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Mährisches Tagblatt. Nr. 134, Olmütz, 14.06.1897.

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[Spaltenumbruch] Communique heraus: Heute versammelten sich
in Eger zahlreiche Reichsraths- und Landtags-
abgeordnete aller deutschfortschrittlichen Partei-
richtungen und beschlossen nach einem Berichte
des Vorsitzenden des vorberathenden Aus-
schusses, Abgeordneten Dr. Funke, einmüthig den
Volkstag neuerlich für Sonntag den 11. Juli
in Eger einzuberufen. Außerdem wurden die vor-
berathenden Schritte wegen Einstellung der Ge-
schäfte im übertragenen Wirkungskreise seitens
der deutschen Gemeinden berathen und durch ein-
müthigen Beschluß festgestellt. Mit der Durch-
sührung sämmtlicher Beschlüsse wurde der bisherige
Ausschuß betraut. Den Berathungen wohnte
Bürgermeister Gschier bei. Nach der Besprechung
der Abgeordneten begab sich eine Menschenmenge,
ungefähr 2000 Personen, zum Kaiser Josef-
Monumente, wo Abg. Iro eine kurze Ansprache
hielt.

Ein angebliches Attentat anf den
Präsidenten Faure.

Als sich der Präsident
der Republik, Faure, heute Nachmittags zu
dem Rennen um den Grand-Prix de Paris nach
Longs Champs begab, feuerte ein junger Mann
in der Richtung gegen den Präsidenten einen
Revolverschuß ab, ohne jemanden zu verletzen.
Das Individuum wur[d]e verhaftet und es stellte
sich heraus, daß es Waffen und Stücke einer
Bombe bei sich trug.

Nach neueren Berichten
wurde kein Revolverschuß auf den Präsidenten
abgegeben, sondern eine mit Pulver geladene
Gußstahlröhre explodirte auf dem Wege, welchen
er nahm, ohne daß jemand verletzt wurde. Man
fand neben der Röhre ein unfläthiges Placat
beleidigenden Inhaltes für den Präsidenten, eine
Pistole und ein kleines Dolchmesser, auf welchem
Todesdrohungen gegen den Präsidenten eingravirt
waren. Man glaubt, daß es sich um das Werk
eines Narren handelt. Ein Individuum, welches
im Augenblicke der Explosion entfloh, konnte nicht
ausfindig gemacht werden.

Präfident Faure ist
um 6 Uhr Abends nach dem Palais Elysee
zurückgekehrt. Die Menschenmenge, die von dem
Attentate Kenntniß hatte, bereitete dem Präsidenten
herzliche Ovationen.

7 Uhr 20 Min. Abends.
Die Explosion der mit Pulver gefüllten Röhre
erfolgte in dem Augenblicke, als der Wagen des
Präsidenten Faure die Cascade des Boulogner
Wäldchens passirte, um nach dem Rennplatze
einzubiegen. Der Urheber der Explosion war
zweifellos im Gebüsche versteckt. Polizisten, sowie
die umstehenden Personen eilten sofort der Rich-
tung des Knalles nach, doch blieb eine sorgfältige
Durchsuchung des Gebüsches ohne Resultat.


[Spaltenumbruch]

7 Uhr 52 M. Abends
Die Höllenmaschine, die auf dem Wege, den
Präsident Faure nahm, zur Explosion gebracht
wurde, ist eine Röhre von 15 Centimeter Länge,
6 Centimeter im Durchmesser und 2 Centimeter
Dicke. Dieselbe war mit Pulver und Schrott ge-
füllt. Das von der Menge als Urheber der Ex-
plosion verdächtigte Individuum wurde ver-
haftet und heißt Gallet. Von dem Polizei-
Präfecten einem Verhör unterzogen, gab Gallet
fast gar keine Antwort. Auf dem Schafte der ge-
fundenen Pistole befindet sich die Inschrift: "Felix
Faure ist verurtheilt. Elsaß-Lothringen, Köln."
Gallet erklärte, ohne Profession zu sein und in
der Rue Gida Levallois zu wohnen, wo gegen-
wärtig eine Hausdurchsuchung vorgenommen wird.

Außerdem wurde ein zweites, 19 Jahre altes
Individuum verhaftet und wird soeben verhört.
Man glaubt, daß Gallet nicht der Urheber sei.
Man hält ihn für einen Irrsinnigen, der im
Augenblicke der Vorbeifahrt des Präsidenten
Rufe ausstieß und so die Aufmerksamkeit der
Menge auf sich zog.

