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Mährisches Tagblatt. Nr. 204, Olmütz, 06.09.1895.

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[Spaltenumbruch] Königgrätz, Lichtenwald, Lieben, Mähr.-Budwitz,
Puteletz, Köscha und Stecken zur Erledigung.




Vom Tage.
(Auf Schloß Bernstorff bei Kopenhagen)

ist jetzt wieder der Kreis fürstlicher Gäste, die
alljährlich das dänische Herrscherpaar umgeben,
sehr zahlreich. Es weilen gegenwärtig dort: die
Kaiserin-Witwe von Rußland, der König und
die Königin von Griechenland, der Prinz und
die Prinzessin Waldemar, die Prinzessin von
Wales und ihre Töchter Victoria von Maud,
der Großfürst-Thronfolger, die Großfürstin Xenia,
Großfürst Michael, Großfürstin Olga, die Prin-
zen Georg und Andreas von Griechenland und
Prinz Hans von Glücksburg. In Kurzem wird
auch die Herzogin von Cumberland erwartet.
Die illustre Gesellschaft wird bis Ende nächsten
Monats zusammenbleiben, da die Hochzeit der
Prinzessin Louise von Dänemark und des Prin-
zen Friedrich von Schaumburg-Lippe zu dieser
Zeit in Kopenhagen stattfindet.

(Eine schwer heimgesuchte Stadt.)

In
der Nacht des 2. September wurde das kleine
Städtchen Lauterbach, bei Karlsbad gelegen,
von einem schweren Brandunglücke heimgesucht.
Dreißig Häuser fielen den Flammen zum Raube,
fünfzig Familien sind heute obdachlos. Der
Schaden ist vom Bürgermeisteramte auf 70 000 fl.
geschätzt, denen eine geringe Entschädigung gegen-
übersteht, da viele Häusler gar nicht versichert
waren. Viele konnten bei dem ungeheuer raschen
Umsichgreifen der Flammen nur das nackte Leben
retten. Die Frucht mühsamer Sommerarbeit, das
eingefechste Heu, welches ihren ganzen Reichthum,
ihr weniges Vieh erhalten sollte, ist vernichtet.
Eine Industrie fehlt gänzlich, und so sehen
die armen Leute, den ohnehin ärmlichen und
engen Ort übervölkernd, mit Schrecken dem
Winter entgegen, der die Gebirgsgegend
oft so bald überfällt. Sie wenden sich
an edle Menschenfreunde, ihre Noth zu lin-
dern und es ihnen zu ermöglichen, wieder eine
Stätte für ihre Familien zu gründen. Milde
Spenden nimmt das Bürgermeister-Amt Lauter-
bach bei Karlsbad entgegen.

(Zum Attentat auf den Baron Rothschild.)

Baron Eduard Rothschild, der in Kopenhagen
weilt, erklärte einem Interwiever gegenüber, das
Attentat gegen seinen Bruder Alphons sei
nicht anarchistischer Natur gewesen, sondern der
Attentäter sei entweder ein unglücklicher Börsen-
spieler oder ein abgewiesener Supplicant.

(Ein Hauseinsturz.)

Wie aus Fünfkirchen
berichtet wird, ist dort das im Umbau begriffene
Haus des Advocaten Dr. Michael Kereki in der
Franziskanergasse eingestürzt und begrub vierund-
dreißig Arbeiter unter seinen Trümmern. Bei
den Räumungsarbeiten konnten bisher im Gan-
zen vier Leichen geborgen werden. Auf dem Schau-
platze der Catastrophe spielten sich erschütternde
Scenen ab.

(Ein weit verbreiteter Irrthum ist es),

anzunehmen, daß Liebig's Fleischextract nur mit
Wasser gelöst, in der Form von Bouillon oder
Sauce zu genießen sei. Seine nervenanregende
und kräftigende Wirkung übt es auch ungelöst
in fast gleicher Weise. Malern, die lange Zeit
im Freien arbeiten, ohne sich ein warmes Mit-
tagsmahl verschaffen zu können, Reisenden, die
große Fahrstrecken hintereinander zurückzulegen
haben, ist deshalb nichts Besseres anzurathen,
als in einem der bekannten Töpfchen eine kleine
Quantität von Liebig's Fleischextract mit sich zu
führen. Eine Messerspitze voll Extract auf
Butterbrod gestrichen oder ohne weiteren Zusatz
verschluckt, genügt, um die Kräfte auf Stunden
hinaus zu beleben.

(Der Streit um den Verlobungsring.)

Vor dem Richter in Sheffield spielte sich, wie
man der "Frankf. Ztg." schreibt, dieser Tage
folgender Fall ab: Ein hübsches junges Mädchen
Namens Nellie Schmeltzer hatte ihren ehemaligen
Bräutigam vor Gericht angeklagt, ihren Diamant-
ring gestohlen zu haben. Da dieser Ring ihr
von dem Angeklagten, dem Handelsbeflissenen
Isaak Friend, selbst als Brautgeschenk gegeben
worden war, hatte der Richter die heikle recht-
liche Frage zu entscheiden, ob der Bräutigam
dazu berechtigt ist, den Brautring nach Aufhebung
der Verlohung zurückzufordern; denn daß Miß
Nellie gewillt war, ihren Liebhaber fahren zu
[Spaltenumbruch] lassen, aber den werthvollen Ring zu behalten,
gab sie vor Gericht selbst zu. Wie dieser Gegen-
stand wieder seinen Weg in die Tasche des schmach-
tenden Jünglings gefunden, darüber gab jede
Partei eine andere Version ab. Miß Schmeltzer
erzählte, daß ihr Anbeter, über Geldstreitigkeiten
mit ihrem Vater erzürnt, sich wieder in den Besitz
des Juwels zu setzen suchte. Während eines
Spazierganges im Norsolk-Park äußerte er
wie zufällig, daß sie das Symbol seiner selbstlo-
sen Liebe am unrichtigen Finger trage. Arglos
zog Miß Schmeltzer den Ring ab, worauf ihr
verrätherischer Geliebter seinen Vortheil wahr-
nahm, ihr den Ring aus der Hand riß und
fortrannte. In der Folge benachrichtigte er die
trostlose Nellie, daß er den Ring behalten werde,
bis ihr Vater ihm die Auszahlung von -- 400 M.
"Verlobungskosten" verspreche! Der junge Friend
dagegen behauptete, seine Braut habe gegen sei-
nen Willen verschiedene Bälle besucht und auch
sonst sich kühl ihm gegenüber benommen, worauf
er ihr ihr Betragen vorgehalten habe. Sie habe
dann den bewußten Ring vom Finger gezogen
und ihn mit den Worten: "Hier ist Ihr Ring"
zurückgegeben. Dann habe sie ihren Entschluß
bereut und den Ring wieder haben wollen. --
Der Richter entschied, daß der Beklagte den Ring
zurückgeben müsse; doch wurde die Klägerin an-
gehalten, ihre eigenen Proceßkosten zu bezahlen.

