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Mährisches Tagblatt. Nr. 17, Olmütz, 22.01.1894.

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[Spaltenumbruch]

gebildet, in dessen erster Versammlung Dr. Otto
Steinwender einhellig als Candidat aufgestellt
wurde; eine Deputation des Vereines wird ihn
zur Annahme der Wiederwahl zu bestimmen ver-
suchen. Es gilt übrigens bereits als feststehend,
daß Professor Steinwender sich nicht zu sehr
sträuben wird, und seine Wiederwahl dürfte auch
als gesichert anzusehen sein. Alle anderen Candi-
daturen, von denen bisher die Rede ist, sind
aussichtslos. -- Erwähnt sei schließlich noch die
Thatsache, daß die Wahlstädte Greifenburg,
Gmünd, Hermagor und Spittal den Dr. Stein-
wender zum Ehrenbürger ernannt haben.

(Die Vorgänge in der letzten Sitzung
des Wiener Gemeinderathes)

werden im
Wiener Rathhause eifrig besprochen. Da an eine
ersprießliche Arbeit in der Gemeindevertretung
nicht mehr zu denken ist, so glaubt man allge-
mein, daß die Auflösung des Gemeinde-
rathes nahe bevorstehe.
Im übrigen,
heißt es, daß infolge der freitägigen Scenen
Gemeinderath Gregorig gegen Stiasny und
Lueger gegen Frauenberger Ehrenbeleidigungs-
klagen einbringen werden.

(Ein Zwischenfall im Berliner Reichs-
tage.)

Bei Berathung der Weinsteuer im deutschen
Reichstag ereignete sich Samstag ein bedeutsamer
Zwischenfall. Payer, von der Württemberger
Volkspartei, polemisirte gegen die Vorlage und
wunderte sich, daß seine Regierung dem Entwurf
zustimmte. Sofort erhob sich Ministerpräsident
v. Mittnacht und gab die Erklärung ab, daß
Württemberg nie für die Weinsteuer zu haben
sei, und auch jetzt im Bundesrathe gegen das
Miquel'sche Project gestimmt habe. Diese Aeuße-
rung erregte große Sensation, denn noch nie war
es vorgekommen, daß ein Minister gegen eine
Regierungsvorlage sprach. Abg. Kardorf sprang
auf und verlangte sofortige Vertagung, da die
Rede Mittnacht's eine trübe Perspective auf selt-
same Verhältnisse im Bundesrath eröffne. Man
müsse vertagen, damit sich der Reichskanzler äußern
könne. Es entstand großer Lärm. Einige Re[d]ner
stimmten zu, andere, wie Richter, Singer eiferten
dagegen, weil eine Verlagung eine Censur der
freien Meinungsäußerung des bundesst[a]atlichen
Ministers bedeuten würde. Mittnacht selbst er-
klärte, daß er den Reichskanzler vorher verständigt
hatte. Darauf wurde der Vertagungsantrag ab-
gelehnt und die Weinsteuerverhandlung an die
Commission gewiesen.

(Die Jinanzen Italiens)

sind nach einer
Mittheilung der "N. Fr. Pr." schon so zerrütet,
daß der Fehlbetrag des letzten Jahres neunzig
Millionen Lire beträgt und die schwebende Schuld
bereits die Höhe von achthundert Millionen Lire
erreicht haben soll. Die Lage wird als eine ge-
radezu trostlose geschildert; Ersparungen am
Budget und Steuererhöhungen seien unmöglich,
weil das Parlament nicht zustimmen werde. Man
denke bereits daran, daß die Negierung die
nothwendigen Maßregeln durch königliche Verord-
nungen ins Werk setzen werde. Es regen sich
also auch in Italien Staatsstreichpläne.

(Die Unruhen in Italien.)

Ein Bericht
aus Rom macht darauf aufmerksam, daß nicht
bloß Massa und Carrara socialistisch durchwühlt
sind, sondern daß sich um diesen Mittelpunct noch
weitere Agitationsherde gruppiren, und zwar
Livorno, wo geradezu beklagenswerthe wirthschaft-
liche Zustände herrschen, ferner Pisa und Spezzia
wo eine nicht unbedeutende Zahl von Arbeitern
von auswärts kommenden Losungsworten gehorcht.
Auch hier sei eine scharfe Ueberwachung nothwen-
dig. In den letzten Tagen ging das Gerücht, es
gähre auch in der Romagna. Eine officiöse Mit-
theilung aus Rom widerspricht demselben mit
folgenden Worten: "Die in den letzten Tagen
verbreiteten Gerüchte, wonach sich auch in der
Romagna eine Agitation bemerkbar mache, welche
den Ausbruch von Ruhestörungen befürchten lasse,
beruhen lediglich auf Vermuthungen, die sich auf
die bekannte Thatsache, daß die Romagna seit
Jahrhunderten eine schwer regierbare Provinz ist,
stützen. Die in der Hauptstadt bisher einlaufen-
den Berichte berechtigen zu der Erwartung, daß
die öffentliche Ordnung in der Romagna keine
Störung erfahren werde. Die Regierung hat
übrigens nicht unterlassen, alle im Hinblick auf
die Möglichkeit der angedeuteten Gefahr gebotenen
vorbeugenden Maßregeln zu treffen." Wer den
officiösen Styl kennt und zwischen den Zeilen zu
[Spaltenumbruch] lesen versteht, wird leicht heraus finden, daß that-
sächlich die Romagna stark gefährdet ist.




Locales und Provinzielles.


