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[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734.

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wurde. Der König empfieng gleichfals eine seinen Missethaten gemässe
Strase. Der Tag seines Todes war der 22. Jan. 1536. da er zu Mün-
ster sein Leben auf eine entsetzliche Weise endigen muste. Er wurde an einen
Pfal gebunden, und um ihn ein kleines Feuer angemacht, welches ihn
von ferne lebendig bradte, da man ihn unter dieser Marter beständig mit
glüenden Zangen riß. Sein zerfleischter Cörper wurde an den Thurm
der Lamberts-Kirche in einem eisernen Käfig zum ewigen Gedächt-
niß aufgehenckt, welcher auch noch alda zu sehen ist. Knipperdolling
und das gewesene geheime Conseil erhielte gleichfals eine in einem schmertz-
haften Tode
bestehende Belohnung, wodurch der Friede in dieser Stadt
wieder hergestellt, und diese Anabaptistische Monarchie zerstöret
war.
Childron.
Beliebet mir doch noch dieses eintzige zusagen, Mylord, ob die Ana-
bapti
sten ausgerottet und ihre Secten vertilget sind?
Bingley.
Keines weges, Mylord. Denn ob man ihrer gleich eine grosse An-
zahl hingerichtet, so sind sie doch nicht zu tilgen gewesen, ja sie haben so
gar in Holland unter den Nahmen der Mennonisten die Freyheit ihrer Ke-
tzerey erhalten/ wie sie sich denn noch beständig des Jahrs zweymahl zu
Rhynsbourg, einem zwey Meilen von Leyden gelegenen Dorfe versam-
len, und ihren Gottesdienst halten, wobey so wohl Männern als Wei-
bern
zu predigen, und das heil. Abendmahl auszutheilen frey steht.
Hiermit endigte sich ihr Anabaptisten-Gespräche, und sie besahen en
passant
das jetzt gemeldete Dorf Rhynsbourg, und auf der andern Seite
das von Haag eine Stunde entlegene Schevelingen, wo sie die Wind-
Wagen
des Printzens Moritzens von Oranien als eine curieuse Er-
findung betrachteten. Dieser Printz pflegte öffters in Gesellschafft vieler
Standes-Personen damit zu fahren, indem 28. Menschen Platz darinnen
finden. Es ist ein Werck des berühmten Mathematici, Simon Stevini
welcher diese Wagen mit Rädern und Seegeln versehen hat. Sie gehen
auf dem Sande durch die Gewalt des Windes mit solcher Geschwindig-
keit fort, daß man in 2. Stunden 14. Holländische Meilen zurück legen kan.
Ja die im Wege seyende Pfützen und Graben sind ihren Lauf aufzuhalten
nicht vermögend. Kein Pferd ist im Stande, ihnen gleich zu laufen, und
die darinnen sitzende Personen sind wegen der unglaublichen Eile denen bey-
bergehenden gäntzlich unkantbar. Wovon der vortrefliche Hugo Grotius
folgende Verse gemacht:

Ica-
wurde. Der Koͤnig empfieng gleichfals eine ſeinen Miſſethaten gemaͤſſe
Straſe. Der Tag ſeines Todes war der 22. Jan. 1536. da er zu Muͤn-
ſter ſein Leben auf eine entſetzliche Weiſe endigen muſte. Er wurde an einen
Pfal gebunden, und um ihn ein kleines Feuer angemacht, welches ihn
von ferne lebendig bradte, da man ihn unter dieſer Marter beſtaͤndig mit
gluͤenden Zangen riß. Sein zerfleiſchter Coͤrper wurde an den Thurm
der Lamberts-Kirche in einem eiſernen Kaͤfig zum ewigen Gedaͤcht-
niß aufgehenckt, welcher auch noch alda zu ſehen iſt. Knipperdolling
und das geweſene geheime Conſeil erhielte gleichfals eine in einem ſchmertz-
haften Tode
beſtehende Belohnung, wodurch der Friede in dieſer Stadt
wieder hergeſtellt, und dieſe Anabaptiſtiſche Monarchie zerſtoͤret
war.
Childron.
Beliebet mir doch noch dieſes eintzige zuſagen, Mylord, ob die Ana-
bapti
ſten ausgerottet und ihre Secten vertilget ſind?
Bingley.
Keines weges, Mylord. Denn ob man ihrer gleich eine groſſe An-
zahl hingerichtet, ſo ſind ſie doch nicht zu tilgen geweſen, ja ſie haben ſo
gar in Holland unter den Nahmen der Mennoniſten die Freyheit ihrer Ke-
tzerey erhalten/ wie ſie ſich denn noch beſtaͤndig des Jahrs zweymahl zu
Rhynsbourg, einem zwey Meilen von Leyden gelegenen Dorfe verſam-
len, und ihren Gottesdienſt halten, wobey ſo wohl Maͤnnern als Wei-
bern
zu predigen, und das heil. Abendmahl auszutheilen frey ſteht.
Hiermit endigte ſich ihr Anabaptiſten-Geſpraͤche, und ſie beſahen en
paſſant
das jetzt gemeldete Dorf Rhynsbourg, und auf der andern Seite
das von Haag eine Stunde entlegene Schevelingen, wo ſie die Wind-
Wagen
des Printzens Moritzens von Oranien als eine curieuſe Er-
findung betrachteten. Dieſer Printz pflegte oͤffters in Geſellſchafft vieler
Standes-Perſonen damit zu fahren, indem 28. Menſchen Platz darinnen
finden. Es iſt ein Werck des beruͤhmten Mathematici, Simon Stevini
welcher dieſe Wagen mit Raͤdern und Seegeln verſehen hat. Sie gehen
auf dem Sande durch die Gewalt des Windes mit ſolcher Geſchwindig-
keit fort, daß man in 2. Stunden 14. Hollaͤndiſche Meilen zuruͤck legen kan.
Ja die im Wege ſeyende Pfuͤtzen und Graben ſind ihren Lauf aufzuhalten
nicht vermoͤgend. Kein Pferd iſt im Stande, ihnen gleich zu laufen, und
die darinnen ſitzende Perſonen ſind wegen der unglaublichen Eile denen bey-
bergehenden gaͤntzlich unkantbar. Wovon der vortrefliche Hugo Grotius
folgende Verſe gemacht:

