Mährisches Tagblatt. Nr. 119, Olmütz, 24.05.1895.[Spaltenumbruch]
nationaler Gesinnungstüchtigkeit vindiciren, endlich Redner schildert nun die Thätigkeit der In die ernste Betrachtung der unser Ve[r]eins- Wir schließen unsere Betrachtungen, die "Ein Land von Viertel- und von halben Tschechen, Zwar können sie noch nicht slavisch sprechen, Doch deutsch zu fühlen haben sie verlernt." (Stürmischer nicht endenwollender Beifall.) Herr Wiesenburg erstattete hierauf Dr. Schloffer (Graz) pries in begeister- Herr Dr. Groß bringt die zahlreich ein- Hierauf stellte der Vertreter der Ortsgruppe In Erwägung, daß eine Belebung der Die Hauptleitung wird ersucht 1. die Ortsgruppen zu befragen, welche 2. die Hauptleitung möge aus sich und den 3. das Ergebniß dieser Berathungen ist dann Obmann Dr. Weitlof erklärt, über diesen Dr. v. Kraus referirte sodann über die Dr. Wolfhardt brachte hierauf Namens Nachdem auch dieser Antrag mit dem Be- Nachdem noch einige Redner gesprochen, Delegirter Prof. Schwarz verlangt die Gründe Obmann Weitlof bemerkt, daß dies gegen- Die Ergänzungswahl in die Vereinsleitung [Spaltenumbruch] Stürme im Hafen. Roman von F. von Kapff-Essenther. Nachdruck verboten. (95. Fortsetzung.) Jetzt trat Graf Reichenau, dessen Eheschei- Und diese Gedanken erfüllten ihn an dem Aber sie hatte in ihrer stillen, keuschen, Er aber führte sie galant zum Wagen und "Warte nur, meine schöne, kleine Frau, VI. Dem Frühlingsrausch vom Hoppegarten Ulrich war sehr ärgerlich; ihm war bisher Ohne Zweifel war sein Schwiegervater im (Fortsetzung folgt.) [Spaltenumbruch]
nationaler Geſinnungstüchtigkeit vindiciren, endlich Redner ſchildert nun die Thätigkeit der In die ernſte Betrachtung der unſer Ve[r]eins- Wir ſchließen unſere Betrachtungen, die „Ein Land von Viertel- und von halben Tſchechen, Zwar können ſie noch nicht ſlaviſch ſprechen, Doch deutſch zu fühlen haben ſie verlernt.“ (Stürmiſcher nicht endenwollender Beifall.) Herr Wieſenburg erſtattete hierauf Dr. Schloffer (Graz) pries in begeiſter- Herr Dr. Groß bringt die zahlreich ein- Hierauf ſtellte der Vertreter der Ortsgruppe In Erwägung, daß eine Belebung der Die Hauptleitung wird erſucht 1. die Ortsgruppen zu befragen, welche 2. die Hauptleitung möge aus ſich und den 3. das Ergebniß dieſer Berathungen iſt dann Obmann Dr. Weitlof erklärt, über dieſen Dr. v. Kraus referirte ſodann über die Dr. Wolfhardt brachte hierauf Namens Nachdem auch dieſer Antrag mit dem Be- Nachdem noch einige Redner geſprochen, Delegirter Prof. Schwarz verlangt die Gründe Obmann Weitlof bemerkt, daß dies gegen- Die Ergänzungswahl in die Vereinsleitung [Spaltenumbruch] Stürme im Hafen. Roman von F. von Kapff-Eſſenther. Nachdruck verboten. (95. Fortſetzung.) Jetzt trat Graf Reichenau, deſſen Eheſchei- Und dieſe Gedanken erfüllten ihn an dem Aber ſie hatte in ihrer ſtillen, keuſchen, Er aber führte ſie galant zum Wagen und „Warte nur, meine ſchöne, kleine Frau, VI. Dem Frühlingsrauſch vom Hoppegarten Ulrich war ſehr ärgerlich; ihm war bisher Ohne Zweifel war ſein Schwiegervater im (Fortſetzung folgt.) <TEI> <text> <body> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0004" n="[4]"/><cb/> nationaler Geſinnungstüchtigkeit vindiciren, endlich<lb/> unter dem Einfluſſe eines jeglichen nationalen<lb/> Aufſchwung