(Seine kaiserl. Hoheit Herr Erzherzog
Josef Ferdinand,)

welcher, wie wir bereits
meldeten, zum k. u. k. Infanterie-Regimente Nr.
93 transferirt wurde, ist gestern Sonntag Morgens
2 Uhr 44 Minuten mit der Nordbahn hier ein-
getroffen und begab sich in Begleitung seines
Kammervorstehers Herrn Major Rudnov.
Rudzinsky
in die Stadt, wo er im "Hotel
Lauer" das Absteigequartier nahm. Ein Empfang
fand am Bahnhofe nicht statt. Gestern Vormittags
erschien Se. Excellenz der Truppen-Divisionär
FML. Ritter v. Gold im Hotel und machte
seine Aufwartung. Bald darauf fuhr Se. kais.
Hoheit Herr Erzherzog Eugen vor dem "Hotel
Lauer" vor und stattete dem Herrn Erzherzog
Josef Ferdinand einen längeren Besuch ab.
Nachmittags fand in der Officiersmesse des 93.
Inf.-Regtes. zu Ehren des Herrn Erzherzogs ein
Diner statt, an welchem auch Se. kais. Hoheit der
Herr Erzherzog Eugen theilnahm. Eine Abtheilung
der Regiments-Capelle besorgte die Tafelmusik. Um
3 Uhr Nachm. verließen die Herren Erzherzoge
die Officiersmesse und begaben sich in das "Hotel
Lauer." Abends wohnten die Herren Erzherzoge
der Theatervorstellung bis zum Schlusse bei. --
Heute Vormittags 10 Uhr 50 Min. fand im
großen Saale des Militär Casinos die Vorstel-
lung der Herten Officiere der übrigen Truppen-
körper und der Militärbeamten statt. Heute Mit-
tags wurde das hochw. getreue Metropolitanca-
pitel von dem Herrn Erzherzog Josef Ferdinand
empfangen. Wie wir erfahren wird der Herr
Erzherzog nur heute und morgen Audienzen er-
theilen. Nach diesen beiden Tagen finden Audien-
zen nicht mehr statt. Am nächsten Mittwoch tritt
der Herr Erzherzog seinen Dienst im Inf.-Rgte.
Nr. 93 an.

(Bestätigte Präsidenten-Wahl.)

Der
Kaiser hat mit Allerhöchster Entschließung vom
2. Jänner d. J. die Wahl des Fürsten Hugo
zu Salm-Reifferscheid
zum Präsidenten
der mährischen Gesellschaft zur Beförderung der
Landwirthschaft, der Natur- und Landeskunde be-
stätigt.

(Personales.)

Die in dem Befinden des
erkrankten Kammerpräsidenten Herrn Moritz
Primavesi vorgestern eingetretene Besserung
hält in erfreulicher Weise an.

(Personalnachricht.)

Der Herr k. k. Statt-
haltereirath und Leiter der Bezirkshauptmann-
schaft Dr. Hermann Freiherr v. Pillerstorff
hat Sonntag einen längeren Urlaub angetreten.
Die Leitung der Bezirkshauptmannschaft hat der
k. k. Bezirks-Commissär Herr Dr. Carl Freiherr
v. Heinold übernommen.

(Trauung.)

Gestern Vormittags fand in
der hiesigen St. Michaelskirche die Trauung des
Frl. Marie Bayer, einer Tochter des hiesigen
Advocaten und Stadtverordneten Hrn. Dr. Conrad
Bayer, welche noch von den hiesigen Wohl-
thätigkeits-Vorstellungen in bester Erinnerung
unseres Publicums steht, mit Herrn Antonin
Zagorski, Ingenieur und Baumeister in Wien,
Ritter des Franz Josef-Ordens und Ehrenbür-
gers von Ottakring statt.

(Ernennung.)

Der Handelsminister hat
den Cassier der Post-Directionscassa in Brünn
Rudolf Hoffer zum Hauptcassier bei dieser
Cassa ernannt.

(Leichenbegängniße.)

Gestern Nachmittags
4 Uhr fand von der Radetzkystraße aus das
Leichenbegängniß des Frls. Julie Vrzal, der
Schwester des Herrn Gymnasialdirectors Dr. Vrzal,
unter zahlreicher Betheiligung statt. Hinter dem
mit vielen prächtigen Kränzen geschmückten Sarge
folgten die trauernden Angehörigen, ferner be-
merkten wir u. A.: Herrn Bürgermeister v. Engel,
mehrere Herren Domprälaten, Herrn Gemeinde-
rath Dir. Thannabaur, Herrn kais. Rath
Carl Graeser, Herrn Gymnasialdirecotr Seyß,
zahlreiche Professoren des slavischen und deutschen
Gymnasiums sowie eine große Anzahl von
Schülern des slavischen Gymnasiums. Auf dem
Friedhofe fand sodann die nochmalige Einsegnung
der Leiche statt. -- Von der Landeskrankenanstalt
aus fand am Samstag Nachmittag 1/24 Uhr das
Leichenbegängniß des beim k. k. Hauptzollamte
[Spaltenumbruch] bedienstet gewesenen ehem. Feldwebels des 93.
Inftr.-Regts., Herrn Felix Nitka, statt. Dem
Sarge folgte eine große Anzahl Leidtragender,
unter ihnen viele Kameraden des Verblichenen.
Die Trauermusik wurde von der Musikcapelle des
93. Inftr.-Regts. besorgt. Die Unterofficiere des
54. und 93 Inftr.-Regts. legten auf den Sarg
des Verblichenen je einen mit Schleifen geschmück-
ten Kranz nieder.

(Todesfall.)

Unsere städt. Sicherheitswache
hat durch den vorgestern Nachts, erfolgten Tod
des städt. Wachführers Herrn Franz Urban
einen Verlust erlitten, indem der Verblichene zu
den tüchtigsten und eifrigsten Mitgliedern dersel-
ben zählte. Herr Urban war vor Kurzem an
einer Lungenentzündung erkrankt, welche den im
kräftigsten Mannesalter stehenden Mann dahin-
raffte. Bei seinen Vorgesetzten war Urban, der
durch 19 Jahre im städt. Dienste stand, sehr be-
liebt und erfreute sich allgemeiner Achtung. Das
Begräbniß findet morgen Nachmittags 3 Uhr statt.