(Eine drollige Sedan-Erinnerung,)

die
der amerikanische General She[r]idan in seinem
Buche "From Gravelotte to Sedan" mit Humor
und als getreue Wiedergabe eines von ihm selbst
beobachteten Vorganges niedergeschrieben, hat Otto
Franz Gensichen mit der ihm eigenen Gewandt-
heit in deutsche Versformen gekleidet:

Geschlagen war bei Sedan die Schlacht
Und der Frankenkaiser des Thrones quitt.
Auf Todte und Sterbende sank die Nacht,
Als Bismarck einsam durch Donchery schritt.
Da trat sein Neffe auf ihn zu
Und bot ihm die Flasche voll feuriger Fluth;
Heut' hatte es keiner so heiß wie Du --
Erfrische Dich, Oheim! Der Cognac ist gut."
Der Kanzler verlor nicht mit Danken die Zeit
Er segnete schweigend auch hierin sein Glück.
Er sprach nur: "Auf Deutschlands Einigkeit!"
Trank tief aus der Flasche und gab sie zurück
Stumm prüfte der Neffe. Dann sprach
er: "Es blieb
Kein Tropfen darin, Dir zu trinken Bescheid!"
Der Kanzler lächelte schalkhaft: "Vergieb!
Ich konnte nichts seh'n bei der Dunkelheit!"
Der Tieftrunk des Helden bleibe uns
werth
Als leuchtendes Vorbild für alle Zeit!
Bis zur Nagelprobe die Humpen geleert
Auf den Schöpfer der deutschen Einigkeit!
(Nenes Verbandmittel.)

In medicinischen
und militärischen Kreisen schenkt man einem neuen
Verbandmittel, das sich im chinesisch-japanischen
Kriege gut bewährt hat, größere Beachtung. Die
japanischen Aerzte verwendeten nämlich als Ver-
band für Wunden die Asche von Reisstroh. Nach
entsprechender Reinigung der Wunde wurde
dieselbe mit einem mit solcher Asche gefüllten
Säckchen aus Sublimatgaze oder Leinwand
bedeckt und dieses durch den Verband fixirt.
Die Asche wirkte vorzüglich antiseptisch und
erwies sich wesentlich billiger als jedes
andere Verbandmittel. Die antiseplische Wirk-
samkeit der Asche beruht vornehmlich auf ihrem
starken Gehalt an kohlensaurem Kali, das
ein ziemlich kräftiges Antisepticum ist. Es wirkt
außerdem stark wasserentziehend und mag daher
zur Trocknung der Wunden beitragen. Ob das
Mittel gerade schmerzlos ist, möchten wir be-
zweifeln.

(Ein theueres Wort.)

Aus New-York, 23.
Aug., berichtet der "Herald", daß der Millionär
George Law von Miß Josefine Mack, einer frü-
heren Schülerin des Pariser Conservatoriums,
wegen Bruch des Eheversprechens auf 150,000
Dollars verklagt worden ist.




Telegramme
des "Mährischen Tagblattes".

(Vom Correspondenz-Bureau.)

Der König von
Sachsen wird gemeinschaftlich mit Kaiser Franz
[Spaltenumbruch] Josef
am 9. September die Fahrt von Berlin
nach Stettin unternehmen, wo die beiden Mo-
narchen um 4 Uhr Nachmittags eintreffen und
an der Ehrenpforte vom Kaiser Wilhelm und der
Stadtvertretung empfangen werden.

Das ungarische
Telegraphen-Correspondenz-Bureau meldet: Der
Zustand Sr. kais. Hoheit des Herrn Erzherzogs
Ladislaus ist ein den Umständen angemessener
und kann als gut bezeichnet werden. Nach einer
größtentheils schlaflos verbrachten Nacht konnte
der hohe Patient heute Vormittags Schlaf finden.
Als Sr. k. Hoheit erwacht war, wurde der Ver-
band von den Aerzten erneuert. Ihre k. Hoheit
Frau Erzherzogin Clotilde weilte ununterbrochen
an dem Krankenbette. Heute Morgens trafen
Ihre k. Hoheiten die Herren Erzherzog Josef
und Josef Augustin und Ihre k. Hoheit die
Frau Erzherzogin Maria Dorothea hier
ein, welche sich sofort in das Spital begaben und
den ganzen Vormittag daselbst verblieben. Se. k.
Hoheit der Herr Erzherzog Ladislaus nahm gegen
Mittag ein wenig Fleisch zu sich. In das Spital
wird niemand eingelassen. Infolge Verfügung
der erzherzoglichen Familie werden vorläufig auch
weiterhin keine Bulletins ausgegeben. Die erz-
herzogliche Familie wird alle zwei Stunden über
den Zustand des hohen Kranken in Kenntniß
gesetzt. (S. Teleph.)

