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Mährisches Tagblatt. Nr. 167, Olmütz, 24.07.1889.

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[Spaltenumbruch]

Wir im katholischen Oesterreich waren alle-
zeit an Klöster gewöhnt und es gibt hier solche
Anstalten, welche auch im Lichte der Oeffentlichkeit
und der allgemeinen Achtung gedeihen. Aber die
Einrichtung droht nun zum Fluche zu werden.
Der Staat hat in früheren Zeiten darauf gese-
hen, daß die Klöster in keinem schreienden Miß-
verhältnisse zu der anderen menschlichen Gesell-
schaft stehen. Heute scheint dies anders geworden.
Es scheint der Grundsatz zu gelten, daß es nicht
genug Klöster geben könne, daß sie nicht groß,
zahlreich bevölkert und nicht genug mit irdischem
Besitz ausgestattet sein können. Das wird sich
bitter rächen. In den Frauenklöstern werden In-
dustrieen betrieben, -- über die Strafhäuser, in
denen gearbeitet wird, ist das Geschrei groß, die
Concurrenz der vielen Klöster, von denen einige
sogar Land- oder Milchwirthschaft betreiben, wird
übersehen. Gerade im Kirchenstaate der Päpste
kam es zu allererst zu Amortisationsgesetzen der
Klostergüter. In allen katholischen Staaten sah
man sich veranlaßt, den Erwerbsgeist der Klöster
einzuschränken, weil sie mit reißender Geschwin-
digkeit alles bewegliche und unbewegliche Vermö[-]
gen an sich brachten. Man sah sich genöthigt, die
Erben, die Familien gegen die Habsucht der Klö-
ster zu schützen. Das Klosterwesen, wie es bei
uns jetzt überhanb nimmt, ist undeutsch, ist ein
Tropfen des Orients im germanischen Blute. Es
wird und muß dagegen ernsthaft Stellung ge-
nommen und wenigstens wieder auf ein halbwegs
erträgliches Maß zurückgeführt werden, sonst wird
das Klosterwesen nicht nur den Bürger arm
machen, sondern auch den Staat.




Politische Nachrichten.
(Der jungtschechische Wahlsieg)

läßt die
Regierungsparteien noch immer nicht zur Ruhe
kommen. Neuerdings verlautet wieder, allerdings
von jungtschechischer Seite, Fürst Liechtenstein sei
in großem Zwiespalt mit den Mitgliedern seines
Clubs gerathen und wolle sich in Folge dessen
sogar von der parlamentarischen Thätigkeit zurück-
ziehen. Diese Nachricht wird aber wohl kaum so
ernst aufzufassen sein. Dagegen werden die Cle-
ricalen ihren Wünschen nach der confessionellen
Schule große Zurückhaltung auferlegen müssen,
wenn sie nicht den anderen Mehrheitsparteien und
der Regierung gefährliche Hindernisse in den Weg
legen wollen.

(Die Politik Deutschlands.)

Die "Pol.
Corr." befaßt sich in einer Berliner Cor-
respondenz mit den verschiedenen Kundgebun-
[Spaltenumbruch] gen der Blätter über die angeblichen mili-
tärischen Unterströmungen und erörtert eingehend
den Begriff "officiös", nachdem bald dieses, bald
jenes Blatt so bezeichnet werde. Dann heißt es
weiter: "Es gibt in Deutschland nur eine Poli-
tik, die des Kaisers, welcher die Leitung dersel-
ben einem langjährig bewährten Vertrauensmann,
der sich in vollster Uebereinstimmung mit ihm
befindet, überlassen hat. Es widerspräche allen
Traditionen der deutschen Regierung, wie wir sie
seit 30 Jahren kennen, daß irgend ein hoher
Beamter oder hervorragender Diener des Staa-
tes den Versuch machen sollte, die Politik des
Kaisers, wie sie durch seinen obersten Reichsbe-
amten gehandhabt wird, zu durchkreuzen. Der
Gedanke an die Möglichkeit eines solchen Vor-
habens wird von jedem Sachverständigen als
vollständig ausgeschlossen bezeichnet werden. Da-
mit wird aber jene Erklärung hinfällig, wornach
an leitender Stelle Zwiespältigkeiten bestehen soll-
ten, welche durch sich widersprechende Kundge-
bungen vor die Oeffentlichkeit gezogen würden.
Vollends der zweite Erklärungsversuch, wornach
die deutsche Reichsregierung ihre Ansichten über
Dieses oder Jenes von heute auf morgen ändere,
wird wohl von Niemandem ernstlich unternom-
men werden. Wenn je die Politik eines großen
Landes als eine "zielbewußte" bezeichnet werden
durfte, kann dies sicherlich auf die deutsche Re-
gierung angewandt werden."

(Die Lage auf Kreta)

wird eine
ernste. Heute wird schon officiell von Insurgen-
ten gesprochen, welche die Behörden in Vamos
und Cidonia vertrieben, welche Archive plünder-
ten und verbrannten. Ein revolutionärer Aus-
schuß sitzt in Buzamaria und die Consuln der
Mächte suchen sich mit demselben ins Einverneh-
men zu setzen. Offen wird jetzt die Annexion
durch Griechenland verlangt. Daß die eigenthüm-
liche Rede Lord Salisbury's zu dem Entflam-
men der Bewegung wesentlich beiträgt, steht fest
und die Pforte wird ihre liebe Noth haben, mit
Truppen die entfesselten Geister zu bannen. Hat
es doch fast den Anschein, als ob gewisse Mächte
ihr dabei in den Arm fallen wollten. Jedenfalls
ist die Lage jetzt, wo die Athener Presse offen
für die Kretenser Partei nimmt, eine sehr kriti-
sche geworden und man darf auf Ueberraschun-
gen gefaßt sein.

(Die Boulangisten.)