(Das Masken- und Costümefest unseres
Franenvereines),

welches Samstag Nachts im
prächtig geschmückten, in eine colossale Eishöhle
umgewandelten städt. Redoutensaale stattfand.
reihte sich in würdigster Weise den früheren Ver-
anstaltungen des genannten Vereines an. Den
größten Glanz erhielt dieses wohlgelungene Fest
dadurch, daß es von Sr. kais. Hoheit, dem Herrn
Erzherzog Eugen, welcher auch das Protectorat
über dasselbe huldvollst übernommen hatte, durch
längeren Besuch ausgezeichnet wurde. Wenn wir
zu unserem Referate über dieses Fest schreiten, so
müssen wir zunächst der prächtigen Ausschmückung
gedenken, welche der Redoutensaal dießmal er-
halten hatte. Nach Durchschreitung des Vestibules,
welches in eine Felsengrotte umgewandelt und in
welchem ein in grünem Lichtschimmer strahlender
Wasserfall angebracht war, gelangte man in den mit
Hunderten von electrischen, färbigen Glühlichtern
glänzend beleuchteten Saal, dessen Seitenwände
die Eisdecorationen einnahmen, während der
große Luster einen riesigen Eisklumpen darstellte.
Sowohl die prächtigen vom Herrn Theater-
meister Geißler angefertigten, der Natur getreulich
nachgeahmten Eisdecorationen mit ihren hun-
derten von Eiskristallen, sowie die effectvolle von
Herrn Passinger beigestellte electrische Beleuch-
tung verliehen dem Saale einen geradezu wun-
derbaren, kaum mehr zu überbietenden Reiz. Es
herrschte denn auch nur eine Stimme der Be-
wunderung über diese herrliche, in ihrer Art
einzig dastehende Ausschmückung, die unser alters-
grauer Redoutensaal von Meisterhand erhalten
hatte. Während die Festtheilnehmer in der Mitte des
Saales Aufstellung genommen hatten und dem Ein-
zuge der costümirten Gruppen entgegenharrten, es war
gegen 9 Uhr, traf die Nachricht ein, daß der hohe
Protector des Festes Se. kais. Hoheit der Herr
Erzherzog Eugen das Theatergebäude betreten
habe. Kurz darauf traf der Herr Erzherzog in
Begleitung Se. Excellenz des Herrn Divisionärs
FML. R. v. Gold an der Saalpforte ein, wo
er von der Präsidentin des Frauenvereines Frau
Marie Schrötter, den Damen des Vereinsaus-
schusses und dem Festcomite ehrerbietigst begrüßt
und empfangen wurde, während die Musikcapelle
die Volkshymne anstimmte. Se. kais. Hoheit, der
von der Saaldecoration sichtlich im hohen Grade
befriedigt war, nahm huldvollst die ihm ange-
botene Tanzordnung im himmelblauen Sammt
entgegen, ließ sich die Damen des Comite's
vorstellen, reichte hierauf Frau Marie Schrötter
den Arm und verfügte sich mit derselben
an die Stirnseite des Saales, worauf Fanfaren
ertönten und der costümirte Festzug in zwei
Abtheilungen seinen Einzug hielt. Denselben
eröffnete Prinz Carneval und zwei Fan-
farenbläser; gleichzeitig ertönten vom Orchester
die Klänge des Einzugsmarsches. War auch dies-
mal die Zahl der costümirten Festbesucher keine
so große, wie bei ähnlichen Festen in früheren
Jahren, so war die Anzahl derselben doch noch
immer eine stattliche zu nennen. Unsere reizende
Damenwelt hatte durchaus geschmackvolle, mitunter
ganz prächtige Costümes gewählt, welche im Glanze
der electrischen Beleuchtung bestens zur Geltung
gelangten. Man sah da gluthäugige Zigeunerinnen,
prächtige Spanierinnen, Magyarinnen und Ma-
gyaren, Polinnen, Orientalinnen, Teufelinnen,
eine reizende Gruppe von drei Sarnthalerinnen,
fesche Tiroler Mädeln, hübsche Damen im Alt-
wiener Costüm, einen strammen Minnesänger

[Spaltenumbruch]

gebildet, in deſſen erſter Verſammlung Dr. Otto
Steinwender einhellig als Candidat aufgeſtellt
wurde; eine Deputation des Vereines wird ihn
zur Annahme der Wiederwahl zu beſtimmen ver-
ſuchen. Es gilt übrigens bereits als feſtſtehend,
daß Profeſſor Steinwender ſich nicht zu ſehr
ſträuben wird, und ſeine Wiederwahl dürfte auch
als geſichert anzuſehen ſein. Alle anderen Candi-
daturen, von denen bisher die Rede iſt, ſind
ausſichtslos. — Erwähnt ſei ſchließlich noch die
Thatſache, daß die Wahlſtädte Greifenburg,
Gmünd, Hermagor und Spittal den Dr. Stein-
wender zum Ehrenbürger ernannt haben.

(Die Vorgänge in der letzten Sitzung
des Wiener Gemeinderathes)

werden im
Wiener Rathhauſe eifrig beſprochen. Da an eine
erſprießliche Arbeit in der Gemeindevertretung
nicht mehr zu denken iſt, ſo glaubt man allge-
mein, daß die Auflöſung des Gemeinde-
rathes nahe bevorſtehe.
Im übrigen,
heißt es, daß infolge der freitägigen Scenen
Gemeinderath Gregorig gegen Stiasny und
Lueger gegen Frauenberger Ehrenbeleidigungs-
klagen einbringen werden.

(Ein Zwiſchenfall im Berliner Reichs-
tage.)

Bei Berathung der Weinſteuer im deutſchen
Reichstag ereignete ſich Samſtag ein bedeutſamer
Zwiſchenfall. Payer, von der Württemberger
Volkspartei, polemiſirte gegen die Vorlage und
wunderte ſich, daß ſeine Regierung dem Entwurf
zuſtimmte. Sofort erhob ſich Miniſterpräſident
v. Mittnacht und gab die Erklärung ab, daß
Württemberg nie für die Weinſteuer zu haben
ſei, und auch jetzt im Bundesrathe gegen das
Miquel’ſche Project geſtimmt habe. Dieſe Aeuße-
rung erregte große Senſation, denn noch nie war
es vorgekommen, daß ein Miniſter gegen eine
Regierungsvorlage ſprach. Abg. Kardorf ſprang
auf und verlangte ſofortige Vertagung, da die
Rede Mittnacht’s eine trübe Perſpective auf ſelt-
ſame Verhältniſſe im Bundesrath eröffne. Man
müſſe vertagen, damit ſich der Reichskanzler äußern
könne. Es entſtand großer Lärm. Einige Re[d]ner
ſtimmten zu, andere, wie Richter, Singer eiferten
dagegen, weil eine Verlagung eine Cenſur der
freien Meinungsäußerung des bundesſt[a]atlichen
Miniſters bedeuten würde. Mittnacht ſelbſt er-
klärte, daß er den Reichskanzler vorher verſtändigt
hatte. Darauf wurde der Vertagungsantrag ab-
gelehnt und die Weinſteuerverhandlung an die
Commiſſion gewieſen.

