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Das Heller-Blatt. Nr. 17. Breslau, 26. April 1834.

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Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] deren Abfall die Figur unvertilglich der Haut ein-
geätzt ist.

Die Bewohner von Nukahiwa tätowiren ihren
Körper Stellenweise viele Jahre hindurch, so daß er
erst im reiferen Alter seine ganze punktirte Zierde er-
hält. Jm zwölften oder dreizehnten Lebensjahre wird
bei den Knaben der Anfang gemacht, einige Hauptfi-
guren zu tätowiren, jedes Jahr kommen neue Zierarten
dazu, und erst im 30sten bis 35sten Jahre ist der ganze
Putz vollendet. Je älter der Nukahiwer wird, desto
mehr Veranlassung geben ihm friedliche und kriegerische
Vorfälle, die ihn betrafen, das Andenken derselben auf
seiner Haut durch bestimmte Figuren zu erhalten. Die
Abbildung stellt einen durch seine schöne Gestalt sich
auszeichnenden Begleiter des Königs von Nukahiwa,
wie ihn der russische Weltumsegler, Kapitain v. Kru-
senstern, hat abbilden lassen, vor. Diese Figur ist
durch die, in die Haut ingeätzten, höchst symmetrischen
Formen merkwürdig. Mancher europäische Künstler
würde Mühe haben, sie auf einer gutgeformten Bild-
säule nachzubilden. Die linke Hand trägt eine, mit
Schnuren regelmäßig umgebene, Kalebasse, eine Kür-
bisart; die Rechte hält eine Streitkeule. Den Hals
umgiebt ein Ringkragen, aus Holzstäbchen des Brod-
baums gefertigt, und mit rothen Bohnen geschmückt.
Den Ohrenschmuck bilden, an Muscheln gekittete,
Schweinshauer, und die Kopfdecke ist unterhalb mit
eben solchen Schweinshauern eingefaßt, und oberhalb
aus zusammengeleimten Brodbaumholzstäbchen gebil-
det. Auf der Spitze befindet sich der Haarbusch eines
erschlagenen Feindes.



Woche.

30. April 1725. Friede zu Wien zwischen Oesterreich
und Spanien.

2. Mai 1790. Entscheidender Sieg der russischen Li-
nienflotte unter Tschitschagow bei Reval über
die schwedische Linienflotte unter dem Herzog
Karl von Südermannland.

- Mai 1813. Unentschiedene Schlacht bei Lützen zwi-
schen dem russisch=preußischen Heere unter Witt-
genstein und den Franzosen unter Napoleon.

3. Mai 1660. Friede zu Oliva zwischen Schweden
und Polen.



Die literarische Produktion.

