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[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.

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gar kein vnterscheid zulassen solle / zwischen des Menschen Wesen oder Natur / vnd zwischen der Sünde.

Belangend aber die modos loquendi, mit was Worten vnd reden dieser Artickel der Gemeine Gottes bequem ohne Ergerniß vnd verstendig möge vnd solle fürgetragen werden / Sollen sich die Pastores an das Corpus Doctrinae halten / darinnen jhnen das Fürbilde der gesunden vnd heilsamen Wort aus der Schrifft fürgelegt ist. Auff daß aber auch hierüber allerley Wortgezenck vermieden werde / sollen die gebreuchlichen Wörter in gewissem Verstande deutlich erkleret werden / Als wenn man saget / Gott schaffet die Natur des Menschen / wird durch dis wort Natur verstanden des Menschen Substantz / Wesen / Leib vnd Seele. Wenn man aber saget / Der Schlangen Natur ist / daß sie sticht vnd vergifftet / wird durch das wort Natur die Eigenschafft / Arth oder Vnarth eines dinges verstanden.

Also auch ist vnd heisset die Sünde eigentlich die tieffe verderbung vnserer Natur / wie die Schmalkaldischen Artickel sagen. Zu zeiten aber wird in einer Rede zugleich begriffen die Sünde / vnd die Natur / darinne die Sünde wohnet / Aber in solchen reden / wenn die Natur der Sünde genennet wird / muß mit fleis der vnterschied gehalten werden / welchen vns vnsers Glaubens Artickel zeigen / daß nemlich die Natur was anders sey als die Sünde / die in der Natur wohnet.

Vnd aus solcher erinnerung können des Mans Gottes Luthers seligern sonderliche Reden (die jetzt so gefehrlich von vielen mißbrauchet werden) auffs einfeltigste erkleret werden / wie sie auch Lutherus selbst gemeinet / verstanden vnd erkleret hat.

Was aber die Schulwörter aus der Dialectica zu diesem Zwiespalt gezogen belanget / Ob die Erbsünde sey eine Substantia vnd selbstendig Wesen / oder ob es ein Accidens sey / Diese Frage sol man den Gelehrten befehlen / vnd die einfeltige Kirche mit solchen Schulworten verschonen.

Wenn aber die Gelehrten vnter sich solcher Schulwörter gebrauchen wollen / So haben auch die alten Theologi, als Cyrillus vnd Basilius, alle ding ohne mittel also getheilet: Alles / sagen sie / was da ist / das muß entweder eine Substantz / oder ein Accidens seyn. Nu ist dis in Theologia vndisputierlich / daß alles / was da ist / vnd ein eigen wesen hat / das müsse entweder Gott selbst / oder des lieben GOttes sein eigen Werck vnd Geschöpff seyn / Aus welchem Grunde Augustinus mit der gantzen alten wahren Kirchen der Manicheer Proposition verworffen vnd verdampt hat / da sie sagten / Daß die Erbsünde sey eine Substantz oder Natur.

gar kein vnterscheid zulassen solle / zwischen des Menschen Wesen oder Natur / vnd zwischen der Sünde.

Belangend aber die modos loquendi, mit was Worten vnd reden dieser Artickel der Gemeine Gottes bequem ohne Ergerniß vnd verstendig möge vnd solle fürgetragen werden / Sollen sich die Pastores an das Corpus Doctrinae halten / darinnen jhnen das Fürbilde der gesunden vnd heilsamen Wort aus der Schrifft fürgelegt ist. Auff daß aber auch hierüber allerley Wortgezenck vermieden werde / sollen die gebreuchlichen Wörter in gewissem Verstande deutlich erkleret werden / Als wenn man saget / Gott schaffet die Natur des Menschen / wird durch dis wort Natur verstanden des Menschen Substantz / Wesen / Leib vnd Seele. Wenn man aber saget / Der Schlangen Natur ist / daß sie sticht vnd vergifftet / wird durch das wort Natur die Eigenschafft / Arth oder Vnarth eines dinges verstanden.

Also auch ist vnd heisset die Sünde eigentlich die tieffe verderbung vnserer Natur / wie die Schmalkaldischen Artickel sagen. Zu zeiten aber wird in einer Rede zugleich begriffen die Sünde / vnd die Natur / darinne die Sünde wohnet / Aber in solchen reden / wenn die Natur der Sünde genennet wird / muß mit fleis der vnterschied gehaltẽ werden / welchen vns vnsers Glaubens Artickel zeigen / daß nemlich die Natur was anders sey als die Sünde / die in der Natur wohnet.