Man vermuthet, daß der wahre Thäter im
Dickicht verborgen blieb und entkommen konnte.
Als Präsident Faure den Rennplatz verließ,
brachte ihm das Publicum eine Ovation dar.

Telephonische Nachrichten des "Mähr.
Tagblattes."

Ueber das angebliche
Attentat auf den Präsidenten Faure liegen fol-
gende Nachrichten vor: Die Polizei verhaftete
drei verdächtige Individueu und nahm in deren
Wohnungen Durchsuchungen vor. Nachdem jedoch
nichts Belastendes vorgefunden wurde und die
mit ihnen vom Untersuchungsrichter vorgenomme-
nen Verhöre keinen Schuldbeweis ergaben, wur-
den die Verhafteten wieder um Mitternacht in
Freiheit gesetzt. Der Polizeipräsident erklärte den
bei ihm erschienenen Journalisten, es liege augen-
scheinlich eine Mystification vor; die Explosion
habe absolut keinen Schaden anrichten können. Die
auf der Stelle, wo die Explosion stattfand, vorge-
fundene Pistole und das Dolchmesser seien mit
theatralischer Absichtlichkeit hingelegt worden. Die
socialistischen Organe besagen, das Ganze sei nichts als
eine Machination der Polizei. Aus einem Gespräche mit
einer im Gefolge des Präsidenten Faure befind-
lich gewesenen, amtlichen Persönlichkeit geht
hervor, daß die Detonation in der Nähe eines
Gebüsches gehört wurde, aus welchem man Rauch
aufsteigen sah. Als constatirt wurde, daß Niemand
eine Verletzung erlitten habe, setzte der Wagen
des Präsidenten den Weg zum Hippodrom fort.
Zwei Polizeiagenten stürzten, sofort nachdem
die Detonation gehört worden war, auf das
Gebüsch zu, aus welchem dieselbe kam, fanden
aber dort Niemand. Sie hoben mehrere Gegen-
stände vom Boden auf, sowie ein Stück Papier,
[Spaltenumbruch] auf dem die Worte geschrieben waren: "Hin-
richtung Felix Faure's."
Die empörte
Menschenmenge, welche den einen der beiden
Polizeiagenten, der sich bei dem Gebüsche
zur Erde gebückt hatte, um die dort liegenden
Gegenstände aufzunehmen, für den Urheber des
Attentates hielt, hieb auf ihn mit Regenschirmen
und Stöcken ein, wobei der Agent blutige Ver-
letzungen auf dem Kopfe erhielt. Nur mit Mühe
konnte der Ueberfallene von den Polizisten aus
den Händen der Menge befreit werden.

Charlotte Wolter.

Heute Morgens wurde
der Hofschauspielerin Charlotte Wolter von den
Aerzten eine Morphium-Inje[c]tion verabreicht.
Frau Wolter liegt in vollständiger Agonie. Das
Bewußtsein ist nicht zurückgekehrt.

Großer Brand.

Hier sind gestern drei
große Tuchfabriken und eine Spinnerei abgebrannt.
Der Schaden ist ein sehr großer. Zahlreiche
Arbeiter sind durch diese Brände brotlos geworden.




(Gelreide-Preise der königl. Haupt-
stadt Olmütz

am Wochenmarkt, den 12. Juni
1897.) Weizen per Hectoliter 6.40, 6.61, 7.--,
Korn 4.80, 5.18, 5.50, Gerste --.--, --.--,
--.--, --.--, Heu 100 Kilo 2.60, 3.25,
3.90, Stroh 100 Kilo 1.96, 2.03, 2.10.




