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Europa. Wochenschrift für Kultur und Politik. Jahrgang 1, Heft 8. Berlin-Charlottenburg, 9. März 1905.

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Werner vom Rhein: Karneval.
so verstehe ich darunter, daß jeder derartige Krankheitsfall geheilt wird und
ich halte es für berechtigt, dies auszusprechen, weil eine lange Reihe solcher
Fälle sowohl von mir selbst, als auch von Kollegen behandelt wurden und
von allen diesen ist mir kein Fall bekannt, der nicht durch eine gut aus-
geführte manuelle Behandlung geheilt wurde.

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Karneval!

Wer der größte Narr sei? -- Wer das Leben zu ernst nimmt. Die Welt
ist voll solcher Narren.

Zeitweise unterliegen wir alle dieser närrischen Neigung. Jnsbesondere
zur Winterszeit, wenn Nebel und Nässe uns umlagern. Dann schwindet gar
leicht auch aus unseres Herzens Anger das letzte Fleckchen Sonnenschein.
Farblos, freudlos liegt unser Lebenspfad vor uns. Düstren Sinnes wandeln
wir dahin, mit schleppendem Schritt, dem Tode entgegen.

Ja der Tod! -- Der harrt unsrer am Ende des Weges. Jhm entrinnen
wir nicht. Und bevor er uns packt mit eisernem Griff, uns hinabstößt in die
ewige Nacht, der Mitleidlose -- durch wieviel Jammer, durch wieviel schaurigen
Schmerz müssen wir noch hindurch! Glücklich die wenigen, die der Blitz fällt
mitten im Leben! Beklagenswert die vielen, die langsam verfallen, Stück für
Stück dahinsterben, bis die Ruine ihres Lebens, schmerzzernagt, schließlich zu-
sammenbricht!

Diese Gedanken sollten uns nicht ernst stimmen? Fürwahr, die Masse
des Leids ist zu groß, der Enttäuschungen, der Tränen und Sorgen sind zu
viele, als daß wir fröhlich und leichten Herzens des Lebens Straße ziehen
könnten. Und wenn sich auch einmal eine Wendung des Weges lustig anläßt,
die finstre Pforte droht im Hintergrund. Memento mori! Sei ernst! --

Schön, mein Freund; aber was hilft dir der Ernst? Wenn du das
Leben schwer nimmst, wird es darum leichter? Wenn du Trübsal bläst, stimmt
das dich oder die deinen fröhlicher? Daß ich nicht wüßte. Das Gegenteil
trifft zu. Je leichter man das Leben nimmt, umso leichter ist es. Ein fröh-
liches Herz -- ach, ist das heute ein seltenes Ding! -- erfrischt dir das Blut,
steigert die Kraft und fördert das Werk deiner Tage. Wie auf Adlersfittigen
schwingt sich leichter Sinn durch die Nebel und Wolken des Lebens zur sonnigen
heiteren Höhe hinauf. Dort lernst du die Misere, die Schmerzen des Tages
von oben herab betrachten. Siehst, daß nicht minder wie die Freuden, auch
die Schmerzen des Lebens vergänglich sind, daß die Flucht der Zeit sie rasch
lindert, bis der Tod sie auslöscht in ewigem Vergessen und Frieden.

Ja, der Tod! -- Der Versöhner, der Befreier, der uns freundlich zurück-
leitet in den Kreislauf des ewigen Lebens, wenn die Kraft unseres Jchseins
erschöpft ist -- er vergißt keinen, der Mitleidige, er löscht auch dein letztes

Werner vom Rhein: Karneval.
so verstehe ich darunter, daß jeder derartige Krankheitsfall geheilt wird und
ich halte es für berechtigt, dies auszusprechen, weil eine lange Reihe solcher
Fälle sowohl von mir selbst, als auch von Kollegen behandelt wurden und
von allen diesen ist mir kein Fall bekannt, der nicht durch eine gut aus-
geführte manuelle Behandlung geheilt wurde.

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Karneval!

Wer der größte Narr sei? — Wer das Leben zu ernst nimmt. Die Welt
ist voll solcher Narren.

Zeitweise unterliegen wir alle dieser närrischen Neigung. Jnsbesondere
zur Winterszeit, wenn Nebel und Nässe uns umlagern. Dann schwindet gar
leicht auch aus unseres Herzens Anger das letzte Fleckchen Sonnenschein.
Farblos, freudlos liegt unser Lebenspfad vor uns. Düstren Sinnes wandeln
wir dahin, mit schleppendem Schritt, dem Tode entgegen.

Ja der Tod! — Der harrt unsrer am Ende des Weges. Jhm entrinnen
wir nicht. Und bevor er uns packt mit eisernem Griff, uns hinabstößt in die
ewige Nacht, der Mitleidlose — durch wieviel Jammer, durch wieviel schaurigen
Schmerz müssen wir noch hindurch! Glücklich die wenigen, die der Blitz fällt
mitten im Leben! Beklagenswert die vielen, die langsam verfallen, Stück für
Stück dahinsterben, bis die Ruine ihres Lebens, schmerzzernagt, schließlich zu-
sammenbricht!