erdrückenden Syſtemes über die<lb/> zweckentſprechende Wahl zuläſſiger Mittel zur<lb/> Abwehr im deutſchen Lager noch nicht klar ge-<lb/> worden. Daß unſere Jugend für ihre dereinſtige<lb/> Wirkſamkeit bei Amt und Gericht und in ſon-<lb/> ſtigen öffentlichen Stellungen ſich der Kennt-<lb/> niß der zweiten Landesſprache erfreuen möge,<lb/> dafür erheben ſich immer mehr gewichtige Stimme<lb/> in Böhmen <hi rendition="#g">Mähren,</hi> Schleſien und der Steier-<lb/> mark. Es iſt jedoch ein beklagenswerthes Symp-<lb/> tom der durch unſere jetzige Aera wieder gezeitig-<lb/> ten deutſchen Vertrauensſeligkeit, daß im Som-<lb/> mer 1894 abermals ein Vorſchlag zu Gunſten<lb/> einer durchgreifenden Utraquiſirung unſerer Schulen<lb/> und wohl auch unſerer ganzen Lebensführung<lb/> gemacht wurde. Speciell in Böhmen hieße das,<lb/> dem compacten ſlaviſchen Sprachgebiete über kurz<lb/> oder lang ein durchſetzendes national-ohnmächtiges<lb/> ſprachlich gemiſchtes anzugliedern, der tſchechiſchen<lb/> Propaganda auf deutſchem Boden die Thüre zu<lb/> öffnen, und damit ſelbſt mit gebundenen Händen<lb/> den letzten Act des nationalen Dramas, der uns<lb/> die triumphirende Slavia im Wenzelreiche<lb/> vorführt, mitvollenden zu helfen. Obwohl bei den<lb/> Gemeindewahlen unterlegen, haben ſich die Deut-<lb/> ſchen von Trebnitz, des „deutſchen Numantia“ im<lb/> ſchweren Kampfe muthig behauptet.</p><lb/> <p>Redner ſchildert nun die Thätigkeit der<lb/> Slovenen. 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Mit<lb/> bewundernswürdiger Selbſtaufopferung arbeiten<lb/> ſie im Dienſte des Schulvereines und kämpfen<lb/> unbeirrt für die Sache des deutſchen Volkes, den<lb/> Kampf gegen den ärgſten Feind, gegen den In-<lb/> differentismus in den eigenen Reihen. Er bat<lb/> die Verſammlung, ſich von den Sitzen zu erheben<lb/> und der Vereinsleitung, insbeſondere dem hoch-<lb/> verdienten Dr. Weitlof den wärmſten Dank aus-<lb/> zuſprechen und ſie zu bitten, in ihrer nationalen<lb/> Arbeit nicht zu erlahmen (Stürmiſcher Beifall<lb/> und Hochrufe.) Sodann wurde dem Geſammt-<lb/> ausſchuſſe einſtimmig das Abſolutorium ertheilt,<lb/> für welchen Beweis des Vertrauens Dr. Weitlof<lb/> neuerlich dankte.</p><lb/> <p>Herr Dr. <hi rendition="#g">Groß</hi> bringt die zahlreich ein-<lb/> gelaufenen ſchriftlichen und telegraphiſchen Begrüßun-<lb/> gen, darunter ſolche vom Deutſchen Böhmerwald-<lb/> bund, Südmark (Graz), Dr. Schleſinger,<lb/> Namens der Abgeordneten und Vertrauensmänner<lb/> der Deutſchen Böhmens, vom Vorſtand des<lb/> Landesverbandes Braunſchweig (Hannover) vom<lb/> Schubertbund (Wien) von verſchiedenen ſtudentiſchen<lb/> Vereinen, vom Allgemeinen Deutſchen Schulvein<lb/> in Berlin, ferner von Falkenau, Reichenberg,<lb/> Graz, Wiesbaden etc. etc. zur Verleſung.</p><lb/> <p>Hierauf ſtellte der Vertreter der Ortsgruppe<lb/><hi rendition="#g">Hohenſtadt</hi> Herr Hermann <hi rendition="#g">Braß</hi> nachſte-<lb/> henden Antrag:</p><lb/> <p>In Erwägung, daß eine Belebung der<lb/> Schulvereinsthätigkeit erwünſcht und nothwendig<lb/> iſt und daß alle Jahre Anträge von Ortsgrup-<lb/> pen kommenin Sachen der Aenderung der Satzungen,<lb/> beſchließt die Hauptverſammlung:</p><lb/> <p>Die Hauptleitung wird erſucht</p><lb/> <p>1. die Ortsgruppen zu befragen, welche<lb/><hi