Schluß-Course der Vormittags-Vörse
der Böhmischen Union-Bank,
(Filiale Olmütz)


Credit368.1/4
Ung. Credit4053/4
Staatsbahn357.1/2
Lombarden88.1/2
Anglo160.1/2
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Mai-Rente--.--
Ung. Kronen--.--
Oest. Kronen--.--
Prager Eisen690.--
Rima250.--
Alpine101.25
Werndl319.--
Türken-Lose57.90
Mark--.--
Bankverein258.--
Dampfschiff481.--
Wr. Union302.1/4
Brüxer--.--
Böhm. Un.-Act.--.--
[irrelevantes Material]

[Spaltenumbruch] Communiqué heraus: Heute verſammelten ſich
in Eger zahlreiche Reichsraths- und Landtags-
abgeordnete aller deutſchfortſchrittlichen Partei-
richtungen und beſchloſſen nach einem Berichte
des Vorſitzenden des vorberathenden Aus-
ſchuſſes, Abgeordneten Dr. Funke, einmüthig den
Volkstag neuerlich für Sonntag den 11. Juli
in Eger einzuberufen. Außerdem wurden die vor-
berathenden Schritte wegen Einſtellung der Ge-
ſchäfte im übertragenen Wirkungskreiſe ſeitens
der deutſchen Gemeinden berathen und durch ein-
müthigen Beſchluß feſtgeſtellt. Mit der Durch-
ſührung ſämmtlicher Beſchlüſſe wurde der bisherige
Ausſchuß betraut. Den Berathungen wohnte
Bürgermeiſter Gſchier bei. Nach der Beſprechung
der Abgeordneten begab ſich eine Menſchenmenge,
ungefähr 2000 Perſonen, zum Kaiſer Joſef-
Monumente, wo Abg. Iro eine kurze Anſprache
hielt.

Ein angebliches Attentat anf den
Präſidenten Faure.

Als ſich der Präſident
der Republik, Faure, heute Nachmittags zu
dem Rennen um den Grand-Prix de Paris nach
Longs Champs begab, feuerte ein junger Mann
in der Richtung gegen den Präſidenten einen
Revolverſchuß ab, ohne jemanden zu verletzen.
Das Individuum wur[d]e verhaftet und es ſtellte
ſich heraus, daß es Waffen und Stücke einer
Bombe bei ſich trug.

Nach neueren Berichten
wurde kein Revolverſchuß auf den Präſidenten
abgegeben, ſondern eine mit Pulver geladene
Gußſtahlröhre explodirte auf dem Wege, welchen
er nahm, ohne daß jemand verletzt wurde. Man
fand neben der Röhre ein unfläthiges Placat
beleidigenden Inhaltes für den Präſidenten, eine
Piſtole und ein kleines Dolchmeſſer, auf welchem
Todesdrohungen gegen den Präſidenten eingravirt
waren. Man glaubt, daß es ſich um das Werk
eines Narren handelt. Ein Individuum, welches
im Augenblicke der Exploſion entfloh, konnte nicht
ausfindig gemacht werden.

Präfident Faure iſt
um 6 Uhr Abends nach dem Palais Elyſée
zurückgekehrt. Die Menſchenmenge, die von dem
Attentate Kenntniß hatte, bereitete dem Präſidenten
herzliche Ovationen.

7 Uhr 20 Min. Abends.
Die Exploſion der mit Pulver gefüllten Röhre
erfolgte in dem Augenblicke, als der Wagen des
Präſidenten Faure die Cascade des Boulogner
Wäldchens paſſirte, um nach dem Rennplatze
einzubiegen. Der Urheber der Exploſion war
zweifellos im Gebüſche verſteckt. Poliziſten, ſowie
die umſtehenden Perſonen eilten ſofort der Rich-
tung des Knalles nach, doch blieb eine ſorgfältige
Durchſuchung des Gebüſches ohne Reſultat.


[Spaltenumbruch]

7 Uhr 52 M. Abends
Die Höllenmaſchine, die auf dem Wege, den
Präſident Faure nahm, zur Exploſion gebracht
wurde, iſt eine Röhre von 15 Centimeter Länge,
6 Centimeter im Durchmeſſer und 2 Centimeter
Dicke. Dieſelbe war mit Pulver und Schrott ge-
füllt. Das von der Menge als Urheber der Ex-
ploſion verdächtigte Individuum wurde ver-
haftet und heißt Gallet. Von dem Polizei-
Präfecten einem Verhör unterzogen, gab Gallet
faſt gar keine Antwort. Auf dem Schafte der ge-
fundenen Piſtole befindet ſich die Inſchrift: „Felix
Faure iſt verurtheilt. Elſaß-Lothringen, Köln.“
Gallet erklärte, ohne Profeſſion zu ſein und in
der Rue Gida Levallois zu wohnen, wo gegen-
wärtig eine Hausdurchſuchung vorgenommen wird.

