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Mährisches Tagblatt. Nr. 271, Olmütz, 28.11.1898.

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[Spaltenumbruch] sind bei dem zuständigen Landwehr- (Landes-
schützen-) Ergänzungsbezirkscommando zu über-
reichen, welches dieselben dem vorgesetzten Land-
wehr-Territorialcommando vorzulegen haben wird.

(Selbstmord am Roulettetisch.)

Dienstag
Nachts ereignete sich, wie der "Daily Telegraph"
berichtet, in Monte Cailo ein tragischer Zwischen-
fall. Die Räume des Casinos waren dicht ge-
füllt, das Spiel nahm seinen gewöhnlichen Gang,
als plötzlich von einem Roulettetisch her eine
Schußdetonation ertönte. Alles stürzte hin. Ein
Herr, der große Summen verloren, hatte, am
Tische sitzend, einen Revolver gezogen und sich
durch einen Schuß in die rechte Schläfe getödtet.
Sofort wurde der Leichnam aus dem Saale ge-
schafft und -- das Spiel nahm seinen weiteren
Gang, als wäre nichts geschehen. Die Behörden
von Monte Carlo verweigern jede Auskunst über
den Selbstmörder.

(Eine theatralische Geschmacklosigkeit
ersten Ranges)

wird aus Montreux gemeldet:
Auf dem Marktplatz der Stadt hat zur Zeit eine
fahrende Schauspielertruppe ihr Zelt aufge-
schlagen und spielt ein Stück, das den Titel: "Der
Tod der Kaiserin" führt und das Attentat
Luccheni's behandelt. Dieß würde schon allein
genügen, um als Geschmacklosigkeit verdammt zu
werden, daß es aber gerade Schweizer sind, die
solches in ihrem Lande dulden, verstößt doch stark
gegen den politischen Anstand. Gibt es denn in
der Schweiz keine Straßenpolizei?

(Eine gemüthliche Grab-Inschrift)

hat
sich, wie die "Köln.-B.-Ztg," schreibt, der pen-
sionirte Lehrer Fr. Beck zu Altenstadt in Elsaß
ausgebeten, der im Alter von 85 Jahren starb
und unter allgemeiner Betheiligung der Gemeinde
Altenstadt und der pfälzischen Gemeinde Schweig-
hofen, wo er 50 Jahre gewirkt hatte, zu Grabe
getragen wurde. Seiner Familie gegenüber hatte
er geäußert, man möchte ihm sofern in ein
Grabstein errichtet werden sollte, folgende Inschrift
setzen:

Hier in dieser Eck'.
Da ruht Franz Josef Beck.
Er lehrte die Kinder das ABC:
R. I. P.



Alle Aerzte betrachten das natürliche Franz
Josef-Bitterwasser
als das einzige, angenehm
zu nehmende, salinische Abführmittel, das, in
kleinen Dosen genommen, absolut ficher, nach-
haltig auflösend wirkt. Auf zehn Weltausstellungen
mit goldenen Medaillen ausgezeichnet. Ueberall
erhältlich.




Telegramme
des "Mährischen Tagblattes."
(Vom Correspondenz-Bureau.)

Die "Agence
Havas" meldet aus Madrid: Kriegsminister
Correa läßt das Gerücht von einem Auf-
stande auf den Sulu-Inseln dementiren.

In politischen Kreisen wird eine Depesche
aus Gibraltar des Inhalts, daß im Laufe des
Monats 180 Kanonen neuen Modells eintrafen,
stark besprochen.

Mehrere Befehlshaber der Eskadre vor
Cavite wurden nach Madrid berufen, um
vor dem Obersten Kriegsgerichte auszusagen.

(Meldung des
Reuter'schen Bureaus.) Der hier gestern ver-
breiteten Nachricht, daß am Donnerstag auf den
Chusan-Inseln die britische Flagge gehißt worden
sei, wird kein Glauben beigemessen. Beim briti-
schen Consulate ist keine Bestätigung der Mel-
dung eingegangen. Wahrscheinlich entstand das
Gerücht dadurch, daß ein vom Vermessungsschiffe
"Waterwitch" aufgestelltes Signalzeichen irrthüm-
lich für eine Flagge gehalten wurde.

Stürme.

Ein heftiger Sturm
wüthete heute Nachts auf dem Luganer-See, wo-
durch die vor Anker liegenden Dampfer "Elvezia"
und "Milano" gegen das Ufer geworfen wurden.
Der Dampfer "Elvezia" sank nach einigen Mi-
nuten. Auf dem "Milano" arbeiten 4 Pumpen,
um dessen Sinken zu verhindern. Außerdem wur-
den zahlreiche kleine Fahrzeuge, welche festgemacht
waren, gegen das Ufer geschleudert und zerstört.
In der Stadt Lugano wurden mehrere Bäume
[Spaltenumbruch] entwurzelt, sonst jedoch kein erheblicher Schaden
angerichtet.

Genua, 27. November.

Ein heftiger See-
sturm zerstörte einen bedeutenden Theil des
Mauerwerkes des Leuchtthurms am äußersten Ende
des Hafendammes. Der Eisenbahnverkehr ist bei
Genua unterbrochen. Die am Meeresufer gele-
genen Baulichkeiten wurden erheblich beschädigt,
einige zerstört. Es fanden mehrere Schiffbrüche
statt, doch ist kein Verlust an Menschenleben zu
beklagen.

