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[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734.

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es hieß: mit unserer Macht ist nichts gethan, und that sich daher nach
mächtigem Beystand auswerts um, welchen er bey dem grossen Leopold
dem Römischen Käyser, Carl dem
II. Könige von Spanien, und Frie-
drich Wilhelm
Churfürsten von Brandenburg fand. Die Holländer
schlugen mit denen wider sie mit Franckreich vereinigten Engelländern vier-
mahl
zur See, welche letztern 1674. einen besondern Frieden eingiengen. Lude-
wig
der XIV. eroberte die vor unüberwindlich gehaltene Festung Mastrich
mit Verlust 12000. der Seinigen, wobey er selbst zu gegen war, und das
Glücke wechselte auf beyden Seiten ab, biß es durch den Nimwegischen
Frieden 1679. befestiget wurde. Der König in Franckreich muste alles und
so gar Mastrich wieder hergeben, welches ihm am schwersten ankam.
Bingley.
Es kam meines Wissens bey dieser Gelegenheit eine Müntze zum Vor-
schein, auf welcher Ludwig in Gestalt eines Vomirenden erschien, und al-
le eroberte Städte von sich brach, aber Mastrich nicht von sich geben
wolte, welches ihm in Halse steckte. Jnzwischen erwarben sich die Hollän-
der damahls keine guten Freunde an ihren großmächtigsten Bundesgenossen,
da sie den Frieden zuerst eingiengen, und die ihnen geleistete Hülfe in eine
undanckbare Vergessenheit stellten.
Tulsching.
Die Republicken machen es nicht anders, und die Bündnisse gelten
bey ihnen nicht länger, als sie ihre Handlung zu befördern gedencken. Doch
dieser Friede war von kurtzer Dauer. Denn der König Jacob II. in En-
gelland
suchte nicht nur die Evangelische Religion, und die Freyheit
des Englischen Volcks
zu unterdrücken, sondern auch den Stadthal-
ter,
welcher sich mit dieses Königs ältesten Printzeßin Tochter Maria
vermählet, durch einen unterschobenen Sohn, den jetzigen Prätenden-
ten,
von der Nachfolge auf dem Englischen Thron auszuschliessen.
Bingley.
Sagt mir doch, werthester Tulsching, eure Meynung, ob dieser
Prätendente wohl ein rechter Sohn des König Jacobs II. oder ein
Müller von Gebuhrt sey?
Tulsching.
Das ist eine Sache, wovon man nichts gewisses melden kan. Jndes-
sen hat sich doch sein angegebener Vater durch das unrechtmäßige
Verfahren bey seiner Geburth, und der so genante Prätendentische Printz
durch seine sackträgerische Aufführung so verdächtig gemacht, daß man
ihn eher vor einen Müllers-Printz, als einen Erben dreyer Cronen
halten
es hieß: mit unſerer Macht iſt nichts gethan, und that ſich daher nach
maͤchtigem Beyſtand auswerts um, welchen er bey dem groſſen Leopold
dem Roͤmiſchen Kaͤyſer, Carl dem
II. Koͤnige von Spanien, und Frie-
drich Wilhelm
Churfuͤrſten von Brandenburg fand. Die Hollaͤnder
ſchlugen mit denen wider ſie mit Franckreich vereinigten Engellaͤndern vier-
mahl
zur See, welche letztern 1674. einen beſondern Frieden eingiengen. Lude-
wig
der XIV. eroberte die vor unuͤberwindlich gehaltene Feſtung Maſtrich
mit Verluſt 12000. der Seinigen, wobey er ſelbſt zu gegen war, und das
Gluͤcke wechſelte auf beyden Seiten ab, biß es durch den Nimwegiſchen
Frieden 1679. befeſtiget wurde. Der Koͤnig in Franckreich muſte alles und
ſo gar Maſtrich wieder hergeben, welches ihm am ſchwerſten ankam.
Bingley.
Es kam meines Wiſſens bey dieſer Gelegenheit eine Muͤntze zum Vor-
ſchein, auf welcher Ludwig in Geſtalt eines Vomirenden erſchien, und al-
le eroberte Staͤdte von ſich brach, aber Maſtrich nicht von ſich geben
wolte, welches ihm in Halſe ſteckte. Jnzwiſchen erwarben ſich die Hollaͤn-
der damahls keine guten Freunde an ihren großmaͤchtigſten Bundesgenoſſen,
da ſie den Frieden zuerſt eingiengen, und die ihnen geleiſtete Huͤlfe in eine
undanckbare Vergeſſenheit ſtellten.
Tulſching.