rendition="#g">Satzungsänderungen</hi> und ſonſtige Maß-<lb/> nahmen ſelbe für nothwendig halten, um die<lb/> Schulvereinsthätigkeit zu beleben,</p><lb/> <p>2. die Hauptleitung möge aus ſich und den<lb/> ihr bekannten warmen Freunden und eifrigen<lb/> Arbeitern der Schulvereinsſache einen <hi rendition="#g">verſtärk-<lb/> ten Ausſchuß</hi> bilden, der dieſe Fragen einge-<lb/> hend zu beſprechen hat,</p><lb/> <p>3. das Ergebniß dieſer Berathungen iſt dann<lb/> einer ordentlichen Hauptverſammlung oder<lb/><cb/> aber beſſer einer zu dieſem Zwecke einberufe-<lb/> neu <hi rendition="#g">außerordentlichen Hauptverſamm-<lb/> lung</hi> zur Beſchlußfaſſung vorzulegen.</p><lb/> <p>Obmann Dr. <hi rendition="#g">Weitlof</hi> erklärt, über dieſen<lb/> Antrag die Debatte zu eröffnen. vorerſt aber<lb/> müſſe der Bericht über die durch die Gauver-<lb/> bandsleitung nothwendige Aenderung der Vereins-<lb/> ſatzungen und über einen von der Ortsgruppe<lb/> Deutſch-Jaßnik eingebrachten Antrag erfolgen.</p><lb/> <p>Dr. v. <hi rendition="#g">Kraus</hi> referirte ſodann über die<lb/> neuen Gauſatzungen, welche auch über Antrag<lb/><hi rendition="#g">Apfel</hi> (Auſſig) <hi rendition="#aq">en bloc</hi> einſtimmig angenom-<lb/> men wurden.</p><lb/> <p>Dr. <hi rendition="#g">Wolfhardt</hi> brachte hierauf Namens<lb/> der Vereinsleitung den Antrag der Ortsgruppe<lb/><hi rendition="#g">Deutſch-Jaßnik</hi> zur Kenntniß: „Die Satzun-<lb/> gen des Deutſchen Schulvereines ſeien dahin zu<lb/> ändern, daß in Hinkunft den einzelnen Orts-<lb/> gruppen das Recht eingeräumt werden möge,<lb/> ſelbſtſtändig über die Aufnahme von Mitgliedern<lb/> in die Ortsgruppe zu verfügen.“</p><lb/> <p>Nachdem auch dieſer Antrag mit dem Be-<lb/> ſtreben, den Ortsgruppen eine regere Lebensthä-<lb/> tigkeit einzuhauchen, motivirt wurde, richtete der<lb/> Vorſitzende an den anweſenden Vertreter von<lb/> Dentſch-Jaßnik die Anfrage, ob dieſe Ortsgruppe<lb/> bei Annahme des Antrages <hi rendition="#g">Braß</hi> ihren Antrag<lb/> zurückziehen würde. Der Vertreter von Deutſch-<lb/> Jaßnik erklärte ſich hiemit einverſtanden und zog<lb/> ſeinen Antrag zurück. Herr <hi rendition="#g">Matſcheko</hi> (Orts-<lb/> gruppe Wieden in Wien) begrüßte den Antrag<lb/> Braß, erſucht jedoch von der Einberufung einer<lb/> außerordentlichen Hauptverſammlung Abſtand zu<lb/> nehmen und das Ergebniß der Berathungen der<lb/> ordentlichen Hauptverſammlung zur Beſchlußfaſſung<lb/> vorzulegen, da eine außerordentliche, die erfah-<lb/> rungsgemäß nie ſo vollzählig beſucht ſei, nur<lb/> einem Rumpfparlament zu vergleichen iſt.</p><lb/> <p>Nachdem noch einige Redner geſprochen,<lb/> wies Herr <hi rendition="#g">Frank</hi> darauf hin, daß nach den<lb/> Statuten die Beſchlußfaſſung nur in ordentlicher<lb/> Hauptverſammlung erfolgen könne. Der Antrag<lb/> Braß gelangt ſodann mit der von Matſchekos be-<lb/> antragten Aenderung nahezu einſtimmig zur<lb/> Annahme.</p><lb/> <p>Delegirter Prof. <hi rendition="#g">Schwarz</hi> verlangt die Gründe<lb/> zu wiſſen, welche die Ortsgruppe Deutſch-Jaßnik<lb/> zu ihrem Antrage bewogen haben. (Rufe: Oho!<lb/> Man kennt doch dieſe Gründe!)