Ueber diesen Gegenstand hat sich Professor Schön
in seinem neuesten, sehr lesenswerthen Werke: " Allge-
meine Geschichte und Statistik der europäischen Civili-
sation " vortrefflich ausgesprochen. Der menschliche
[Spaltenumbruch] Geist, sagt er, verschließt eine Unendlichkeit von For-
men und Bedürfnissen in sich, daher kann keine noch so
große Sammlung von Geisteswerken hier das Verlan-
gen nach neuen Produktionen, dort die Kraft und die
Bereitwilligkeit zu seiner Befriedigung aufheben oder
auch nur schwächen. Wo die Lektüre einmal im Gange
ist, da knüpfen und lösen Nachfrage und Lieferung sich
ununterbrochen fort. Vielleicht ist das Neue nicht bes-
ser als das Alte, vielleicht ist es oft wünschenswerth,
daß der Geschmack zu dem Alten zurückkehre: allein es
geht über die Häupter der Menschen ein stiller Geist,
dem sie unterthan sind und der dafür sorgt, daß die
Wasser nicht rückwärts fließen. - Hiermit ist der Zeit-
geist gemeint, oder jene wundersame Stimmung, die
aus den gesammten Verhältnissen verkehrender Perso-
nen hervorgeht und in welche die Mehrzahl wider ihren
Willen, wenigstens ohne ihr Wissen, hineingeräth. -
Offenbar hat die literarische Produktion mit der ökono-
mischen das Massenhafte und Fabrikartige gemein.
Demnach gewinnt die Zahl eine andre Bedeutung als
ihr sonst eingeräumt werden kann. Man darf sagen,
daß der Büchermarkt sich in dem Maaße vergrößerte,
in welchem die Masse der ökonomischen Güter sich ver-
mehrte. Wachler schätzte 1805 die jährlichen Erzeug-
nisse der europäischen Presse auf 7000, und nun bringt
zuweilen ein einziges Land so viel hervor. Obenan
steht noch immer die deutsche Presse. Englische Blätter
verbreiteten die Angabe, daß in Deutschland vom Jahre
1814 bis zum Jahre 1825 nicht weniger als 60,000
Schriften erschienen seyen. Das ist nun wohl über-
trieben, aber genau gezählt waren doch 45,574 an das
Licht getreten. Jm Jahre 1828 erschienen 5654, im
Jahre 1831 nur 5658 Schriften. Man sieht, daß sich
die Zahl zu setzen begann. Man kann also auf 6000
Deutsche eine literarische Novität rechnen. Unmittelbar
auf Deutschland folgt Frankreich. Jn den Jahren
1825 und 1826 übertraf die französische Presse sogar
die deutsche, indem sie in dem einen Jahre 8252 und in
dem andern 10,135 Schriften zu Tage förderte. Seit
der letzten Revolution liegt aber jede, und so auch die
literarische Jndustrie etwas darnieder. Jm Jahre 1831
erschienen nur 5063 Schriften. Jm Ganzen würde
auch eine Schrift auf 6000 Einwohner anzunehmen
seyn. Die übrigen Länder stehen ziemlich weit zurück.
Dänemark zählte 1827 etwa 264 Schriften, oder eine
auf 7000 Einwohner. Die Niederlande hatten in dem-
selben Jahre 740 neue Schriften, oder eine auf 8000
Einwohner. Jn dem britischen Reiche kommen jähr-
lich 1500 wissenschaftliche Bücher und 800 andere Werke
zum Vorschein; also ist ein Buch daselbst auf 10,000
Einwohner zu rechnen. Rußland, mit Einschluß von
Polen, zählte 1828 nur 686 Schriften, oder eine auf
60,000 europäische Einwohner.



[Ende Spaltensatz]

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] deren Abfall die Figur unvertilglich der Haut ein-
geätzt ist.

Die Bewohner von Nukahiwa tätowiren ihren
Körper Stellenweise viele Jahre hindurch, so daß er
erst im reiferen Alter seine ganze punktirte Zierde er-
hält. Jm zwölften oder dreizehnten Lebensjahre wird
bei den Knaben der Anfang gemacht, einige Hauptfi-
guren zu tätowiren, jedes Jahr kommen neue Zierarten
dazu, und erst im 30sten bis 35sten Jahre ist der ganze
Putz vollendet. Je älter der Nukahiwer wird, desto
mehr Veranlassung geben ihm friedliche und kriegerische
Vorfälle, die ihn betrafen, das Andenken derselben auf
seiner Haut durch bestimmte Figuren zu erhalten. Die
Abbildung stellt einen durch seine schöne Gestalt sich
auszeichnenden Begleiter des Königs von Nukahiwa,
wie ihn der russische Weltumsegler, Kapitain v. Kru-
senstern, hat abbilden lassen, vor. Diese Figur ist
durch die, in die Haut ingeätzten, höchst symmetrischen
Formen merkwürdig. Mancher europäische Künstler
würde Mühe haben, sie auf einer gutgeformten Bild-
säule nachzubilden. Die linke Hand trägt eine, mit
Schnuren regelmäßig umgebene, Kalebasse, eine Kür-
bisart; die Rechte hält eine Streitkeule. Den Hals
umgiebt ein Ringkragen, aus Holzstäbchen des Brod-
baums gefertigt, und mit rothen Bohnen geschmückt.
Den Ohrenschmuck bilden, an Muscheln gekittete,
Schweinshauer, und die Kopfdecke ist unterhalb mit
eben solchen Schweinshauern eingefaßt, und oberhalb
aus zusammengeleimten Brodbaumholzstäbchen gebil-
det. Auf der Spitze befindet sich der Haarbusch eines
erschlagenen Feindes.



Woche.

30. April 1725. Friede zu Wien zwischen Oesterreich
und Spanien.

2. Mai 1790. Entscheidender Sieg der russischen Li-
nienflotte unter Tschitschagow bei Reval über
die schwedische Linienflotte unter dem Herzog
Karl von Südermannland.