In Frankreich geht
gegenwärtig der gerichtliche und politische Kampf
gegen den General Boulanger und seinen Anhang
allem Anderen an Interesse vor. Der General
hat bekanntlich die am nächsten Sonntag statt-
[Spaltenumbruch] findenden Wahlen der Generalräthe der Depar-
tements ausersehen, um der Regierung und dem
Lande einen Beweis von der Macht feines Na-
mens zu geben. Er wollte sich in 80 Bezirken
zum Generalrathe wählen lassen und einer großen
Anzahl anderer Bezirke die Candidaten unter
seinen Anhängern bezeichnen. Und nun soll, wie
die "Republique Francaise" angezeigt, eine ge-
richtliche Ordonnanz ergehen, welche Boulan-
ger, Rochefort und Dillon noch am Tage vor
der Wahl die Wahlfähigkeit und ihre sonstigen
politischen und bürgerlichen Rechte entzieht. Es
ist nur abzuwarten, welchen Erfolg diese Maß-
regeln auf die Wählerschaften haben werden. --
Der Pariser Correspondent der "Köln. Ztg."
schreibt über diese Angelegenheit: "Selbst Dieje-
nigen, die geneigt sein sollten, die Anklagen
Quesnay de Beaurepaire's gegen Boulanger ohne
Weiteres für unanfechtbar zu halten, werden nicht
in Abrede stellen können, daß ein sehr bedeuten-
der Theil der Nation diesen überzeugenden Ein-
druck nicht erhalten hat; vor Allem aber werden
sie sich sagen müssen, daß die Boulangisten durch
die Anklageschrift nicht im mindesten entmuthigt
sind, da sie sich nicht scheuen, offen zum Angriffe
vorzugehen. Die Absicht Boulangers, bei achtzig
Generalrathswahlen als Candidat aufzutreten, ist
sicher kein Beweis der Entmuthigung, sondern
zeugt viel eher von großem Vertrauen in seinen
Einfluß und seine Kraft, denn es liegt auf der
Hand, daß ein Mißerfolg bei diesem "Plebiscit"
sehr ungünstige Folgen für die allgemeinen
Wahlen haben würde. Das wissen die Boulan-
gisten so gut wie Andere, und wenn sie daher
jetzt eine Generalprobe wagen, so thun sie es
nur, weil sie des Erfolges sicher zu sein glauben.




Locales und Provinzielles.


(Persenales)

Se. Eminenz der Cardinal-
Fürsterzdischof Landgraf Fürstenberg wird sich
am nächsten Freitag, den 26. d. M. zum Cur-
gebrauche nach Gastein begeben.

(Militärisches.)

Durch telegrafische Ordre
wurde der Generalmajor Leopold Gustas, Com-
mandant der 27. Insanterie-Brigade in Preßburg,
als Brigadier nach Banjaluka versetzt. Auf
seinen Posten soll GM. Vojnovits kommen Ge-
neralmajor Gustas ist ein geborener Olmützer.

(Zur Stadterweiterung.)

Wie wir gestern
meldeten, hat das Stadtverordneten-Collegium in
seiner letzten Sitzung beschlossen eine Immediat-




[Spaltenumbruch]

-- Sehen Sie Freundchen, flüsterte Goltz
mir zu, das ist die Folge Ihrer Neugier. Wa-
rum mischen Sie sich in andere Angelegenheiten?!

Ich hatte eine abscheuliche Nacht hinter mir
und war demnach mißvergnügt. Die Arbeit
wollte mir nicht munden, und ich bereitete mich
schon zum Ausgang, als gegen 10 Uhr nach mir
gefragt wurde. Ich öffnete die Thür und war
erstaunt, Magda vor mir zu sehen.

-- Ist das Wirklichkeit? oder treibt der
Traumdämon noch sein Spiel mit mir? fragte
ich mich. Doch nein, es war Wirklichleit; denn
Magda brachte mir eine Einladung einer befreun-
deten Familie, bei der sie als Stubenmädchen im
Dienst stand. Ich benutzte die Gelegenheit, um
mit dem schönen Mädchen ein Gespräch anzu-
knüpfen.

-- Sind Sie nicht aus Thorn? fragte ich.

-- Nein, aus Neidenburg! antwortete sie.

-- Ist es Zufall, der Sie in das Schrö-
der'sche Haus geführt hat?

-- Nein, meine Mutter war schon bei Frau
Schröder im Dienst.

-- War es nöthig, daß Sie aus dem El-
ternhause in die Fremde mußten?

-- Das wohl nicht: meine Eltern aber
wünschten, daß ich mich außerhalb umthun sollte,
antwortete sie: Darf ich mir jedoch die Antwort
auf den Brief, denn ich Ihnen überbracht habe,
erbitten? Ich habe Eile.

-- Sagen Sie nur, ich käme. Kaum war
die Antwort gegeben, so hatte Magda auch den
Rückweg angetreten.

Die Einladung, die ich empfangen hatte,
trug die Bemerkung: "Umstände werden nicht
gemacht." Das war keine Phrase. Man plauderte
ungezwungen, aß und trank, wann man wollte
und was das reiche Büffet des hochangesehenen
[Spaltenumbruch] Kaufmannshauses darbot. Hin und wieder wurde
musicirt, jedenfalls genirte sich Niemand. Diese
zwanglosen Versammlungen in dem Schröder'schen
Hause hatten einen großen Ruf in der alten
westpreußischen Stadt Thorn. Ich wäre aber auch
erschienen, wenn der Aufenthalt dort über jedes
Maß langweilig gewesen wäre, denn mich trieb die
Neugier, etwas über Magda zu vernehmen.