Ein heftiger
Sturm beschädigte stark den westlichen Hafendamm.
Mehrere Kinder wurden von den Wellen erfaßt
und ins Meer geschleudert. Fünf wurden geret-
tet. Auch auf dem Lande wurde größerer Scha-
den angerichtet.

Die Affaire Dreyfus-Picquart.

Eine plump erfun-
dene Journalmeldung besagt, der österreichische
Militär-Attache Schneider hätte seinerzeit
schriftlich geäußert, Schwarzkoppen und
Panizzardi könnten sich leicht famose Be-
richte liefern, "weil sie die Mitt[e]l haben, sich einen
Generalstabsofficier Namens Dreyfus zu lei-
sten". Schneider war zur kritischen Zeit noch nicht
in Paris. Gleichwohl betheuerte "Jaur", Schneiders
Brief befindet sich bei den Geheimacten. -- Die
Regierung wird der morgigen Kammersitzung
ihre Weigerung, die Militärjustiz zu beeinflußen,
motiviren. Sollte der Cassationshof die Picquart-
Acten verlangen, werde sie Militärjustiz will-
fahren. Picquart untersagte seinem Vertheidiger
Labori irgend einen Schritt zum Zwecke der Ver-
tagung zu unternehmen.

Im Namen der re-
publikanischen Gruppen des Senates begab sich
Senator Barbey zu einer Conferenz mit den
Ministern Dupuy, Freycinet und Lebret über die
Vertagung der Vorladung Picquarts
vor das Kriegsgericht. Dupuy theilte ihm
mit, daß er beschlossen habe, morgen in der
Kammer eine Interpellation über denselben
Gegenstand zu beantworten und bat, der Senat
möge die Antwort, die er morgen er-
theilen werde abwarten. Nachdem Senator
Barbey sich verabschiedet hatte, stellten die
genannten Minister den Sinn der Erklärungen
fest, die sie morgen in der Kammer abgeben
werden. Man glaubt, die Regierung werde
erklären, daß sie auf dem schon am ersten
Tage eingenommenen Standpunkte beharren
werde, den Entscheidungen der Gerichtshöfe Ach-
tung zu verschaffen und eine Theilung der Ge-
walten sicherzustellen. Die Regierung werde auf
diese Weise feststellen, daß es unmöglich sei, das
Zusammentreten des Kriegsgerichtes zu vertagen.

Die "Agence Havas"
bezeichnet das Gerücht, daß der Ministerrath für
heute einberufen worden sei, als unrichtig. Eine
vom Pariser Militärgouvernement herrührende
Note besagt: General Zurlinden dementirt in
formeller Weise die Insinnationen einiger Mor-
genblätter, als ob er sich bei seiner Entscheidung
in der Affaire Picquart nach vom Präsidenten
Faure erhaltenen Instructionen gerichtet hätte.
Zurlinden erhielt weder Instructionen noch An-
deutungen des Präsidenten oder der Regierung;
er beschränkte sich darauf, das Gesetz zur Anwen-
dung zu bringen und nur den Weisungen seines
Gewissens zu folgen.




Neueste Nachrichten.
Zur Situation.

Das Abgeord-
netenhaus
soll nach den bisherigen Dispo-
sitionen in dieser Woche nur am Dienstag eine
Plenarsitzung abhalten, um dann in seinen Ar-
beiten eine Pause bis zum 5. December ein-
treten zu lassen.

Die "Wiener Sonn-
und Montags-Zeitung" meldet: Die "Wiener
Zeitung" wird am Freitag die Auszeichnungen
publiciren, welche anläßlich des Regierungs-
Jubiläums des Monarchen zur Verleihung ge-
langen. Entgegen den bisherigen Nachrichten ver-
lautet bestimmt, daß die Mitglieder des Cabinets
weder eine Standeserhöhung erfahren noch Aus-
zeichnungen erhalten werden, da sie spontan
darauf verzichtet haben. Von Parlamentariern
werden nebst den Mitgliedern des Präsidiums nur
[Spaltenumbruch] die Obmänner der Clubs der Majoritätsparteien
und diejenigen Abgeordneten Ordensauszeichnun-
gen erhalten, welche in ihrer Heimat communale
Ehrenstellen bekleiden. Besorders hohe Auszeich-
nungen sollen dem Vernehmen nach der Obmann
des Polenclubs Ritter v. Jaworski und der ge-
wesene langjährige Ackerbauminister Graf Falken-
hayn sowie der Obmann der Gruppe des böh-
misch conservativen Großgrundbesitzes, Graf Palffy,
erhalten, ebenso soll dem Obmann des Jungtsche-
chenclubs Dr. En[g]el und dem gewesenen Präsidenten
des Abgeordnetenhauses und nunmehrigen Obmann
der katholisch[e]n Volkspartei Dr. Kathrein höhere
Orden verliehen werden. Mehrere deutsch-oppo-
sionelle Abgeordnete, denen Ordensauszeichnungen
für um ihre Heimatsgemeinden erworbene Ver-
dienste zugedacht waren, haben mit Rücksicht auf
die bestehenden innerpolitischen und parlamen-
tarischen Verhältnisse jedoch hierauf verzichtet.

Commers der Prager Rede- und
Lesehalle.