</p><lb/> <p>Obmann <hi rendition="#g">Weitlof</hi> bemerkt, daß dies gegen-<lb/> ſtandslos ſei, nachdem Deutſch-Jaßnik den Antrag<lb/> zu Gunſten des Antrages Braß zurückgezogen<lb/> habe und ſchloß ſodann, da die Tagesordnung<lb/> erſchöpft war, die 15. ordentliche Hauptverſamm-<lb/> lung mit Worten des Dankes an alle Theilnehmer.</p><lb/> <p>Die Ergänzungswahl in die Vereinsleitung<lb/> ergab die Wahl des Herrn Dr. Rudolf <hi rendition="#g">Prokſch</hi><lb/> (Wien), in den Aufſichtsrath wurde Hofrath Dr.<lb/> Alexander <hi rendition="#g">Eger</hi> (Wien) und in das Schiedsge-<lb/> richt Dr. Raimund <hi rendition="#g">Grübl</hi> (Wien) neugewählt.</p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head><hi rendition="#b">Stürme im Hafen.</hi><lb/> Roman von <bibl><hi rendition="#b">F. von Kapff-Eſſenther.</hi></bibl> </head><lb/> <p> <hi rendition="#et">Nachdruck verboten.</hi> </p><lb/> <p> <ref>(95. Fortſetzung.)</ref> </p><lb/> <p>Jetzt trat Graf Reichenau, deſſen Eheſchei-<lb/> dungsproceß Robert führte, in die Loge, um<lb/> Erneſtine zu begrüßen. Sein Proceß war ein<lb/> ſogenannter ſenſationeller und Ulrich dadurch der<lb/> großen Welt bekannt geworden. Er ſelbſt hatte<lb/> ſich zeitlebens ſpeciell um Eheſcheidungen wenig<lb/> gekümmert, hatte keine Erfahrung und keine<lb/> beſondere Sachkenntniß auf dieſem Gebiete. Aber<lb/> ſein Ruf war ſchon ſo weit gediehen, daß Graf<lb/> Reichenau mit Genugthuung ſagen konnte „mein<lb/> Rechtsanwalt Doctor Ulrich,“ und das war es,<lb/> was Ulrich ſo heiß erſtrebt hatte. Das Gebiet,<lb/> auf dem er wirklich etwas Hervorragendes zu<lb/> leiſten vermochte, war die Vertheidigung in<lb/> Strafſachen, aber er konnte auf dieſem Felde<lb/> nicht raſch genug emporkommen, deshalb ge-<lb/> brauchte er andere Mittel, um Carriére zu machen.<lb/> Seine höchſten Träume waren eine ſociale Stel-<lb/> lung erſten Ranges, Reichthum, Ruf, ein Sitz<lb/> im Abgeordnetenhauſe, und das Alles war heute<lb/> für ihn nicht unerreichbar. Nun muthig und<lb/> rückſichtslos weiter.</p><lb/> <p>Und dieſe Gedanken erfüllten ihn an dem<lb/> ſchönen Frühlingsnachmittage in Hoppegarten.<lb/> Ob „Poldi“ als Erſte oder Zweite oder gar<lb/><cb/> nicht durchs Ziel ging, war ihm furchtbar gleich-<lb/> giltig. Er hatte niemals gewettet oder geſpielt,<lb/> das hatte er alle Zeit für höchſt thöricht gehalten.<lb/> Aber er fühlte ſich heute glücklich gehoben, und<lb/> er hatte nicht die leiſeſte Ahnung davon, wie<lb/> unglücklich ſeine Frau neben ihm war.</p><lb/> <p>Aber ſie hatte in ihrer ſtillen, keuſchen,<lb/> weltfremden Mädchenzeit von einem Manne<lb/> geträumt, der hohe Ziele vor ſich ſah, aber ſolche<lb/> im Dienſte des Guten, im Dienſte der Menſch-<lb/> heit. Und der Mann, dem ſie ihr ganzes Weſen<lb/> hingegeben, hatte nur conventionellen Ehrgeiz.<lb/> Und dann, er liebte ſie nicht. Er war artig,<lb/> aufmerkſam, vielleicht auch treu, aber er liebte<lb/> ſie nicht. Niemals wechſelten ſie einen herzens-<lb/> innigen Liebesblick miteinder, nie hatte ſie an<lb/> ſeiner Seite einen jener beſeeligenden Momente<lb/> des Ineinanderaufgehens, des beglückenden Anein-<lb/> anderſchließens erlebt, deren Schilderung in<lb/> Büchern ſo oft ihr Herz ahnungsvoll klopfen<lb/> gemacht. Er erfüllte ſeine Pflicht gegen ſie, aber<lb/> er liebte ſie nicht. Und ihr war elend zum<lb/> Sterben.