(Die Jinanzen Italiens)

ſind nach einer
Mittheilung der „N. Fr. Pr.“ ſchon ſo zerrütet,
daß der Fehlbetrag des letzten Jahres neunzig
Millionen Lire beträgt und die ſchwebende Schuld
bereits die Höhe von achthundert Millionen Lire
erreicht haben ſoll. Die Lage wird als eine ge-
radezu troſtloſe geſchildert; Erſparungen am
Budget und Steuererhöhungen ſeien unmöglich,
weil das Parlament nicht zuſtimmen werde. Man
denke bereits daran, daß die Negierung die
nothwendigen Maßregeln durch königliche Verord-
nungen ins Werk ſetzen werde. Es regen ſich
alſo auch in Italien Staatsſtreichpläne.

(Die Unruhen in Italien.)

Ein Bericht
aus Rom macht darauf aufmerkſam, daß nicht
bloß Maſſa und Carrara ſocialiſtiſch durchwühlt
ſind, ſondern daß ſich um dieſen Mittelpunct noch
weitere Agitationsherde gruppiren, und zwar
Livorno, wo geradezu beklagenswerthe wirthſchaft-
liche Zuſtände herrſchen, ferner Piſa und Spezzia
wo eine nicht unbedeutende Zahl von Arbeitern
von auswärts kommenden Loſungsworten gehorcht.
Auch hier ſei eine ſcharfe Ueberwachung nothwen-
dig. In den letzten Tagen ging das Gerücht, es
gähre auch in der Romagna. Eine officiöſe Mit-
theilung aus Rom widerſpricht demſelben mit
folgenden Worten: „Die in den letzten Tagen
verbreiteten Gerüchte, wonach ſich auch in der
Romagna eine Agitation bemerkbar mache, welche
den Ausbruch von Ruheſtörungen befürchten laſſe,
beruhen lediglich auf Vermuthungen, die ſich auf
die bekannte Thatſache, daß die Romagna ſeit
Jahrhunderten eine ſchwer regierbare Provinz iſt,
ſtützen. Die in der Hauptſtadt bisher einlaufen-
den Berichte berechtigen zu der Erwartung, daß
die öffentliche Ordnung in der Romagna keine
Störung erfahren werde. Die Regierung hat
übrigens nicht unterlaſſen, alle im Hinblick auf
die Möglichkeit der angedeuteten Gefahr gebotenen
vorbeugenden Maßregeln zu treffen.“ Wer den
officiöſen Styl kennt und zwiſchen den Zeilen zu
[Spaltenumbruch] leſen verſteht, wird leicht heraus finden, daß that-
ſächlich die Romagna ſtark gefährdet iſt.




Locales und Provinzielles.


(Seine kaiſerl. Hoheit Herr Erzherzog
Joſef Ferdinand,)

welcher, wie wir bereits
meldeten, zum k. u. k. Infanterie-Regimente Nr.
93 transferirt wurde, iſt geſtern Sonntag Morgens
2 Uhr 44 Minuten mit der Nordbahn hier ein-
getroffen und begab ſich in Begleitung ſeines
Kammervorſtehers Herrn Major Rudnov.
Rudzinsky
in die Stadt, wo er im „Hotel
Lauer“ das Abſteigequartier nahm. Ein Empfang
fand am Bahnhofe nicht ſtatt. Geſtern Vormittags
erſchien Se. Excellenz der Truppen-Diviſionär
FML. Ritter v. Gold im Hotel und machte
ſeine Aufwartung. Bald darauf fuhr Se. kaiſ.
Hoheit Herr Erzherzog Eugen vor dem „Hotel
Lauer“ vor und ſtattete dem Herrn Erzherzog
Joſef Ferdinand einen längeren Beſuch ab.
Nachmittags fand in der Officiersmeſſe des 93.
Inf.-Regtes. zu Ehren des Herrn Erzherzogs ein
Diner ſtatt, an welchem auch Se. kaiſ. Hoheit der
Herr Erzherzog Eugen theilnahm. Eine Abtheilung
der Regiments-Capelle beſorgte die Tafelmuſik. Um
3 Uhr Nachm. verließen die Herren Erzherzoge
die Officiersmeſſe und begaben ſich in das „Hotel
Lauer.“ Abends wohnten die Herren Erzherzoge
der Theatervorſtellung bis zum Schluſſe bei. —
Heute Vormittags 10 Uhr 50 Min. fand im
großen Saale des Militär Caſinos die Vorſtel-
lung der Herten Officiere der übrigen Truppen-
körper und der Militärbeamten ſtatt. Heute Mit-
tags wurde das hochw. getreue Metropolitanca-
pitel von dem Herrn Erzherzog Joſef Ferdinand
empfangen. Wie wir erfahren wird der Herr
Erzherzog nur heute und morgen Audienzen er-
theilen. Nach dieſen beiden Tagen finden Audien-
zen nicht mehr ſtatt. Am nächſten Mittwoch tritt
der Herr Erzherzog ſeinen Dienſt im Inf.-Rgte.
Nr. 93 an.

(Beſtätigte Präſidenten-Wahl.)

Der
Kaiſer hat mit Allerhöchſter Entſchließung vom
2. Jänner d. J. die Wahl des Fürſten Hugo
zu Salm-Reifferſcheid
zum Präſidenten
der mähriſchen Geſellſchaft zur Beförderung der
Landwirthſchaft, der Natur- und Landeskunde be-
ſtätigt.

(Perſonales.)

Die in dem Befinden des
erkrankten Kammerpräſidenten Herrn Moritz
Primaveſi vorgeſtern eingetretene Beſſerung
hält in erfreulicher Weiſe an.

