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Das Heller-Blatt. Nr. 9. Breslau, 29. März 1834.

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Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] Sonnenscheine. Jm Frühlinge ist diese Verschiedenheit
so groß, daß, während der Schnee in der Sonne schmilzt,
der Thermometer im Schatten 25 bis 37° Kälte zeigt.

Jn allen Gegenden, wo die Luft so außerordent-
lich rein ist, bemerkt man ein solches Mißverhältniß der
Temperatur, im Schatten und Sonnenscheine. Ramaud
hat in seiner Schrift: " etat de la vegetation au som-
met du pic du midi
," eine ähnliche Beobachtung über
die Kraft der Sonnenstrahlen auf hohen Gebirgen ge-
macht. Man erkennt diese Kraft durch das Stechen,
welches die Sonne an solchen Orten auf die Haut übt,
und besonders aus der bemerkenswerthen Kraft des Fo-
cus eines Brennglases; auf hohen Bergen entzündet
nämlich eine kleine Linse einen Gegenstand, den in der
Ebene kaum eine von doppelter Brennkraft entzünden
könnte.

Hansteen reisete am 12. Decbr. von Tobolsk ab,
und hatte von da bis Jrkutsk fortwährend eine Kälte
von 25 bis 40°. Demungeachtet versäumte er doch
nie, jeden Morgen eine Stunde lang Beobachtungen in
freier Luft anzustellen, wobei er gewöhnlich 37 bis 38°
Kälte ausgesetzt war. Und er versichert, diese Kälte
sei ihm bei weitem nicht so lästig gewesen, als in sei-
nem Vaterlande ( Norwegen ) eine von 15°.

Er schreibt diesen Umstand der großen Trockenheit
der Luft in Sibirien, und der Ruhe zu, welche fort-
während in der Atmosphäre herrscht. Die Nase und
die Ohren sind die, der Einwirkung der Kälte, am
meisten ausgesetzten Theile des Körpers, und der Die-
ner des Herrn Hansteen mußte diesem Gelehrten bei den
Beobachtungen oft zurufen, daß seine Nase bereits ganz
weiß sei und gerieben werden müsse. Die Jnstrumente,
welche er angreifen mußte, hatte er mit ganz dünnem
Leder überzogen; denn es ist bekannt, daß, wenn man
Metall bei so niedriger Temperatur mit bloßen Händen
angreift, man einen stechenden Schmerz empfindet, wie
von einer glühenden Kohle.

Es kann auf den ersten Anblick unglaublich schei-
nen, daß ein Mensch ohne Schaden eine so große Kälte
aushalten könne; aber der Capitain Parry ertrug 1819,
mit seinen Begleitern auf der Nordpol=Expedition, auf
der Jnsel Melville eine noch viel heftigere, und dennoch
wurden auf dieser Jnsel auch eine große Menge Thiere
erlegt, die hier beständig leben.



Anbau der Bodenfläche von Frankreich.

Bei der Berechnung des Flächeninhalts Frank-
reichs von 52 Millionen Hectaren, hat man gefunden,
daß 23 Millionen Hectaren urbare Erde, 5 Millionen
Forsten und Gehölz und 2 Millionen Weingärten sind;
eine eben so große Menge ist zur Cultur der Maulbeer=,
Oliven= und andern Fruchtbäumen benutzt.



[Spaltenumbruch]
Länge der Nacht an verschiedenen
Orten
.

Die nachstehende Tabelle über die verschiedene Nacht-
länge an mehrern Oertern der Erde, vom Aequator bis
zur Jnsel Melville, ist von dem bekannten Statistiker
Balbi entworfen.

    Jn Cayenne und Pondichery währt die
    längste Nacht...... 12 Stunden.
    = St. Domingo...... 13     -
    = Jspahan........ 14     -
    = Paris, Dijon und Carcassonne. 15     -
    = Arras und Dublin..... 16     -
    = Copenhagen und Riga.... 17     -
    = Stockholm....... 18     -
    = Drontheim ( in Norwegen ) und Ar-
    changel........ 20     -
    = Ulea in Bothnien..... 21     -
    = Torneo........ 22     -
    = Enutekies ist die Sonne abwesend
    während........ 43 Tage.
    = Wardhuus....... 66     -
    Am Nordcap........ 74     -
    Auf der Jnsel Melville endlich zeigt
    sich die Sonne nicht in... 102 Tagen.



Der Bergsturz bei Plurs.

