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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 784, Czernowitz, 21.08.1906.

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Czernowitzer Allgemeine Zeitung 21. August 1906

[Spaltenumbruch]
Keine Militärdiktatur in Rußland. (Priv.-Tel der "Cz. Allg.
Ztg.")

Gegenüber den von den Zeitungen immer wieder
verzeichneten Gerüchten von der Möglichkeit der Ein-
setzung einer Militärdiktatur in Rußland ist die
Petersburger Telegraphenagentur ermächtigt, diese Gerüchte
auf das entschiedenste für unbegründet zu erklären.

Russische Staatsbank. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

(Meldung der Petersburger Telegraphen-Agentur). Nach
einem Ausweise der russischen Staatsbank vom 14. d. M.
waren Bankbilletts im Betrage von 1.190 Millionen Rubel
im Umlaufe, die durch ein Golddepot im Betrage von
1.029 Millionen Rubel gedeckt waren.

Ministerrat. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Der Ministerrat beschäftigte sich in der ersten Sitzung mit den
Grundzügen des politischen Programmes und
begann die Prüfung der Gesetzentwürfe, die der Reichsduma
nach dem Wiederzusammentritt vorgelegt werden sollen.

Kriegsgerichtsurteile. (Petersb. Tel.-Ag.)

Das
Kriegsgericht hat 17 Matrosen des Kreuzers vom
"Pamiat Azowa" und einen Agitator zum
Tode verurteilt.
Das Urteil ist an allen
18 Personen heute früh vollstreckt worden.

12 Matrosen wurden zu Zwangsarbeit von sechs bis zu
10 Jahren, 18 zur Versetzung in eine Strafabteilung mit
zeitweiliger Haft und zu Dißiplinarstrafen verurteilt. 34
Angeklagte wurden freigesprochen und drei Zivilpersonen den
Zivilgerichten übergeben.

Die Vorgänge am Kaukasus. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Wandernde Tartaren griffen bei Karaklissi Armenier an.
Sie töteten 18 derselben, verwundeten zahl-
reiche, und vernichteten viel Eigentum.
Auch in
anderen kleinen Ortschaften wurden von Tartaren Untaten
verübt.




Vom Tage.


Der Geburtstag des Kaisers im Auslande.
(Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

[Meldung der Petersburger Telegraphen-Agentur.] Anläßlich
des Allerhöchsten Geburtsfestes Sr. Majestät des Kaisers
und Königs Franz Joseph fand im Palais zu Peterhof
in Anwesenheit der Majestäten ein Galadiner statt, zu welchem
das Personale der österr.-ungarischen Botschaft geladen war.
In Krasnoje Selo gab das Kaiserpaar im Kaiserzelte ein
Dejeneur, bei welchem der Kaiser einen Toast auf das Wohl
[Spaltenumbruch] Sr. Majestät des Kaisers und Königs Franz Joseph aus-
brachte. In der österr.-ungarischen Botschaftskapelle wurde
anläßlich des Allerhöchsten Geburtsfestes ein Gottesdienst
zelebriert, welchem auch der Minister des Aeußern Isvolski
beiwohnte.

(Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Anläßlich
des Geburtsfestes Sr. Majestät des Kaisers und Königs
Franz Joseph wurde in der hiesigen katholischen Kirche
vom Erzbischof Menini ein Festgottesdienst zelebriert,
welchem Vertreter des Fürsten Ferdinand, die diplomatischen
Vertreter Deutschlands, Italiens und Rumäniens mit dem
Personale ihrer Agentien, die bulgarischen Minister, die
Spitzen der Militär- und Zivilbehörden sowie die öster-
reichisch-ungarische
Kolonie beiwohnten. Nach dem
Gottesdienste fand in der österreichisch-ungarischen Agentie ein
Empfang statt, wobei Geschäftsträger Stork die Glückwünsche
aller oben erwähnten Persönlichkeiten sowie der österreichisch-
ungarischen Kolonie entgegennahm und eine feierliche An-
sprache hielt, in der er ein Hoch auf Se. Majestät den Kaiser
ausbrachte.




Zur Monarchenentrevue in Friedrichshof. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt in ihrer
Wochenrundschau: Die Begegnung des Kaisers mit dem König
von England auf Schloß Friedrichshof ist für beide Teile
unter befriedigenden Eindrücken verlaufen. Der Verkehr
zwischen den Monarchen trug das Gepräge freundlichen
Entgegenkommens und verwandtschaftlicher Herzlichkeit. Jedes
geflissentliche politische Ausbeuten der Zusammenkunft liegt
uns fern. Sie bildet aber mit den ungetrübten Erinne-
rungen, die sie hinterläßt, eine weitere Etappe auf dem
Wege der durch den Aufenthalt von Vertretern deutscher
Städteverwaltungen und der deutschen Presse in England an-
gebotenen allmählichen Besserung in den Beziehungen zwischen
den Völkern, Regierungen und Herrschern Deutsch-
lands und Großbritanniens.
In den zwanglosen
freundschaftlichen Gesprächen auf Schloß Friedrichshof sind,
wie kaum gesagt zu werden braucht, auch die großen Fragen
der Politik erörtert worden, und wir wissen, daß dies in
einem Geiste geschehen ist, wie es der Festigung des euro-
päischen Friedens nur förderlich sein konnte.




Die antigriechische Bewegung in Bulgarien.
(Eine französische Stimme). (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Die
"Agence Havas" meldet aus Athen: Die antigriechische Be-
wegung in Bulgarien wird planmäßig von Agitatoren
vorbereitet und durchgeführt. Daß es die Bewegung in Kon-
nivenz mit der Regierung vor sich gehe, dafür sprechen zahl-
reiche Beweise, wie die Unterlassung jeglicher Vorsichtsmaß-
regeln, die Verweigerung von Truppen, um die in Anchialo
vorgesehenen Unruhen zu verhindern, die Ermunterung der
Manifestanten und die Teilnahme der Soldaten an den
Ruhestörungen. Die griechischen Geschäfte, Kirchen und
Schulen in Anchialo wurden geplündert, die Stadt in Brand
gesteckt; zahlreiche Griechen wurden getötet oder verwundet-
[Spaltenumbruch] Der Schaden beträgt mehrere Millionen. Alle diese Tatsachen
widersprechen dem Volksrechte und bilden eine flagrante
Verletzung des Artikels V des Berliner Vertrages.