Vnd aus solcher erinnerung können des Mans Gottes Luthers seligern sonderliche Reden (die jetzt so gefehrlich von vielen mißbrauchet werden) auffs einfeltigste erkleret werden / wie sie auch Lutherus selbst gemeinet / verstanden vnd erkleret hat.

Was aber die Schulwörter aus der Dialectica zu diesem Zwiespalt gezogen belanget / Ob die Erbsünde sey eine Substantia vnd selbstendig Wesen / oder ob es ein Accidens sey / Diese Frage sol man den Gelehrten befehlen / vnd die einfeltige Kirche mit solchen Schulworten verschonen.

Wenn aber die Gelehrten vnter sich solcher Schulwörter gebrauchen wollen / So haben auch die alten Theologi, als Cyrillus vnd Basilius, alle ding ohne mittel also getheilet: Alles / sagen sie / was da ist / das muß entweder eine Substantz / oder ein Accidens seyn. Nu ist dis in Theologia vndisputierlich / daß alles / was da ist / vnd ein eigen wesen hat / das müsse entweder Gott selbst / oder des lieben GOttes sein eigen Werck vnd Geschöpff seyn / Aus welchem Grunde Augustinus mit der gantzen alten wahren Kirchen der Manicheer Proposition verworffen vnd verdampt hat / da sie sagten / Daß die Erbsünde sey eine Substantz oder Natur.

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[74/0742] gar kein vnterscheid zulassen solle / zwischen des Menschen Wesen oder Natur / vnd zwischen der Sünde. Belangend aber die modos loquendi, mit was Worten vnd reden dieser Artickel der Gemeine Gottes bequem ohne Ergerniß vnd verstendig möge vnd solle fürgetragen werden / Sollen sich die Pastores an das Corpus Doctrinae halten / darinnen jhnen das Fürbilde der gesunden vnd heilsamen Wort aus der Schrifft fürgelegt ist. Auff daß aber auch hierüber allerley Wortgezenck vermieden werde / sollen die gebreuchlichen Wörter in gewissem Verstande deutlich erkleret werden / Als wenn man saget / Gott schaffet die Natur des Menschen / wird durch dis wort Natur verstanden des Menschen Substantz / Wesen / Leib vnd Seele. Wenn man aber saget / Der Schlangen Natur ist / daß sie sticht vnd vergifftet / wird durch das wort Natur die Eigenschafft / Arth oder Vnarth eines dinges verstanden. Also auch ist vnd heisset die Sünde eigentlich die tieffe verderbung vnserer Natur / wie die Schmalkaldischen Artickel sagen. Zu zeiten aber wird in einer Rede zugleich begriffen die Sünde / vnd die Natur / darinne die Sünde wohnet / Aber in solchen reden / wenn die Natur der Sünde genennet wird / muß mit fleis der vnterschied gehaltẽ werden / welchen vns vnsers Glaubens Artickel zeigen / daß nemlich die Natur was anders sey als die Sünde / die in der Natur wohnet. Vnd aus solcher erinnerung können des Mans Gottes Luthers seligern sonderliche Reden (die jetzt so gefehrlich von vielen mißbrauchet werden) auffs einfeltigste erkleret werden / wie sie auch Lutherus selbst gemeinet / verstanden vnd erkleret hat. Was aber die Schulwörter aus der Dialectica zu diesem Zwiespalt gezogen belanget / Ob die Erbsünde sey eine Substantia vnd selbstendig Wesen / oder ob es ein Accidens sey / Diese Frage sol man den Gelehrten befehlen / vnd die einfeltige Kirche mit solchen Schulworten verschonen. Wenn aber die Gelehrten vnter sich solcher Schulwörter gebrauchen wollen / So haben auch die alten Theologi, als Cyrillus vnd Basilius, alle ding ohne mittel also getheilet: Alles / sagen sie / was da ist / das muß entweder eine Substantz / oder ein Accidens seyn. Nu ist dis in Theologia vndisputierlich / daß alles / was da ist / vnd ein eigen wesen hat / das müsse entweder Gott selbst / oder des lieben GOttes sein eigen Werck vnd Geschöpff seyn / Aus welchem Grunde Augustinus mit der gantzen alten wahren Kirchen der Manicheer Proposition verworffen vnd verdampt hat / da sie sagten / Daß die Erbsünde sey eine Substantz oder Natur.

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Zitationshilfe: [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/742>, abgerufen am 23.11.2024.