</p><lb/> <p>Er aber führte ſie galant zum Wagen und<lb/> ſagte mit frohem Lächeln:</p><lb/> <p>„Warte nur, meine ſchöne, kleine Frau,<lb/> vielleicht im nächſten Jahre ſchon, fahren wir in<lb/> eigener Equipage nach Hoppegarten!“</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq">VI.</hi> </hi> </p><lb/> <p>Dem Frühlingsrauſch vom Hoppegarten<lb/> folgte ein Tag der Entnüchterung für Ulrich.<lb/><cb/> Er hatte 50.000 Mark Actien gezeichnet und<lb/> ſollte ſie heute einzahlen. D’Armont hatte ihm<lb/> verſprochen, das B<supplied>a</supplied>rgeld vorzuſchießen, aber bei<lb/> ſeinem minimalen Intereſſe für Geldgeſchäfte<lb/> hatte d’Armont natürlich vergeſſen, die Sache<lb/> zu ordnen. Nun wollte Ulrich geſtern während<lb/> des Rennens eine Anweiſung von ſeinem<lb/> Freunde verlangen, aber d’Armont war nicht da.<lb/> Er ſandte ſeinen Diener zu ihm — d’Armont<lb/> war wegen heftiger Nervoſität ſeit einigen Tagen<lb/> verreiſt. So waren die 50.000 Mark von daher<lb/> nicht zu beſchaffen.</p><lb/> <p>Ulrich war ſehr ärgerlich; ihm war bisher<lb/> ſo alles nach Wunſch gegangen, weil das, was<lb/> er anſtrebte, in erſter Reihe von ſeinen intellec-<lb/> tuellen Fähigkeiten abhing. Nun hatte er ſich<lb/> auf ein Gebiet begeben, wo mehr oder minder<lb/> der Zufall herrſchte, wo ſein Können und Wiſſen<lb/> nicht ausſchlaggebend war. Woher bis heute<lb/> Mittag zur Börſenſtunde dieſen immerhin be-<lb/> deutenden Betrag nehmen? Er hatte ſicher auf<lb/> d’Armonts Zuſage gerechnet und ſich nicht weiter<lb/> gekümmert.</p><lb/> <p>Ohne Zweifel war ſein Schwiegervater im<lb/> Stande, ihm zu helfen, aber direct Geld von<lb/> ihm wollte er nicht. Vielleicht konnte er ihn<lb/> bewegen, 50.000 Mark zu zeichnen riskiren,<lb/> dann für ſich einzahlen und einige Tage ſpäter<lb/> bei d’Armonts Rückkehr den Poſten Grunow<lb/> nachzahlen. So wollte er die Sache „ſchieben.“</p><lb/> <p> <ref>(Fortſetzung folgt.)</ref> </p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[4]/0004]
nationaler Geſinnungstüchtigkeit vindiciren, endlich
unter dem Einfluſſe eines jeglichen nationalen
Aufſchwung erdrückenden Syſtemes über die
zweckentſprechende Wahl zuläſſiger Mittel zur
Abwehr im deutſchen Lager noch nicht klar ge-
worden. Daß unſere Jugend für ihre dereinſtige
Wirkſamkeit bei Amt und Gericht und in ſon-
ſtigen öffentlichen Stellungen ſich der Kennt-
niß der zweiten Landesſprache erfreuen möge,
dafür erheben ſich immer mehr gewichtige Stimme
in Böhmen Mähren, Schleſien und der Steier-
mark. Es iſt jedoch ein beklagenswerthes Symp-
tom der durch unſere jetzige Aera wieder gezeitig-
ten deutſchen Vertrauensſeligkeit, daß im Som-
mer 1894 abermals ein Vorſchlag zu Gunſten
einer durchgreifenden Utraquiſirung unſerer Schulen
und wohl auch unſerer ganzen Lebensführung
gemacht wurde. Speciell in Böhmen hieße das,
dem compacten ſlaviſchen Sprachgebiete über kurz
oder lang ein durchſetzendes national-ohnmächtiges
ſprachlich gemiſchtes anzugliedern, der tſchechiſchen
Propaganda auf deutſchem Boden die Thüre zu
öffnen, und damit ſelbſt mit gebundenen Händen
den letzten Act des nationalen Dramas, der uns
die triumphirende Slavia im Wenzelreiche
vorführt, mitvollenden zu helfen. Obwohl bei den
Gemeindewahlen unterlegen, haben ſich die Deut-
ſchen von Trebnitz, des „deutſchen Numantia“ im
ſchweren Kampfe muthig behauptet.