(Ein Vorkongreß zum allbulgarischen Meeting.) (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Heute
fand in Philippopel ein Vorkongreß aller Delegierten
und Veranstalter des morgigen allbulgarischen Meetings
statt. Es wurde beschlossen, die Resolution des Meetings
durch ein Manifest an das bulgarische Volk zu ver-
öffentlichen und an alle als Freunde der Bulgaren be-
kannte europäische Persönlichkeiten, ebenso an den rumänischen
Minister Lahovary ein Begrüßungstelegramm zu richten.
Da der Philippopler Stadtkommandant General Ivanoff
beschuldigt wird, sich geweigert zu haben, nötigenfalls auf
Exzedenten schießen zu lassen, wurde er durch General
Andreew ersetzt. Der Kriegsminister begibt sich persönlich nach
Philippopel, um die ausgedehnten militärischen Maßnahmen
zu beaufsichtigen.

(Die gestrigen allbulgarischen Meetings). (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Das heute stattgehabte allbulgarische Meeting in Philippopel,
sowie die antigriechischen Meetings in den übrigen Städten
sind ruhig verlaufen.




Der nationale Friedenskongreß in
Grenoble.
(Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Der nationale Friedenskongreß schloß sich den
Wünschen des internationalen Kongresses in Luzern nach Ab-
rüstung und Einsetzung eines Schiedsgerichtes zwischen
den Völkern sowie dem Wunsche an, daß über die Frage der
Abrüstung ein Referendum in allen Ländern veranstaltet
werde, an dem auch Frauen und Kinder teilnehmen
sollen.




Bunte Chronik.


Das Erdbeben in Valparaiso.

Noch immer liegen zusammenhängende Meldungen über die
Erdbebenkatastrophe in Chile, nicht vor, da die Unterbrechungen
der wichtigsten Telegraphenlinien noch nicht behoben sind. An
einzelne in Valparaiso vertretene europäische Handelshäuser
und Banken sind von ihren dortigen Filialen Kabeltelegramme
eingetroffen, wonach die Beamten unverletzt und die Gebäude
nur wenig beschädigt sind. Wir erhalten folgende Mit-
teilungen:

Nach einer Depesche des
"New-York Herald" aus Valparaiso von gestern hat
das Erdbeben vorgestern abend gegen 8 Uhr die Stadt heim-
gesucht, ohne daß irgend welche Anzeichen vorausgegangen
wären, hunderten von Menschen den augenblicklichen Tod
gebracht, sowie viele Hunderte unter den Trümmern
begraben,
von denen wiederum eine große Anzahl den




[Spaltenumbruch]

Mit Kohle sieht man das nicht. Die Augen, die Ma-
dame müde scheinen, werden einen träumerischen Ausdruck
haben."

"Und diese schrecklichen Runzeln, die sich mit jedem Tage
tiefer eingraben!"

"Madame besitzt in so hohem Grade die Gabe der
Liebenswürdigkeit, daß Jedermann diese Spuren dem Lächeln,
der Heiterkeit zuschreiben wird."

"Und mein Mund, der früher so fest war! Wie nichts-
sagend ist er geworden, die Umrisse sind verschwommen und
die Schwingung formlos geworden mit herabgezogenen
Winkeln."

"Der Mund von Madame wird nur einen etwas
stolzeren Ausdruck haben."

"O, Aline, Sie sind wie die Gesellschaft. Die Be-
wunderung wird ihr zur Gewohnheit. Es ist leichter, einem
Hund einen Knochen zu entreißen, als sie von einer
Meinung abzubringen, in die sie sich einmal ver-
rannt hat!"

"Madame beklagte sich darüber, eine Schönheit von Ruf
zu sein, wie viele Frauen beneiden Madame um dieses
Schicksals willen!"

"Ach ja, die Gesellschaft sanktioniert die "schöne
Madame Lebadoy" und verlangt, daß ich so bleibe bis zu
meinem endgiltigen Zusammensturz. Wenn man jung ist,
dann ist man stolz auf eine solche Stellung, aber wenn das
Alter kommt mit allen seinen unangenehmen Ueberaschungen,
ist es schwer, die Rolle weiter zu spielen. Ja, ja, der Winter
meines Lebens ist da, und wenn es so weiter geht, dann ist
er nicht sehr heiter, glauben Sie es mir! Pflückt man
Rosen, reifen die Früchte, sind die Blätter grün in der
Jahreszeit des Frostes?"

"O ja, Madame in den Treibhäusern."

"Ganz recht, im Treibhaus des Toilettenzimmers! ...
Doch ich habe es satt, ich desertiere. Auge in Auge mit
mir selber, überläuft mich ein Schauder ... Das ist der
letzte Winter, indem ich mich ausstelle, Aline."

"Madame liebt Paris zu sehr, sie könnte sich nicht
davon trennen. Das hieße ja im schönsten Augenblick
davongehen!"

"Umso besser! ... Und Paris zu verlassen ist nicht
[Spaltenumbruch] nötig ... Dessen bedarf es nicht, damit man mich nicht
mehr kennt."

"Madame ist hübscher als je! Seitdem Madame sich
entschlossen hat, die letzten beiden Zähne entfernen zu lassen,
die wirklich alzu sehr von dem schönen Gebiß des Doktors
Hiß abstachen, sieht sie wieder aus wie in der ersten Jugend
und ein Blinder, wer das Gegenteil behauptet."

"Meine arme Aline, ich bin kein Weib mehr, ich bin
eine Ruine! Meine Hände sind trocken, mager, todt, sehen
Sie die locker sitzenden Ringe! Und meine Brust ... wie
eingefallen!"