Der officielle Theil
des gestern anläßlich des fünfzigjährigen Bestehens
der Lese- und Redehalle deutscher Studenten in
Prag abgehaltenen Commerses verlief glänzend.
Abg. Funke, dessen Rede der landesfürstliche
Commissär zweimal unterbrach, wurde im Saale
des "Grand Hotels" herumgetragen. Nach
Schließung des officiellen Theils sangen die als
Gäste anwesenden reichsdeutschen Studenten das
Lied "Deutschland, Deutschland über Alles" nach
der Melodie der österreichischen Volkshymne. Der
landesfürstliche Commissär erklärte darauf das
weitere Beisammensein für unstatthaft und for-
derte zum Verlassen des Saales auf. Die reichs-
deutschen Studenten bedeuteten dem Commissär,
daß sie nicht wußten, jenes Lied sei nach der
Melodie der österreichischen Kaiserhymne verboten.
Der Saal leerte sich langsam, ohne daß die
Sicherheiswache einschritt.

Protestmeeting in Brünn.

Im tschechischen
Vereinshause fand heute eine große Protest-
versammlung
wegen der Beschlüsse des Ge-
meinderathes vom vorigen Sonntag in Angelegen-
heit der Errichtung einer tschechischen
Technik
statt. Abends erfolgte eine große
Demonstration, bei welcher sieben Verhaftungen
vorgenommen wurden.

Telephonische Nachrichten des "Mähr.
Tagblattes."

Wie verlautet, wird
anläßlich des Kaiser-Jubiläums der Prä-
sident der Brünner Handelskammer, Ritter von
Gomperz, in den Freiherrnstand erhoben
werden.

In der Affaire des
angeblichen Briefes des Abg. Carl Hermann
Wolf an den ungarischen Landesvertheidigungs-
minister wird gemeldet, daß F. M. Lt. Prinz
Lobkowitz und F. M. Lt. Graf Uexküll-
Gyllenband,
welchen dieser Brief zur Ver-
fügung gestellt wurde, im Vereine mit dem
Kriegsminister auf Grund sorgfältiger Erhebun-
gen constatirten, daß dieses Schreiben vollständig
apokryph und als eine anonyme Mystification
zu betrachten sei. Ueber diese Sache wurde ein
Protokoll aufgenommen.

Auf der Tagesordnung
der morgen stattfindenden Sitzung des Abgeord-
netenhauses stehen 7 Gegenstände, darunter das
Dienergesetz und der Handelsvertrag mit Japan.

Die Affaire Dreyfus.

Madame Dreyfus
erhielt von ihrem Gatten folgende Depesche:
"Ich freue mich mit Euch Allen.
Mein moralisches und physisches
Befinden ist ein gut es."

Esterhazy be-
findet sich unter falschem Namen in Amsterdam.
Gegenüber der Erklärung Zurlinden's, daß
er von Niemandem Instructionen betreffend die
Affaire Dreyfus erhalten habe, behauptet das
Journal "Rappel," Zurlinden sei seit Beginn
der Affaire Picquart ununterbrochen in Bezie-
hungen zu Cavaignac, Deroulede und Paty de
Clam gestanden. Dasselbe Blatt theilt ferner mit,
daß Zurlinden die Anklage gegen Oberst
Picquart in dem Punkte betreffend die Mit-

[Spaltenumbruch] ſind bei dem zuſtändigen Landwehr- (Landes-
ſchützen-) Ergänzungsbezirkscommando zu über-
reichen, welches dieſelben dem vorgeſetzten Land-
wehr-Territorialcommando vorzulegen haben wird.

(Selbſtmord am Roulettetiſch.)

Dienſtag
Nachts ereignete ſich, wie der „Daily Telegraph“
berichtet, in Monte Cailo ein tragiſcher Zwiſchen-
fall. Die Räume des Caſinos waren dicht ge-
füllt, das Spiel nahm ſeinen gewöhnlichen Gang,
als plötzlich von einem Roulettetiſch her eine
Schußdetonation ertönte. Alles ſtürzte hin. Ein
Herr, der große Summen verloren, hatte, am
Tiſche ſitzend, einen Revolver gezogen und ſich
durch einen Schuß in die rechte Schläfe getödtet.
Sofort wurde der Leichnam aus dem Saale ge-
ſchafft und — das Spiel nahm ſeinen weiteren
Gang, als wäre nichts geſchehen. Die Behörden
von Monte Carlo verweigern jede Auskunſt über
den Selbſtmörder.

(Eine theatraliſche Geſchmackloſigkeit
erſten Ranges)

wird aus Montreux gemeldet:
Auf dem Marktplatz der Stadt hat zur Zeit eine
fahrende Schauſpielertruppe ihr Zelt aufge-
ſchlagen und ſpielt ein Stück, das den Titel: „Der
Tod der Kaiſerin“ führt und das Attentat
Luccheni’s behandelt. Dieß würde ſchon allein
genügen, um als Geſchmackloſigkeit verdammt zu
werden, daß es aber gerade Schweizer ſind, die
ſolches in ihrem Lande dulden, verſtößt doch ſtark
gegen den politiſchen Anſtand. Gibt es denn in
der Schweiz keine Straßenpolizei?

