Mährisches Tagblatt. Nr. 136, Olmütz, 14.06.1888.[Spaltenumbruch]
Das Abonnement für Olmütz: Zustellung ins Haus monat- Auswärts durch die Post: Einzelne Nummer 5 Kreuzer. [Spaltenumbruch] Mährisches Tagblatt. [Spaltenumbruch] Insertionsgebühren: Außerhalb Olmütz überneh- Manuscripte werden nicht Nr. 136. Olmütz, Donnerstag den 14. Juni 1888. 9. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Fürst Bismarck und die deutsche Reaction. Olmütz, 14. Juni. Welche Folgen auch die Verabschiedung des Als daher Kaiser Friedrich ganz aus freier Anfänglich hatte es den Anschein, als wäre Die Einzelheiten der Vorgänge, deren End- [Spaltenumbruch] Feuilleton. Ausstellungen an Ausstellungen. Spanien, dieses weder mit einer starken Wenn ich von meiner persönlichen Vorliebe So ist denn gar wohl begreiflich, daß man [Spaltenumbruch]
Das Abonnement für Olmütz: Zuſtellung ins Haus monat- Auswärts durch die Poſt: Einzelne Nummer 5 Kreuzer. [Spaltenumbruch] Mähriſches Tagblatt. [Spaltenumbruch] Inſertionsgebühren: Außerhalb Olmütz überneh- Manuſcripte werden nicht Nr. 136. Olmütz, Donnerstag den 14. Juni 1888. 9. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Fürſt Bismarck und die deutſche Reaction. Olmütz, 14. Juni. Welche Folgen auch die Verabſchiedung des Als daher Kaiſer Friedrich ganz aus freier Anfänglich hatte es den Anſchein, als wäre Die Einzelheiten der Vorgänge, deren End- [Spaltenumbruch] Feuilleton. Ausſtellungen an Ausſtellungen. Spanien, dieſes weder mit einer ſtarken Wenn ich von meiner perſönlichen Vorliebe So iſt denn gar wohl begreiflich, daß man <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p>Das<lb/><hi rendition="#b">„Mähriſche Tagblatt“</hi><lb/> mit der illuſtr. Wochenbeilage<lb/><hi rendition="#b">„Illuſtrirt. 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In der That<lb/> iſt die fröhliche Unverfrorenheit, mit welcher die<lb/> reactionären Parteien im April ihren Willen<lb/> gegen den des Kaiſers ſetzten und die „Stimme<lb/> des Volkes“ auf gut neubonapartiſtiſch anriefen,<lb/> von ihnen gewichen. Freilich wäre es aber, wie<lb/> geſagt, gar zu optimiſtiſch, an dem völligen und<lb/> raſchen Zuſammenbruch des gegenwärtigen Sy-<lb/> ſtems zu glauben, und es kommt weſentlich dar-<lb/> auf an, wer zum Nachfolger im Miniſterium des<lb/> Innern berufen werden wird. Was die Reaction<lb/> fürchtete, war die große Kräftigung, die der po-<lb/> litiſche Freiſinn aus der Haltung des Kaiſers zie-<lb/> hen würde. Man würde Herrn v. 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Unmittelbar nach<lb/> ſeiner Geburt — in einem Augenblicke, wo ihn<lb/> die vielen neuen Eindrücke verwirrrn mußten,<lb/> und er die ganze Tragweite einer ſo wichtigen<lb/> Maßregel nicht überblicken konnte — wurde ihm<lb/> die Königskrone auf das zartbeflaumte Haupt<lb/> geſetzt. Man hat ihn nicht befragt, ob er es<lb/> nicht vorzöge, als ſchlichter Privatſäugling im<lb/> Auslande zu leben. Vielleicht wäre ihm das lieber<lb/> geweſen. Denn in dem Lande des Chorizios und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[1]/0001]
Das
„Mähriſche Tagblatt“
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Heinrich Schalek, Annon-
cen-Exped. in Wien, I., Woll-
zeile Nr. 11, Haasenstein &
Vogler in Wien, Prag, Buda-
peſt, Berlin, Frankfurt a. M.
Hamburg, Baſel und Leipzig
Alois Opellik, in Wien, Rud.