"Wenn die Corsetiere Madame so reden hörte, wird sie
Sie undankbar neuen. Ihre Corsets bringen die Reize von
Madame ganz wunderbar zur Geltung."

"Ja, aber ohne dieselben."

"Nur die Corsetiere und ich, wir sind in das Ge-
heimnis eingeweiht! Und seit dreißig Jahren, seitdem ich in
Madames Diensten bin, hat Madame nicht gewechselt."

"Schweigen Sie, Aline, Sie sind toll.

Während dieses Dialogs hatte Madame Lebadoy trotz
aller Verstimmungen ihre Toilette beendigt, und als
Monsieur Lebadoy die Erlaubnis erhielt, einzutreten, fand
er seine Frau in strahlender Schönheit, bereit zum Aus-
gehen. Wenige Augenblicke später erschienen sie auf
dem Ball.

Ein allgemeines "Ah" der Bewunderung kam von den
Lippen der Geladenen. Und in der Tat blendete diese Frau
Aller Augen mit ihren schwarzen getufften Haaren, ihren
orientalischen Augen, ihrem englischen Teint, ihrem kindlichen
Mund, ihrer kleinen, geraden Nase und ihrem tadel-
losen Hals.

"Die schöne Madame Lebadoy", flüsterte es, doch laut
genug, um von ihr verstanden zu werden.

"Die Schöne! ... Ach, Ihr verlangt es ja, Ihr
Peiniger, die Ihr seid!" dachte das Opfer.




"Wir haben den "Stern" unserer gesellschaftlichen Zu-
sammenkünfte verloren: die schöne Madame Lebadoy hat,
wie es scheint, Paris und seinen Festlichkeiten auf immer
Lebewohl gesagt! ... Hoffen wir, daß es nur für eine
Saison ist.


[Spaltenumbruch]

Sie hat sich in eine Villa zurückgezogen, die sie an
einem der italienischen Seen besitzt. Wie es heißt, empfängt
sie dort keine lebende Seele, selbst ihre besten Freunde sind
von ihr vergessen. Möchte es uns beschieden sein, die unan-
tastbare "Ewige Schönheit" bald wieder unter uns begrüßen
zu dürfen!"




Eine Dame in einem bequemen Sessel der Avenue des
Acacias sitzend, las eines Morgens diese Zeilen in seiner
Pariser Zeitung. Dann schaute sie auf die vorbeifahrenden
Wagen mit den hübschen Damen darin, die um die Be-
wunderung der Vorübergehenden warben. Alle diese Männer
und Frauen kamen und gingen, ohne sich im Geringsten um
die alte Dame mit dem grauen Kopf zu kümmern, die den
Eindruck einer ehrwürdigen Sechzigerin machte und ihre
Jahre mit Schlichtheit und Stolz zu tragen schien.

Ihre Kleidung war geschmackvoll, aber bequem und
wenig auffallend.

Von Zeit zu Zeit lächelte sie, wenn gewisse Personen
sie im Vorübergehen streiften.

Gegen vier Uhr zog sie dann aus einem niedlichen
Körbchen eine kleine Stärkung hervor, die sie mit Behagen
verzehrte.

Niemand hätte die schöne Madame Lebadoy in dieser
Metamorphose erkannt.

Um in Ruhe und nach ihrem Geschmack zu leben,
hatte sie nicht nötig gehabt, Paris zu fliehen, sie brauchte
nur alles Künstliche abzulegen, was ihr den Ruf einer un-
vergänglichen Schönheit so lange erhalten hatte.

Ihr elegantes Haus hatte sie verlassen und sich in einer
gemütlichen Wohnung mit Sonne und Blumen eingerichtet.

Und Monsieur Lebadoy, der der steifen Förmlichkeit
seines Lebens auch müde war, dachte nicht daran, sich über
sein neues Schicksal zu beklagen.

Er hat ja endlich (!) seine Frau für sich allein.

Madame Lebadoy, durch ihren Geist von aller Eitelkeit
geheilt, genießt mit Muße die letzten Geschenke des Lebens,
nachdem sie für immer der weltlichen Maskerade Valet
gesagt.




Czernowitzer Allgemeine Zeitung 21. Auguſt 1906

[Spaltenumbruch]
Keine Militärdiktatur in Rußland. (Priv.-Tel der „Cz. Allg.
Ztg.“)

Gegenüber den von den Zeitungen immer wieder
verzeichneten Gerüchten von der Möglichkeit der Ein-
ſetzung einer Militärdiktatur in Rußland iſt die
Petersburger Telegraphenagentur ermächtigt, dieſe Gerüchte
auf das entſchiedenſte für unbegründet zu erklären.

Ruſſiſche Staatsbank. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

(Meldung der Petersburger Telegraphen-Agentur). Nach
einem Ausweiſe der ruſſiſchen Staatsbank vom 14. d. M.
waren Bankbilletts im Betrage von 1.190 Millionen Rubel
im Umlaufe, die durch ein Golddepot im Betrage von
1.029 Millionen Rubel gedeckt waren.

Miniſterrat. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Der Miniſterrat beſchäftigte ſich in der erſten Sitzung mit den
Grundzügen des politiſchen Programmes und
begann die Prüfung der Geſetzentwürfe, die der Reichsduma
nach dem Wiederzuſammentritt vorgelegt werden ſollen.

Kriegsgerichtsurteile. (Petersb. Tel.-Ag.)

Das
Kriegsgericht hat 17 Matroſen des Kreuzers vom
„Pamiat Azowa“ und einen Agitator zum
Tode verurteilt.
Das Urteil iſt an allen
18 Perſonen heute früh vollſtreckt worden.

12 Matroſen wurden zu Zwangsarbeit von ſechs bis zu
10 Jahren, 18 zur Verſetzung in eine Strafabteilung mit
zeitweiliger Haft und zu Diſziplinarſtrafen verurteilt. 34
Angeklagte wurden freigeſprochen und drei Zivilperſonen den
Zivilgerichten übergeben.

