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Das Heller-Blatt. Nr. 9. Breslau, 1. März 1834.

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Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] unterbrechen solche listig durch breite und gehörig tiefe
Quergräben, überlegen sie leicht mit Gesträuchwerk,
streuen Erde darüber, so daß man die Unterbrechung
der Pfade nicht gewahr wird. Die Elephanten gehen
in die Falle, durch viele Leute, welche lärmen, schreien
und Fackeln schwingen, vorwärts gescheucht. Jn dem
Graben wird der Gefangene mit Ketten und Stricken,
nicht ohne große Gefahr gebunden, und durch Hebe-
werkzeuge herausgehoben. Entgeht einer von diesen
Jagdbeuten, so wird er schwerlich je wieder auf ähn-
liche Art eingefangen; er traut den Pfaden im Walde
nie mehr, prüft jeden, den er betreten will, sorgfältig;
mit dem Rüssel bricht er einen Baumast ab und ge-
braucht ihn als Stab, um damit zu erforschen, ob der
Pfad nicht gefährlich sei.

Um den gefangenen Elephanten weiter zu bringen
und zu zähmen, führen die Jäger zwei zahme so nahe
als möglich an jenen, der in Schlingen geleitet wird;
an jeder Seite geht ihm ein zahmer Elephant. Mehrere
Jäger sind beschäftigt, den Gefangenen durch Worte zu
besänftigen und ihm Futter zu reichen; der eine bietet
Heu in Bündeln, der andere Reis, der dritte Zucker,
u. dergl. an, gutmüthig ihm zusprechend: Nimm, iß,
laß es dir schmecken! Verschmäht der Trauernde das
Anbieten, so fordern die Jäger die beiden zahmen Ele-
phanten auf, den wilden zu schlagen. Diese folgen au-
genblicklich, und einer schlägt ihn mit dem Rüssel hart
auf den Kopf; der wilde Elephant sträubt sich dagegen,
setzt sich zur Wehre, und wird sogleich auch von dem
andern zahmen Elephanten hart geschlagen, so daß jener
sich in sein trauriges Schicksal ergeben muß. Bald legt
sich sein Unmuth, und er lernt gelehrig und gehorsam
seyn. Den Führer ( Kornak ) zeichnet der zahme Ele-
phant sogleich vor andern aus, die sich ihm nähern,
und diesem räumt er eine große Gewalt über sich ein.
Doch bisweilen wird auch der zahmste wild und grau-
sam. Statt zu gehorchen, wüthet er gegen den Kornak
und zerquetscht ihn. Besonders ereignet sich dieser Fall
bei Männchen, zur Zeit der Brunst; wehe dem, der
sich in dieser Periode dem Thiere nähern muß, das sonst
so sanft ist, und seine Kraft verleugnet!



Der Sirocco in Tyrol.