Mosse in Wien, München u.
Berlin, M. Dukes , Wien I.
Schulerſtraße 8. G. L. Daube
u. Co. Frankfurt a. M.
Adolf Steiner’s Annoncen
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ſämmtl. conc. Inſertions Bu-
reaus des In- u. Auslandes
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zurückgeſtellt.
Nr. 136. Olmütz, Donnerstag den 14. Juni 1888. 9. Jahrgang.
Fürſt Bismarck und die deutſche
Reaction.
Olmütz, 14. Juni.
Welche Folgen auch die Verabſchiedung des
preußiſchen Miniſters des Innern, Herrn von
Puttkamer, nach ſich ziehen mag — ſicher iſt,
daß die Stellung des Reichskanzlers von derſel-
ben unberührt bleibt, gleichwie die Kriſe über-
haupt mit dem Fürſten Bismarck nichts gemein
hatte. Allerdings aber hat es bei dieſer Demiſ-
ſion ſich nicht um einige politiſch-reactionäre
Extravaganzen des Miniſters, ſondern in hervor-
ragender Weiſe um einen weſentlichen Theil des
innern Regierungsſyſtems in Preußen gehandelt.
Die aufrichtig reactionäre Preſſe hat dies ganz
entſchieden ausgeſprochen, und ſogar ein Theil der
gouvernementalen, und darunter gerade diejenigen
Blätter, welche notoriſch die nächſte Fühlung mit
dem Kanzler haben, haben die Sache in genau
demſelben Sinne aufgefaßt. Der Verſuch, das
wahre Weſen und die ganze Tragweite des Vor-
falls zu verſchleiern, war allerdings von vorn-
herein eine hoffnungsloſe. Denn derjenige Punkt,
bei werchem die Meinungsverſchiedenheit zwiſchen
dem Kaiſer und dem Miniſter des Innern zuerſt
zu Tage trat, nämlich die Art, wie Herr von
Puttkamer die verfaſſungmäßig verbürgte Wahl-
freiheit auffaſſen zu dürfen glaubt, war nicht ein
vereinzelter und nebenſächlicher Punkt und auch
nicht blos einer unter mehreren Hauptpunkten,
ſondern er war der ſpringende Punkt des ganzen
Syſtems. Das ganze gegenwärtige Syſtem der
inneren Politik des Deutſchen Reiches, das Sy-
ſtem einer reactionären Politik unter dem Scheine
der Zuſtimmung des Volkes iſt nur möglich bei
einem unaufhörlichen, verfaſſungs- und geſetz-
widrigen, mit allen Mitteln und namentlich mit
dem Mißbrauch der Amtsgewalt ausgeübten
Drucke auf die Wähler.
Als daher Kaiſer Friedrich ganz aus freier
Willensentſchließung ein Schreiben an den Mi-
niſter des Innern richtete, von welchem man be-
hauptet, daß es einen ſcharfen Tadel der bishe-
rigen Wahlproxis enthielt, war die Kriſis eröffnet
und die Stellung des Herrn v. Puttkamer un-
haltbar geworden.
Anfänglich hatte es den Anſchein, als wäre
die Regierung entſchloſſen geweſen, dieſen Kampf
mit dem äußerſten Aufwand von Nachdruck und
Zähigkeit zu führen. Die Verhältniſſe in der
inneren Politik des Deutſchen Reiches ſind ſo ge-
ſpannt, die Herrſchaft des gegenwärtigen Syſtems
ſo auf Schrauben geſtellt, dieſes Syſtem ſelbſt ſo
verwickelt und gekünſtelt und ſein Gleichgewicht
ſo auf der Schneide des Meſſers ſchwankend, daß
eine nur kurze Unterbrechung desſelben mit ſeinem
endgiltigen Verſchwinden gleichbedeutend wäre,
und von einer Wiederherſtellung unter abermals
geänderten Verhältniſſen keine Rede ſein könnte.