Die Vorgänge am Kaukaſus. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Wandernde Tartaren griffen bei Karakliſſi Armenier an.
Sie töteten 18 derſelben, verwundeten zahl-
reiche, und vernichteten viel Eigentum.
Auch in
anderen kleinen Ortſchaften wurden von Tartaren Untaten
verübt.




Vom Tage.


Der Geburtstag des Kaiſers im Auslande.
(Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

[Meldung der Petersburger Telegraphen-Agentur.] Anläßlich
des Allerhöchſten Geburtsfeſtes Sr. Majeſtät des Kaiſers
und Königs Franz Joſeph fand im Palais zu Peterhof
in Anweſenheit der Majeſtäten ein Galadiner ſtatt, zu welchem
das Perſonale der öſterr.-ungariſchen Botſchaft geladen war.
In Krasnoje Selo gab das Kaiſerpaar im Kaiſerzelte ein
Dejeneur, bei welchem der Kaiſer einen Toaſt auf das Wohl
[Spaltenumbruch] Sr. Majeſtät des Kaiſers und Königs Franz Joſeph aus-
brachte. In der öſterr.-ungariſchen Botſchaftskapelle wurde
anläßlich des Allerhöchſten Geburtsfeſtes ein Gottesdienſt
zelebriert, welchem auch der Miniſter des Aeußern Isvolski
beiwohnte.

(Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Anläßlich
des Geburtsfeſtes Sr. Majeſtät des Kaiſers und Königs
Franz Joſeph wurde in der hieſigen katholiſchen Kirche
vom Erzbiſchof Menini ein Feſtgottesdienſt zelebriert,
welchem Vertreter des Fürſten Ferdinand, die diplomatiſchen
Vertreter Deutſchlands, Italiens und Rumäniens mit dem
Perſonale ihrer Agentien, die bulgariſchen Miniſter, die
Spitzen der Militär- und Zivilbehörden ſowie die öſter-
reichiſch-ungariſche
Kolonie beiwohnten. Nach dem
Gottesdienſte fand in der öſterreichiſch-ungariſchen Agentie ein
Empfang ſtatt, wobei Geſchäftsträger Stork die Glückwünſche
aller oben erwähnten Perſönlichkeiten ſowie der öſterreichiſch-
ungariſchen Kolonie entgegennahm und eine feierliche An-
ſprache hielt, in der er ein Hoch auf Se. Majeſtät den Kaiſer
ausbrachte.




Zur Monarchenentrevue in Friedrichshof. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Die „Norddeutſche Allgemeine Zeitung“ ſchreibt in ihrer
Wochenrundſchau: Die Begegnung des Kaiſers mit dem König
von England auf Schloß Friedrichshof iſt für beide Teile
unter befriedigenden Eindrücken verlaufen. Der Verkehr
zwiſchen den Monarchen trug das Gepräge freundlichen
Entgegenkommens und verwandtſchaftlicher Herzlichkeit. Jedes
gefliſſentliche politiſche Ausbeuten der Zuſammenkunft liegt
uns fern. Sie bildet aber mit den ungetrübten Erinne-
rungen, die ſie hinterläßt, eine weitere Etappe auf dem
Wege der durch den Aufenthalt von Vertretern deutſcher
Städteverwaltungen und der deutſchen Preſſe in England an-
gebotenen allmählichen Beſſerung in den Beziehungen zwiſchen
den Völkern, Regierungen und Herrſchern Deutſch-
lands und Großbritanniens.
In den zwangloſen
freundſchaftlichen Geſprächen auf Schloß Friedrichshof ſind,
wie kaum geſagt zu werden braucht, auch die großen Fragen
der Politik erörtert worden, und wir wiſſen, daß dies in
einem Geiſte geſchehen iſt, wie es der Feſtigung des euro-
päiſchen Friedens nur förderlich ſein konnte.




Die antigriechiſche Bewegung in Bulgarien.
(Eine franzöſiſche Stimme). (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Die
„Agence Havas“ meldet aus Athen: Die antigriechiſche Be-
wegung in Bulgarien wird planmäßig von Agitatoren
vorbereitet und durchgeführt. Daß es die Bewegung in Kon-
nivenz mit der Regierung vor ſich gehe, dafür ſprechen zahl-
reiche Beweiſe, wie die Unterlaſſung jeglicher Vorſichtsmaß-
regeln, die Verweigerung von Truppen, um die in Anchialo
vorgeſehenen Unruhen zu verhindern, die Ermunterung der
Manifeſtanten und die Teilnahme der Soldaten an den
Ruheſtörungen. Die griechiſchen Geſchäfte, Kirchen und
Schulen in Anchialo wurden geplündert, die Stadt in Brand
geſteckt; zahlreiche Griechen wurden getötet oder verwundet-
[Spaltenumbruch] Der Schaden beträgt mehrere Millionen. Alle dieſe Tatſachen
widerſprechen dem Volksrechte und bilden eine flagrante
Verletzung des Artikels V des Berliner Vertrages.

(Ein Vorkongreß zum allbulgariſchen Meeting.) (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Heute
fand in Philippopel ein Vorkongreß aller Delegierten
und Veranſtalter des morgigen allbulgariſchen Meetings
ſtatt. Es wurde beſchloſſen, die Reſolution des Meetings
durch ein Manifeſt an das bulgariſche Volk zu ver-
öffentlichen und an alle als Freunde der Bulgaren be-
kannte europäiſche Perſönlichkeiten, ebenſo an den rumäniſchen
Miniſter Lahovary ein Begrüßungstelegramm zu richten.
Da der Philippopler Stadtkommandant General Ivanoff
beſchuldigt wird, ſich geweigert zu haben, nötigenfalls auf
Exzedenten ſchießen zu laſſen, wurde er durch General
Andreew erſetzt. Der Kriegsminiſter begibt ſich perſönlich nach
Philippopel, um die ausgedehnten militäriſchen Maßnahmen
zu beaufſichtigen.