Außerdem wurde ein zweites, 19 Jahre altes
Individuum verhaftet und wird ſoeben verhört.
Man glaubt, daß Gallet nicht der Urheber ſei.
Man hält ihn für einen Irrſinnigen, der im
Augenblicke der Vorbeifahrt des Präſidenten
Rufe ausſtieß und ſo die Aufmerkſamkeit der
Menge auf ſich zog.

Man vermuthet, daß der wahre Thäter im
Dickicht verborgen blieb und entkommen konnte.
Als Präſident Faure den Rennplatz verließ,
brachte ihm das Publicum eine Ovation dar.

Telephoniſche Nachrichten des „Mähr.
Tagblattes.“

Ueber das angebliche
Attentat auf den Präſidenten Faure liegen fol-
gende Nachrichten vor: Die Polizei verhaftete
drei verdächtige Individueu und nahm in deren
Wohnungen Durchſuchungen vor. Nachdem jedoch
nichts Belaſtendes vorgefunden wurde und die
mit ihnen vom Unterſuchungsrichter vorgenomme-
nen Verhöre keinen Schuldbeweis ergaben, wur-
den die Verhafteten wieder um Mitternacht in
Freiheit geſetzt. Der Polizeipräſident erklärte den
bei ihm erſchienenen Journaliſten, es liege augen-
ſcheinlich eine Myſtification vor; die Exploſion
habe abſolut keinen Schaden anrichten können. Die
auf der Stelle, wo die Exploſion ſtattfand, vorge-
fundene Piſtole und das Dolchmeſſer ſeien mit
theatraliſcher Abſichtlichkeit hingelegt worden. Die
ſocialiſtiſchen Organe beſagen, das Ganze ſei nichts als
eine Machination der Polizei. Aus einem Geſpräche mit
einer im Gefolge des Präſidenten Faure befind-
lich geweſenen, amtlichen Perſönlichkeit geht
hervor, daß die Detonation in der Nähe eines
Gebüſches gehört wurde, aus welchem man Rauch
aufſteigen ſah. Als conſtatirt wurde, daß Niemand
eine Verletzung erlitten habe, ſetzte der Wagen
des Präſidenten den Weg zum Hippodrom fort.
Zwei Polizeiagenten ſtürzten, ſofort nachdem
die Detonation gehört worden war, auf das
Gebüſch zu, aus welchem dieſelbe kam, fanden
aber dort Niemand. Sie hoben mehrere Gegen-
ſtände vom Boden auf, ſowie ein Stück Papier,
[Spaltenumbruch] auf dem die Worte geſchrieben waren: „Hin-
richtung Felix Faure’s.“
Die empörte
Menſchenmenge, welche den einen der beiden
Polizeiagenten, der ſich bei dem Gebüſche
zur Erde gebückt hatte, um die dort liegenden
Gegenſtände aufzunehmen, für den Urheber des
Attentates hielt, hieb auf ihn mit Regenſchirmen
und Stöcken ein, wobei der Agent blutige Ver-
letzungen auf dem Kopfe erhielt. Nur mit Mühe
konnte der Ueberfallene von den Poliziſten aus
den Händen der Menge befreit werden.

Charlotte Wolter.

Heute Morgens wurde
der Hofſchauſpielerin Charlotte Wolter von den
Aerzten eine Morphium-Inje[c]tion verabreicht.
Frau Wolter liegt in vollſtändiger Agonie. Das
Bewußtſein iſt nicht zurückgekehrt.

Großer Brand.

Hier ſind geſtern drei
große Tuchfabriken und eine Spinnerei abgebrannt.
Der Schaden iſt ein ſehr großer. Zahlreiche
Arbeiter ſind durch dieſe Brände brotlos geworden.




(Gelreide-Preiſe der königl. Haupt-
ſtadt Olmütz

am Wochenmarkt, den 12. Juni
1897.) Weizen per Hectoliter 6.40, 6.61, 7.—,
Korn 4.80, 5.18, 5.50, Gerſte —.—, —.—,
—.—, —.—, Heu 100 Kilo 2.60, 3.25,
3.90, Stroh 100 Kilo 1.96, 2.03, 2.10.