– Mai 1813. Unentschiedene Schlacht bei Lützen zwi-
schen dem russisch=preußischen Heere unter Witt-
genstein und den Franzosen unter Napoleon.

3. Mai 1660. Friede zu Oliva zwischen Schweden
und Polen.



Die literarische Produktion.

Ueber diesen Gegenstand hat sich Professor Schön
in seinem neuesten, sehr lesenswerthen Werke: „ Allge-
meine Geschichte und Statistik der europäischen Civili-
sation “ vortrefflich ausgesprochen. Der menschliche
[Spaltenumbruch] Geist, sagt er, verschließt eine Unendlichkeit von For-
men und Bedürfnissen in sich, daher kann keine noch so
große Sammlung von Geisteswerken hier das Verlan-
gen nach neuen Produktionen, dort die Kraft und die
Bereitwilligkeit zu seiner Befriedigung aufheben oder
auch nur schwächen. Wo die Lektüre einmal im Gange
ist, da knüpfen und lösen Nachfrage und Lieferung sich
ununterbrochen fort. Vielleicht ist das Neue nicht bes-
ser als das Alte, vielleicht ist es oft wünschenswerth,
daß der Geschmack zu dem Alten zurückkehre: allein es
geht über die Häupter der Menschen ein stiller Geist,
dem sie unterthan sind und der dafür sorgt, daß die
Wasser nicht rückwärts fließen. – Hiermit ist der Zeit-
geist gemeint, oder jene wundersame Stimmung, die
aus den gesammten Verhältnissen verkehrender Perso-
nen hervorgeht und in welche die Mehrzahl wider ihren
Willen, wenigstens ohne ihr Wissen, hineingeräth. –
Offenbar hat die literarische Produktion mit der ökono-
mischen das Massenhafte und Fabrikartige gemein.
Demnach gewinnt die Zahl eine andre Bedeutung als
ihr sonst eingeräumt werden kann. Man darf sagen,
daß der Büchermarkt sich in dem Maaße vergrößerte,
in welchem die Masse der ökonomischen Güter sich ver-
mehrte. Wachler schätzte 1805 die jährlichen Erzeug-
nisse der europäischen Presse auf 7000, und nun bringt
zuweilen ein einziges Land so viel hervor. Obenan
steht noch immer die deutsche Presse. Englische Blätter
verbreiteten die Angabe, daß in Deutschland vom Jahre
1814 bis zum Jahre 1825 nicht weniger als 60,000
Schriften erschienen seyen. Das ist nun wohl über-
trieben, aber genau gezählt waren doch 45,574 an das
Licht getreten. Jm Jahre 1828 erschienen 5654, im
Jahre 1831 nur 5658 Schriften. Man sieht, daß sich
die Zahl zu setzen begann. Man kann also auf 6000
Deutsche eine literarische Novität rechnen. Unmittelbar
auf Deutschland folgt Frankreich. Jn den Jahren
1825 und 1826 übertraf die französische Presse sogar
die deutsche, indem sie in dem einen Jahre 8252 und in
dem andern 10,135 Schriften zu Tage förderte. Seit
der letzten Revolution liegt aber jede, und so auch die
literarische Jndustrie etwas darnieder. Jm Jahre 1831
erschienen nur 5063 Schriften. Jm Ganzen würde
auch eine Schrift auf 6000 Einwohner anzunehmen
seyn. Die übrigen Länder stehen ziemlich weit zurück.
Dänemark zählte 1827 etwa 264 Schriften, oder eine
auf 7000 Einwohner. Die Niederlande hatten in dem-
selben Jahre 740 neue Schriften, oder eine auf 8000
Einwohner. Jn dem britischen Reiche kommen jähr-
lich 1500 wissenschaftliche Bücher und 800 andere Werke
zum Vorschein; also ist ein Buch daselbst auf 10,000
Einwohner zu rechnen. Rußland, mit Einschluß von
Polen, zählte 1828 nur 686 Schriften, oder eine auf
60,000 europäische Einwohner.