(Perſonalnachricht.)

Der Herr k. k. Statt-
haltereirath und Leiter der Bezirkshauptmann-
ſchaft Dr. Hermann Freiherr v. Pillerstorff
hat Sonntag einen längeren Urlaub angetreten.
Die Leitung der Bezirkshauptmannſchaft hat der
k. k. Bezirks-Commiſſär Herr Dr. Carl Freiherr
v. Heinold übernommen.

(Trauung.)

Geſtern Vormittags fand in
der hieſigen St. Michaelskirche die Trauung des
Frl. Marie Bayer, einer Tochter des hieſigen
Advocaten und Stadtverordneten Hrn. Dr. Conrad
Bayer, welche noch von den hieſigen Wohl-
thätigkeits-Vorſtellungen in beſter Erinnerung
unſeres Publicums ſteht, mit Herrn Antonin
Zagorski, Ingenieur und Baumeiſter in Wien,
Ritter des Franz Joſef-Ordens und Ehrenbür-
gers von Ottakring ſtatt.

(Ernennung.)

Der Handelsminiſter hat
den Caſſier der Poſt-Directionscaſſa in Brünn
Rudolf Hoffer zum Hauptcaſſier bei dieſer
Caſſa ernannt.

(Leichenbegängniße.)

Geſtern Nachmittags
4 Uhr fand von der Radetzkyſtraße aus das
Leichenbegängniß des Frls. Julie Vrzal, der
Schweſter des Herrn Gymnaſialdirectors Dr. Vrzal,
unter zahlreicher Betheiligung ſtatt. Hinter dem
mit vielen prächtigen Kränzen geſchmückten Sarge
folgten die trauernden Angehörigen, ferner be-
merkten wir u. A.: Herrn Bürgermeiſter v. Engel,
mehrere Herren Domprälaten, Herrn Gemeinde-
rath Dir. Thannabaur, Herrn kaiſ. Rath
Carl Graeſer, Herrn Gymnaſialdirecotr Seyß,
zahlreiche Profeſſoren des ſlaviſchen und deutſchen
Gymnaſiums ſowie eine große Anzahl von
Schülern des ſlaviſchen Gymnaſiums. Auf dem
Friedhofe fand ſodann die nochmalige Einſegnung
der Leiche ſtatt. — Von der Landeskrankenanſtalt
aus fand am Samſtag Nachmittag ½4 Uhr das
Leichenbegängniß des beim k. k. Hauptzollamte
[Spaltenumbruch] bedienſtet geweſenen ehem. Feldwebels des 93.
Inftr.-Regts., Herrn Felix Nitka, ſtatt. Dem
Sarge folgte eine große Anzahl Leidtragender,
unter ihnen viele Kameraden des Verblichenen.
Die Trauermuſik wurde von der Muſikcapelle des
93. Inftr.-Regts. beſorgt. Die Unterofficiere des
54. und 93 Inftr.-Regts. legten auf den Sarg
des Verblichenen je einen mit Schleifen geſchmück-
ten Kranz nieder.

(Todesfall.)

Unſere ſtädt. Sicherheitswache
hat durch den vorgeſtern Nachts, erfolgten Tod
des ſtädt. Wachführers Herrn Franz Urban
einen Verluſt erlitten, indem der Verblichene zu
den tüchtigſten und eifrigſten Mitgliedern derſel-
ben zählte. Herr Urban war vor Kurzem an
einer Lungenentzündung erkrankt, welche den im
kräftigſten Mannesalter ſtehenden Mann dahin-
raffte. Bei ſeinen Vorgeſetzten war Urban, der
durch 19 Jahre im ſtädt. Dienſte ſtand, ſehr be-
liebt und erfreute ſich allgemeiner Achtung. Das
Begräbniß findet morgen Nachmittags 3 Uhr ſtatt.

(Das Masken- und Coſtümefeſt unſeres
Franenvereines),

welches Samſtag Nachts im
prächtig geſchmückten, in eine coloſſale Eishöhle
umgewandelten ſtädt. Redoutenſaale ſtattfand.
reihte ſich in würdigſter Weiſe den früheren Ver-
anſtaltungen des genannten Vereines an. Den
größten Glanz erhielt dieſes wohlgelungene Feſt
dadurch, daß es von Sr. kaiſ. Hoheit, dem Herrn
Erzherzog Eugen, welcher auch das Protectorat
über dasſelbe huldvollſt übernommen hatte, durch
längeren Beſuch ausgezeichnet wurde. Wenn wir
zu unſerem Referate über dieſes Feſt ſchreiten, ſo
müſſen wir zunächſt der prächtigen Ausſchmückung
gedenken, welche der Redoutenſaal dießmal er-
halten hatte. Nach Durchſchreitung des Veſtibules,
welches in eine Felſengrotte umgewandelt und in
welchem ein in grünem Lichtſchimmer ſtrahlender
Waſſerfall angebracht war, gelangte man in den mit
Hunderten von electriſchen, färbigen Glühlichtern
glänzend beleuchteten Saal, deſſen Seitenwände
die Eisdecorationen einnahmen, während der
große Luſter einen rieſigen Eisklumpen darſtellte.
Sowohl die prächtigen vom Herrn Theater-
meiſter Geißler angefertigten, der Natur getreulich
nachgeahmten Eisdecorationen mit ihren hun-
derten von Eiskriſtallen, ſowie die effectvolle von
Herrn Paſſinger beigeſtellte electriſche Beleuch-
tung verliehen dem Saale einen geradezu wun-
derbaren, kaum mehr zu überbietenden Reiz. Es
herrſchte denn auch nur eine Stimme der Be-
wunderung über dieſe herrliche, in ihrer Art
einzig daſtehende Ausſchmückung, die unſer alters-
grauer Redoutenſaal von Meiſterhand erhalten
hatte. Während die Feſttheilnehmer in der Mitte des
Saales Aufſtellung genommen hatten und dem Ein-
zuge der coſtümirten Gruppen entgegenharrten, es war
gegen 9 Uhr, traf die Nachricht ein, daß der hohe
Protector des Feſtes Se. kaiſ. Hoheit der Herr
Erzherzog Eugen das Theatergebäude betreten
habe. Kurz darauf traf der Herr Erzherzog in
Begleitung Se. Excellenz des Herrn Diviſionärs
FML. R. v. Gold an der Saalpforte ein, wo
er von der Präſidentin des Frauenvereines Frau
Marie Schrötter, den Damen des Vereinsaus-
ſchuſſes und dem Feſtcomité ehrerbietigſt begrüßt
und empfangen wurde, während die Muſikcapelle
die Volkshymne anſtimmte. Se. kaiſ. Hoheit, der
von der Saaldecoration ſichtlich im hohen Grade
befriedigt war, nahm huldvollſt die ihm ange-
botene Tanzordnung im himmelblauen Sammt
entgegen, ließ ſich die Damen des Comité’s
vorſtellen, reichte hierauf Frau Marie Schrötter
den Arm und verfügte ſich mit derſelben
an die Stirnſeite des Saales, worauf Fanfaren
ertönten und der coſtümirte Feſtzug in zwei
Abtheilungen ſeinen Einzug hielt. Denſelben
eröffnete Prinz Carneval und zwei Fan-
farenbläſer; gleichzeitig ertönten vom Orcheſter
die Klänge des Einzugsmarſches. War auch dies-
mal die Zahl der coſtümirten Feſtbeſucher keine
ſo große, wie bei ähnlichen Feſten in früheren
Jahren, ſo war die Anzahl derſelben doch noch
immer eine ſtattliche zu nennen. Unſere reizende
Damenwelt hatte durchaus geſchmackvolle, mitunter
ganz prächtige Coſtümes gewählt, welche im Glanze
der electriſchen Beleuchtung beſtens zur Geltung
gelangten. Man ſah da gluthäugige Zigeunerinnen,
prächtige Spanierinnen, Magyarinnen und Ma-
gyaren, Polinnen, Orientalinnen, Teufelinnen,
eine reizende Gruppe von drei Sarnthalerinnen,
feſche Tiroler Mädeln, hübſche Damen im Alt-
wiener Coſtüm, einen ſtrammen Minneſänger