Den Gräueln des Bürgerkriegs in der Schweiz,
vom Jahre 1618 - 1621, ging ein entsetzliches Ereig-
niß voran, gleich als wenn die Natur nicht hätte zu-
rückbleiben wollen mit ihren Schrecken, in diesen Ta-
gen der herannahenden Noth.

Jm Thale von Cläven erhob sich am Fuße des
Berges Conto, mit vielen Kirchen, Pallästen und Lust-
gärten, der reiche Flecken Plurs. Seine Bewohner
lebten reich und betriebsam in Herrlichkeit und Freude,
und die Seidenwaaren von Plurs waren weit und breit
berühmt.

Es begab sich aber, daß nach langen Regengüssen
am vierten des Herbstmonats 1618, ein Theil des Erd-
reichs vom Berge Conto abriß, und viele Rebenhügel
verschüttete. Die Hirten liefen warnend gen Plurs und
sprachen: der Berg Conto habe seit Jahren bedenkliche
Risse; oft flöhen die Kühe von da mit Gebrüll hinweg.
Andere kamen und sprachen: in benachbarten Dörfern
hätten die Bienen in Schwärmen ihre Körbe verlassen
und wären todt aus der Luft zur Erde gefallen! Die
Leute zu Plurs achteten der Warnung nicht.

Plötzlich, als die Nacht anbrach, erdröhnte dumpf
und weit umher der Erdboden. Dann Todesstille.
Der Maira stand zwei Stunden wasserlos. Wie der
Morgen kam, sah man den Himmel wunderbar von
Staub und Dunst verdunkelt. Das reiche Plurs und
[Ende Spaltensatz]

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] Sonnenscheine. Jm Frühlinge ist diese Verschiedenheit
so groß, daß, während der Schnee in der Sonne schmilzt,
der Thermometer im Schatten 25 bis 37° Kälte zeigt.

Jn allen Gegenden, wo die Luft so außerordent-
lich rein ist, bemerkt man ein solches Mißverhältniß der
Temperatur, im Schatten und Sonnenscheine. Ramaud
hat in seiner Schrift: „ état de la végétation au som-
met du pic du midi
,“ eine ähnliche Beobachtung über
die Kraft der Sonnenstrahlen auf hohen Gebirgen ge-
macht. Man erkennt diese Kraft durch das Stechen,
welches die Sonne an solchen Orten auf die Haut übt,
und besonders aus der bemerkenswerthen Kraft des Fo-
cus eines Brennglases; auf hohen Bergen entzündet
nämlich eine kleine Linse einen Gegenstand, den in der
Ebene kaum eine von doppelter Brennkraft entzünden
könnte.

Hansteen reisete am 12. Decbr. von Tobolsk ab,
und hatte von da bis Jrkutsk fortwährend eine Kälte
von 25 bis 40°. Demungeachtet versäumte er doch
nie, jeden Morgen eine Stunde lang Beobachtungen in
freier Luft anzustellen, wobei er gewöhnlich 37 bis 38°
Kälte ausgesetzt war. Und er versichert, diese Kälte
sei ihm bei weitem nicht so lästig gewesen, als in sei-
nem Vaterlande ( Norwegen ) eine von 15°.

Er schreibt diesen Umstand der großen Trockenheit
der Luft in Sibirien, und der Ruhe zu, welche fort-
während in der Atmosphäre herrscht. Die Nase und
die Ohren sind die, der Einwirkung der Kälte, am
meisten ausgesetzten Theile des Körpers, und der Die-
ner des Herrn Hansteen mußte diesem Gelehrten bei den
Beobachtungen oft zurufen, daß seine Nase bereits ganz
weiß sei und gerieben werden müsse. Die Jnstrumente,
welche er angreifen mußte, hatte er mit ganz dünnem
Leder überzogen; denn es ist bekannt, daß, wenn man
Metall bei so niedriger Temperatur mit bloßen Händen
angreift, man einen stechenden Schmerz empfindet, wie
von einer glühenden Kohle.

Es kann auf den ersten Anblick unglaublich schei-
nen, daß ein Mensch ohne Schaden eine so große Kälte
aushalten könne; aber der Capitain Parry ertrug 1819,
mit seinen Begleitern auf der Nordpol=Expedition, auf
der Jnsel Melville eine noch viel heftigere, und dennoch
wurden auf dieser Jnsel auch eine große Menge Thiere
erlegt, die hier beständig leben.



Anbau der Bodenfläche von Frankreich.