Der Sirocco ist in Tyrol ein Südwind. Er wird
als eine der vorzüglichsten, zur Reifung des türkischen
Kornes ( Mays ) mitwirkenden Ursachen angesehen, und
daher von den Unterinn= und Oberinnthaler Bauern,
welche drei Mal des Tages aus diesem Mays=Mehle
ein Mus essen, wenigstens dann, wenn er nicht zu an-
haltend ist, in Gegenden, wo die Sonne nicht hinläng-
lich durchzudringen vermag, gern gespürt. Dieser
Wind hat nach Verschiedenheit der körperlichen Konsti-
tution für Viele einen unschädlichen Einfluß; für manche
[Spaltenumbruch] Jnnsbrucker aber ist er sehr empfindlich, indem er sie
sehr schwächt, und zu aller anhaltenden Arbeit unfähig
macht. Die Wirkungen dieses Windes sind endlich noch
in einer Hinsicht, in Beziehung auf die ganze tyrolische
Landschaft, von großer Bedeutung. Dieser Wind ist
es nämlich, welcher gegen das Ende des Sommers,
und vorzüglich im Herbste, oft mit ungemeiner Schnel-
ligkeit den Schnee im Gebirge auflöset. Vorzüglich
empfindet das Jnnthal die Folgen des wirksamen An-
strömens dieses Sirocco, den der gemeine Mann Fön-
wind
nennt. Aber auch im Etschthale, das etwas
niedriger liegt, wird sehr bald durch diesen Wind ein
Regen zusammengezogen, welcher meistens heftig wird,
und in einen über große Landstrecken sich verbreitenden
Platzregen ausartet. Selbst in der Mitte des Winters
wird oft der Schnee durch diesen Wind schnell flüssig ge-
macht. Man sieht in wenigen Stunden bisweilen Ge-
genden, die vorhero weiß wie eine Mauer aussahen,
gleichsam eine ganz schwarze Gestalt annehmen, indem
sich dem Auge nichts als die nasse Erde darstellt. Der
auf den höhern Berggipfeln und in den gegen Mitter-
nacht gekehrten Thälern liegende Schnee bietet sehr oft
selbst den Sonnenstrahlen in den heißen Tagen des Som-
mers Trotz. Allein wenn dieser Schnee gleichsam schon
veraltet und zur Auflösung vorbereitet ist, und wenn
dann nur ein lauer Wind in eine solche verschneite Ge-
gend kommt, so schmilzt Alles. Dadurch erklären sich
die Anschwellungen der Bäche dieses Landes im Spät-
sommer oder Herbste. Wenn die Flüsse Jnn, Eisack,
Etsch u. s. w. anschwellen, so sind sicher häufige, durch
diesen Wind erzeugte Auflösungen des Schnees voraus-
gegangen: denn wenn dieser Südwind nicht wehet, so
erlebt man in Tyrol sehr oft deu Fall, daß sich selbst
im Sommer das Wasser im Gebirge in Eis verwandelt.



Das Judenreich in Abessinien.

Bereits in Nr. 1 dieses Heller=Blattes haben wir
von dem Judenreiche gesprochen, was sich in Afrika ge-
bildet hat, und uralt zu nennen ist. Da mehrere Leser
von der Redaction einen nähern Nachweis darüber ge-
wünscht haben, so ersuchen wir dieselben: Heinrich
Salts
Reisen nach Abessinien ( 1809-10 ) , übersetzt
von Friedrich Rühs, Weimar 1815, gefälligst
nachzuschlagen. Der gedachte Judenstamm bewohnt die
höchste Gegend von Abessinien, die Landschaft Sawen;
wird von den Eingebornen die Verbannten ( Fa-
lassjan ) genannt, ist etwa 400 Jahre vor Christi Ge-
burt dort eingewandert, und wurde bis 1800 n. Chr.
von jüdischen Königen beherrscht. Die Hauptstadt heißt
Segonet und liegt am Fuße und an der Ostseite des ho-
hen Berges Amba=Hay. Möchten die Fragenden zu-
friedengestellt seyn! -



[Ende Spaltensatz]

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] unterbrechen solche listig durch breite und gehörig tiefe
Quergräben, überlegen sie leicht mit Gesträuchwerk,
streuen Erde darüber, so daß man die Unterbrechung
der Pfade nicht gewahr wird. Die Elephanten gehen
in die Falle, durch viele Leute, welche lärmen, schreien
und Fackeln schwingen, vorwärts gescheucht. Jn dem
Graben wird der Gefangene mit Ketten und Stricken,
nicht ohne große Gefahr gebunden, und durch Hebe-
werkzeuge herausgehoben. Entgeht einer von diesen
Jagdbeuten, so wird er schwerlich je wieder auf ähn-
liche Art eingefangen; er traut den Pfaden im Walde
nie mehr, prüft jeden, den er betreten will, sorgfältig;
mit dem Rüssel bricht er einen Baumast ab und ge-
braucht ihn als Stab, um damit zu erforschen, ob der
Pfad nicht gefährlich sei.