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[[3]/0003] gebildet, in deſſen erſter Verſammlung Dr. Otto Steinwender einhellig als Candidat aufgeſtellt wurde; eine Deputation des Vereines wird ihn zur Annahme der Wiederwahl zu beſtimmen ver- ſuchen. Es gilt übrigens bereits als feſtſtehend, daß Profeſſor Steinwender ſich nicht zu ſehr ſträuben wird, und ſeine Wiederwahl dürfte auch als geſichert anzuſehen ſein. Alle anderen Candi- daturen, von denen bisher die Rede iſt, ſind ausſichtslos. — Erwähnt ſei ſchließlich noch die Thatſache, daß die Wahlſtädte Greifenburg, Gmünd, Hermagor und Spittal den Dr. Stein- wender zum Ehrenbürger ernannt haben. (Die Vorgänge in der letzten Sitzung des Wiener Gemeinderathes) werden im Wiener Rathhauſe eifrig beſprochen. Da an eine erſprießliche Arbeit in der Gemeindevertretung nicht mehr zu denken iſt, ſo glaubt man allge- mein, daß die Auflöſung des Gemeinde- rathes nahe bevorſtehe. Im übrigen, heißt es, daß infolge der freitägigen Scenen Gemeinderath Gregorig gegen Stiasny und Lueger gegen Frauenberger Ehrenbeleidigungs- klagen einbringen werden. (Ein Zwiſchenfall im Berliner Reichs- tage.) Bei Berathung der Weinſteuer im deutſchen Reichstag ereignete ſich Samſtag ein bedeutſamer Zwiſchenfall. Payer, von der Württemberger Volkspartei, polemiſirte gegen die Vorlage und wunderte ſich, daß ſeine Regierung dem Entwurf zuſtimmte. Sofort erhob ſich Miniſterpräſident v. Mittnacht und gab die Erklärung ab, daß Württemberg nie für die Weinſteuer zu haben ſei, und auch jetzt im Bundesrathe gegen das Miquel’ſche Project geſtimmt habe. Dieſe Aeuße- rung erregte große Senſation, denn noch nie war es vorgekommen, daß ein Miniſter gegen eine Regierungsvorlage ſprach. Abg. Kardorf ſprang auf und verlangte ſofortige Vertagung, da die Rede Mittnacht’s eine trübe Perſpective auf ſelt- ſame Verhältniſſe im Bundesrath eröffne. Man müſſe vertagen, damit ſich der Reichskanzler äußern könne. Es entſtand großer Lärm. Einige Redner ſtimmten zu, andere, wie Richter, Singer eiferten dagegen, weil eine Verlagung eine Cenſur der freien Meinungsäußerung des bundesſtaatlichen Miniſters bedeuten würde. Mittnacht ſelbſt er- klärte, daß er den Reichskanzler vorher verſtändigt hatte. Darauf wurde der Vertagungsantrag ab- gelehnt und die Weinſteuerverhandlung an die Commiſſion gewieſen. (Die Jinanzen Italiens) ſind nach einer Mittheilung der „N. Fr. Pr.“ ſchon ſo zerrütet, daß der Fehlbetrag des letzten Jahres neunzig Millionen Lire beträgt und die ſchwebende Schuld bereits die Höhe von achthundert Millionen Lire erreicht haben ſoll. Die Lage wird als eine ge- radezu troſtloſe geſchildert; Erſparungen am Budget und Steuererhöhungen ſeien unmöglich, weil das Parlament nicht zuſtimmen werde. Man denke bereits daran, daß die Negierung die nothwendigen Maßregeln durch königliche Verord- nungen ins Werk ſetzen werde. Es regen ſich alſo auch in Italien Staatsſtreichpläne. (Die Unruhen in Italien.) Ein Bericht aus Rom macht darauf aufmerkſam, daß nicht bloß Maſſa und Carrara ſocialiſtiſch durchwühlt ſind, ſondern daß ſich um dieſen Mittelpunct noch weitere Agitationsherde gruppiren, und zwar Livorno, wo geradezu beklagenswerthe wirthſchaft- liche Zuſtände herrſchen, ferner Piſa und Spezzia wo eine nicht unbedeutende Zahl von Arbeitern von auswärts kommenden Loſungsworten gehorcht. Auch hier ſei eine ſcharfe Ueberwachung nothwen- dig. In den letzten Tagen ging das Gerücht, es gähre auch in der Romagna. Eine officiöſe Mit- theilung aus Rom widerſpricht demſelben mit folgenden Worten: „Die in den letzten Tagen verbreiteten Gerüchte, wonach ſich auch in der Romagna eine Agitation bemerkbar mache, welche den Ausbruch von Ruheſtörungen befürchten laſſe, beruhen lediglich auf Vermuthungen, die ſich auf die bekannte Thatſache, daß die Romagna ſeit Jahrhunderten eine ſchwer regierbare Provinz iſt, ſtützen. Die in der Hauptſtadt bisher einlaufen- den Berichte berechtigen zu der Erwartung, daß die öffentliche Ordnung in der Romagna keine Störung erfahren werde. Die Regierung hat übrigens nicht unterlaſſen, alle im Hinblick auf die Möglichkeit der angedeuteten Gefahr gebotenen vorbeugenden Maßregeln zu treffen.