Schluß-Courſe der Vormittags-Vörſe
der Böhmiſchen Union-Bank,
(Filiale Olmütz)


Credit368.¼
Ung. Credit405¾
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Lombarden88.½
Anglo160.½
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Oeſt. Kronen—.—
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Böhm. Un.-Act.—.—
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[[7]/0007] Communiqué heraus: Heute verſammelten ſich in Eger zahlreiche Reichsraths- und Landtags- abgeordnete aller deutſchfortſchrittlichen Partei- richtungen und beſchloſſen nach einem Berichte des Vorſitzenden des vorberathenden Aus- ſchuſſes, Abgeordneten Dr. Funke, einmüthig den Volkstag neuerlich für Sonntag den 11. Juli in Eger einzuberufen. Außerdem wurden die vor- berathenden Schritte wegen Einſtellung der Ge- ſchäfte im übertragenen Wirkungskreiſe ſeitens der deutſchen Gemeinden berathen und durch ein- müthigen Beſchluß feſtgeſtellt. Mit der Durch- ſührung ſämmtlicher Beſchlüſſe wurde der bisherige Ausſchuß betraut. Den Berathungen wohnte Bürgermeiſter Gſchier bei. Nach der Beſprechung der Abgeordneten begab ſich eine Menſchenmenge, ungefähr 2000 Perſonen, zum Kaiſer Joſef- Monumente, wo Abg. Iro eine kurze Anſprache hielt. Ein angebliches Attentat anf den Präſidenten Faure. Paris, 13. Juni. Als ſich der Präſident der Republik, Faure, heute Nachmittags zu dem Rennen um den Grand-Prix de Paris nach Longs Champs begab, feuerte ein junger Mann in der Richtung gegen den Präſidenten einen Revolverſchuß ab, ohne jemanden zu verletzen. Das Individuum wurde verhaftet und es ſtellte ſich heraus, daß es Waffen und Stücke einer Bombe bei ſich trug. Paris, 13. Juni. Nach neueren Berichten wurde kein Revolverſchuß auf den Präſidenten abgegeben, ſondern eine mit Pulver geladene Gußſtahlröhre explodirte auf dem Wege, welchen er nahm, ohne daß jemand verletzt wurde. Man fand neben der Röhre ein unfläthiges Placat beleidigenden Inhaltes für den Präſidenten, eine Piſtole und ein kleines Dolchmeſſer, auf welchem Todesdrohungen gegen den Präſidenten eingravirt waren. Man glaubt, daß es ſich um das Werk eines Narren handelt. Ein Individuum, welches im Augenblicke der Exploſion entfloh, konnte nicht ausfindig gemacht werden. Paris, 13. Juni. Präfident Faure iſt um 6 Uhr Abends nach dem Palais Elyſée zurückgekehrt. Die Menſchenmenge, die von dem Attentate Kenntniß hatte, bereitete dem Präſidenten herzliche Ovationen. Paris, 13. Juni. 7 Uhr 20 Min. Abends. Die Exploſion der mit Pulver gefüllten Röhre erfolgte in dem Augenblicke, als der Wagen des Präſidenten Faure die Cascade des Boulogner Wäldchens paſſirte, um nach dem Rennplatze einzubiegen. Der Urheber der Exploſion war zweifellos im Gebüſche verſteckt. Poliziſten, ſowie die umſtehenden Perſonen eilten ſofort der Rich- tung des Knalles nach, doch blieb eine ſorgfältige Durchſuchung des Gebüſches ohne Reſultat. Paris, 13. Juni, 7 Uhr 52 M. Abends Die Höllenmaſchine, die auf dem Wege, den Präſident Faure nahm, zur Exploſion gebracht wurde, iſt eine Röhre von 15 Centimeter Länge, 6 Centimeter im Durchmeſſer und 2 Centimeter Dicke. Dieſelbe war mit Pulver und Schrott ge- füllt. Das von der Menge als Urheber der Ex- ploſion verdächtigte Individuum wurde ver- haftet und heißt Gallet. Von dem Polizei- Präfecten einem Verhör unterzogen, gab Gallet faſt gar keine Antwort. Auf dem Schafte der ge- fundenen Piſtole befindet ſich die Inſchrift: „Felix Faure iſt verurtheilt. Elſaß-Lothringen, Köln.