Diese Gedanken sollten uns nicht ernst stimmen? Fürwahr, die Masse
des Leids ist zu groß, der Enttäuschungen, der Tränen und Sorgen sind zu
viele, als daß wir fröhlich und leichten Herzens des Lebens Straße ziehen
könnten. Und wenn sich auch einmal eine Wendung des Weges lustig anläßt,
die finstre Pforte droht im Hintergrund. Memento mori! Sei ernst! —

Schön, mein Freund; aber was hilft dir der Ernst? Wenn du das
Leben schwer nimmst, wird es darum leichter? Wenn du Trübsal bläst, stimmt
das dich oder die deinen fröhlicher? Daß ich nicht wüßte. Das Gegenteil
trifft zu. Je leichter man das Leben nimmt, umso leichter ist es. Ein fröh-
liches Herz — ach, ist das heute ein seltenes Ding! — erfrischt dir das Blut,
steigert die Kraft und fördert das Werk deiner Tage. Wie auf Adlersfittigen
schwingt sich leichter Sinn durch die Nebel und Wolken des Lebens zur sonnigen
heiteren Höhe hinauf. Dort lernst du die Misere, die Schmerzen des Tages
von oben herab betrachten. Siehst, daß nicht minder wie die Freuden, auch
die Schmerzen des Lebens vergänglich sind, daß die Flucht der Zeit sie rasch
lindert, bis der Tod sie auslöscht in ewigem Vergessen und Frieden.

Ja, der Tod! — Der Versöhner, der Befreier, der uns freundlich zurück-
leitet in den Kreislauf des ewigen Lebens, wenn die Kraft unseres Jchseins
erschöpft ist — er vergißt keinen, der Mitleidige, er löscht auch dein letztes

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[374/0038] Werner vom Rhein: Karneval. so verstehe ich darunter, daß jeder derartige Krankheitsfall geheilt wird und ich halte es für berechtigt, dies auszusprechen, weil eine lange Reihe solcher Fälle sowohl von mir selbst, als auch von Kollegen behandelt wurden und von allen diesen ist mir kein Fall bekannt, der nicht durch eine gut aus- geführte manuelle Behandlung geheilt wurde. [Abbildung] Karneval! Wer der größte Narr sei? — Wer das Leben zu ernst nimmt. Die Welt ist voll solcher Narren. Zeitweise unterliegen wir alle dieser närrischen Neigung. Jnsbesondere zur Winterszeit, wenn Nebel und Nässe uns umlagern. Dann schwindet gar leicht auch aus unseres Herzens Anger das letzte Fleckchen Sonnenschein. Farblos, freudlos liegt unser Lebenspfad vor uns. Düstren Sinnes wandeln wir dahin, mit schleppendem Schritt, dem Tode entgegen. Ja der Tod! — Der harrt unsrer am Ende des Weges. Jhm entrinnen wir nicht. Und bevor er uns packt mit eisernem Griff, uns hinabstößt in die ewige Nacht, der Mitleidlose — durch wieviel Jammer, durch wieviel schaurigen Schmerz müssen wir noch hindurch! Glücklich die wenigen, die der Blitz fällt mitten im Leben! Beklagenswert die vielen, die langsam verfallen, Stück für Stück dahinsterben, bis die Ruine ihres Lebens, schmerzzernagt, schließlich zu- sammenbricht! Diese Gedanken sollten uns nicht ernst stimmen? Fürwahr, die Masse des Leids ist zu groß, der Enttäuschungen, der Tränen und Sorgen sind zu viele, als daß wir fröhlich und leichten Herzens des Lebens Straße ziehen könnten. Und wenn sich auch einmal eine Wendung des Weges lustig anläßt, die finstre Pforte droht im Hintergrund. Memento mori! Sei ernst! — Schön, mein Freund; aber was hilft dir der Ernst? Wenn du das Leben schwer nimmst, wird es darum leichter? Wenn du Trübsal bläst, stimmt das dich oder die deinen fröhlicher? Daß ich nicht wüßte. Das Gegenteil trifft zu. Je leichter man das Leben nimmt, umso leichter ist es. Ein fröh- liches Herz — ach, ist das heute ein seltenes Ding! — erfrischt dir das Blut, steigert die Kraft und fördert das Werk deiner Tage. Wie auf Adlersfittigen schwingt sich leichter Sinn durch die Nebel und Wolken des Lebens zur sonnigen heiteren Höhe hinauf. Dort lernst du die Misere, die Schmerzen des Tages von oben herab betrachten. Siehst, daß nicht minder wie die Freuden, auch die Schmerzen des Lebens vergänglich sind, daß die Flucht der Zeit sie rasch lindert, bis der Tod sie auslöscht in ewigem Vergessen und Frieden. Ja, der Tod! — Der Versöhner, der Befreier, der uns freundlich zurück- leitet in den Kreislauf des ewigen Lebens, wenn die Kraft unseres Jchseins erschöpft ist — er vergißt keinen, der Mitleidige, er löscht auch dein letztes

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Zitationshilfe: Europa. Wochenschrift für Kultur und Politik. Jahrgang 1, Heft 8. Berlin-Charlottenburg, 9. März 1905, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_europa0108_1905/38>, abgerufen am 24.11.2024.