Die Gesellschaft war belebt; ich kümmerte
mich um sie wenig, sondern suchte nur der Haus-
frau auf einige Minuten nahe zu kommen. Es
gelang mir auch, und nach einigen Einleitungs-
worten fragte ich sie, wie sie zu dem hübschen
Mädchen gekommen sei, das sie mit der Einla-
dung zu mir geschickt habe. Frau Schröder sah
mich erstaunt an.

-- Sie finden Magda hübsch, sagte sie.
Nun ja, sie ist es, aber auch anständig.

-- Das eine schließt das andere nicht aus.

-- Sie stammt aus einer anständigen Fa-
milie, fuhr Frau Schröder in ernstem Tone fort.

-- Ich zweifle nicht daran.

-- Also brechen wir ab.

Der Wink war nicht mißzuverstehen, ich kam
ihm nach. Noch einige Höflichkeitsredensarten,
dann wandte ich mich der Gesellschaft zu und
schob mich in die Nähe des Hausherrn. Dieser
stand mir jedoch noch weniger Rede, und miß-
vergnügt, meinen Zweck nicht erreicht zu haben,
verließ ich das Haus des reichen Kaufherrn.

Schon nach einigen Tagen sollte ich durch
ihn selbst zu einer Reise nach Soldau veranlaßt
werden. Es war an einem Freitag Morgen, als
Schröder in mein Zimmer trat.

-- Werther Freund, Sie müssen mir so-
gleich einen Gefallen erweisen.

-- Selbstverständlich, wenn es im Bereich
der Möglichkeit liegt, war meine Antwort.


[Spaltenumbruch]

-- Sie haben das hübsche Stubenmädchen
meiner Frau bemerkt. Sie war die Braut eines
Schwärzers, des vorwegensten Kerls unter dem
Himmel. Magda's Eltern wünschten diese Ver-
bindung nicht und schickten das Mädchen deshalb zu
mir in das Haus. Die Mutter war früher bei
meiner Frau Zofe gewesen. Der Bräutigam, Stefan
Petrowsky, hat ihren Aufenthaltsort erspäht, er
ist hiehergekommen und hat mir eine Szene
gespielt.

-- Warum haben Sie ihm nicht die Wege
gewiesen?

-- Lieber Freund, ich sagte schon, der Kerl
sei verwegen wie kein Zweiter, er ist ein Schwär-
zer von der schlimmsten Art.

-- Desto eher werden Sie bei der Polizei
Beistand finden.

-- Ich will nichts mit der Polizei und dem
Schwärzer zu schaffen haben. Wollen Sie mir
also die Freundschaft erweisen und nach Soldau
reisen, um dem Papa Friedrichstein verstehen zu
geben, er thäte am besten, seine Tochter fortzu-
nehmen und sie wo anders hinzuthun? Ich würde
die Sache brieflich verhandeln; aber das macht
sich mündlich besser. Nicht, Sie treten die Reise an?

-- Ich bin zu Ihren Diensten. In einer
Stunde bin ich reisefertig.

Noch an dem Vormittag trat ich die Fahrt
mit der Extrapost an. Ich sagte mir übrigens,
daß Schröder noch durch einen anderen Grund
bestimmt werde, mit Magda's Vater nicht schrift-
lich zu verhandeln, doch hatte ich absichtlich nicht
weiter danach geforscht, um nicht Mißtrauen zu
erregen.

In der Nacht erreichte ich das Grenzstädt-
chen Soldau und suchte am folgenden Morgen
Magda's Eltern auf. Es waren prächtige Leute,
der Vater ein Fünfziger und seit Jahren inva-


[Spaltenumbruch]

Wir im katholiſchen Oeſterreich waren alle-
zeit an Klöſter gewöhnt und es gibt hier ſolche
Anſtalten, welche auch im Lichte der Oeffentlichkeit
und der allgemeinen Achtung gedeihen. Aber die
Einrichtung droht nun zum Fluche zu werden.
Der Staat hat in früheren Zeiten darauf geſe-
hen, daß die Klöſter in keinem ſchreienden Miß-
verhältniſſe zu der anderen menſchlichen Geſell-
ſchaft ſtehen. Heute ſcheint dies anders geworden.
Es ſcheint der Grundſatz zu gelten, daß es nicht
genug Klöſter geben könne, daß ſie nicht groß,
zahlreich bevölkert und nicht genug mit irdiſchem
Beſitz ausgeſtattet ſein können. Das wird ſich
bitter rächen. In den Frauenklöſtern werden In-
duſtrieen betrieben, — über die Strafhäuſer, in
denen gearbeitet wird, iſt das Geſchrei groß, die
Concurrenz der vielen Klöſter, von denen einige
ſogar Land- oder Milchwirthſchaft betreiben, wird
überſehen. Gerade im Kirchenſtaate der Päpſte
kam es zu allererſt zu Amortiſationsgeſetzen der
Kloſtergüter. In allen katholiſchen Staaten ſah
man ſich veranlaßt, den Erwerbsgeiſt der Klöſter
einzuſchränken, weil ſie mit reißender Geſchwin-
digkeit alles bewegliche und unbewegliche Vermö[-]
gen an ſich brachten. Man ſah ſich genöthigt, die
Erben, die Familien gegen die Habſucht der Klö-
ſter zu ſchützen. Das Kloſterweſen, wie es bei
uns jetzt überhanb nimmt, iſt undeutſch, iſt ein
Tropfen des Orients im germaniſchen Blute. Es
wird und muß dagegen ernſthaft Stellung ge-
nommen und wenigſtens wieder auf ein halbwegs
erträgliches Maß zurückgeführt werden, ſonſt wird
das Kloſterweſen nicht nur den Bürger arm
machen, ſondern auch den Staat.




