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[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734.

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griff seiner herrsüchtigen Art nach die Niederlande mit einer aus 100000.
Mann bestehenden Armee an, und eroberte in einem Feldzug drey Pro-
vintzen, Geldern, Utrecht
und Ober-Jssel, und kam biß nach Muy-
den
3. Meilen von Amsterdam. Hier durch gerieth das gemeine Volck
in das äusserste Schrecken, und hielte davor, es käm dieser Unfall daher,
weil sie keinen Stadthalter hätten. Dieses suchten zwey so wohl am Ver-
stand
als am Boßheit vollkommene Brüder, Iohannes, und Cornelius
de Witt,
davon der erste Rath-Pensionarius und der andere Bürger-
meister
in Dordrecht war, aus einem tödtlichen Haß gegen das Hauß
Oranien zu verhindern, welches das Volck zu einem so barbarischem Ey-
fer trieb, daß es diese 1672. an 20. August. in Haag auf eine unerhörte
Weise ermordete, ihre Leiber zerfleischete und die abgeschnidtenen
Glieder
auf das theuerste verkaufte. Da nun diese das meiste bißher zu
sagen gehabt hatteu, so unterstund sich hierauf niemand mehr der Erhebung
des Printzen zur Stadhalterschafft zu widersprechen.
Bingley.
Daß dieses die gefährlichsten Leute seyn, welchen der Himmel viel
Verstand gönnet den sie zu lauter bösen und andrer Unglück anwenden, ist
eine ausgemachte Sache. Und hat mir ein Jtaliänisches Sprich-Wort be-
sonders wohlgefallen wenn sie sagen: Il buono intendimento con
una cattiva volonta e un matrimonio mostruoso.
Ein guter Ver-
stand der sich mit einem bösen Willen vereiniget, macht eine monströse Ehe.
Tulsching.
Die Jtaliäner haben hierinnen den Vorzug vor vielen andern Völ-
ckern daß sie ihre Gedancken auf eine scharfsinnige Weise eröfnen können.
Der Printz trat seine Stelle mit einer benöthigten Authorität an, und ließ
sich angelegen seyn, eine mächtige Armee auf die Beine zu bringen, und die
bißher eingeschlichenen Fehler nach Möglichkeit zuverbessern.
Bingley.
Jst es denn an dem, daß die Festungen bey dem Einbruch des Königs
von Franckreich mit so gescheuten und tapfern Commendanten besetzt
gewesen, daß auch einer, als ihm einen Paß bey Grave mit 1000. Pfer-
den
zubesetzen anbefohlen worden, die wichtige Frage aufgeworfen habe. Ob
die Pferde alleine dahin gehn, oder ob man Kerl darauf setzen solte?
Tulsching.
Freylich ist dieses mehr als zuwahr, und könte man noch mehr Strei-
che
beybringen, die diese Heldenmüthige Commendanten vorgenommen
haben, wenn es die Kürtze der Zeit leyden wolte. Der Printz sahe wohl
daß
griff ſeiner herrſuͤchtigen Art nach die Niederlande mit einer aus 100000.
Mann beſtehenden Armee an, und eroberte in einem Feldzug drey Pro-
vintzen, Geldern, Utrecht
und Ober-Jſſel, und kam biß nach Muy-
den
3. Meilen von Amſterdam. Hier durch gerieth das gemeine Volck
in das aͤuſſerſte Schrecken, und hielte davor, es kaͤm dieſer Unfall daher,
weil ſie keinen Stadthalter haͤtten. Dieſes ſuchten zwey ſo wohl am Ver-
ſtand
als am Boßheit vollkommene Bruͤder, Iohannes, und Cornelius
de Witt,
davon der erſte Rath-Penſionarius und der andere Buͤrger-
meiſter
in Dordrecht war, aus einem toͤdtlichen Haß gegen das Hauß
Oranien zu verhindern, welches das Volck zu einem ſo barbariſchem Ey-
fer trieb, daß es dieſe 1672. an 20. Auguſt. in Haag auf eine unerhoͤrte
Weiſe ermordete, ihre Leiber zerfleiſchete und die abgeſchnidtenen
Glieder
auf das theuerſte verkaufte. Da nun dieſe das meiſte bißher zu
ſagen gehabt hatteu, ſo unterſtund ſich hierauf niemand mehr der Erhebung
des Printzen zur Stadhalterſchafft zu widerſprechen.
Bingley.
Daß dieſes die gefaͤhrlichſten Leute ſeyn, welchen der Himmel viel
Verſtand goͤnnet den ſie zu lauter boͤſen und andrer Ungluͤck anwenden, iſt
eine ausgemachte Sache. Und hat mir ein Jtaliaͤniſches Sprich-Wort be-
ſonders wohlgefallen wenn ſie ſagen: Il buono intendimento con
una cattiva volontà è un matrimonio moſtruoſo.