Bei der Berechnung des Flächeninhalts Frank-
reichs von 52 Millionen Hectaren, hat man gefunden,
daß 23 Millionen Hectaren urbare Erde, 5 Millionen
Forsten und Gehölz und 2 Millionen Weingärten sind;
eine eben so große Menge ist zur Cultur der Maulbeer=,
Oliven= und andern Fruchtbäumen benutzt.



[Spaltenumbruch]
Länge der Nacht an verschiedenen
Orten
.

Die nachstehende Tabelle über die verschiedene Nacht-
länge an mehrern Oertern der Erde, vom Aequator bis
zur Jnsel Melville, ist von dem bekannten Statistiker
Balbi entworfen.

    Jn Cayenne und Pondichery währt die
    längste Nacht...... 12 Stunden.
    = St. Domingo...... 13     -
    = Jspahan........ 14     -
    = Paris, Dijon und Carcassonne. 15     -
    = Arras und Dublin..... 16     -
    = Copenhagen und Riga.... 17     -
    = Stockholm....... 18     -
    = Drontheim ( in Norwegen ) und Ar-
    changel........ 20     -
    = Ulea in Bothnien..... 21     -
    = Torneo........ 22     -
    = Enutekies ist die Sonne abwesend
    während........ 43 Tage.
    = Wardhuus....... 66     -
    Am Nordcap........ 74     -
    Auf der Jnsel Melville endlich zeigt
    sich die Sonne nicht in... 102 Tagen.



Der Bergsturz bei Plurs.

Den Gräueln des Bürgerkriegs in der Schweiz,
vom Jahre 1618 – 1621, ging ein entsetzliches Ereig-
niß voran, gleich als wenn die Natur nicht hätte zu-
rückbleiben wollen mit ihren Schrecken, in diesen Ta-
gen der herannahenden Noth.

Jm Thale von Cläven erhob sich am Fuße des
Berges Conto, mit vielen Kirchen, Pallästen und Lust-
gärten, der reiche Flecken Plurs. Seine Bewohner
lebten reich und betriebsam in Herrlichkeit und Freude,
und die Seidenwaaren von Plurs waren weit und breit
berühmt.

Es begab sich aber, daß nach langen Regengüssen
am vierten des Herbstmonats 1618, ein Theil des Erd-
reichs vom Berge Conto abriß, und viele Rebenhügel
verschüttete. Die Hirten liefen warnend gen Plurs und
sprachen: der Berg Conto habe seit Jahren bedenkliche
Risse; oft flöhen die Kühe von da mit Gebrüll hinweg.
Andere kamen und sprachen: in benachbarten Dörfern
hätten die Bienen in Schwärmen ihre Körbe verlassen
und wären todt aus der Luft zur Erde gefallen! Die
Leute zu Plurs achteten der Warnung nicht.

Plötzlich, als die Nacht anbrach, erdröhnte dumpf
und weit umher der Erdboden. Dann Todesstille.
Der Maira stand zwei Stunden wasserlos. Wie der
Morgen kam, sah man den Himmel wunderbar von
Staub und Dunst verdunkelt. Das reiche Plurs und
[Ende Spaltensatz]