Politiſche Nachrichten.
(Der jungtſchechiſche Wahlſieg)

läßt die
Regierungsparteien noch immer nicht zur Ruhe
kommen. Neuerdings verlautet wieder, allerdings
von jungtſchechiſcher Seite, Fürſt Liechtenſtein ſei
in großem Zwieſpalt mit den Mitgliedern ſeines
Clubs gerathen und wolle ſich in Folge deſſen
ſogar von der parlamentariſchen Thätigkeit zurück-
ziehen. Dieſe Nachricht wird aber wohl kaum ſo
ernſt aufzufaſſen ſein. Dagegen werden die Cle-
ricalen ihren Wünſchen nach der confeſſionellen
Schule große Zurückhaltung auferlegen müſſen,
wenn ſie nicht den anderen Mehrheitsparteien und
der Regierung gefährliche Hinderniſſe in den Weg
legen wollen.

(Die Politik Deutſchlands.)

Die „Pol.
Corr.“ befaßt ſich in einer Berliner Cor-
reſpondenz mit den verſchiedenen Kundgebun-
[Spaltenumbruch] gen der Blätter über die angeblichen mili-
täriſchen Unterſtrömungen und erörtert eingehend
den Begriff „officiös“, nachdem bald dieſes, bald
jenes Blatt ſo bezeichnet werde. Dann heißt es
weiter: „Es gibt in Deutſchland nur eine Poli-
tik, die des Kaiſers, welcher die Leitung derſel-
ben einem langjährig bewährten Vertrauensmann,
der ſich in vollſter Uebereinſtimmung mit ihm
befindet, überlaſſen hat. Es widerſpräche allen
Traditionen der deutſchen Regierung, wie wir ſie
ſeit 30 Jahren kennen, daß irgend ein hoher
Beamter oder hervorragender Diener des Staa-
tes den Verſuch machen ſollte, die Politik des
Kaiſers, wie ſie durch ſeinen oberſten Reichsbe-
amten gehandhabt wird, zu durchkreuzen. Der
Gedanke an die Möglichkeit eines ſolchen Vor-
habens wird von jedem Sachverſtändigen als
vollſtändig ausgeſchloſſen bezeichnet werden. Da-
mit wird aber jene Erklärung hinfällig, wornach
an leitender Stelle Zwieſpältigkeiten beſtehen ſoll-
ten, welche durch ſich widerſprechende Kundge-
bungen vor die Oeffentlichkeit gezogen würden.
Vollends der zweite Erklärungsverſuch, wornach
die deutſche Reichsregierung ihre Anſichten über
Dieſes oder Jenes von heute auf morgen ändere,
wird wohl von Niemandem ernſtlich unternom-
men werden. Wenn je die Politik eines großen
Landes als eine „zielbewußte“ bezeichnet werden
durfte, kann dies ſicherlich auf die deutſche Re-
gierung angewandt werden.“

(Die Lage auf Kreta)

wird eine
ernſte. Heute wird ſchon officiell von Inſurgen-
ten geſprochen, welche die Behörden in Vamos
und Cidonia vertrieben, welche Archive plünder-
ten und verbrannten. Ein revolutionärer Aus-
ſchuß ſitzt in Buzamaria und die Conſuln der
Mächte ſuchen ſich mit demſelben ins Einverneh-
men zu ſetzen. Offen wird jetzt die Annexion
durch Griechenland verlangt. Daß die eigenthüm-
liche Rede Lord Salisbury’s zu dem Entflam-
men der Bewegung weſentlich beiträgt, ſteht feſt
und die Pforte wird ihre liebe Noth haben, mit
Truppen die entfeſſelten Geiſter zu bannen. Hat
es doch faſt den Anſchein, als ob gewiſſe Mächte
ihr dabei in den Arm fallen wollten. Jedenfalls
iſt die Lage jetzt, wo die Athener Preſſe offen
für die Kretenſer Partei nimmt, eine ſehr kriti-
ſche geworden und man darf auf Ueberraſchun-
gen gefaßt ſein.

(Die Boulangiſten.)

In Frankreich geht
gegenwärtig der gerichtliche und politiſche Kampf
gegen den General Boulanger und ſeinen Anhang
allem Anderen an Intereſſe vor. Der General
hat bekanntlich die am nächſten Sonntag ſtatt-
[Spaltenumbruch] findenden Wahlen der Generalräthe der Depar-
tements auserſehen, um der Regierung und dem
Lande einen Beweis von der Macht feines Na-
mens zu geben. Er wollte ſich in 80 Bezirken
zum Generalrathe wählen laſſen und einer großen
Anzahl anderer Bezirke die Candidaten unter
ſeinen Anhängern bezeichnen. Und nun ſoll, wie
die „République Françaiſe“ angezeigt, eine ge-
richtliche Ordonnanz ergehen, welche Boulan-
ger, Rochefort und Dillon noch am Tage vor
der Wahl die Wahlfähigkeit und ihre ſonſtigen
politiſchen und bürgerlichen Rechte entzieht. Es
iſt nur abzuwarten, welchen Erfolg dieſe Maß-
regeln auf die Wählerſchaften haben werden. —
Der Pariſer Correſpondent der „Köln. Ztg.“
ſchreibt über dieſe Angelegenheit: „Selbſt Dieje-
nigen, die geneigt ſein ſollten, die Anklagen
Quesnay de Beaurepaire’s gegen Boulanger ohne
Weiteres für unanfechtbar zu halten, werden nicht
in Abrede ſtellen können, daß ein ſehr bedeuten-
der Theil der Nation dieſen überzeugenden Ein-
druck nicht erhalten hat; vor Allem aber werden
ſie ſich ſagen müſſen, daß die Boulangiſten durch
die Anklageſchrift nicht im mindeſten entmuthigt
ſind, da ſie ſich nicht ſcheuen, offen zum Angriffe
vorzugehen. Die Abſicht Boulangers, bei achtzig
Generalrathswahlen als Candidat aufzutreten, iſt
ſicher kein Beweis der Entmuthigung, ſondern
zeugt viel eher von großem Vertrauen in ſeinen
Einfluß und ſeine Kraft, denn es liegt auf der
Hand, daß ein Mißerfolg bei dieſem „Plebiscit“
ſehr ungünſtige Folgen für die allgemeinen
Wahlen haben würde. Das wiſſen die Boulan-
giſten ſo gut wie Andere, und wenn ſie daher
jetzt eine Generalprobe wagen, ſo thun ſie es
nur, weil ſie des Erfolges ſicher zu ſein glauben.