Wie die "Nordd.
Allg. Ztg" erfährt, hat der Reichskanzler das
Schloß Worki verlassen und verweilt gegenwärtig
auf seiner Besitzung bei Minsk. Derselbe be-
absichtigt vor seiner Rückkehr nach Deutschland
einen kurzen Aufenthalt in Petersburg zu nehmen.
Die Rückkehr des Reichskanzlers nach Berlin
wird für den 15. d. M. erwartet.

Kriegsminister
General Zurlinden veranstaltete heute ein Diner
zu Ehren des russischen Generals Dragomirow
und der anderen Officiere der russischen Mission.

Dem "National"
zufolge soll der bisherige italienische Gesandte in
Brüssel, Baron de Renzis di Montanaro, dem-
nächst zum Gesandten in Madrid ernannt werden.

Das "Journal de
Bruxelles" erklärt die Meldung, daß die letzten
Ereignisse die Regierung veranlaßt hätten, ihre
Absichten betreffs der Congofrage zu ändern, und
daß in der nächsten Zeit eine Enquete über
Afrika stattfinden solle, für unbegründet. Dasselbe
Blatt hält es für unmöglich, daß im Laufe der
nächsten Parlaments-Session die Frage der
Angliederung des Congostaates an Belgien
erörtert werden würde.

Der "Nemzet"
meldet: Die Oppositionsblätter bringen in der
letzteren Zeit verschiedene finanzielle Nachrichten,
welche unbegründete Ausstreuungen über den un-
garischen Staatshaushalt beweisen sollen. Manche
dieser Nachrichten sprechen über das Sinken der
Staatseinnahmen, manche constatiren ziffermäßig
die außerordentliche Erhöhung der Ausgaben des
Budgets für das Jahr 1896, eine Zeitung bringt
sogar den Inhalt des Exposes des Finanzmini-
sters. Ohne diese Märchen detaillirt zu demen-
tiren, bemerken wir im Allgemeinen, daß diese
Ausstreuungen keine positive Grundlage haben
und aus der Luft gegriffen sind.




Wie ein hiefiges
Blatt meldet, hat Finanzminister Lukacs das
von Wekerle herstammende Project eines Spiri-
tusverkaufsmonopols angesichts der massenhaften
Proteste aus Kreisen der Industrie und des
Handels endgiltig fallen gelassen und die betref-
fende Section angewiesen, ein neues Project der
ergiebigeren Ausnützung der Schanksteuer auszu-
arbeiten.

Gestern fand unter
Betheiligung von Abgeordneten aus allen Kron-
ländern die 33. Jahresversammlung des österr.
Hauptvereines der evang. Gustav Adolf. Stiftung
in Prag statt. Es wurden über 14.000 fl. an
nothleidende Gemeinden vertheilt. Die Haupt-
liebesgabe enthielt N[i]koltschitz bei Selowitz in
Mähren. Vom Vorstande waren anwesend: Ober-
kirchenräthe Dr. Witz und Schur, Rogge, Schrei-
ber und Hupfeld. Auf ein Huldigungstelegramm
der Versammlung an das A. h. Hoflager nach
Budweis war sofort folgende Antwort angelan[gt:]
Se. k. u. k. apost. Majestät danken huldvollst
für die dargebrachte Loyalitätskundgebung.


[Spaltenumbruch] Königgrätz, Lichtenwald, Lieben, Mähr.-Budwitz,
Puteletz, Köſcha und Stecken zur Erledigung.




Vom Tage.
(Auf Schloß Bernſtorff bei Kopenhagen)

iſt jetzt wieder der Kreis fürſtlicher Gäſte, die
alljährlich das däniſche Herrſcherpaar umgeben,
ſehr zahlreich. Es weilen gegenwärtig dort: die
Kaiſerin-Witwe von Rußland, der König und
die Königin von Griechenland, der Prinz und
die Prinzeſſin Waldemar, die Prinzeſſin von
Wales und ihre Töchter Victoria von Maud,
der Großfürſt-Thronfolger, die Großfürſtin Xenia,
Großfürſt Michael, Großfürſtin Olga, die Prin-
zen Georg und Andreas von Griechenland und
Prinz Hans von Glücksburg. In Kurzem wird
auch die Herzogin von Cumberland erwartet.
Die illuſtre Geſellſchaft wird bis Ende nächſten
Monats zuſammenbleiben, da die Hochzeit der
Prinzeſſin Louiſe von Dänemark und des Prin-
zen Friedrich von Schaumburg-Lippe zu dieſer
Zeit in Kopenhagen ſtattfindet.

(Eine ſchwer heimgeſuchte Stadt.)

In
der Nacht des 2. September wurde das kleine
Städtchen Lauterbach, bei Karlsbad gelegen,
von einem ſchweren Brandunglücke heimgeſucht.
Dreißig Häuſer fielen den Flammen zum Raube,
fünfzig Familien ſind heute obdachlos. Der
Schaden iſt vom Bürgermeiſteramte auf 70 000 fl.
geſchätzt, denen eine geringe Entſchädigung gegen-
überſteht, da viele Häuſler gar nicht verſichert
waren. Viele konnten bei dem ungeheuer raſchen
Umſichgreifen der Flammen nur das nackte Leben
retten. Die Frucht mühſamer Sommerarbeit, das
eingefechſte Heu, welches ihren ganzen Reichthum,
ihr weniges Vieh erhalten ſollte, iſt vernichtet.
Eine Induſtrie fehlt gänzlich, und ſo ſehen
die armen Leute, den ohnehin ärmlichen und
engen Ort übervölkernd, mit Schrecken dem
Winter entgegen, der die Gebirgsgegend
oft ſo bald überfällt. Sie wenden ſich
an edle Menſchenfreunde, ihre Noth zu lin-
dern und es ihnen zu ermöglichen, wieder eine
Stätte für ihre Familien zu gründen. Milde
Spenden nimmt das Bürgermeiſter-Amt Lauter-
bach bei Karlsbad entgegen.

