[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734.nicht entbrechen konte. Jener sahe diesen gleichfals mit unverwendeten Ge- Mercanto. Es ist öffters ein Verhängniß darunter verborgen, welches der oder jener Stadt etwas besonders vor viel hundert andern gönnet, und es auch wohl dieser wieder entziehet, damit sie eine andere damit überschütten möge. Das Exempel von dem, was ich gesagt, liegt an Tage. Denn Amster- dam führet den Ursprung seiner jetzigen Hoheit aus der Asche des verstör- ten Antwerpens her. Der Hertzog von Alba, welcher an Unbarmher- tzigkeit wenig seines gleichen haben wird, war die gröste Ursach dazu. Denn als wegen den Neligions-Streitigkeiten unter der Regierung Philippi II. diese Länder auf das äusserste gedruckt wurden, und Antwerpen sonderlich wegen seiner damahligen Macht sich zu wiedersetzen Mine machte, so kam gedachter Hertzog als Stadthalter mit einer zahlreichen Armee davor, und ließ ihr 1567. eine Brille auf die Nase setzen. Dieses daurete, wiewohl unter beständigen Plünderungen biß 1583. da sie sich dem Hertzog von Alen- con unterwarf, welcher sich zum Herrn der Niederlande zu machen suchte. Weil aber sein Regiment wie die Seifenblasen war, welche anfangs glän- tzen, nicht aber lange dauern, so nahm der Hertzog von Parma auf Befehl des Königs von Spanien 1585. an 17. August. diese Stadt wieder weg, und
nicht entbrechen konte. Jener ſahe dieſen gleichfals mit unverwendeten Ge- Mercanto. Es iſt oͤffters ein Verhaͤngniß darunter verborgen, welches der oder jener Stadt etwas beſonders vor viel hundert andern goͤnnet, und es auch wohl dieſer wieder entziehet, damit ſie eine andere damit uͤberſchuͤtten moͤge. Das Exempel von dem, was ich geſagt, liegt an Tage. Denn Amſter- dam fuͤhret den Urſprung ſeiner jetzigen Hoheit aus der Aſche des verſtoͤr- ten Antwerpens her. Der Hertzog von Alba, welcher an Unbarmher- tzigkeit wenig ſeines gleichen haben wird, war die groͤſte Urſach dazu. Denn als wegen den Neligions-Streitigkeiten unter der Regierung Philippi II. dieſe Laͤnder auf das aͤuſſerſte gedruckt wurden, und Antwerpen ſonderlich wegen ſeiner damahligen Macht ſich zu wiederſetzen Mine machte, ſo kam gedachter Hertzog als Stadthalter mit einer zahlreichen Armee davor, und ließ ihr 1567. eine Brille auf die Naſe ſetzen. Dieſes daurete, wiewohl unter beſtaͤndigen Pluͤnderungen biß 1583. da ſie ſich dem Hertzog von Alen- con unterwarf, welcher ſich zum Herrn der Niederlande zu machen ſuchte. Weil aber ſein Regiment wie die Seifenblaſen war, welche anfangs glaͤn- tzen, nicht aber lange dauern, ſo nahm der Hertzog von Parma auf Befehl des Koͤnigs von Spanien 1585. an 17. Auguſt. dieſe Stadt wieder weg, und
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nicht entbrechen konte. Jener ſahe dieſen gleichfals mit unverwendeten Ge-
ſichte an, und kam, ehe ſie ſichs verſahen, ihnen aus der Thuͤr entgegen.
Er fiel dem Lord Bingley mit der aufrichtigſten Mine um den Hals, daß
dieſer dadurch ſo weit zuruͤcke zu ſinnen, bewogen wurde, wie er mit ihm in
ſeiner Jugend eine wahre Freundſchafft aufgerichtet hatte. Beyderſeits be-
zeugten eine ausnehmende Freude uͤber ihre unverhoffte Zuſammenkunfft, und
der treue Mercanto, wie er ſich nennete, ließ nicht eher mit Bitten nach,
biß die beyden Lords in ſein Hauß zu kommen ſich gefallen lieſſen. Er
raͤumte ihnen das mittlere Stockwerck ein, und ließ ihren Bedienten durch
die Seinigen aufwarten. Er ſaß mit ihnen an einer mit den rareſten Spei-
ſen beſetzten Tafel, und ihre Reden giengen in einer kleinen Verwirrung von
einer Materie zur andern, daß wir ſie herzuſetzen unmoͤglich im Stande ſind.
Endlich aber verfiel der Diſcours auf die groſſe Handels-Stadt, in wel-
cher ſie ſich dazumahl auf hielten, und dieſes Geſpraͤche iſt ſo merckwuͤrdig,
daß wir es unmoͤglich vorbey laſſen koͤnnen. Wle gehts denn zu, fragte
Bingley, daß dieſe kleine Welt mit einem ſo erſtaunenden Reichthum,
welchen ich doch nur zur Helffte von weiten betrachtet habe, angefuͤllet iſt,
da doch dieſe Stadt keines weges zu der Handlung ſo bequem als die Lage
manches kleinen Orts ſcheinet, welcher dennoch ſich nicht den tauſendſten
Theil dieſes Gluͤcks verſprechen kan.
Mercanto.
Es iſt oͤffters ein Verhaͤngniß darunter verborgen, welches der oder
jener Stadt etwas beſonders vor viel hundert andern goͤnnet, und es auch
wohl dieſer wieder entziehet, damit ſie eine andere damit uͤberſchuͤtten moͤge.
Das Exempel von dem, was ich geſagt, liegt an Tage. Denn Amſter-
dam fuͤhret den Urſprung ſeiner jetzigen Hoheit aus der Aſche des verſtoͤr-
ten Antwerpens her. Der Hertzog von Alba, welcher an Unbarmher-
tzigkeit wenig ſeines gleichen haben wird, war die groͤſte Urſach dazu. Denn
als wegen den Neligions-Streitigkeiten unter der Regierung Philippi II.
dieſe Laͤnder auf das aͤuſſerſte gedruckt wurden, und Antwerpen ſonderlich
wegen ſeiner damahligen Macht ſich zu wiederſetzen Mine machte, ſo kam
gedachter Hertzog als Stadthalter mit einer zahlreichen Armee davor, und
ließ ihr 1567. eine Brille auf die Naſe ſetzen. Dieſes daurete, wiewohl
unter beſtaͤndigen Pluͤnderungen biß 1583. da ſie ſich dem Hertzog von Alen-
con unterwarf, welcher ſich zum Herrn der Niederlande zu machen ſuchte.
Weil aber ſein Regiment wie die Seifenblaſen war, welche anfangs glaͤn-
tzen, nicht aber lange dauern, ſo nahm der Hertzog von Parma auf Befehl
des Koͤnigs von Spanien 1585. an 17. Auguſt. dieſe Stadt wieder weg,
und
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