Locales und Provinzielles.


(Perſenales)

Se. Eminenz der Cardinal-
Fürſterzdiſchof Landgraf Fürſtenberg wird ſich
am nächſten Freitag, den 26. d. M. zum Cur-
gebrauche nach Gaſtein begeben.

(Militäriſches.)

Durch telegrafiſche Ordre
wurde der Generalmajor Leopold Guſtas, Com-
mandant der 27. Inſanterie-Brigade in Preßburg,
als Brigadier nach Banjaluka verſetzt. Auf
ſeinen Poſten ſoll GM. Vojnovits kommen Ge-
neralmajor Guſtas iſt ein geborener Olmützer.

(Zur Stadterweiterung.)

Wie wir geſtern
meldeten, hat das Stadtverordneten-Collegium in
ſeiner letzten Sitzung beſchloſſen eine Immediat-




[Spaltenumbruch]

— Sehen Sie Freundchen, flüſterte Goltz
mir zu, das iſt die Folge Ihrer Neugier. Wa-
rum miſchen Sie ſich in andere Angelegenheiten?!

Ich hatte eine abſcheuliche Nacht hinter mir
und war demnach mißvergnügt. Die Arbeit
wollte mir nicht munden, und ich bereitete mich
ſchon zum Ausgang, als gegen 10 Uhr nach mir
gefragt wurde. Ich öffnete die Thür und war
erſtaunt, Magda vor mir zu ſehen.

— Iſt das Wirklichkeit? oder treibt der
Traumdämon noch ſein Spiel mit mir? fragte
ich mich. Doch nein, es war Wirklichleit; denn
Magda brachte mir eine Einladung einer befreun-
deten Familie, bei der ſie als Stubenmädchen im
Dienſt ſtand. Ich benutzte die Gelegenheit, um
mit dem ſchönen Mädchen ein Geſpräch anzu-
knüpfen.

— Sind Sie nicht aus Thorn? fragte ich.

— Nein, aus Neidenburg! antwortete ſie.

— Iſt es Zufall, der Sie in das Schrö-
der’ſche Haus geführt hat?

— Nein, meine Mutter war ſchon bei Frau
Schröder im Dienſt.

— War es nöthig, daß Sie aus dem El-
ternhauſe in die Fremde mußten?

— Das wohl nicht: meine Eltern aber
wünſchten, daß ich mich außerhalb umthun ſollte,
antwortete ſie: Darf ich mir jedoch die Antwort
auf den Brief, denn ich Ihnen überbracht habe,
erbitten? Ich habe Eile.

— Sagen Sie nur, ich käme. Kaum war
die Antwort gegeben, ſo hatte Magda auch den
Rückweg angetreten.

Die Einladung, die ich empfangen hatte,
trug die Bemerkung: „Umſtände werden nicht
gemacht.“ Das war keine Phraſe. Man plauderte
ungezwungen, aß und trank, wann man wollte
und was das reiche Büffet des hochangeſehenen
[Spaltenumbruch] Kaufmannshauſes darbot. Hin und wieder wurde
muſicirt, jedenfalls genirte ſich Niemand. Dieſe
zwangloſen Verſammlungen in dem Schröder’ſchen
Hauſe hatten einen großen Ruf in der alten
weſtpreußiſchen Stadt Thorn. Ich wäre aber auch
erſchienen, wenn der Aufenthalt dort über jedes
Maß langweilig geweſen wäre, denn mich trieb die
Neugier, etwas über Magda zu vernehmen.

Die Geſellſchaft war belebt; ich kümmerte
mich um ſie wenig, ſondern ſuchte nur der Haus-
frau auf einige Minuten nahe zu kommen. Es
gelang mir auch, und nach einigen Einleitungs-
worten fragte ich ſie, wie ſie zu dem hübſchen
Mädchen gekommen ſei, das ſie mit der Einla-
dung zu mir geſchickt habe. Frau Schröder ſah
mich erſtaunt an.

— Sie finden Magda hübſch, ſagte ſie.
Nun ja, ſie iſt es, aber auch anſtändig.

— Das eine ſchließt das andere nicht aus.

— Sie ſtammt aus einer anſtändigen Fa-
milie, fuhr Frau Schröder in ernſtem Tone fort.

— Ich zweifle nicht daran.

— Alſo brechen wir ab.

Der Wink war nicht mißzuverſtehen, ich kam
ihm nach. Noch einige Höflichkeitsredensarten,
dann wandte ich mich der Geſellſchaft zu und
ſchob mich in die Nähe des Hausherrn. Dieſer
ſtand mir jedoch noch weniger Rede, und miß-
vergnügt, meinen Zweck nicht erreicht zu haben,
verließ ich das Haus des reichen Kaufherrn.

Schon nach einigen Tagen ſollte ich durch
ihn ſelbſt zu einer Reiſe nach Soldau veranlaßt
werden. Es war an einem Freitag Morgen, als
Schröder in mein Zimmer trat.

— Werther Freund, Sie müſſen mir ſo-
gleich einen Gefallen erweiſen.

— Selbſtverſtändlich, wenn es im Bereich
der Möglichkeit liegt, war meine Antwort.