(Zum Attentat auf den Baron Rothſchild.)

Baron Eduard Rothſchild, der in Kopenhagen
weilt, erklärte einem Interwiever gegenüber, das
Attentat gegen ſeinen Bruder Alphons ſei
nicht anarchiſtiſcher Natur geweſen, ſondern der
Attentäter ſei entweder ein unglücklicher Börſen-
ſpieler oder ein abgewieſener Supplicant.

(Ein Hauseinſturz.)

Wie aus Fünfkirchen
berichtet wird, iſt dort das im Umbau begriffene
Haus des Advocaten Dr. Michael Kereki in der
Franziskanergaſſe eingeſtürzt und begrub vierund-
dreißig Arbeiter unter ſeinen Trümmern. Bei
den Räumungsarbeiten konnten bisher im Gan-
zen vier Leichen geborgen werden. Auf dem Schau-
platze der Cataſtrophe ſpielten ſich erſchütternde
Scenen ab.

(Ein weit verbreiteter Irrthum iſt es),

anzunehmen, daß Liebig’s Fleiſchextract nur mit
Waſſer gelöſt, in der Form von Bouillon oder
Sauce zu genießen ſei. Seine nervenanregende
und kräftigende Wirkung übt es auch ungelöſt
in faſt gleicher Weiſe. Malern, die lange Zeit
im Freien arbeiten, ohne ſich ein warmes Mit-
tagsmahl verſchaffen zu können, Reiſenden, die
große Fahrſtrecken hintereinander zurückzulegen
haben, iſt deshalb nichts Beſſeres anzurathen,
als in einem der bekannten Töpfchen eine kleine
Quantität von Liebig’s Fleiſchextract mit ſich zu
führen. Eine Meſſerſpitze voll Extract auf
Butterbrod geſtrichen oder ohne weiteren Zuſatz
verſchluckt, genügt, um die Kräfte auf Stunden
hinaus zu beleben.

(Der Streit um den Verlobungsring.)

Vor dem Richter in Sheffield ſpielte ſich, wie
man der „Frankf. Ztg.“ ſchreibt, dieſer Tage
folgender Fall ab: Ein hübſches junges Mädchen
Namens Nellie Schmeltzer hatte ihren ehemaligen
Bräutigam vor Gericht angeklagt, ihren Diamant-
ring geſtohlen zu haben. Da dieſer Ring ihr
von dem Angeklagten, dem Handelsbefliſſenen
Iſaak Friend, ſelbſt als Brautgeſchenk gegeben
worden war, hatte der Richter die heikle recht-
liche Frage zu entſcheiden, ob der Bräutigam
dazu berechtigt iſt, den Brautring nach Aufhebung
der Verlohung zurückzufordern; denn daß Miß
Nellie gewillt war, ihren Liebhaber fahren zu
[Spaltenumbruch] laſſen, aber den werthvollen Ring zu behalten,
gab ſie vor Gericht ſelbſt zu. Wie dieſer Gegen-
ſtand wieder ſeinen Weg in die Taſche des ſchmach-
tenden Jünglings gefunden, darüber gab jede
Partei eine andere Verſion ab. Miß Schmeltzer
erzählte, daß ihr Anbeter, über Geldſtreitigkeiten
mit ihrem Vater erzürnt, ſich wieder in den Beſitz
des Juwels zu ſetzen ſuchte. Während eines
Spazierganges im Norſolk-Park äußerte er
wie zufällig, daß ſie das Symbol ſeiner ſelbſtlo-
ſen Liebe am unrichtigen Finger trage. Arglos
zog Miß Schmeltzer den Ring ab, worauf ihr
verrätheriſcher Geliebter ſeinen Vortheil wahr-
nahm, ihr den Ring aus der Hand riß und
fortrannte. In der Folge benachrichtigte er die
troſtloſe Nellie, daß er den Ring behalten werde,
bis ihr Vater ihm die Auszahlung von — 400 M.
„Verlobungskoſten“ verſpreche! Der junge Friend
dagegen behauptete, ſeine Braut habe gegen ſei-
nen Willen verſchiedene Bälle beſucht und auch
ſonſt ſich kühl ihm gegenüber benommen, worauf
er ihr ihr Betragen vorgehalten habe. Sie habe
dann den bewußten Ring vom Finger gezogen
und ihn mit den Worten: „Hier iſt Ihr Ring“
zurückgegeben. Dann habe ſie ihren Entſchluß
bereut und den Ring wieder haben wollen. —
Der Richter entſchied, daß der Beklagte den Ring
zurückgeben müſſe; doch wurde die Klägerin an-
gehalten, ihre eigenen Proceßkoſten zu bezahlen.

(Eine drollige Sedan-Erinnerung,)

die
der amerikaniſche General She[r]idan in ſeinem
Buche „From Gravelotte to Sedan“ mit Humor
und als getreue Wiedergabe eines von ihm ſelbſt
beobachteten Vorganges niedergeſchrieben, hat Otto
Franz Genſichen mit der ihm eigenen Gewandt-
heit in deutſche Versformen gekleidet:

Geſchlagen war bei Sedan die Schlacht
Und der Frankenkaiſer des Thrones quitt.
Auf Todte und Sterbende ſank die Nacht,
Als Bismarck einſam durch Donchery ſchritt.
Da trat ſein Neffe auf ihn zu
Und bot ihm die Flaſche voll feuriger Fluth;
Heut’ hatte es keiner ſo heiß wie Du —
Erfriſche Dich, Oheim! Der Cognac iſt gut.“
Der Kanzler verlor nicht mit Danken die Zeit
Er ſegnete ſchweigend auch hierin ſein Glück.
Er ſprach nur: „Auf Deutſchlands Einigkeit!“
Trank tief aus der Flaſche und gab ſie zurück
Stumm prüfte der Neffe. Dann ſprach
er: „Es blieb
Kein Tropfen darin, Dir zu trinken Beſcheid!“
Der Kanzler lächelte ſchalkhaft: „Vergieb!
Ich konnte nichts ſeh’n bei der Dunkelheit!“
Der Tieftrunk des Helden bleibe uns
werth
Als leuchtendes Vorbild für alle Zeit!
Bis zur Nagelprobe die Humpen geleert
Auf den Schöpfer der deutſchen Einigkeit!
(Nenes Verbandmittel.)