(Die geſtrigen allbulgariſchen Meetings). (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Das heute ſtattgehabte allbulgariſche Meeting in Philippopel,
ſowie die antigriechiſchen Meetings in den übrigen Städten
ſind ruhig verlaufen.




Der nationale Friedenskongreß in
Grenoble.
(Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Der nationale Friedenskongreß ſchloß ſich den
Wünſchen des internationalen Kongreſſes in Luzern nach Ab-
rüſtung und Einſetzung eines Schiedsgerichtes zwiſchen
den Völkern ſowie dem Wunſche an, daß über die Frage der
Abrüſtung ein Referendum in allen Ländern veranſtaltet
werde, an dem auch Frauen und Kinder teilnehmen
ſollen.




Bunte Chronik.


Das Erdbeben in Valparaiſo.

Noch immer liegen zuſammenhängende Meldungen über die
Erdbebenkataſtrophe in Chile, nicht vor, da die Unterbrechungen
der wichtigſten Telegraphenlinien noch nicht behoben ſind. An
einzelne in Valparaiſo vertretene europäiſche Handelshäuſer
und Banken ſind von ihren dortigen Filialen Kabeltelegramme
eingetroffen, wonach die Beamten unverletzt und die Gebäude
nur wenig beſchädigt ſind. Wir erhalten folgende Mit-
teilungen:

Nach einer Depeſche des
„New-York Herald“ aus Valparaiſo von geſtern hat
das Erdbeben vorgeſtern abend gegen 8 Uhr die Stadt heim-
geſucht, ohne daß irgend welche Anzeichen vorausgegangen
wären, hunderten von Menſchen den augenblicklichen Tod
gebracht, ſowie viele Hunderte unter den Trümmern
begraben,
von denen wiederum eine große Anzahl den




[Spaltenumbruch]

Mit Kohle ſieht man das nicht. Die Augen, die Ma-
dame müde ſcheinen, werden einen träumeriſchen Ausdruck
haben.“

„Und dieſe ſchrecklichen Runzeln, die ſich mit jedem Tage
tiefer eingraben!“

„Madame beſitzt in ſo hohem Grade die Gabe der
Liebenswürdigkeit, daß Jedermann dieſe Spuren dem Lächeln,
der Heiterkeit zuſchreiben wird.“

„Und mein Mund, der früher ſo feſt war! Wie nichts-
ſagend iſt er geworden, die Umriſſe ſind verſchwommen und
die Schwingung formlos geworden mit herabgezogenen
Winkeln.“

„Der Mund von Madame wird nur einen etwas
ſtolzeren Ausdruck haben.“

„O, Aline, Sie ſind wie die Geſellſchaft. Die Be-
wunderung wird ihr zur Gewohnheit. Es iſt leichter, einem
Hund einen Knochen zu entreißen, als ſie von einer
Meinung abzubringen, in die ſie ſich einmal ver-
rannt hat!“

„Madame beklagte ſich darüber, eine Schönheit von Ruf
zu ſein, wie viele Frauen beneiden Madame um dieſes
Schickſals willen!“

„Ach ja, die Geſellſchaft ſanktioniert die „ſchöne
Madame Lebadoy“ und verlangt, daß ich ſo bleibe bis zu
meinem endgiltigen Zuſammenſturz. Wenn man jung iſt,
dann iſt man ſtolz auf eine ſolche Stellung, aber wenn das
Alter kommt mit allen ſeinen unangenehmen Ueberaſchungen,
iſt es ſchwer, die Rolle weiter zu ſpielen. Ja, ja, der Winter
meines Lebens iſt da, und wenn es ſo weiter geht, dann iſt
er nicht ſehr heiter, glauben Sie es mir! Pflückt man
Roſen, reifen die Früchte, ſind die Blätter grün in der
Jahreszeit des Froſtes?“

„O ja, Madame in den Treibhäuſern.“

„Ganz recht, im Treibhaus des Toilettenzimmers! ...
Doch ich habe es ſatt, ich deſertiere. Auge in Auge mit
mir ſelber, überläuft mich ein Schauder ... Das iſt der
letzte Winter, indem ich mich ausſtelle, Aline.“

„Madame liebt Paris zu ſehr, ſie könnte ſich nicht
davon trennen. Das hieße ja im ſchönſten Augenblick
davongehen!“

„Umſo beſſer! ... Und Paris zu verlaſſen iſt nicht
[Spaltenumbruch] nötig ... Deſſen bedarf es nicht, damit man mich nicht
mehr kennt.“

„Madame iſt hübſcher als je! Seitdem Madame ſich
entſchloſſen hat, die letzten beiden Zähne entfernen zu laſſen,
die wirklich alzu ſehr von dem ſchönen Gebiß des Doktors
Hiß abſtachen, ſieht ſie wieder aus wie in der erſten Jugend
und ein Blinder, wer das Gegenteil behauptet.“

„Meine arme Aline, ich bin kein Weib mehr, ich bin
eine Ruine! Meine Hände ſind trocken, mager, todt, ſehen
Sie die locker ſitzenden Ringe! Und meine Bruſt ... wie
eingefallen!“

„Wenn die Corſetiere Madame ſo reden hörte, wird ſie
Sie undankbar neuen. Ihre Corſets bringen die Reize von
Madame ganz wunderbar zur Geltung.“

„Ja, aber ohne dieſelben.“

„Nur die Corſetiere und ich, wir ſind in das Ge-
heimnis eingeweiht! Und ſeit dreißig Jahren, ſeitdem ich in
Madames Dienſten bin, hat Madame nicht gewechſelt.“

„Schweigen Sie, Aline, Sie ſind toll.

Während dieſes Dialogs hatte Madame Lebadoy trotz
aller Verſtimmungen ihre Toilette beendigt, und als
Monſieur Lebadoy die Erlaubnis erhielt, einzutreten, fand
er ſeine Frau in ſtrahlender Schönheit, bereit zum Aus-
gehen. Wenige Augenblicke ſpäter erſchienen ſie auf
dem Ball.