(Eine gemüthliche Grab-Inſchrift)

hat
ſich, wie die „Köln.-B.-Ztg,“ ſchreibt, der pen-
ſionirte Lehrer Fr. Beck zu Altenſtadt in Elſaß
ausgebeten, der im Alter von 85 Jahren ſtarb
und unter allgemeiner Betheiligung der Gemeinde
Altenſtadt und der pfälziſchen Gemeinde Schweig-
hofen, wo er 50 Jahre gewirkt hatte, zu Grabe
getragen wurde. Seiner Familie gegenüber hatte
er geäußert, man möchte ihm ſofern in ein
Grabſtein errichtet werden ſollte, folgende Inſchrift
ſetzen:

Hier in dieſer Eck’.
Da ruht Franz Joſef Beck.
Er lehrte die Kinder das ABC:
R. I. P.



Alle Aerzte betrachten das natürliche Franz
Joſef-Bitterwaſſer
als das einzige, angenehm
zu nehmende, ſaliniſche Abführmittel, das, in
kleinen Doſen genommen, abſolut ficher, nach-
haltig auflöſend wirkt. Auf zehn Weltausſtellungen
mit goldenen Medaillen ausgezeichnet. Ueberall
erhältlich.




Telegramme
des „Mähriſchen Tagblattes.“
(Vom Correſpondenz-Bureau.)

Die „Agence
Havas“ meldet aus Madrid: Kriegsminiſter
Correa läßt das Gerücht von einem Auf-
ſtande auf den Sulu-Inſeln dementiren.

In politiſchen Kreiſen wird eine Depeſche
aus Gibraltar des Inhalts, daß im Laufe des
Monats 180 Kanonen neuen Modells eintrafen,
ſtark beſprochen.

Mehrere Befehlshaber der Eskadre vor
Cavite wurden nach Madrid berufen, um
vor dem Oberſten Kriegsgerichte auszuſagen.

(Meldung des
Reuter’ſchen Bureaus.) Der hier geſtern ver-
breiteten Nachricht, daß am Donnerſtag auf den
Chuſan-Inſeln die britiſche Flagge gehißt worden
ſei, wird kein Glauben beigemeſſen. Beim briti-
ſchen Conſulate iſt keine Beſtätigung der Mel-
dung eingegangen. Wahrſcheinlich entſtand das
Gerücht dadurch, daß ein vom Vermeſſungsſchiffe
„Waterwitch“ aufgeſtelltes Signalzeichen irrthüm-
lich für eine Flagge gehalten wurde.

Stürme.

Ein heftiger Sturm
wüthete heute Nachts auf dem Luganer-See, wo-
durch die vor Anker liegenden Dampfer „Elvezia“
und „Milano“ gegen das Ufer geworfen wurden.
Der Dampfer „Elvezia“ ſank nach einigen Mi-
nuten. Auf dem „Milano“ arbeiten 4 Pumpen,
um deſſen Sinken zu verhindern. Außerdem wur-
den zahlreiche kleine Fahrzeuge, welche feſtgemacht
waren, gegen das Ufer geſchleudert und zerſtört.
In der Stadt Lugano wurden mehrere Bäume
[Spaltenumbruch] entwurzelt, ſonſt jedoch kein erheblicher Schaden
angerichtet.

Genua, 27. November.

Ein heftiger See-
ſturm zerſtörte einen bedeutenden Theil des
Mauerwerkes des Leuchtthurms am äußerſten Ende
des Hafendammes. Der Eiſenbahnverkehr iſt bei
Genua unterbrochen. Die am Meeresufer gele-
genen Baulichkeiten wurden erheblich beſchädigt,
einige zerſtört. Es fanden mehrere Schiffbrüche
ſtatt, doch iſt kein Verluſt an Menſchenleben zu
beklagen.

Ein heftiger
Sturm beſchädigte ſtark den weſtlichen Hafendamm.
Mehrere Kinder wurden von den Wellen erfaßt
und ins Meer geſchleudert. Fünf wurden geret-
tet. Auch auf dem Lande wurde größerer Scha-
den angerichtet.

Die Affaire Dreyfus-Picquart.

Eine plump erfun-
dene Journalmeldung beſagt, der öſterreichiſche
Militär-Attaché Schneider hätte ſeinerzeit
ſchriftlich geäußert, Schwarzkoppen und
Panizzardi könnten ſich leicht famoſe Be-
richte liefern, „weil ſie die Mitt[e]l haben, ſich einen
Generalſtabsofficier Namens Dreyfus zu lei-
ſten“. Schneider war zur kritiſchen Zeit noch nicht
in Paris. Gleichwohl betheuerte „Jaur“, Schneiders
Brief befindet ſich bei den Geheimacten. — Die
Regierung wird der morgigen Kammerſitzung
ihre Weigerung, die Militärjuſtiz zu beeinflußen,
motiviren. Sollte der Caſſationshof die Picquart-
Acten verlangen, werde ſie Militärjuſtiz will-
fahren. Picquart unterſagte ſeinem Vertheidiger
Labori irgend einen Schritt zum Zwecke der Ver-
tagung zu unternehmen.

Im Namen der re-
publikaniſchen Gruppen des Senates begab ſich
Senator Barbey zu einer Conferenz mit den
Miniſtern Dupuy, Freycinet und Lebret über die
Vertagung der Vorladung Picquarts
vor das Kriegsgericht. Dupuy theilte ihm
mit, daß er beſchloſſen habe, morgen in der
Kammer eine Interpellation über denſelben
Gegenſtand zu beantworten und bat, der Senat
möge die Antwort, die er morgen er-
theilen werde abwarten. Nachdem Senator
Barbey ſich verabſchiedet hatte, ſtellten die
genannten Miniſter den Sinn der Erklärungen
feſt, die ſie morgen in der Kammer abgeben
werden. Man glaubt, die Regierung werde
erklären, daß ſie auf dem ſchon am erſten
Tage eingenommenen Standpunkte beharren
werde, den Entſcheidungen der Gerichtshöfe Ach-
tung zu verſchaffen und eine Theilung der Ge-
walten ſicherzuſtellen. Die Regierung werde auf
dieſe Weiſe feſtſtellen, daß es unmöglich ſei, das
Zuſammentreten des Kriegsgerichtes zu vertagen.