In mediciniſchen
und militäriſchen Kreiſen ſchenkt man einem neuen
Verbandmittel, das ſich im chineſiſch-japaniſchen
Kriege gut bewährt hat, größere Beachtung. Die
japaniſchen Aerzte verwendeten nämlich als Ver-
band für Wunden die Aſche von Reisſtroh. Nach
entſprechender Reinigung der Wunde wurde
dieſelbe mit einem mit ſolcher Aſche gefüllten
Säckchen aus Sublimatgaze oder Leinwand
bedeckt und dieſes durch den Verband fixirt.
Die Aſche wirkte vorzüglich antiſeptiſch und
erwies ſich weſentlich billiger als jedes
andere Verbandmittel. Die antiſepliſche Wirk-
ſamkeit der Aſche beruht vornehmlich auf ihrem
ſtarken Gehalt an kohlenſaurem Kali, das
ein ziemlich kräftiges Antiſepticum iſt. Es wirkt
außerdem ſtark waſſerentziehend und mag daher
zur Trocknung der Wunden beitragen. Ob das
Mittel gerade ſchmerzlos iſt, möchten wir be-
zweifeln.

(Ein theueres Wort.)

Aus New-York, 23.
Aug., berichtet der „Herald“, daß der Millionär
George Law von Miß Joſefine Mack, einer frü-
heren Schülerin des Pariſer Conſervatoriums,
wegen Bruch des Eheverſprechens auf 150,000
Dollars verklagt worden iſt.




Telegramme
des „Mähriſchen Tagblattes“.

(Vom Correſpondenz-Bureau.)

Der König von
Sachſen wird gemeinſchaftlich mit Kaiſer Franz
[Spaltenumbruch] Joſef
am 9. September die Fahrt von Berlin
nach Stettin unternehmen, wo die beiden Mo-
narchen um 4 Uhr Nachmittags eintreffen und
an der Ehrenpforte vom Kaiſer Wilhelm und der
Stadtvertretung empfangen werden.

Das ungariſche
Telegraphen-Correſpondenz-Bureau meldet: Der
Zuſtand Sr. kaiſ. Hoheit des Herrn Erzherzogs
Ladislaus iſt ein den Umſtänden angemeſſener
und kann als gut bezeichnet werden. Nach einer
größtentheils ſchlaflos verbrachten Nacht konnte
der hohe Patient heute Vormittags Schlaf finden.
Als Sr. k. Hoheit erwacht war, wurde der Ver-
band von den Aerzten erneuert. Ihre k. Hoheit
Frau Erzherzogin Clotilde weilte ununterbrochen
an dem Krankenbette. Heute Morgens trafen
Ihre k. Hoheiten die Herren Erzherzog Joſef
und Joſef Auguſtin und Ihre k. Hoheit die
Frau Erzherzogin Maria Dorothea hier
ein, welche ſich ſofort in das Spital begaben und
den ganzen Vormittag daſelbſt verblieben. Se. k.
Hoheit der Herr Erzherzog Ladislaus nahm gegen
Mittag ein wenig Fleiſch zu ſich. In das Spital
wird niemand eingelaſſen. Infolge Verfügung
der erzherzoglichen Familie werden vorläufig auch
weiterhin keine Bulletins ausgegeben. Die erz-
herzogliche Familie wird alle zwei Stunden über
den Zuſtand des hohen Kranken in Kenntniß
geſetzt. (S. Teleph.)

Wie die „Nordd.
Allg. Ztg“ erfährt, hat der Reichskanzler das
Schloß Worki verlaſſen und verweilt gegenwärtig
auf ſeiner Beſitzung bei Minsk. Derſelbe be-
abſichtigt vor ſeiner Rückkehr nach Deutſchland
einen kurzen Aufenthalt in Petersburg zu nehmen.
Die Rückkehr des Reichskanzlers nach Berlin
wird für den 15. d. M. erwartet.

Kriegsminiſter
General Zurlinden veranſtaltete heute ein Diner
zu Ehren des ruſſiſchen Generals Dragomirow
und der anderen Officiere der ruſſiſchen Miſſion.

Dem „National“
zufolge ſoll der bisherige italieniſche Geſandte in
Brüſſel, Baron de Renzis di Montanaro, dem-
nächſt zum Geſandten in Madrid ernannt werden.

Das „Journal de
Bruxelles“ erklärt die Meldung, daß die letzten
Ereigniſſe die Regierung veranlaßt hätten, ihre
Abſichten betreffs der Congofrage zu ändern, und
daß in der nächſten Zeit eine Enquête über
Afrika ſtattfinden ſolle, für unbegründet. Dasſelbe
Blatt hält es für unmöglich, daß im Laufe der
nächſten Parlaments-Seſſion die Frage der
Angliederung des Congoſtaates an Belgien
erörtert werden würde.