[Spaltenumbruch]

— Sie haben das hübſche Stubenmädchen
meiner Frau bemerkt. Sie war die Braut eines
Schwärzers, des vorwegenſten Kerls unter dem
Himmel. Magda’s Eltern wünſchten dieſe Ver-
bindung nicht und ſchickten das Mädchen deshalb zu
mir in das Haus. Die Mutter war früher bei
meiner Frau Zofe geweſen. Der Bräutigam, Stefan
Petrowsky, hat ihren Aufenthaltsort erſpäht, er
iſt hiehergekommen und hat mir eine Szene
geſpielt.

— Warum haben Sie ihm nicht die Wege
gewieſen?

— Lieber Freund, ich ſagte ſchon, der Kerl
ſei verwegen wie kein Zweiter, er iſt ein Schwär-
zer von der ſchlimmſten Art.

— Deſto eher werden Sie bei der Polizei
Beiſtand finden.

— Ich will nichts mit der Polizei und dem
Schwärzer zu ſchaffen haben. Wollen Sie mir
alſo die Freundſchaft erweiſen und nach Soldau
reiſen, um dem Papa Friedrichſtein verſtehen zu
geben, er thäte am beſten, ſeine Tochter fortzu-
nehmen und ſie wo anders hinzuthun? Ich würde
die Sache brieflich verhandeln; aber das macht
ſich mündlich beſſer. Nicht, Sie treten die Reiſe an?

— Ich bin zu Ihren Dienſten. In einer
Stunde bin ich reiſefertig.

Noch an dem Vormittag trat ich die Fahrt
mit der Extrapoſt an. Ich ſagte mir übrigens,
daß Schröder noch durch einen anderen Grund
beſtimmt werde, mit Magda’s Vater nicht ſchrift-
lich zu verhandeln, doch hatte ich abſichtlich nicht
weiter danach geforſcht, um nicht Mißtrauen zu
erregen.

In der Nacht erreichte ich das Grenzſtädt-
chen Soldau und ſuchte am folgenden Morgen
Magda’s Eltern auf. Es waren prächtige Leute,
der Vater ein Fünfziger und ſeit Jahren inva-