Um den gefangenen Elephanten weiter zu bringen
und zu zähmen, führen die Jäger zwei zahme so nahe
als möglich an jenen, der in Schlingen geleitet wird;
an jeder Seite geht ihm ein zahmer Elephant. Mehrere
Jäger sind beschäftigt, den Gefangenen durch Worte zu
besänftigen und ihm Futter zu reichen; der eine bietet
Heu in Bündeln, der andere Reis, der dritte Zucker,
u. dergl. an, gutmüthig ihm zusprechend: Nimm, iß,
laß es dir schmecken! Verschmäht der Trauernde das
Anbieten, so fordern die Jäger die beiden zahmen Ele-
phanten auf, den wilden zu schlagen. Diese folgen au-
genblicklich, und einer schlägt ihn mit dem Rüssel hart
auf den Kopf; der wilde Elephant sträubt sich dagegen,
setzt sich zur Wehre, und wird sogleich auch von dem
andern zahmen Elephanten hart geschlagen, so daß jener
sich in sein trauriges Schicksal ergeben muß. Bald legt
sich sein Unmuth, und er lernt gelehrig und gehorsam
seyn. Den Führer ( Kornak ) zeichnet der zahme Ele-
phant sogleich vor andern aus, die sich ihm nähern,
und diesem räumt er eine große Gewalt über sich ein.
Doch bisweilen wird auch der zahmste wild und grau-
sam. Statt zu gehorchen, wüthet er gegen den Kornak
und zerquetscht ihn. Besonders ereignet sich dieser Fall
bei Männchen, zur Zeit der Brunst; wehe dem, der
sich in dieser Periode dem Thiere nähern muß, das sonst
so sanft ist, und seine Kraft verleugnet!



Der Sirocco in Tyrol.

Der Sirocco ist in Tyrol ein Südwind. Er wird
als eine der vorzüglichsten, zur Reifung des türkischen
Kornes ( Mays ) mitwirkenden Ursachen angesehen, und
daher von den Unterinn= und Oberinnthaler Bauern,
welche drei Mal des Tages aus diesem Mays=Mehle
ein Mus essen, wenigstens dann, wenn er nicht zu an-
haltend ist, in Gegenden, wo die Sonne nicht hinläng-
lich durchzudringen vermag, gern gespürt. Dieser
Wind hat nach Verschiedenheit der körperlichen Konsti-
tution für Viele einen unschädlichen Einfluß; für manche
[Spaltenumbruch] Jnnsbrucker aber ist er sehr empfindlich, indem er sie
sehr schwächt, und zu aller anhaltenden Arbeit unfähig
macht. Die Wirkungen dieses Windes sind endlich noch
in einer Hinsicht, in Beziehung auf die ganze tyrolische
Landschaft, von großer Bedeutung. Dieser Wind ist
es nämlich, welcher gegen das Ende des Sommers,
und vorzüglich im Herbste, oft mit ungemeiner Schnel-
ligkeit den Schnee im Gebirge auflöset. Vorzüglich
empfindet das Jnnthal die Folgen des wirksamen An-
strömens dieses Sirocco, den der gemeine Mann Fön-
wind
nennt. Aber auch im Etschthale, das etwas
niedriger liegt, wird sehr bald durch diesen Wind ein
Regen zusammengezogen, welcher meistens heftig wird,
und in einen über große Landstrecken sich verbreitenden
Platzregen ausartet. Selbst in der Mitte des Winters
wird oft der Schnee durch diesen Wind schnell flüssig ge-
macht. Man sieht in wenigen Stunden bisweilen Ge-
genden, die vorhero weiß wie eine Mauer aussahen,
gleichsam eine ganz schwarze Gestalt annehmen, indem
sich dem Auge nichts als die nasse Erde darstellt. Der
auf den höhern Berggipfeln und in den gegen Mitter-
nacht gekehrten Thälern liegende Schnee bietet sehr oft
selbst den Sonnenstrahlen in den heißen Tagen des Som-
mers Trotz. Allein wenn dieser Schnee gleichsam schon
veraltet und zur Auflösung vorbereitet ist, und wenn
dann nur ein lauer Wind in eine solche verschneite Ge-
gend kommt, so schmilzt Alles. Dadurch erklären sich
die Anschwellungen der Bäche dieses Landes im Spät-
sommer oder Herbste. Wenn die Flüsse Jnn, Eisack,
Etsch u. s. w. anschwellen, so sind sicher häufige, durch
diesen Wind erzeugte Auflösungen des Schnees voraus-
gegangen: denn wenn dieser Südwind nicht wehet, so
erlebt man in Tyrol sehr oft deu Fall, daß sich selbst
im Sommer das Wasser im Gebirge in Eis verwandelt.



Das Judenreich in Abessinien.