Der „Nemzet“
meldet: Die Oppoſitionsblätter bringen in der
letzteren Zeit verſchiedene finanzielle Nachrichten,
welche unbegründete Ausſtreuungen über den un-
gariſchen Staatshaushalt beweiſen ſollen. Manche
dieſer Nachrichten ſprechen über das Sinken der
Staatseinnahmen, manche conſtatiren ziffermäßig
die außerordentliche Erhöhung der Ausgaben des
Budgets für das Jahr 1896, eine Zeitung bringt
ſogar den Inhalt des Expoſés des Finanzmini-
ſters. Ohne dieſe Märchen detaillirt zu demen-
tiren, bemerken wir im Allgemeinen, daß dieſe
Ausſtreuungen keine poſitive Grundlage haben
und aus der Luft gegriffen ſind.




Wie ein hiefiges
Blatt meldet, hat Finanzminiſter Lukacs das
von Wekerle herſtammende Project eines Spiri-
tusverkaufsmonopols angeſichts der maſſenhaften
Proteſte aus Kreiſen der Induſtrie und des
Handels endgiltig fallen gelaſſen und die betref-
fende Section angewieſen, ein neues Project der
ergiebigeren Ausnützung der Schankſteuer auszu-
arbeiten.

Geſtern fand unter
Betheiligung von Abgeordneten aus allen Kron-
ländern die 33. Jahresverſammlung des öſterr.
Hauptvereines der evang. Guſtav Adolf. Stiftung
in Prag ſtatt. Es wurden über 14.000 fl. an
nothleidende Gemeinden vertheilt. Die Haupt-
liebesgabe enthielt N[i]koltſchitz bei Selowitz in
Mähren. Vom Vorſtande waren anweſend: Ober-
kirchenräthe Dr. Witz und Schur, Rogge, Schrei-
ber und Hupfeld. Auf ein Huldigungstelegramm
der Verſammlung an das A. h. Hoflager nach
Budweis war ſofort folgende Antwort angelan[gt:]
Se. k. u. k. apoſt. Majeſtät danken huldvollſt
für die dargebrachte Loyalitätskundgebung.