“ Gallet erklärte, ohne Profeſſion zu ſein und in der Rue Gida Levallois zu wohnen, wo gegen- wärtig eine Hausdurchſuchung vorgenommen wird. Außerdem wurde ein zweites, 19 Jahre altes Individuum verhaftet und wird ſoeben verhört. Man glaubt, daß Gallet nicht der Urheber ſei. Man hält ihn für einen Irrſinnigen, der im Augenblicke der Vorbeifahrt des Präſidenten Rufe ausſtieß und ſo die Aufmerkſamkeit der Menge auf ſich zog. Man vermuthet, daß der wahre Thäter im Dickicht verborgen blieb und entkommen konnte. Als Präſident Faure den Rennplatz verließ, brachte ihm das Publicum eine Ovation dar. Telephoniſche Nachrichten des „Mähr. Tagblattes.“ Paris, 14. Juni. Ueber das angebliche Attentat auf den Präſidenten Faure liegen fol- gende Nachrichten vor: Die Polizei verhaftete drei verdächtige Individueu und nahm in deren Wohnungen Durchſuchungen vor. Nachdem jedoch nichts Belaſtendes vorgefunden wurde und die mit ihnen vom Unterſuchungsrichter vorgenomme- nen Verhöre keinen Schuldbeweis ergaben, wur- den die Verhafteten wieder um Mitternacht in Freiheit geſetzt. Der Polizeipräſident erklärte den bei ihm erſchienenen Journaliſten, es liege augen- ſcheinlich eine Myſtification vor; die Exploſion habe abſolut keinen Schaden anrichten können. Die auf der Stelle, wo die Exploſion ſtattfand, vorge- fundene Piſtole und das Dolchmeſſer ſeien mit theatraliſcher Abſichtlichkeit hingelegt worden. Die ſocialiſtiſchen Organe beſagen, das Ganze ſei nichts als eine Machination der Polizei. Aus einem Geſpräche mit einer im Gefolge des Präſidenten Faure befind- lich geweſenen, amtlichen Perſönlichkeit geht hervor, daß die Detonation in der Nähe eines Gebüſches gehört wurde, aus welchem man Rauch aufſteigen ſah. Als conſtatirt wurde, daß Niemand eine Verletzung erlitten habe, ſetzte der Wagen des Präſidenten den Weg zum Hippodrom fort. Zwei Polizeiagenten ſtürzten, ſofort nachdem die Detonation gehört worden war, auf das Gebüſch zu, aus welchem dieſelbe kam, fanden aber dort Niemand. Sie hoben mehrere Gegen- ſtände vom Boden auf, ſowie ein Stück Papier, auf dem die Worte geſchrieben waren: „Hin- richtung Felix Faure’s.“ Die empörte Menſchenmenge, welche den einen der beiden Polizeiagenten, der ſich bei dem Gebüſche zur Erde gebückt hatte, um die dort liegenden Gegenſtände aufzunehmen, für den Urheber des Attentates hielt, hieb auf ihn mit Regenſchirmen und Stöcken ein, wobei der Agent blutige Ver- letzungen auf dem Kopfe erhielt. Nur mit Mühe konnte der Ueberfallene von den Poliziſten aus den Händen der Menge befreit werden. Charlotte Wolter. Wien, 14. Juni. Heute Morgens wurde der Hofſchauſpielerin Charlotte Wolter von den Aerzten eine Morphium-Injection verabreicht. Frau Wolter liegt in vollſtändiger Agonie. Das Bewußtſein iſt nicht zurückgekehrt. Großer Brand. Aachen, 14. Juni. Hier ſind geſtern drei große Tuchfabriken und eine Spinnerei abgebrannt. Der Schaden iſt ein ſehr großer. Zahlreiche Arbeiter ſind durch dieſe Brände brotlos geworden. (Gelreide-Preiſe der königl. Haupt- ſtadt Olmütz am Wochenmarkt, den 12. Juni 1897.) Weizen per Hectoliter 6.40, 6.61, 7.—, Korn 4.80, 5.18, 5.50, Gerſte —.—, —.—, —.—, —.—, Heu 100 Kilo 2.60, 3.25, 3.90, Stroh 100 Kilo 1.96, 2.03, 2.10. Schluß-Courſe der Vormittags-Vörſe der Böhmiſchen Union-Bank, (Filiale Olmütz) vom 14. Juni 1897. Credit 368.¼ Ung. Credit 405¾ Staatsbahn 357.½ Lombarden 88.½ Anglo 160.½ Länderbank 244.¾ Mai-Rente —.— Ung. Kronen —.— Oeſt. 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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 134, Olmütz, 14.06.1897, S. [7]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches134_1897/7>, abgerufen am 23.11.2024.