Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734.

Bild:
<< vorherige Seite
S. Eustachii, Baelovento, und Tabago ihren vorigen Besitzern überlas-
sen muste. Sie ist demnach so wenig als die Moscowitische mit der Ost-
Jndianischen in Vergleichung zuziehen, indem diese ohnfehlbar durch ihre
Macht und Reichthum den Rang behaupten wird.
Bingley.
Auf solche Art ist kein Wunder, daß die Kauf-Leute von dieser Ge-
sellschafft zu den wichtigsten Schätzen gelangen?
Mercanto.
Allerdings. Dieses bezeuget nicht allein der allgemeine Ruf, sondern
auch die in ihren Häusern und Kleidern hervorscheinende Kostbarkeit. Ob
sie nun gleich meistentheils einen zu weilen mehr als Fürstlichen Staat ma-
chen, so ist doch die Regel allezeit zum Grunde gesetzt, daß sie niemahls
mehr verthun, als sie einnehmen,
und dieses wird schon vor verschwen-
derisch geachtet, indem die Klugheit des Landes erfordert, daß sie jährlich
noch etwas samlen sollen.
Jhr werdet, mir es, Mylord, geständig
seyn, daß ein solcher Pracht in Amsterdam kaum zu vermuthen sey, wenn
ich mir morgen die Ehre nehmen werde, euch an die merckwürdigsten Oer-
ter hinzuführen, und euch dessen mit augenscheinlichen Proben zu über-
zeugen.
Bingley.
Jhr werdet mich, wehrtester Mercanto, durch diese Bemühung zu ei-
ner grossen Verbindlichkeit bewegen. Saget mir aber inzwischen, ob denn
dieses der Wahrheit gemäß sey, daß ein Portugiesischer Jude allhier einen
fast Königlichen Pallast besitze, in welchem die vornehmsten Zimmer mit
güldenen Lavors, Spiegeln, Leuchtern etc. ausmeubliret sind.
Mercanto.
Dieses ist nicht nur alles andem, sondern sein Reichthum erstrecket sich
so weit, daß er so gar einen etliche zwantzig Schritte langen Saal mit puren
Ducatons, und zwar nicht in der Breite, sondern der Länge nach neben
einander eingeschlagen, habe pflastern lassen. Sein baares Geld steht in
so grossen Säcken, worinnen die Becker das Mehl zu haben pflegen,
nach der Reyhe weg, welche in lauter Sorten, als Ducaten, Louisd'or,
Gulden etc. abgetheilt sind.
Bingley.
Was hält man denn am meisten sehenswürdig allhier, und worin-
nen bestehet es?
Mercanto.
Die Erzehlung davon würde euch vielleicht wegen ihrer Weitläuftig-
keit
B 2
S. Euſtachii, Baelovento, und Tabago ihren vorigen Beſitzern uͤberlaſ-
ſen muſte. Sie iſt demnach ſo wenig als die Moſcowitiſche mit der Oſt-
Jndianiſchen in Vergleichung zuziehen, indem dieſe ohnfehlbar durch ihre
Macht und Reichthum den Rang behaupten wird.
Bingley.
Auf ſolche Art iſt kein Wunder, daß die Kauf-Leute von dieſer Ge-
ſellſchafft zu den wichtigſten Schaͤtzen gelangen?
Mercanto.
Allerdings. Dieſes bezeuget nicht allein der allgemeine Ruf, ſondern
auch die in ihren Haͤuſern und Kleidern hervorſcheinende Koſtbarkeit. Ob
ſie nun gleich meiſtentheils einen zu weilen mehr als Fuͤrſtlichen Staat ma-
chen, ſo iſt doch die Regel allezeit zum Grunde geſetzt, daß ſie niemahls
mehr verthun, als ſie einnehmen,
und dieſes wird ſchon vor verſchwen-
deriſch geachtet, indem die Klugheit des Landes erfordert, daß ſie jaͤhrlich
noch etwas ſamlen ſollen.
Jhr werdet, mir es, Mylord, geſtaͤndig
ſeyn, daß ein ſolcher Pracht in Amſterdam kaum zu vermuthen ſey, wenn
ich mir morgen die Ehre nehmen werde, euch an die merckwuͤrdigſten Oer-
ter hinzufuͤhren, und euch deſſen mit augenſcheinlichen Proben zu uͤber-
zeugen.
Bingley.
Jhr werdet mich, wehrteſter Mercanto, durch dieſe Bemuͤhung zu ei-
ner groſſen Verbindlichkeit bewegen. Saget mir aber inzwiſchen, ob denn
dieſes der Wahrheit gemaͤß ſey, daß ein Portugieſiſcher Jude allhier einen
faſt Koͤniglichen Pallaſt beſitze, in welchem die vornehmſten Zimmer mit
guͤldenen Lavors, Spiegeln, Leuchtern ꝛc. ausmeubliret ſind.