Die „Agence Havas“
bezeichnet das Gerücht, daß der Miniſterrath für
heute einberufen worden ſei, als unrichtig. Eine
vom Pariſer Militärgouvernement herrührende
Note beſagt: General Zurlinden dementirt in
formeller Weiſe die Inſinnationen einiger Mor-
genblätter, als ob er ſich bei ſeiner Entſcheidung
in der Affaire Picquart nach vom Präſidenten
Faure erhaltenen Inſtructionen gerichtet hätte.
Zurlinden erhielt weder Inſtructionen noch An-
deutungen des Präſidenten oder der Regierung;
er beſchränkte ſich darauf, das Geſetz zur Anwen-
dung zu bringen und nur den Weiſungen ſeines
Gewiſſens zu folgen.




Neueſte Nachrichten.
Zur Situation.

Das Abgeord-
netenhaus
ſoll nach den bisherigen Dispo-
ſitionen in dieſer Woche nur am Dienſtag eine
Plenarſitzung abhalten, um dann in ſeinen Ar-
beiten eine Pauſe bis zum 5. December ein-
treten zu laſſen.

Die „Wiener Sonn-
und Montags-Zeitung“ meldet: Die „Wiener
Zeitung“ wird am Freitag die Auszeichnungen
publiciren, welche anläßlich des Regierungs-
Jubiläums des Monarchen zur Verleihung ge-
langen. Entgegen den bisherigen Nachrichten ver-
lautet beſtimmt, daß die Mitglieder des Cabinets
weder eine Standeserhöhung erfahren noch Aus-
zeichnungen erhalten werden, da ſie ſpontan
darauf verzichtet haben. Von Parlamentariern
werden nebſt den Mitgliedern des Präſidiums nur
[Spaltenumbruch] die Obmänner der Clubs der Majoritätsparteien
und diejenigen Abgeordneten Ordensauszeichnun-
gen erhalten, welche in ihrer Heimat communale
Ehrenſtellen bekleiden. Beſorders hohe Auszeich-
nungen ſollen dem Vernehmen nach der Obmann
des Polenclubs Ritter v. Jaworski und der ge-
weſene langjährige Ackerbauminiſter Graf Falken-
hayn ſowie der Obmann der Gruppe des böh-
miſch conſervativen Großgrundbeſitzes, Graf Palffy,
erhalten, ebenſo ſoll dem Obmann des Jungtſche-
chenclubs Dr. En[g]el und dem geweſenen Präſidenten
des Abgeordnetenhauſes und nunmehrigen Obmann
der katholiſch[e]n Volkspartei Dr. Kathrein höhere
Orden verliehen werden. Mehrere deutſch-oppo-
ſionelle Abgeordnete, denen Ordensauszeichnungen
für um ihre Heimatsgemeinden erworbene Ver-
dienſte zugedacht waren, haben mit Rückſicht auf
die beſtehenden innerpolitiſchen und parlamen-
tariſchen Verhältniſſe jedoch hierauf verzichtet.

Commers der Prager Rede- und
Leſehalle.

Der officielle Theil
des geſtern anläßlich des fünfzigjährigen Beſtehens
der Leſe- und Redehalle deutſcher Studenten in
Prag abgehaltenen Commerſes verlief glänzend.
Abg. Funke, deſſen Rede der landesfürſtliche
Commiſſär zweimal unterbrach, wurde im Saale
des „Grand Hotels“ herumgetragen. Nach
Schließung des officiellen Theils ſangen die als
Gäſte anweſenden reichsdeutſchen Studenten das
Lied „Deutſchland, Deutſchland über Alles“ nach
der Melodie der öſterreichiſchen Volkshymne. Der
landesfürſtliche Commiſſär erklärte darauf das
weitere Beiſammenſein für unſtatthaft und for-
derte zum Verlaſſen des Saales auf. Die reichs-
deutſchen Studenten bedeuteten dem Commiſſär,
daß ſie nicht wußten, jenes Lied ſei nach der
Melodie der öſterreichiſchen Kaiſerhymne verboten.
Der Saal leerte ſich langſam, ohne daß die
Sicherheiswache einſchritt.

Proteſtmeeting in Brünn.

Im tſchechiſchen
Vereinshauſe fand heute eine große Proteſt-
verſammlung
wegen der Beſchlüſſe des Ge-
meinderathes vom vorigen Sonntag in Angelegen-
heit der Errichtung einer tſchechiſchen
Technik
ſtatt. Abends erfolgte eine große
Demonſtration, bei welcher ſieben Verhaftungen
vorgenommen wurden.

Telephoniſche Nachrichten des „Mähr.
Tagblattes.“

Wie verlautet, wird
anläßlich des Kaiſer-Jubiläums der Prä-
ſident der Brünner Handelskammer, Ritter von
Gomperz, in den Freiherrnſtand erhoben
werden.