Redner ſchildert nun die Thätigkeit der
Slovenen. Nicht ohne Zagen trete ich, ſagt Redner,
in dieſem Augenblicke an das verſchleierte Bild
von Sais, an die Cillier Frage, heran. Das
wiſſen alle Deutſchen nördlich und ſüdlich der
Donau, daß es ſich hier gar nicht mehr um die
ſimple Gymnaſialfrage dreht. Das Schickſal ſtellt
Völker und Nationen auch vor Aufgaben von
ſcheinbar nichtsſagender Tragweite. Nach meiner
Meinung wird es ein Prüfſtein ſein —
darauf kommt es an — ein Prüfſtein darüber,
ob wir die nationale Nackenſteife wirklich
endgiltig verloren haben oder ob wir
noch jenes Maß von Unbeugſamkeit beſitzen, die
niemals zu faulen Declamationen, unwahren
Scheingefechten und halben Schritten, nöthigenfalls
zur letzten entſcheidenden That führt. (Bravo.)
In die ernſte Betrachtung der unſer Vereins-
leben beherrſchenden Zuſtände theilen wir uns
mit ſo manchem treuen Mitarbeiter in den Orts-
gruppen.
Wir ſchließen unſere Betrachtungen, die
Ihnen in Beſcheidenheit Rechenſchaft ablegen
ſollen über die von uns im letzten Jahre voll-
brachte Arbeit. Wenn wir auch Weniges erreich-
ten, ſo billigen Sie uns vielleicht doch die Ungunſt
der Umſtände, die Kraft der zahlreichen Gegner-
ſchaft, die Schwäche im eigenen Lager, als Ent-
laſtungsgründe zu. Mehr kommt es darauf an,
ob Sie den Geſichtspunkt, unter dem wir die
uns umgebenden nationalen Erſcheinungen be-
trachtet haben, als den richtigen anerkennen. Wir
meinen: ſchwer würde es für jeglichen nationalen
Schutzverein, deshalb auch für den deutſchen
Schulverein, Nutzbringendes zu ſchaffen, wenn
ſich — was Gott verhüte — des Dichters Wort
erfüllen ſollte:
„Ein Land von Viertel- und von halben Tſchechen,
Zwar können ſie noch nicht ſlaviſch ſprechen,
Doch deutſch zu fühlen haben ſie verlernt.“
(Stürmiſcher nicht endenwollender Beifall.)
Herr Wieſenburg erſtattete hierauf
Namens des Aufſichtsraches Bericht.
Dr. Schloffer (Graz) pries in begeiſter-
ten Worten der Anerkennung die aufreibende
Thätigkeit der Vereinsleitung, auf deren Schul-
tern die ganze Laſt ruhe und die hiefür noch oft
Undank und auch Verleumdungen ernten. Mit
bewundernswürdiger Selbſtaufopferung arbeiten
ſie im Dienſte des Schulvereines und kämpfen
unbeirrt für die Sache des deutſchen Volkes, den
Kampf gegen den ärgſten Feind, gegen den In-
differentismus in den eigenen Reihen. Er bat
die Verſammlung, ſich von den Sitzen zu erheben
und der Vereinsleitung, insbeſondere dem hoch-
verdienten Dr. Weitlof den wärmſten Dank aus-
zuſprechen und ſie zu bitten, in ihrer nationalen
Arbeit nicht zu erlahmen (Stürmiſcher Beifall
und Hochrufe.) Sodann wurde dem Geſammt-
ausſchuſſe einſtimmig das Abſolutorium ertheilt,
für welchen Beweis des Vertrauens Dr. Weitlof
neuerlich dankte.
Herr Dr. Groß bringt die zahlreich ein-
gelaufenen ſchriftlichen und telegraphiſchen Begrüßun-
gen, darunter ſolche vom Deutſchen Böhmerwald-
bund, Südmark (Graz), Dr. Schleſinger,
Namens der Abgeordneten und Vertrauensmänner
der Deutſchen Böhmens, vom Vorſtand des
Landesverbandes Braunſchweig (Hannover) vom
Schubertbund (Wien) von verſchiedenen ſtudentiſchen
Vereinen, vom Allgemeinen Deutſchen Schulvein
in Berlin, ferner von Falkenau, Reichenberg,
Graz, Wiesbaden etc. etc. zur Verleſung.
Hierauf ſtellte der Vertreter der Ortsgruppe
Hohenſtadt Herr Hermann Braß nachſte-
henden Antrag:
In Erwägung, daß eine Belebung der
Schulvereinsthätigkeit erwünſcht und nothwendig
iſt und daß alle Jahre Anträge von Ortsgrup-
pen kommenin Sachen der Aenderung der Satzungen,
beſchließt die Hauptverſammlung:
Die Hauptleitung wird erſucht
1. die Ortsgruppen zu befragen, welche
Satzungsänderungen und ſonſtige Maß-
nahmen ſelbe für nothwendig halten, um die
Schulvereinsthätigkeit zu beleben,
2. die Hauptleitung möge aus ſich und den
ihr bekannten warmen Freunden und eifrigen
Arbeitern der Schulvereinsſache einen verſtärk-
ten Ausſchuß bilden, der dieſe Fragen einge-
hend zu beſprechen hat,
3. das Ergebniß dieſer Berathungen iſt dann
einer ordentlichen Hauptverſammlung oder
aber beſſer einer zu dieſem Zwecke einberufe-
neu außerordentlichen Hauptverſamm-
lung zur Beſchlußfaſſung vorzulegen.