Ein guter Ver-
ſtand der ſich mit einem boͤſen Willen vereiniget, macht eine monſtröſe Ehe.
Tulſching.
Die Jtaliaͤner haben hierinnen den Vorzug vor vielen andern Voͤl-
ckern daß ſie ihre Gedancken auf eine ſcharfſinnige Weiſe eroͤfnen koͤnnen.
Der Printz trat ſeine Stelle mit einer benoͤthigten Authoritaͤt an, und ließ
ſich angelegen ſeyn, eine maͤchtige Armee auf die Beine zu bringen, und die
bißher eingeſchlichenen Fehler nach Moͤglichkeit zuverbeſſern.
Bingley.
Jſt es denn an dem, daß die Feſtungen bey dem Einbruch des Koͤnigs
von Franckreich mit ſo geſcheuten und tapfern Commendanten beſetzt
geweſen, daß auch einer, als ihm einen Paß bey Grave mit 1000. Pfer-
den
zubeſetzen anbefohlen worden, die wichtige Frage aufgeworfen habe. Ob
die Pferde alleine dahin gehn, oder ob man Kerl darauf ſetzen ſolte?
Tulſching.
Freylich iſt dieſes mehr als zuwahr, und koͤnte man noch mehr Strei-
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[31/0041] griff ſeiner herrſuͤchtigen Art nach die Niederlande mit einer aus 100000. Mann beſtehenden Armee an, und eroberte in einem Feldzug drey Pro- vintzen, Geldern, Utrecht und Ober-Jſſel, und kam biß nach Muy- den 3. Meilen von Amſterdam. Hier durch gerieth das gemeine Volck in das aͤuſſerſte Schrecken, und hielte davor, es kaͤm dieſer Unfall daher, weil ſie keinen Stadthalter haͤtten. Dieſes ſuchten zwey ſo wohl am Ver- ſtand als am Boßheit vollkommene Bruͤder, Iohannes, und Cornelius de Witt, davon der erſte Rath-Penſionarius und der andere Buͤrger- meiſter in Dordrecht war, aus einem toͤdtlichen Haß gegen das Hauß Oranien zu verhindern, welches das Volck zu einem ſo barbariſchem Ey- fer trieb, daß es dieſe 1672. an 20. Auguſt. in Haag auf eine unerhoͤrte Weiſe ermordete, ihre Leiber zerfleiſchete und die abgeſchnidtenen Glieder auf das theuerſte verkaufte. Da nun dieſe das meiſte bißher zu ſagen gehabt hatteu, ſo unterſtund ſich hierauf niemand mehr der Erhebung des Printzen zur Stadhalterſchafft zu widerſprechen. Bingley. Daß dieſes die gefaͤhrlichſten Leute ſeyn, welchen der Himmel viel Verſtand goͤnnet den ſie zu lauter boͤſen und andrer Ungluͤck anwenden, iſt eine ausgemachte Sache. Und hat mir ein Jtaliaͤniſches Sprich-Wort be- ſonders wohlgefallen wenn ſie ſagen: Il buono intendimento con una cattiva volontà è un matrimonio moſtruoſo. Ein guter Ver- ſtand der ſich mit einem boͤſen Willen vereiniget, macht eine monſtröſe Ehe. Tulſching. Die Jtaliaͤner haben hierinnen den Vorzug vor vielen andern Voͤl- ckern daß ſie ihre Gedancken auf eine ſcharfſinnige Weiſe eroͤfnen koͤnnen. Der Printz trat ſeine Stelle mit einer benoͤthigten Authoritaͤt an, und ließ ſich angelegen ſeyn, eine maͤchtige Armee auf die Beine zu bringen, und die bißher eingeſchlichenen Fehler nach Moͤglichkeit zuverbeſſern. Bingley. Jſt es denn an dem, daß die Feſtungen bey dem Einbruch des Koͤnigs von Franckreich mit ſo geſcheuten und tapfern Commendanten beſetzt geweſen, daß auch einer, als ihm einen Paß bey Grave mit 1000. Pfer- den zubeſetzen anbefohlen worden, die wichtige Frage aufgeworfen habe. Ob die Pferde alleine dahin gehn, oder ob man Kerl darauf ſetzen ſolte? Tulſching. Freylich iſt dieſes mehr als zuwahr, und koͤnte man noch mehr Strei- che beybringen, die dieſe Heldenmuͤthige Commendanten vorgenommen haben, wenn es die Kuͤrtze der Zeit leyden wolte. Der Printz ſahe wohl daß

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_engellaender_1734/41>, abgerufen am 18.04.2024.