Daher die große Angſt der Träger und In-
tereſſenten dieſes Syſtems vor der Thronbeſtei-
gung Kaiſer Friedrich’s, die Angſt, die ſich in ſo
unverſtändiger, zum Theil ins Abſcheuliche ge-
ſteigerter Art kundgab, daher die Anklammerung
an die Hoffnung, daß der „unliebſame Zwiſchen-
fall“ möglichſt ſchnell und möglichſt ſpurlos vor-
übergehen werde, der ſich in den unaufhörlichen
tendentiöſen Schwarzmalereien über den Zuſtand
des Kaiſers, der ja an ſich traurig genug iſt,
kundgibt; daher endlich die verzweifelte Ent-
ſchloſſenheit ſeitens der Miniſter, den Platz nicht
zu räumen, zugleich aber auch kein grundſätz-
tickes Zugeſtändniß zu machen, welches das Sy-
ſtem irgendwie ins Schwanken bringen könnte.
Die Einzelheiten der Vorgänge, deren End-
ergebniß die Demiſſion Puttkamer’s iſt, entziehen
ſich der Kenntnißnahme; aber es iſt unmöglich,
ſich vorzuſtellen, daß ſie im Widerſpruch gegen
die Intentionen des Fürſten Bismarck erfolgt ſei.
Und darin liegt immerhin ein, wenn auch ſchwa-
ches Symptom erfreulichen Characters, es läßt
darauf ſchließen, daß der Kanzler nicht gewillt
ſei, der Reaction ſeine mächtige Stütze auch
weiterhin zur Verfügung zu ſtellen. In der That
iſt die fröhliche Unverfrorenheit, mit welcher die
reactionären Parteien im April ihren Willen
gegen den des Kaiſers ſetzten und die „Stimme
des Volkes“ auf gut neubonapartiſtiſch anriefen,
von ihnen gewichen. Freilich wäre es aber, wie
geſagt, gar zu optimiſtiſch, an dem völligen und
raſchen Zuſammenbruch des gegenwärtigen Sy-
ſtems zu glauben, und es kommt weſentlich dar-
auf an, wer zum Nachfolger im Miniſterium des
Innern berufen werden wird. Was die Reaction
fürchtete, war die große Kräftigung, die der po-
litiſche Freiſinn aus der Haltung des Kaiſers zie-
hen würde. Man würde Herrn v. Puttkamer leich-
ten Herzens geopfert, man würde auch das Ge-
ſetz über die Verlängerung der Legislaturperio-
den ohne großen Schmerz fallen gelaſſen haben,
Feuilleton.
Ausſtellungen an Ausſtellungen.
Von Theodor Herzl.
Spanien, dieſes weder mit einer ſtarken
Regierung, noch auch mit Glücksgütern geſegnete
Land, hat ſich endlich ebenfalls entſchloſſen, „in
den friedlichen Wettkampf mit ſämmtlichen Natio-
nen des Erdballs einzutreten“ — wie man ſich
in officieller Begeiſterung auszudrücken pflegt.
Mit anderen Worten; es hat heuer auch ſeine
Weltausſtellung. Es war die höchſte Zeit! So
weit unſer entzücktes Auge reicht, erblicken wir
heuer Welt-, Landes-, Colonial-, Regional-,
Diſtricts-, Bezirks-, allgemeine, beſondere, ge-
werbliche, landwirthſchaftliche, Hunde-, Blumen-,
Fiſcherei, Schifffahrts-, Maſtvieh- und Kunſt-
Ausſtellungen. Die Welt wird allmälig zu eng
für all dieſe Weltausſtellungen, die einen ſo
unleugbaren Werth haben. Zunächſt für das
große Comité der Ausſtellung, welches die Com-
thur- und Ritterkreuze im unvermeidlichen Or-
densgeſtöber erhält. Dann für die Subcomités,
deren Mitgliedern man kleinere Decorationen zur
Erfriſchung herumreicht. Dann für die Ausſteller,
die papierne Divlome, goldene, ſilberne oder
bronzene Medaillon bekommen. Ausgezeichnet
wird nun einmal Jeder, ſo daß die rückſichts-
loſeſten Streber ſich gewöhnlich „hors concurs“
begeben und auf die Ehrenpreiſe verzichten, nur
um ſich hervorzuthun! Jawohl, keiner entgeht
bei ſolcher Gelegenheit der Auszeichnung. Da iſt
es dann gleichgiltig, ob er einen Triumphbogen
aufgeführt hat, der ſich bei näherer Betrachtung
als eine Anhäufung von Zahnbürſten erweiſt,
oder Siegesſäulen von Hunyadp Janos-Bitter-
waſſerflaſchen, egyptiſche Pyramiden aus Zwirn-
ſpulen und Renaiſſancepaläſte aus Schweizer-
Käſe ...