Obmann Dr. Weitlof erklärt, über dieſen
Antrag die Debatte zu eröffnen. vorerſt aber
müſſe der Bericht über die durch die Gauver-
bandsleitung nothwendige Aenderung der Vereins-
ſatzungen und über einen von der Ortsgruppe
Deutſch-Jaßnik eingebrachten Antrag erfolgen.
Dr. v. Kraus referirte ſodann über die
neuen Gauſatzungen, welche auch über Antrag
Apfel (Auſſig) en bloc einſtimmig angenom-
men wurden.
Dr. Wolfhardt brachte hierauf Namens
der Vereinsleitung den Antrag der Ortsgruppe
Deutſch-Jaßnik zur Kenntniß: „Die Satzun-
gen des Deutſchen Schulvereines ſeien dahin zu
ändern, daß in Hinkunft den einzelnen Orts-
gruppen das Recht eingeräumt werden möge,
ſelbſtſtändig über die Aufnahme von Mitgliedern
in die Ortsgruppe zu verfügen.“
Nachdem auch dieſer Antrag mit dem Be-
ſtreben, den Ortsgruppen eine regere Lebensthä-
tigkeit einzuhauchen, motivirt wurde, richtete der
Vorſitzende an den anweſenden Vertreter von
Dentſch-Jaßnik die Anfrage, ob dieſe Ortsgruppe
bei Annahme des Antrages Braß ihren Antrag
zurückziehen würde. Der Vertreter von Deutſch-
Jaßnik erklärte ſich hiemit einverſtanden und zog
ſeinen Antrag zurück. Herr Matſcheko (Orts-
gruppe Wieden in Wien) begrüßte den Antrag
Braß, erſucht jedoch von der Einberufung einer
außerordentlichen Hauptverſammlung Abſtand zu
nehmen und das Ergebniß der Berathungen der
ordentlichen Hauptverſammlung zur Beſchlußfaſſung
vorzulegen, da eine außerordentliche, die erfah-
rungsgemäß nie ſo vollzählig beſucht ſei, nur
einem Rumpfparlament zu vergleichen iſt.
Nachdem noch einige Redner geſprochen,
wies Herr Frank darauf hin, daß nach den
Statuten die Beſchlußfaſſung nur in ordentlicher
Hauptverſammlung erfolgen könne. Der Antrag
Braß gelangt ſodann mit der von Matſchekos be-
antragten Aenderung nahezu einſtimmig zur
Annahme.
Delegirter Prof. Schwarz verlangt die Gründe
zu wiſſen, welche die Ortsgruppe Deutſch-Jaßnik
zu ihrem Antrage bewogen haben. (Rufe: Oho!
Man kennt doch dieſe Gründe!)
Obmann Weitlof bemerkt, daß dies gegen-
ſtandslos ſei, nachdem Deutſch-Jaßnik den Antrag
zu Gunſten des Antrages Braß zurückgezogen
habe und ſchloß ſodann, da die Tagesordnung
erſchöpft war, die 15. ordentliche Hauptverſamm-
lung mit Worten des Dankes an alle Theilnehmer.
Die Ergänzungswahl in die Vereinsleitung
ergab die Wahl des Herrn Dr. Rudolf Prokſch
(Wien), in den Aufſichtsrath wurde Hofrath Dr.
Alexander Eger (Wien) und in das Schiedsge-
richt Dr. Raimund Grübl (Wien) neugewählt.
Stürme im Hafen.
Roman von F. von Kapff-Eſſenther.
Nachdruck verboten.
(95. Fortſetzung.)