Die Republicken machen es nicht anders, und die Buͤndniſſe gelten
bey ihnen nicht laͤnger, als ſie ihre Handlung zu befoͤrdern gedencken. Doch
dieſer Friede war von kurtzer Dauer. Denn der Koͤnig Jacob II. in En-
gelland
ſuchte nicht nur die Evangeliſche Religion, und die Freyheit
des Engliſchen Volcks
zu unterdruͤcken, ſondern auch den Stadthal-
ter,
welcher ſich mit dieſes Koͤnigs aͤlteſten Printzeßin Tochter Maria
vermaͤhlet, durch einen unterſchobenen Sohn, den jetzigen Praͤtenden-
ten,
von der Nachfolge auf dem Engliſchen Thron auszuſchlieſſen.
Bingley.
Sagt mir doch, wertheſter Tulſching, eure Meynung, ob dieſer
Praͤtendente wohl ein rechter Sohn des Koͤnig Jacobs II. oder ein
Muͤller von Gebuhrt ſey?
Tulſching.
Das iſt eine Sache, wovon man nichts gewiſſes melden kan. Jndeſ-
ſen hat ſich doch ſein angegebener Vater durch das unrechtmaͤßige
Verfahren bey ſeiner Geburth, und der ſo genante Praͤtendentiſche Printz
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[32/0042] es hieß: mit unſerer Macht iſt nichts gethan, und that ſich daher nach maͤchtigem Beyſtand auswerts um, welchen er bey dem groſſen Leopold dem Roͤmiſchen Kaͤyſer, Carl dem II. Koͤnige von Spanien, und Frie- drich Wilhelm Churfuͤrſten von Brandenburg fand. Die Hollaͤnder ſchlugen mit denen wider ſie mit Franckreich vereinigten Engellaͤndern vier- mahl zur See, welche letztern 1674. einen beſondern Frieden eingiengen. Lude- wig der XIV. eroberte die vor unuͤberwindlich gehaltene Feſtung Maſtrich mit Verluſt 12000. der Seinigen, wobey er ſelbſt zu gegen war, und das Gluͤcke wechſelte auf beyden Seiten ab, biß es durch den Nimwegiſchen Frieden 1679. befeſtiget wurde. Der Koͤnig in Franckreich muſte alles und ſo gar Maſtrich wieder hergeben, welches ihm am ſchwerſten ankam. Bingley. Es kam meines Wiſſens bey dieſer Gelegenheit eine Muͤntze zum Vor- ſchein, auf welcher Ludwig in Geſtalt eines Vomirenden erſchien, und al- le eroberte Staͤdte von ſich brach, aber Maſtrich nicht von ſich geben wolte, welches ihm in Halſe ſteckte. Jnzwiſchen erwarben ſich die Hollaͤn- der damahls keine guten Freunde an ihren großmaͤchtigſten Bundesgenoſſen, da ſie den Frieden zuerſt eingiengen, und die ihnen geleiſtete Huͤlfe in eine undanckbare Vergeſſenheit ſtellten. Tulſching. Die Republicken machen es nicht anders, und die Buͤndniſſe gelten bey ihnen nicht laͤnger, als ſie ihre Handlung zu befoͤrdern gedencken. Doch dieſer Friede war von kurtzer Dauer. Denn der Koͤnig Jacob II. in En- gelland ſuchte nicht nur die Evangeliſche Religion, und die Freyheit des Engliſchen Volcks zu unterdruͤcken, ſondern auch den Stadthal- ter, welcher ſich mit dieſes Koͤnigs aͤlteſten Printzeßin Tochter Maria vermaͤhlet, durch einen unterſchobenen Sohn, den jetzigen Praͤtenden- ten, von der Nachfolge auf dem Engliſchen Thron auszuſchlieſſen. Bingley. Sagt mir doch, wertheſter Tulſching, eure Meynung, ob dieſer Praͤtendente wohl ein rechter Sohn des Koͤnig Jacobs II. oder ein Muͤller von Gebuhrt ſey? Tulſching. Das iſt eine Sache, wovon man nichts gewiſſes melden kan. Jndeſ- ſen hat ſich doch ſein angegebener Vater durch das unrechtmaͤßige Verfahren bey ſeiner Geburth, und der ſo genante Praͤtendentiſche Printz durch ſeine ſacktraͤgeriſche Auffuͤhrung ſo verdaͤchtig gemacht, daß man ihn eher vor einen Muͤllers-Printz, als einen Erben dreyer Cronen halten

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_engellaender_1734/42>, abgerufen am 25.04.2024.