“ Wer den officiöſen Styl kennt und zwiſchen den Zeilen zu leſen verſteht, wird leicht heraus finden, daß that- ſächlich die Romagna ſtark gefährdet iſt. Locales und Provinzielles. Olmütz, 22. Jänner. (Seine kaiſerl. Hoheit Herr Erzherzog Joſef Ferdinand,) welcher, wie wir bereits meldeten, zum k. u. k. Infanterie-Regimente Nr. 93 transferirt wurde, iſt geſtern Sonntag Morgens 2 Uhr 44 Minuten mit der Nordbahn hier ein- getroffen und begab ſich in Begleitung ſeines Kammervorſtehers Herrn Major Rudnov. Rudzinsky in die Stadt, wo er im „Hotel Lauer“ das Abſteigequartier nahm. Ein Empfang fand am Bahnhofe nicht ſtatt. Geſtern Vormittags erſchien Se. Excellenz der Truppen-Diviſionär FML. Ritter v. Gold im Hotel und machte ſeine Aufwartung. Bald darauf fuhr Se. kaiſ. Hoheit Herr Erzherzog Eugen vor dem „Hotel Lauer“ vor und ſtattete dem Herrn Erzherzog Joſef Ferdinand einen längeren Beſuch ab. Nachmittags fand in der Officiersmeſſe des 93. Inf.-Regtes. zu Ehren des Herrn Erzherzogs ein Diner ſtatt, an welchem auch Se. kaiſ. Hoheit der Herr Erzherzog Eugen theilnahm. Eine Abtheilung der Regiments-Capelle beſorgte die Tafelmuſik. Um 3 Uhr Nachm. verließen die Herren Erzherzoge die Officiersmeſſe und begaben ſich in das „Hotel Lauer.“ Abends wohnten die Herren Erzherzoge der Theatervorſtellung bis zum Schluſſe bei. — Heute Vormittags 10 Uhr 50 Min. fand im großen Saale des Militär Caſinos die Vorſtel- lung der Herten Officiere der übrigen Truppen- körper und der Militärbeamten ſtatt. Heute Mit- tags wurde das hochw. getreue Metropolitanca- pitel von dem Herrn Erzherzog Joſef Ferdinand empfangen. Wie wir erfahren wird der Herr Erzherzog nur heute und morgen Audienzen er- theilen. Nach dieſen beiden Tagen finden Audien- zen nicht mehr ſtatt. Am nächſten Mittwoch tritt der Herr Erzherzog ſeinen Dienſt im Inf.-Rgte. Nr. 93 an. (Beſtätigte Präſidenten-Wahl.) Der Kaiſer hat mit Allerhöchſter Entſchließung vom 2. Jänner d. J. die Wahl des Fürſten Hugo zu Salm-Reifferſcheid zum Präſidenten der mähriſchen Geſellſchaft zur Beförderung der Landwirthſchaft, der Natur- und Landeskunde be- ſtätigt. (Perſonales.) Die in dem Befinden des erkrankten Kammerpräſidenten Herrn Moritz Primaveſi vorgeſtern eingetretene Beſſerung hält in erfreulicher Weiſe an. (Perſonalnachricht.) Der Herr k. k. Statt- haltereirath und Leiter der Bezirkshauptmann- ſchaft Dr. Hermann Freiherr v. Pillerstorff hat Sonntag einen längeren Urlaub angetreten. Die Leitung der Bezirkshauptmannſchaft hat der k. k. Bezirks-Commiſſär Herr Dr. Carl Freiherr v. Heinold übernommen. (Trauung.) Geſtern Vormittags fand in der hieſigen St. Michaelskirche die Trauung des Frl. Marie Bayer, einer Tochter des hieſigen Advocaten und Stadtverordneten Hrn. Dr. Conrad Bayer, welche noch von den hieſigen Wohl- thätigkeits-Vorſtellungen in beſter Erinnerung unſeres Publicums ſteht, mit Herrn Antonin Zagorski, Ingenieur und Baumeiſter in Wien, Ritter des Franz Joſef-Ordens und Ehrenbür- gers von Ottakring ſtatt. (Ernennung.) Der Handelsminiſter hat den Caſſier der Poſt-Directionscaſſa in Brünn Rudolf Hoffer zum Hauptcaſſier bei dieſer Caſſa ernannt. (Leichenbegängniße.) Geſtern Nachmittags 4 Uhr fand von der Radetzkyſtraße aus das Leichenbegängniß des Frls. Julie Vrzal, der Schweſter des Herrn Gymnaſialdirectors Dr. Vrzal, unter zahlreicher Betheiligung ſtatt. Hinter dem mit vielen prächtigen Kränzen geſchmückten Sarge folgten die trauernden Angehörigen, ferner be- merkten wir u. A.: Herrn Bürgermeiſter v. Engel, mehrere Herren Domprälaten, Herrn Gemeinde- rath Dir. Thannabaur, Herrn kaiſ. Rath Carl Graeſer, Herrn Gymnaſialdirecotr Seyß, zahlreiche Profeſſoren des ſlaviſchen und deutſchen Gymnaſiums ſowie eine große Anzahl von Schülern des ſlaviſchen Gymnaſiums. Auf dem Friedhofe fand ſodann die nochmalige Einſegnung der Leiche ſtatt. — Von der Landeskrankenanſtalt aus fand am Samſtag Nachmittag ½4 Uhr das Leichenbegängniß des beim k. k. Hauptzollamte bedienſtet geweſenen ehem. Feldwebels des 93. Inftr.-Regts., Herrn Felix Nitka, ſtatt. Dem Sarge folgte eine große Anzahl Leidtragender, unter ihnen viele Kameraden des Verblichenen. Die Trauermuſik wurde von der Muſikcapelle des 93. Inftr.-Regts. beſorgt. Die Unterofficiere des 54. und 93 Inftr.