[Ende Spaltensatz]
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Mancher europäische Künstler würde Mühe haben, sie auf einer gutgeformten Bild- säule nachzubilden. Die linke Hand trägt eine, mit Schnuren regelmäßig umgebene, Kalebasse, eine Kür- bisart; die Rechte hält eine Streitkeule. Den Hals umgiebt ein Ringkragen, aus Holzstäbchen des Brod- baums gefertigt, und mit rothen Bohnen geschmückt. Den Ohrenschmuck bilden, an Muscheln gekittete, Schweinshauer, und die Kopfdecke ist unterhalb mit eben solchen Schweinshauern eingefaßt, und oberhalb aus zusammengeleimten Brodbaumholzstäbchen gebil- det. Auf der Spitze befindet sich der Haarbusch eines erschlagenen Feindes. Woche. 30. April 1725. Friede zu Wien zwischen Oesterreich und Spanien. 2. Mai 1790. Entscheidender Sieg der russischen Li- nienflotte unter Tschitschagow bei Reval über die schwedische Linienflotte unter dem Herzog Karl von Südermannland. – Mai 1813. Unentschiedene Schlacht bei Lützen zwi- schen dem russisch=preußischen Heere unter Witt- genstein und den Franzosen unter Napoleon. 3. Mai 1660. Friede zu Oliva zwischen Schweden und Polen. Die literarische Produktion. Ueber diesen Gegenstand hat sich Professor Schön in seinem neuesten, sehr lesenswerthen Werke: „ Allge- meine Geschichte und Statistik der europäischen Civili- sation “ vortrefflich ausgesprochen. Der menschliche Geist, sagt er, verschließt eine Unendlichkeit von For- men und Bedürfnissen in sich, daher kann keine noch so große Sammlung von Geisteswerken hier das Verlan- gen nach neuen Produktionen, dort die Kraft und die Bereitwilligkeit zu seiner Befriedigung aufheben oder auch nur schwächen. Wo die Lektüre einmal im Gange ist, da knüpfen und lösen Nachfrage und Lieferung sich ununterbrochen fort. Vielleicht ist das Neue nicht bes- ser als das Alte, vielleicht ist es oft wünschenswerth, daß der Geschmack zu dem Alten zurückkehre: allein es geht über die Häupter der Menschen ein stiller Geist, dem sie unterthan sind und der dafür sorgt, daß die Wasser nicht rückwärts fließen. – Hiermit ist der Zeit- geist gemeint, oder jene wundersame Stimmung, die aus den gesammten Verhältnissen verkehrender Perso- nen hervorgeht und in welche die Mehrzahl wider ihren Willen, wenigstens ohne ihr Wissen, hineingeräth. – Offenbar hat die literarische Produktion mit der ökono- mischen das Massenhafte und Fabrikartige gemein. Demnach gewinnt die Zahl eine andre Bedeutung als ihr sonst eingeräumt werden kann. Man darf sagen, daß der Büchermarkt sich in dem Maaße vergrößerte, in welchem die Masse der ökonomischen Güter sich ver- mehrte. Wachler schätzte 1805 die jährlichen Erzeug- nisse der europäischen Presse auf 7000, und nun bringt zuweilen ein einziges Land so viel hervor. Obenan steht noch immer die deutsche Presse. Englische Blätter verbreiteten die Angabe, daß in Deutschland vom Jahre 1814 bis zum Jahre 1825 nicht weniger als 60,000 Schriften erschienen seyen. Das ist nun wohl über- trieben, aber genau gezählt waren doch 45,574 an das Licht getreten. Jm Jahre 1828 erschienen 5654, im Jahre 1831 nur 5658 Schriften. Man sieht, daß sich die Zahl zu setzen begann. Man kann also auf 6000 Deutsche eine literarische Novität rechnen. Unmittelbar auf Deutschland folgt Frankreich. Jn den Jahren 1825 und 1826 übertraf die französische Presse sogar die deutsche, indem sie in dem einen Jahre 8252 und in dem andern 10,135 Schriften zu Tage förderte. Seit der letzten Revolution liegt aber jede, und so auch die literarische Jndustrie etwas darnieder. Jm Jahre 1831 erschienen nur 5063 Schriften. Jm Ganzen würde auch eine Schrift auf 6000 Einwohner anzunehmen seyn. Die übrigen Länder stehen ziemlich weit zurück. 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Zitationshilfe: Das Heller-Blatt. Nr. 17. Breslau, 26. April 1834, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller17_1834/6>, abgerufen am 21.11.2024.