[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.gleubet / daß es GOtt gefalle durch Barmhertzigkeit. Also lehret Christus / daß das ewig Leben den Gerechten gegeben wird / wie dabey Christus spricht / Die Gerechten werden ins ewig Leben gehen / vnd nennet doch droben die Frücht / daß wir lernen sollen / daß Gerechtigkeit vnd Glaube nicht ein Heucheley / sondern ein new Leben sey / da gute Werck müssen folgen. Wir suchen hie nicht ein vnnötige Subtilitet / Sondern es hat grosse Vrsach / warumb man in diesen Fragen ein gewissen Bericht muß haben / Denn alßbald / wenn man den Wiedersachern zulesst / daß die Werck das ewige Leben verdienen / bald spinnen sie diese vngeschickte Lehre daraus / daß wir vermügen Gottes Gesetz zu halten / daß wir keiner Barmhertzigkeit bedürffen / daß wir für Gott gerecht seyn / das ist / Gott angenehm durch vnsere Wercke / nicht vmb Christus willen / daß wir auch opera supererogationis, vnd mehr thun können / denn das Gesetz erfoddert / Also wird denn die gantze Lehre vom Glauben gar vnterdrückt. Sol aber ein Christliche Kirche seyn vnd bleiben / so muß je die reine Lehre von Christo / von Gerechtigkeit des Glaubens erhalten werden. Darumb müssen wir solche grosse Pharisaische Irrthumb anfechten / damit wir den Namen Christi / vnd die Ehre des Euangelij vnd Christi erretten / vnd den Christlichen Hertzen ein rechten / bestendigen / gewissen Trost erhalten. Denn wie ist es müglich / daß ein Hertz oder Gewissen könne zu ruhen kommen / oder die Seligkeit hoffen / wenn in Anfechtungen vnd Tods Engsten für GOttes Vrtheil vnd Augen / vnsere Werck so gar zu staub werden / wo es nicht durch Glauben deß gewiß wird / daß wir selig werden aus Gnaden / vmb Christus willen / nicht vmb vnser Werck / vmb vnser Erfüllung des Gesetzes. Vnd freylich Sanct Lorentz / da er auff dem Rost gelegen / vnd vmb Christus willen gemartert / ist nicht also gesinnet gewest / daß dasselbige sein Werck Gottes Gesetz volkömlich vnd rein erfüllet / daß er ohn Sünde were / daß er des Mittlers Christi / oder der Gnade nicht dürffte / Er hats freylich bleiben lassen / bey dem Wort des Propheten Dauids: Du wöllest nicht ins Gericht gehen / HERR / mit deinem Knecht / etc. S. Bernhardus hat auch nicht gerhümet / daß seine Wercke wirdig weren des ewigen Lebens / da er spricht: Perdite vixi, Ich hab Sündlich gelebt / etc. Doch richtet er sich getrost wieder auff / helt sich an die Verheissung der Gnade / vnd gleubet / daß er vmb Christus willen Vergebung der Sünde habe / vnd das ewige Leben / Wie der Psalm saget: Wol denen / welchen die Sünde vergeben seyn / Vnd gleubet / daß es GOtt gefalle durch Barmhertzigkeit. Also lehret Christus / daß das ewig Leben den Gerechten gegeben wird / wie dabey Christus spricht / Die Gerechten werden ins ewig Leben gehen / vnd nennet doch droben die Frücht / daß wir lernen sollen / daß Gerechtigkeit vnd Glaube nicht ein Heucheley / sondern ein new Leben sey / da gute Werck müssen folgen. Wir suchen hie nicht ein vnnötige Subtilitet / Sondern es hat grosse Vrsach / warumb man in diesen Fragen ein gewissen Bericht muß haben / Denn alßbald / wenn man den Wiedersachern zulesst / daß die Werck das ewige Leben verdienen / bald spinnen sie diese vngeschickte Lehre daraus / daß wir vermügen Gottes Gesetz zu halten / daß wir keiner Barmhertzigkeit bedürffen / daß wir für Gott gerecht seyn / das ist / Gott angenehm durch vnsere Wercke / nicht vmb Christus willen / daß wir auch opera supererogationis, vnd mehr thun können / denn das Gesetz erfoddert / Also wird denn die gantze Lehre vom Glauben gar vnterdrückt. Sol aber ein Christliche Kirche seyn vnd bleiben / so muß je die reine Lehre von Christo / von Gerechtigkeit des Glaubens erhalten werden. Darumb müssen wir solche grosse Pharisaische Irrthumb anfechten / damit wir den Namen Christi / vnd