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[103/0007] Das Heller=Blatt. Sonnenscheine. Jm Frühlinge ist diese Verschiedenheit so groß, daß, während der Schnee in der Sonne schmilzt, der Thermometer im Schatten 25 bis 37° Kälte zeigt. Jn allen Gegenden, wo die Luft so außerordent- lich rein ist, bemerkt man ein solches Mißverhältniß der Temperatur, im Schatten und Sonnenscheine. Ramaud hat in seiner Schrift: „ état de la végétation au som- met du pic du midi,“ eine ähnliche Beobachtung über die Kraft der Sonnenstrahlen auf hohen Gebirgen ge- macht. Man erkennt diese Kraft durch das Stechen, welches die Sonne an solchen Orten auf die Haut übt, und besonders aus der bemerkenswerthen Kraft des Fo- cus eines Brennglases; auf hohen Bergen entzündet nämlich eine kleine Linse einen Gegenstand, den in der Ebene kaum eine von doppelter Brennkraft entzünden könnte. Hansteen reisete am 12. Decbr. von Tobolsk ab, und hatte von da bis Jrkutsk fortwährend eine Kälte von 25 bis 40°. Demungeachtet versäumte er doch nie, jeden Morgen eine Stunde lang Beobachtungen in freier Luft anzustellen, wobei er gewöhnlich 37 bis 38° Kälte ausgesetzt war. Und er versichert, diese Kälte sei ihm bei weitem nicht so lästig gewesen, als in sei- nem Vaterlande ( Norwegen ) eine von 15°. Er schreibt diesen Umstand der großen Trockenheit der Luft in Sibirien, und der Ruhe zu, welche fort- während in der Atmosphäre herrscht. Die Nase und die Ohren sind die, der Einwirkung der Kälte, am meisten ausgesetzten Theile des Körpers, und der Die- ner des Herrn Hansteen mußte diesem Gelehrten bei den Beobachtungen oft zurufen, daß seine Nase bereits ganz weiß sei und gerieben werden müsse. Die Jnstrumente, welche er angreifen mußte, hatte er mit ganz dünnem Leder überzogen; denn es ist bekannt, daß, wenn man Metall bei so niedriger Temperatur mit bloßen Händen angreift, man einen stechenden Schmerz empfindet, wie von einer glühenden Kohle. Es kann auf den ersten Anblick unglaublich schei- nen, daß ein Mensch ohne Schaden eine so große Kälte aushalten könne; aber der Capitain Parry ertrug 1819, mit seinen Begleitern auf der Nordpol=Expedition, auf der Jnsel Melville eine noch viel heftigere, und dennoch wurden auf dieser Jnsel auch eine große Menge Thiere erlegt, die hier beständig leben. Anbau der Bodenfläche von Frankreich. Bei der Berechnung des Flächeninhalts Frank- reichs von 52 Millionen Hectaren, hat man gefunden, daß 23 Millionen Hectaren urbare Erde, 5 Millionen Forsten und Gehölz und 2 Millionen Weingärten sind; eine eben so große Menge ist zur Cultur der Maulbeer=, Oliven= und andern Fruchtbäumen benutzt. Länge der Nacht an verschiedenen Orten. Die nachstehende Tabelle über die verschiedene Nacht- länge an mehrern Oertern der Erde, vom Aequator bis zur Jnsel Melville, ist von dem bekannten Statistiker Balbi entworfen. Jn Cayenne und Pondichery währt die längste Nacht...... 12 Stunden. = St. Domingo...... 13 - = Jspahan........ 14 - = Paris, Dijon und Carcassonne. 15 - = Arras und Dublin..... 16 - = Copenhagen und Riga.... 17 - = Stockholm....... 18 - = Drontheim ( in Norwegen ) und Ar- changel........ 20 - = Ulea in Bothnien..... 21 - = Torneo........ 22 - = Enutekies ist die Sonne abwesend während........ 43 Tage. = Wardhuus....... 66 - Am Nordcap........ 74 - Auf der Jnsel Melville endlich zeigt sich die Sonne nicht in... 102 Tagen. Der Bergsturz bei Plurs. Den Gräueln des Bürgerkriegs in der Schweiz, vom Jahre 1618 – 1621, ging ein entsetzliches Ereig- niß voran, gleich als wenn die Natur nicht hätte zu- rückbleiben wollen mit ihren Schrecken, in diesen Ta- gen der herannahenden Noth. Jm Thale von Cläven erhob sich am Fuße des Berges Conto, mit vielen Kirchen, Pallästen und Lust- gärten, der reiche Flecken Plurs. Seine Bewohner lebten reich und betriebsam in Herrlichkeit und Freude, und die Seidenwaaren von Plurs waren weit und breit berühmt. Es begab sich aber, daß nach langen Regengüssen am vierten des Herbstmonats 1618, ein Theil des Erd- reichs vom Berge Conto abriß, und viele Rebenhügel verschüttete. Die Hirten liefen warnend gen Plurs und sprachen: der Berg Conto habe seit Jahren bedenkliche Risse; oft flöhen die Kühe von da mit Gebrüll hinweg. Andere kamen und sprachen: in benachbarten Dörfern hätten die Bienen in Schwärmen ihre Körbe verlassen und wären todt aus der Luft zur Erde gefallen! Die Leute zu Plurs achteten der Warnung nicht. Plötzlich, als die Nacht anbrach, erdröhnte dumpf und weit umher der Erdboden. Dann Todesstille. Der Maira stand zwei Stunden wasserlos. Wie der Morgen kam, sah man den Himmel wunderbar von Staub und Dunst verdunkelt. Das reiche Plurs und

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Zitationshilfe: Das Heller-Blatt. Nr. 9. Breslau, 29. März 1834, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller13_1834/7>, abgerufen am 24.11.2024.