Ein allgemeines „Ah“ der Bewunderung kam von den
Lippen der Geladenen. Und in der Tat blendete dieſe Frau
Aller Augen mit ihren ſchwarzen getufften Haaren, ihren
orientaliſchen Augen, ihrem engliſchen Teint, ihrem kindlichen
Mund, ihrer kleinen, geraden Naſe und ihrem tadel-
loſen Hals.

„Die ſchöne Madame Lebadoy“, flüſterte es, doch laut
genug, um von ihr verſtanden zu werden.

„Die Schöne! ... Ach, Ihr verlangt es ja, Ihr
Peiniger, die Ihr ſeid!“ dachte das Opfer.




„Wir haben den „Stern“ unſerer geſellſchaftlichen Zu-
ſammenkünfte verloren: die ſchöne Madame Lebadoy hat,
wie es ſcheint, Paris und ſeinen Feſtlichkeiten auf immer
Lebewohl geſagt! ... Hoffen wir, daß es nur für eine
Saiſon iſt.


[Spaltenumbruch]

Sie hat ſich in eine Villa zurückgezogen, die ſie an
einem der italieniſchen Seen beſitzt. Wie es heißt, empfängt
ſie dort keine lebende Seele, ſelbſt ihre beſten Freunde ſind
von ihr vergeſſen. Möchte es uns beſchieden ſein, die unan-
taſtbare „Ewige Schönheit“ bald wieder unter uns begrüßen
zu dürfen!“




Eine Dame in einem bequemen Seſſel der Avenue des
Acacias ſitzend, las eines Morgens dieſe Zeilen in ſeiner
Pariſer Zeitung. Dann ſchaute ſie auf die vorbeifahrenden
Wagen mit den hübſchen Damen darin, die um die Be-
wunderung der Vorübergehenden warben. Alle dieſe Männer
und Frauen kamen und gingen, ohne ſich im Geringſten um
die alte Dame mit dem grauen Kopf zu kümmern, die den
Eindruck einer ehrwürdigen Sechzigerin machte und ihre
Jahre mit Schlichtheit und Stolz zu tragen ſchien.

Ihre Kleidung war geſchmackvoll, aber bequem und
wenig auffallend.

Von Zeit zu Zeit lächelte ſie, wenn gewiſſe Perſonen
ſie im Vorübergehen ſtreiften.

Gegen vier Uhr zog ſie dann aus einem niedlichen
Körbchen eine kleine Stärkung hervor, die ſie mit Behagen
verzehrte.

Niemand hätte die ſchöne Madame Lebadoy in dieſer
Metamorphoſe erkannt.

Um in Ruhe und nach ihrem Geſchmack zu leben,
hatte ſie nicht nötig gehabt, Paris zu fliehen, ſie brauchte
nur alles Künſtliche abzulegen, was ihr den Ruf einer un-
vergänglichen Schönheit ſo lange erhalten hatte.

Ihr elegantes Haus hatte ſie verlaſſen und ſich in einer
gemütlichen Wohnung mit Sonne und Blumen eingerichtet.

Und Monſieur Lebadoy, der der ſteifen Förmlichkeit
ſeines Lebens auch müde war, dachte nicht daran, ſich über
ſein neues Schickſal zu beklagen.

Er hat ja endlich (!) ſeine Frau für ſich allein.

Madame Lebadoy, durch ihren Geiſt von aller Eitelkeit
geheilt, genießt mit Muße die letzten Geſchenke des Lebens,
nachdem ſie für immer der weltlichen Maskerade Valet
geſagt.