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[38/0048] wurde. Der Koͤnig empfieng gleichfals eine ſeinen Miſſethaten gemaͤſſe Straſe. Der Tag ſeines Todes war der 22. Jan. 1536. da er zu Muͤn- ſter ſein Leben auf eine entſetzliche Weiſe endigen muſte. Er wurde an einen Pfal gebunden, und um ihn ein kleines Feuer angemacht, welches ihn von ferne lebendig bradte, da man ihn unter dieſer Marter beſtaͤndig mit gluͤenden Zangen riß. Sein zerfleiſchter Coͤrper wurde an den Thurm der Lamberts-Kirche in einem eiſernen Kaͤfig zum ewigen Gedaͤcht- niß aufgehenckt, welcher auch noch alda zu ſehen iſt. Knipperdolling und das geweſene geheime Conſeil erhielte gleichfals eine in einem ſchmertz- haften Tode beſtehende Belohnung, wodurch der Friede in dieſer Stadt wieder hergeſtellt, und dieſe Anabaptiſtiſche Monarchie zerſtoͤret war. Childron. Beliebet mir doch noch dieſes eintzige zuſagen, Mylord, ob die Ana- baptiſten ausgerottet und ihre Secten vertilget ſind? Bingley. Keines weges, Mylord. Denn ob man ihrer gleich eine groſſe An- zahl hingerichtet, ſo ſind ſie doch nicht zu tilgen geweſen, ja ſie haben ſo gar in Holland unter den Nahmen der Mennoniſten die Freyheit ihrer Ke- tzerey erhalten/ wie ſie ſich denn noch beſtaͤndig des Jahrs zweymahl zu Rhynsbourg, einem zwey Meilen von Leyden gelegenen Dorfe verſam- len, und ihren Gottesdienſt halten, wobey ſo wohl Maͤnnern als Wei- bern zu predigen, und das heil. Abendmahl auszutheilen frey ſteht. Hiermit endigte ſich ihr Anabaptiſten-Geſpraͤche, und ſie beſahen en paſſant das jetzt gemeldete Dorf Rhynsbourg, und auf der andern Seite das von Haag eine Stunde entlegene Schevelingen, wo ſie die Wind- Wagen des Printzens Moritzens von Oranien als eine curieuſe Er- findung betrachteten. Dieſer Printz pflegte oͤffters in Geſellſchafft vieler Standes-Perſonen damit zu fahren, indem 28. Menſchen Platz darinnen finden. Es iſt ein Werck des beruͤhmten Mathematici, Simon Stevini welcher dieſe Wagen mit Raͤdern und Seegeln verſehen hat. Sie gehen auf dem Sande durch die Gewalt des Windes mit ſolcher Geſchwindig- keit fort, daß man in 2. Stunden 14. Hollaͤndiſche Meilen zuruͤck legen kan. Ja die im Wege ſeyende Pfuͤtzen und Graben ſind ihren Lauf aufzuhalten nicht vermoͤgend. Kein Pferd iſt im Stande, ihnen gleich zu laufen, und die darinnen ſitzende Perſonen ſind wegen der unglaublichen Eile denen bey- bergehenden gaͤntzlich unkantbar. Wovon der vortrefliche Hugo Grotius folgende Verſe gemacht: Ica-

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_engellaender_1734/48>, abgerufen am 29.03.2024.