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[[2]/0002] Wir im katholiſchen Oeſterreich waren alle- zeit an Klöſter gewöhnt und es gibt hier ſolche Anſtalten, welche auch im Lichte der Oeffentlichkeit und der allgemeinen Achtung gedeihen. Aber die Einrichtung droht nun zum Fluche zu werden. Der Staat hat in früheren Zeiten darauf geſe- hen, daß die Klöſter in keinem ſchreienden Miß- verhältniſſe zu der anderen menſchlichen Geſell- ſchaft ſtehen. Heute ſcheint dies anders geworden. Es ſcheint der Grundſatz zu gelten, daß es nicht genug Klöſter geben könne, daß ſie nicht groß, zahlreich bevölkert und nicht genug mit irdiſchem Beſitz ausgeſtattet ſein können. Das wird ſich bitter rächen. In den Frauenklöſtern werden In- duſtrieen betrieben, — über die Strafhäuſer, in denen gearbeitet wird, iſt das Geſchrei groß, die Concurrenz der vielen Klöſter, von denen einige ſogar Land- oder Milchwirthſchaft betreiben, wird überſehen. Gerade im Kirchenſtaate der Päpſte kam es zu allererſt zu Amortiſationsgeſetzen der Kloſtergüter. In allen katholiſchen Staaten ſah man ſich veranlaßt, den Erwerbsgeiſt der Klöſter einzuſchränken, weil ſie mit reißender Geſchwin- digkeit alles bewegliche und unbewegliche Vermö- gen an ſich brachten. Man ſah ſich genöthigt, die Erben, die Familien gegen die Habſucht der Klö- ſter zu ſchützen. Das Kloſterweſen, wie es bei uns jetzt überhanb nimmt, iſt undeutſch, iſt ein Tropfen des Orients im germaniſchen Blute. Es wird und muß dagegen ernſthaft Stellung ge- nommen und wenigſtens wieder auf ein halbwegs erträgliches Maß zurückgeführt werden, ſonſt wird das Kloſterweſen nicht nur den Bürger arm machen, ſondern auch den Staat. Politiſche Nachrichten. (Der jungtſchechiſche Wahlſieg) läßt die Regierungsparteien noch immer nicht zur Ruhe kommen. Neuerdings verlautet wieder, allerdings von jungtſchechiſcher Seite, Fürſt Liechtenſtein ſei in großem Zwieſpalt mit den Mitgliedern ſeines Clubs gerathen und wolle ſich in Folge deſſen ſogar von der parlamentariſchen Thätigkeit zurück- ziehen. Dieſe Nachricht wird aber wohl kaum ſo ernſt aufzufaſſen ſein. Dagegen werden die Cle- ricalen ihren Wünſchen nach der confeſſionellen Schule große Zurückhaltung auferlegen müſſen, wenn ſie nicht den anderen Mehrheitsparteien und der Regierung gefährliche Hinderniſſe in den Weg legen wollen. (Die Politik Deutſchlands.) Die „Pol. Corr.“ befaßt ſich in einer Berliner Cor- reſpondenz mit den verſchiedenen Kundgebun- gen der Blätter über die angeblichen mili- täriſchen Unterſtrömungen und erörtert eingehend den Begriff „officiös“, nachdem bald dieſes, bald jenes Blatt ſo bezeichnet werde. Dann heißt es weiter: „Es gibt in Deutſchland nur eine Poli- tik, die des Kaiſers, welcher die Leitung derſel- ben einem langjährig bewährten Vertrauensmann, der ſich in vollſter Uebereinſtimmung mit ihm befindet, überlaſſen hat. Es widerſpräche allen Traditionen der deutſchen Regierung, wie wir ſie ſeit 30 Jahren kennen, daß irgend ein hoher Beamter oder hervorragender Diener des Staa- tes den Verſuch machen ſollte, die Politik des Kaiſers, wie ſie durch ſeinen oberſten Reichsbe- amten gehandhabt wird, zu durchkreuzen. Der Gedanke an die Möglichkeit eines ſolchen Vor- habens wird von jedem Sachverſtändigen als vollſtändig ausgeſchloſſen bezeichnet werden. Da- mit wird aber jene Erklärung hinfällig, wornach an leitender Stelle Zwieſpältigkeiten beſtehen ſoll- ten, welche durch ſich widerſprechende Kundge- bungen vor die Oeffentlichkeit gezogen würden. Vollends der zweite Erklärungsverſuch, wornach die deutſche Reichsregierung ihre Anſichten über Dieſes oder Jenes von heute auf morgen ändere, wird wohl von Niemandem ernſtlich unternom- men werden. Wenn je die Politik eines großen Landes als eine „zielbewußte“ bezeichnet werden durfte, kann dies ſicherlich auf die deutſche Re- gierung angewandt werden.“ (Die Lage auf Kreta) wird eine ernſte. Heute wird ſchon officiell von Inſurgen- ten geſprochen, welche die Behörden in Vamos und Cidonia vertrieben, welche Archive plünder- ten und verbrannten. Ein revolutionärer Aus- ſchuß ſitzt in Buzamaria und die Conſuln der Mächte ſuchen ſich mit demſelben ins Einverneh- men zu ſetzen. Offen wird jetzt die Annexion durch Griechenland verlangt. Daß die eigenthüm- liche Rede Lord Salisbury’s zu dem Entflam- men der Bewegung weſentlich beiträgt, ſteht feſt und die Pforte wird ihre liebe Noth haben, mit Truppen die entfeſſelten Geiſter zu bannen. Hat es doch faſt den Anſchein, als ob gewiſſe Mächte ihr dabei in den Arm fallen wollten. Jedenfalls iſt die Lage jetzt, wo die Athener Preſſe offen für die Kretenſer Partei nimmt, eine ſehr kriti- ſche geworden und man darf auf Ueberraſchun- gen gefaßt ſein. (Die Boulangiſten.) In Frankreich geht gegenwärtig der gerichtliche und politiſche Kampf gegen den General Boulanger und ſeinen Anhang allem Anderen an Intereſſe vor. Der General hat bekanntlich die am nächſten Sonntag ſtatt- findenden Wahlen der Generalräthe der Depar- tements auserſehen, um der Regierung und dem Lande einen Beweis von der Macht feines Na- mens zu geben. Er wollte ſich in 80 Bezirken zum Generalrathe wählen laſſen und einer großen Anzahl anderer Bezirke die Candidaten unter ſeinen Anhängern bezeichnen. Und nun ſoll, wie die „République Françaiſe“ angezeigt, eine ge- richtliche Ordonnanz ergehen, welche Boulan- ger, Rochefort und Dillon noch am Tage vor der Wahl die Wahlfähigkeit und ihre ſonſtigen politiſchen und bürgerlichen Rechte entzieht. Es iſt nur abzuwarten, welchen Erfolg dieſe Maß- regeln auf die Wählerſchaften haben werden. — Der Pariſer Correſpondent der „Köln. Ztg.