die Ehre des Euangelij vnd Christi erretten / vnd den Christlichen Hertzen ein rechten / bestendigen / gewissen Trost erhalten. Deñ wie ist es müglich / daß ein Hertz oder Gewissen könne zu ruhen kommen / oder die Seligkeit hoffen / wenn in Anfechtungen vnd Tods Engsten für GOttes Vrtheil vnd Augen / vnsere Werck so gar zu staub werden / wo es nicht durch Glauben deß gewiß wird / daß wir selig werden aus Gnaden / vmb Christus willen / nicht vmb vnser Werck / vmb vnser Erfüllung des Gesetzes. Vnd freylich Sanct Lorentz / da er auff dem Rost gelegen / vnd vmb Christus willen gemartert / ist nicht also gesinnet gewest / daß dasselbige sein Werck Gottes Gesetz volkömlich vnd rein erfüllet / daß er ohn Sünde were / daß er des Mittlers Christi / oder der Gnade nicht dürffte / Er hats freylich bleiben lassen / bey dem Wort des Propheten Dauids: Du wöllest nicht ins Gericht gehen / HERR / mit deinem Knecht / etc. S. Bernhardus hat auch nicht gerhümet / daß seine Wercke wirdig weren des ewigen Lebens / da er spricht: Perditè vixi, Ich hab Sündlich gelebt / etc. Doch richtet er sich getrost wieder auff / helt sich an die Verheissung der Gnade / vnd gleubet / daß er vmb Christus willen Vergebung der Sünde habe / vnd das ewige Leben / Wie der Psalm saget: Wol denen / welchen die Sünde vergeben seyn / Vnd <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0447" n="210"/> gleubet / daß es GOtt gefalle durch Barmhertzigkeit. 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Wir suchen hie nicht ein vnnötige Subtilitet / Sondern es hat grosse Vrsach / warumb man in diesen Fragen ein gewissen Bericht muß haben / Denn alßbald / wenn man den Wiedersachern zulesst / daß die Werck das ewige Leben verdienen / bald spinnen sie diese vngeschickte Lehre daraus / daß wir vermügen Gottes Gesetz zu halten / daß wir keiner Barmhertzigkeit bedürffen / daß wir für Gott gerecht seyn / das ist / Gott angenehm durch vnsere Wercke / nicht vmb Christus willen / daß wir auch opera supererogationis, vnd mehr thun können / denn das Gesetz erfoddert / Also wird denn die gantze Lehre vom Glauben gar vnterdrückt. Sol aber ein Christliche Kirche seyn vnd bleiben / so muß je die reine Lehre von Christo / von Gerechtigkeit des Glaubens erhalten werden. Darumb müssen wir solche grosse Pharisaische Irrthumb anfechten / damit wir den Namen Christi / vnd die Ehre des Euangelij vnd Christi erretten / vnd den Christlichen Hertzen ein rechten / bestendigen / gewissen Trost erhalten. Deñ wie ist es müglich / daß ein Hertz oder Gewissen könne zu ruhen kommen / oder die Seligkeit hoffen / wenn in Anfechtungen vnd Tods Engsten für GOttes Vrtheil vnd Augen / vnsere Werck so gar zu staub werden / wo es nicht durch Glauben deß gewiß wird / daß wir selig werden aus Gnaden / vmb Christus willen / nicht vmb vnser Werck / vmb vnser Erfüllung des Gesetzes.
Vnd freylich Sanct Lorentz / da er auff dem Rost gelegen / vnd vmb Christus willen gemartert / ist nicht also gesinnet gewest / daß dasselbige sein Werck Gottes Gesetz volkömlich vnd rein erfüllet / daß er ohn Sünde were / daß er des Mittlers Christi / oder der Gnade nicht dürffte / Er hats freylich bleiben lassen / bey dem Wort des Propheten Dauids: Du wöllest nicht ins Gericht gehen / HERR / mit deinem Knecht / etc.
S. Bernhardus hat auch nicht gerhümet / daß seine Wercke wirdig weren des ewigen Lebens / da er spricht: Perditè vixi, Ich hab Sündlich gelebt / etc. Doch richtet er sich getrost wieder auff / helt sich an die Verheissung der Gnade / vnd gleubet / daß er vmb Christus willen Vergebung der Sünde habe / vnd das ewige Leben / Wie der Psalm saget: Wol denen / welchen die Sünde vergeben seyn / Vnd
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Zitationshilfe: | [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/447>, abgerufen am 16.07.2024. |