Jetzt trat Graf Reichenau, deſſen Eheſchei-
dungsproceß Robert führte, in die Loge, um
Erneſtine zu begrüßen. Sein Proceß war ein
ſogenannter ſenſationeller und Ulrich dadurch der
großen Welt bekannt geworden. Er ſelbſt hatte
ſich zeitlebens ſpeciell um Eheſcheidungen wenig
gekümmert, hatte keine Erfahrung und keine
beſondere Sachkenntniß auf dieſem Gebiete. Aber
ſein Ruf war ſchon ſo weit gediehen, daß Graf
Reichenau mit Genugthuung ſagen konnte „mein
Rechtsanwalt Doctor Ulrich,“ und das war es,
was Ulrich ſo heiß erſtrebt hatte. Das Gebiet,
auf dem er wirklich etwas Hervorragendes zu
leiſten vermochte, war die Vertheidigung in
Strafſachen, aber er konnte auf dieſem Felde
nicht raſch genug emporkommen, deshalb ge-
brauchte er andere Mittel, um Carriére zu machen.
Seine höchſten Träume waren eine ſociale Stel-
lung erſten Ranges, Reichthum, Ruf, ein Sitz
im Abgeordnetenhauſe, und das Alles war heute
für ihn nicht unerreichbar. Nun muthig und
rückſichtslos weiter.
Und dieſe Gedanken erfüllten ihn an dem
ſchönen Frühlingsnachmittage in Hoppegarten.
Ob „Poldi“ als Erſte oder Zweite oder gar
nicht durchs Ziel ging, war ihm furchtbar gleich-
giltig. Er hatte niemals gewettet oder geſpielt,
das hatte er alle Zeit für höchſt thöricht gehalten.
Aber er fühlte ſich heute glücklich gehoben, und
er hatte nicht die leiſeſte Ahnung davon, wie
unglücklich ſeine Frau neben ihm war.
Aber ſie hatte in ihrer ſtillen, keuſchen,
weltfremden Mädchenzeit von einem Manne
geträumt, der hohe Ziele vor ſich ſah, aber ſolche
im Dienſte des Guten, im Dienſte der Menſch-
heit. Und der Mann, dem ſie ihr ganzes Weſen
hingegeben, hatte nur conventionellen Ehrgeiz.
Und dann, er liebte ſie nicht. Er war artig,
aufmerkſam, vielleicht auch treu, aber er liebte
ſie nicht. Niemals wechſelten ſie einen herzens-
innigen Liebesblick miteinder, nie hatte ſie an
ſeiner Seite einen jener beſeeligenden Momente
des Ineinanderaufgehens, des beglückenden Anein-
anderſchließens erlebt, deren Schilderung in
Büchern ſo oft ihr Herz ahnungsvoll klopfen
gemacht. Er erfüllte ſeine Pflicht gegen ſie, aber
er liebte ſie nicht. Und ihr war elend zum
Sterben.
Er aber führte ſie galant zum Wagen und
ſagte mit frohem Lächeln:
„Warte nur, meine ſchöne, kleine Frau,
vielleicht im nächſten Jahre ſchon, fahren wir in
eigener Equipage nach Hoppegarten!“
VI.
Dem Frühlingsrauſch vom Hoppegarten
folgte ein Tag der Entnüchterung für Ulrich.
Er hatte 50.000 Mark Actien gezeichnet und
ſollte ſie heute einzahlen. D’Armont hatte ihm
verſprochen, das Bargeld vorzuſchießen, aber bei
ſeinem minimalen Intereſſe für Geldgeſchäfte
hatte d’Armont natürlich vergeſſen, die Sache
zu ordnen. Nun wollte Ulrich geſtern während
des Rennens eine Anweiſung von ſeinem
Freunde verlangen, aber d’Armont war nicht da.
Er ſandte ſeinen Diener zu ihm — d’Armont
war wegen heftiger Nervoſität ſeit einigen Tagen
verreiſt. So waren die 50.000 Mark von daher
nicht zu beſchaffen.
Ulrich war ſehr ärgerlich; ihm war bisher
ſo alles nach Wunſch gegangen, weil das, was
er anſtrebte, in erſter Reihe von ſeinen intellec-
tuellen Fähigkeiten abhing. Nun hatte er ſich
auf ein Gebiet begeben, wo mehr oder minder
der Zufall herrſchte, wo ſein Können und Wiſſen
nicht ausſchlaggebend war. Woher bis heute
Mittag zur Börſenſtunde dieſen immerhin be-
deutenden Betrag nehmen? Er hatte ſicher auf
d’Armonts Zuſage gerechnet und ſich nicht weiter
gekümmert.
Ohne Zweifel war ſein Schwiegervater im
Stande, ihm zu helfen, aber direct Geld von
ihm wollte er nicht. Vielleicht konnte er ihn
bewegen, 50.000 Mark zu zeichnen riskiren,
dann für ſich einzahlen und einige Tage ſpäter
bei d’Armonts Rückkehr den Poſten Grunow
nachzahlen. So wollte er die Sache „ſchieben.“
(Fortſetzung folgt.)
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