“ ſchreibt über dieſe Angelegenheit: „Selbſt Dieje- nigen, die geneigt ſein ſollten, die Anklagen Quesnay de Beaurepaire’s gegen Boulanger ohne Weiteres für unanfechtbar zu halten, werden nicht in Abrede ſtellen können, daß ein ſehr bedeuten- der Theil der Nation dieſen überzeugenden Ein- druck nicht erhalten hat; vor Allem aber werden ſie ſich ſagen müſſen, daß die Boulangiſten durch die Anklageſchrift nicht im mindeſten entmuthigt ſind, da ſie ſich nicht ſcheuen, offen zum Angriffe vorzugehen. Die Abſicht Boulangers, bei achtzig Generalrathswahlen als Candidat aufzutreten, iſt ſicher kein Beweis der Entmuthigung, ſondern zeugt viel eher von großem Vertrauen in ſeinen Einfluß und ſeine Kraft, denn es liegt auf der Hand, daß ein Mißerfolg bei dieſem „Plebiscit“ ſehr ungünſtige Folgen für die allgemeinen Wahlen haben würde. Das wiſſen die Boulan- giſten ſo gut wie Andere, und wenn ſie daher jetzt eine Generalprobe wagen, ſo thun ſie es nur, weil ſie des Erfolges ſicher zu ſein glauben. Locales und Provinzielles. Olmütz, 24. Juli. (Perſenales) Se. Eminenz der Cardinal- Fürſterzdiſchof Landgraf Fürſtenberg wird ſich am nächſten Freitag, den 26. d. M. zum Cur- gebrauche nach Gaſtein begeben. (Militäriſches.) Durch telegrafiſche Ordre wurde der Generalmajor Leopold Guſtas, Com- mandant der 27. Inſanterie-Brigade in Preßburg, als Brigadier nach Banjaluka verſetzt. Auf ſeinen Poſten ſoll GM. Vojnovits kommen Ge- neralmajor Guſtas iſt ein geborener Olmützer. (Zur Stadterweiterung.) Wie wir geſtern meldeten, hat das Stadtverordneten-Collegium in ſeiner letzten Sitzung beſchloſſen eine Immediat- — Sehen Sie Freundchen, flüſterte Goltz mir zu, das iſt die Folge Ihrer Neugier. Wa- rum miſchen Sie ſich in andere Angelegenheiten?! Ich hatte eine abſcheuliche Nacht hinter mir und war demnach mißvergnügt. Die Arbeit wollte mir nicht munden, und ich bereitete mich ſchon zum Ausgang, als gegen 10 Uhr nach mir gefragt wurde. Ich öffnete die Thür und war erſtaunt, Magda vor mir zu ſehen. — Iſt das Wirklichkeit? oder treibt der Traumdämon noch ſein Spiel mit mir? fragte ich mich. Doch nein, es war Wirklichleit; denn Magda brachte mir eine Einladung einer befreun- deten Familie, bei der ſie als Stubenmädchen im Dienſt ſtand. Ich benutzte die Gelegenheit, um mit dem ſchönen Mädchen ein Geſpräch anzu- knüpfen. — Sind Sie nicht aus Thorn? fragte ich. — Nein, aus Neidenburg! antwortete ſie. — Iſt es Zufall, der Sie in das Schrö- der’ſche Haus geführt hat? — Nein, meine Mutter war ſchon bei Frau Schröder im Dienſt. — War es nöthig, daß Sie aus dem El- ternhauſe in die Fremde mußten? — Das wohl nicht: meine Eltern aber wünſchten, daß ich mich außerhalb umthun ſollte, antwortete ſie: Darf ich mir jedoch die Antwort auf den Brief, denn ich Ihnen überbracht habe, erbitten? Ich habe Eile. — Sagen Sie nur, ich käme. Kaum war die Antwort gegeben, ſo hatte Magda auch den Rückweg angetreten. Die Einladung, die ich empfangen hatte, trug die Bemerkung: „Umſtände werden nicht gemacht.“ Das war keine Phraſe. Man plauderte ungezwungen, aß und trank, wann man wollte und was das reiche Büffet des hochangeſehenen Kaufmannshauſes darbot. Hin und wieder wurde muſicirt, jedenfalls genirte ſich Niemand. Dieſe zwangloſen Verſammlungen in dem Schröder’ſchen Hauſe hatten einen großen Ruf in der alten weſtpreußiſchen Stadt Thorn. Ich wäre aber auch erſchienen, wenn der Aufenthalt dort über jedes Maß langweilig geweſen wäre, denn mich trieb die Neugier, etwas über Magda zu vernehmen. Die Geſellſchaft war belebt; ich kümmerte mich um ſie wenig, ſondern ſuchte nur der Haus- frau auf einige Minuten nahe zu kommen. Es gelang mir auch, und nach einigen Einleitungs- worten fragte ich ſie, wie ſie zu dem hübſchen Mädchen gekommen ſei, das ſie mit der Einla- dung zu mir geſchickt habe. Frau Schröder ſah mich erſtaunt an. — Sie finden Magda hübſch, ſagte ſie. Nun ja, ſie iſt es, aber auch anſtändig. — Das eine ſchließt das andere nicht aus. — Sie ſtammt aus einer anſtändigen Fa- milie, fuhr Frau Schröder in ernſtem Tone fort. — Ich zweifle nicht daran. — Alſo brechen wir ab. Der Wink war nicht mißzuverſtehen, ich kam ihm nach. Noch einige Höflichkeitsredensarten, dann wandte ich mich der Geſellſchaft zu und ſchob mich in die Nähe des Hausherrn. Dieſer ſtand mir jedoch noch weniger Rede, und miß- vergnügt, meinen Zweck nicht erreicht zu haben, verließ ich das Haus des reichen Kaufherrn. Schon nach einigen Tagen ſollte ich durch ihn ſelbſt zu einer Reiſe nach Soldau veranlaßt werden. Es war an einem Freitag Morgen, als Schröder in mein Zimmer trat. — Werther Freund, Sie müſſen mir ſo- gleich einen Gefallen erweiſen. — Selbſtverſtändlich, wenn es im Bereich der Möglichkeit liegt, war meine Antwort. — Sie haben das hübſche Stubenmädchen meiner Frau bemerkt. Sie war die Braut eines Schwärzers, des vorwegenſten Kerls unter dem Himmel. Magda’s Eltern wünſchten dieſe Ver- bindung nicht und ſchickten das Mädchen deshalb zu mir in das Haus. Die Mutter war früher bei meiner Frau Zofe geweſen. Der Bräutigam, Stefan Petrowsky, hat ihren Aufenthaltsort erſpäht, er iſt hiehergekommen und hat mir eine Szene geſpielt. — Warum haben Sie ihm nicht die Wege gewieſen? — Lieber Freund, ich ſagte ſchon, der Kerl ſei verwegen wie kein Zweiter, er iſt ein Schwär- zer von der ſchlimmſten Art. — Deſto eher werden Sie bei der Polizei Beiſtand finden. — Ich will nichts mit der Polizei und dem Schwärzer zu ſchaffen haben. Wollen Sie mir alſo die Freundſchaft erweiſen und nach Soldau reiſen, um dem Papa Friedrichſtein verſtehen zu geben, er thäte am beſten, ſeine Tochter fortzu- nehmen und ſie wo anders hinzuthun? Ich würde die Sache brieflich verhandeln; aber das macht ſich mündlich beſſer. Nicht, Sie treten die Reiſe an? — Ich bin zu Ihren Dienſten. In einer Stunde bin ich reiſefertig. Noch an dem Vormittag trat ich die Fahrt mit der Extrapoſt an. Ich ſagte mir übrigens, daß Schröder noch durch einen anderen Grund beſtimmt werde, mit Magda’s Vater nicht ſchrift- lich zu verhandeln, doch hatte ich abſichtlich nicht weiter danach geforſcht, um nicht Mißtrauen zu erregen. In der Nacht erreichte ich das Grenzſtädt- chen Soldau und ſuchte am folgenden Morgen Magda’s Eltern auf. Es waren prächtige Leute, der Vater ein Fünfziger und ſeit Jahren inva-

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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 167, Olmütz, 24.07.1889, S. [2]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches167_1889/2>, abgerufen am 29.03.2024.