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[[2]/0002] Czernowitzer Allgemeine Zeitung 21. Auguſt 1906 Keine Militärdiktatur in Rußland. Petersburg, 20. Auguſt. (Priv.-Tel der „Cz. Allg. Ztg.“) Gegenüber den von den Zeitungen immer wieder verzeichneten Gerüchten von der Möglichkeit der Ein- ſetzung einer Militärdiktatur in Rußland iſt die Petersburger Telegraphenagentur ermächtigt, dieſe Gerüchte auf das entſchiedenſte für unbegründet zu erklären. Ruſſiſche Staatsbank. Petersburg, 20. Auguſt. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) (Meldung der Petersburger Telegraphen-Agentur). Nach einem Ausweiſe der ruſſiſchen Staatsbank vom 14. d. M. waren Bankbilletts im Betrage von 1.190 Millionen Rubel im Umlaufe, die durch ein Golddepot im Betrage von 1.029 Millionen Rubel gedeckt waren. Miniſterrat. Petersburg, 20. Auguſt. (Tel. der „Cz. Allg. 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Auch in anderen kleinen Ortſchaften wurden von Tartaren Untaten verübt. Vom Tage. Czernowitz, 20. Auguſt. Der Geburtstag des Kaiſers im Auslande. Petersburg, 19. Auguſt. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) [Meldung der Petersburger Telegraphen-Agentur.] Anläßlich des Allerhöchſten Geburtsfeſtes Sr. Majeſtät des Kaiſers und Königs Franz Joſeph fand im Palais zu Peterhof in Anweſenheit der Majeſtäten ein Galadiner ſtatt, zu welchem das Perſonale der öſterr.-ungariſchen Botſchaft geladen war. In Krasnoje Selo gab das Kaiſerpaar im Kaiſerzelte ein Dejeneur, bei welchem der Kaiſer einen Toaſt auf das Wohl Sr. Majeſtät des Kaiſers und Königs Franz Joſeph aus- brachte. In der öſterr.-ungariſchen Botſchaftskapelle wurde anläßlich des Allerhöchſten Geburtsfeſtes ein Gottesdienſt zelebriert, welchem auch der Miniſter des Aeußern Isvolski beiwohnte. Sofia, 19. Auguſt. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Anläßlich des Geburtsfeſtes Sr. Majeſtät des Kaiſers und Königs Franz Joſeph wurde in der hieſigen katholiſchen Kirche vom Erzbiſchof Menini ein Feſtgottesdienſt zelebriert, welchem Vertreter des Fürſten Ferdinand, die diplomatiſchen Vertreter Deutſchlands, Italiens und Rumäniens mit dem Perſonale ihrer Agentien, die bulgariſchen Miniſter, die Spitzen der Militär- und Zivilbehörden ſowie die öſter- reichiſch-ungariſche Kolonie beiwohnten. Nach dem Gottesdienſte fand in der öſterreichiſch-ungariſchen Agentie ein Empfang ſtatt, wobei Geſchäftsträger Stork die Glückwünſche aller oben erwähnten Perſönlichkeiten ſowie der öſterreichiſch- ungariſchen Kolonie entgegennahm und eine feierliche An- ſprache hielt, in der er ein Hoch auf Se. Majeſtät den Kaiſer ausbrachte. Zur Monarchenentrevue in Friedrichshof. Berlin, 20. Auguſt. (Tel. der „Cz. Allg. 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In den zwangloſen freundſchaftlichen Geſprächen auf Schloß Friedrichshof ſind, wie kaum geſagt zu werden braucht, auch die großen Fragen der Politik erörtert worden, und wir wiſſen, daß dies in einem Geiſte geſchehen iſt, wie es der Feſtigung des euro- päiſchen Friedens nur förderlich ſein konnte. Die antigriechiſche Bewegung in Bulgarien. (Eine franzöſiſche Stimme). Paris, 20. Auguſt. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Die „Agence Havas“ meldet aus Athen: Die antigriechiſche Be- wegung in Bulgarien wird planmäßig von Agitatoren vorbereitet und durchgeführt. Daß es die Bewegung in Kon- nivenz mit der Regierung vor ſich gehe, dafür ſprechen zahl- reiche Beweiſe, wie die Unterlaſſung jeglicher Vorſichtsmaß- regeln, die Verweigerung von Truppen, um die in Anchialo vorgeſehenen Unruhen zu verhindern, die Ermunterung der Manifeſtanten und die Teilnahme der Soldaten an den Ruheſtörungen. Die griechiſchen Geſchäfte, Kirchen und Schulen in Anchialo wurden geplündert, die Stadt in Brand geſteckt; zahlreiche Griechen wurden getötet oder verwundet- Der Schaden beträgt mehrere Millionen. Alle dieſe Tatſachen widerſprechen dem Volksrechte und bilden eine flagrante Verletzung des Artikels V des Berliner Vertrages. (Ein Vorkongreß zum allbulgariſchen Meeting.) Sofia, 19. Auguſt. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Heute fand in Philippopel ein Vorkongreß aller Delegierten und Veranſtalter des morgigen allbulgariſchen Meetings ſtatt. Es wurde beſchloſſen, die Reſolution des Meetings durch ein Manifeſt an das bulgariſche Volk zu ver- öffentlichen und an alle als Freunde der Bulgaren be- kannte europäiſche Perſönlichkeiten, ebenſo an den rumäniſchen Miniſter Lahovary ein Begrüßungstelegramm zu richten. Da der Philippopler Stadtkommandant General Ivanoff beſchuldigt wird, ſich geweigert zu haben, nötigenfalls auf Exzedenten ſchießen zu laſſen, wurde er durch General Andreew erſetzt. 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Noch immer liegen zuſammenhängende Meldungen über die Erdbebenkataſtrophe in Chile, nicht vor, da die Unterbrechungen der wichtigſten Telegraphenlinien noch nicht behoben ſind. An einzelne in Valparaiſo vertretene europäiſche Handelshäuſer und Banken ſind von ihren dortigen Filialen Kabeltelegramme eingetroffen, wonach die Beamten unverletzt und die Gebäude nur wenig beſchädigt ſind. Wir erhalten folgende Mit- teilungen: New-York, 19. Auguſt. Nach einer Depeſche des „New-York Herald“ aus Valparaiſo von geſtern hat das Erdbeben vorgeſtern abend gegen 8 Uhr die Stadt heim- geſucht, ohne daß irgend welche Anzeichen vorausgegangen wären, hunderten von Menſchen den augenblicklichen Tod gebracht, ſowie viele Hunderte unter den Trümmern begraben, von denen wiederum eine große Anzahl den Mit Kohle ſieht man das nicht. Die Augen, die Ma- dame müde ſcheinen, werden einen träumeriſchen Ausdruck haben.