Bereits in Nr. 1 dieses Heller=Blattes haben wir
von dem Judenreiche gesprochen, was sich in Afrika ge-
bildet hat, und uralt zu nennen ist. Da mehrere Leser
von der Redaction einen nähern Nachweis darüber ge-
wünscht haben, so ersuchen wir dieselben: Heinrich
Salts
Reisen nach Abessinien ( 1809–10 ) , übersetzt
von Friedrich Rühs, Weimar 1815, gefälligst
nachzuschlagen. Der gedachte Judenstamm bewohnt die
höchste Gegend von Abessinien, die Landschaft Sawen;
wird von den Eingebornen die Verbannten ( Fa-
lassjan ) genannt, ist etwa 400 Jahre vor Christi Ge-
burt dort eingewandert, und wurde bis 1800 n. Chr.
von jüdischen Königen beherrscht. Die Hauptstadt heißt
Segonet und liegt am Fuße und an der Ostseite des ho-
hen Berges Amba=Hay. Möchten die Fragenden zu-
friedengestellt seyn! –



[Ende Spaltensatz]
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Dieser Wind ist es nämlich, welcher gegen das Ende des Sommers, und vorzüglich im Herbste, oft mit ungemeiner Schnel- ligkeit den Schnee im Gebirge auflöset. Vorzüglich empfindet das Jnnthal die Folgen des wirksamen An- strömens dieses Sirocco, den der gemeine Mann Fön- wind nennt. Aber auch im Etschthale, das etwas niedriger liegt, wird sehr bald durch diesen Wind ein Regen zusammengezogen, welcher meistens heftig wird, und in einen über große Landstrecken sich verbreitenden Platzregen ausartet. Selbst in der Mitte des Winters wird oft der Schnee durch diesen Wind schnell flüssig ge- macht. Man sieht in wenigen Stunden bisweilen Ge- genden, die vorhero weiß wie eine Mauer aussahen, gleichsam eine ganz schwarze Gestalt annehmen, indem sich dem Auge nichts als die nasse Erde darstellt. Der auf den höhern Berggipfeln und in den gegen Mitter- nacht gekehrten Thälern liegende Schnee bietet sehr oft selbst den Sonnenstrahlen in den heißen Tagen des Som- mers Trotz. Allein wenn dieser Schnee gleichsam schon veraltet und zur Auflösung vorbereitet ist, und wenn dann nur ein lauer Wind in eine solche verschneite Ge- gend kommt, so schmilzt Alles. Dadurch erklären sich die Anschwellungen der Bäche dieses Landes im Spät- sommer oder Herbste. Wenn die Flüsse Jnn, Eisack, Etsch u. s. w. anschwellen, so sind sicher häufige, durch diesen Wind erzeugte Auflösungen des Schnees voraus- gegangen: denn wenn dieser Südwind nicht wehet, so erlebt man in Tyrol sehr oft deu Fall, daß sich selbst im Sommer das Wasser im Gebirge in Eis verwandelt. Das Judenreich in Abessinien. Bereits in Nr. 1 dieses Heller=Blattes haben wir von dem Judenreiche gesprochen, was sich in Afrika ge- bildet hat, und uralt zu nennen ist. Da mehrere Leser von der Redaction einen nähern Nachweis darüber ge- wünscht haben, so ersuchen wir dieselben: Heinrich Salts Reisen nach Abessinien ( 1809–10 ) , übersetzt von Friedrich Rühs, Weimar 1815, gefälligst nachzuschlagen. Der gedachte Judenstamm bewohnt die höchste Gegend von Abessinien, die Landschaft Sawen; wird von den Eingebornen die Verbannten ( Fa- lassjan ) genannt, ist etwa 400 Jahre vor Christi Ge- burt dort eingewandert, und wurde bis 1800 n. Chr. von jüdischen Königen beherrscht. Die Hauptstadt heißt Segonet und liegt am Fuße und an der Ostseite des ho- hen Berges Amba=Hay. Möchten die Fragenden zu- friedengestellt seyn! –

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Zitationshilfe: Das Heller-Blatt. Nr. 9. Breslau, 1. März 1834, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller09_1834/7>, abgerufen am 06.07.2024.