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[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.

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Daß Doctor Luther also helt / vnd lehret / wissen die Widersacher fast wol / vnd so sie es nicht können anfechten / Sondern selbs bekennen müssen / Verkehren sie jhm bößlich die Wort / vnd deuten jhm sein meinung felschlich / die Warheit vnterzudrücken / vnd vnschüldig zu verdammen.

Aber weiter disputieren die Wiedersacher / daß die böse Lust / ein Last vnd auffgelegte Straffe sey / Vnd sey nicht ein solche Sünde / die des Todes vnd Verdamniß schüldig / dawieder sagt Doctor Luther / Es sey ein solche verdamliche Sünde. Ich habe hie oben gesagt / daß Augustinus auch solchs meldet / die Erbsünde sey die angeborne böse Lust / Sol dieses vbel geredt seyn / mögen sie es mit Augustino außfechten.

Darüber sagt Paulus: Die Sünde erkante ich nicht / ohn durch das Gesetz / denn ich wuste nicht von der Lust / wo das Gesetz nicht gesagt hette / Las dich nicht gelüsten / Da sagt je Paulus dürre heraus: Ich wuste nicht / daß die Lust Sünde war / etc. Item / Ich sehe ein ander Gesetz in meinen Gliedern / das da wiederstreitet dem Gesetz in meinem Gemüthe / vnd nimpt mich gefangen in der Sünde Gesetz / welches ist in meinen Gliedern.

Dieses sind Pauli helle / gewisse Wort / vnd klare Sprüche / da vermag kein Gloß / kein listiges Fündlin nichts wieder / diese Sprüche werden alle Teuffel / alle Menschen nicht mögen vmbstossen / Da nennet er klar die bösen Lüst ein Sünde / Doch sagt er / daß solche Sünde den jenigen / so an Christum gleuben / nicht wird zugerechnet / doch an jhr selbs ists gleichwol warlich ein Sünde / des Todes vnd Ewigen Verdamniß schüldig / vnd hat keinen zweiffel / daß auch solches der alten Väter Meinung gewest / Denn Augustinus disputieret vnd ficht hefftig wieder die jenigen / die da hielten / daß die böse Neigung vnd Lust am Menschen / nicht Sünde were / Vnd weder gut noch böse / Wie schwartzen oder weissen Leib haben / auch weder gut noch böse ist.

Vnd wenn die Wiedersacher werden fürgeben / daß fomes, oder die böse Neigung weder gut noch böse sey / da werden nicht allein viel Sprüche der Schrifft wieder seyn / Sondern auch die gantze Kirche vnd alle Väter / Denn alle erfahrne Christliche Hertzen wissen / daß diese stücke leider vns in der Haut stecken / angeborn sind / Nemlich / daß wir Gelt / Gut / alle ander Sachen / grösser denn Gott achten / sicher dahin gehen / vnd leben. Item / daß wir jmmer nach art fleischlicher Sicherheit / also gedencken / GOttes Zorn vnd Ernst / sey nicht so gros vber die Sünde / als er doch gewiß ist / Item /

Daß Doctor Luther also helt / vnd lehret / wissen die Widersacher fast wol / vnd so sie es nicht können anfechten / Sondern selbs bekennen müssen / Verkehren sie jhm bößlich die Wort / vnd deuten jhm sein meinung felschlich / die Warheit vnterzudrücken / vnd vnschüldig zu verdammen.

Aber weiter disputieren die Wiedersacher / daß die böse Lust / ein Last vnd auffgelegte Straffe sey / Vnd sey nicht ein solche Sünde / die des Todes vnd Verdamniß schüldig / dawieder sagt Doctor Luther / Es sey ein solche verdamliche Sünde. Ich habe hie oben gesagt / daß Augustinus auch solchs meldet / die Erbsünde sey die angeborne böse Lust / Sol dieses vbel geredt seyn / mögen sie es mit Augustino außfechten.

Darüber sagt Paulus: Die Sünde erkante ich nicht / ohn durch das Gesetz / denn ich wuste nicht von der Lust / wo das Gesetz nicht gesagt hette / Las dich nicht gelüsten / Da sagt je Paulus dürre heraus: Ich wuste nicht / daß die Lust Sünde war / etc. Item / Ich sehe ein ander Gesetz in meinen Gliedern / das da wiederstreitet dem Gesetz in meinem Gemüthe / vnd nimpt mich gefangen in der Sünde Gesetz / welches ist in meinen Gliedern.

Dieses sind Pauli helle / gewisse Wort / vnd klare Sprüche / da vermag kein Gloß / kein listiges Fündlin nichts wieder / diese Sprüche werden alle Teuffel / alle Menschen nicht mögen vmbstossen / Da nennet er klar die bösen Lüst ein Sünde / Doch sagt er / daß solche Sünde den jenigen / so an Christum gleuben / nicht wird zugerechnet / doch an jhr selbs ists gleichwol warlich ein Sünde / des Todes vnd Ewigen Verdamniß schüldig / vnd hat keinen zweiffel / daß auch solches der alten Väter Meinung gewest / Denn Augustinus disputieret vnd ficht hefftig wieder die jenigen / die da hielten / daß die böse Neigung vnd Lust am Menschen / nicht Sünde were / Vnd weder gut noch böse / Wie schwartzen oder weissen Leib haben / auch weder gut noch böse ist.

Vnd wenn die Wiedersacher werden fürgeben / daß fomes, oder die böse Neigung weder gut noch böse sey / da werden nicht allein viel Sprüche der Schrifft wieder seyn / Sondern auch die gantze Kirche vnd alle Väter / Denn alle erfahrne Christliche Hertzen wissen / daß diese stücke leider vns in der Haut stecken / angeborn sind / Nemlich / daß wir Gelt / Gut / alle ander Sachen / grösser denn Gott achten / sicher dahin gehen / vnd leben. Item / daß wir jmmer nach art fleischlicher Sicherheit / also gedencken / GOttes Zorn vnd Ernst / sey nicht so gros vber die Sünde / als er doch gewiß ist / Item /

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Zitationshilfe: [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/376>, abgerufen am 12.06.2024.