilt und in Hattingen eine aus vier Mitgliedern bestehende Kreisgerichts=Deputation eingerichtet war, darüber hat der Magistrat von Hattingen, unter Darstellung der durch die veränderte Gerichtseinrichtung für Stadt und Land begrün- deten nachtheiligen Folgen, schon früher an Ew. Ercellenz und an das hohe_ Staatsministerium, mit der Bitte, um Wieder- herstellung des frühern Gerichts, ehrerbietigst vorgetragen. Der

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Zitationshilfe: Märkische Blätter. Nr. 29. Hattingen, 9. April 1851, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maerkische029_1851/2>, abgerufen am 11.12.2024.