Mercanto.
Dieſes iſt nicht nur alles andem, ſondern ſein Reichthum erſtrecket ſich
ſo weit, daß er ſo gar einen etliche zwantzig Schritte langen Saal mit puren
Ducatons, und zwar nicht in der Breite, ſondern der Laͤnge nach neben
einander eingeſchlagen, habe pflaſtern laſſen. Sein baares Geld ſteht in
ſo groſſen Saͤcken, worinnen die Becker das Mehl zu haben pflegen,
nach der Reyhe weg, welche in lauter Sorten, als Ducaten, Louisd’or,
Gulden ꝛc. abgetheilt ſind.
Bingley.
Was haͤlt man denn am meiſten ſehenswuͤrdig allhier, und worin-
nen beſtehet es?
Mercanto.
Die Erzehlung davon wuͤrde euch vielleicht wegen ihrer Weitlaͤuftig-
keit
B 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp>
          <p><pb facs="#f0021" n="11"/><hi rendition="#aq">S. Eu&#x017F;tachii, Baelovento,</hi> und <hi rendition="#aq">Tabago</hi> ihren vorigen Be&#x017F;itzern u&#x0364;berla&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en mu&#x017F;te. Sie i&#x017F;t demnach &#x017F;o wenig als die Mo&#x017F;cowiti&#x017F;che mit der O&#x017F;t-<lb/>
Jndiani&#x017F;chen in Vergleichung zuziehen, indem die&#x017F;e ohnfehlbar durch ihre<lb/>
Macht und Reichthum den Rang behaupten wird.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Bingley.</hi> </hi> </hi> </speaker><lb/>
          <p>Auf &#x017F;olche Art i&#x017F;t kein Wunder, daß die Kauf-Leute von die&#x017F;er Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chafft zu den wichtig&#x017F;ten Scha&#x0364;tzen gelangen?</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Mercanto.</hi> </hi> </hi> </speaker><lb/>
          <p>Allerdings. Die&#x017F;es bezeuget nicht allein der allgemeine Ruf, &#x017F;ondern<lb/>
auch die in ihren Ha&#x0364;u&#x017F;ern und Kleidern hervor&#x017F;cheinende Ko&#x017F;tbarkeit. Ob<lb/>
&#x017F;ie nun gleich mei&#x017F;tentheils einen zu weilen mehr als Fu&#x0364;r&#x017F;tlichen Staat ma-<lb/>
chen, &#x017F;o i&#x017F;t doch die Regel allezeit zum Grunde ge&#x017F;etzt, <hi rendition="#fr">daß &#x017F;ie niemahls<lb/>
mehr verthun, als &#x017F;ie einnehmen,</hi> und die&#x017F;es wird &#x017F;chon vor ver&#x017F;chwen-<lb/>
deri&#x017F;ch geachtet, indem die Klugheit des Landes erfordert, <hi rendition="#fr">daß &#x017F;ie ja&#x0364;hrlich<lb/>
noch etwas &#x017F;amlen &#x017F;ollen.</hi> Jhr werdet, mir es, <hi rendition="#aq">Mylord,</hi> ge&#x017F;ta&#x0364;ndig<lb/>
&#x017F;eyn, daß ein &#x017F;olcher Pracht in Am&#x017F;terdam kaum zu vermuthen &#x017F;ey, wenn<lb/>
ich mir morgen die Ehre nehmen werde, euch an die merckwu&#x0364;rdig&#x017F;ten Oer-<lb/>
ter hinzufu&#x0364;hren, und euch de&#x017F;&#x017F;en mit augen&#x017F;cheinlichen Proben zu u&#x0364;ber-<lb/>
zeugen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Bingley.</hi> </hi> </hi> </speaker><lb/>
          <p>Jhr werdet mich, wehrte&#x017F;ter <hi rendition="#aq">Mercanto,</hi> durch die&#x017F;e Bemu&#x0364;hung zu ei-<lb/>
ner gro&#x017F;&#x017F;en Verbindlichkeit bewegen. Saget mir aber inzwi&#x017F;chen, ob denn<lb/>
die&#x017F;es der Wahrheit gema&#x0364;ß &#x017F;ey, daß ein <hi rendition="#fr">Portugie&#x017F;i&#x017F;cher Jude</hi> allhier einen<lb/>
fa&#x017F;t Ko&#x0364;niglichen Palla&#x017F;t be&#x017F;itze, in welchem die vornehm&#x017F;ten Zimmer mit<lb/><hi rendition="#fr">gu&#x0364;ldenen</hi> <hi rendition="#aq">Lavors,</hi> Spiegeln, Leuchtern &#xA75B;c. aus<hi rendition="#aq">meubli</hi>ret &#x017F;ind.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Mercanto.</hi> </hi> </hi> </speaker><lb/>