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[[6]/0006] Königgrätz, Lichtenwald, Lieben, Mähr.-Budwitz, Puteletz, Köſcha und Stecken zur Erledigung. Vom Tage. (Auf Schloß Bernſtorff bei Kopenhagen) iſt jetzt wieder der Kreis fürſtlicher Gäſte, die alljährlich das däniſche Herrſcherpaar umgeben, ſehr zahlreich. Es weilen gegenwärtig dort: die Kaiſerin-Witwe von Rußland, der König und die Königin von Griechenland, der Prinz und die Prinzeſſin Waldemar, die Prinzeſſin von Wales und ihre Töchter Victoria von Maud, der Großfürſt-Thronfolger, die Großfürſtin Xenia, Großfürſt Michael, Großfürſtin Olga, die Prin- zen Georg und Andreas von Griechenland und Prinz Hans von Glücksburg. In Kurzem wird auch die Herzogin von Cumberland erwartet. Die illuſtre Geſellſchaft wird bis Ende nächſten Monats zuſammenbleiben, da die Hochzeit der Prinzeſſin Louiſe von Dänemark und des Prin- zen Friedrich von Schaumburg-Lippe zu dieſer Zeit in Kopenhagen ſtattfindet. (Eine ſchwer heimgeſuchte Stadt.) In der Nacht des 2. September wurde das kleine Städtchen Lauterbach, bei Karlsbad gelegen, von einem ſchweren Brandunglücke heimgeſucht. Dreißig Häuſer fielen den Flammen zum Raube, fünfzig Familien ſind heute obdachlos. Der Schaden iſt vom Bürgermeiſteramte auf 70 000 fl. geſchätzt, denen eine geringe Entſchädigung gegen- überſteht, da viele Häuſler gar nicht verſichert waren. Viele konnten bei dem ungeheuer raſchen Umſichgreifen der Flammen nur das nackte Leben retten. Die Frucht mühſamer Sommerarbeit, das eingefechſte Heu, welches ihren ganzen Reichthum, ihr weniges Vieh erhalten ſollte, iſt vernichtet. Eine Induſtrie fehlt gänzlich, und ſo ſehen die armen Leute, den ohnehin ärmlichen und engen Ort übervölkernd, mit Schrecken dem Winter entgegen, der die Gebirgsgegend oft ſo bald überfällt. Sie wenden ſich an edle Menſchenfreunde, ihre Noth zu lin- dern und es ihnen zu ermöglichen, wieder eine Stätte für ihre Familien zu gründen. Milde Spenden nimmt das Bürgermeiſter-Amt Lauter- bach bei Karlsbad entgegen. (Zum Attentat auf den Baron Rothſchild.) Baron Eduard Rothſchild, der in Kopenhagen weilt, erklärte einem Interwiever gegenüber, das Attentat gegen ſeinen Bruder Alphons ſei nicht anarchiſtiſcher Natur geweſen, ſondern der Attentäter ſei entweder ein unglücklicher Börſen- ſpieler oder ein abgewieſener Supplicant. (Ein Hauseinſturz.) Wie aus Fünfkirchen berichtet wird, iſt dort das im Umbau begriffene Haus des Advocaten Dr. Michael Kereki in der Franziskanergaſſe eingeſtürzt und begrub vierund- dreißig Arbeiter unter ſeinen Trümmern. Bei den Räumungsarbeiten konnten bisher im Gan- zen vier Leichen geborgen werden. Auf dem Schau- platze der Cataſtrophe ſpielten ſich erſchütternde Scenen ab. (Ein weit verbreiteter Irrthum iſt es), anzunehmen, daß Liebig’s Fleiſchextract nur mit Waſſer gelöſt, in der Form von Bouillon oder Sauce zu genießen ſei. Seine nervenanregende und kräftigende Wirkung übt es auch ungelöſt in faſt gleicher Weiſe. Malern, die lange Zeit im Freien arbeiten, ohne ſich ein warmes Mit- tagsmahl verſchaffen zu können, Reiſenden, die große Fahrſtrecken hintereinander zurückzulegen haben, iſt deshalb nichts Beſſeres anzurathen, als in einem der bekannten Töpfchen eine kleine Quantität von Liebig’s Fleiſchextract mit ſich zu führen. Eine Meſſerſpitze voll Extract auf Butterbrod geſtrichen oder ohne weiteren Zuſatz verſchluckt, genügt, um die Kräfte auf Stunden hinaus zu beleben. (Der Streit um den Verlobungsring.) Vor dem Richter in Sheffield ſpielte ſich, wie man der „Frankf. Ztg.“ ſchreibt, dieſer Tage folgender Fall ab: Ein hübſches junges Mädchen Namens Nellie Schmeltzer hatte ihren ehemaligen Bräutigam vor Gericht angeklagt, ihren Diamant- ring geſtohlen zu haben. Da dieſer Ring ihr von dem Angeklagten, dem Handelsbefliſſenen Iſaak Friend, ſelbſt als Brautgeſchenk gegeben worden war, hatte der Richter die heikle recht- liche Frage zu entſcheiden, ob der Bräutigam dazu berechtigt iſt, den Brautring nach Aufhebung der Verlohung zurückzufordern; denn daß Miß Nellie gewillt war, ihren Liebhaber fahren zu laſſen, aber den werthvollen Ring zu behalten, gab ſie vor Gericht ſelbſt zu. Wie dieſer Gegen- ſtand wieder ſeinen Weg in die Taſche des ſchmach- tenden Jünglings gefunden, darüber gab jede Partei eine andere Verſion ab. Miß Schmeltzer erzählte, daß ihr Anbeter, über Geldſtreitigkeiten mit ihrem Vater erzürnt, ſich wieder in den Beſitz des Juwels zu ſetzen ſuchte. Während eines Spazierganges im Norſolk-Park äußerte er wie zufällig, daß ſie das Symbol ſeiner ſelbſtlo- ſen Liebe am unrichtigen Finger trage. Arglos zog Miß Schmeltzer den Ring ab, worauf ihr verrätheriſcher Geliebter ſeinen Vortheil wahr- nahm, ihr den Ring aus der Hand riß und fortrannte. In der Folge benachrichtigte er die troſtloſe Nellie, daß er den Ring behalten werde, bis ihr Vater ihm die Auszahlung von — 400 M. „Verlobungskoſten“ verſpreche! Der junge Friend dagegen behauptete, ſeine Braut habe gegen ſei- nen Willen verſchiedene Bälle beſucht und auch ſonſt ſich kühl ihm gegenüber benommen, worauf er ihr ihr Betragen vorgehalten habe. Sie habe dann den bewußten Ring vom Finger gezogen und ihn mit den Worten: „Hier iſt Ihr Ring“ zurückgegeben. Dann habe ſie ihren Entſchluß bereut und den Ring wieder haben wollen. — Der Richter entſchied, daß der Beklagte den Ring zurückgeben müſſe; doch wurde die Klägerin an- gehalten, ihre eigenen Proceßkoſten zu bezahlen. (Eine drollige Sedan-Erinnerung,) die der amerikaniſche General Sheridan in ſeinem Buche „From Gravelotte to Sedan“ mit Humor und als getreue Wiedergabe eines von ihm ſelbſt beobachteten Vorganges niedergeſchrieben, hat Otto Franz Genſichen mit der ihm eigenen Gewandt- heit in deutſche Versformen gekleidet: Geſchlagen war bei Sedan die Schlacht Und der Frankenkaiſer des Thrones quitt. Auf Todte und Sterbende ſank die Nacht, Als Bismarck einſam durch Donchery ſchritt. Da trat ſein Neffe auf ihn zu Und bot ihm die Flaſche voll feuriger Fluth; Heut’ hatte es keiner ſo heiß wie Du — Erfriſche Dich, Oheim! Der Cognac iſt gut.