In der Affaire des
angeblichen Briefes des Abg. Carl Hermann
Wolf an den ungariſchen Landesvertheidigungs-
miniſter wird gemeldet, daß F. M. Lt. Prinz
Lobkowitz und F. M. Lt. Graf Uexküll-
Gyllenband,
welchen dieſer Brief zur Ver-
fügung geſtellt wurde, im Vereine mit dem
Kriegsminiſter auf Grund ſorgfältiger Erhebun-
gen conſtatirten, daß dieſes Schreiben vollſtändig
apokryph und als eine anonyme Myſtification
zu betrachten ſei. Ueber dieſe Sache wurde ein
Protokoll aufgenommen.

Auf der Tagesordnung
der morgen ſtattfindenden Sitzung des Abgeord-
netenhauſes ſtehen 7 Gegenſtände, darunter das
Dienergeſetz und der Handelsvertrag mit Japan.

Die Affaire Dreyfus.

Madame Dreyfus
erhielt von ihrem Gatten folgende Depeſche:
„Ich freue mich mit Euch Allen.
Mein moraliſches und phyſiſches
Befinden iſt ein gut es.“

Eſterhazy be-
findet ſich unter falſchem Namen in Amſterdam.
Gegenüber der Erklärung Zurlinden’s, daß
er von Niemandem Inſtructionen betreffend die
Affaire Dreyfus erhalten habe, behauptet das
Journal „Rappel,“ Zurlinden ſei ſeit Beginn
der Affaire Picquart ununterbrochen in Bezie-
hungen zu Cavaignac, Déroulede und Paty de
Clam geſtanden. Dasſelbe Blatt theilt ferner mit,
daß Zurlinden die Anklage gegen Oberſt
Picquart in dem Punkte betreffend die Mit-