          <p>Die&#x017F;es i&#x017F;t nicht nur alles andem, &#x017F;ondern &#x017F;ein Reichthum er&#x017F;trecket &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;o weit, daß er &#x017F;o gar einen etliche zwantzig Schritte langen <hi rendition="#fr">Saal</hi> mit puren<lb/><hi rendition="#aq">Ducatons,</hi> und zwar nicht in der <hi rendition="#fr">Breite,</hi> &#x017F;ondern der <hi rendition="#fr">La&#x0364;nge nach</hi> neben<lb/>
einander einge&#x017F;chlagen, habe <hi rendition="#fr">pfla&#x017F;tern</hi> la&#x017F;&#x017F;en. Sein baares Geld &#x017F;teht in<lb/>
&#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#fr">Sa&#x0364;cken,</hi> worinnen die <hi rendition="#fr">Becker</hi> das <hi rendition="#fr">Mehl</hi> zu haben pflegen,<lb/>
nach der Reyhe weg, welche in lauter Sorten, als Ducaten, <hi rendition="#aq">Louisd&#x2019;or,</hi><lb/>
Gulden &#xA75B;c. abgetheilt &#x017F;ind.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Bingley.</hi> </hi> </hi> </speaker><lb/>
          <p>Was ha&#x0364;lt man denn am mei&#x017F;ten <hi rendition="#fr">&#x017F;ehenswu&#x0364;rdig</hi> allhier, und worin-<lb/>
nen be&#x017F;tehet es?</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Mercanto.</hi> </hi> </hi> </speaker><lb/>
          <p>Die Erzehlung davon wu&#x0364;rde euch vielleicht wegen ihrer Weitla&#x0364;uftig-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 2</fw><fw place="bottom" type="catch">keit</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0021] S. Euſtachii, Baelovento, und Tabago ihren vorigen Beſitzern uͤberlaſ- ſen muſte. Sie iſt demnach ſo wenig als die Moſcowitiſche mit der Oſt- Jndianiſchen in Vergleichung zuziehen, indem dieſe ohnfehlbar durch ihre Macht und Reichthum den Rang behaupten wird. Bingley. Auf ſolche Art iſt kein Wunder, daß die Kauf-Leute von dieſer Ge- ſellſchafft zu den wichtigſten Schaͤtzen gelangen? Mercanto. Allerdings. Dieſes bezeuget nicht allein der allgemeine Ruf, ſondern auch die in ihren Haͤuſern und Kleidern hervorſcheinende Koſtbarkeit. Ob ſie nun gleich meiſtentheils einen zu weilen mehr als Fuͤrſtlichen Staat ma- chen, ſo iſt doch die Regel allezeit zum Grunde geſetzt, daß ſie niemahls mehr verthun, als ſie einnehmen, und dieſes wird ſchon vor verſchwen- deriſch geachtet, indem die Klugheit des Landes erfordert, daß ſie jaͤhrlich noch etwas ſamlen ſollen. Jhr werdet, mir es, Mylord, geſtaͤndig ſeyn, daß ein ſolcher Pracht in Amſterdam kaum zu vermuthen ſey, wenn ich mir morgen die Ehre nehmen werde, euch an die merckwuͤrdigſten Oer- ter hinzufuͤhren, und euch deſſen mit augenſcheinlichen Proben zu uͤber- zeugen. Bingley. Jhr werdet mich, wehrteſter Mercanto, durch dieſe Bemuͤhung zu ei- ner groſſen Verbindlichkeit bewegen. Saget mir aber inzwiſchen, ob denn dieſes der Wahrheit gemaͤß ſey, daß ein Portugieſiſcher Jude allhier einen faſt Koͤniglichen Pallaſt beſitze, in welchem die vornehmſten Zimmer mit guͤldenen Lavors, Spiegeln, Leuchtern ꝛc. ausmeubliret ſind. Mercanto. Dieſes iſt nicht nur alles andem, ſondern ſein Reichthum erſtrecket ſich ſo weit, daß er ſo gar einen etliche zwantzig Schritte langen Saal mit puren Ducatons, und zwar nicht in der Breite, ſondern der Laͤnge nach neben einander eingeſchlagen, habe pflaſtern laſſen. Sein baares Geld ſteht in ſo groſſen Saͤcken, worinnen die Becker das Mehl zu haben pflegen, nach der Reyhe weg, welche in lauter Sorten, als Ducaten, Louisd’or, Gulden ꝛc. abgetheilt ſind. Bingley. Was haͤlt man denn am meiſten ſehenswuͤrdig allhier, und worin- nen beſtehet es? Mercanto. Die Erzehlung davon wuͤrde euch vielleicht wegen ihrer Weitlaͤuftig- keit B 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_engellaender_1734
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_engellaender_1734/21
Zitationshilfe: [N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_engellaender_1734/21>, abgerufen am 26.04.2024.