“ Der Kanzler verlor nicht mit Danken die Zeit Er ſegnete ſchweigend auch hierin ſein Glück. Er ſprach nur: „Auf Deutſchlands Einigkeit!“ Trank tief aus der Flaſche und gab ſie zurück Stumm prüfte der Neffe. Dann ſprach er: „Es blieb Kein Tropfen darin, Dir zu trinken Beſcheid!“ Der Kanzler lächelte ſchalkhaft: „Vergieb! Ich konnte nichts ſeh’n bei der Dunkelheit!“ Der Tieftrunk des Helden bleibe uns werth Als leuchtendes Vorbild für alle Zeit! Bis zur Nagelprobe die Humpen geleert Auf den Schöpfer der deutſchen Einigkeit! (Nenes Verbandmittel.) In mediciniſchen und militäriſchen Kreiſen ſchenkt man einem neuen Verbandmittel, das ſich im chineſiſch-japaniſchen Kriege gut bewährt hat, größere Beachtung. Die japaniſchen Aerzte verwendeten nämlich als Ver- band für Wunden die Aſche von Reisſtroh. Nach entſprechender Reinigung der Wunde wurde dieſelbe mit einem mit ſolcher Aſche gefüllten Säckchen aus Sublimatgaze oder Leinwand bedeckt und dieſes durch den Verband fixirt. Die Aſche wirkte vorzüglich antiſeptiſch und erwies ſich weſentlich billiger als jedes andere Verbandmittel. Die antiſepliſche Wirk- ſamkeit der Aſche beruht vornehmlich auf ihrem ſtarken Gehalt an kohlenſaurem Kali, das ein ziemlich kräftiges Antiſepticum iſt. Es wirkt außerdem ſtark waſſerentziehend und mag daher zur Trocknung der Wunden beitragen. Ob das Mittel gerade ſchmerzlos iſt, möchten wir be- zweifeln. (Ein theueres Wort.) Aus New-York, 23. Aug., berichtet der „Herald“, daß der Millionär George Law von Miß Joſefine Mack, einer frü- heren Schülerin des Pariſer Conſervatoriums, wegen Bruch des Eheverſprechens auf 150,000 Dollars verklagt worden iſt. Telegramme des „Mähriſchen Tagblattes“. (Vom Correſpondenz-Bureau.) Stettin, 6. September. Der König von Sachſen wird gemeinſchaftlich mit Kaiſer Franz Joſef am 9. September die Fahrt von Berlin nach Stettin unternehmen, wo die beiden Mo- narchen um 4 Uhr Nachmittags eintreffen und an der Ehrenpforte vom Kaiſer Wilhelm und der Stadtvertretung empfangen werden. Budapeſt, 5. September. Das ungariſche Telegraphen-Correſpondenz-Bureau meldet: Der Zuſtand Sr. kaiſ. Hoheit des Herrn Erzherzogs Ladislaus iſt ein den Umſtänden angemeſſener und kann als gut bezeichnet werden. Nach einer größtentheils ſchlaflos verbrachten Nacht konnte der hohe Patient heute Vormittags Schlaf finden. Als Sr. k. Hoheit erwacht war, wurde der Ver- band von den Aerzten erneuert. Ihre k. Hoheit Frau Erzherzogin Clotilde weilte ununterbrochen an dem Krankenbette. Heute Morgens trafen Ihre k. Hoheiten die Herren Erzherzog Joſef und Joſef Auguſtin und Ihre k. Hoheit die Frau Erzherzogin Maria Dorothea hier ein, welche ſich ſofort in das Spital begaben und den ganzen Vormittag daſelbſt verblieben. Se. k. Hoheit der Herr Erzherzog Ladislaus nahm gegen Mittag ein wenig Fleiſch zu ſich. In das Spital wird niemand eingelaſſen. Infolge Verfügung der erzherzoglichen Familie werden vorläufig auch weiterhin keine Bulletins ausgegeben. Die erz- herzogliche Familie wird alle zwei Stunden über den Zuſtand des hohen Kranken in Kenntniß geſetzt. (S. Teleph.) Berlin, 5. September. Wie die „Nordd. Allg. Ztg“ erfährt, hat der Reichskanzler das Schloß Worki verlaſſen und verweilt gegenwärtig auf ſeiner Beſitzung bei Minsk. Derſelbe be- abſichtigt vor ſeiner Rückkehr nach Deutſchland einen kurzen Aufenthalt in Petersburg zu nehmen. Die Rückkehr des Reichskanzlers nach Berlin wird für den 15. d. M. erwartet. Paris, 5. September. Kriegsminiſter General Zurlinden veranſtaltete heute ein Diner zu Ehren des ruſſiſchen Generals Dragomirow und der anderen Officiere der ruſſiſchen Miſſion. Brüſſel, 5. September. Dem „National“ zufolge ſoll der bisherige italieniſche Geſandte in Brüſſel, Baron de Renzis di Montanaro, dem- nächſt zum Geſandten in Madrid ernannt werden. Brüſſel, 5. September. Das „Journal de Bruxelles“ erklärt die Meldung, daß die letzten Ereigniſſe die Regierung veranlaßt hätten, ihre Abſichten betreffs der Congofrage zu ändern, und daß in der nächſten Zeit eine Enquête über Afrika ſtattfinden ſolle, für unbegründet. Dasſelbe Blatt hält es für unmöglich, daß im Laufe der nächſten Parlaments-Seſſion die Frage der Angliederung des Congoſtaates an Belgien erörtert werden würde. Budapeſt, 6. September. Der „Nemzet“ meldet: Die Oppoſitionsblätter bringen in der letzteren Zeit verſchiedene finanzielle Nachrichten, welche unbegründete Ausſtreuungen über den un- gariſchen Staatshaushalt beweiſen ſollen. Manche dieſer Nachrichten ſprechen über das Sinken der Staatseinnahmen, manche conſtatiren ziffermäßig die außerordentliche Erhöhung der Ausgaben des Budgets für das Jahr 1896, eine Zeitung bringt ſogar den Inhalt des Expoſés des Finanzmini- ſters. Ohne dieſe Märchen detaillirt zu demen- tiren, bemerken wir im Allgemeinen, daß dieſe Ausſtreuungen keine poſitive Grundlage haben und aus der Luft gegriffen ſind. Budapeſt, 6. September. Wie ein hiefiges Blatt meldet, hat Finanzminiſter Lukacs das von Wekerle herſtammende Project eines Spiri- tusverkaufsmonopols angeſichts der maſſenhaften Proteſte aus Kreiſen der Induſtrie und des Handels endgiltig fallen gelaſſen und die betref- fende Section angewieſen, ein neues Project der ergiebigeren Ausnützung der Schankſteuer auszu- arbeiten. Prag, 6. September. Geſtern fand unter Betheiligung von Abgeordneten aus allen Kron- ländern die 33. Jahresverſammlung des öſterr. Hauptvereines der evang. Guſtav Adolf. Stiftung in Prag ſtatt. Es wurden über 14.000 fl. an nothleidende Gemeinden vertheilt. Die Haupt- liebesgabe enthielt Nikoltſchitz bei Selowitz in Mähren. Vom Vorſtande waren anweſend: Ober- kirchenräthe Dr. Witz und Schur, Rogge, Schrei- ber und Hupfeld. Auf ein Huldigungstelegramm der Verſammlung an das A. h. Hoflager nach Budweis war ſofort folgende Antwort angelangt: Se. k. u. k. apoſt. Majeſtät danken huldvollſt für die dargebrachte Loyalitätskundgebung.

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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 204, Olmütz, 06.09.1895, S. [6]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches204_1895/6>, abgerufen am 24.11.2024.