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[[6]/0006] ſind bei dem zuſtändigen Landwehr- (Landes- ſchützen-) Ergänzungsbezirkscommando zu über- reichen, welches dieſelben dem vorgeſetzten Land- wehr-Territorialcommando vorzulegen haben wird. (Selbſtmord am Roulettetiſch.) Dienſtag Nachts ereignete ſich, wie der „Daily Telegraph“ berichtet, in Monte Cailo ein tragiſcher Zwiſchen- fall. Die Räume des Caſinos waren dicht ge- füllt, das Spiel nahm ſeinen gewöhnlichen Gang, als plötzlich von einem Roulettetiſch her eine Schußdetonation ertönte. Alles ſtürzte hin. Ein Herr, der große Summen verloren, hatte, am Tiſche ſitzend, einen Revolver gezogen und ſich durch einen Schuß in die rechte Schläfe getödtet. Sofort wurde der Leichnam aus dem Saale ge- ſchafft und — das Spiel nahm ſeinen weiteren Gang, als wäre nichts geſchehen. Die Behörden von Monte Carlo verweigern jede Auskunſt über den Selbſtmörder. (Eine theatraliſche Geſchmackloſigkeit erſten Ranges) wird aus Montreux gemeldet: Auf dem Marktplatz der Stadt hat zur Zeit eine fahrende Schauſpielertruppe ihr Zelt aufge- ſchlagen und ſpielt ein Stück, das den Titel: „Der Tod der Kaiſerin“ führt und das Attentat Luccheni’s behandelt. Dieß würde ſchon allein genügen, um als Geſchmackloſigkeit verdammt zu werden, daß es aber gerade Schweizer ſind, die ſolches in ihrem Lande dulden, verſtößt doch ſtark gegen den politiſchen Anſtand. Gibt es denn in der Schweiz keine Straßenpolizei? (Eine gemüthliche Grab-Inſchrift) hat ſich, wie die „Köln.-B.-Ztg,“ ſchreibt, der pen- ſionirte Lehrer Fr. Beck zu Altenſtadt in Elſaß ausgebeten, der im Alter von 85 Jahren ſtarb und unter allgemeiner Betheiligung der Gemeinde Altenſtadt und der pfälziſchen Gemeinde Schweig- hofen, wo er 50 Jahre gewirkt hatte, zu Grabe getragen wurde. Seiner Familie gegenüber hatte er geäußert, man möchte ihm ſofern in ein Grabſtein errichtet werden ſollte, folgende Inſchrift ſetzen: Hier in dieſer Eck’. Da ruht Franz Joſef Beck. Er lehrte die Kinder das ABC: R. I. P. Alle Aerzte betrachten das natürliche Franz Joſef-Bitterwaſſer als das einzige, angenehm zu nehmende, ſaliniſche Abführmittel, das, in kleinen Doſen genommen, abſolut ficher, nach- haltig auflöſend wirkt. Auf zehn Weltausſtellungen mit goldenen Medaillen ausgezeichnet. Ueberall erhältlich. Telegramme des „Mähriſchen Tagblattes.“ (Vom Correſpondenz-Bureau.) Paris, 27. Movembember. Die „Agence Havas“ meldet aus Madrid: Kriegsminiſter Correa läßt das Gerücht von einem Auf- ſtande auf den Sulu-Inſeln dementiren. In politiſchen Kreiſen wird eine Depeſche aus Gibraltar des Inhalts, daß im Laufe des Monats 180 Kanonen neuen Modells eintrafen, ſtark beſprochen. Mehrere Befehlshaber der Eskadre vor Cavite wurden nach Madrid berufen, um vor dem Oberſten Kriegsgerichte auszuſagen. Shanghai, 27. November. (Meldung des Reuter’ſchen Bureaus.) Der hier geſtern ver- breiteten Nachricht, daß am Donnerſtag auf den Chuſan-Inſeln die britiſche Flagge gehißt worden ſei, wird kein Glauben beigemeſſen. Beim briti- ſchen Conſulate iſt keine Beſtätigung der Mel- dung eingegangen. Wahrſcheinlich entſtand das Gerücht dadurch, daß ein vom Vermeſſungsſchiffe „Waterwitch“ aufgeſtelltes Signalzeichen irrthüm- lich für eine Flagge gehalten wurde. Stürme. Lugano, 27. Novbr. Ein heftiger Sturm wüthete heute Nachts auf dem Luganer-See, wo- durch die vor Anker liegenden Dampfer „Elvezia“ und „Milano“ gegen das Ufer geworfen wurden. Der Dampfer „Elvezia“ ſank nach einigen Mi- nuten. Auf dem „Milano“ arbeiten 4 Pumpen, um deſſen Sinken zu verhindern. Außerdem wur- den zahlreiche kleine Fahrzeuge, welche feſtgemacht waren, gegen das Ufer geſchleudert und zerſtört. In der Stadt Lugano wurden mehrere Bäume entwurzelt, ſonſt jedoch kein erheblicher Schaden angerichtet. Genua, 27. November. Ein heftiger See- ſturm zerſtörte einen bedeutenden Theil des Mauerwerkes des Leuchtthurms am äußerſten Ende des Hafendammes. Der Eiſenbahnverkehr iſt bei Genua unterbrochen. Die am Meeresufer gele- genen Baulichkeiten wurden erheblich beſchädigt, einige zerſtört. Es fanden mehrere Schiffbrüche ſtatt, doch iſt kein Verluſt an Menſchenleben zu beklagen. Sau Remo, 27. November. Ein heftiger Sturm beſchädigte ſtark den weſtlichen Hafendamm. Mehrere Kinder wurden von den Wellen erfaßt und ins Meer geſchleudert. Fünf wurden geret- tet. Auch auf dem Lande wurde größerer Scha- den angerichtet. Die Affaire Dreyfus-Picquart. Paris, 27. November. Eine plump erfun- dene Journalmeldung beſagt, der öſterreichiſche Militär-Attaché Schneider hätte ſeinerzeit ſchriftlich geäußert, Schwarzkoppen und Panizzardi könnten ſich leicht famoſe Be- richte liefern, „weil ſie die Mittel haben, ſich einen Generalſtabsofficier Namens Dreyfus zu lei- ſten“. Schneider war zur kritiſchen Zeit noch nicht in Paris. Gleichwohl betheuerte „Jaur“, Schneiders Brief befindet ſich bei den Geheimacten. — Die Regierung wird der morgigen Kammerſitzung ihre Weigerung, die Militärjuſtiz zu beeinflußen, motiviren. Sollte der Caſſationshof die Picquart- Acten verlangen, werde ſie Militärjuſtiz will- fahren. Picquart unterſagte ſeinem Vertheidiger Labori irgend einen Schritt zum Zwecke der Ver- tagung zu unternehmen. Paris, 27. November. Im Namen der re- publikaniſchen Gruppen des Senates begab ſich Senator Barbey zu einer Conferenz mit den Miniſtern Dupuy, Freycinet und Lebret über die Vertagung der Vorladung Picquarts vor das Kriegsgericht. Dupuy theilte ihm mit, daß er beſchloſſen habe, morgen in der Kammer eine Interpellation über denſelben Gegenſtand zu beantworten und bat, der Senat möge die Antwort, die er morgen er- theilen werde abwarten. Nachdem Senator Barbey ſich verabſchiedet hatte, ſtellten die genannten Miniſter den Sinn der Erklärungen feſt, die