Wenn ich von meiner perſönlichen Vorliebe
ſprechen darf, ſo ziehe ich die Maſtviehausſtellun-
gen allen andern vor. Denn in ſämmtlichen
Expoſitionen will doch einer über den Anderen
hinaus, und das bringt noch mehr Dünkel,
Hoffart und Ueberhebung in dieſe ohnehin ſchon
vom Höherhinauswollen verpeſtete Welt. Dagegen
hüpft mir mein bürgerliches Herz im Leibe, wenn
ich die ariſtocratiſchen Beſtrebungen dahin ge-
richtet ſehe, daß Einer ein größerer Ochſe ſein
will, als der Andere — wie dies ja auch in den
Maſtviehausſtellungen geſchieht ..... Dennoch
verkenne ich keineswegs die Bedeutung der übri-
gen Unternehmungen gleicher Art, z. B. der
Kunſtausſtellungen, in welchen erſtens die Kame-
radſchaft prächtige Orgien feiern kann, und
zweitens junge Künſtler durch unverdiente Zurück-
ſetzung einen mächtigen Sporn zum Weiterſtreben
bekommen. Was aber die Weltausſtellungen be-
trifft, ſo ſehe ich ihre Nothwendigkeit jetzt mehr
als je ein. Jetzt, wo ſich die Staaten durch die
ſinnreichſten Schutz- und Differenzialzölle von
einander abſperren, iſt es überaus wünſchenswerth,
im Auslande diejenigen Waaren zur Schau zu
bringen, an deren Verkauf man ſpäterhin ver-
hindert ſein wird. Scheint Ihnen das unklar?
Ja, es iſt eben Nationalökonomie. Von ihrer
erwähnten Nützlichkeit abgeſehen, ſind aber die
Ausſtellungen auch etwas Angenehmes, beinahe
ein Vergnügen — wenigſtens für ſolche Perſonen,
die den Strapazen eines tagelangen Herumwan-
delns in menſchenvollen Räumen gewachſen ſind.
Hinter den Schaufenſtern glitzern Koſtbarkeiten,
die der Erweckung von Neid, Gier und Mißgunſt
zu dienen berufen ſind. Und Triumphbogen,
Siegesſäulen und Pyramiden, Renaiſſancepaläſte,
geformt aus den obengenannten Materialien. —
Jawohl eine Weltausſtellung gemahnt an die
Nationalſpeiſe der Spanier, an das große Ragout
die olla potrida, in der die verſchiedenſten Fleiſch-
ſorten und Gemüſe und andere unbekannte Kleinig-
keiten, alle möglichen Chorizos und Garbanzos
einträchtig durch einander dampfen.
So iſt denn gar wohl begreiflich, daß man
auch in Barcelona die Chorizos und Garbanzos
einer Weltausſtellung ſervirt hat. Eröffnet wurde
dieſelbe durch Se. Majeſtät Alfonſo XIII. in
Perſon, und dieſer heitere Umſtand bringt das
eptlegene Land jedem Humoriſten von Proſeſſion
näher. Es war die erſte Weltausſtellung, die der
jugendliche Monarch mit ſeiner Gegenwart beehrte.
Der nunmehr dreijährige Lebenslauf dieſes groß-
mächtigen Herrn iſt ja bekannt. Unmittelbar nach
ſeiner Geburt — in einem Augenblicke, wo ihn
die vielen neuen Eindrücke verwirrrn mußten,
und er die ganze Tragweite einer ſo wichtigen
Maßregel nicht überblicken konnte — wurde ihm
die Königskrone auf das zartbeflaumte Haupt
geſetzt. Man hat ihn nicht befragt, ob er es
nicht vorzöge, als ſchlichter Privatſäugling im
Auslande zu leben. Vielleicht wäre ihm das lieber
geweſen. Denn in dem Lande des Chorizios und
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