-Regts. legten auf den Sarg des Verblichenen je einen mit Schleifen geſchmück- ten Kranz nieder. (Todesfall.) Unſere ſtädt. Sicherheitswache hat durch den vorgeſtern Nachts, erfolgten Tod des ſtädt. Wachführers Herrn Franz Urban einen Verluſt erlitten, indem der Verblichene zu den tüchtigſten und eifrigſten Mitgliedern derſel- ben zählte. Herr Urban war vor Kurzem an einer Lungenentzündung erkrankt, welche den im kräftigſten Mannesalter ſtehenden Mann dahin- raffte. Bei ſeinen Vorgeſetzten war Urban, der durch 19 Jahre im ſtädt. Dienſte ſtand, ſehr be- liebt und erfreute ſich allgemeiner Achtung. Das Begräbniß findet morgen Nachmittags 3 Uhr ſtatt. (Das Masken- und Coſtümefeſt unſeres Franenvereines), welches Samſtag Nachts im prächtig geſchmückten, in eine coloſſale Eishöhle umgewandelten ſtädt. Redoutenſaale ſtattfand. reihte ſich in würdigſter Weiſe den früheren Ver- anſtaltungen des genannten Vereines an. Den größten Glanz erhielt dieſes wohlgelungene Feſt dadurch, daß es von Sr. kaiſ. Hoheit, dem Herrn Erzherzog Eugen, welcher auch das Protectorat über dasſelbe huldvollſt übernommen hatte, durch längeren Beſuch ausgezeichnet wurde. Wenn wir zu unſerem Referate über dieſes Feſt ſchreiten, ſo müſſen wir zunächſt der prächtigen Ausſchmückung gedenken, welche der Redoutenſaal dießmal er- halten hatte. Nach Durchſchreitung des Veſtibules, welches in eine Felſengrotte umgewandelt und in welchem ein in grünem Lichtſchimmer ſtrahlender Waſſerfall angebracht war, gelangte man in den mit Hunderten von electriſchen, färbigen Glühlichtern glänzend beleuchteten Saal, deſſen Seitenwände die Eisdecorationen einnahmen, während der große Luſter einen rieſigen Eisklumpen darſtellte. Sowohl die prächtigen vom Herrn Theater- meiſter Geißler angefertigten, der Natur getreulich nachgeahmten Eisdecorationen mit ihren hun- derten von Eiskriſtallen, ſowie die effectvolle von Herrn Paſſinger beigeſtellte electriſche Beleuch- tung verliehen dem Saale einen geradezu wun- derbaren, kaum mehr zu überbietenden Reiz. Es herrſchte denn auch nur eine Stimme der Be- wunderung über dieſe herrliche, in ihrer Art einzig daſtehende Ausſchmückung, die unſer alters- grauer Redoutenſaal von Meiſterhand erhalten hatte. Während die Feſttheilnehmer in der Mitte des Saales Aufſtellung genommen hatten und dem Ein- zuge der coſtümirten Gruppen entgegenharrten, es war gegen 9 Uhr, traf die Nachricht ein, daß der hohe Protector des Feſtes Se. kaiſ. Hoheit der Herr Erzherzog Eugen das Theatergebäude betreten habe. Kurz darauf traf der Herr Erzherzog in Begleitung Se. Excellenz des Herrn Diviſionärs FML. R. v. Gold an der Saalpforte ein, wo er von der Präſidentin des Frauenvereines Frau Marie Schrötter, den Damen des Vereinsaus- ſchuſſes und dem Feſtcomité ehrerbietigſt begrüßt und empfangen wurde, während die Muſikcapelle die Volkshymne anſtimmte. Se. kaiſ. Hoheit, der von der Saaldecoration ſichtlich im hohen Grade befriedigt war, nahm huldvollſt die ihm ange- botene Tanzordnung im himmelblauen Sammt entgegen, ließ ſich die Damen des Comité’s vorſtellen, reichte hierauf Frau Marie Schrötter den Arm und verfügte ſich mit derſelben an die Stirnſeite des Saales, worauf Fanfaren ertönten und der coſtümirte Feſtzug in zwei Abtheilungen ſeinen Einzug hielt. Denſelben eröffnete Prinz Carneval und zwei Fan- farenbläſer; gleichzeitig ertönten vom Orcheſter die Klänge des Einzugsmarſches. War auch dies- mal die Zahl der coſtümirten Feſtbeſucher keine ſo große, wie bei ähnlichen Feſten in früheren Jahren, ſo war die Anzahl derſelben doch noch immer eine ſtattliche zu nennen. Unſere reizende Damenwelt hatte durchaus geſchmackvolle, mitunter ganz prächtige Coſtümes gewählt, welche im Glanze der electriſchen Beleuchtung beſtens zur Geltung gelangten. Man ſah da gluthäugige Zigeunerinnen, prächtige Spanierinnen, Magyarinnen und Ma- gyaren, Polinnen, Orientalinnen, Teufelinnen, eine reizende Gruppe von drei Sarnthalerinnen, feſche Tiroler Mädeln, hübſche Damen im Alt- wiener Coſtüm, einen ſtrammen Minneſänger

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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 17, Olmütz, 22.01.1894, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches17_1894/3>, abgerufen am 22.11.2024.