ſie morgen in der Kammer abgeben werden. Man glaubt, die Regierung werde erklären, daß ſie auf dem ſchon am erſten Tage eingenommenen Standpunkte beharren werde, den Entſcheidungen der Gerichtshöfe Ach- tung zu verſchaffen und eine Theilung der Ge- walten ſicherzuſtellen. Die Regierung werde auf dieſe Weiſe feſtſtellen, daß es unmöglich ſei, das Zuſammentreten des Kriegsgerichtes zu vertagen. Paris, 27. November. Die „Agence Havas“ bezeichnet das Gerücht, daß der Miniſterrath für heute einberufen worden ſei, als unrichtig. Eine vom Pariſer Militärgouvernement herrührende Note beſagt: General Zurlinden dementirt in formeller Weiſe die Inſinnationen einiger Mor- genblätter, als ob er ſich bei ſeiner Entſcheidung in der Affaire Picquart nach vom Präſidenten Faure erhaltenen Inſtructionen gerichtet hätte. Zurlinden erhielt weder Inſtructionen noch An- deutungen des Präſidenten oder der Regierung; er beſchränkte ſich darauf, das Geſetz zur Anwen- dung zu bringen und nur den Weiſungen ſeines Gewiſſens zu folgen. Neueſte Nachrichten. Zur Situation. Wien, 27. November. Das Abgeord- netenhaus ſoll nach den bisherigen Dispo- ſitionen in dieſer Woche nur am Dienſtag eine Plenarſitzung abhalten, um dann in ſeinen Ar- beiten eine Pauſe bis zum 5. December ein- treten zu laſſen. Wien, 27. November. Die „Wiener Sonn- und Montags-Zeitung“ meldet: Die „Wiener Zeitung“ wird am Freitag die Auszeichnungen publiciren, welche anläßlich des Regierungs- Jubiläums des Monarchen zur Verleihung ge- langen. Entgegen den bisherigen Nachrichten ver- lautet beſtimmt, daß die Mitglieder des Cabinets weder eine Standeserhöhung erfahren noch Aus- zeichnungen erhalten werden, da ſie ſpontan darauf verzichtet haben. Von Parlamentariern werden nebſt den Mitgliedern des Präſidiums nur die Obmänner der Clubs der Majoritätsparteien und diejenigen Abgeordneten Ordensauszeichnun- gen erhalten, welche in ihrer Heimat communale Ehrenſtellen bekleiden. Beſorders hohe Auszeich- nungen ſollen dem Vernehmen nach der Obmann des Polenclubs Ritter v. Jaworski und der ge- weſene langjährige Ackerbauminiſter Graf Falken- hayn ſowie der Obmann der Gruppe des böh- miſch conſervativen Großgrundbeſitzes, Graf Palffy, erhalten, ebenſo ſoll dem Obmann des Jungtſche- chenclubs Dr. Engel und dem geweſenen Präſidenten des Abgeordnetenhauſes und nunmehrigen Obmann der katholiſchen Volkspartei Dr. Kathrein höhere Orden verliehen werden. Mehrere deutſch-oppo- ſionelle Abgeordnete, denen Ordensauszeichnungen für um ihre Heimatsgemeinden erworbene Ver- dienſte zugedacht waren, haben mit Rückſicht auf die beſtehenden innerpolitiſchen und parlamen- tariſchen Verhältniſſe jedoch hierauf verzichtet. Commers der Prager Rede- und Leſehalle. Prag, 27. November. Der officielle Theil des geſtern anläßlich des fünfzigjährigen Beſtehens der Leſe- und Redehalle deutſcher Studenten in Prag abgehaltenen Commerſes verlief glänzend. Abg. Funke, deſſen Rede der landesfürſtliche Commiſſär zweimal unterbrach, wurde im Saale des „Grand Hotels“ herumgetragen. Nach Schließung des officiellen Theils ſangen die als Gäſte anweſenden reichsdeutſchen Studenten das Lied „Deutſchland, Deutſchland über Alles“ nach der Melodie der öſterreichiſchen Volkshymne. Der landesfürſtliche Commiſſär erklärte darauf das weitere Beiſammenſein für unſtatthaft und for- derte zum Verlaſſen des Saales auf. Die reichs- deutſchen Studenten bedeuteten dem Commiſſär, daß ſie nicht wußten, jenes Lied ſei nach der Melodie der öſterreichiſchen Kaiſerhymne verboten. Der Saal leerte ſich langſam, ohne daß die Sicherheiswache einſchritt. Proteſtmeeting in Brünn. Brünn, 27 November. Im tſchechiſchen Vereinshauſe fand heute eine große Proteſt- verſammlung wegen der Beſchlüſſe des Ge- meinderathes vom vorigen Sonntag in Angelegen- heit der Errichtung einer tſchechiſchen Technik ſtatt. Abends erfolgte eine große Demonſtration, bei welcher ſieben Verhaftungen vorgenommen wurden. Telephoniſche Nachrichten des „Mähr. Tagblattes.“ Wien, 28. November. Wie verlautet, wird anläßlich des Kaiſer-Jubiläums der Prä- ſident der Brünner Handelskammer, Ritter von Gomperz, in den Freiherrnſtand erhoben werden. Wien, 28. November. In der Affaire des angeblichen Briefes des Abg. Carl Hermann Wolf an den ungariſchen Landesvertheidigungs- miniſter wird gemeldet, daß F. M. Lt. Prinz Lobkowitz und F. M. Lt. Graf Uexküll- Gyllenband, welchen dieſer Brief zur Ver- fügung geſtellt wurde, im Vereine mit dem Kriegsminiſter auf Grund ſorgfältiger Erhebun- gen conſtatirten, daß dieſes Schreiben vollſtändig apokryph und als eine anonyme Myſtification zu betrachten ſei. Ueber dieſe Sache wurde ein Protokoll aufgenommen. Wien, 28. Novbr. Auf der Tagesordnung der morgen ſtattfindenden Sitzung des Abgeord- netenhauſes ſtehen 7 Gegenſtände, darunter das Dienergeſetz und der Handelsvertrag mit Japan. Die Affaire Dreyfus. Paris, 28. November. Madame Dreyfus erhielt von ihrem Gatten folgende Depeſche: „Ich freue mich mit Euch Allen. Mein moraliſches und phyſiſches Befinden iſt ein gut es.“ Paris, 28. November. Eſterhazy be- findet ſich unter falſchem Namen in Amſterdam. Gegenüber der Erklärung Zurlinden’s, daß er von Niemandem Inſtructionen betreffend die Affaire Dreyfus erhalten habe, behauptet das Journal „Rappel,“ Zurlinden ſei ſeit Beginn der Affaire Picquart ununterbrochen in Bezie- hungen zu Cavaignac, Déroulede und Paty de Clam geſtanden. Dasſelbe Blatt theilt ferner mit, daß Zurlinden die Anklage gegen Oberſt Picquart in dem Punkte betreffend die Mit-

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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 271, Olmütz, 28.11.1898, S. [6]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches271_1898/6>, abgerufen am 28.03.2024.