“ „Und dieſe ſchrecklichen Runzeln, die ſich mit jedem Tage tiefer eingraben!“ „Madame beſitzt in ſo hohem Grade die Gabe der Liebenswürdigkeit, daß Jedermann dieſe Spuren dem Lächeln, der Heiterkeit zuſchreiben wird.“ „Und mein Mund, der früher ſo feſt war! Wie nichts- ſagend iſt er geworden, die Umriſſe ſind verſchwommen und die Schwingung formlos geworden mit herabgezogenen Winkeln.“ „Der Mund von Madame wird nur einen etwas ſtolzeren Ausdruck haben.“ „O, Aline, Sie ſind wie die Geſellſchaft. Die Be- wunderung wird ihr zur Gewohnheit. Es iſt leichter, einem Hund einen Knochen zu entreißen, als ſie von einer Meinung abzubringen, in die ſie ſich einmal ver- rannt hat!“ „Madame beklagte ſich darüber, eine Schönheit von Ruf zu ſein, wie viele Frauen beneiden Madame um dieſes Schickſals willen!“ „Ach ja, die Geſellſchaft ſanktioniert die „ſchöne Madame Lebadoy“ und verlangt, daß ich ſo bleibe bis zu meinem endgiltigen Zuſammenſturz. Wenn man jung iſt, dann iſt man ſtolz auf eine ſolche Stellung, aber wenn das Alter kommt mit allen ſeinen unangenehmen Ueberaſchungen, iſt es ſchwer, die Rolle weiter zu ſpielen. Ja, ja, der Winter meines Lebens iſt da, und wenn es ſo weiter geht, dann iſt er nicht ſehr heiter, glauben Sie es mir! Pflückt man Roſen, reifen die Früchte, ſind die Blätter grün in der Jahreszeit des Froſtes?“ „O ja, Madame in den Treibhäuſern.“ „Ganz recht, im Treibhaus des Toilettenzimmers! ... Doch ich habe es ſatt, ich deſertiere. Auge in Auge mit mir ſelber, überläuft mich ein Schauder ... Das iſt der letzte Winter, indem ich mich ausſtelle, Aline.“ „Madame liebt Paris zu ſehr, ſie könnte ſich nicht davon trennen. Das hieße ja im ſchönſten Augenblick davongehen!“ „Umſo beſſer! ... Und Paris zu verlaſſen iſt nicht nötig ... Deſſen bedarf es nicht, damit man mich nicht mehr kennt.“ „Madame iſt hübſcher als je! Seitdem Madame ſich entſchloſſen hat, die letzten beiden Zähne entfernen zu laſſen, die wirklich alzu ſehr von dem ſchönen Gebiß des Doktors Hiß abſtachen, ſieht ſie wieder aus wie in der erſten Jugend und ein Blinder, wer das Gegenteil behauptet.“ „Meine arme Aline, ich bin kein Weib mehr, ich bin eine Ruine! Meine Hände ſind trocken, mager, todt, ſehen Sie die locker ſitzenden Ringe! Und meine Bruſt ... wie eingefallen!“ „Wenn die Corſetiere Madame ſo reden hörte, wird ſie Sie undankbar neuen. Ihre Corſets bringen die Reize von Madame ganz wunderbar zur Geltung.“ „Ja, aber ohne dieſelben.“ „Nur die Corſetiere und ich, wir ſind in das Ge- heimnis eingeweiht! Und ſeit dreißig Jahren, ſeitdem ich in Madames Dienſten bin, hat Madame nicht gewechſelt.“ „Schweigen Sie, Aline, Sie ſind toll. Während dieſes Dialogs hatte Madame Lebadoy trotz aller Verſtimmungen ihre Toilette beendigt, und als Monſieur Lebadoy die Erlaubnis erhielt, einzutreten, fand er ſeine Frau in ſtrahlender Schönheit, bereit zum Aus- gehen. Wenige Augenblicke ſpäter erſchienen ſie auf dem Ball. Ein allgemeines „Ah“ der Bewunderung kam von den Lippen der Geladenen. Und in der Tat blendete dieſe Frau Aller Augen mit ihren ſchwarzen getufften Haaren, ihren orientaliſchen Augen, ihrem engliſchen Teint, ihrem kindlichen Mund, ihrer kleinen, geraden Naſe und ihrem tadel- loſen Hals. „Die ſchöne Madame Lebadoy“, flüſterte es, doch laut genug, um von ihr verſtanden zu werden. „Die Schöne! ... Ach, Ihr verlangt es ja, Ihr Peiniger, die Ihr ſeid!“ dachte das Opfer. „Wir haben den „Stern“ unſerer geſellſchaftlichen Zu- ſammenkünfte verloren: die ſchöne Madame Lebadoy hat, wie es ſcheint, Paris und ſeinen Feſtlichkeiten auf immer Lebewohl geſagt! ... Hoffen wir, daß es nur für eine Saiſon iſt. Sie hat ſich in eine Villa zurückgezogen, die ſie an einem der italieniſchen Seen beſitzt. Wie es heißt, empfängt ſie dort keine lebende Seele, ſelbſt ihre beſten Freunde ſind von ihr vergeſſen. Möchte es uns beſchieden ſein, die unan- taſtbare „Ewige Schönheit“ bald wieder unter uns begrüßen zu dürfen!“ Eine Dame in einem bequemen Seſſel der Avenue des Acacias ſitzend, las eines Morgens dieſe Zeilen in ſeiner Pariſer Zeitung. Dann ſchaute ſie auf die vorbeifahrenden Wagen mit den hübſchen Damen darin, die um die Be- wunderung der Vorübergehenden warben. Alle dieſe Männer und Frauen kamen und gingen, ohne ſich im Geringſten um die alte Dame mit dem grauen Kopf zu kümmern, die den Eindruck einer ehrwürdigen Sechzigerin machte und ihre Jahre mit Schlichtheit und Stolz zu tragen ſchien. Ihre Kleidung war geſchmackvoll, aber bequem und wenig auffallend. Von Zeit zu Zeit lächelte ſie, wenn gewiſſe Perſonen ſie im Vorübergehen ſtreiften. Gegen vier Uhr zog ſie dann aus einem niedlichen Körbchen eine kleine Stärkung hervor, die ſie mit Behagen verzehrte. Niemand hätte die ſchöne Madame Lebadoy in dieſer Metamorphoſe erkannt. Um in Ruhe und nach ihrem Geſchmack zu leben, hatte ſie nicht nötig gehabt, Paris zu fliehen, ſie brauchte nur alles Künſtliche abzulegen, was ihr den Ruf einer un- vergänglichen Schönheit ſo lange erhalten hatte. Ihr elegantes Haus hatte ſie verlaſſen und ſich in einer gemütlichen Wohnung mit Sonne und Blumen eingerichtet. Und Monſieur Lebadoy, der der ſteifen Förmlichkeit ſeines Lebens auch müde war, dachte nicht daran, ſich über ſein neues Schickſal zu beklagen. Er hat ja endlich (!) ſeine Frau für ſich allein. Madame Lebadoy, durch ihren Geiſt von aller Eitelkeit geheilt, genießt mit Muße die letzten Geſchenke des Lebens, nachdem ſie für immer der weltlichen Maskerade Valet geſagt.

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Zitationshilfe: Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 784, Czernowitz, 21.08.1906, S. [2]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_czernowitzer784_1906/2>, abgerufen am 19.04.2024.